WILA Arbeitsmarkt
March 22, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Lady“ und „Anatevka“. Importe brandneuer Musicals vom Broadway waren selten. Das hatte einen Grund: Den in England und Amerika spezifisch für seine Tätigkeit ausgebildeten Musicaldarsteller gab es an deutschen Theatern nicht. Das Musical musste aus dem hauseigenen Ensemble besetzt werden - aus den Mitgliedern des Schauspiels, die darstellerisch überzeugten, aber nicht tanzen konnten, und aus Opernsängern, die singen, aber nicht schauspielern konnten. Die Tanzeinlagen wurden von der Ballettcompagnie übernommen, die wiederum nicht singen konnte. Auf diese unzulängliche Weise einstudiert, konnte sich das Musical an den deutschen Theater nicht als eigenständige Kunstform behaupten und führte zwischen „Nathan, der Weise“ und „Der Freischütz“ in Deutschland ein Schattendasein.
KULTUR
Die Ausbildung zum Musicaldarsteller
Singende Katzen als Initialzündung
Auf der Bühne zu stehen und als Musicaldarsteller Erfolg zu haben, ist der Traum vieler junger Menschen. Nur eine schöne Stimme reicht für die vielfältigen Aufgaben auf der Musicalbühne nicht aus. Ohne eine fundierte Ausbildung hat man auf dem Arbeitsmarkt Musical keine Chance. | Jürgen Gauert
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er Revuefilm „Broadway Melody“ kam 1940 in die Kinos. Mit Fred Astaire und Eleonor Powell bot er zwei Superstars auf, die den Namen verdienen. Die Handlung variierte ein beliebtes Thema: Der Traum vom Erfolg und wie er sich verwirklichen lässt. Im Rampenlicht zu stehen, vom Publikum umjubelt zu werden und die Kritiker zu überzeugen – davon träumen alle jungen Männer und Frauen, die sich der umfassenden Ausbildung zum Musicalstar
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unterziehen. Sie müssen tanzen können, sie brauchen eine ausdrucksstarke Gesangsstimme, ihr schauspielerisches Talent wird in den Dialogszenen gefordert. Niederlagen müssen verwunden werden, wenn nach einem Casting eine Absage erfolgt oder die Show nach nur wenigen Aufführungen mangels Publikumsinteresse abgesetzt wird. Seit den Sechzigerjahren spielten auch die deutschen Stadttheater gelegentlich ein Musical, vor allem die Klassiker „My fair
Das änderte sich schlagartig, als 1985 die Stella-Produktionsgesellschaft in Hamburg das Musical „Cats“ aufführte. 1990 folgte „Das Phantom der Oper“. Beide Inszenierungen wurden jahrelang von Dienstag- bis Sonntagabend in eigens dafür erbauten Theaterpalästen gespielt. Inzwischen gibt es in Deutschland unter anderem in Stuttgart, Essen, Düsseldorf und Berlin allabendlich die neuesten Broadwayshows zu sehen, oft über mehrere Jahre. Diese Großproduktionen entwickelten sich zu einem speziellen Feld im bundesdeutschen Arbeitsmarkt. Gesucht werden nicht nur Darsteller, sondern auch Mitarbeiter für die Öffentlichkeitsarbeit, Musiker für das Orchester und eine Fülle von Personal für den Backstage-Bereich wie Maskenbildner, Ankleider und Bühnentechniker. Das Ensemble, das jeden Abend in Aufführungen wie „Mamma mia“ oder „Starlight Express“ auftritt, wurde eigens dafür engagiert, und besteht nicht mehr aus Opernsängern, Balletttänzern und Schauspielern, sondern aus Musicaldarstellern, die für
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ihre Aufgabe ausgebildet wurden. Die an sie gestellten Ansprüche sind hoch: Der Künstler, der in einem Musical auftritt, ist Sänger, Schauspieler und Tänzer in einer Person.
Erste Erfahrungen während der Schulzeit - Alen Hodzovic, Musicaldarsteller Zu diesen Multi-Talenten gehört der Musicaldarsteller Alen Hodzovic, der an der Bayerischen Theaterakademie „August Everding“ in München studierte. Er ist freischaffend tätig und wirkte in den vergangenen Jahren unter anderem in Graz in einer Inszenierung des Musicals „Les Miserables“ mit und trat im Musical „Das Phantom der Oper“ in Stuttgart auf. Seine künstlerische Entwicklung ist typisch für viele erfolgreiche Musicaldarsteller. „Die Initialzündung, zum Theater zu gehen und sich zum Musicaldarsteller ausbilden zu lassen, hatte ich als Jugendlicher, als ich das Musical ‚My fair Lady‘ besuchte“, erzählt Alen Hodzovic. Um erste Erfahrungen zu sammeln, schloss er sich während der Schulzeit einer Theatergruppe an, die Musicals im Kulturforum „Alte Post“ in Neuss aufführte. „Statt einer Gage bekam ich Unterricht in Gesang und Tanz. Ich wollte mich gezielt
auf die Anforderungen der Aufnahmeprüfung vorbereiten.“
Begeisterung für das Theater Diese ersten Bühnenerfahrungen werden vorausgesetzt, wenn man sich um eine Ausbildung an einer staatlichen Hochschule bewirbt. Hübsch auszusehen und eine interessante Stimme zu haben mag für eine der zahlreichen Casting-Shows im Privatfernsehen reichen, für eine Karriere als Musicaldarsteller ist das zu wenig – man muss für das Theater brennen! Die Mitglieder des Lehrkörpers, die in den Eignungsprüfungen das Talent der Bewerber beurteilen, achten darauf, ob es erste Theatererfahrungen gibt. Dadurch soll verhindert werden, dass die Bewerbung an einer Hochschule lediglich dem naiven Wunsch nach Starruhm entspricht, und der Bewerber darüber vergisst, dass Theaterarbeit alles von ihm fordert und sehr anstrengend ist. In diesen Eignungsprüfungen wird nicht der Bravo-kompatible Superstar gesucht, sondern Persönlichkeiten, die sich dem Metier des Theaters mit Haut und Haar verschreiben wollen. Und das zeigen die Bewerber dadurch, dass sie bereits vor dem Studium auf der Bühne gestanden haben – als Beweis, dass sie es mit der Theaterkarriere ernst meinen.
Die Eignungsprüfung Da es in Deutschland eine spezifische Ausbildung zum Musicaldarsteller nicht gab, eröffneten verschiedene Hochschulen Studiengänge, die auf die speziellen Anforderungen des Musicals zugeschnitten waren. 1989 wurde an der Folkwanghochschule in Essen der Studiengang „Musical“ gegründet. Um eine bestmögliche Ausbildung zu garantieren, werden jährlich nur sechs Studierende aufgenommen. Sie erhalten eine breitgefächerte, interdisziplinäre Ausbildung in den Bereichen Schauspiel, Tanz und Gesang. Voraussetzung für eine Aufnahme
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ist die bestandene Eignungsprüfung. Sie besteht – und das gilt in Grundzügen auch für die staatliche Ausbildung an der Universität der Künste Berlin und an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig sowie an der Bayerischen Theaterakademie „August Everding“ in München – aus dem Nachweis der stimmlichen Eignung durch den Vortrag zweier kontrastierender Songs (vorzugsweise aus Musicals), wovon mindestens einer in deutscher Sprache sein sollte. Es folgen die Prüfung der Musikalität und des musikalischen Auffassungsvermögens (Melodie und Rhythmus) und ein Gruppentraining mit Elementen aus dem klassischen Tanz, dem Modern Dance und dem Jazztanz, wobei auch hier Vorkenntnisse vorausgesetzt werden. Ergänzt wird die Eignungsprüfung durch das Vorspielen zweier eigenständig vorbereiteter Rollenausschnitte aus der Theaterliteratur als Nachweis der schauspielerischen Begabung.
Die staatliche Ausbildung Aus der Fülle der Bewerber werden in Essen sechs Studierende ausgewählt; auch in München, Berlin und Leipzig sind es nur eine Handvoll Kandidaten, die nach bestandener Eignungsprüfung zum Studium zugelassen werden. An der Folkwanghochschule erfolgt die Ausbildung zum Musicaldarsteller in acht Semestern. Der Studiengang vermittelt eine intensive schauspielerische Grundausbildung, es werden Gesangsstunden erteilt, dazu kommt Ballett- und Tanzunterricht. Zum Grundstudium gehören die Fächer Musiktheorie, Musical- und Theatergeschichte sowie Bewegungslehre. Das Hauptstudium wird ergänzt durch Liedinterpretation und das regelmäßige Singen mit einer Combo. Nach bestandener Abschlussprüfung in allen Fächern und einer Projektarbeit, die gegen Ende des Studiums in Form einer Musicalaufführung der Öffentlichkeit präsentiert wird, erhalten die Absolventen das Diplom als „Musicaldarsteller“.
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Schauspiel, Tanz und Gesang „Ein umfassendes Studium an einer staatlichen Hochschule war für mich das Richtige“, bestätigt Alen Hodzovic. „Das Studium bietet ein breites handwerkliches Ausbildungsangebot in den Sparten Schauspiel, Tanz und Gesang, wobei das Ziel ist, alle drei Ausdrucksformen in Praxis-Projekten, Konzerten und HochschulProduktionen zu integrieren“. In den Studiengängen der Hochschulen nimmt die Gesangsausbildung einen großen Raum ein, da das moderne Musicalrepertoire eine breite Spanne an Gesangsqualitäten verlangt. Wenn man „West Side Story“ mit „Les Miserables“ oder „Rent“ vergleicht, findet man alles vom klassisch-angelegten Gesang bis zum Pop- oder Rock-Gesang. Um Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben, muss der Musicalsänger in der Lage sein, diese unterschiedlichen Singstile zu bedienen. Doch erst das Zusammenspiel von sängerischer Vielfalt, schauspielerischem Können und tänzerischer Bewegtheit macht den Musicaldarsteller aus.
Ausbildung an einer Privatschule Wer wie Alen Hodzovic sein Studium nicht an einer staatlichen Hochschule absolvieren will, kann sich an einer privaten Schule ausbilden lassen. Bei der Hamburger Stage School, an der seit 25 Jahren eine dreijährige Ausbildung in den Hauptfächern Tanz, Gesang und Schauspiel angeboten wird, gehen pro Jahr etwa 500 bis 600 Bewerbungen ein. Maximal 100 Plätze stehen zur Verfügung; bei der in Hamburg ansässigen Joop van den Ende Academy sehen die Zahlen ähnlich aus. Aus den mehreren hundert Bewerben werden an der Joop van den Ende Academy höchstens 48 Schüler in das dreijährige Kurssystem aufgenommen. Wie bei den staatlichen Hochschulen wird an die Kandidaten ein hoher künstlerischer Maßstab angelegt.
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Nicht jeder wird genommen; wer aufgenommen wird, muss seine Ausbildung mit einem monatlichen Schulgeld bezahlen. Es liegt bei der Joop van den Ende Academy bei 900 Euro im Monat. Alen Hodzovic erläutert den Unterschied zwischen der Ausbildung an einer privaten oder staatlichen Schule: „Die meisten Privatschulen müssen, um sich zu finanzieren, sehr viele Studenten aufnehmen und in großen Klassen unterrichten. An Hochschulen ist die Betreuung etwas individueller, zum Beispiel durch mehr Einzelunterricht. Und die staatliche Ausbildung ist – bis auf einen Semesterbeitrag – kostenlos.“
staatlichen Hochschulen – und das gilt auch für die in Musicalkreisen gut angesehene privat geführte Hamburger Stage School, die Joop van den Ende Academy und die European Musical Academy in Bremen – bieten eine Ausbildung durch erfahrene Dozenten, die in der Musicalszene als Darsteller und Regisseure einen guten Namen haben. Ein weiteres Indiz für eine fundierte Ausbildung an Privatschulen ist die staatliche Anerkennung dieser Institute, die den Studierenden die Möglichkeit bietet, BAFöG zu beantragen, was auch an den Hochschulen für Musik und Theater möglich ist.
Das Casting Studium mit BAFÖG In Deutschland gibt es eine Vielzahl privat geführter Musicalschulen. In der freien Marktwirtschaft kann jeder jeden zum Musicaldarsteller ausbilden. Einen Ausbildungs-TÜV für Musicalschulen gibt es nicht. Diesen privat geführten Ausbildungsstätten Unseriösität zu unterstellen, wäre falsch. Aber weil diese Schulen sich über den Monatsbeitrag der Schüler finanzieren, der zwischen 450 und 600 Euro im Monat beträgt, liegt der Verdacht nahe, dass viele Bewerber zur Ausbildung angenommen werden, die es nach dem Abschluss schwer haben werden, im Berufsleben neben den Diplom-Absolventen der staatlichen Hochschulen zu bestehen. Ein Unterschied zwischen staatlich und privat fällt auf: Während sich die Eignungsprüfung der Folkwanghochschule über drei Tage erstreckt, sind es beispielsweise in einer privat geführten Musicalschule in Baden-Württemberg nur 4 bis 5 Stunden. Während die Jury in Essen der Prüfung somit drei Tage einräumt, um die Kandidaten auf Herz und Nieren zu prüfen, geht die Eignungsprüfung in privaten Schulen in wenigen Stunden über die Bühne. Ein weiterer Unterschied zwischen einer staatlichen und privaten Ausbildung erschließt sich bei näherer Betrachtung des Lehrpersonals. Die
Doch ob der Musicaldarsteller staatlich oder privat ausgebildet wurde - um ein Engagement zu bekommen, muss er sich für eine Rolle in einer Musical-Produktion in einem Vorsingen präsentieren, das in Fachkreisen als Audition oder Casting bezeichnet wird. Die Termine der Castings erfahren Musicaldarsteller über Informationen in der Fachpresse, über ihren Agenten oder durch Newsletter der Produktionsgesellschaften. Das flaue Gefühl vor einem Vorsingen, von dem man nicht weiß, ob man genommen wird oder nicht, kennt auch Alen Hodzovic: „Ein Casting ist eine sehr spezielle Situation, man sollte gut vorbereitet sein und sein Bestes geben. Eine Absage kann viele Gründe haben, auf die man selbst keinen Einfluss hat – deshalb nicht persönlich nehmen und weitermachen.“
Die Agentur für Arbeit vermittelt Eine wichtige Anlaufstelle für Musicaldarsteller ist die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit. Sie war bis 2007 bei darstellenden Künstlern als ZBF bekannt und vermittelt Engagements im Bühnen-, Fernseh- und Filmbereich, nicht nur im darstellenden Bereich, sondern auch für Dramaturgen, Regisseure und Mitarbeiter
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in anderen Theaterabteilungen. An den Standorten Berlin und Köln unterhält die ZAV innerhalb ihrer Fachvermittlungsdienste die Sparte „Musical“. In Köln ist Renate Baumgarten als Vermittlerin tätig. Nach den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere als Musicaldarsteller befragt, sagt sie: „Es braucht den unbedingten Willen, auf der Bühne zu stehen und etwas sagen zu wollen. Für den Beruf braucht man große Flexibilität und Unabhängigkeit, eine eiserne Disziplin und die Bereitschaft, sich auch nach dem Diplom immer wieder fortzubilden.“ Renate Baumgarten rät jungen Menschen, die Musicalsänger werden wollen, schon während der Schulzeit in den Jugendclub eines Theaters zu gehen oder in der schuleigenen Musical-AG mitzumachen: „Wenn man ohne erste Bühnenerfahrungen in eine Eignungsprüfung geht, kann es sehr schwierig werden.“ Zu den speziellen künstlerischen Anforderungen von Musicaldarstellern, die nach ihrer Ausbildung durch die ZAV vermittelt werden wollen, sagt Renate Baumgarten: „Wir erwarten von den Darstellern eine gleiche Begabung in Schauspiel, Gesang und Tanz.“ Nur eine gute Gesangsstimme zu haben reiche nicht. „Im Musical ist der schauspielerische Aspekt sehr wichtig. Ohne Talent als Schauspieler fehlt eine der drei Grundlagen eines erfolgreichen Musicaldarstellers.“
Hohe Anforderungen Nach der abgeschlossenen Ausbildung werden die Absolventen der staatlichen Ausbildungsstätten automatisch in die Vermittlungskartei der ZAV aufgenommen, weil sie ein Hochschuldiplom als Musicaldarsteller haben. Schüler von privaten Instituten sind von der Vermittlung nicht ausgeschlossen. Sie können sich in einem Vorsingen präsentieren, das die ZAV in Köln und Berlin regelmäßig anbietet. „Wir achten bei diesen Vorsingen darauf, ob die jungen Darsteller als Sänger, Tänzer und Schauspieler den hohen Anforderungen der Musicaltheater genü-
gen.“ Es sei für die privat ausgebildeten Musicaldarsteller bitter, wenn ihnen die Mitarbeiter der ZAV nach dem Vorsingen mitteilen, dass sie nicht für eine Vermittlung durch die Agentur für Arbeit geeignet seien. „Wir raten ihnen dann, privat weiterzuarbeiten, und sie können sich nach einiger Zeit erneut vorstellen“, sagt Renate Baumgarten. „Wir sind keine letztendliche Instanz, wollen aber auch keine falschen Hoffnungen auf eine große Karriere wecken.“ Andererseits haben junge Musicaldarsteller, die nicht aufgenommen werden, ihre Ausbildung nicht umsonst gemacht. „Selbst wenn wir merken, dass ihre Karriere begrenzt ist“, meint Renate Baumgarten, „können sie im Tanz- und Gesangsensemble einer Musical-Produktion durchaus ihren Platz finden, auch wenn es zu einer Hauptrolle nie reichen wird. Wir zeigen außerdem andere Möglichkeiten auf, am Theater zu arbeiten, etwa als Regieassistent oder als Theaterpädagoge.“
um die Nachwuchsdarsteller in Form eines durchinszenierten Programms kennen zu lernen. Sie können sich einen Eindruck von den jungen Künstlern verschaffen, um abzuschätzen, für welche Rolle sie geeignet sind. „Diese Präsentationen laufen sehr erfolgreich“, sagt Renate Baumgarten und verweist auf eine Vermittlungsquote von nahezu 100 Prozent im 1. Berufsjahr. Auch wenn die Karriere kurzfristig ins Stocken gerät, steht die Fachvermittlung hilfreich zur Seite. „Wir raten den Künstlern, die zurzeit kein Engagement haben, in Fortbildungen weiter an sich zu arbeiten. So gibt es in Zusammenarbeit mit dem Institut für Schauspiel, Film- und Fernsehbe-
Die Absolventen präsentieren sich Musicaldarsteller, die in die Vermittlungskartei der ZAV aufgenommen wurden, werden über Rollenangebote informiert, die von den Veranstaltern der Künstlervermittlung gemeldet werden. Dazu gehören Sommerfestivals, die ein Musical aufführen, privat geführte Tourneeunternehmen und kommerzielle große Musicalbühnen sowie die vielen Staats- und Stadttheater, die eine neue Musicalinszenierung besetzen wollen. Ihre Arbeit ist für Renate Baumgarten mehr als nur die Vermittlung des nächsten Engagements: „Wir begleiten unsere Künstler vom Beginn ihrer Bühnenlaufbahn durch alle Stationen, da die Engagements in diesem Beruf immer nur befristet sind. Für die Berufsanfänger erstellen wir Bewerbungsmappen und veranstalten in Zusammenarbeit mit den Hochschulen jedes Jahr eine Präsentation der Absolventen.“ Die Präsentationen werden von Intendanten und Produzenten besucht,
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„Die Absolventen präsentieren sich“ © Meyhome/Pixelio
rufe den Workshop ‚Musical-Audition‘, um sich bei einem Casting optimal zu präsentieren.“
Vertragsbedingungen Die Vermittlung durch den Künstlerdienst der ZAV ist kostenlos; wer die Dienste eines Theateragenten in Anspruch nimmt, zahlt in der Regel zehn Prozent seiner Gage. Wer das Casting einer Großproduktion bestanden hat, erhält in der
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Regel einen Halb- oder Einjahresvertrag. Stadttheater oder Sommerfestivals geben für eine Musicalinszenierung einen Stückvertrag; nach sechs Wochen Proben und im Schnitt 20 Aufführungen muss anschließend das nächste Gastspiel gesucht werden. Alle Musicaldarsteller - ob sie durch die ZAV vermittelt wurden oder nicht - erhalten in der Zeit ohne Engagement bei der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen Arbeitslosengeld. Es zählen allein die Beschäftigungszeit und die in die öffentlichen Kassen gezahlten Beiträge. Ein generelles Problem für Darsteller besteht darin, überhaupt in den Genuss von ALG 1 zu kommen, da dafür innerhalb von zwei Jahren eine vollversicherte Beschäftigungszeit von 365 Tagen nachgewiesen werden muss. Das ist für Künstler in diesem Bereich oft schwierig, da durch die befristeten Verträge immer wieder Lücken entstehen.
Verdienstmöglichkeiten Um sich über aktuelle Positionen im Arbeitsmarkt Musical auszutauschen, veranstaltete die Künstlervermittlung der Bundesagentur für Arbeit und die Bayerische Theaterakademie im Januar 2009 in München eine Podiumsdiskussion zur Situation der Musicalbranche. Regisseure, Casting-Direktoren und Studiengangsleiter gaben ihre Statements ab, auch zu den Verdienstmöglichkeiten. Nach Anga-
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be von Ralf Schaedler, Casting-Direktor der Stage-Entertainment, fallen die Verdienstmöglichkeiten vor allem bei den Stadttheatern und in freien Produktionen eher schmal aus. Es sei zwar inzwischen eine Mindestgage von 1500 Euro pro Monat festgelegt, wenn sich ein Künstler als Anfänger für eine Spielzeit fest an ein Stadttheater bindet, doch Bezahlungen bis hinunter zu 50 Euro pro Abend in freien Produktionen seien keine Seltenheit. Präzisere Aussagen zur Gagensituation in den Serienmusicals mochte Ralf Schaedler aufgrund der unterschiedlichen Haustarifverträge nicht treffen, er ordnete die Verdienstmöglichkeit in einem Großmusical für Ensembledarsteller zwischen 2.700 und 4.000 Euro monatlich ein.
Großproduktion oder Herumreiserei? Drei mögliche Wege für junge Musicaldarsteller zeigte die Diskussion auf: En suite mit finanzieller Absicherung für eine längere Zeit, aber wenig Abwechslung in einer Großproduktion, als festes Mitglied in einem Stadttheater-Ensemble mit unterschiedlichen Herausforderungen auch im Schauspielbereich, oder als Gast an wechselnden Theatern mit einer Spezialisierung auf das Musicalgenre und viel Herumreiserei zwischen den einzelnen Engagements. Alen Hodzovic, der seine Ausbildung durch einen Studienaufenthalt in London perfektionierte, hat
sich für die Herumreiserei entschieden und ist gut im Geschäft. Nach der Mitwirkung bei einem Konzert des Westdeutschen Rundfunks in Köln mit Musik des Musical-Komponisten Leonard Bernstein steht er zurzeit auf der Bühne des Theaters in Baden-Baden und spielt den Saxophonisten Joe in einer Musical-Adaption des Spielfilms „Manche mögen‘s heiß“. Die Frage, was er jungen Musicaltalenten wünscht, beantwortet er mit „Viel Glück!“
AUSBILDUNGSSTÄTTEN Ausbildungsstätten mit Bafög-Berechtigung - eine Auswahl Universität der Künste Berlin www.udk-berlin.de Folkwang Hochschule Essen www.folkwang-hochschule.de Hochschule für Musik und Theater Leipzig www.htm-leipzig.de Bayerische Theaterakademie München www.prinzregententheater.de/ theaterakademie Joop van den Ende Academie Hamburg www.stage-entertainment.de/ academy.html Stage School Hamburg www.stage-school.de Hamburg School of Entertainment www.hamburg-school-ofentertainment.de German Musical Academy Osnabrück www.german-musical-academy.de Vermittlung der Agentur für Arbeit www.zav.de Stellenangebote (Recherche kostenpflichtig) www.theaterjobs.de www.stagepool.de www.music-jobs.crew4you.net Informationen rund um das Musical, auch für Ausbildungsstätten: www.musicalzentrale.de
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