war früher alles besser?

March 29, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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nachrichten feste feiern ■ ■ angedachtes ■ ■ ■ ■

visAvie Nr. 4 – Dezember 2007

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war früher alles besser?

warum und wie die zieglerschen ihre traditionen pflegen

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just: sozialministerin eröffnet einzigartige jugendsuchttherapie

das magazin der zieglerschen

Inhalt Heft 4 – 2007 / Impressum

inhalt

impressum

titelthema

visAvie Das Magazin der Zieglerschen Dezember 2007, Nr. 4

War früher alles besser? – Die Zieglerschen Anstalten und ihr Verhältnis zur Tradition . . . . 6 Charismatisch und voller Gottvertrauen – Johannes Ziegler zum Gedenken . . . . . . . . . . . . . 8 Auf den Spuren eines Wilhelmsdorfer Geheimnisses – der Psalmenspaziergang . . . . . . . . . . 11

aktuelles Na bitte, es geht doch: drei Jugendliche mit Behinderungen lernen Mofa-Fahren . . . . . . . . . 4 Überraschende Spende: Seniorenzentrum Erolzheim erhält ein rollstuhlgerechtes Auto . . . . 4 Prominenz im Hör-Sprachzentrum: Politiker besuchen das Sprachheilzentrum . . . . . . . . . . . . 5 Frischer Wind in der Vöhringer-Schule: die Altenpflegeausbildung hat eine neue Leitung . . . 5 Wilhelmsdorf–Shanghai und zurück: großer Empfang für die erfolgreichen Volleyballer . . . 14 Neues von der Baustelle: die erste Bau-Etappe im Martinshaus ist geschafft . . . . . . . . . . . . . 14 Premiere in Hohenrodt: erster Beratungsstellentag mit guter Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

porträt Eine leicht verspätete Kinderliebe – die ungewöhnliche Geschichte des Reinhard Sauter . . . 12

feste feiern Clean und dann … zu JUST! – Sozialministerin eröffnet eine einzigartige Suchttherapie . . .16 Neue Köpfe in den Zieglerschen (1): Sven Lange führt künftig die Behindertenhilfe . . . . . . 18 Neue Köpfe in den Zieglerschen (2): Ursula Belli wechselt ins Hör-Sprachzentrum . . . . . . .19

wir Kürbis-Pommes und Gewächshaus-Kaffee – die neue Rotach-Gärtnerei ist fertig! . . . . . . . 20 „Schau doch meine Hände an“ – spektaktuläre Neuauflage der Gebärdensammlung . . . . . 22 Anruf bei… Monika Materna, Hausleitung im Seniorenzentrum Bad Waldsee . . . . . . . . . . 24 11 Fragen an… Karl-Otto Kannapinn, Schulleiter im Hör-Sprachzentrum Sigmaringen . . . 25

angedacht Wie sprechen Sie mit Gott? – Angedachtes von Anne Beck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Herausgeber Hans-Peter Züfle, Vorstandsvorsitzender der Zieglerschen Anstalten e.V., Wilhelmsdorfer Werke ev. Diakonie Erscheinungsort Wilhelmsdorf Erscheinungsweise vierteljährlich visAvie ist die Zeitschrift für Kunden, Freunde, Förderer und MitarbeiterInnen der Zieglerschen Anstalten Redaktion Christof Schrade, Referent für Öffentlichkeitsarbeit (verantw.) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe: Anne Beck (AB), Christian Glage (CG), Heike Engelhardt (HE), Martina Heidinger (MH), Rainer Kössl (RK), Martin Kunze (MK), Katja Müller (KM), Birgit Liede (BL), Ivana Oppold (IO), Christof Schrade (CS), Elke Schübert (ES), Goran Svigir (GS), Jens Walther (JW), Peter Weder (PW) Bildnachweise Titelfoto: Archiv Zieglersche Anstalten/ Photocase.com/dixiland (auch S.6/7) Collage: Ruta Kaliunaite Weitere Bilder: Zieglersche Anstalten/ Rolf Schultes (S.3, S.19), Zieglersche Anstalten/ Archiv (S.8), privat (S.10), Zeichnung: Karlheinz Brecheis (S.11), Photocase.com/agraulich (S.21), Gebärdensammlung „Schau doch meine Hände an“ (S.22/23), Made Höld/ ZfP (S.16), Autor/innen der Beiträge (S.4, S.5, S.9, S.12, S.13, S.14/15, S.18, S.24, S.25), Archiv nullzwei (S.25), Photocase.com/patzita (S.27) Anschrift der Redaktion Zieglersche Anstalten e.V. Christof Schrade Saalplatz 4, 88271 Wilhelmsdorf Telefon (07503) 929-255 Telefax (07503) 929-252 E-Mail: [email protected] Für alle Fragen zu visAvie Grafisches Konzept, Satz, Redaktion, Produktion nullzwei – Büro für Kommunikation, Köln Redaktion: Petra Hennicke Gestaltung: Ruta Kaliunaite www.nullzwei.net Druck Grafische Werkstätte, Reutlingen

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Hausmitteilung

liebe leserinnen, liebe leser, noch einmal wollen wir mit diesem Heft in die Geschichte der Zieglerschen Anstalten eintauchen – nach 2005, als wir mit 100 Jahre Suchtkrankenhilfe und dem 175-jährigen Bestehen der Diakonie in Wilhelmsdorf gleich zwei große Jubiläen begehen konnten. In diesem Jahr und in diesem Heft geht es vor allem um Johannes Ziegler, den Namensgeber der Zieglerschen Anstalten. Sein Todestag jährte sich im September zum 100. Mal. Aus diesem Anlass haben wir, gemeinsam mit der Evangelischen Brüdergemeinde Wilhelmsdorf und der politischen Gemeinde, Zieglers wichtigstes Buch, „Wilhelmsdorf. Ein Königskind“, neu herausgebracht. Professor Dr. Hermann Ehmer, Leiter des Landeskirchlichen Archivs in Stuttgart, hat Interessantes über das Leben und Werk Zieglers herausgefunden. Seinen Vortrag in Wilhelmsdorf veröffentlichen wir in diesem Heft. Ist das nicht ein bisschen viel Geschichte? Wenden wir uns der Vergangenheit zu, weil früher sowieso alles besser war und der Alltag so schwierig ist? So könnte der eine oder andere fragen. Keineswegs. In Zeiten wachsender Unübersichtlichkeit ist es wichtig, sich zu vergewissern, woher man kommt, wo die Wurzeln sind, wie die Motive der Gründerväter aussahen. Dass wir damit nicht falsch liegen, zeigt auch eine ganz einfache Tatsache. Das Interesse an der Geschichte der Zieglerschen Anstalten wächst beständig – in der eigenen Mitarbeiterschaft und bei vielen Menschen überall im Land. Und die Gegenwart kommt natürlich nicht zu kurz. Weder im Alltag der Zieglerschen Anstalten noch in diesem Heft. Ein Beispiel: Das Buch „Schau doch meine Hände an“, die bekannteste Sammlung von Gebärden in Deutschland für nicht hörende und nicht sprechende Menschen mit geistiger Behinderung, ist in Berlin mit viel Prominenz und Medienbegleitung vorgestellt worden. Es ist nicht nur modern, es ist zukunftweisend. Ohne die intensive Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Behindertenhilfe hätte es nicht produziert werden können. Ein anderes Thema: in den vergangenen zehn Jahren sind die Zieglerschen Anstalten stetig gewachsen. Mit der Altenhilfe und der Jugendhilfe sind zwei neue Hilfearten dazu gekommen, viele neue Standorte – und natürlich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Arbeiteten vor zehn Jahren rund 1.000 Menschen bei den Zieglerschen Anstalten, so sind es heute mehr als 2.500. Mit „Elf Fragen“ und „Anruf bei…“ haben wir zwei neue Rubriken eingeführt, in denen wir ab jetzt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorstellen, die erst seit kurzem dabei sind. Dieses Mal sind es Karl-Otto Kannapinn, der seit kurzem die Sprachheilschule in Sigmaringen leitet, und Monika Materna, Hausleitung im Seniorenzentrum in Bad Waldsee. Viel Spaß beim Lesen und eine gesegnete Adventszeit wünscht Ihnen

Hans-Peter Züfle

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Aktuelles ALTENHILFE

mit spenden zum rollstuhlgerechten auto ■ ■ Große Begeisterung im Seniorenzentrum Erolzheim: der Freundeskreis übergab als Spende ein nagelneues, rollstuhlgerecht ausgestattetes Fahrzeug! „Wir freuen uns sehr, dass wir das Vorhaben bereits im zweiten Jahr nach unserer Gründung verwirklichen konnten“, berichtet Heinz Schiefer, Vorsitzender des Freundeskreises über die Spendenaktion. Mit seinen mittlerweile 68 Mitgliedern hat der Freundeskreis viel vorangetrieben. So wurden zum Beispiel beim traditionellen Erolzheimer Nikolausmarkt selbst gebackener Kuchen und allerlei selbst gebastelte Kleinigkeiten für den guten Zweck verkauft – der Erlös wanderte ohne Umweg in die Spendenbüchse. Wie bei allem, was in den letzten zwei Jahren unternommen wurde. Zusammen mit den Jahresbeiträgen der Mitglieder des Freundeskreises und zahlreichen Spenden Erolzheimer Bürgerinnen und Bürger und lokaler Firmen wurde die Aktion schnell eine runde Sache, und das Erolzheimer Seniorenzentrum wurde mehr und mehr ein Teil der Gemeinde. Nun steht das Auto abfahrbereit vor dem Seniorenzentrum. Der erste Ausflug mit zwei Bewohnern ins Allgäu nach Bolsterlang wurde bereits zur großen Freude der Beteiligten absolviert. Künftig soll das Fahrzeug neben Ausflügen und Fahrten zum Arzt auch zum Transport der Tagespflegegäste genutzt werden. BL

„ICH HAB JETZT FÜHRERSCHEIN!“ – WAS HORST SCHLÄMMER ALIAS HAPE KERKELING KANN, KÖNNEN DIESE DREI SCHÜLER DER HEIMSONDERSCHULE HASLACHMÜHLE SCHON LANGE. GUT SECHS MONATE LERNTEN SIE ZUSAMMEN MIT NICHT BEHINDERTEN JUGENDLICHEN IN DER FAHRSCHULE MOFA-FAHREN – MIT ERFOLG!

HÖR-SPRACHZENTRUM

der kick mit den ehemaligen

BITTE RECHT FREUNDLICH… EHEMALIGE UND AKTUELLE SCHÜLER DER GEHÖRLOSENSCHULE WILHELMSDORF KURZ VOR DEM KICK

■ ■ Elite-Internate wie Salem machen es vor: sie pflegen ihre Ehemaligen und knüpfen Netzwerke. Auch im Internat des HörSprachzentrums Wilhelmsdorf weiß man, wie wichtig Ehemalige sind – nicht zuletzt als erwachsene Vorbilder für gehörlose Jugendliche. Ende November war es wieder soweit: Frühere und aktuelle Schüler traten im Fußball gegeneinander an. Ein kleiner Kick mit großer Geschichte, denn die Gäste sind Mitglieder im GehörlosenSportclub Bodensee, der eine eigene Jugendabteilung gegründet hat, die sich aus gehörlosen Wilhelmsdorfer Jugendlichen rekrutiert. Dahinter steckt Erzieherin Susanne Rabus, die Fußballtraining für hör- und sprachbehinderte Schüler anbietet – seit 18 Jahren! JW

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Kilometer, von Wilhelmsdorf nach Shanghai und zurück, legten die Sportler der Wilhelmsdorfer Unified Volleyballmannschaft zurück, um an den Special Olympics 2007 teilzunehmen. Die fünf Athleten belegten dort den vierten Platz und wurden bei der Eröffnungsfeier von über 80 000 Zuschauern bejubelt. Mehr dazu lesen Sie auf Seite 15.

HÖR-SPRACHZENTRUM

polit-prominenz zu besuch im sprachheilzentrum ravensburg

UNTERSTÜTZT WURDE DAS „PROJEKT FÜHRERSCHEIN“ VON LEHRERIN SANDRA HORNSTEIN UND DER GEMEINDE HORGENZELL, DENEN EINE BESSERE MOBILITÄT DER JUGENDLICHEN AUF DEM LAND AM HERZEN LAG. MH.

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■ ■ Polit-Prominenz im Sprachheilzentrum Ravensburg: Dr. Andreas Schockenhoff, Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Ravensburg-Bodensee und stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion, sowie Rolf Engler, Stadt- und Kreisrat in Ravensburg, folgten einer Einladung ins Sprachheilzentrum Ravensburg. Schulleiter Peter Weder führte die Gäste durchs Haus und erläuterte das Prinzip der „Durchgangsschule“. Ziel sei es, die Schüler nach einer Förderphase möglichst bald wieder in ihre Heimatschulen zu entlassen, deshalb werde nach dem normalen Bildungsplan öffentlicher Schulen plus Extra-Förderung unterrichtet. Die Sprachförderung, wie sie das HörSprachzentrum seit vielen Jahren anbietet, sei absolut notwendig, da ein Viertel aller Kinder so sprachauffällig ist, dass sie

Unterstützung benötigen. Entsprechend gefragt sei die kostenlose Beratungsstelle der Schule. „Hier helfen wir den Eltern mit ausführlicher Diagnostik“, erläuterte Weder. „80 Prozent der Kinder kann ambulant geholfen werden, nur zehn Prozent brauchen Förderung in unserem Schulkindergarten oder unserer Schule“. PW

KEIN SITZSTREIK, SONDERN HARTE ARBEIT: MDB ANDREAS SCHOCKENHOFF (L.) UND GEMEINDERAT ROLF ENGLER (M.) LASSEN SICH AUF DIE STOTTER-THERAPIE EIN.

BEHINDERTENHILFE

SCHULE FÜR SOZIAL- UND GESUNDHEITSBERUFE

willkommen und im „anderssein“ akzeptiert

frischer wind in der altenpflegeausbildung

■ ■ Das Integrationsprojekt des Schulkindergartens Haslachmühle und des Ravensburger Johanneskindergartens hat sich erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Bei einem Fachtag an der Fachhochschule Ravensburg stellte Petra Bongartz-Demelt, Leiterin des Schulkindergartens Haslachmühle, das Projekt mit einem Informationsstand vor. Sie erläuterte den interessierten Besuchern die praktischen Erfahrungen bei der Integration von beeinträchtigten oder sozial benachteiligten Kindern, die sich willkommen und „in ihrem ‘Anderssein‘ akzeptiert“ fühlen können. Das Integrationsprojekt wird jetzt ausgeweitet: in Kindergärten in Altshausen und Wilhelmsdorf. MH / IO

■ ■ Die Altenpflegeschule der Gotthilf-Vöhringer-Schule hat eine neue Leiterin: Fanny Drewing. Sie ist in Gera / Thüringen geboren, arbeitete zunächst mehrere Jahre als Altenpflegerin und absolvierte dann ein Studium der Pflegepädagogik. Ihre Diplomarbeit schrieb sie über „Interkulturelle Aspekte in der Altenpflegeausbildung“, und nach dem Studium zog sie aus privaten Gründen an den Bodensee. Hier arbeitete sie zunächst als Lehrkraft an einer Altenpflegeschule in Immenstadt/ Allgäu, ehe es sie dann zu den Zieglerschen Anstalten zog. ES

Titelthema

Im Jahr 2005 fing es mit dem großen Jubiläumsjahr zum 100. Geburtstag der Suchtkrankenhilfe an. Dann folgten „175 Jahre Diakonie in Wilhelmsdorf “ und jetzt die Feiern zum 100. Todestag von Namensgeber Johannes Ziegler. Die Zieglerschen Anstalten pflegen ihre Wurzeln mit Akribie, nicht zuletzt in dieser Ausgabe von visAvie. So lesen Sie auf der folgenden Seite einen Vortrag über das Leben von Johannes Ziegler, gehalten von Prof. Dr. Hermann Ehmer, dem Direktor des Landeskirchlichen Archivs, bei der Gedenkmatinee zu Ehren Zieglers am 30. September. Sie erfahren, wie und warum wir mit „Wilhelmsdorf. Ein Königskind “ einen historischen Bestseller neu aufgelegt haben. Und wir nehmen Sie mit auf den „Psalmenspaziergang“, einen ungewöhnlichen Ortsrundgang durch Wilhelmsdorf, hinter dem sich ein kleines Geheimnis verbirgt. Tauchen Sie ein in eine spannende Geschichte – viel Spaß!

war frü ■ ■ IM JAHR 2005 FING ES AN, mit dem großen Jubiläumsjahr zum 100. Geburtstag der Suchtkrankenhilfe. Dann folgten „175 Jahre Diakonie in Wilhelmsdorf“ und jetzt die Feiern zum 100. Todestag von Johannes Ziegler. Die Zieglerschen Anstalten feiern sich und ihre Historie in dichter Folge – ein bisschen zu viel? Wenden wir uns der Vergangenheit zu, weil früher alles besser war? Blicken wir zurück, weil der Alltag und das Heute so viel schwieriger sind? KEINESWEGS. Und doch ist es wichtig, sich zu vergewissern, woher man kommt, wo die Wurzeln sind, in Zeiten wachsender Unübersichtlichkeit wichtiger denn je. Von Benjamin Franklin ist der Satz überliefert: „Tradition heißt das Feuer hüten und nicht die Asche aufbewahren.“ Und genau darum geht es den Zieglerschen: das Feuer nicht nur hüten, die Tradition nicht bloß auf kleiner Flamme weiterkochen, sondern neu anfachen. Rückbesin-

nung auf die Wurzeln, auf diejenigen, die das Feuer diakonischen Engagements in Wilhelmsdorf und anderswo entfacht haben. DASS WIR DAMIT NICHT FALSCH LIEGEN, dass die Beschäftigung mit der Geschichte der Wilhelmsdorfer Diakonie kein Hobby von Wenigen ist, zeigt auch eine ganz einfache Tatsache: das Interesse bei vielen Menschen überall im Land – und vor allem auch in der eigenen Mitarbeiterschaft – ist riesengroß. Die Zieglerschen sind gewachsen, in den letzten zehn Jahren um mehr als das Doppelte. Neue Hilfearten sind dazugekommen, neue Standorte, neue Aufgaben – und viele neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie wollen wissen: Woher kommen die Zieglerschen, welche Wurzeln haben sie? Gerade in einer Phase eines nie dagewesenen Wachstums ist Rückbesinnung wichtig, um zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte ist ein deutliches

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her alles besser? Signal nach innen und außen: Wir wissen, woher wir kommen, die Fragen, Antworten und Motive der Gründerväter sind noch heute für uns entscheidend. DIE NEUEN WOLLEN WISSEN, WOHER die Zieglerschen kommen. Und die Alten wollen sehen, wohin die Zieglerschen gehen. So war es kein Zufall, dass zur Gedenkstunde anlässlich des 100. Todestages von Johannes Ziegler zahlreiche Abkömmlinge der Ziegler-Dynastie nach Wilhelmsdorf gekommen waren. Ziegler selbst war kinderlos geblieben, nicht aber seine Brüder, die er nach und nach auf verantwortliche Positionen nach Wilhelmsdorf holte. Von diesen Brüdern stammt die weit verzweigte Sippe ab – und für sie war es selbstverständlich, ins entfernte Wilhelmsdorf zu kommen. Dazu eingeladen hatten übrigens nicht nur die Zieglerschen Anstalten, sondern auch die Evangelische Brüdergemeinde und die politische Gemeinde

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Wilhelmsdorf. Denn auch das ist hier gute Tradition: ein Miteinander von Gemeinde, kirchlicher Gemeinde und Unternehmen. HANS-PETER ZÜFLE, Vorstandsvorsitzender der Zieglerschen Anstalten, beschreibt das Traditionsverständnis des von ihm geführten Unternehmens so: „Die Zieglerschen Anstalten tragen den Namen Johannes Zieglers ganz bewusst und mit Stolz. Wir verbinden Gottvertrauen mit seinem Namen und deshalb stehen wir dazu.“ Das Erbe Zieglers und der Zieglerschen Anstalten lebt also weiter – und Wilhelmsdorf ist nach wie vor ein ganz besonderer Ort, um Visionen zu entwickeln und möglich zu machen. Noch einmal Hans-Peter Züfle: „Zieglers praktische, weltzugewandte, diakonische Tatkraft ist heute noch vorbildhaft.“ Und: „Der Name ‚Zieglersche Anstalten’ stand und steht für ein klares Bekenntnis: zu Jesus Christus als dem Herrn der Diakonie. Zu ihm und zu unserem Auftrag.“ CS/PH

charismatisch, umtriebig und voller gottvertrauen JOHANNES ZIEGLER, NAMENSGEBER DER ZIEGLERSCHEN ANSTALTEN UND „EINE DER GROSSEN DIAKONISCHEN PERSÖNLICHKEITEN DES 19. JAHRHUNDERTS“, STARB VOR 100 JAHREN. EIN HISTORISCHES PORTRÄT.

■ ■ Johannes Ziegler, geboren am 25. März 1842 in Heubach unter dem Rosenstein (bei Schwäbisch Gmünd), war ein begabtes Kind. Bereits als Fünfjähriger erzwang er seine Einschulung. Doch der frühe Tod der Eltern veränderte sein Leben und das seiner beiden Brüder. So sollte Johannes Ziegler nach dem Willen seines Vormunds ursprünglich ein Handwerk lernen, erreichte aber, dass dieser ihm schließlich die Ausbildung zum Volksschullehrer ermöglichte. Nach dreijähriger Hospitation konnte Ziegler auf das Schullehrerseminar in Nürtingen gehen. Seine erste Stelle als Provisor oder Lehrgehilfe trat Ziegler 1862 in Vorbachzimmern bei Weikersheim an. Der Unterricht füllte den umtriebigen jungen Mann nicht aus, er gründete einen Turnund Gesangverein und war bei vaterländischen Anlässen ein gesuchter Festredner. Die Wende seines Lebens brachte der Brief eines Seminarkameraden aus Wilhelmsdorf, in dem dieser beiläufig vom Tod eines jungen Mädchens berichtete, das mit den Worten gestorben sei: „Heim, heim, heim.“ So wolle er

auch sterben können, nahm sich Ziegler vor, und bewarb sich um eine Stelle in Wilhelmsdorf. Er wurde Gehilfe des Lehrers Oßwald an dessen Taubstummenanstalt. Wilhelmsdorf war 1824 auf Veranlassung des Königs Wilhelm I. von Württemberg von Korntal aus gegründet worden. Die pietistischen Ansiedler sollten das Lengenweiler Ried trockenlegen und fruchtbar machen. Dies bot jedoch keine ausreichende Existenzgrundlage für die Gemeinde. Erst die Rettungsanstalten wurden die Rettung Wilhelmdorfs. Diese Wandlung zur Anstaltsgemeinde vollzog sich vor allem unter dem Vorsteher Wilhelm Friedrich Thumm, war aber schon früher eingeleitet worden. Nach dem Vorbild Korntals hatte man schon 1830 eine Rettungsanstalt für Knaben eingerichtet. Es folgten weitere Gründungen; am wichtigsten wurde vorerst die Taubstummenanstalt, die 1837 von August Friedrich Oßwald begonnen worden war. Johannes Ziegler wurde nun Oßwalds Helfer. 1868 heiratete er dessen Tochter Mathilde Oßwald.

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Ziegler übernahm 1873 die Leitung der Taubstummenanstalt, als Oßwald in den Ruhestand trat. Mit dieser Anstalt verbunden war ein Internat, das Knabeninstitut. Ein Neubau wurde notwendig, zu dem sich Ziegler durch sein Neujahrslos 1873, den Anfang von Psalm 91, ermutigt sah. Die Bauten, die Ziegler in den kommenden Jahren errichtete, wurden mit Worten aus diesen Psalmversen benannt. Beide Anstalten wuchsen beständig, so dass Ziegler immer wieder bauen musste. 1879 wurden die beiden Anstalten getrennt. Die Bautätigkeit und die ständige Erweiterung der Arbeit waren nur möglich durch zahlreiche Unterstützer, die auf den Jahresfesten und durch die Jahresberichte über die Arbeit informiert wurden. Überhaupt war Ziegler ein begabter Öffentlichkeitsarbeiter, der durch die Grünen Blätter, Sammlungen von Geschichten aus dem Wilhelmsdorfer Leben, mit seinen ehemaligen Schülern Verbindung hielt. Seit 1905 gab er eine Monatschronik aus dem Knabeninstitut Wilhelmsdorf heraus. Die Geschichte des Ortes beschrieb er in der seit 1905 in Heften erscheinenden Schrift „Ein Königskind“. Besonders aber lag ihm daran, durch häufige Besuche die Verbindung mit den pietistischen Gemeinschaften im Land aufrecht zu halten. Im Knabeninstitut zeigte sich Zieglers erzieherische Begabung. Manches aus seiner pädagogischen Praxis muss heute als überholt gelten. Daneben zeigte Zieglers Arbeit aber auch durchaus zukunftweisende Züge, mit denen er seiner Zeit voraus war, etwa dass Sport, Spiele und Feste einen festen Platz im Schulleben hatten. Von den Schülern kamen anfänglich viele aus der französischen Schweiz; seit den 1890er Jahren verlagerte sich das Einzugsgebiet auf das Rheinland, Westfalen und natürlich Württemberg. Die Schule führte zur mittleren Reife, sie bis zur Universitätsreife zu führen, hätte den Betrieb zu kompliziert gestaltet. Ziegler war es wichtig, die Schüler nicht nur zu tüchtigen Menschen, sondern auch zu Christen zu erziehen. Das kinderlose Ehepaar Ziegler ging ganz in dieser Arbeit auf; die „Zöglinge“ des Knabeninstituts nannte Ziegler seine Söhne. 1878 übernahm Ziegler von Wilhelm Friedrich Thumm, dem Leiter des Töchterinstituts, auch das Amt des Ortsvorstehers. Man mag die Häufung von Macht und Einfluss in einer Person heute für problematisch erachten. Für eine weitgehend patriarchalisch verfasste Gesellschaft war dies nicht ungewöhnlich. Zieglers Traum von einer Eisenbahn von Friedrichshafen nach

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„wie alles begann…“ – historischer bestseller wurde neu aufgelegt Das „Wilhelmsdorfer Königskind“ ist wieder da! Anlässlich des 100. Todestages von Johannes Ziegler haben die Zieglerschen Anstalten, die Evangelische Brüdergemeinde Wilhelmsdorf und die politische Gemeinde das Hauptwerk Zieglers in einem Nachdruck der 4. Auflage von 1929 wieder herausgebracht. In „Wilhelmsdorf. Ein Königskind“ erzählt Johannes Ziegler die Anfänge des Ortes und der Gemeinde und die Entwicklung zum Anstaltsdorf. Da er selbst daran den größten Anteil hatte, trägt das Werk auch stark autobiographische Züge und gibt Einblicke in den Alltag, in die Sorgen, Nöte und Erfolge eines der Pioniere der württembergischen Diakonie. Ausdrücklich für jugendliche Leser verfasst, insbesondere für die Schüler des Wilhelmsdorfer Knabeninstituts, die Ziegler stets seine „Söhne“ nannte, ist die Schrift aber auch ein Buch, das jungen und erwachsenen Menschen „zur Glaubensstärkung“ dienen soll. Ziegler selbst, am 4. September 1907 gestorben, hat die vierte Auflage seines Buches nicht erlebt. Seine Nachfolger haben aber interessante Details hinzugefügt. Frühe Fotografien geben Einblick ins Dorfleben, die Namen der ersten Siedler sind verzeichnet, der ersten Vorsteher der Brüdergemeinde, der Pfarrer, der Anstaltsleiter. Für ein begleitendes Nachwort konnten die Herausgeber den Leiter des Landeskirchlichen Archivs in Stuttgart, Professor Dr. Hermann Ehmer gewinnen, der das Buch geschichtlich einordnet. Den hochwertig und liebevoll gemachten Nachdruck besorgten die Grafischen Werkstätten in Reutlingen. CS Kostenlos zu beziehen ist „Wilhelsmdorf. Ein Königskind“ über: Zieglersche Anstalten e.V. Frau Stefanie Heier Saalplatz 4, 88271 Wilhelmsdorf Telefon (07503) 929-216, E-Mail: [email protected]

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Stuttgart, die über Wilhelmsdorf führte, ließ sich nicht verwirklichen. Hingegen konnte er den Straßenbau fördern und eine moderne Wasserversorgung einrichten. Im Übrigen diente er der Gemeinde auch in anderer Weise, indem er gelegentlich als Prediger aushalf. Nach außen wirkte Ziegler nicht nur durch seine Kontakte zu den Gemeinschaften. Er veranstaltete in Wilhelmdorf auch pädagogisch-theologische Kurse für Lehrer und Studentenkonferenzen. 1896 nahm das Knabeninstitut zunächst vier, schließlich 16 Armenierkinder auf, die in den Verfolgungen zu Waisen geworden waren. Gleichwohl kamen Ziegler später Zweifel, ob es richtig war, diese in Deutschland zu erziehen. In der Taubstummenarbeit kam es 1882 zu einer Differenzierung, indem die Betroffenen getrennt wurden in Normalbegabte und Schwachsinnige. Dieser Gedanke war ganz neu, er war bei einer Tagung geäußert worden, an der Ziegler teilnahm. Der Vorschlag leuchtete ihm ein, weshalb er ihn sogleich umsetzte. Dies war ohne Weiteres möglich, weil er allein es war, der über seine Anstalten bestimmte. 1905 kaufte Ziegler die Haslachmühle, eine modern eingerichtete Mahl- und Sägemühle, verbunden mit einer größeren Landwirtschaft. Hier wollte er einen neuen diakonischen Arbeitszweig eröffnen, nämlich eine Heilstätte für Trinker und andere Abhängige. In seiner pädagogischen Arbeit war Ziegler mehr und mehr dazu gekommen, den Alkohol nicht mehr in Erscheinung treten zu lassen; den Schülern des Knabeninstituts war der Wirtshausbesuch selbstverständlich verboten.

TRADITION & WISSENSCHAFT Die Traditionspflege der Zieglerschen Anstalten beruht nicht zuletzt auf einer langjährigen Zusammenarbeit mit dem Landeskirchlichen Archiv in Stuttgart. Die Kooperation begann damit, dass Archivmitarbeiterin Inga Bing-von Häfen die Geschichte der Zwangsarbeiter in der Wilhelmsdorfer Diakonie während der Nazi-Diktatur aufarbeitete. Im Anschluss ordnete sie das gesamte Archiv der Zieglerschen, das mittlerweile im Haus des Landeskirchlichen Archivs wissenschaftlich weitergeführt wird. Im Zuge der Zusammenarbeit entstanden mehrere historische Beiträge, unter anderem zur Geschichte des Martinshauses, zum 175-jährigen Bestehen der Diakonie in Wilhelmsdorf und jetzt zum 100. Todestag Johannes Zieglers.

Am 1. Juli 1906 wurde das Zieglerstift Haslachmühle eingeweiht. Die Organisation, der Betrieb und das Personal dieses neuen Arbeitszweigs hatten Ziegler viele Sorgen und schlaflose Stunden beschert, die wohl auch mit zu seinem frühen Tod beigetragen haben. Hinzu kam 1902 ein Unfall, bei dem er sich einige Rippenbrüche zuzog, die nur notdürftig verheilten. In der Folgezeit litt er zunehmend unter Atemnot, die dann auch Herzbeschwerden verursachte. Am 4. September 1907 starb Johannes Ziegler. Mit ihm ging eine der großen diakonischen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts dahin, ein Mann, der seine bedeutenden pädagogischen und organisatorischen Fähigkeiten, die in seinem Glauben wurzelten, in das Werk eingebracht hatte, das später seinen Namen tragen sollte.

Mit dem Tod Zieglers stellte sich die Frage, wie es weitergehen sollte. Die Anstalten waren seine Privatunternehmung, wie es bei solchen Einrichtungen nicht selten vorkam. Dies war im Grunde eine gewagte Konstruktion, denn sie erforderte zwar keine Gremienarbeit, bot aber auch keine abgesicherte Existenz. Die ständige Ausweitung der Arbeit, wie sie Ziegler betrieb, zog immer wieder neues Hangen und Bangen nach sich. Das war nur mit einem großen Gottvertrauen möglich, damit, dass immer wieder Türen, Herzen und Hände aufgingen, um die Arbeit zu fördern. Ziegler hat gewusst, dass das Werk ganz mit ihm und von ihm und aus seiner Person lebte. Er dachte folglich auch nicht an einen Ruhestand. Nach dem Tod Zieglers ging die Arbeit weiter. Jakob Ziegler, ein Verwandter, übernahm die Leitung des Knabeninstituts. Bis Kriegsbeginn 1914 konnte die Arbeit auch durch die Errichtung neuer Bauten ungehemmt ausgeweitet werden. Eine neue Struktur wurde erst 1916 durch die Gründung des Vereins der Zieglerschen Anstalten e.V. in Wilhelmsdorf geschaffen. Diese Form hat sich in den heute bestehenden Zieglerschen Anstalten erhalten, in denen der Name von Johannes Ziegler weiterlebt. Der Autor, Prof. Dr. Hermann Ehmer ist Leiter des landeskirchlichen Archivs Stuttgart. Er hielt diesen Vortrag anlässlich der Matinee zum 100. Todestag von Johannes Ziegler. Die vorliegende Fassung des Vortrags erschien zuerst in den „Konsequenzen“, der Zeitschrift des diakonischen Werks Württemberg. Wir danken für die freundliche Genehmigung zum Nachdruck.

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Der „Wilhelmsdorfer Psalmenspaziergang“ kann bezogen werden bei: Zieglersche Anstalten e.V., Frau Stefanie Heier, Telefon (0 75 03) 929-216, E-Mail: [email protected]

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Karl-Heinz Brecheis | Zeichnungen: n: nullzwei.net

Über die Zieglersc www.gemeinde-wilhelmsdorf.de. hen Anstalten könn ren, dort können en Sie sich eben Sie auch bequem falls im Internet bestellen. Broschüren zu den einzelnen Arbe informieitsbereichen Zieglersche Ans talten e.V. Wilhelmsdorfer Werke ev. Diak onie Telefon: Saalplatz 4 (07503) 929-00 88271 Wilhelms info@zieglersch dorf eanstalten.de www.zieglersc heanstalten.d e

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Konzept & Realisatio

Sieben markante Gebäude in Wilhelmsdorf, dem „Dorf der Diakonie“, haben nicht gerade alltägliche Namen. „Schatten“ heißen sie, „Schirm“, „Hoffnung“ und „Zuflucht“. Wieso heißt ein Haus, in dem Menschen mit geistiger Behinderung wohnen, ausgerechnet „Schatten“? Immer wieder fragen Besucher danach und auch viele Mitarbeiter der diakonischen Einrichtungen wissen es nicht. Jetzt ist die Antwort ganz leicht: anlässlich des 100. Todestags ihres Namensgeber Johannes Ziegler haben die Zieglerschen Anstalten einen ganz ungewöhnlichen, handlich gefalteten und liebevoll illustrierten Ortsplan herausgebracht, der diese Frage und einige mehr beantwortet. Benannt sind die Häuser nach den Anfangszeilen des Psalms 91, der für Johannes Ziegler und für die diakonischen Einrichtungen im Ort eine ganz zentrale Bedeutung hat. Mit dem „Wilhelmsdorfer Psalmenspaziergang“ in der Hand kann man auf einer etwa halbstündigen Tour zu Fuß durch den Ort einiges über „Schirm“ und „Höchsten“ und andere Häuser erfahren. Der Ortsplan selber wurde eigens von Karlheinz Brecheis gezeichnet. Brecheis gehört zu den bedeutenden und bekannten Vertretern der bundesdeutschen Cartoonisten-Szene.

lehrer sein heiß REINHARD SAUTER GEHT IN RENTE. DIE GEOGRAFIE SEINER SEELENLANDSCHAFT LÄSST SICH, ETWAS HOLZSCHNITTARTIG, SO BESCHREIBEN: ER LIEBT SEINE FRAU BRIGITTE, ER LIEBT KINDER UND ER LIEBT DEN BODENSEE UND DIE BERGE. FAST EIN GANZES GRUNDSCHUL-LEHRER-LEBEN LANG UNTERRICHTETE ER

■ ■ Es sah zuerst gar nicht danach aus, dass Reinhard Sauter Lehrer werden würde. Sein Vater war Lehrer, sein Großvater, sein Onkel, seine Tante. Das mag ihn nicht unbedingt dazu motiviert haben, auch in die Schulstube zu wechseln. Nach seinem Abitur an der LOS (Lehreroberschule) Saulgau zog es ihn zuerst zur Bundeswehr. Nicht weil ihm das Soldat-Sein auf den Leib geschrieben war, sondern die Berge zogen ihn an. Er ging zu den Gebirgsjägern nach Mittenwald und verließ sie zwei Jahre später als Oberleutnant der Reserve.

AM HÖR-SPRACHZENTRUM ALTSHAUSEN, DIE LETZTEN 15 JAHRE ALS ABTEILUNGSLEITER DER GRUNDSCHULE. EIN PORTRÄT. VON RAINER KÖSSL

Und dann? Bauer zu sein hätte er sich gut vorstellen können. Oder Förster. Oder etwas Technisches. Der Berufsberater riet von allem ab, diese Berufe hätten keine Zukunft, er solle Lehrer werden. Und so tat Reinhard Sauter, was 30 seiner 33 Klassenkameraden damals auch taten – er studierte für das Lehramt.

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Porträt

Er kann den Zeitpunkt seiner leicht verspäteten, pädagogischen Geburt ziemlich genau angeben. Seine erste Stelle war die Gehörlosen- und Blindenschule in Schramberg-Heiligenbronn. Die Franziskanerinnen, die diese Schule leiteten, ihre Liebe und ihre Strenge, mit denen sie mit den behinderten Kindern umgegangen sind, hat ihn tief und lebenslang geprägt. „Die Arbeit dieser Schwestern hat mich regelrecht elektrisiert. Ich habe in Heiligenbronn das gefunden, was ich werden wollte.“ Reinhard Sauter erzählt von der Begegnung mit einer kleinen Zweitklässlerin, die stark schwerhörig war. Um ihr zu helfen habe er sich zu ihr niedergebeugt. Plötzlich habe das Mädchen laut aufgelacht und auf seinen Kopf gezeigt mit den Worten: „Kaputt, kaputt“. Gemeint habe sie die beginnende Glatze. „Da habe ich kapiert, was die Sprachmöglichkeiten eines schwerhörigen Kindes sind“. Erziehen ist eine Kunst und hat viel mit Kreativität und Sensibilität zu tun. Die Liebe zum Kind hat man nicht ein für allemal und kann sie dann sozusagen in den pädagogischen Tresor stellen. Sie muss sich in jeder neuen Situationen immer wieder neu verfeinern. So war Reinhard Sauter auch Mitglied der berühmten Altshausener Nikolausgilde. Mit Klaus Oldenkotte zusammen bildeten sie ein bekanntes Tandem: Oldenkotte der Nikolaus und er der wilde Knecht Rupprecht. Als sie an einem

t kinder mögen Vor einiger Zeit traf er seinen ehemaligen Pädagogik-Professor von der PH Weingarten Dr. Ludwig Kerstiens. „Ich habe mich ihm vorgestellt“, so der ehemalige Jungstudent, „allerdings mit etwas klammem Gefühl, weil ich die hohe und hehre Pädagogik während des Studiums so gar nicht verstanden habe. Um ehrlich zu sein, auch nicht verstehen wollte.“ Heute ist er eine Vaterfigur. Wer ihn als Lehrer vor und mit seinen Kindern erleben darf, kann diese anfängliche Ferne zur Pädagogik nicht verstehen. In einer Religionsstunde erzählt er ihnen von Jesus und seinen Jüngern. „Stellt euch vor, ihr wäret diese Freunde von Jesus.“ Ein Mädchen darauf: „Aber wir sind doch nur elf in der Klasse!“ Reinhard Sauter: „Ich gehöre doch auch dazu!“ Die Kinder haben ihn in ihr Herz geschlossen und er sie.

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dieser 5. Dezember seine eigene Tochter aufsuchten und diese heftig weinte, schwante ihm etwas: Der Rupprecht passt vielleicht nicht zu jedem Kind. Gefragt, ob er seinen beiden Enkelkindern Sophia-Marie und Nikolas den Besuch von Rupprecht wünschte, überlegt er lange. „Nein, bei ihnen nicht mehr.“ Geboren wurde der Neu-Rentner am 11.11. 1943. Er kennt die Anspielungen auf dieses Datum nur zu gut. Nein, ein lustiger Mensch sei er nicht, eher schon ein hintergründig-humorvoller Typ. Auf das Stichwort „Tod“ angesprochen antwortet er sehr langsam, Wort für Wort: „Wenn man das Gefühl hat, dass man ein Leben hatte, das verantwortet werden konnte, in der Familie wie im Beruf, dann kann man den Tod auch kommen lassen.“ Aber zuerst will er noch einmal wandern: in den Bergen, am Bodensee und in seinem Althausener Garten.

Aktuelles JUGENDHILFE

neues von der baustelle: erste etappe ist geschafft ■ ■ Freude auf der Großbaustelle im Martinshaus Kleintobel: die erste Etappe auf dem Weg zur neuen Schule ist genommen! Im Frühherbst wurde der erste Bauabschnitt beendet, so dass mit Beginn des neuen Schuljahres die ersten Räume bezogen werden konnten. In den Klassenräumen, die in der ehemaligen Aula eingerichtet wurden, lernen jetzt die Schüler der Klassen 5–7. Die Komplettsanierung der Schule für Erziehungshilfe, Bildungsgang Realschule im Martinshaus Kleintobel hat 2006 begonnen. Sie war nötig geworden, weil sich das alte Schulgebäude in einem zunehmend schlechten baulichen Zustand befand. Die umfangreiche Baumaßnahme wird mit Fördermitteln des Bundes und mit Eigenmitteln der Zieglerschen Anstalten finanziert. Durch den milden Winter 2006/2007 sind die Bauarbeiten gut vorangekommen. „Hier ist ja nichts mehr wiederzuerkennen“ ist die häufigste Reaktion von Eltern, Ehemaligen oder Gästen, die derzeit das Martinshaus in Kleintobel besuchen. Nach dem ersten Bauabschnitt geht es jetzt Schlag auf Schlag: die übrigen Gebäude folgen zum kommenden Schulhalbjahr sowie zum Sommer nächsten Jahres. Und die Einweihung des gesamten Gebäudes ist für den Herbst nächsten Jahres geplant. Wir bleiben dran. CG

EIN FOTO FÜR‘S HISTORIEN-ALBUM: DIE VOLLEYBALLER AUS WILHELMSDORF

ALTENHILFE

neue bereichsleitungen in der altenhilfe

VORHER – NACHHER – DAS LEBEN IST EINE BAUSTELLE…

■ ■ Die Altenhilfe der Zieglerschen Anstalten freut sich über zwei neue Bereichsleitungen. Seit Mitte September ist Dagmar Hennings als Bereichsleitung West für die sieben Altenhilfe-Einrichtungen in den Landkreisen Tübingen, Reutlingen und Tuttlingen zuständig. Frau Hennings kommt aus den Reihen der Altenhilfe: Sie war bisher als stellvertretende Hausleitung im Katharinenstift und Wohnstift Radäcker in Esslingen tätig. Der neue Leiter für den Bereich Süd, das sind die Einrichtungen und Ambulanten Dienste der Altenhilfe in den Landkreisen Ravensburg und Biberach, heißt Steffen Bucher. Genau wie Dagmar Hennings ist er Diplom-Pflegewirt – und ebenso wie sie Absolvent der Fachhochschule in Esslingen. BL

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Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. L AOTSE

BEHINDERTENHILFE

wilhelmsdorf – shanghai und erfolgreich zurück ■ ■ Ein Empfang, wie er sich für erfolgreiche Olympioniken gehört: die Sportler des Unified Volleyball-Teams aus Wilhelmsdorf, frisch zurück von den Olympics World Summer Games 2007 in Shanghai, wurden in Wilhelmsdorf feierlich begrüßt. Michael Kachler und Steffi Guth, beide Volleyballspieler aus Wilhelmsdorf, hatten das Team Deutschland ins Shanghai Stadion zum weltweit größten Sportereignis des Jahres 2007 geführt. Und das vor 80 000 Zuschauern! Und: neben Filmstar, Ex-Bodybuilder und US-Politiker Arnold Schwarzenegger, der an der Spitze des amerikanischen Teams ins Stadion marschierte! „Da kriegt man schon Gänsehaut“ berichtet Trainer Michael Stäbler über

dieses geradezu historische Ereignis. Zurück in der Heimat ließ es sich eine Delegation aus Vertretern der Behindertenhilfe der Zieglerschen Anstalten, der Gemeinde Wilhelmsdorf und der TSG Wilhelmsdorf nicht nehmen, die Sportler persönlich zu begrüßen. „Wir sind stolz auf euch“, sagte Rudolf Österle, leitender Mitarbeiter der Behindertenhilfe der Zieglerschen. Und: „Wir sind froh, dass ihr alle wohlbehalten zurück seid.“ Der überragende internationale Erfolg von behinderten und nicht behinderten Volleyballspieler aus dem kleinen Wilhelmsdorf wird ermöglicht durch eine langjährige und äußerst fruchtbare Kooperation der Behindertenhilfe mit dem örtlichen Sportverein (TSG) in Wilhelmsdorf. MH

BEI DEN SPECIAL OLYMPICS IN SHANGHAI

SUCHTKRANKANKENHILFE

premiere in der fachklinik hohenrodt: der erste beratungsstellentag war ein erfolg ■ ■ Premiere in der Fachklinik Hohenrodt: die vor Jahresfrist von den Zieglerschen übernommene Suchtklinik lud zum ersten Informations- und Beratungsstellentag ein – und es kamen zahlreiche Kolleg/innen aus Suchtberatungs- und Adaptionseinrichtungen, aus benachbarten Kliniken sowie Verantwortliche der Kostenträger. Das Team um Hohenrodt-Gesamtleiterin Katja Müller nutzte die Gelegenheit, den neuen ärztlichen Leiter, Alexander Simon und den neuen therapeutischen Leiter, Herbert Galonska, vorzustellen. Simon

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und Galonska teilen mit ihren Patienten wichtige Erfahrungen: Sie haben Migration selbst erlebt und können mit den Patienten in deren Muttersprache reden. Herbert Galonska ist in Polen geboren und Chefarzt Alexander Simon, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in Kasachstan. Darüber hinaus skizzierte Katja Müller die Entwicklung der Klinik in den letzten Monaten und stellte weitere Mitglieder des bunt gemischten therapeutischen Teams vor: aus Deutschland, Russland, Kasachstan und Kroatien. GS/KM

GRUPPENBILD MIT DAME: NEBEN KATJA MÜLLER (M.) STELLTEN SICH BEIM 1. BERATUNGSSTELLENTAG IN HOHENRODT ZWEI NEUE VOR: HERBERT GALONSKA (L.) UND ALEXANDER SIMON (R.).

Feste feiern

DER SCHLEIER IST GELÜFTET: ES FREUEN SICH ZA-VORSTAND HANS-PETER ZÜFLE, SOZIALMINISTERIN MONIKA STOLZ, DIE ERSTEN KLIENTEN, ZFP-GESCHÄFTSFÜHRER WOLFGANG RIEGER UND JUST-GESCHÄFTSFÜHRERIN RENATE SCHEPKER (V. L.)

clean und dann … zu just! LANDESSOZIALMINISTERIN DR. MONIKA STOLZ GAB DEN STARTSCHUSS FÜR „JUST – DIE JUGENDTHERAPIE“ UND ERÖFFNET DAMIT DIE ERSTE REHABILITATIONSSTATION FÜR SUCHTKRANKE JUGENDLICHE IN BADEN-WÜRTTEMBERG ■ ■ Der Startschuss fiel erst vor wenigen Tagen. Am 23. November eröffnete Sozialministerin Dr. Monika Stolz in Ravensburg ein landesweit einzigartiges Projekt: „JUST – die Jugendsuchttherapie“. JUST, ein Gemeinschaftsprojekt der Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie und der Zieglerschen Anstalten, bietet eine Langzeitbehandlung für schwer suchtkranke jugendliche Patienten im Alter von 14 bis 18 Jahren an. Und einzigartig an JUST ist nicht nur das Behandlungsangebot, einzigartig ist auch die Finanzierung: Jugendhilfe, Krankenkassen und die Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg teilen sich die Kosten für die im Regelfall neun Monate dauernde Behandlung. 16 Plätze werden angeboten. Die Jugendlichen, die zu JUST kommen, haben meist nicht nur eine schwere Suchterkrankung, sondern auch psychische Störungen und Probleme in Schule und Familie, kurz: sie brauchen umfassende Hilfe. Die bekommen sie bei JUST: die Fachleute aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Ravensburg und ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Suchtkrankenhilfe und der Jugendhilfe der Zieglerschen Anstalten bilden ein Team, das die für die Behandlung nötigen Kompetenzen einbringen kann.

JUST war von vielen Fachleuten seit Jahren dringend erwartet worden, denn bisher gab es für Jugendliche, die eine Entwöhnungsbehandlung durchlaufen hatten, kein passendes Folgeangebot. Diese Versorgungslücke wurde jetzt geschlossen. Wie Sozialministerin Dr. Monika Stolz sagte, sei mit JUST eine „Komplexleistung gelungen, die ihresgleichen sucht“. Gerne habe ihr Haus die Moderation bei den schwierigen Verhandlungen der verschiedenen Kostenträger übernommen, weil die Sucht- und Drogenpolitik des Landes einen Fokus auf Jugendliche gerichtet habe. Die Ministerin persönlich überreichte die so genannte Projektvereinbarung für JUST an das Geschäftsführer-Duo: Professor Dr. Renate Schepker von den Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie hat die fachliche Geschäftsführung inne, Christoph Arnegger, Kaufmännischer Geschäftsführer der Suchtkrankenhilfe der Zieglerschen Anstalten, übernimmt diese Position auch bei JUST. Obwohl JUST mit seinen 16 Behandlungsplätzen kein großes Projekt für die Zieglerschen Anstalten ist – hier arbeiten immerhin 2.500 Mitarbeiter für ca. 4.000 Menschen – sei es doch ein

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Für die an den Verhandlungen beteiligten Krankenkassen sagte Kyriake Mastroyannis, Referatsleiterin Rehabilitation bei der AOK Baden-Württemberg, dass es für die Krankenkassen von besonderer Bedeutung sei, ein Nachsorgeangebot geschaffen zu haben für die Jugendlichen, die im Anschluss an eine Entwöhnungsbehandlung weitere Maßnahmen benötigten. Auch sie ging auf die Verhandlungen der verschiedenen Kostenträger ein. Es sei für alle Beteiligten neu gewesen, „Anteile in einen gemeinsamen Topf hineinzugeben“. Aber dies sei der richtige Weg. Schließlich gehe es darum, den betroffenen Jugendlichen bestmöglich zu helfen, und so „haben wir unser Handeln den Bedarfen der Jugendlichen angepasst“. Mastroyannis lobte JUST als eine „kleine, aber bedeutende Sensation“.

sehr wichtiges Projekt, betonte deren Vorstandsvorsitzender Hans-Peter Züfle. JUST setze mit der erfolgreichen Kooperation der Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie und der Zieglerschen Anstalten ein sozialpolitisches Signal, dadurch, dass Expertinnen und Experten aus Kinder- und Jugendpsychiatrie, Suchtkrankenhilfe und Jugendhilfe hier zusammenarbeiten. Wolfgang Rieger, Geschäftsführer der Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie, bezeichnete den Tag als „wahres Wunder“, angesichts der Höhen und Tiefen, die die jahrelangen Verhandlungen insbesondere zur Frage der Finanzierung des Projekts mit sich gebracht hatten. Er dankte vor allem Walter Fessel vom Sozialministerium, der auch in scheinbar aussichtlosen Situationen die Verhandlungen weiter gebracht hatte. Die Weissenau, das Ravensburger Zentrum für Psychiatrie, sei mit ihrem niederschwelligen Entwöhnungsangebot „clean.kick“ schon immer eine Vorkämpferin bei der Suchttherapie Jugendlicher gewesen. Deshalb freue er sich besonders, dass es nun auch gelungen sei, „JUST“ zu etablieren.

Dieter Meschenmoser, Leiter des Regionalzentrums Ravensburg der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, räumte ein, dass die Rentenversicherung „über ihren Schatten springen musste“, um sich bei der „Poolfinanzierung“ zu beteiligen. Die Rentenversicherung habe ja eigentlich zum Ziel, durch Rehabilitationsmaßnahmen die Erwerbsfähigkeit Erwachsener wiederherzustellen. Noch vor Jahren habe keiner daran gedacht, dass dies auch schon bei 14- oder 15jährigen einmal nötig sein würde. Die Rentenversicherung beteilige sich aber voller Überzeugung an diesem Projekt, denn eine Suchterkrankung in früher Jugend sei die denkbar schlechteste Voraussetzung für eine spätere Berufstätigkeit.

Die Kinder- und Jugendpsychiaterin Professor Dr. Renate Schepker, gleichzeitig Fachliche Geschäftsführerin von JUST, beleuchtete in ihrem Vortrag eindringlich die vielfältigen Probleme suchtkranker Jugendlicher, die oft auch noch eine psychiatrische Störung mitbringen. Eine klassische „Behandlungskette“, von niederschwelligen bis zu vollstationären Angeboten ansteigend, sei oft nicht das Richtige für die Jugendlichen, die nicht brav einen Schritt nach dem andern tun. „Jugendliche gehen keinen geraden Weg und schon gar nicht abhängige Jugendliche“. Sinnvoll sei eher ein „Behandlungsnetz“, das viele „Hin- und Herbewegungen“ erlaube: „von der Intensivstation gleich zur Spezialberatungsstelle, von dort zur Drogenberatung vor Ort, von dort zum Hausarzt, von da nach clean.kick, von dort weggelaufen… und dann zu JUST“. Eine Aufgabe von JUST sei es auch, dass die Helfer an den verschiedenen Stationen im „Behandlungsnetz“ von einander und ihren jeweiligen Hilfebemühungen wüssten.

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Die Ravensburger Sozialdezernentin Diana E. Raedler bezeichnete JUST als „wichtigen fachlichen und sozialpolitischen“ Schritt. Das Angebot sei überfällig gewesen. Der Kreis Ravensburg sei stolz darauf, solch eine Einrichtung zu haben. Der Landkreis, derzeit selbst in der Suchthilfeplanung aktiv, werde das Projekt auch weiterhin unterstützen.

CHRISTOF SCHRADE HEIKE ENGELHARDT

Feste feiern

WILLKOMMEN BEI DEN ZIEGLERSCHEN: SVEN LANGE (L.) ERHÄLT VON ZA-VORSTAND HANSPETER ZÜFLE EIN BEGRÜSSUNGSGESCHENK.

von der öffentlichen wohlfahrt zu einem freien träger SVEN LANGE, BISHER STELLVERTRETENDER SOZIALDEZERNENT DES LANDKREISES SIGMARINGEN, WECHSELT ZU DEN ZIEGLERSCHEN ANSTALTEN UND WIRD NEUER FACHLICHER GESCHÄFTSFÜHRER DER BEHINDERTENHILFE ■ ■ Sven Lange, 35, ist bei einer Feierstunde im Oktober in sein neues Amt als Fachlicher Geschäftsführer der Behindertenhilfe der Zieglerschen Anstalten eingeführt worden. Lange, bisher Leiter des Fachbereichs Jugend und Soziales im Landratsamt Sigmaringen und stellvertretender Sozialdezernent des Landkreises Sigmaringen, steht damit gemeinsam mit dem kaufmännisch Verantwortlichen Willi Hiesinger an der Spitze der zweitgrößten Tochtergesellschaft der Zieglerschen Anstalten. Sven Lange folgt auf Ursula Belli, die zum neuen Schuljahr als Fachliche Geschäftsführerin ans Hör-Sprachzentrum wechselte (siehe Seite 19). Gemeinsam mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Willi Hiesinger ist Sven Lange künftig verantwortlich für etwa 600 Mitarbeite-

rinnen und Mitarbeiter und mehr als 500 Menschen mit geistiger Behinderung, die die Dienste der Behindertenhilfe in Anspruch nehmen. Für den Vorstandsvorsitzenden der Zieglerschen Anstalten, Hans-Peter Züfle, war die Einführung Langes willkommene Gelegenheit, um einen der Grundpfeiler der Unternehmenspolitik zu benennen: die vertrauensvolle und produktive Zusammenarbeit von öffentlicher und freier Wohlfahrtspflege in der Region zugunsten der Menschen mit Behinderung. Mit dieser jahrzehntelang guten Zusammenarbeit habe man für die Menschen viel erreicht. Sven Lange stehe für eine glaubwürdige diakonische Beziehungsarbeit in der Behindertenhilfe, er sei motiviert und

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Feste feiern

„diakonisch profiliert“. Züfle schilderte ihn als den Fachmann, der in der Lage sei, individuell passgenaue aber auch überregional bedeutsame Angebote der Behindertenhilfe der Zieglerschen Anstalten weiterzuentwickeln. Langes bisheriger Chef, Sozialdezernent Franz-Josef Schnell hob die gute, siebenjährige Zusammenarbeit hervor. Sven Lange sei „belastbar und innovativ“. Seine Aufgabe werde durch den Wechsel von der öffentlichen Wohlfahrt zu einem freien Träger nicht einfacher, denn der auch in Zukunft zunehmenden Zahl von Menschen mit Behinderung stünden weiterhin die engen Finanzrahmen der öffentlichen Hand gegenüber. Dass Langes bisherige Arbeit im Landkreis Sigmaringen sehr geschätzt wird, betonte nicht nur Sozialdezernent Schnell. Auch die Anwesenheit zahlreicher Bürgermeister und Oberbürgermeister aus dem Kreis Sigmaringen und aus angrenzenden Landkreisen zeigte, dass Lange

sich bereits mit 35 Jahren in der öffentlichen Wohlfahrtspflege der Region einen Namen gemacht hat. Auf die Zusammenarbeit mit Sven Lange freute sich auch Josef Fuchs, Bürgermeisterstellvertreter aus Wilhelmsdorf. Fuchs strich heraus, dass Menschen mit Behinderung in Wilhelmsdorf „voll integriert“ seien und dass es keine Berührungsängste zwischen Behinderten und Nichtbehinderten gebe. „Das soll im Dorf so bleiben“, wünschte er sich von dem neuen Amtsinhaber. Sven Lange selbst, seit knapp einem Monat im Dienst der Zieglerschen Anstalten, konnte bereits feststellen, dass an seinem neuen Arbeitsort nicht nur „Diakonie draufsteht, sondern auch drin ist“. Er wolle dafür sorgen, dass der „Wissenstransfer“ zwischen den Einrichtungen, der Politik und den Kostenträgern zugunsten der Menschen mit Behinderungen noch intensiver werde. CS

kein sprung ins kalte wasser URSULA BELLI WECHSELT VON DER SPITZE DER BEHINDERTENHILFE AN DIE SPITZE DES HÖR-SPRACHZENTRUMS ■ ■ Seit 1. August 2007 bekleidet mit Ursula Belli erstmalig eine Frau den Posten als Fachliche Geschäftsführerin des Hör-Sprachzentrums. Eingeführt in ihr neues Amt wurde sie im Sommer, als ihr Vorgänger Karl Wollmann nach 19-jähriger Tätigkeit verabschiedet wurde (wir berichteten). Vor ihrem Wechsel an die Spitze des Hör-Sprachzentrums hat sie viele Jahre in der Behindertenhilfe der Zieglerschen Anstalten gearbeitet. Die Wurzeln ihres beruflichen Werdegangs liegen in der Haslachmühle, in der sie in verschiedenen Arbeitsfeldern als Lehrerin, über Abteilungs- und Schulleiterin und schließlich als Fachschuldirektorin vielfältige Erfahrungen sammeln konnte. Zuletzt war Ursula Belli Fachliche Geschäftsführerin der Behindertenhilfe. Der Wechsel an die Spitze des Hör-Sprachzentrums, das sie gemeinsam mit ihrem kaufmännischen Kollegen Michael Martin führt, ist somit für Ursula Belli kein „Sprung ins kalte Wasser“, sondern eine „große Herausforderung und Bereicherung“. Sie schätze die hohe Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedenen Arbeitsfeldern des Hör-Sprachzentrums und den guten Umgang mit den anvertrauten Kindern und Jugend-

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lichen. Nachdem Vorgänger Karl Wollmann die Dezentralisierung und Regionalisierung des Hör-Sprachzentrums durch den Ausbau ambulanter Diensten oder der Errichtung neuer Schulstandorten erfolgreich voran gebracht hat, geht es Ursula Belli zu Beginn ihrer neuen Tätigkeit darum, „die bisherige gute Arbeit und die aktuellen Schwerpunkte, wie z.B. die Prävention von Sprachauffälligkeiten, gemeinsam mit den Mitarbeitern weiterzuentwickeln. Gleichzeitig sollen die neun Standorte besser miteinander vernetzt und die eigene Identität gestärkt werden“. JW

Wir

schau doch meine hände an DAS STANDARDWERK DER GEBÄRDEN FÜR NICHT SPRECHENDE UND NICHT HÖRENDE MENSCHEN ERSCHEINT IN EINR SPEKTAKULÄREN NEUAUFLAGE – ÜBERARBEITET VON DEN EXPERTEN DER BEHINDERTENHILFE DER ZIEGLERSCHEN ■ ■ „Schau doch meine Hände an“ – dieses Standardwerk der Gebärden für nicht sprechende und nicht hörende Menschen mit geistiger Behinderung in Deutschland ist jetzt in einer völlig neuen Auflage erschienen. Entscheidenden Anteil an der Entstehung hatte die Behindertenhilfe der Zieglerschen Anstalten. Das neue Ringbuch und die gleichnamige DVD enthalten mehr als 1.000 Gebärden. Produziert wurde es vom BeB (Bundesverband evangelischer Behindertenhilfe) in Zusammenarbeit mit den Zieglerschen. Wesentlicher Finanzierungspartner war die „Aktion Mensch“, deren Vertreter Friedhelm Pfeiffer das Werk lobte, weil es „wunderbarerweise einen wichtigen Beitrag zur Alltagsbewältigung wie auch zur Aufklärung über die Situation nicht sprechender Menschen“ leiste. Ursula Belli, bis vor kurzem fachliche Geschäftsführerin der Behindertenhilfe und jetzt des Hör-Sprachzentrums (siehe S.19), ist seit Jahrzehnten in der Entwicklung der speziellen Gebärdensprache für Menschen mit geistiger Behinderung engagiert. Sie stellte das Buch bei einer Präsentation Anfang November in Berlin vor. Eingeladen hatten der BeB und die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Karin Evers-Meyer (SPD).

Die Wurzeln des Buches, so Ursula Belli, „reichen zurück in die 60er Jahre und liegen in der praktischen Arbeit mit hör-sprachbehinderten Kindern und Jugendlichen mit zusätzlichen kognitiven Beeinträchtigungen“. Seit 1991 die erste Auflage erschien, auch sie schon maßgeblich von Mitarbeiter/innen der Haslachmühle geprägt, war das Ziel, nicht sprechenden und nicht hörenden Menschen mit geistiger Behinderung eine Ausdrucksmöglichkeit an die Hand zu geben – im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht zuletzt durch den Einfluss des mittlerweile in 14 Auflagen erschienen Buches sei es gelungen, den Austausch der Fachdisziplinen anzuregen. „Damit tritt das Thema Kommunikation und Gebärden aus der Hörgeschädigtenpädagogik heraus und wird interdisziplinär und umfassend in der Geistigbehindertenpädagogik und vor allem in der Körperbehindertenpädagogik diskutiert. Und so wird das Gebärden neben anderen Formen der Kommunikationshilfen in den großen Kontext des Fachbereichs der so genannten „Unterstützten Kommunikation“ eingebettet.“ Wie Ursula Belli weiter sagte, halte sie den Titel „Schau doch meine Hände an“ auch weiterhin für passend, auch wenn er nur unzureichend die komplexe Kommunikationsform mit Gebärden beschreibe: „Gebärden ist viel mehr als nur der Einsatz von Handzeichen, sondern umfasst den Einsatz von Mimik, Gestik und Körper, wodurch eine sehr lebendige und ausdrucksstarke Kommunikation entsteht. Und das Gebärden ist ausgesprochen benutzerfreundlich, denn: dieses Kommunikationsmittel trägt man immer bei sich“. Die Arbeit am und mit dem Gebärdenbuch geht auch nach der Präsentation weiter: die Behindertenhilfe veranstaltet am 6. und 7. Juni 2008 in der Haslachmühle einen Fachtag zu diesem Thema.

MODERN IN INHALT UND FORM: DIE NEUAUFLAGE VON „SCHAU DOCH MEINE HÄNDE AN“ ALS RINGBUCH UND AUF DVD

MARTINA HEIDINGER

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„VATER – UNSER [IM] – HIMMEL … SO SIEHT DAS VATERUNSER IN DER GEBÄRDENSAMMLUNG AUS

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Wir

kürbis-pommes und gewächshaus-kaffee MEHR ALS 1.000 BESUCHERINNEN UND BESUCHER FEIERTEN DIE OFFIZIELLE EINWEIHUNG DER UMGEBAUTEN ROTACH-GÄRTNEREI / ATTRAKTIVE ARBEITSPLÄTZE FÜR MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN – MIT „BIOLAND“-SIEGEL ■ ■ Mit einem Tag der Offenen Tür und einer offiziellen Einweihungsfeier hat die neue Rotach-Gärtnerei in Wilhelmsdorf den Betrieb aufgenommen. Die Bioland-Gärtnerei, die künftig 16 statt der bisherigen acht Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung bietet, will sich vor allem auf Gemüse-Veredelung spezialisieren. Weit mehr als tausend Besucher ließen sich am ersten Sonntag im Oktober den Tag der Offenen Tür in der Gärtnerei am Ortsrand von Wilhelmsdorf nicht entgehen. Während die vielen, vielen Kinder Blumentöpfe bunt bemalten, kleine Kakteen einpflanzen durften, in der Pferdekutsche mitfuhren, oder eine Runde auf einem nostalgischen Karussell drehten, ließen sich

die Erwachsenen durch die neue Gärtnerei führen, probierten frisch frittierte „Kürbis-Pommes“ und tranken im Gewächshaus eine Tasse Kaffee. Mehr als 900.000 Euro haben die Zieglerschen Anstalten in neue Gebäude und Gewächshäuser investiert. Knapp 700.000 Euro kamen davon als Zuschüsse oder Darlehen. Das alte Gebäude sei nicht mehr zu sanieren gewesen, die technische Ausstattung war mangelhaft. „Das alles sind gute Gründe. Aber zuallererst haben wir diese Gärtnerei für die Menschen gebaut, die uns anvertraut sind. Es ging und geht darum, zeitgemäße und attraktive Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen“, sagte Vorstandsvorsitzender Hans-Peter Züfle bei der Einweihungsfeier.

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Wir

Nach wie vor kann man in der Gärtnerei Gemüse und Salate in Bioland-Qualität kaufen. Dabei wird nur sehr wenig zugekauft, wie Gärtnermeister Helmut Rotter betont. „Regional“ und „saisonal“ heißen die Leitlinien: Gemüse und Salate stammen entweder vom eigenen Acker oder aus der unmittelbaren Nachbarschaft und entsprechen der Jahreszeit. Die Privatkunden, die jetzt dienstags und freitags im schönen, neuen Verkaufsraum ihre Waren auswählen können, sind mit diesen Leitlinien sehr einverstanden, wie die Gärternei-Mitarbeiter wissen. Ein echtes Team sind die Gärtnerinnen und Gärtner mit und ohne Behinderung. Sie sind gemeinsam auf dem Acker, im Gewächshaus und natürlich auch im Verkauf. Und seit kurzem stehen sie auch gemeinsam an ihren nagelneuen Veredelungsmaschinen. Denn diese Arbeit wird der neue Schwerpunkt der Rotach-Gärtnerei: veredeltes Biogemüse für Großküchen. Veredeln heißt in diesem Fall, den Küchen Arbeit abzunehmen. Salat gibt’s geputzt, gewaschen und geschnitten. Karotten werden gestiftelt, geraspelt und gestückelt, ganz wie der Kunde es will. Hier, so sind die Verantwortlichen nach intensiven Markstudien überzeugt, ist die Nische, wie Wilhelm Hiesinger, Kaufmännischer Geschäftsführer der Behindertenhilfe der Zieglerschen, bei der Einweihung sagte.

Das sehen auch die Kooperationspartner so: Christine Funk, Geschäftsführerin der Pro Regio, stellte fest, dass durch den neuen Arbeitsschwerpunkt der Gärtnerei eine „große Lücke in der Vermarktung hochwertiger Produkte in Landkreis und Region“ geschlossen werde. Ziel sei es, „die Wertschöpfungskette zu stärken“, indem heimische Produkte vom Acker auf den heimischen Speisenteller gebracht würden. Ein gutes Fünftel der Gesamtkosten der Maßnahme trägt der KVJS (Kommunalverband für Jugend und Soziales). Wie dessen Vertreter Dr. Eckart Bohn sagte, seien dazu Mittel aus der sogenannten „Ausgleichsabgabe“ verwendet worden. Diese Abgabe müssen Betriebe zahlen, die nicht genügend Schwerbehinderte beschäftigen. Die Verwendung hier in Wilhelmsdorf, wo von diesem Geld direkt Arbeitsplätze für behinderte Menschen entstehen könnten, sei deshalb besonders sinnvoll, so Bohn. CS

STRESS HINTER DER KASSE: MEHR ALS 1.000 BESUCHERINNEN UND BESUCHER KAMEN ZUR ERÖFFNUNG DER ROTACH-GÄRTNEREI

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ANRUF BEI…

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guten tag, was machen sie gerade?

Monika Materna, Hausleitung im Seniorenzentrum Bad Waldsee

■ ■ Gut, dass Sie jetzt anrufen, bis vor ein paar Minuten habe ich Interessenten unser Haus gezeigt, nun werde ich demnächst eine neue Bewohnerin im Seniorenzentrum begrüßen dürfen. Mir geht es sehr gut, ich bin jetzt seit gut einem Monat hier in der Einrichtung und fühle mich wohl. Zu 100 Prozent bin ich noch nicht eingearbeitet, aber ich komme jeden Tag ein Stück voran. Ich war ja lange im ambulanten Bereich tätig und da gibt es schon einige Unterschiede und Regelungen, mit denen ich mich nicht auseinandersetzen musste. Positiv daran ist, dass ich sozusagen mit dem „Blick von außen“ viele Dinge betrachte und angehe. Das stellen auch meine neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fest, die mich übrigens sehr freundlich und zuvorkommend

begrüßt haben. Da fällt die Eingewöhnung natürlich leicht. Gleich zu Beginn konnte ich mir bei den Einführungstagen auch ein Bild von den Zieglerschen verschaffen, das hat mir gut gefallen. Gemeinsam mit den Mitarbeitern habe ich auch schon einige Dinge angepackt, beispielsweise schauen wir gerade, wie wir Abläufe im Haus und auch die Gestaltung der Wohnbereiche verändern können. Was mir sehr gut gefällt ist, dass das Seniorenzentrum mit den 33 Plätzen eher klein ist und ich mich den Bewohnerinnen und Bewohnern intensiv widmen kann. Das war im ambulanten Dienst oft nicht möglich. Deshalb nutze ich gerne jede Gelegenheit zum Kontakt und Gespräch. DIE ANRUFERIN WAR BIRGIT LIEDE

GESCHENKTIPP:

elch, hase, seehund ■ ■ Jedes Jahr das gleiche: Weihnachten kommt immer so plötzlich und damit kommt auch der Schreck: Ich brauch ja noch Geschenke!!! Hier ein Tipp für alle, die ihre Lieben bedenken und gleichzeitig etwas Sinnvolles tun möchten: Verschenken Sie doch ein paar Ausstecher aus den Rotach-Werkstätten! Die Ausstecherle, hergestellt von der Behindertenhilfe der Zieglerschen Anstalten seit rund sieben Jahren, sind längst zum Verkaufsschlager geworden. Allein in diesem Jahr wurden fast eine Million der originellen Metallförmchen produziert. Ob Elch, Katze, Seehund, Fledermaus oder 235 weitere Formen – die Auswahl ist nahezu unerschöpflich und kann im Laden „Kunterbunt“ in Wilhelmsdorf erworben oder per Telefon bestellt werden. Kontakt: Laden „Kunterbunt“, Zußdorfer Str. 28, 88271 Wilhelmsdorf, Tel. 07503/ 929 653 Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch 8.30 – 12 Uhr und 13.30 – 16.30 Uhr, Donnerstag 8.30 – 12 Uhr, Freitag 8.30 – 12 Uhr und 13.30 – 15.30 Uhr

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1. Wie sind Sie zu den Zieglerschen An stalten gekommen? Über einen Umweg. Ich wa r 2004 für kurze Zeit Konre ktor im Martinshaus Kleintobel. Zu vor habe ich an der Uni Mü nch en Sprachbehindertenpädagogi k und Psychologie studiert mit der Verleihung des Akademische n Grades eines Magisters der Sonderpädagogik, daher der M. A. hinter der Namensführung . Nach Jahren der Tätigkeit in freier Praxis als Sprach- und Legasth enietherapeut kam ich dann über Kleintobel an das Hör-Sprachz ent rum nach Sigmaringen. Seit Au gust 2007 leite ich diese Sch ule.

K a rl -O tt Hör-Sp o Kannapinn rachze ntrum (46), Schulle Sigm a ringen iter im

2. Wenn Sie Kinder oder auch keine

haben: Was wünschen Sie jungen Leuten von heu te für ihre Zukunft? Ich wünsche meinen eigene n zwei Kindern und meinen Kindern in der Schule, dass sich ihre Träume erfüllen mögen. Un d dass sie Menschen treffen, die ihn en Wegbegleiter in ihrem Leb en sind.

Joseph Ratzinger: Salz der Erd e. Ich suche gerade auch als Katholik den Wandel in der Kirche und finde Ansätze dazu in dem Buch des jetzigen Papstes.

5. Welche Lebenserfahrung möchten Sie nicht missen? Ich habe mit Suchtkranken gearbeitet. Ich war fünf Jah re in einem Kloster. Ich habe pro fessionell Musik gemacht. Ich möchte keinen dieser Wege missen, denn es waren alles Wege nac h innen, durch die ich mich und damit auch andere kennenlern enund mögenlernen konnte. 6. Mit welchen Menschen der Gesch ichte oder der Gegenwart möchten Sie einmal ein Ge spräch führen? Mit dem Islam-Experten Pet er Scholl-Latour. Mit dem Qu erdenker Eugen Drewermann, des sen psychoanalytische Interp retation von Märchen ich sehr eindru cksvoll finde. Mit der Sterbe for scherin Elisabeth Kübler-Ross. Da ss unsere Seele drei Tage bra uche, um die sterbliche Hülle zu verlassen, dieser Gedanke von Fra u Kübler-Ross lässt mich nic ht los.

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8. Wie sieht Ihr Traumurlaub aus?

Nordsee, Elba, Prag.

9. Sie gewinnen eine Million im Lotto. Was machen Sie mit dem Geld? Zusammen mit einem Freund unterstütze ich Häuserproje kte in Afrika. Hier können für 200 0 Häuser mit fließendem Wa sser erstellt werden. Dahin würde das Geld zum großen Teil flie ßen. 10. Was ist Glück für Sie? Mich auf die Suche nach mir selbst zu begeben.

11. Ihre größte Tugend? Meinen Mitmenschen in Wü rde zu begegnen. Jegliche For m der Gewalt nicht zuzulassen. In meiner täglichen Arbeit darauf zu achten, dass es den Menschen, für die ich Verantwortung trage, gut geht.

RAINER KÖSSL

4. Welches Buch lesen Sie gerade?

VON

Meine Großmutter und meine Urgroßmutter wurden 97 bzw . 100 Jahre alt. So alt möchte ich auch werden. Ich habe näm lich noch viel vor.

Glaube? Als ich 12 war sollte ich zur Firmung gehen. Bis einen Tag davor war das auch ganz kla r. Doch dann ist irgendwas mit mir passiert. Ich weigerte mic h, zur Firmung zu gehen, den n ich stellte diesen kirchlichen Akt plötzlich in Frage. Was für ein Drama! Die Verwandten waren eingeladen usw. Gott sei Dank ging meine Schweste r am gleichen Tag wie ich zur Firmung, sodass die Vorbereitung en nicht ganz umsonst waren . Ich danke meinen Eltern, das s sie mich gewähren ließen und konnte mich mit 17 Jahren für die Erwachsenenfirmung fre iwillig und überzeugt entsch eiden. Die katholische Kirche hat mir so manche Verletzungen zugefügt und ich habe viel Zei t mit evangelischen Christen und der Diakonie verbracht . Doch ich schaffe es nicht, meine „ka tholischen Wurzeln“ aufzug eben.

AUFGEZEICHNET

3. Wie stellen Sie sich Ihr Alter vor?

7. Welche Bedeutung hat für Sie der

Angedacht

wie sprechen sie mit gott? ANGEDACHTES

VON

ANNE BECK

■ ■ Zwei Schüler auf dem Heimweg von der Schule. Fragt der eine: „Sag mal, betet ihr zu Hause vor dem Essen?“ Sagt der andere: „Nein, meine Eltern können beide ganz gut kochen.“ WIE IST DAS MIT DEM BETEN BEI IHNEN? Das Gebet ist ein Gespräch. Ein Gespräch nicht mit irgendjemandem, sondern mit Gott, dem Vater. Das heißt also: beten ist mehr als nur ein Nachsprechen von alten überlieferten Versen oder gar eine rein rationale Übung. Das Gebet ist DIE Kommunikation zwischen den Menschen und Gott! WIE KOMMUNIZIEREN SIE MIT GOTT? Die Gespräche der Menschen mit Gott sind so verschieden wie die Menschen und ihre Lebenslagen. Auch in der Bibel finden wir in den Psalmen Menschen, die zu Gott beten. Einige befinden sich in freudigen Situationen, die sie zum Lobgebet anregen. David beispielsweise bringt in Psalm 9 mit folgendem Satz seine Freude zum Ausdruck: „Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen und erzähle alle deine Wunder. Ich freue mich und bin fröhlich in dir und lobe deinen Namen, du Allerhöchster, dass meine Feinde zurückweichen mussten; sie sind gestürzt und umgekommen vor dir.“ ANDERE ABER sind in schwierigen Lebenslagen, die sie Gott dann auch anvertrauen oder ihm sogar enttäuscht vorwerfen. So hadert etwa David in Psalm 35 mit Gott und betet: „Herr, führe meine Sache wider meine Widersacher, bekämpfe, die mich bekämpfen! Ergreife Schild und Waffen und mache dich auf, mir zu helfen! Zücke Speer und Streitaxt wider meine Verfolger! Sprich zu mir: Ich bin deine Hilfe!“

UND GOTT? Er hört ihnen allen zu. Gott hört auch uns zu. Doch es kommt noch viel besser, er hört nicht nur passiv zu, er – der Schöpfer aller Dinge – ERHÖRT unser Gebet. Das glauben Sie nicht!? Sie haben es schon so oft versucht, aber Gott hat einfach nicht gemacht, was Sie sich von ihm gewünscht haben? Gott als Wunschautomat, der sich von uns sagen lässt, was richtig für uns ist? Nein, Sie merken, das kann nicht sein. Wir Menschen messen uns und unsere Mitmenschen nach menschlichen Maßstäben, die uns unter Leistungsdruck setzen und die wir teilweise nicht erfüllen können. Gott jedoch misst uns nach seinem Maßstab. GÖTTLICHER MASSSTAB? Gott ist die Liebe! Die Liebe ist der zentrale Maßstab Gottes. Liebe – und damit auch Nächstenliebe erwartet Gott von uns und lässt sie uns wunderbar in unendlich großem Maß zuteil werden. Aussagen über die Liebe finden wir viele in der Bibel, unter anderem in Römer 13, 10, wo sogar zu lesen ist, die Liebe ist das Entscheidende an Gottes Gesetz. LIEBEN UND GELIEBT WERDEN – das ist erleichternd! Gott sagt uns also zu, dass er uns liebt. Seine Liebe ist unendlich groß und wir dürfen sicher sein, dass wir zu ihm kommen können wie wir sind. Diese Gewissheit nimmt uns den Leistungsdruck, alles richtig machen zu müssen und hilft uns, diese Liebe auch an unsere Nächsten weitergeben zu können. Diese Zusage erinnert uns aber auch daran, immer im Gespräch mit Gott zu bleiben, um stets wie im Psalm 91 beten zu können: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt“, der kann sich sicher sein, dass Gott seine Zuversicht, seine Burg, seine Zuflucht, sein Schirm und sein Schild ist. Und bleibt.

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Angedacht

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