Wenn der Wahnsinn fast schon alltäglich wird

March 5, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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WEENNNN DDEERR WAAHHNNSSIINNNN FFAASSTT SSCCHHO ON NA ALLLLTTÄ ÄG GLLIIC CH HW WIIR RD D evivo Düren ärgert jetzt auch die internationalen Riesen Ein Erlebnisbericht von Markus Schnitzler DIE GROßEN ÄRGERN – davon sprach man bei evivo Düren, als ich vor gut einem Jahr in den Fanclub eintrat und damit in die Volleyball-Welt eintauchte. Die Großen – das bezog sich auf die beiden Riesen der deutschen Bundesliga. Nachdem der sympathische Verein aus dem Westen der Republik in der vorherigen Saison Platz 3 belegt hatte, wollte man nun noch näher an den VfB Friedrichshafen und den SCC Berlin heranrücken. Dass es am Ende so schnell ging, hatte zu Beginn der Spielzeit 2004/05 wohl niemand erwartet. Deshalb gingen allen Beteiligten schnell die Superlative aus, wenn sie sich zum bis dahin größten Erfolg der Vereinsgeschichte äußern wollten. DER EINZUG INS FINALE um die Deutsche Meisterschaft, der mit dem legendären Heimsieg im Halbfinale gegen die Charlottenburger sichergestellt wurde, war mindestens Wahnsinn, wenn nicht gar eine Sensation. Damit hatte evivo einen weiteren Schritt beim Aufstieg auf den Gipfel des deutschen Volleyballs geschafft. Aber die absolute Spitze war noch weit, wie auch die deutliche Niederlage gegen den Rekordmeister vom Bodensee zeigte. Das Duell zwischen evivo und dem VfB blieb weiterhin eine einseitige Angelegenheit. Auf den ersten Titel mussten wir also noch warten. Aber wie lange? „Düren is uns Stadt und du bess unsre Verein; un bahl schon wääde mir bestemp der Deutsche Meister sein!“ So heißt es in unserer Hymne, die pünktlich zum Finaleinzug uraufgeführt wurde. Eine weitere Steigerung erschien jedoch kurzfristig kaum möglich. WIRKLICH? Als sich die unmittelbare Euphorie nach dem großen Sieg etwas beruhigt hatte, begannen die Überlegungen mit Blick auf die nächste Saison. Denn dieser zweite Platz berechtigte den Verein schließlich nicht nur zum lautstarken Jubel, sondern auch zur erstmaligen Teilnahme an der Champions League. Die besten Vereine Europas könnten bei uns in Düren zu Gast sein. Das besondere Flair des Europapokals durften wir ja schon im November / Dezember 2004 genießen. Wer erinnert sich nicht an das Turnier in Düren mit unseren Freunden aus Hartberg und an die vorgezogene Karnevalsparty beim Gastspiel in Lille, als uns die einheimischen Zuschauer mit Standing Ovations verabschiedeten? Diese Erlebnisse werden die Moskitos so schnell nicht vergessen. Aber nun ging es noch eine Klasse höher. Champions League statt CEV-Pokal. THEORETISCH JEDENFALLS. Denn hier offenbaren sich besonders deutlich die Unterschiede zwischen Volleyball und anderen Sportarten. Beim Fußball zahlen die TV-Sender selbst bei drittklassigen Kickern wahnsinnige Summen, um die Spiele übertragen zu dürfen. Aber die Volleyballer müssen beim Fernsehen geradezu betteln, bis sich jemand bereit erklärt, ein paar Bilder auf die Mattscheibe zu bringen. Erschwert wurde die Suche nach einem TV-Partner für die Champions League auch noch dadurch, dass der europäische Verband sehr strenge Bedingungen aufstellt. Die Fernsehübertragung ist nicht nur eine Teilnahmebedingung sine qua non, sondern sie wird auch sehr detailliert geregelt – von Zeitpunkt und Länge der Berichterstattung bis zur Anzahl der Kameras ist alles festgeschrieben. Da bewegen sich die realitätsfremden Funktionäre der Confédération Européenne de Volleyball keinen Millimeter. DER TV-SENDER UNSERER HEIMAT wollte sich nicht darauf einlassen. Die Damen und Herren vom WDR waren durch unseren Erfolg in der Bundesliga zwar auf uns aufmerksam geworden, aber sie berichten über eines der erfolgreichsten Teams im Sendegebiet nicht mehr als die zwei Minuten, die irgendwo in den regionalen Nachrichten oder bei „Sport im Westen“ als Randbemerkung auftauchen. Nach deren seltsamer Logik sind mittelmäßige Reitturniere oder der Trainingsplatz eines Fußball-Regionalligisten viel interessanter als die deutschen und europäischen Spitzenspiele des Volleyballs.

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FÜR PREMIERE IST ES EINE PREMIERE (SÜDKURIER, 14.09.2005, S. 21, KATY CUKO)

ES SAH ALSO GANZ DANACH AUS, als sollte unser Traum von der Champions League ein solcher bleiben. Aber schließlich kam es dann doch anders. Der Wunsch wurde erfüllt – und wie! Der PayTV-Sender Premiere erklärte sich nicht nur bereit, die Spiele der europäischen Elite-Liga in sein Programm aufzunehmen; die Verantwortlichen in München gingen sogar weit über die Vorgaben der CEV hinaus. Die Spiele sollten nicht in einer kurzen Zusammenfassung irgendwann mitten in der Nacht gezeigt werden. Volleyball aus Düren wird in voller Länge und LIVE präsentiert. Möglich wurde die Entwicklung durch eine Kooperation mit dem VfB Friedrichshafen, der als Meister auch für diesen Wettbewerb qualifiziert war. Diese Zusammenarbeit der nationalen Konkurrenten beeindruckte die Mitarbeiter des Senders mit Blick auf die Fußball-Bundesliga, wo so etwas undenkbar sei. Die organisatorischen Rahmenbedingungen waren also geklärt. Jetzt galt es, die Mannschaft reif für die Champions League zu machen. Denn die Qualität der Gegner stieg natürlich im Vergleich zur deutschen Konkurrenz gewaltig.

EVIVO TROTZ TRAUMLOS JETZT SCHON LETZTER (DÜRENER NACHRICHTEN, 15.08.2005, S. 9, GUIDO JANSEN)

DAS ERGEBNIS DER GRUPPENAUSLOSUNG wurde mit gegensätzlichen Emotionen registriert. Einerseits freuten sich alle Beteiligten über die attraktiven Gegner und die relativ kurzen Entfernungen. Bei den Nachbarn aus Maaseik war man ja bereits in der vergangenen Saison als Zuschauer zu Gast gewesen. Andererseits herrschte große Ratlosigkeit. Alle fragten sich, gegen wen man denn überhaupt gewinnen sollte. Denn obwohl evivo zum ersten Mal dabei war, wollte man doch zumindest gern den vorletzten Platz in der Gruppe erreichen, um den zweiten Startplatz für Deutschland zu sichern. Aber gegen Mannschaften wie Sisley Treviso, den Meister der stärksten Liga der Welt, oder Cannes, den französischen Meister, gab es noch nicht mal die Chance auf einen Satzgewinn. Gegen die Belgier oder die Wiener könnte man vielleicht eher mithalten, aber wohl kaum einen Sieg einfahren.

VOLLEYBALL-STAR WIRD BLOCK-TRAINER BEI EVIVO DÜREN (DÜRENER NACHRICHTEN, 18.08.2005, S. 16, GUIDO JANSEN)

ERSTLIGIST PRÄSENTIERT TEAM IN NEUER FORM (DÜRENER NACHRICHTEN / ZEITUNG, 23.09.2005, SONDERSEITEN, FRANZ SISTEMICH)

AUF TUCHFÜHLUNG MIT DER EVIVO-FAMILIE (DÜRENER ZEITUNG, 26.09.2005, S. 9, STEPHAN JOHNEN)

EINE MANNSCHAFT, DIE NICHT NUR IN DEUTSCHLAND SPIELT, benötigt internationale Erfahrung. Deshalb wurde das Team von evivo Düren vor der neuen Saison mit Importen aus dem Süden verstärkt. Der bekannteste Neuzugang war ein ehemaliger deutscher Nationalspieler, der sogar in der äußerst anspruchsvollen Lega A Uno in Italien Weltklasse-Leistungen gezeigt hatte. Die Nachricht, dass evivo Stefan Hübner als Co-Trainer verpflichten konnte, sorgte für Aufsehen in der Szene. ABER AUCH AUF DEM SPIELFELD gab es neue Gesichter. Der deutsche Annahme-Spezialist Tom Kröger hatte die kürzeste Anreise. Er kam aus dem belgischen Lennik nach Düren. Die anderen drei Spieler vergrößerten die südamerikanische Fraktion im Rheinland, die bisher nur aus dem Venezolaner Heriberto Quero bestand. Unser „Hubschrauberberto“ konnte seinen Landsmann Kenneth Blanca in der Arena begrüßen. Während der Argentinier Mauricio Juan Arrua zunächst einige Anlaufschwierigkeiten hatte, zeigte Luiz Carvalho Roque sofort, dass er für gute Stimmung sorgen würde. Als Helli Schmitz, der als Gründungsmitglied der Moskitos und als Gesellschafter des Vereins schon einiges erlebt hat, mit dem Brasilianer nach Düren kam, war er begeistert. Seine Einschätzung, dass Luiz immer positiv eingestellt ist und den ganzen Tag lacht, sollte sich als zutreffend erweisen. Seite 2 von 10

NUN HATTE EVIVO EIN SCHLAGKRÄFTIGES TEAM. Als der neue Kader bei der erstmals veranstalteten Saisoneröffnungsmesse der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, konnte man bereits erkennen, dass es sich um eine Mannschaft im wahrsten Sinne des Wortes handelt. Zwölf Spieler, die sich gut verstehen, und einige ebenso sympathische Menschen auf der Bank – das passte. Die Saison konnte also beginnen.

MIT MUT ZUM RISIKO BIS IN DAS FINALE DER BUNDESLIGA (DÜRENER NACHRICHTEN, 5.10.2005, S. 13, FRANZ SISTEMICH)

MACHT ES DOCH NOCH MAL, JUNGS! (DÜRENER ZEITUNG, 15.10.2005, S. 16, FRANZ SISTEMICH)

BEVOR DER ERSTE BALLWECHSEL in der Champions League gespielt werden konnte, musste das neu formierte Team erstmal einige Pflichtaufgaben in der Bundesliga erledigen. Das Ziel im innerdeutschen Wettbewerb war klar definiert. Alle Beteiligten waren in der letzten Saison auf den Geschmack gekommen und wollten wieder dahin, wo sie vor einigen Monaten schon einmal waren – ins Finale um die deutsche Meisterschaft. Evivo wollte beweisen, dass der Erfolg kein Zufall war, und das Erreichte bestätigen. DER SPIELPLAN MEINTE ES GUT MIT DÜREN. Die ersten vier Gegner durften für einen Meisterschaftsanwärter kein allzu großes Hindernis darstellen. Die einzig mögliche Gefahr war die Unterschätzung der „kleineren“ Vereine. Ansonsten boten die Spiele genug Gelegenheit, eine Stammformation zu finden und sich einzuspielen für die großen internationalen Aufgaben. Nachdem alle Vorbereitungen abgeschlossen waren, stand am 8. Oktober das erste Pflichtspiel der neuen Saison auf dem Programm. Dass diese Begegnung auswärts stattfand, störte die Moskitos nicht. Sie fuhren in die fränkische Provinz, um ihre Mannschaft zum ersten Sieg zu begleiten. Das Ergebnis (3:0) sah deutlich aus, aber die SG Eltmann zeigte schon im ersten Spiel, dass sie in dieser Saison eine gute Rolle in der Bundesliga spielen würde, was sie nun mit Platz 4 nach der Hinrunde bewiesen haben. Im dritten Durchgang gab es für die Moskitos auf der Tribüne der kleinen Sporthalle ein Erlebnis, was sich in den nächsten Monaten noch mehrere Male wiederholen sollte – ein hart umkämpfter Satz, der weit in die Verlängerung geht und am Ende knapp zu Gunsten von evivo ausgeht, in diesem Fall mit 37:35.

DAS TILL-TIM-TOM-TRIO MACHT WERSCHECK SPAß (DÜRENER ZEITUNG, 12.10.2005, S. 13, JÖRG ABELS)

NACHDEM UNTER DER WOCHE IN ESSEN der zweite Zu-Null-Sieg eingefahren worden war, gab es am Samstag endlich das erste Heimspiel. Die Begegnung mit dem VC Markranstädt wurde zu einer Reise in die Vergangenheit. Denn der Trainer der Mannschaft aus dem Osten der Republik, Michael Mücke, saß von 1995 bis 1998 auf der Dürener Bank. Der Fanclub, der in diesem Sommer sein zehnjähriges Bestehen feiern durfte, wurde in Anlehnung an seinen Namen „Moskitos“ genannt. Mückes heutige Mannschaft, die im dritten Saisonspiel auf das dritte Top-Team traf, konnte seinem Ex-Club immerhin den ersten Satz abnehmen.

TELEPATHIE IN BIRKESDORF (DÜRENER NACHRICHTEN, 18.10.2005, S. 11, INGO LATOTZKI)

DIE PREMIERE IN DER KÖNIGSKLASSE war in jeglicher Hinsicht beeindruckend. Vor dem Spiel bewunderten die Dürener den Gegner. Sisley Treviso ist schließlich nicht nur italienischer Meister, sondern auch eine der besten Vereinsmannschaften überhaupt. Die Gespräche vor dem Spiel drehten sich nicht, um die Frage, wie viele Sätze evivo gewinnen würde. Es erschien nahezu unmöglich, dass evivo überhaupt einen Satz für sich entscheiden konnte. Angesichts der klaren Verhältnisse wollten wir einfach nur ein gutes Volleyball-Spiel sehen. Unsere Mannschaft war zur Audienz bei den Göttern dieses Sports eingeladen. Das allein war schon aller Ehren wert.

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DA DIE REISE NACH ITALIEN zu aufwändig gewesen wäre, versammelten sich die Moskitos in ihrer Stammkneipe. Dort sahen sie sich das Spiel gemeinsam an. Es wurde ja bei Premiere live übertragen. Wer sich jedoch auf einen gemütlichen Fernsehabend eingestellt hatte, täuschte sich gewaltig. Die Moskitos wollten schließlich ihre übernatürlichen Kräfte mobilisieren und die Begeisterung, die bei Heimspielen in unserer Arena herrscht, von Birkesdorf über die Alpen bis nach „Bella Italia“ tragen. DIE PREMIERE MIT PREMIERE (diese Wortspiele lassen sich kaum vermeiden) erwies sich als voller Erfolg. Die Damen und Herren aus München zeigten, dass sie ihr Engagement im Volleyball sehr ernst nehmen. Die Live-Sendung war nicht nur aus organisatorischer Sicht exzellent; die Moderatoren und Experten (darunter auch unser neuer Co-Trainer Stefan Hübner) waren bereits bei ihrem allerersten Volleyball-Spiel gut informiert über Volleyball im Allgemeinen und über evivo im Speziellen. Zu Beginn der Sendung wurde der Name der Gaststätte „Alt Birkesdorf“, in der wir zu Gast waren, sogar ausdrücklich erwähnt.

„DAS GIBT'S NICHT. DAS IST DOCH DER HELLE WAHNSINN” (DÜRENER ZEITUNG, 19.10.2005, S. 13, JÖRG ABELS U. FRANZ SISTEMICH)

ABER DAS BESTE AN DIESEM DENKWÜRDIGEN ABEND war weder der Name des Gegners noch das Fernsehen. Denn unsere Mannschaft widersetzte sich an diesem 18. Oktober 2005 allen Prognosen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Die Stimmung war schon vor dem Anpfiff sehr gut, aber nach dem ersten Satz herrschte Euphorie. Die Moskitos blickten sich ratlos an und sahen ungläubiges Staunen in den Gesichtern der anderen. Denn diesen ersten Durchgang hatte ihr Team gewonnen. Der krasse Außenseiter hatte dem Topfavoriten einen ganzen Satz abgenommen. Das war schon mehr, als alle erwartet hatten. Aber das Spiel war noch nicht zu Ende! Die Begeisterung stieg schon fast ins Unermessliche, als evivo auch weiterhin nicht einbrach, sondern gegen die italienische Übermannschaft mithielt. Mehr als das, auch der zweite Satz ging an die Dürener. Nun begannen die Spekulationen. Wie wahrscheinlich war angesichts dieser Leistung das absolut Unmögliche? Könnte evivo etwa die Riesen stürzen?

EIN BAD IN DER ADRIA MIT HEMD UND KRAWATTE (DÜRENER ZEITUNG, 20.10.2005, S. 15, JÖRG ABELS U. FRANZ SISTEMICH)

SO UNGLAUBLICH ES KLINGT (auch heute noch), aber unsere Mannschaft stand unmittelbar davor. Sie hatte zwei Matchbälle, die sie leider nicht nutzen konnte. Der Favorit sprang dem Tod im letzten Moment von der Schippe und drehte das Spiel schließlich doch noch. Aber bei den Fans in Birkesdorf gab es natürlich keinerlei Ärger oder Depression. Im Gegenteil: Wir sind stolz auf unser Team. Die Mannschaft hat an diesem Abend viel mehr geschafft, als alle gedacht und erwartet hatten. Sie hat für die Sensation des Tages gesorgt. Denn baden ging in Italien nur einer. Der TeamManager Daniel Mey musste am nächsten Morgen eine Wette einlösen und sich in die Fluten der Adria stürzen. Wie man das Unerklärliche begründen sollte, interessierte zunächst niemanden. Es war wohl eine Mischung aus italienischer Überheblichkeit sowie deutscher Euphorie und Unbekümmertheit. Wie entspannt und mutig die Dürener in Treviso auftraten, zeigt eine Aussage unseres Trainers, die während des Spiels von einem Premiere-Mikrofon eingefangen und im volleyball-magazin (12/2005, S. 11) für die Ewigkeit dokumentiert wurde: „Scheißegal, wie der Typ da jetzt heißt. Der wird geblockt!“ Einfach so. Als wäre es das Normalste der Welt. Who the f… is Treviso? Wir sind Düren!

„BRUCHLANDUNG” GERADE NOCH SO VERMIEDEN (DÜRENER NACHRICHTEN, 24.10.2005, S. 9, GUIDO JANSEN)

NACHDEM EVIVO NACH DEN STERNEN GEGRIFFEN HATTE, wären sie im Bundesliga-Alltag beinahe gestürzt. In Oststeinbek gab es einige Tage nach dem Spiel gegen Treviso ein Deja-vu-Erlebnis mit umgekehrten Vorzeichen. Die Außenseiter führten schon mit 2:0 Sätzen, ehe der Favorit das Spiel noch zu seinen Gunsten entscheiden konnte. Die Leistung der Dürener war also alles andere als Seite 4 von 10

berauschend, aber sie war wahrscheinlich auch der Weckruf zur richtigen Zeit. Dann nach dieser eher peinlichen Darbietung beim Aufsteiger begann die größte Siegesserie der Vereinsgeschichte. Außerdem fanden die Moskitos mit den „Ostbek Cowboys“ einen aussichtsreichen Kandidaten für eine neue Fan-Freundschaft.

WIEN SIEHT IN EVIVO KEINE BESONDERE MANNSCHAFT (DÜRENER NACHRICHTEN, 21.10.2005, S. 15, FRANZ SISTEMICH)

EVIVO KÜHLT DIE HOTVOLLEYS AB (DÜRENER ZEITUNG, 27.10.2005, S. 13, JÖRG ABELS U. FRANZ SISTEMICH)

DAS SPIEL SISLEY TREVISO GEGEN EVIVO DÜREN hatte soeben die Volleyball-Welt in ungläubiges Staunen versetzt. Nur ein Vertreter eines Vereins aus der österreichischen Hauptstadt hatte wohl nichts von dieser Begegnung und ihrem Ergebnis gehört. Der ehemalige Friedrichshafener Robert Koch, der gerade mit den Wiener hotVolleys das Auftaktspiel gegen Maaseik verloren hatte, äußerte sich abfällig über den nächsten Gegner und sorgte damit bei evivo für zusätzliche Motivation. Dabei war das überhaupt nicht mehr nötig. Die Mannschaft hatte schließlich in Italien enormes Selbstvertrauen gewonnen. Sie wollte nun beim ersten Heimspiel in der Champions League mit einem Sieg an den viel versprechenden Beginn anknüpfen und den Ausrutscher in der Bundesliga korrigieren. Schließlich war Wien der Gegner, gegen den man sich schon nach der Auslosung am ehesten einen Sieg zugetraut hatte. Der erhoffte Erfolg gelang der Mannschaft, die bis vor gut einer Woche außerhalb von Europa fast völlig unbekannt war. Aber spätestens nach dem 3:1 gegen die Österreicher, die auch in den folgenden Champions-League-Spielen erfolglos blieben, galt unser Spruch, den wir in der vergangenen Saison anlässlich unserer Auftritte im CEV-Pokal geprägt hatten, nicht mehr. In Europa kennt uns jetzt jede „Sau“. In der zweiten Hälfte des Jahres 2005 präsentierte sich evivo nicht nur in Deutschland, sondern auch jenseits der Grenzen als besondere Mannschaft. Das sollte auch der nächste Gegner zu spüren bekommen.

„VOLLES ROHR HURRA-VOLLEYBALL” (DÜRENER NACHRICHTEN, 29.10.2005, S. 17, GUIDO JANSEN)

WEHE, WENN „SUSI” KOMMT: SVEN ANTON PUSCHT EVIVO AUF PLATZ 1 (DÜRENER NACHRICHTEN / ZEITUNG, 31.10.2005, S. 15, FRANZ SISTEMICH)

ES GIBT BEKANNTLICH EINIGE DINGE, die absolut unmöglich sind, z.B. schwangere Männer. Bisher schien es so, als würde auch ein Dürener Sieg gegen Friedrichshafen zu den irrealen Begebenheiten des Lebens gehören. Denn so etwas war noch nie vorgekommen. Die Dominanz des Gegners vom Bodensee zeigte sich zuletzt im Meisterschaftsfinale der vergangenen Saison. Andererseits mehrten sich die Anzeichen dafür, dass es diesmal endlich klappen könnte. Schließlich hatte evivo in den vergangenen Wochen und Monaten schon mehrmals scheinbar unmögliche Erfolge eingefahren. Die Zeit war also reif, um das letzte Tabu zu brechen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Mit dem Selbstbewusstsein, das die Spieler zuletzt erworben hatten, und mit der riesigen Begeisterung im Umfeld sollte die Mannschaft von Stelian Moculescu zum ersten Mal als Verlierer das Spielfeld verlassen. AUCH DIESER WUNSCH GING IN ERFÜLLUNG. Nach dem ersten Satz sah es noch so aus, als nähme das Spiel den gewohnten Verlauf. Aber unsere Jungs ließen sich von dem deutlichen 16:25 nicht beeindrucken. Die Mannschaft verließ sich auf ihre eigenen Stärken und ergab sich nicht in Ehrfurcht vor dem großen Gegner. Ein Jochen Schöps hatte beim CL-Spiel der Häfler in Piräus vor wenigen Tagen alleine 36 Punkte erzielt. Na und? Wir spielen auf einem anderen Niveau – und wir haben „Susi“. Unser Routinier bewies mal wieder, dass man sich immer auf ihn verlassen kann. Wenn die Erfahrung des Co-Trainers gefragt ist, kommt Sven Anton aufs Feld und reißt alle mit. Seine Motivation und Aufschläge machten den Sieg perfekt. Das Spiel endete 3:1 und zum ersten Mal in der Dürener Vereinsgeschichte stand die größere Zahl auf der Seite von evivo. Dieses Resultat hatte außerdem einen positiven Effekt in der Tabelle der Bundesliga. Nun waren wir nicht nur „die Nr. 1 am Rhein“ und „die Besten im Westen“, sondern wir befanden uns dort, wo wir am Ende auch gerne stehen würden – an der Spitze der Bundesliga. Aber um Deutscher Meister zu werden, müssen wir den Erfolg gegen den VfB Friedrichshafen noch einige Male wiederholen. Seite 5 von 10

EVIVOS SIEGESZUG RAST UNGEBREMST WEITER (DÜRENER NACHRICHTEN / ZEITUNG, 3.11.2005, S. 10, FRANZ SISTEMICH U. JÖRG ABELS)

RHEINISCHER KARNEVAL AN DER MAAS (DÜRENER ZEITUNG, 3.11.2005, S. 13, JÖRG ABELS U. FRANZ SISTEMICH)

EVIVO DÜREN ÜBERRASCHT EUROPAS BESTE VOLLEYBALLKLUBS UND SICH SELBST (W ELT, 4.11.2005, S. 25, CONNY KURTH)

BETRIEBSAUSFLUG INS MÄRCHENLAND (F.A.Z., 9.11.2005, S. 38, BERND STEINLE)

ALS BEKANNT GEWORDEN WAR, dass evivo Düren in der Gruppe der Champions League auf Noliko Maaseik trifft, hatte man schon von einem Traumlos gesprochen. Aus sportlicher Sicht schienen die Belgier zwar noch deutlich überlegen, aber da die geographische Entfernung viel geringer war, wurde das Spiel zum europäischen Lokalderby. Dass die Moskitos in Scharen über die Grenze pilgerten, versteht sich von selbst. Angesichts der rasanten Entwicklung ihrer Mannschaft hatten sie größere Pläne, als nur die berühmten belgischen Fritten zu essen. Sie waren hungrig nach einem weiteren Sieg in der europäischen Elite-Liga. Geschäftsführer Rüdiger Hein, der wie einige Fans schon in der vergangenen Saison als Zuschauer beim Gastspiel des VfB Friedrichshafen in Maaseik vor Ort gewesen war, hatte den Verein angesichts seiner Infrastruktur längst zum Vorbild für evivo auserkoren. Nun durfte sich die Mannschaft im direkten Duell sportlich mit den Nachbarn messen. DIE ZAHLREICHEN MOSKITOS AUF DER TRIBÜNE zeigten, dass sie sich auch gegen tausende einheimische Zuschauer durchsetzen können. Der Hallensprecher versuchte sich vergeblich mit eintönigen Noliko-Schlachtrufen und lauter Musik gegen die akustische Dominanz der Dürener zu wehren. Die Mannschaft ließ sich von der Begeisterung ihrer Fans anstecken und schaffte mit einem erneuten 3:1 den zweiten CL-Sieg in Folge. Obwohl die Gastgeber den ersten Durchgang relativ deutlich für sich entscheiden konnten, fanden sie letztlich kein Mittel, um die selbstbewussten Gäste zu bezwingen. Die körperliche Überlegenheit der langen Belgier beeindruckte „Hubschrauberberto“ & Co. genauso wenig wie die Dramatik des zweiten Satzes, der erst bei 37:35 endete. Mit der dritten Top-Leistung im dritten Spiel brachten die Spieler von Bernd Werscheck die europäische Volleyball-Hierarchie weiter durcheinander. Die Berichterstatter des CEV bezeichneten den Neuling evivo Düren ehrfürchtig als „Favoritenkiller“. Wie stark die Leistungen waren, zeigte sich auch in der offiziellen Statistik. Heriberto als Topscorer, Luiz als erfolgreicher Blocker sowie Till und Tom als sichere und effiziente Spieler in der Annahme belegten dort Plätze in den Top 5, wo ansonsten nur Akteure der Spitzenclubs aus Italien, Frankreich und Russland vertreten waren.

DIE EVIVO-FESTWOCHEN FANDEN EIN TRISTES ENDE (DÜRENER NACHRICHTEN, 7.11.2005, S. 9, GUIDO JANSEN)

IRGENDWANN MUSSTE ES JA MAL PASSIEREN. Nachdem das evivo-Team in den vergangenen Wochen fast schon den Eindruck erweckt hatte, als wäre es in dieser Saison unbesiegbar, gab es am 6. November die erste Niederlage auf deutschem Boden. Ausgerechnet die Mannschaft, gegen die der Dürener Höhenflug mit dem Sieg im Halbfinale 2004/05 begonnen hatte, sorgte für die erste Niederlage in der Bundesliga. Der SCC Berlin revanchierte sich für die überraschende Pleite im April und gewann das Heimspiel mit 3:1. Die Moskitos waren nicht mitgereist, weil sie sich die Tour in die Hauptstadt für die Play-Offs vorgenommen haben. Die Fans nutzten die Möglichkeit, das Spiel online im Volleyball-Radio, das seit Saisonbeginn live aus allen Hallen der Bundesliga berichtet, zu verfolgen. Aber die Abwesenheit der Fans als Grund für das Ende der Siegesserie anzuführen, wäre die falsche Erklärung. Die Mannschaft war nach der körperlichen und mentalen Belastung der letzten Spiele einfach ausgepowert und etwas weniger motiviert als die Berliner, die ja noch eine Rechnung offen hatten. Dennoch gab es keinen Grund, nervös zu werden oder an sich selbst zu zweifeln. Seite 6 von 10

„WAREN NICHT WIRKLICH GEFORDERT” (DÜRENER NACHRICHTEN, 14.11.2005, S. 9, GUIDO JANSEN)

FANS DISKUTIEREN FARBE DES SCHALS (DÜRENER ZEITUNG, 15.11.2005, S. 8, FRANZ SISTEMICH)

LEIPZIG KANN HERIBERTO QUERO EINFACH NICHT STOPPEN (DÜRENER NACHRICHTEN / ZEITUNG, 17.11.2005, S. 10, JÖRG ABELS U. FRANZ SISTEMICH)

DIE NÄCHSTEN WOCHEN boten Gelegenheit zur Erholung. In der Champions League fanden keine Spiele mit unserer Beteiligung statt und in der Bundesliga erwiesen sich Leipzig und Rüsselsheim nicht als gleichwertige Konkurrenten für einen Meisterschaftsanwärter. Bei den beiden problemlosen 3:0-Siegen wurde deutlich, wie beträchtlich das Leistungsgefälle innerhalb der höchsten deutschen Spielklasse ist. Die Liga ist leider so unausgeglichen, dass es keine spannenden Duelle zwischen den Spitzenvereinen und den Abstiegskandidaten geben kann, sofern sich die Favoriten nicht durch Überheblichkeit selbst in Gefahr bringen. ALS ES IN DÜREN vorübergehend schon langweilig zu werden drohte, sorgte Rüdiger Hein unfreiwillig für neuen Gesprächsstoff. Der engagierte Geschäftsführer war bei seinem eigentlich lobenswerten Ziel, evivo Düren als eigene Marke mit einer „Corporate Identity“ zu etablieren und die qualitativen Unterschiede zwischen der Infrastruktur und den sportlichen Ergebnissen zu verringern, über das Ziel hinausgeschossen, indem er einen neuen Fanschal produzierte. Die farbliche Gestaltung dieses Produkts in Rot und Blau beurteilten die traditionsbewussten Moskitos, die nicht vergessen haben, wo die Geschichte des Vereins – damals noch als Dürener TV – begann, einstimmig als hässlich und vollkommen inakzeptabel. Die Fans betrachteten es jedoch mit Humor und versuchten, neue Texte für die Vereinshymne zu finden, damit wir für den Notfall gerüstet waren und nicht nur auf rot und weiß, sondern auch auf gelb und grün oder beige und violett stehen konnten. Nach intensiven Diskussionen einigten sich beide Parteien schließlich friedlich.

KEINE ANGST VOR GEORG GROZER (DÜRENER ZEITUNG, 19.11.2005, S. 19, FRANZ SISTEMICH)

„WENN DIE JUNGS ES DENN SO SPANNEND MÖGEN ...” (DÜRENER ZEITUNG, 21.11.2005, S. 9, JÖRG ABELS)

TABELLENFÜHRER MIT UNNÖTIGEN SCHWÄCHEN (DÜRENER NACHRICHTEN, 22.11.2005, S. 10, GUIDO JANSEN)

MIT DEM AUSWÄRTSSPIEL IN MOERS wurde es dann auch sportlich wieder interessanter. Alle Beteiligten brauchten nur an den 6. November des Vorjahres zu denken, um ausreichende Motivation für diese Begegnung zu spüren. Denn an jenem Tag hatten sich die damaligen Spieler in katastrophaler Form präsentiert und die mitgereisten Fans total enttäuscht. Dass die Stimmung auf der Rückfahrt dennoch relativ gut war, verdankten die Moskitos damals dem mittlerweile legendären grünen Gießkännchen, das von ihrem Vorsitzenden zweckentfremdet worden war. NUN SOLLTE UND WOLLTE die neue Mannschaft also zeigen, dass sich eine solche peinliche Leistung nicht wiederholt, und sich eines Champions-League-Vereins würdig erweisen. Das Endergebnis von 3:0 bestätigte die weitaus bessere Form des aktuellen Teams – zumindest für diejenigen, die das Spiel nicht vor Ort gesehen haben. Denn der Sieg war längst nicht souverän wie die beiden vorherigen Erfolge gegen Leipzig und Rüsselsheim. Die Spieler genehmigten sich selbstständig ein paar Auszeiten, die weder von den Regeln noch von ihrem Trainer beantragt wurden. So konnten die Gastgeber, die neben dem gefürchteten Georg Grozer mehrere ehemalige Dürener in ihren Reihen hatten, im ersten und dritten Satz mithalten und deutliche Rückstände aufholen. In den entscheidenden Phasen besann sich evivo jedoch auf seine Stärken und behielt dank der internationalen Erfahrung die Nerven. Die Moerser, die zum Lokalderby noch nicht mal 300 eigene Fans mobilisieren konnten, mussten sich schließlich ohne Satzgewinn geschlagen geben. Als wir den Auswärtssieg feierten, wollte sich auch unser Brasilianer Luiz beteiligen, aber leider wussten wir nicht, wie man das auf Portugiesisch nennt. Seite 7 von 10

HINFAHREN, SIEGEN UND WIEDER AB NACH DÜREN (DÜRENER ZEITUNG, 26.11.2005, S. 19, FRANZ SISTEMICH)

MEHR DEBATTIERT ALS GUT GESPIELT (DÜRENER NACHRICHTEN, 5.12.2005, S. 9, GUIDO JANSEN)

DAS ANSTRENGENDSTE BEIM ACHTELFINALSPIEL im DVV-Pokal war wohl die lange Fahrt nach Schwaig in der Nähe von Nürnberg. Der Gastgeber war sportlich so hoffnungslos unterlegen, dass Bernd Werscheck dieses Duell nutzen konnte, um seine Spieler auf ungewohnten Positionen einzusetzen. Wer hätte gedacht, dass unser Libero Till einmal in einem offiziellen Spiel als Angreifer agiert? Beim Dritten der 2. Liga Süd waren solche Experimente möglich, ohne den souveränen Erfolg zu gefährden. VIEL SPANNENDER war das Bundesliga-Spiel am folgenden Wochenende. Der TSV Unterhaching war zu Gast in der Arena, eine Mannschaft, die in dieser Saison nicht besonders viele Erfolge feiern konnte, aber gegen Düren immer besonders motiviert ist. So ergab sich auch dieses Mal ein hart umkämpftes Spiel, das evivo erst im fünften Satz für sich entscheiden konnte. Warum unser Team gegen die Bayern solche Probleme hatte, blieb ebenso rätselhaft wie die Leistung der Schiedsrichter, die mindestens genauso schlecht war wie die der Heimmannschaft, was zu emotionalen Diskussionen während des Spiels führte. Unserem speziellen „Freund“ Michi Mayer hatte das knappe Ergebnis offenbar soviel Selbstbewusstsein gegeben, das er nach dem Spiel in seiner allseits bekannten Überheblichkeit verkündete, Düren würde auf keinen Fall ins Meisterschaftsfinale kommen. Die Adressaten ließen sich von seinen Aussagen jedoch nicht ablenken und konzentrierten sich lieber auf das folgende Spiel in der Champions League.

WECHSELFEHLER ZERSTÖRT EVIVOS TRÄUME GEGEN CANNES (DÜRENER NACHRICHTEN / ZEITUNG, 8.12.2005, S. 9, JÖRG ABELS U. FRANZ SISTEMICH)

SVEN ANTON FLÜCHTET SICH NICHT IN AUSREDEN (DÜRENER ZEITUNG, 9.12.2005, S. 15, FRANZ SISTEMICH)

„SUDDEN DEATH” FÜR DÜREN GEGEN CANNES (SUPER SONNTAG, 11.12.2005, S. 2, DLA)

DER AUFTAKT DER DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN WOCHEN in der Königsklasse endete mit dem tragischsten Ergebnis der jüngeren Vereinsgeschichte. Vor dem Spiel gegen den AS Cannes war man sich in Düren unsicher, wie man die aktuelle Situation einschätzen sollte. Evivo hatte sich bisher mit sensationellen Leistungen in ganz Europa gehörig Respekt verschafft und der französische Meister befand sich in der heimischen Liga in einer Krise, aber die Dürener hatten bei der Generalprobe ebenfalls einige Schwächen offenbart. Während des Spiels ging es dann entsprechend munter hin und her. Unsere Mannschaft ließ sich auch vom zweiten Topfavoriten in der Gruppe nicht abschießen. Als sie jedoch kurz davor stand, den vierten Satz zu gewinnen und damit einen fünften Durchgang zu erreichen, passierte der Fehler, der plötzlich auf dramatische Weise alles änderte. SVEN ANTON KOMMT zum Aufschlag für Malte Holschen aufs Feld, aber den entsprechenden Rückwechsel vergessen sie. Beim Stand von 30:30 unterbricht der Schiedsrichter das Spiel. Während der folgenden Minuten weiß niemand so recht, was denn da los ist. Die Diskussionen erinnern an eine ähnliche Unterbrechung in Treviso. Einige Minuten später blicken dann alle fassungslos auf den Unparteiischen, der wieder auf seinen Stuhl klettert und die Arme vor der Brust verschränkt. Wer sich mit den Volleyball-Regeln auskennt, weiß was dieses Zeichen bedeutet. Das Spiel ist aus! Erst allmählich wird den schockierten Zuschauern klar, was passiert ist. Düren wurden wegen des erwähnten Wechselfehlers zwei Punkte abgezogen, damit endete der vierte Satz mit 30:28 und das Spiel mit 3:1 für die Franzosen. Während sich die Fans zunächst über die zweifellos regelkonforme, aber wegen des Zeitpunkts sehr unglückliche Entscheidung des Unparteiischen ärgern, spricht „Susi“ wie gewohnt Klartext und nimmt die Schuld am Wechselfehler auf sich. Der Frust über das tragische Ende eines guten Spiels verwandelt sich allmählich in eine Trotzreaktion. Schließlich treffen sich die Mannschaften schon am folgenden Dienstag an der Côte d’Azur wieder und da will evivo jetzt erst recht gewinnen. Seite 8 von 10

PARTY IN DÜREN - UND DIE GÄSTE- FANS FEIERN MIT (DÜRENER NACHRICHTEN / ZEITUNG, 12.12.2005, S. 19, FRANZ SISTEMICH)

VOR DER ZWEITEN BEGEGNUNG mit den Franzosen gab es am Sonntagnachmittag jedoch noch das letzte Bundesliga-Spiel der Hinrunde. Dabei war der Gegner schon Motivation genug. Wenn Düren und Wuppertal aufeinander treffen, weiß jeder, um was es geht. Das ist ungefähr so wie Schalke gegen Dortmund oder Deutschland gegen Holland. Die Fans der Gäste, von den Moskitos wegen ihrer monotonen Geräuschkulisse gerne als „Galeerentrommler“ bezeichnet, waren zahlreich in unserer Arena erschienen, weil sie auf einen Erfolg beim Lokalrivalen hofften. Beim Gastgeber stellte sich im Vorfeld der Partie nur die Frage, inwiefern die Ereignisse vom Mittwoch das Team beeinflusst hatten. Die Spieler gaben mit ihrer Leistung eine eindeutige Antwort. Sie waren überhaupt nicht verunsichert und schickten den Gegner mit einem nie gefährdeten 3:0-Sieg zurück ins Tal. Das Spiel war letztlich so eindeutig, dass sich die Zuschauer aus dem Bergischen Land am Ende sogar an der La-Ola-Welle der Dürener beteiligten.

2:3 - EVIVO-FANS JUBELN TROTZDEM (DÜRENER NACHRICHTEN, 14.12.2005, S. 13, GUIDO JANSEN U. INGO LATOTZKI)

DIE EIGENEN FEHLER BRINGEN EVIVO DÜREN UM DEN SIEG (DÜRENER NACHRICHTEN / ZEITUNG, 14.12.2005, S. 9, JÖRG ABELS U. FRANZ SISTEMICH)

BEVOR SICH DAS TEAM VON EVIVO DÜREN in die wohlverdiente Winterpause verabschieden konnte, musste es noch zwei schwierige Aufgaben lösen. Die erste führte sie an die französische Mittelmeerküste. Beim AS Cannes wollten sie die vor einer Woche durch den tragischen Wechselfehler verschenkten Punkte zurückholen und ihre ohnehin schon sehr gute Position in der Gruppe weiter verbessern. Die Moskitos und die Vertreter der lokalen Presse hatten sich wieder im „Alt Birkesdorf“ versammelt, um bei der Premiere-Übertragung gemeinsam mitzufiebern und ihre Mannschaft indirekt zu unterstützen. Auch Rüdiger Hein war diesmal in die Nordstraße gekommen, nachdem das „Wunder von Treviso“ seine Nerven daheim strapaziert hatte. Seit dem Auftakt in der Champions League waren seine Spieler deutlich gereift. In Frankreich wollten sie nun genauso souverän und selbstbewusst auftreten wie in den vorherigen Begegnungen. Den ersten Satz gewannen sie dann auch mit 25:22. Ab dem zweiten Durchgang stieg die Quote der eigenen Fehler, v.a. beim Aufschlag, immer mehr an und der Block konnte den schnellen Angriffen der Franzosen durch die Mitte nichts entgegensetzen. Aber im vierten Durchgang meldete sich unsere Mannschaft noch einmal zurück. Das Spiel wurde wieder besser und die Entscheidung fiel erst im fünften Satz, den Cannes mit 15:12 gewann. Schade! Evivo stand wieder kurz davor, ein absolutes Top-Team Europas zu bezwingen. Aber die Moskitos waren trotzdem zufrieden. Sie erinnerten sich gemeinsam daran, dass ihre Mannschaft in der Champions League schon viel mehr erreicht hat, als alle erwartet hatten. Nach der Auslosung wäre man noch froh gewesen, wenn evivo überhaupt gegen irgendwen einen Satz hätte holen können. Jetzt haben wir zwei Siege und drei knappe Niederlagen gegen die Elite des Kontinents auf dem Konto und gute Aussichten, nicht nur den ersehnten vierten Platz zu schaffen, sondern sogar in die nächste Runde einzuziehen.

DÜREN FÄHRT WEITER DREIGLEISIG (DÜRENER NACHRICHTEN, 19.12.2005, S. 9, GUIDO JANSEN)

DAS LETZTE SPIEL DES JAHRES 2005 fand in Unterhaching statt. Im Sportzentrum am Utzweg ging es um den Einzug ins Halbfinale des DVV-Pokals. Da evivo sich fest vorgenommen hatte, das Finale in diesem Wettbewerb zu erreichen, war ein Sieg in der Nähe von München Pflicht. Die Moskitos wollten ihrer Mannschaft dabei helfen. Der Termin an einem Sonntag um 16 Uhr, die lange Fahrt bis nach Bayern, das drohende Schneechaos – nichts konnte die Fans daran hindern, bei diesem wichtigen Auswärtsspiel live vor Ort dabei zu sein. Um sechs Uhr morgens ging es los. Da bekommt das Motto „Steht auf, wenn ihr Dürener seid“ eine ganz neue Bedeutung. Aber die Strapazen haben sich gelohnt. Die Mannschaft tat sich zwar über weite Strecken unnötig schwer, aber entscheidend war letztlich nur das Ergebnis – und das fiel zu unseren Gunsten aus. 3:1 endete das Spiel, das von zwei Fragen geprägt war. Erstens: Was war mit unserem „Hubschrauber“ los? Seite 9 von 10

Heriberto war im dritten Satz so gut gelaunt, dass er nach gelungenen Aktionen einige Ehrenrunden über das Spielfeld lief. Zweitens (frei nach Trapattoni): Was erlaube Mayer? Die Nr. 9 des TSV Unterhaching hatte während des Spiels mehr Begegnungen mit dem Schiedsrichter als mit dem Ball. Schon beim Bundesliga-Spiel zwei Wochen zuvor hatte er alles dafür getan, sein negatives Image zu bestätigen. Aber der Mayer spielt ja zum Glück nicht bei evivo. Nach dem Abpfiff warteten die Moskitos dann auf Bernd Werscheck. Sie wollten dem Trainer nicht nur gratulieren, sondern auch zwei Antworten von ihm bekommen. Bekommen wir ein Heimspiel und gegen wen spielen wir im Halbfinale? Die frohen Botschaften, die Bernd uns eine Woche vor Weihnachten mitteilte, sorgten schließlich für noch größeren Jubel als der 3:1-Sieg. Evivo empfängt nämlich in der Arena den Moerser SC. Von diesem Moment an sprachen alle nur noch vom Finale. Ganz Düren träumt jetzt davon, am 19. März im Gerry-Weber-Stadion in Halle (Westfalen) anzutreten, und dieser Wunsch erscheint noch viel realistischer als ein Sieg in der Champions League. Letzteres hat evivo bekanntlich schon geschafft. MIT DIESEN POSITIVEN EINDRÜCKEN endete das Jahr 2005. In den vergangenen Monaten hat evivo Düren viel mehr erreicht, als alle erwartet haben. Die Mannschaft ist über sich hinaus gewachsen. Sie hat alle Wahrscheinlichkeitsrechnungen widerlegt und die Volleyball-Welt ebenso überrascht wie beeindruckt. Jeder einzelne Spieler hat ebenso zum sensationellen Erfolg beigetragen wie die Trainer und die Verantwortlichen hinter den Kulissen. Heriberto ist auch international als Topscorer zum Überflieger geworden. Bei Luiz weiß man gar nicht, was man mehr bewundern soll – sein Lachen oder seine Monsterblocks. Das Trio Till, Tom und Tim hat über weite Strecken eine Abwehr aus Granit gebildet. Ilja wurde nicht zufällig als „Super-Ilse“ gefeiert. Sein Vertreter Björn kam zwar selten zum Einsatz, hat aber zuverlässig gespielt. Malte schaffte es, morgens eine Klausur zu schreiben und abends ein Champions-League-Spiel zu absolvieren. Sven „Horst“ Dick kann sowieso nichts beunruhigen, solang seine Frisur sitzt. Kenneth beeindruckte die Gegner schon durch seine körperliche Erscheinung. Mauricio steigerte sich kontinuierlich. Auf Sven „Susi“ Anton konnte man sich immer verlassen, wenn seine Routine gefragt war. Er sorgte auch auf der Bank als Motivator immer für positive Energie. Dort formte Bernd eine sympathische Mannschaft, die diese Bezeichnung verdient hat. Stefan zeigte den Akteuren mit seiner Erfahrung als Weltklasse-Spieler einige technische Feinheiten und lieferte außerdem kompetente Kommentare bei Premiere. Martina und Manuela haben die Spieler fit gehalten. Ohne Rüdigers unermüdlichen Einsatz würde der Verein heute nicht in der Champions League spielen. Dort hat Daniel auch mehr geleistet, als nur in der Adria zu baden. Die Moskitos haben für gute Stimmung auf der Tribüne gesorgt. Es wurde also einmal mehr deutlich, dass sportliche Höchstleistungen und eine familiäre Atmosphäre durchaus zusammenpassen. EINE ZUVERLÄSSIGE PROGNOSE FÜR 2006 wäre sehr gewagt. Wenn evivo Düren im nächsten Jahr an die sensationellen Leistungen anknüpft, erscheint nichts unmöglich. Schließlich hätte vor zwölf Monaten niemand geglaubt, dass wir im Rückblick von einer Mannschaft sprechen können, die als deutscher Vizemeister sogar in der Champions League Erfolge feiert. In der Vereinshymne heißt es bekanntlich: „Düren is uns Stadt und du bess unsre Verein; un bahl schon wääde mir bestemp der Deutsche Meister sein!“ Wie weit ist diese Zukunft noch entfernt? Wann kann evivo Düren den ersten Titel der Vereinsgeschichte feiern? Wann werden wir Meister? Wann holen wir den DVVPokal? Wann gewinnen wir die Champions League? Das steht alles natürlich noch in den Sternen. Aber wenn sich evivo so rasant weiterentwickelt wie im Jahr 2005, gibt es vielleicht schon im Rückblick 2006 die ersten Antworten. Auf geht’s, Düren, auf geht’s!

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