Thema: Mobilität - Forum Junge Anwaltschaft

April 1, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Anwalt der Anwälte

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FORUM Junge Anwaltschaft im DeutschenAnwaltverein

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Thema: Mobilität

 

20 Jahre Mauerfall

03/ 09

Aus dem Inhalt: Pilotenkoffer & Co Im Urlaub Mandanten gewinnen Nische: Autobahnanwalt Checkliste: Als Anwalt unterwegs Das gesunde Büro

FORUM Junge Anwaltschaft

w w w. d a v f o r u m . d e

Editorial

Mauerfall, Meerblick, Mobilität

Caddy

20 Jahre ist es her, dass die Mauer fiel. Der Einigungsvertrag selbst mit seinen 177.373 Wörtern (Seite 62) ist fast schon Stoff für die Rechtshistoriker. Das Thema DDR spielt vor Gerichten immer weniger eine Rolle. Wenn junge Anwält/ innen mit dem Thema DDR in Berührung kommen, scheint das schon fast exotisch zu sein. Da wir unsere Bestandsaufnahme in der kommenden Ausgabe fortsetzen wollen, gilt: schreibt uns. Was habt Ihr in Eurem Anwaltsalltag erlebt zum Thema DDR und Mauerfall?

Wer wissen will, welch absurde Streitigkeiten Anwälte in eigener Sache führen, kann im letzten Wort (Seite 51) nachlesen, warum ein Anwalt für erstrittene zwei Euro 123,19 Euro an Kosten zahlen muss. Die Geheimnisse für ein gutes Raumklima verraten wir im Magazin (Seite 18).

Caddy oder Power Blades. So unterschiedlich wie die Anwaltschaft, sind auch die anwaltlich bevorzugten Fortbewegungsmittel (Seite 10). Wer Palmen mit Meerblick sucht muss allerdings ein Flugzeug besteigen. Auf Seite 12 verrät ein Strafverteidiger, wie man trotz Urlaub die Kanzlei nicht komplett schließen muss und Mandate annehmen kann.

Euer RA Tobias Sommer

Tram

Rolltreppe

S-Bahn

Boot

U-Bahn

Tandem

Metro

Motorrad

P.S. Die schönste Bildunterschrift in dieser Ausgabe ist die „Flucht in die Säumnis“ auf Seite 7.

Bus

Fahrstuhl

Helikopter

Wie immer gilt: Schreibt uns, wir freuen uns über Feedback, Leserbriefe (Seite ??) und Eure Geschichten aus dem Anwaltsalltag (Seite ??)!

Moped

Rollstuhl

Flugzeug

Zu Fuß

Taxi

Roller

Inline-Skates

Fahrrad

Rikscha

Straßenbahn

Auto

Eisenbahn

Seilbahn

ADVOICE 03/09

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Inhalt

Thema: Mobilität

Magazin

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Vorteile der FORUMs-Mitgliedschaft

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Fälle von der FORUMs-Mailingliste

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Termine AdVoice 3/2009

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Ehe und Familie Studienreise Griechenland

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FORUM in Kiel

Passwörter und Co Technische Anforderungen an den Datenschutz

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Regional- und Länderbeauftragte stellen sich vor Dresden, Slowakei und Türkei

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Leserbriefe

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Reden ist Silber, Zuhören ist Gold Von der Ökonomie der Kommunikation

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News

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Das selbstständige Beweisverfahren Tipps zur richtigen Abwicklung

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Kein Versteck für Schuldner Neues Mahnverfahren erleichtert Forderungseinzug

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Haftungsvermeidung Haftungsbeschränkungen richtig vereinbaren

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Flügel unter der Robe Mobilität als Chance oder Belastung

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Biosphäre Büro Das gesunde Büro

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Jürgen träumt von Pool und Sonne ... und macht mobil

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Rotstift ./. Kauderwelsch Redaktionsstab für verständlichere Gesetze

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Recht auf Rad Anwälte steigen aufs Fahrrad

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Anekdoten aus dem Anwaltsleben Skurrile Mandate

Autofahren lohnt sich (nicht) Das Für und Wider des Kfz-Betriebs

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Aufschwung durch Unabhängigkeit Die mobile Anwältin

Taschen machen Leute Über Tragebehälter im Anwaltsberuf

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Kanzlei mit Meerblick Im Urlaub Mandanten gewinnen

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Tipps für unterwegs Was in den Koffer gehört

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Reisen kostet RVG und Reiskosten

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Rasende Mandantschaft Deutschlands erster Autobahnanwalt

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0 Erfahrungsbericht Kanzleigründung Autonärrin und Anwältin

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ADVOICE 03/09

Euer FORUM

Inhalt

Impressum

Sozialgerichtsgesetz / Kommentar

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Kommentar zum Sozialrecht

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Strategie und Taktik im Kündigungsschutzprozess

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Münchener AnwaltsHandbuch Arbeitsrecht

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Handbuch Internet, Arbeitsrecht

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Beck´sches Formularbuch Arbeitsrecht

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Mietrecht aktuell

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Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht

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Zivilprozessordnung Kommentiertes Prozessformularbuch

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Der Autokauf

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Stiftungsrechts-Handbuch

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0 0

45 Mal geschützte DDR Zahlen, Daten, Zeichen

Das letzte Wort

Mietminderungstabelle

0

0 0

DDR Folgen Recht Gegenstand bundesdeutschen Rechts

Links

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Fall ohne Gleichen 100 Tage Treuhand

Formularbuch Außergerichtliche Streitbeilegung

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0

Inspektor Grünschnabel 42 Monate BVS

Autorenverzeichnis

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Die Osteroberung Damals Jurist, heute Friseurkettenchef

Werkstattbuch Mediation

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0

 

Kanzleigründung im Plattenbauschlafzimmer Von der Ostrichterin zur Westanwältin

Info + Service

Wende-Extra

Bücherforum

ADVOICE 03/09

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Thema

Flügel unter der Robe Mobilität als Gelegenheit oder Belastung – eine Frage der inneren Haltung

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein …“ Reinhard Mey singt von der Benutzung des Verkehrsmittels Flugzeug, aber eigentlich geht es ihm um Freiheit. Bitteschön, da haben wir‘s. Wir sprechen über Mobilität, aber wir meinen: Freiheit. Was also hat die Ausübung des freien Berufs Rechtsanwalt mit Mobilität zu tun? Wir könnten fein säuberlich nach räumlicher und geistiger Mobilität sortieren. Aber irgendwie haben beide doch ständig miteinander zu tun. Also lassen wir das Aufteilen in Kästchen. Stattdessen stellen wir entschieden fest: Noch nie haben (in unserem Land) die technischen und rechtlichen Bedingungen uns Anwälten eine solche (körperliche) Mobilität ermöglicht, wie heute. Die Kehrseite ist womöglich, dass uns die wirtschaftlichen Bedingungen eine bisher nicht gekannte Mobilität abverlangen.

Wenn die Flügel unter der Robe jucken? Dann auf! Ein kleiner Flug, was soll schon dabei sein?

Vom Nordkap bis Kreta Der Wegfall der Residenzpflicht erlaubt uns die Tätigkeit in ganz Deutschland, Befugnis zum Betreiben von Zweigstellen inklusive. Dank der europäischen Dienstleistungsfreiheit können wir im Prinzip unseren Beruf im gesamten Raum zwischen Kreta, Gibraltar und dem Nordkap ausüben. Als Kölner Anwalt einen Termin in Berlin oder München wahrzunehmen ist grundsätzlich kein Problem ( – vermutlich sogar unkomplizierter, als von Köln zu einem Amtsgericht im westfälischen Hochsauerlandkreis zu gelangen). Dank Mobiltelefon und drahtloser Datenübertragung können wir auch von unterwegs unser Büro koordinieren und Schriftsatzentwürfe verschicken. Das hat seinen Preis: Die neu gewonnenen Möglichkeiten werden alltäglich, vielleicht sogar lästig. Die Projektion jedenfalls, die Reinhard Mey vor vielen Jahren mit dem Fliegen im Flugzeug verband, wirkt heute fast schon putzig. Im Zeitalter der Billigflieger macht es für viele emotional keinen Unterschied, ob sie den Linienbus besteigen oder sich ins Flugzeug setzen. Das Mobilitätsmittel als solches ist eben doch nicht mit dem erstrebten (?) Zustand der Freiheit gleichzusetzen. Die Mittel der Berufsausübungsfreiheit können zur Falle werden. Wenn der Anwalt mobil zu erreichen ist, hat der Mandant als König Kunde einen Anspruch darauf, ihn jederzeit sprechen zu können, oder nicht? Kein Ort, nirgends, um noch Privatmensch zu sein. Gerade für die selbstständigen Kollegen, die angeblich selbst und ständig arbeiten, entstehen mit den neuen Möglichkeiten auch neue Herausforderungen.

Standpunktfrage Es gibt Kollegen, denen gefällt es, abends um 23 Uhr mit Mandanten am Telefon zu plaudern oder beim Sonntagsbrunch mit Freunden vor dem zweiten Cappuccino mal schnell die letzten Mails zu checken. Mobilität ist also eine Frage des Standpunktes, nicht wahr? Ohne Bezugspunkt könnten wir Bewegung und Beweglichkeit gar nicht feststellen. Es ist vor allem eine Frage der inneren Haltung, ob ich Möglichkeiten von Mobi-

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ADVOICE 03/09

lität als Gelegenheit oder eher als Belastung empfinde. Und schließlich: Freiheit hat für uns doch wohl auch viel mit der Fähigkeit zur Selbstbeschränkung zu tun. Wenn es mir gelingt, auf Möglichkeiten der Tätigkeit zu verzichten, etwa: nicht heute im Recht der unbeweglichen Gegenstände und morgen im Recht des körperlosen geistigen Eigentums unterwegs zu sein, bin ich hoffentlich weniger in Gefahr, von den Umständen getrieben zu werden (überall auf der Höhe sein zu wollen und diesen Anspruch an keiner Stelle einlösen zu können). In der Bescheidung liegt die Chance, auch die Möglichkeiten von Mobilität als Mittel der (selbstbestimmten) Gestaltung der eigenen beruflichen Tätigkeit nutzen zu können. Überlegene geistige Mobilität drückt sich dann darin aus, ruhig am richtigen Punkt zu stehen, statt atemlos durch Zeit und Raum zu hasten. (So wie ein guter Verteidiger ganz cool zwischen Ball und Tor steht, statt von hinten die Blutgrätsche anzusetzen.)

Mobilität braucht Mut Mobilität braucht Mut: „Dürfen hätten wir schon gewollt – aber können haben wir uns nicht getraut“ so sagt lakonisch (nach meiner Erinnerung) der alte Karl Valentin. Und schon kommt der noch viel ältere Ikarus um die Ecke geflogen. Der hatte Mut und wollte es wissen. Bis zur Sonne ist er geflogen. Da ist ihm das Wachs, das die Federn seiner Flügel hielt, geschmolzen und der Kerl ist abgeraucht. Der Gebrauch von Mobilität – sprich: Freiheit – kann selbstzerstörerisch sein. Also bitte, liebe Junganwälte, erfüllt brav und gradlinig Eure Pflichten als Organe der Rechtspflege und vollführt keine tollkühnen Sprünge. (Womit wir wieder bei Karl Valentin wären.) Und wenn die Flügel unter der Robe trotzdem weiter jucken? Dann auf! Ein kleiner Flug, was soll schon dabei sein? Jeder, der sich durch zwei Staatsexamen gearbeitet hat, dürfte ausreichend bodenständig sein, um nicht gleich den direkten Weg zur Sonne zu nehmen. (Und schließlich: Was dem einen ein kleiner Hüpfer ist, bedeutet für den anderen eine Erfahrung von Grenzüberschreitung. Alles eine Frage des Standpunktes.) RA Percy Ehlert, Berlin

Thema

Jürgen träumt von Pool und Sonne ... und macht mobil

Weil Jürgen so viel Technik angeschafft hat, die ihn total mobil macht, setzt er sich jetzt an seinen Dreiringepool und bearbeitet seine Akten im Internet.

Der Jürgen – der sitzt in seinem schicken Büro, grübelt über seinem schwierigen Steuerfall eines neuen Mandanten, den er gestern bekommen hat und schaut zum Fenster heraus. Die Sonne scheint – endlich, nachdem der Sommer ja nicht wirklich toll war. „Ach, wie wär das schön, jetzt in seinem Garten zu sitzen, am Pool, mit einer Tasse Kaffee, die Sonne genießen ...“ träumt der Jürgen und denkt im gleichen Moment: „Warum eigentlich nicht?“ Schließlich ist er ja mobil mit seinem silbernen Laptop, der elektronischen Akte und so. Und, er hat sich die Technik ja nicht nur angeschafft, um immer und überall auf seine Akten zugreifen zu können, und dann doch nur im Büro zu sitzen. Ach ja, und das viele Papier wollte er auch ein wenig reduzieren. Kostet ja schließlich alles Geld. Das ist ihm auch ganz gut gelungen. Seine Mandanteninformationen schickt er jetzt immer direkt aus der Akte - übers Internet. Einige seiner Kollegen benutzen sie mittlerweile auch, die elektronische Akte. Bis jetzt hat der Jürgen ja trotzdem noch seine

„richtigen“ Akten gehabt und auch immer mitgenommen. Nur neulich, da war ein Kollege, der hatte seine Akte nur elektronisch mit. Also das wäre dem Jürgen nichts. Man stelle sich das mal vor. Da sitzen sich die beiden Anwälte gegenüber. Jeder guckt in seinen Laptop und redet so vor sich hin. Nein – so weit geht die Liebe zur Technik und Mobilität auch wieder nicht. Außerdem – was ist eigentlich mit dem Datenschutz? Darüber hat sich der Jürgen auch so seine Gedanken gemacht. Was, wenn die Daten seiner Mandanten bei ihrer Reise durch die virtuelle Welt des Internets verloren gehen? Nicht, dass bei der guten alten Deutschen Post nichts verloren ginge. Aber mit diesen Datenpiraten ist wirklich nicht zu spaßen. Der Vertreter seines neuen Anwaltsprogrammes jedenfalls hat ihm versichert, dass das jetzt absolut sicher ist, mit der elektronischen Akte, den Mandantenschreiben übers Internet und so. Und das nette Fräulein aus seinem Vorzimmer meinte auch, dass das alles ganz plausibel klinge, was der Herr Schulze von der Firma Supersoftware ihnen da erklärt habe.

Illustration: RAin Anke Schiller-Mönch

Trotzdem, so richtig sicher ist sich der Jürgen da nicht. Aber verschließen will er sich der neuen Technik auch nicht. Schließlich möchte er mithalten können mit den anderen Kollegen und auch so flexibel und mobil sein wie sie. Es soll ja auch einen Nutzen für die Mandanten bringen. Schließlich können die dann immer und von überall per Passwort auf ihre ganz persönliche Akte zugreifen und lesen, was ihr Anwalt der Gegenseite geschrieben hat. Apropos immer und überall. Eigentlich wollte der Jürgen doch nach Hause auf seinen Balkon. Also packt er seine sieben Sachen, gibt dem netten Fräulein noch ein paar Aufgaben und verabschiedet sich von ihr. Zu Hause angekommen klappt er sein schickes Notebook auf und stellt fest, dass ihm die Sonne direkt aufs Display scheint und er nichts, aber auch gar nichts lesen kann. Was solls, denkt sich der Jürgen, schlägt die AdVoice auf, die im Briefkasten war, und beginnt zu lesen. RAin und Journalistin Anke Schiller-Mönch, Weimar

ADVOICE 03/09

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Thema

Recht auf Rad Anwälte steigen auf´s Fahrrad

Es ist kein Geheimnis, dass sich im täglichen Berufsverkehr der Großstädte Autos wie eine träge Blechlawine von Ampel zu Ampel wälzen. Wer selbst ein motorisiertes Gefährt allmorgendlich von daheim zur Kanzlei bewegt, der kennt die unzähligen Stop-and-Goes, das Gehupe, das mit den lokalen Verkehrsnachrichten verschmilzt. Nerven wie Drahtseile sind mitunter gefordert, doch nicht nur das. Eine kurze Strecke benötigt Zeit, Extrazeit, die am Frühstückstisch nicht vertan werden darf. Und Zeit ist bekanntlich Geld. Was wäre in so verkehrsreichen Zeiten nicht nahe liegender, als die nicht rosten wollende Liebe in der Garage stehen zu lassen und auf die Öffentlichen oder den Drahtesel umzusatteln. Davon macht die Anwaltschaft zunehmend Gebrauch. Nicht nur bei strahlendem Sonnenschein wissen „bikende“ Advokaten, warum sie die mit Muskelkraft betriebenen Zweiräder so sehr schätzen.

Baurechtsspezialist und AdVoice-Redakteur Percy Ehlert zum Beispiel nutzt den täglichen Radweg, um sein kleines persönliches Sportprogramm zu absolvieren. „Gut zum Runterkommen, bevor der Bürotag startet“, sagt Ehlert. Bei den gut 20 km, die eine einfache Strecke bis zu seinem Office braucht, dürfte der Bequeme erst gar nicht auf das Fahrrad aufsteigen. Doch den erfahrenen Autor Ehlert stört die Anstrengung nicht. Selbst bei Wind und Wetter wird geradelt. Er könne sich ja kurz frisch machen, wenn er angekommen ist, sagt er und begegnet so allen Kritikern des Frühsports. Doch es gibt auch eine Kehrseite der Zweiradnutzung. Die jährliche Unfallstatistik spricht eine deutliche Sprache. Radfahrer sind nach wie vor erheblicher Gefährdung im Straßenverkehr ausgesetzt. Trotz des Ausbaus von Radwegen in den Metropolen der Republik werden Radler häufig von stärkeren Verkehrsteilnehmern übersehen. Nicht selten verlaufen Unfälle besonders schwer, weil dem Biker bekanntlich die schützende Knautsch-

zone fehlt. Neben der Gefährdung durch andere Verkehrsteilnehmer müssen die Rad fahrenden Anwälte die gestiegenen Umweltbelastungen wie Stickoxide, Kohlenwasserstoffe und Feinstaub hinnehmen, besonders wenn der Radweg an einer Hauptverkehrsachse entlangführt. Doch dies soll kein Plädoyer gegen die Risiken des Radfahrens, sondern auch ein Beitrag zur Steigerung der ökologisch sinnvollen Fortbewegung sein. Der regelmäßige Fahrradnutzer hat längst sein Lieblingsbike entdeckt und bewegt es fleißig von A nach B. Besonders allen, die darüber nachdenken, sich ein zweirädriges Gefährt zuzulegen, seien die folgenden Zeilen gewidmet. Wie es ungezählte Bekleidungsstücke zu kaufen gibt, so unterschiedlich ist das Radangebot im Handel. Und auch dem Anwalt ist erlaubt, was ihm nutzt und gefällt. Hierbei gilt unzweifelhaft, dass Qualität, Marke und Ausstattung ihren Preis haben. Hier eine kleine Radfibel, die zwischen den einzelnen Typen unterscheiden hilft:

Entspannt einrollen zum Termin.

Schuhputzkontrolle

„Wo eigentlich findet mein Termin statt?“

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ADVOICE 03/09

Thema

Das Hollandrad Die gemütlichste und aufrechteste Art zu fahren kommt aus den Niederlanden. 28 Zoll-Laufräder an gemufften, aber schweren Stahlrahmen mit gefederten Ledersätteln erfreuen sich großer Beliebtheit bei allen, die es gemächlich lieben. Da der Kettenlauf traditionell geschützt ist, eignet sich das Hollandrad exzellent zur schmutzfreien Ankunft bei Gericht.

Das Trekkingrad Zügig unterwegs sein geht nicht nur mit einem Rennrad. Gerader Lenker an leichtem AluminiumDiamantrahmen, dazu 28er Felgen und Profilreifen mit geringem Querschnitt, eine gutgängige Kettenschaltung machen die Technik dieser Radkategorie aus. Die Radposition ist nach vorn geneigt und somit erkennbar sportlicher als beim Hollandrad. Flott reisende Rechtsberaterinnen und -berater, die auch mit unebenen Straßenverhältnissen leben müssen, sind mit einem Trekkingrad bestens bedient.

Flucht in die Säumnis

Das Mountainbike Ihren Siegeszug traten die teils vollgefederten Geländemaschinen Ende der 1980er Jahre an. Zwischen 600,- und 6.000,- Euro darf man für Aluminium- oder Carbonboliden hinblättern. Dass es wie bei Autos längst um mehr als um Fortbewegung, sondern vor allen Dingen um Prestige geht, haben die Hersteller sowie ihre Kunden längst erkannt. Schick ist eben das, was kostet. In Großstädten sind sie gerade deswegen beliebtes „Klauobjekt“. Das sollte man auch beim Anketten vor der Kanzlei bedenken. Besser in das Büro mitnehmen!

Das Rennrad Ohne Blutdoping geht es auch, und jeder darf es fahren, das Rennrad. Elegant sind sie schon, besonders die alten „Retro-Stahlramen“, die auf der Internetplattform Ebay für gutes Geld ihren Besitzer wechseln. Für Furore haben in jüngster Zeit so genannte Single-Speed-Rennräder („Fixies“) gesorgt. Sie werden üblicherweise ohne Gangschaltung, Bremse, ohne Rücktritt und ohne Freilauf gefahren. Damit sind sie offiziell nicht im Straßenverkehr zugelassen. Dennoch rasen gern Fahrradkuriere mit ihnen wie wild durch die Straßenschluchten.

Das Klapprad Die guten, aus Oversized-Alurohren gefertigten Mini-Räder kosten mehr als 500,- Euro und lassen sich mit wenigen Handgriffen auf ein tragbares Packmaß zusammenklappen. Damit geht es dann in Bus und Bahn. Am Ziel angelangt wird auseinander gefaltet, arretiert und in die Pedale getreten. Reiseanwälte werden die praktischen Bikes schätzen und lieben lernen.

Das BMX/Cruiser Eher für schräge Vögel und juristische Individualisten geeignet sind BMX-Räder mit ihren 20 Zoll Laufrädern und Cruiser-Bikes, die an alte Motorräder erinnern. In jedem Fall ist man so beim Absteigen vor der Staatsanwaltschaft im piekfeinen Anzug ein echter Hingucker. Ob sich das in barer Münze auszahlt, gilt es noch zu überprüfen. Ganz gleich, welcher Radtyp bevorzugt wird, in jedem Fall lohnt der Ritt auf dem Drahtesel. Über geeignete Radwege in der Stadt informieren die Kommunen selbst oder der ADFC (Allgemeiner Fahrrad-Club e. V.). RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln

Fotos: Andrea Vollmer

ADVOICE 03/09

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Thema

Autofahren lohnt sich (nicht) Das Für und Wider des Kfz-Betriebs

Zumindest wird manch einer als ausgemachter Verkehrsrechtler von rein professioneller Seite erfahren, was Autofahren und alles, was sich darum rankt, für rechtliche Konsequenzen nach sich zieht. So werden Experten für Gebrauchtautokäufe ihre Anekdoten zu erzählen haben, ebenso die Umweltrechtler, die illegal in der Landschaft abgestellte Autowracks bewerten müssen und die Steuerrechtler, die Fahrtenbücher und Kilometerpauschalen ihrer Klienten prüfen.

»Der Autotyp ist ein Fingerzeig auf die beratene Klientel.«

Oben ohne, aber immer very busy. Weil Kollegin Anke nicht nur Wind macht, sondern auch welchen braucht, fährt sie einen flotten Mini Cooper Cabriolet.

Nirgendwo anders in der Welt ist die Liebe zum Auto so groß wie in Deutschland. Statussymbol, Hobby und Leidenschaft vereinen sich in diesem eigentlich profanen Gebrauchsgegenstand. Ein Blick zum europäischen Nachbarn Frankreich zeigt, dass dort wichtiger noch als das Auto der Mensch ist. Eben das, was durch den Magen geht, nämlich die Liebe und das Essen. So wundert es nicht, dass in Frankreichs Hauptstadt verbeulte Nobelkarossen aus dem Hause BMW und Jaguar ganz ungeniert durch die Avenuen rollen. Tatsache ist, es stört dort niemanden. In Deutschland wäre solcher Gleichmut undenkbar. Bereits der TÜV hätte an der einen oder anderen frankophonen Blessur etwas auszusetzen. Außerdem wird im Mutterland des Autotunings getreu dem Motto „tiefer, breiter, schneller“ geforscht und vor allen Dingen geschraubt. Erleben es Rechtsanwälte gänzlich anders?

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ADVOICE 02/09 03/09

Selbstverständlich unterliegt der in Robe plädierende Berufsstand allen Begehrlichkeiten, die der Automobilsektor weckt. Das Kraftfahrzeug ist nicht zuletzt das Aushängeschild der Kanzlei, an dem Mandanten den wirtschaftlichen Erfolg meinen, messen zu können und zu sollen. Der Autotyp ist ein Fingerzeig auf die beratene beziehungsweise noch zu gewinnende Klientel. Eine auf Bank- und Wirtschaftsrecht ausgerichtete Rechtsanwältin mit einem Porsche Boxter kann ihre vermögende Kundschaft standesgemäß begrüßen. Zumindest wäre dies kein Sakrileg. Führe man jedoch mit derartiger Karosse als Sozialrechtler bei ratsuchenden Hartz-IV-Empfängern vor, hätte man wohl rasch ein massives Glaubwürdigkeitsproblem.

Leasing oder Rate Wenn des Anwalts Dienstflitzer endlich ausgewählt ist, sind die Kosten zu klären. Leasen oder Abbezahlen? Vorteil des Leasings ist die steuerliche Berücksichtigung der monatlichen Raten in Gänze. Wer vor Kaufvertragsabschluss nicht auf den Mund gefallen ist, kann durchschnittlich zwischen drei und sieben Prozent Rabatt auf den Neuwagenpreis aushandeln. Dietmar Wegjahn rät aber auch hier zur Vorsicht und genauem Hinschauen. Neue Wagen stünden bis zu zwölf Monaten in Verkaufsräumen. Wer sich für ein solches Fahrzeug entscheide, so der Händler, der sollte überlegen, ob der Nachlass in einem guten Verhältnis zu möglichen Standschäden stehe. Ob sich für Rechtsanwälte der Betrieb eines Autos lohnt, bedarf einer individuellen Bewertung. Distanzen zwischen der Wohnung und der Kanzlei, zwischen Mandanten und Gerichten müssen flexibel überbrückt werden, was für ein Auto spricht. Nervtötende Staus und Parkplatzsuche sind ein deutliches Argument dagegen. Auch muss die finanzielle Seite stimmen, denn es ist nicht nur die Finanzierungs- oder Leasingrate, sondern auch der Treibstoff, die Kfz-Steuer, die Versicherung und etwaige Werkstattkosten – letzteres wird in Businessplänen gern vergessen.

Tipp Fahrtenbuch: Umweltaspekte im Focus Doch geht es nicht nur um Ansehen und Statussymbolik. Der Umweltaspekt beeinflusst immer stärker die Entscheidung, ob und vor allen Dingen welches Kfz gefahren werden soll. Serienreife Hybridtechnik aus Fernost contra CO2-reduzierte Verbrennungstechnik aus Europa, die Kaufentscheidung wird niemandem leicht gemacht. Dietmar Wegjahn vom Mercedes-Benz-Autohaus Rosier aus Oldenburg weist darauf hin, dass Nachhaltigkeit auf ein gesamtes Autoleben von der Herstellung bis hin zur Verschrottung betrachtet werden müsse. So könne, sagt Wegjahn, ein aktueller Hybrid-Wagen in der Ökobilanz deutlich schlechter abschneiden, „wenn beispielsweise dessen Produktion besonders energieintensiv ist“.

Sollen die Fahrten mit dem dienstlich betriebenen Kraftfahrzeug steuerlich geltend gemacht werden, hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der Führung eines Fahrtenbuchs oder einer Pauschale, die sich anteilig am Bruttolistenpreis in Verbindung mit der Laufleistung des Neuwagens bemisst. Bei Fahrtenbüchern ist unbedingt darauf zu achten, dass diese nicht nachträglich am Computer erstellt werden – auch dann nicht, wenn alle erforderlichen Daten wie Abfahrts- und Ankunftsort, Kilometerstand und Zweck der Fahrt wahrheitsgemäß angegeben wurden. Solche Fahrtennachweise weisen Finanzämter regelmäßig zurück.

RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln

Thema

Taschen machen Leute Über Tragebehälter im Anwaltsberuf

gebäude hochgewuchtet werden, Attaché-Koffer mit Laptop und Aufziehfüller inside, die in der Hand getragen den Arm überdehnen, und zum Bersten mit Schönfelder und Co. gefüllte Rucksäcke, die eher lose als fest auf dem Rücken galoppieren, geben ein skurriles Bild ab.

Schick ist wichtig Der gesundheitliche Aspekt ist bei Tragegeräten nur einer unter vielen. Er wird gar vernachlässigt, wenn man den bunten Auslagen der Fachgeschäfte glauben darf. Spätestens nach Verlassen der Grundschule hat der rückenschonende Tornister ausgedient. Den meisten Anwälten kommt es eher auf die Funktionalität ihrer Tasche an. Dabei darf zudem der Schick nicht auf der Strecke bleiben. Denn ähnlich wie beim Autokauf werden via Taschenmodell auch Lebensansichten transportiert. Die Auswahl an Taschen, Koffern und Hüllen ist schier unerschöpflich. Da tut professsionelle Beratung Not. In diesem Dschungel kennt sich die Fachverkäuferin des Kölner Lederwarengeschäfts Voegels, Sandra Cornely, perfekt aus.

Winkeladvocat – nein danke. Von ungeschützter Akte bis safer Sex ist alles drin im Anwaltscrumpler.

„Jut auf Tasche“, so wie Wohlsituiertheit auf „Berliner Schnauze“ heißt, will jeder einmal sein, der in den anwaltlichen Beruf startet. Doch der Weg dorthin ist mitunter ein steiniger, werden erfahrene Standesvertreter nicht müde mahnend zu sagen. Und wenn der Broterwerb schon als ein harter gilt, dann soll möglichst viel Arbeitserleichterung für Perspektive sorgen. Erleichterung bedeutet für fleißige Bürohengste und -stuten nicht nur der Einsatz von Kanzleisoftware und die Beschäftigung von Büropersonal. Die Tasche, basales Transportutensil, entscheidet ganz wesentlich darüber, mit wie viel Entspanntheit der Arbeitsalltag begonnen und dem Gegner im Gerichtssaal begegnet wird.

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ADVOICE 03/09

Foto: Andrea Vollmer

In Gedanken wandert der Blick über die Heerscharen von Taschenträgern und -trägerinnen, die mehr oder weniger gekrümmt unter der Last des Geschleppten zusammenzubrechen drohen. Schweißperlen als Ergebnis morgensportlichen Engagements gehören zu den wenigen positiven Seiten. Tatsächlich schädigt sich ein gehöriger Teil der Geplagten beim einseitigen Belasten der Schulterpartie. Besonders die Frauenwelt steht im Fokus orthopädischen Interesses. Bandscheibenvorfälle werden nicht erst durch die falsche Haltung hinter dem PC ausgelöst. Mit der Tasche fängt das Übel erst richtig an. Überladene Trolleys, die die Stufen zum historischen Gerichts-

Im Gespräch mit AdVoice sagt sie, dass sich Rechtsanwälte selten als solche zu erkennen geben. Zuweilen könne man aber schon von dem gewünschten Taschenmodell auf den Beruf schließen. „Die Businesskunden wissen meist sehr genau, was sie wollen“, so Cornely. „Besonders gefragt sind hochwertige Lederaktentaschen.“ Das verwundert insofern nicht, als in den Augen vieler Mandanten Kleider, eben auch Taschen, Leute machen. „Wer eine langlebige Tasche sucht“, rät die Kölnerin, „der achte darauf, dass die Tasche aus der oberen Rindslederschicht gemacht ist. Die riechen dann auch wirklich nach echtem Leder und nicht nach chemischen Zusätzen.“ Wer eine derart gediegene Alternative bevorzugt, der sollte mit bis zu 500,- Euro als Kaufpreis rechnen. Dafür hat er aber obendrein die Garantie, dass es „Made in Italy“ und nicht „Made in Cambodia“ heißt. Im Folgenden eine kleine Übersicht über die unterschiedlichen Tragebehältnisse und ihre typische Trägerschicht.

Thema

Pilotenkoffer Das Urbild in Sachen Aktentransport. Geometrisch klar, stabil, einfach gut, sagen seine NutzerInnen über ihn. Gegner behaupten, man könnte den Anwalt anhand des Pilotenkoffers nicht von Landärzten oder Hausmeistern unterscheiden. Vorteil: Ein großer oder mehrere kleinere zu einem „Gürteltier“ zusammengefügte Ordner plus Robe finden darin locker Platz, oftmals auch ein Laptop.

Rucksack Wer längere Strecken zu Fuß oder auf dem Fahrrad zurücklegen muss, der tut sich und seinem Rücken sicherlich etwas Gutes mit einem ergonomisch geformten Rucksack. Wie bei den großen Trekkingvertretern gilt auch hier der dringende Rat der Anprobe. Nicht alles, was nach Rückenpflege aussieht, passt wirklich.

Aktentasche Besonders edel in braunem oder schwarzem Rindsleder, wird in der Hand getragen und ist beinah ein Muss bei Nadelstreifen oder Kostüm. Vorteil: Gute Ledertaschen halten ein ganzes Anwaltsleben. Schick und repräsentativ. Nachteil: oftmals geringes Fassungsvermögen, teuer (durchschnittlich zwischen 300 und 500 Euro) Anwaltstyp: Arriviert, Businessdress, Alter 27-67

Umhängetasche Sie helfen längst Bike-Kurieren, Fotografen, sind jugendlich und cool. Sie erfüllen garantiert kein Anwaltsklischee vom Aktenkoffer- und Schlipstragenden Winkeladvokaten.

Unterm Arm Akten, Notizen, Bücher werden locker unter den Arm geklemmt. Macht einen dynamischen und viel beschäftigten Eindruck. Je kräftiger der Träger, desto umfangreicher sein Transportvolumen. Vorteil: Schnell zur Hand und null Kosten. Nachteil: Fällt schnell runter. Anwaltstyp: Der, der keine Zeit und Tasche zur Hand hat und mit dem Auto vor Gericht vorfährt.

Trolley Sie werden auch liebevoll „Hackenporsche“ genannt und folgen einem dank des Teleskopgriffs und der Inlineskaterollen überall hin. Aus Aluminium-Bi-Carbonat-Kunststoff gefertigt oder aus Cordura sind sie in den unterschiedlichsten Größen stabile Begleiter besonders auf Flugreisen.

Vorteil: bequem, wenn auf den Rücken des Trägers angepasst, hochwertige Modelle robust, funktional Anwaltstyp: Jeansträger auch außerhalb des „Casual Fridays“, Jugendstraf-, Ausländer- und Sozialrecht, Alter 35-85

Vorteil: Sehr funktional dank unzähliger Fächer, gern auch mit gepolstertem Bereich für Laptop und Digicam. Nachteil: Nylon ist haltbar, Polyester in aller Regel weniger. Beschädigung beim Tragen von Stoffhosen und Jacken möglich Anwaltstyp: Modisch hip und frisch, Urheber- und Medienrecht, Alter 30-55

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Fotos: links oben, rechts oben, rechts unten - Rainer Sturm . C. Nöhren . pixelio.de / links unten, mittig unten . Andrea Vollmer

Vorteil: Funktional wegen Fächeraufteilung, zeitlos Nachteil: teuer Anwaltstyp: Einer für alle, alle für einen, das gesamte Recht, Alter 27-67 RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln

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Thema

Kanzlei mit Meerblick Mit wenig Aufwand im Urlaub neue Mandanten gewinnen

„Wenn ich Sonne brauche, fahre ich weg.“ Wer möchte das nicht von sich sagen können. Die Aktenberge in der Kanzlei sind das Eine – doch was, wenn sich gerade ein neuer Mandant meldet? Es gibt einen Strafverteidiger, der fliegt oder fährt in die Sonne, wenn er meint, er brauche dies – und neue Mandate, die gehen ihm dabei nicht durch die Lappen. Rechtsanwalt Thomas M. Amann ist dieser Strafverteidiger. Wer sich als Mandant an ihn wendet, hat es oft eilig, kann nicht warten, bis der Anwalt aus dem dreiwöchigen Jahresurlaub zurückkehrt. „Die Mandanten sind in Notlagen. Wenn ich nicht erreichbar bin, gehen sie zu jemand anderem.“ begründet Strafverteidiger Amann, warum er in seinen Jahresurlaub sein mobiles Büro mitnimmt. „So viel ist das gar nicht. Telefon und Mini PC“ meint er.

So hat er es im vergangenen Jahr gehandhabt und sich drei neue Mandate gesichert. Per SMS wird Amann benachrichtigt, dass sich ein neuer Mandant gemeldet hat. Dann ruft er ihn an, bespricht die ersten Schritte. Per e-büro kann er ihm die wichtigsten Unterlagen zuschicken. Sind Vollmacht und Vergütungsvereinbarung unterzeichnet und der Vorschuss überwiesen, beantragt er Akteneinsicht. „Das ist in Strafverfahren das Erste, was zu tun ist. Eh die Akte da ist, passiert meist nicht wirklich viel“, weiß er und fügt hinzu: „Ich kann diese Sachen auf den Weg bringen und mich, wenn ich zurück bin, dem eigentlichen Fall widmen.“ Dass er im Urlaub ist, wissen seine Mandanten – auch die neuen. Aber sie wissen auch, dass er trotzdem erreichbar ist und die wichtigen Schritte veranlasst.

Auch unter Palmen floriert die Kanzlei von Strafverteidiger Thomas M. Amann

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Foto: privat

Der Erfolg gibt ihm Recht. Seine Mandanten sind zufrieden. Einen Stundensatz von 300,00 Euro netto und mehr – den durchzusetzen ist für den erfolgreichen Strafverteidiger kein Problem. Seit einem Jahr rechnet er nur noch nach Zeit ab. Dafür ist er immer erreichbar – auch abends und am Wochenende. “Nein, das wird nicht zu viel. Die Mandanten melden sich ja nicht wegen jeder Belanglosigkeit. Wenn, dann ist es wirklich wichtig.“ Und es rechnet sich für ihn, denn wenn das Telefon klingelt, läuft die Gebührenuhr – auch im Urlaub. Eine gute Stunde täglich ist er da mit Kanzleiarbeit beschäftigt. Das ist Amann lieber, als der große Berg auf dem Schreibtisch, wenn er aus dem Urlaub kommt. RAin und Journalistin Anke Schiller-Mönch, Weimar

Foto: Michael Heimann . pixelio.de

Thema

Immer auf Draht Blackberry, Miniduschgel und Wechselbluse müssen im Reisekoffer sein

Checkliste auswärtiger Gerichtstermin Robe Akte Stift Notizblock Zugverbindungen Taschenrechner Fahrkarten, bei der Bahn ausgedrucktes Onlineticket und Kreditkarte Gesetzestexte Lektüre Schriftsätze Bargeld für unvorhergesehene Dinge Kosten klären Infos über Ankunftsort Weitere Treffen vor Ort vorab vorbereiten Mobile Endgeräte laden Schlüssel Notrufnummern Zusammengetragen von RA Tobias Sommer, Berlin

Alles drin im Koffer?

Foto: Karl Heinz Laube . pixelio.de

Auf Reisen zu sein gehört für Anwälte heute zum täglichen Geschäft. Auswärtige Gerichtstermine, Treffen mit Mandanten, Seminare und Konferenzen erfordern hohe Mobilität. Was dafür ins Gepäck muss, sollte gut geplant und überlegt sein. Eine Vielreisende berichtet von Erfahrungen und gibt Tipps für das Leben unterwegs. Da ich recht häufig für das FORUM unterwegs bin, stellt sich mir die Frage, was ich denn nun unbedingt mitnehmen muss und was entbehrlich ist, immer wieder. Aus meiner Erfahrung kann ich berichten, dass es auf Tagungen immer hilfreich ist, mehr als nur eine Bluse und einen Anzug dabei zu haben. Wenn der Gesprächspartner zu später Stunde sein Sektglas nicht mehr allzu sicher balanciert, habt ihr dem Problem der hartnäckigen Flecken

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damit schon mal souverän abgeholfen. Zur Kleidung gehört auch immer etwas Bequemes, ein Jogging – oder Hausanzug, denn wer tagsüber immer topp gestylt sein muss, der braucht auch einen Ausgleich und das Gefühl, im eigenen Hotelzimmer abschalten zu können. Wichtig ist, auch auf Reisen unproblematisch Kontakt mit der Kanzlei, mit den anderen Mitgliedern des GFAs und den RBs halten zu können. Dies gelingt einfach und kostengünstig mit einem mobilen Prepaid – Internet - USB – Stick, der eingestöpselt ins Notebook, das mit muss, den preislich überschaubaren Zugang zum Internet und damit zu E-Mails ermöglicht. Auf diese Weise erspare ich mir, den oftmals recht teuren WLAN – Zugang der Hotels nutzen zu müssen und bleibe dennoch immer erreichbar.

Rufen unterwegs Mandanten an, sehe ich das beim E-Mail Check zeitnah und kann in einer Sitzungspause zurückrufen. Das hat den positiven Effekt, dass sich Mandanten immer wieder erfreut über ein schnelles Feedback äußern. Zudem habe ich mein Blackberry dabei, bei dem eintreffende E-Mails lediglich durch ein unauffälliges Blinken angezeigt werden. Wer also keine Romane und längere Antworten auf E-Mails verfassen will, sondern nur zügig informiert sein möchte, der kann so sehen, was sich gerade tut.

»Nach einem anstrengenden Sitzungstag ist es wichtig, abzuschalten.« Abgesehen von diesen arbeitstechnischen Utensilien, die ich so rumtrage, habe ich aber auch die Erfahrung gemacht, dass es nach einem anstrengenden Sitzungstag oder nach einem mit Informationen voll gepackten Seminar wichtig ist, abzuschalten. Das kann ich am Besten, indem ich die Hoteltür zumache und ein Entspannungsbad in der Hotelbadewanne nehme. Die meisten Drogerien bieten Produkte auch in Mini-Größen an, was das Schleppen großer Duschgelflaschen erspart. Zusammen mit der Lektüre einer nicht juristisch angehauchten und mit völlig unnötigen Informationen, die man sich ganz bestimmt nicht merken muss, gespickten Zeitschrift, kann ich dann entspannen und auftanken. Das ist mindestens genauso wichtig, wie der Ersatz – Anzug, denn nur wer mitdenken kann, kann von einem Seminar profitieren oder sich auf einer Sitzung fundiert einbringen. Fazit: Arbeitsmaterial ist ein unbedingtes Muss, optimal auf eine Sitzung und / oder Seminar vorbereitet zu sein, bedeutet, das Handwerkszeug anständig gepackt und durchgelesen dabei zu haben, die passende Kleidung für die jeweilige Reise muss dabei sein und das nicht nur in einfacher Ausführung. Es ist aber mindestens genauso wichtig, für die nötige Entspannung nach der Seminarteilnahme zu sorgen und auch dafür zu beachten, dass Hinzugelerntes in Ruhe verarbeitet können werden muss. RAin Silke Waterschek, Heilbronn

Thema

Reisen kostet Geld Wer nicht noch welches mitbringen will, muss Reisekosten geltend machen

Wenn Anwälte auf Reisen gehen, dann bedeutet das im beruflichen Bereich, dass auch Reisekosten abzurechnen sind. Vielfach werden in den Kanzleien Reisekosten jedoch gar nicht berechnet. Ob aus Unwissenheit oder Nachlässigkeit, womöglich aus Angst, der Mandant könnte abspringen, es gibt viele Gründe. Wir wollen uns mit den Möglichkeiten, die das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder eine Vergütungsvereinbarung bieten, befassen. Man sollte meinen, dass es doch recht einfach sei, Fahrtkosten zum einen und Tage- und Abwesenheitsgeld zum anderen abzurechnen, der Kommentar zu den entsprechenden Ziffern des RVG enthält immerhin zweiundzwanzig Seiten. Nach VV 7003 RVG entstehen für eine Geschäftsreise bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer Fahrtkosten von 0,30 EUR. Mit den Fahrtkosten sind die Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie die Abnutzung des Kraftfahrzeuges abgegolten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird klar, dass die 0,30 EUR pro Kilometer nicht kostendeckend sind. Der ADAC hat in einem Test errechnet, dass der billigste Kleinwagen (Toyota Aygo, Neupreis 9350 EUR) mit monatlichen Kosten von 305 EUR zu Buche schlägt, das entspricht einem Kilometerpreis von 0,24 EUR. Der preiswerteste Golf, Neupreis 16.300 EUR, weist schon 0,35 EUR aus. Leistet sich der Cabrio-Fan ein Mini Cabrio, Neupreis 19.350 EUR, sind bereits 0,37 EUR fällig. „Kraftfahrzeug“ ist im Sinn von § 1 Abs. 2 StVG zu verstehen. Also gehören dazu auch Motorrad, Moped oder Mofa. VV 7004 RVG besagt, dass andere Verkehrsmittel, soweit sie angemessen sind, in voller Höhe zu erstatten sind. Dies bedeutet, dass Bahnfahrten 1. Klasse ebenso zulässig sind wie die Benutzung von Taxis, von dem RA kann nicht erwartet werden, dass er grundsätzlich nur mit der Straßenbahn fährt. Die Kosten einer Bahncard sind nicht anzusetzen. Bei der Benutzung eines eigenen Fahrrads können nur die tatsächlichen Aufwendungen erstattet werden. Eine Pauschale ist insoweit nicht vorgesehen. Für Fußwegstrecken erhält der RA keinen Auslagenersatz, das Besohlen der Schuhe ist im RVG nicht enthalten.

Was sich im ersten Augenblick liest wie eine Glosse zum Schmunzeln, ist ein Zitat aus der „Bibel“ des RVG, dem Gerold/Schmidt, langjährig bewährter RVG-Kommentar. Der unternehmerisch denkende Anwalt erkennt, dass beim Thema Reisekosten eine Vergütungsvereinbarung die zwangsläufige Folge sein muss, will er nicht noch Geld mitbringen.

Ermitteln Sie, welche individuellen Kosten das Kanzleifahrzeug verursacht. Sie finden die Tabelle des ADAC unter: > http://www.autobild.de/artikel/grosseautokosten-tabelle_376884.html Mindestens diese Kosten sind für die Fahrtkosten anzusetzen, alternativ 0,50 EUR pro Kilometer.

Ebenso verhält es sich mit VV 7005 RVG: Tage- und Abwesenheitsgeld bei einer Geschäftsreise 1. von nicht mehr als vier Stunden 2. von mehr als vier bis acht Stunden 3. von mehr als acht Stunden

20,00 EUR 35,00 EUR 60,00 EUR

Bei Auslandsreisen kann ein Zuschlag von 50 % berechnet werden.

Anstelle des gesetzlichen Tage- und Abwesenheitsgeldes sollten mindestens folgende Pauschalen vereinbart werden: bis zu vier Stunden: 80 EUR, bis zu acht Stunden: 160 EUR, mehr als acht Stunden: 240 EUR. Checkliste für Mandantengespräche unter: > www.davforum.de/mandatsannahme.

Auch hier ist die gesetzliche Grundlage unzureichend. Selbst eine Aushilfskraft hat netto mehr als fünf Euro zur Verfügung. Da das Tage- und Abwesenheitsgeld vergütungstechnisch zu den Honoraren zählt, ist es wie dieses zu versteuern, d. h. es zählt für den Anwalt zum Umsatz und wird durch die Kanzleikosten entsprechend reduziert.

Ilona Cosack, Mainz

Ganz schön teuer.

Foto: Rainer Sturm . pixelio.de

Unabhängig davon, welches Verkehrsmittel der Anwalt benutzt oder ob er teilweise die Fahrzeiten auch zum mobilen Arbeiten nutzen könnte, ist eine Vergütungsvereinbarung ratsam. Besonderheiten ergeben sich bei Prozesskostenhilfe-Mandaten, hier wird der Anwalt in der Regel zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet, dies bedeutet, dass aus der Staatskasse keine Reisekosten gezahlt werden. Bei Rechtsschutz-Mandaten sehen die Bedingungen in der Regel vor, dass Reisekosten nach RVG erst dann erstattet werden, wenn die Entfernung zum Gericht über einhundert Kilometer beträgt. Daher gehören die Reisekosten nicht nur bei Kanzleien im ländlichen Raum oder einem Einzugsgebiet mit verteilten Gerichten, sondern bei allen Kanzleien auf die Checkliste für das Mandantengespräch.

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Thema

Rasende Mandantschaft Autobahnanwalt Möller ist jederzeit über CB-Funk zu erreichen

Vor fünf Jahren hat alles angefangen. Eines Abends saß er mit einem befreundeten Richter beim Bier, und sie wetteten, dass er es nicht schaffen würde innerhalb von drei Jahren eine Kanzlei aufzubauen, die sich ausschließlich mit Straßenverkehrs-, Straßenverkehrsbußgeld- und Straßenverkehrsstrafsachen beschäftigt. Der Wetteinsatz: eine Kiste guter Rotwein. Die Wette kam zur rechen Zeit und war nur der letzte Anstoß, endlich seine Idee einer Autobahnkanzlei umzusetzen. Die hatte er nämlich schon lange, seit er am Darmstädter Kreuz zweimal hintereinander geblitzt wurde, einmal mit 178 km/h und einmal mit 148 km/h; 100 km/h waren erlaubt. So machte er erste intensive Erfahrungen mit dem Verkehrsrecht, auch die, dass es keinen Kollegen zu geben schien, der dieses Gebiet intensiv bearbeitet: „Irgendwie scheinen das alle so mal mit zu machen, obwohl es so ein spezielles Feld ist.“ Also eröffnete Peter Möller, nachdem er bereits seit drei Jahren Mandanten in Straßenverkehrsrecht- und Buß-

Für Ruhe und Luft, geht Peter Möller in seinen Garten.

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geldsachen vertrat, die erste seiner „Autobahnkanzleien“ in Berg, natürlich direkt an der Autobahn, auf dem Autohof an der A9, Abfahrt 31. Heute ist er DER Autobahnanwalt, hat nach Berg seine zweite Anlaufstelle auf dem Autohof Mellingen an der A4, Abfahrt 50, eröffnet und plant in Kürze auch in Uhrsleben, Feuchtwangen und Mellendorf bei Hannover für seine Mandanten on tour zu sein.

Letzteres ist wörtlich zu nehmen. Von seinen Mitarbeitern verlangt er es und selbst hat er es auch schon getan. Er war on tour – eine ganze Woche lang mit einem Truck. Peter Welscher – einer seiner Mandanten- hat ihn mitgenommen. Seitdem weiß Peter Möller: „Mit Truckerromantik hat das Arbeiten und Leben off road nicht wirklich was zu tun.“ Wer geht schon gern auf versiffte Toiletten ohne Klo-

brille, duscht sich in Duschen ohne Duschköpfe und verschließbare Türen, kauft sich von seinem kargen Gehalt den Kaffe für 2,80 EUR an der Raststätte und kriecht schon um 18:00 Uhr in die enge LKW-Koje, weil nun die gesetzlich vorgeschriebene elf-stündige Wartepause ansteht? Peter Möller wollte erleben, wie es ist, das Leben seiner Mandanten. Er wollte sie verstehen lernen, um besser in ihrem Sinne vor Gericht argumentieren zu können. „Wir Juristen sind viel zu oft viel zu weit weg von unseren Mandanten. Ich verstehe ohnehin nicht, warum es keine Lehrgänge für LKWFahrerrecht oder PKW-Fahrerrecht, sondern nur für Verkehrsrecht gibt“ sagt er und plädiert dafür, dass sich Anwältinnen und Anwälte mehr als Dienstleister am Menschen sehen. „Das Recht dient dem Menschen“ ist seine Maxime. „Wir müssen aus dem Anwaltsmuff raus – hin zum modernen Dienstleister am Menschen“ sagt er nicht nur, sondern setzt es auch in die Tat um. So gibt es in seiner Kanzlei einen „Mandantenbetreuer“. Der kümmert sich z. B. um den Mandanten, der von der Bußgeldstelle die

Der Autobahnanwalt auf seiner Flurpiste.

Die „Tatorte“ von Peter Möllers Kanzlei sind deutschlandweit.

»Wir Juristen sind viel zu oft viel zu weit weg von unseren Mandanten.«

Thema

Mitteilung bekommt, dass sein Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. „Der bekommt einen Riesenschreck. Staatsanwaltschaft – Verfahren – Führerschein – mein Job – das geht dem dann alles gleichzeitig durch den Kopf. Da kann der keinen klaren Gedanken mehr fassen“ weiß Peter Möller. Deshalb gibt es seinen Mandantenbetreuer, der das erklärt und auch die Gerichtstermine koordiniert. Die hat die Autobahnkanzlei bundesweit; und: „Wir nehmen die Gerichtstermine alle selber wahr, nicht über Korrespondenzanwälte“. Das ist der Anspruch des Autobahnanwaltes.

»Ein gepackter Rucksack gehört bei den Autobahnanwälten zur Kanzleiausstattung.« Also müssen er und seine Kollegen mobil sein. Ein gepackter Rucksack gehört bei den Autobahnanwälten zur Kanzleiausstattung. Mittlerweile sind sie fünf Anwälte, fünf Sekretärinnen, ein Fahrer und ein Messstellenprüfer. Ja, einen Messstellenprüfer gibt es bei Peter Möller tatsächlich. Der ist ständig unterwegs, schaut sich die deutschlandweiten „Tatorte“ an, sucht die Ursachen, warum der Mandant das 30 – Schild nicht gesehen hat, ob wirklich genug Abstand zwischen Ortseingangsschild und Messgerät war, wie lang die Gelbphase der Ampel ist, und und und.

„Ich muss für meinen Mandanten eine Lösung finden, erklären, warum der meist unstreitig feststehende Sachverhalt zu entschuldigen ist.“ Deshalb macht sich Peter Möller von seinen Fällen immer ein ganz genaues Bild – er visualisiert den Tathergang, stellt den vorgeworfenen Sachverhalt nach und hält ihn aus der Sicht des Mandanten per Foto fest. Da kann es schon mal passieren, dass er sich anderthalb Stunden an eine Kreuzung stellt, um sich in einen Fall hineinzufühlen. Ja, so ein „Spinner“ sei er, lacht der 50-jährige sympathische Kollege mit dem schon ergrauten Haar und der kleinen runden Brille, die er sich gern auf die Stirn schiebt und mit den tausend Ideen im Kopf, wie er noch besser für seine Mandanten da sein kann, wo er die nächste Autobahnkanzlei eröffnet, welches Highlight das nächste Kanzleifest haben könnte. Dabei hält es ihn nicht wirklich lange auf dem Stuhl. Er braucht Bewegung zum Nachdenken. Die findet er im Garten des Kromsdorfer Schlosses bei Weimar, wo die Zentrale der Autobahnkanzlei ist. Idyllisch gelegen, mitten im Grünen, mit kanzleieigenem Kräutergarten, Tischtennisplatte, Hasen im Garten, einer Katze und bald auch einem Kanzleihund. Wenn er wirklich Ruhe und Luft zum Nachdenken braucht, geht er raus – runter an die Ilm, manchmal auch mit Mandanten. In so entspannter Atmosphäre versteht mancher, warum Peter Möllers Strategie für den anstehenden Prozess erste Wahl ist.

Aktenberge überall – für die meisten Mandanten geht es um den Führerschein und damit um ihren Job. Fotos: Sascha Mönch

Er nimmt sich die Zeit für den Mandanten, die es für eine gute Lösung braucht. Das lohnt sich. Derart gut vorbereitet gehen seine Mandanten oft als Sieger mit Führerschein aus der Verhandlung. Das danken sie ihrem Anwalt auf die, wie Peter Möller meint, ihnen ganz eigene Art. Da kommt schon mal ein Trucker und stellt jede Woche einen Kasten Bier vor die Kanzlei an der Autobahn. Ein anderer bringt Selbstgeschlachtetes vorbei und wieder andere fallen ihm vor lauter Dankbarkeit nach der Verhandlung vor dem Gerichtssaal um den Hals. „Das muss man mögen, wenn einem so ein Bär um den Hals fällt. Mir liegt diese bodenständige Natürlichkeit – vielleicht, weil ich auch aus einfachen Verhältnissen komme“.

»Da kommt schon mal ein Trucker und stellt jede Woche einen Kasten Bier vor die Kanzlei an der Autobahn.« Peter Möller hält kurz inne: „Meine Eltern waren Bergleute. Sie mussten sich meine Ausbildung vom Munde absparen. Vielleicht hatte ich deshalb schon immer einen guten Draht zu den einfachen Leuten“. Er vertritt mit seiner „anderen“ Kanzlei auch mittlere und große Unternehmen. Nicht, dass er deren Fälle nicht ernst nehme – im Gegenteil. Aber die Probleme und Sorgen seiner Trucker – die berühren ihn, da steckt er Herzblut hinein, auch wenn sie sich unterm Strich nicht immer rechnen – weiter bringen sie ihn in jedem Fall. Und bekannt machen sie ihn. Über seine Fälle wird geredet, medial und per CB Funk; über Kanal 9 ist er erreichbar – immer mit dem Ohr an seinen Mandanten.

»Über seine Fälle wird geredet, medial und per CB Funk; über Kanal 9 ist er erreichbar – immer mit dem Ohr an seinen Mandanten.« Seit der Eröffnung der ersten Autobahnkanzlei in Berg hat sich die Zahl der Mandanten verdoppelt – jährlich wohl gemerkt. In diesem Jahr wird er die Zahl 2000 erreichen. Jetzt sucht er gerade geeignete Unterstützung. Die zu finden ist gar nicht so einfach. Der neue Kollege oder die neue Kollegin müssen genauso viel Enthusiasmus, Spaß am Verkehrsrecht und Mobilität mitbringen wie der zukünftige Chef. Die Kiste guten Rotwein hat er übrigens (etwas verspätet) vom befreundeten Richter zum 50. Geburtstag bekommen. RAin und Journalistin Anke Schiller-Mönch, Weimar

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Magazin

Das grüne Büro Kanzlei, mein zweites Zuhause

maßgeblich verantwortlich. Sie wird bestimmt durch Sauerstoffgehalt, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftionisation, Schadstoffe und Belastungen durch Staub, Sporen und Pollen – und ist allzu oft miserabel! Welcher Jurist ist schon umfassend darüber informiert, dass viele Baustoffe, Farben, Kleber, Möbel und Ausstattungsgegenstände ungezählte Chemikalien enthalten, die regelmäßig über Jahre emittieren und oft schlicht als Wohngifte zu qualifizieren sind. Lösemittel, Weichmacher, Flammschutzmittel, Biozide, Fungizide, Bakterizide und Insektizide sind heute in vielen Produkten enthalten

Grenzwerte Mag sein, dass sich die Konzentrationen dieser Substanzen jeweils unterhalb der mittels gut honorierter Lobbyarbeit der Chemie festgelegten Grenzwerte bewegen. Wenn aber Dauermüdigkeit oder Kopfschmerz zu gewohnten Begleiterscheinungen des Arbeitstages werden, hat das womöglich weniger mit den juristischen Herausforderungen der Tätigkeit zu tun, als vielmehr mit dem täglichen Atem-Cocktail aus oben genannten Ingredienzen.

Gute Luft für einen inspirierten Geist - dazu gehört ein wohngiftfreies Arbeitsklima.

Lebst Du schon oder leidest Du noch? Auf diese Formel kann man die Frage nach den Aufenthaltsbedingungen am Arbeitsplatz Kanzlei zuspitzen. Gesunde Verhältnisse am Arbeitsplatz zu schaffen – aus baubiologischer Sicht geht es da um sehr viel mehr als bloß die Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards. Anwälte haben einen langen Arbeitstag, und viele gehen auch über das Renteneintrittsalter hinaus ihrer Profession nach. Da also der Advokat einen beträchtlichen Teil seiner Lebenszeit in der Kanzlei verbringt, ist sie zwangsläufig ein zweites Zuhause. Ob dieser Umstände ist es geboten, das traute Umfeld juristischen Schaffens so zu gestalten, dass der Anwalt sich wohl fühlt und Gesundheit und Leistungsfähigkeit erhalten bleiben.

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Foto: Andrea Vollmer

Vielleicht ist es auch die Aura des wollsiegelgeprüften Teppichs, der – selbstverständlich strikt gemäß den gesetzlichen Vorgaben – mit dem mottenvernichtenden Nervengift Permethrin behandelt wurde. Dann wäre offen die Frage zu verhandeln, ob nicht der Feldzug gegen die possierlichen Wollverköster Kollateralschäden unter den Organen der Rechtspflege verursacht, die nicht zu tolerieren sind.

Prima Klima Es gilt also, ein im wahrsten Sinne des Wortes gesundes Arbeitsklima herzustellen. So achte man idealerweise schon im Zuge des Ausbaus und der Einrichtung der Kanzlei konsequent auf die Auswahl natürlicher, wohngiftfreier Materialien und Einrichtungsgegenstände. Auch die Entscheidungen hinsichtlich der haustechnischen Anlagen, wie Heizung, Klimatisierung, Beleuchtung und Kommunikationstechnik, sind mit Sorgfalt zu treffen. Ein gutes Klima zu gewährleisten und vor allem für gesunde Luft zu sorgen, davon ist die herkömmliche Bautechnik all zu oft weit entfernt. Die Raumluftqualität ist aber für unser Wohlbefinden

Es geht auch anders: Mit einer ordentlichen baubiologische Planung lässt sich eine gesundheitsgefährdende Belastung des Raumklimas vermeiden. So werden Materialien eingesetzt, die ohne Beimengung gesundheitsschädlicher Substanzen auskommen. Möbel können aus Vollholz gefertigt und ihre Oberfläche mit natürlichen Wachsen oder Ölen veredelt sein. So schmeicheln sie dem Auge und schonen die Gesundheit. Auch die verwendeten Wandfarben sind frei vom Verdacht, Teil des Entsorgungskonzepts der Industrie für ihren Sonder- und Giftmüll zu sein. Bei gesunden Farben besteht nämlich nicht die Gefahr, dass die gesetzlich zulässige Menge ansonsten schwer an den Mann zu bringender Schadstoffe beigemengt wurde.

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Feldversuch Klimaanlage Großen Einfluss auf die Büroatmosphäre haben auch Heizung und Klimatisierung. Gerade Klimaanlagen sind sehr häufig für die Belastung der Raumluft mit Krankheitserregern, Pilz- und Hefesporen verantwortlich. Selbst bei bester Wartung und vorbildlicher Handhabung ist eine Keimbildung in den verschlungenen und nicht einsehbaren Weiten der Blechkanäle nicht auszuschließen. Ungezählte Unternehmen mussten nach Umzug in klimatisierte Räume einen sprunghaften Anstieg des Krankenstands ihrer Mitarbeiter bewältigen – ein Phänomen, das in den USA als Sick-BuildingSyndrom betitelt wird. Es gibt tatsächlich Firmen, die ihr wirtschaftliches Überleben nur dadurch sichern konnten, dass sie Büroräume der beschriebenen Art wieder verließen. Die künstliche Klimatisierung von Büroräumen darf als einer der größten Feldversuche der Medizingeschichte gelten. Ähnliches gilt für die Beheizung von winterlich kühlen Räumen mittels Bodenkonvektoren – übrigens eine von der Pharmaindustrie hochgeschätzte Bautechnik, die der Branche wie kaum ein anderes Instrument den Absatz von Erkältungsmitteln in der kalten Jahreszeit sichert. Noch stärker als bei herkömmlichen Heizkörpern ist hier nämlich die

homogene Exposition aller am Arbeitsprozess Teilnehmenden mit dem in Bodennähe befindlichen Staub einschließlich anhaftender Schadstoffe und Keime gewährleistet. Die im Fußboden eingelassenen Lamellenheizkörper halten kontinuierlich eine Walze trockener Raumluft in Gang, die absinkende Schwebstoffe immer wieder nach oben reißt, um sie den ausgetrockneten Atemwegen der anwesenden Probanden wieder und wieder zuzuführen. „Gesundheit!“, darf man wohl sagen?!

Alles wird gut! Glücklicherweise gibt es ja Möglichkeiten, sich einer Teilnahme an den beschriebenen Großversuchen zu entziehen. Eine gesunde Büroatmosphäre kann im Sommer z. B. durch natürliche Lüftung und Temperierung über Kühldecken garantiert werden. Im Winter wird durch entsprechende Nutzung der Decken als energieeffiziente Flächenheizung der Raum mittels einer gesunden Strahlungswärme, wie sie auch die Sonne zu uns sendet, wohltemperiert. Gegen zu trockene oder zu feuchte Raumluft hilft eine schlichte lehmverputzte Wand, deren Oberflächenstruktur die Luftfeuchtigkeit auf wohltuende 50 Prozent einpendelt und so die Schleimhäute geschmeidig hält.

In den meisten Büros emittieren ungezählte Chemikalien über Jahre und machen regelrecht krank.

Auch eine baubiologisch geplante Elektroinstallation und Kommunikationstechnik kann die Aufenthaltsqualität beträchtlich steigern. Elektrische Spannungen sowie elektromagnetische Felder und Wellen verursachen Luftionisation und laden buchstäblich die Arbeitsatmosphäre auf. Vielfach lassen sich derartige Effekte aber vermeiden oder jedenfalls reduzieren. Die beschriebenen Maßnahmen bewirken nicht nur eine erhebliche Qualitätssteigerung der Büroausstattung, sondern steigern auch die Leistungsfähigkeit und den wirtschaftlichen Ertrag der Kanzlei. Tue für Dich, Deine Angestellten und die Umwelt etwas Gutes und verdiene Geld damit! Was kann es Schöneres geben? Tobias Gammelin, Architekt und Baubiologe IBN, Potsdam

Foto: Andrea Vollmer

Baubiologie im Netz Wer sich zu baubiologischen Themen näher informieren möchte, sollte sich an einen Architekten mit baubiologischer Ausbildung wenden. Dieser plant mit hoher Kompetenz gesunde, individuelle Lebensräume nach den persönlichen Vorstellungen für ein gesundes, sinnreiches und nachhaltiges Wohnen bzw. Arbeiten. Zudem kann man unter www.baubiologie.de eine Liste baubiologischer Beratungsstellen des Instituts für Baubiologie + Oekologie Neubeuern IBN finden. Die aufgeführten Berater sind Baubiologen aber nicht zwingend Architekten, können aber an diese weitervermitteln. Für das wirtschaftlich und politisch unabhängige IBN stehen die objektive Betreuung des Verbrauchers sowie eine ganzheitlich und baubiologisch-ökologisch orientierte Lehre und die Ausbildung zum Baubiologen IBN im Vordergrund.“ Tobias Gammelin

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Rotstift ./. Kauderwelsch Ein Redaktionsstab soll sich um verständlichere Gesetze kümmern

Buch mit sieben Siegeln

Foto. Andrea Vollmer

Stephanie Thieme ist Leiterin des „Redaktionsstabes Rechtssprache“, der seit Anfang Mai im Bundesjustizministerium darüber wachen soll, dass Gesetze in Zukunft verständlicher werden. Ein reiches Betätigungsfeld für Thieme und ihre fünf Mitstreiter – schließlich gibt es kaum eine andere Textsorte, die für den gemeinen Bürger so sehr ein Buch mit sieben Siegeln ist. Schlicht und ergreifend, weil er nicht versteht, was dieser Text ihm sagen will. Gar nicht zu reden davon, dass er dann auch noch entsprechend handeln soll. Beispiel gefällig?

An Gesetzestexte, die selbst Anwälte und Richter kaum verstehen, wird der Rotstift angesetzt.

Gleich zu Beginn ihrer Arbeit bekam Stephanie Thieme einen ziemlich lebendigen Eindruck davon, was da auf sie zukommt – an Überzeugungsarbeit und an hartem sprachlichem Handwerk. Der Auftrag klang simpel: Man knöpfe sich das Wohngeldgesetz vor, überprüfe es auf seine Verständlichkeit und mögliche sprachliche Fallstricke und stelle seine Erkenntnisse und Verbesserungsvorschläge dem Bundesjustizministerium vor. Kann ja wohl so schwer nicht sein. Dachte sich auch der zuständige Referent: „Er hat gesagt, zwei Stunden Zeit schneide er sich aus den Rippen, um sich unsere sprachlichen Korrekturen anzuhören und zu diskutieren. Und aus diesen zwei Stunden sind dann mehrere Tage geworden mit Sitzungen von morgens bis abends, weil er gemerkt hat, dass es mit zwei Stunden eben nicht getan ist.“ Das Wichtigste sei aber gewesen, dass er eingesehen habe, dass das keine vertane Zeit ist. 1

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„Der besondere Steuersatz nach Absatz 1 ist der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs.1 zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um - im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 bis 5 - die dort bezeichneten Einkünfte, wobei die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit einem Fünftel zu berücksichtigen sind.“ Aha. Es ließen sich Dutzende solcher Beispiele zitieren, allein aus dem Einkommensteuergesetz, das damit nicht unbedingt dazu beiträgt, die Akzeptanz des deutschen Steuersystems bei Otto Normalverbraucher zu erhöhen. Schlimmer noch: Selbst das Fachpersonal hat mittlerweile gelegentlich Mühe mit seinem eigenen Handwerkszeug. Es gibt Gesetzestexte, in denen sich einzelne Paragrafen über drei Seiten lang abmühen, einen Rechtsgegenstand zu regeln. „So verschachtelte Vorschriften verstehen selbst Anwälte und Richter kaum“, sagt Stephanie Thieme. 2

Meist nur Kosmetik Dabei ist die Idee, Gesetzestexte einem Verständlichkeits-Check zu unterziehen, alles andere als neu. Bereits seit 1966 gibt es einen solchen Redaktionsstab beim Bundestag. Bislang war dessen Arbeit aber eher mittelmäßiger Erfolg beschieden. Was vor allem daran liege, dass er viel zu spät in den Gestaltungsprozess eingreift, nämlich dann, wenn die Gesetzentwürfe kurz vor der Kabinettsreife stünden, also schon fast fertig seien, so Thieme. "In dem Stadium kann kaum noch sprachlich Einfluss genommen werden. Es sind, wenn überhaupt, nur noch kosmetische Reparaturen möglich." 3

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Deutschlandradio vom 08.11.2007 I

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Das soll mit dem neuen, ministeriellen, Redaktionsstab besser werden. Frühzeitig soll er in den Formulierungsprozess eingebunden werden, möglichst von Anfang an. Und ist in seiner Arbeit ausdrücklich nicht aufs Haus Zypries beschränkt. Getragen wird das Sprachtüftler-Team von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), die vor einigen Jahren auch schon mal das Steuerbegünstigungsabbaugesetz als Kandidaten für das „Wort des Jahres“ in Erwägung zog. Und den Sprachwächtern ist durchaus klar, dass ihre Arbeit Grenzen hat: „Es ist natürlich völlig unsinnig, dass ein Sprachwissenschaftler hingeht und sagt: ‚Ihr müsst jetzt alle Gesetze so machen, dass wir sie gut verstehen können, das ist das Primäre.’ Da sagt der Jurist natürlich sofort: ‚Das Primäre ist, dass wir einen klaren rechtlichen Sachverhalt schaffen.’ Deshalb sagen wir: ‚Können Sie den nicht auch in einer anderen Sprache schaffen? Verlieren Sie irgend etwas, wenn Sie es auf diese Weise formulieren und nicht auf jene?’“, sagt Rudolf Hoberg, der Vorsitzende der GfdS. 4

Grammatikfehler Doch nicht ausschließlich um eine sprachliche Entrümpelung von Gesetzestexten geht es den Experten; manchmal müssen sie sogar Deutschlehrer spielen, Grammatik- und Bezugsfehler seien keine Seltenheit. Deshalb sieht sich der Redaktionsstab auch als ein Dienstleister für sprachgeplagte Beamte. Stephanie Thieme: „Wir machen auch Sprachberatung im ganz alltäglichen Sinne. Uns können also Behördenmitarbeiter und Parlamentarier anrufen und sagen: Wo steht hier das Komma, welchen Fall muss ich hier benutzen?“ 5 Primat bleibt aber die Arbeit an verständlicheren Gesetzen. Und da hat das Thieme-Team das erste Lob schon eingeheimst. Für das neue Versorgungsausgleichgesetz, das der Redaktionsstab in einer Pilotphase des Projekts vom ersten Wort an begleitete. Deshalb ist dort jetzt auch von „Zustellung“ statt „Rechtshängigkeit“ die Rede: „Die Ehezeit… endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags.“ Ganz ohne Amtsdeutsch wird es aber auch in Zukunft nicht gehen, schließlich können auch die Germanisten nichts daran ändern, dass Rechtssprache eine Fachsprache ist und bleibt. Und für „von Amts wegen“ gibt es keinen umgangssprachlichen Ausdruck.

www.spiegel.de vom 29.03.2009 I

Journalist Sascha Mönch, Weimar

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Deutschlandradio vom 08.11.2007 I

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Magazin

Anekdoten aus dem Anwaltsleben H Zurück in den Wald Mein Mandant beauftragte mich in einer Sorgerechtssache. Seine Frau war samt Kindern abgehauen und hatte nun beantragt, ihr das Sorgerecht allein zu übertragen. Der Mandant war Ausländer und sprach kein perfektes Deutsch. Er meinte, seine Frau habe früher „im Wald“ gelebt, und er hätte große Angst, dass sie die Kinder wieder mit zurück in den Wald nehme, wenn sie das Sorgerecht bekäme. Ich wunderte mich, dachte, ihm fehle vielleicht die korrekte deutsche Formulierung, aber er wiederholte, sie lebte in einem Wald bei X und ihre Familie lebt da immer noch. So trug ich es denn auch dem zunächst erstaunt dreinschauenden Gericht vor. Auf Nachfrage erklärte die Ehefrau, sie sei vor der Ehe nicht sesshaft

Naturnahes Familienleben im Wald?

gewesen. Inzwischen habe sie sich aber an das Leben in geschlossenen Räumen gewöhnt. Ihre Mutter lebe immer noch im Wald, und mein Mandant würde ihr jeglichen Kontakt zur Mutter verbieten. Er hätte sie sogar geschlagen, wenn er mitbekommen hatte, dass die Mutter heimlich zu Besuch war. Als das Gericht nachfragte, woher er denn wisse, dass die Mutter zu Besuch war, während er nicht zu Hause war, antwortete die Frau: Sie möchte ja nicht sagen, dass ihre Mutter stinkt, aber wenn man im Wald lebt, hat man doch einen gewissen Naturgeruch. So habe ihr Mann immer gerochen, dass die Mutter zu Besuch war, wenn er abends von der Arbeit nach Hause kam. RA Florian Lahrmann, Berlin

Foto: Rainer Klinke . pixelio.de

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H Schnelle Füße

Ich hatte mit einem Mandanten einen Besprechungstermin in der JVA vereinbart. Ich meldete mich ordentlich an und sagte, dass ich gern Herrn X sprechen würde, mit dem ich einen Termin vereinbart hatte. Der Wachtmeister schaut mich an, als ob ich der erste Mensch wäre und fragte nach, wen ich sprechen möchte. Ein wenig irritiert überlegte ich, ob ich in der falschen JVA sei. Daraufhin sagte der Wachtmeister: " Herr X ist weg!" Ich dachte, er wäre verlegt worden, da er über Schmerzen klagte und er in der JVA nicht behandelt werden konnte. Ich erkundigte mich also, wohin Herr X verlegt wurde. „Keine Ahnung.", sagte der Wachtmeister. Ich: „Wo ist er denn jetzt?" Der Wachtmeister: „Das wüsste ich auch gern." Der Wachtmeister: „Gestern Nacht geflüchtet!" Ich kehre in meine Kanzlei zurück, allerdings mit einem schlechten Gefühl. Zwei Tagen zuvor hatte ich einen Antrag auf offenen Vollzug gestellt und dabei vollmundig behauptet, mein Mandant würde jeden Abend brav zurück in die JVA kommen. Um es nicht unversucht gelassen zu haben, wähle ich die Handynummer meines geflüchteten Mandanten, der sich prompt meldet und durchs Telefon strahlt, dass er wieder auf freiem Fuß ist. Das wusste ich bereits. Er erkundigt sich bei mir, ob nun ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wird. Ich verschlucke mich fast an meiner Zunge: „Ja“. „Können wir nichts dagegen machen?“, fragt er. Ich bin vollends am Ende: „Nein“, sage ich, beende das Gespräch und wünschte ihm noch viel Glück. Da klingelt mein Telefon und ich habe den Leiter der JVA am Apparat. „Wollte Ihnen nur mitteilen, dass ich eigentlich Ihrem Mandanten offenen Vollzug gewähren wollte." Er habe nur „schnelle Füße“ bekommen. Ich erklärte die Erledigung meines Antrags. Bis heute wurde mein Mandant trotz eingeschaltenem Handy nicht gefasst. RA Rüdiger Hahn, Burgdorf

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H Beweismittel Wurstzettel Eine Kollegin hatte uns mal einen offensichtlich verrückten Mandanten geschickt – wohl um sich an meinem damaligen Chef zu rächen. Ich war zu dieser Zeit gerade ein paar Wochen im Büro und habe den Supermandanten (mit Beratungsschein!!) gewonnen. Er erzählte, dass er gemobbt werde. Das war damals, 2003, gerade total hip, alle wurden plötzlich gemobbt. Zur Beweismittelsicherung hatte er eine ausgewachsene Sporttasche vom Umfang eines Kleinlasters mit „Dokumenten“ mitgebracht – Hunderte von ihm persönlich eng beschriebene Zettel und Zettelchen; Wurstzettel, wie man hier so sagt. Auf denen hatte er angebliches Fehlverhalten seiner Vorgesetzten, Kollegen, seiner Nachbarn, des damaligen Bundeskanzlers sowie des Papstes festgehalten. Nachdem mehrere Stunden mit rechtlich völlig belanglosen Erzählungen über sein Leben sowie das ihm zugefügte Unrecht im Allgemeinen und im Besonderen vergangen waren, es mittlerweile dunkel geworden war, alle anderen Kollegen das Büro längst verlassen hatten, habe ich ihn dann höflich rauskomplimentiert. Dabei hat er mich wüst beschimpft. Ich bin die nächsten Wochen nicht mehr alleine vom Büro zur Tiefgarage gegangen. Leider habe ich den Namen der netten Kollegin vergessen, die uns diesen Kerl aufgehalst hat.

Schreibt uns! Uns interessieren Eure ersten Herausforderungen als junge Anwälte und Eure skurrilsten Mandate (1500 Zeichen, inkl. Leerzeichen). Senden an [email protected] !

RAin Dr. jur. Monika Hermel-Liedtke, Mainz Trotz eingeschaltetem Handy weiter auf der Flucht.

H Sänkju for träveling Bin 2005 für das Forum unterwegs, private Bahncard ist ausgelaufen, ich buche Ticket zu Normalpreis und legitimiere mich weiter mit meinen Kundendaten im Online-Portal der Bahn. Die Schaffnerin hält das Ticket für ungültig, weil die Bahncard abgelaufen ist und ich mich damit online legitmiert habe. Das neue Ticket soll mit Zuschlag das Doppelte kosten, obwohl das alte Ticket schon der Normalpreis ohne Rabatte war. Ich beschwere mich am Zielort, und die Bahn storniert die "Fahrpreisnacherhebung". Auf der Rückfahrt laufe ich am Bahnsteig derselben Schaffnerin in die Arme und halte ihr die Stornierung vor die Nase. Sie droht mir mit der Bahnpolizei wegen Beförderungserschleichung, weil mein Ticket ungültig sei. Bei der Kontrolle macht sie einen riesigen Wirbel und ruft dann ihren Ausbilder im Schulungszentrum an. Der bestätigt, dass ich ein Ticket ohne Rabatt auch mit einer abgelaufenen Bahncard buchen kann. Ich bleibe ja dieselbe Person, die sich einmal beim Erwerb der Bahncard mit Personalausweis legitimiert hat. Also wird die zweite Fahrpreisnacherhebung storniert.

Als ich zwei Monate später wieder in den Zug steige, geht das Chaos von vorne los. Dieses Mal schickt die Bahn ein Inkassobüro. Ich maile dem Pressesprecher der Bahn. Anschließend ändert man die AGB. Jetzt wäre ab sofort mein Online-Ticket wirklich ungültig, Nur kapiert das Inkassobüro nicht, dass auf eine alte Zugfahrt auch nur die alten AGBs gelten können und nicht rückwirkend neue AGBs für eine alte Zugfahrt. Ich maile dem Pressesprecher der Bahn ein zweites Mal und seit 2005 geben das Inkassobüro und die Bahn Ruhe. Auf der Hinfahrt zum DAT Mai 2009 passiert mir nun ein ähnliches Problem. Ich buche und bezahle das Sparticket im Januar 09 mit meiner Kreditkarte und gebe die als Legitimationsausweis an. Dann läuft im März die Kreditkarte aus und ich sitze im Zug nur mit der neu verlängerten DAV-Kreditkarte. Die Bahn hält mein Ticket für unwirksam. Ticket 1 Online Hinfahrt für 45 EUR ist verfallen, weil ich die abgelaufene Kreditkarte nicht dabei hatte und das Ticket 2 (Papier) soll mit Strafzuschlag 153 EUR kosten. Ich lasse mich jetzt verklagen, auch wenn die AGBs gegen mich sprechen. RA Martin Lang, München

Foto: Peter Reinäcker . pixelio.de

H Ware gegen cash Es ging um die Rückgabe eines Autos gegen einen entsprechenden Preis. Nach einem zähen Marathon hatten wir uns auf eine Summe X geeinigt. Allerdings war keine der Parteien bereit, in Vorleistung zu gehen. Weder meine Mandantin als Eigentümerin des Autos wollte zunächst das Fahrzeug übergeben. Sie hatte die berechtigte Sorge, dass das Autohaus dann tagelang das Fahrzeug untersucht oder vielleicht noch irgendwas damit angestellt wird, um schließlich zu behaupten, es seien Schäden vorhanden. Nach meiner Prüfung mussten die beiden quasi gleichzeitig übergeben, also in einem Termin. Ware gegen Cash. Und so kam es zum Show Down, dem ich leider ich leider nicht beiwohnen durfte, da mein damaliger Chef hier keine zusätzlichen Gebühren herauspressen konnte. Sie haben tatsächlich ungefähr gleichzeitig abgewickelt: Das Geldbündel wurde in bar gegen den Wagen, die Schlüssel und die Papiere ausgehändigt. Die ExMandantin schuldet mir eigentlich noch eine Fahrt in ihrem von dem Geldbündel neu gekauften Flitzer. RA Henrik Franz, Frankfurt/M.

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Aufschwung durch Unabhängigkeit

Foto. Andrea Vollmer

Mit Akten im Internet und verfügbaren Datenpools Mandanten gewinnen

die Einführung des digitalen Diktats gemacht. Außerdem werden die kanzeleieigenen Newsletter inzwischen einfach per Mail statt mit der Post versendet.

Kompetenzzentrum

Als einzige Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht im Umkreis von 200 Kilometern ist Noreen Loepke auf höchste Mobilität angewiesen.

Im Umkreis von 200 Kilometern ist Noreen Loepke, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht und Wirtschaftsmediatorin, die einzige ihre Art. Sie ist eine von insgesamt 26 Anwälten in Sachsen, die dieses Fachgebiet bearbeiten. Während sich ihre 25 Kollegen auf die beiden Großstädte Leipzig und Dresden verteilen, betreibt Noreen Loepke ihre Kanzlei in Plauen. Das heißt für die 34-Jährige nicht nur praktisch, sondern auch virtuell höchst mobil sein zu müssen. Zu ihrer Mandantschaft gehören größere Firmen und Unternehmen, die sowohl aus der Region, als auch dem gesamten Bundesgebiet kommen. Zwei Drittel ihrer Tätigkeit bestehen darin, Unternehmen zu beraten. Um den Bedürfnissen ihrer in aller Regel viel beschäftigten Kundschaft gerecht zu werden, aber auch ihre eigne Arbeitskraft effektiv zu organisieren, begann sie vor eineinhalb Jahren mit einer Kanzeleisoftware zu arbeiten, die beides ermöglicht. Sie führte die Onlineakte ein, auf die sie als Anwältin von jedem beliebigen Ort via Internet zugreifen kann, ebenso wie ihre Mandanten. Die können sich mit einen Passwort auf dem Kanzleiserver einwählen und dort ihre Akte mit allen Dokumenten und Schriftsätzen sowie deren Bearbeitungsstand einsehen. „Das ist ein Service, mit dem wir uns bisher deutlich abheben“, so Noreen Loepke. Flexibler und einfacher hat die Arbeit auch

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Vorausgegangen waren der Entwicklung Stammtischtreffen des Kompetenzzentrums Hof/Plauen, dem unter anderem Noreen Loepke und ihr Kollege Christian Semmler aus Hof angehörten. Die Idee dahinter: Durch gemeinsames Auftreten, mehr Kontakte zu gewinnen und durch gemeinsame Werbung mehr Umsatz zu erzielen. So entstand das Projekt, Informationstage mit Fachvorträgen für Unternehmer anzubieten. Die so genannten Kompetenz-Zentrum Informationstage waren schnell über die Stadtgrenzen hinaus bekannt geworden. Denn Lieblingsthema der beiden jungen Anwälte ist: die Unternehmensnachfolge und deren Besteuerung. Immer mehr Unternehmer aus der Region besuchten die Vorträge. Die warfen im Golfclub mit Empfehlungen nur so um sich. Aber auch die anderen Kontakte waren nicht von schlechten Eltern. Das AdvoWare Team hatte Recht gehabt. Dieses neue Modul ist Gold wert. Einfach einen extra PC für das KompetenzZentrum aufgestellt, auf dem jeder seinen geschützten Datenpool einrichtet, auf den kein anderer zugreifen kann. Datenschutzrechtlich unbedenklich. Auf den PC und die Datenpools konnten alle dafür autorisierten Personen über das Internet zugreifen, über die Kanzlei PCs sowieso. Jeder legt seine Kunden beziehungsweise Mandanten selbst an. Mit geringem Aufwand sind es inzwischen schon 3.000 Adressen. Die Sekretärin hat jetzt viel mehr Zeit für Adresspflege und Recherche. Da kommen ein paar hundert Adressen schnell zusammen. Bei den anderen ist das genauso. Durch die Datenpools erreichen sie zusammen 3.000 Kontakte. Die Veranstaltungen sind durch die Themenvielfalt attraktiv. Das Ergebnis: Beziehungsmarketing und Öffentlichkeitsarbeit vom Feinsten.

Kontinuität bringt Erfolg „Früher hab ich alle zwei Monate 500 Mandantenbriefe verschickt. Das hat mich jedes Mal 750 EUR gekostet.”, sagt Noreen Loepke. Mit Grausen

denkt sie an den Aufwand zurück. „Das Büro war tagelang blockiert. Jetzt verschickten sie ihre Informationen monatlich - über dieses neue Modul in der Kanzleisoftware: Erst die Veranstaltungseinladungen, danach die Vortragsskripte und zum Schluss die Mandantenrundbriefe. Das Ganze kostet nicht einen Cent. Die Mandantenbindung ist top. Zusätzlich bringt es zahlreiche neue Mandate. Bei den Kollegen vom Pool ist es genauso. Das Geheimnis des Erfolges liegt in der Kontinuität. Monat für Monat 3.000 schriftliche Kontakte, und auf den Informationstagen erreichen sie viele Mandanten persönlich. Hinzu kommen neue Kontakte mit viel Potential durch die Mandanten der Kompetenz-Zentrum-Partner. Der gestiegene Wettbewerbsdruck beunruhigt sie nicht mehr. Aber ihre Spezialisierungen im Wirtschaftrecht sind sehr gefragt. „Die Marketingstrategie des Kompetenz-Zentrums funktioniert phantastisch.“, so Loepke, die noch an ihre anfängliche Skepsis denkt. Dann dieser Hinweis auf die ARD / ZDF-Onlinestudie: Über 80 Prozent aller deutschen Berufstätigen sind online. Diese Menschen verfügen über E-Mail Adressen und nutzen diese. „Wir rechnen an Portokosten mit einer monatlichen Ersparnis von 140 EUR allein für die Kenntnisnahmeschreiben. Praktisch ist es dann viel mehr. Sie hatte sich entschlossen, jetzt auch noch die gegnerischen Schriftsätze einscannen zu lassen. „Damit bin ich 100 Prozent mobil“, denkt sie. Vielfach kann ich jetzt von Zuhause die Schriftsätze bearbeiten. Das spart noch mal Zeit und Geld. Eine Tankfüllung mit 100 EUR spare ich immer.“ Plus die eingesparte Zeit - ihre und die im Sekretariat. Mandantenanrufe wegen Kleinigkeiten sind viel weniger geworden. Denn die können sich jetzt online über den aktuellen Stand ihres Falls informieren. „Für wichtige Telefonate , so Loepke, hab ich jetzt viel mehr Ruhe“. „Wirklich entscheidend ist aber der Mehrumsatz.“ Auch Kollege Semmler setzt diese neue Technik ein und arbeitet mit einem VPN – Zugang sogar von seiner Zweigstelle in Dresden aus. Noreen Loepke hat gerade eine neuen Kanzlei mit insgesamt sechs Fachanwälten aus Handels- und Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht und gewerblichem Rechtsschutz gegründet. Was virtuelle Technik und Mobilität angeht, müssen ihre neuen Kollegen jetzt noch nachrüsten. RAin Noreen Loepke, Plauen

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Passwörter – Belehrungen - Sicherheitskopien Technische Anforderungen an den Datenschutz in der Rechtsanwaltskanzlei

Zutrittskontrolle Personen, die nicht zwingend auf das Datenverarbeitungssystem der Kanzlei zugreifen müssen, sollten dazu auch keine Gelegenheit bekommen. Deshalb sind sie bereits räumlich von den technischen Anlagen fernzuhalten (Zutrittskontrolle). Fremdpersonal z. B. sollte sich nicht unbeaufsichtigt in den Kanzleiräumen bewegen können. Das lässt sich nicht immer vermeiden. Wenn etwa Wartung- oder Reparaturarbeiten durchgeführt werden, sollte eine schriftliche Belehrung erfolgen, dass Informationen bei zufälliger Kenntnisnahme vertraulich zu behandeln sind und insbesondere eine Nutzung der Datenverarbeitungsanlagen untersagt ist.

Zugangskontrolle Passwörter sind hier das Mittel der Wahl. Allerdings nützt die beste Kombination nichts, wenn sie sich zu leicht erahnen lässt. Ein weitgehend sicheres Passwort besteht aus mindestens acht Zeichen und beinhaltet sowohl Buchstaben als auch Zahlen und Sonderzeichen und ergibt kein logisches Wort (z. B. „hO8+lW$6“). Passwörter müssen in regelmäßigen Zeitabständen geändert werden.

Zugriffskontrolle Ein wesentliches Risiko sind Viren, Würmer, Trojaner u.ä.. Der Einsatz von Anti-Viren-Software und Firewalls ist unumgänglich. Um zu verhindern, dass schädliche Software bewusst oder unbewusst in das System eingeschleust werden kann, sollten die Zugriffsrechte auf das System grundsätzlich beschränkt sein (Zugriffskontrolle). Hierzu bietet sich ein Rechtemanagement an, bei dem Nutzern jeweils nur Leserechte, nicht aber Schreibrechte eingeräumt werden, wo dies für die betriebliche Aufgabe nicht erforderlich ist. Dies verhindert z.B., dass Mitarbeiter Software aus dem Internet her-

unterladen oder über einen USB-Stick in das System einspielen und damit aus Leichtsinn oder Unwissenheit die Systemsicherheit gefährden.

Mobile Datenträger Ein weiteres Risiko für die Systemsicherheit und den Datenbestand besteht immer dann, wenn Datenträger aus dem geschützten Kanzleibereich entfernt werden. Dies ist der Fall, wenn der Rechtsanwalt digitalisierte Akteninhalte auf dem Laptop bei sich führt. Datenschutzrechtlich besteht die Forderung, möglichst wenige Daten aus dem System auszulagern. Dies schließt Mobilität nicht aus. Der Markt bietet Lösungen, bei denen über Internetanbindung extern auf die Netzwerkdaten der Kanzlei zugegriffen werden können, ohne dass die Daten das System verlassen. Beim Zugriff auf das System werden lediglich Bild- und Steuerungssignale (z. B. Tastatureingaben) übermittelt, ohne dass ein Datentransfer stattfindet. Geht der Laptop verloren, hat dies keine Auswirkungen auf den Datenbestand. Wer die Kosten und den technischen Aufwand solcher Terminal-Lösungen scheut, sollte die Daten auf dem mobilen Arbeitsplatz zumindest verschlüsseln. Geht der Laptop verloren, ist ein unbefugter Zugriff auf die unverschlüsselten Daten gleichwohl ausgeschlossen. Auch hierfür bietet der Markt entsprechende Softwarelösungen an.

Verfügbarkeit Datensicherheit setzt jederzeitige Verfügbarkeit voraus. Vor diesem Hintergrund sollte einem physikalischen Datenverlust vorgebeugt und der Datenbestand regelmäßig gesichert werden. Hierbei gilt es einige Punkte zu beachten. Bei der Konzeption eines Datensicherungskonzepts sollte davon ausgegangen werden, dass ein Schadensszenario nicht nur räumlich begrenzt auftritt. Ein Zimmerbrand kann die gesamte Zimmereinrichtung zerstören. Deshalb liegt es nahe, Datensicherungsträger nicht in unmittelbarer räumlicher Nähe zum gesicherten System aufzubewahren, weil das Feuer sonst nicht nur das gesicherte System, sondern auch den Sicherungsdatenträger in Mitleidenschaft zieht. Für den Sicherungsdatenträger gelten dieselben Sicherheitsanforderungen wie für jeden mobilen Datenträger auch.

Koordiniertes Löschen Unter der Prämisse der Datensparsamkeit ist der Kanzleiinhaber verpflichtet, personenbezogene Daten auch wieder zu löschen, wenn der Zweck, für den die Daten erhoben worden sind, erfüllt ist. Dies setzt voraus, dass geeignete organisatorische und technische Maßnahmen ergriffen werden, die sicherstellen, dass zu löschende Daten auch zuverlässig vernichtet werden und nicht in die Hände Dritter fallen können. Hierfür reicht es regelmäßig nicht aus, mit den gängigen Löschmethoden des Betriebssystems zu arbeiten. Das Löschen einer Datei oder das Formatieren der Festplatte bewirkt lediglich, dass der interne Verweis auf die gespeicherten Daten entfernt wird. Der physische Speicherzustand auf der Festplatte bleibt dagegen unverändert. Die auf diese Weise gelöschten Daten können jederzeit wieder hergestellt werden. Abhilfe schafft hier das (mehrmalige) Überschreiben des Datenträgers. Erst hierdurch wird auch der physische Speicherzustand verändert und die gespeicherten Daten zuverlässig gelöscht. Der Markt hält hierfür entsprechende Softwarewerkzeuge bereit. RA Dr. Markus Lintner, Nürnberg

Sichere Passwörter statt Vorhängeschloss. Foto: www.jenpix.de . pixelio.de

Der Einsatz leistungsstarker Datenverarbeitungsanlagen und die Anbindung an vernetzte Systeme ist heute in jeder Rechtsanwaltskanzlei Standard. Dies birgt allerdings besondere Risiken für den Schutz personenbezogener Daten. Datenschutz stellt deshalb auch organisatorische und technische Anforderungen an die ITSicherheit.

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Reden ist Silber, Zuhören ist Gold Von der Ökonomie der Kommunikation

Was ist ein Gespräch wert? Aus der Sicht des Mandanten lautet die Frage genauer: Was bringt mir die Kommunikation mit dem Anwalt? Und der Anwalt fragt sich: Was habe ich davon, mich mit dem Mandanten, der Gegenseite und dem Gericht auszutauschen? Gibt es Mandanten, die mit Genuss zum Anwalt gehen und sich darauf freuen, für dessen Dienstleistung Geld auszugeben?

»Keine gute Vorbedingung für konsumund lustbetontes Geldausgeben.« Für Privatleute ist fast immer irgendein Ärgernis der Anlass für den Gang zum Anwalt. Keine gute Vorbedingung für konsum- und lustbetontes Geld-

Für Plaudertaschen empfehlen wir silbernen Lippenstift.

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ausgeben. Der gewerbliche Mandant zieht seinen Anwalt hoffentlich regelmäßig für konfliktvorbeugende Beratung heran, z. B. für die Erarbeitung wirksamer und wirkungsvoller Verträge. Für ihn ist die Kommunikation mit dem Anwalt und die Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit eine Investition, die er tätigt in der Hoffnung, dass das Wirken des Anwalts beim Erreichen seiner unternehmerischen Ziele hilfreich ist. Aufgrund der jeweiligen Ausgangslage der Mandanten müssen wir davon ausgehen, dass private Mandanten das Gespräch mit dem Anwalt und die Kosten für seine Tätigkeit in vielen Fällen wohl als unvermeidliche Belastung empfinden. Bei gewerblichen Mandanten dürfen wir dagegen viel eher eine nüchterne Kosten/Nutzen-Betrachtung erwarten. Womöglich gibt es sogar Fälle, in denen der

gewerbliche Mandant sich über die anwaltliche Dienstleistung so freut, wie über – sagen wir mal – ein gutes und nützliches Werkzeug, etwa: „So schöne AGB habe ich noch nie gehabt!“

RVG So sieht's also aus der Mandantenperspektive aus. Und aus der Sicht des Anwalts? Was bringt ihm der mit dem Mandat verbundene Kommunikationsaufwand nach den verschiedensten Seiten? Zeit ist Geld, könnte man darauf kurz und bündig antworten. Diese Antwort wäre so einprägsam wie falsch. Denn wir alle wissen, dass Anwälte meist nicht nach Zeitaufwand vergütet werden, sondern abhängig vom Streitwert.

Foto: Andrea Vollmer

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So sieht es jedenfalls das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz als Grundmodell vor. Auch in einem Fall mit einem Gegenstandswert von 425 EUR kann akribische Sachverhaltsaufklärung und entsprechend detaillierter Vortrag erforderlich sein. Rechnet man hier die RVG-Gebühr auf die mit dem Mandanten verbrachte Zeit, Schriftsätze und vielleicht zwei Gerichtsverhandlungen um, ist die Vergütung pro Arbeitsstunde wohl eher in Cent als in Euro zu berechnen. Zeit ist Geld? Eher nicht. Ruhm und Ehre sind vermutlich auch nicht zu erwarten.

»Auch in einem Fall mit einem Gegenstandswert von 425 EUR kann akribische Sachverhaltsaufklärung und entsprechend detaillierter Vortrag erforderlich sein.« Und dennoch: Auch wenn an dem Mandat finanziell nicht viel verdient werden kann, darf an der Kommunikation nicht gespart werden. Während meines Studiums, als das RVG noch BRAGO hieß, hatte ich als Ausbilder im Praktikum einen sehr beschäftigten Partner einer OLG-Kanzlei. Es hat mich damals sehr beeindruckt, dass er sich für das erste Beratungsgespräch mit den Mandanten alle Zeit der Welt genommen hat. Sein Credo war, dass man den Mandanten Gelegenheit geben müsse, alles zu erzählen, was ihnen wichtig erscheint. Andernfalls müsse man während der Mandatsbearbeitung noch ständig telefonische Nachbesprechungen abhalten. Reden ist Silber, nämlich den Mandanten die richtigen Fragen zu stellen. Den Mandanten konzentriert zuhören und den Sachverhalt vollständig zu erfassen ist Gold.

»Sein Credo war, dass man den Mandanten Gelegenheit geben müsse, alles zu erzählen, was ihnen wichtig erscheinte.«

Pauschalhonorar Fortgeschrittene in Sachen Ökonomie der Kommunikation können sich bei der Vereinbarung von auskömmlichen Pauschalhonoraren beweisen. Sie müssen in der Lage sein, ihren Aufwand zuverlässig einzuschätzen und zugleich den Mandanten überzeugen, dass das Honorar angemessen ist. Das Pauschalhonorar bietet sich bei Beratungsdienstleistungen wie etwa dem Fertigen von Vertragsentwürfen an. Der Umfang der Kommunikation ist absehbar, jedenfalls wenn man den Mandanten kennt. Mit der eigenen juristischen Leistung, dem Fertigen des Textes, geht man dann ins Risiko, indem man eine bestimmte Bearbeitungsdauer für wahrscheinlich hält.

Goldene Regel: Wer zuhört, schweigt.

Stundensatz Die größte Freiheit der Kommunikation hat der Anwalt, dem es gelingt, mit dem Mandanten ein akzeptables Stundensatzhonorar zu vereinbaren. Das ist vor allem für diejenigen interessant, die gerne außergerichtliche Einigungen suchen. Hier ist insbesondere der kommunikative Aufwand im Voraus schwer abzusehen. Dabei kann der Austausch mit dem eigenen Mandanten bisweilen sogar mühsamer und langwieriger sein, als mit der Gegenseite. Gerade das Gespräch mit dem eigenen Mandanten kann zum Balanceakt werden, denn der muss, wenn die Rechnung kommt, überzeugt sein, dass jede Minute des Gesprächs mit seinem Anwalt sich im Gegenwert der anwaltlichen Forderung gelohnt hat.

Foto: Andrea Vollmer

Wenn man den eigenen Mandanten und die andere Seite überzeugen möchte, muss der Anwalt präzise argumentieren. Das gelingt am ehesten, wenn er die Anliegen seines Mandanten und der anderen Partei kennt. Und wie erfährt der Anwalt von diesen Anliegen? Die Antwort ist ungeheuer banal, doch ich glaube, dass viele Anwälte – mich selbst eingeschlossen – hier täglich an sich arbeiten müssen: Durch Zuhören! Zuhören ist eine Fertigkeit, die trainiert und mit den unterschiedlichsten Methoden verbessert werden kann. Aber das ist eine andere Geschichte. Für diesmal will ich nur die Überzeugung bekräftigen: Reden ist Silber. Zuhören ist Gold! RA Percy Ehlert, Berlin

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Das selbstständige Beweisverfahren Wichtig in Bausachen, EDV und Mietrecht

In allen Streitigkeiten, bei denen es wesentlich um den Sachverhalt geht und ein Streit um die Rechtsfolgen kaum zu erwarten ist, bietet sich das selbstständige Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO an. Der folgende Beitrag bietet – redaktionell bearbeitet und gekürzt – eine von den Erfahrungen der Autoren geprägte Darstellung. Der vollständige Originaltext einschließlich Muster eines Antrags ist im Internet unter www.davforum.de/beweisverfahren abrufbar.

Große Aufmerksamkeit ist darauf zu legen, dass die Tatsachen sehr sorgfältig angegeben wer-den. Ein sogenannter Ausforschungsbeweis ist auch im selbssttändigen Beweisverfahren unzulässig, so etwa die Frage: „Ist es wahr, dass die Arbeiten entgegen der Regeln der Technik ausgeführt wurden und dies zu Mängeln führte?“

Das selbstständige Beweisverfahren hat besondere Bedeutung erlangt in Bausachen, EDV-Prozessen, im Deliktsrecht (insbesondere in Folge von Abgrabungen oder Sprengungen), im Mietrecht und bei Arzthaftungssachen.

Bei der Auswahl des Sachverständigen sollte der Anwalt wachsam sein. Häufig entscheiden die Qualifikation und die Auswahl des Sachverständigen über Erfolg und Misserfolg der Tatsachenaufklärung und letztlich über den Ausgang des Prozesses. Jede Partei hat das Recht, dem Gericht Sachverständige vorzuschlagen. Davon sollte man unbedingt Gebrauch machen. Der Gutachter hat sich streng an den Gutachterauftrag zu halten. Oft nehmen die Gutachter jedoch eine „eigene Sachverhaltsermittlung“ vor und gehen auch gerne weit über den Gutachterauftrag hinaus. Es ist dann Aufgabe des Parteivertreters, den Gutachter auf die ihm gestellten Aufgaben hinzuweisen. Manchmal ist der Übereifer des Gutachters aber auch gut für die Partei, z. B. wenn er Mängel entdeckt, an die man als Antragsteller nicht gedacht hat.

Zeitvorteil Das selbständige Beweisverfahren ist grundsätzlich wesentlich schneller abgeschlossen als das Hauptsacheverfahren. Das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Mängeln kann für beide Parteien verbindlich festgestellt werden. So lässt sich die Auseinandersetzung oft ohne folgenden Prozess regeln. In der Praxis geht es meist darum, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Rechtsschutzversicherte Mandanten erhalten hierfür regelmäßig Deckungszusage, was für ein vorprozessuales Gutachten schwer zu erreichen ist. Für den Anwalt fallen im selbssttändigen Beweissicherungsverfahren dieselben Gebühren wie in einem Hauptverfahren an. Die Ge-bühren des Beweisverfahrens werden nicht auf das Hauptverfahren angerechnet.

Voraussetzungen Die Absätze 1 und 2 des § 485 ZPO definieren unterschiedliche Anwendungsbereiche. Eine Gefahr, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird (Absatz 1), stellt der Verderb der zu besichtigenden Sache dar oder ihre Veränderung, zum Beispiel im Fall von Bau-arbeiten. Die Aufzählung der in den Nr.1 bis Nr. 3 des § 485 Abs. 2 ZPO genannten Gründen ist abschließend. Darüber hinaus muss ein rechtliches Interesse an der Feststellung bestehen. Das recht-liche Interesse ist immer zu bejahen, wenn dies zur Vermeidung eines Rechtsstreits dient. An die Subs-tantiierung des diesbezüglichen Sachvortrags des Antragstellers sind keine hohen Anforderungen zu stellen. § 487 ZPO gibt den zwingenden Inhalt des Antrags vor.

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Der Sachverständige

Mitteilung des Gutachtens Das Gutachten wird den Parteien zur Kenntnisnahme und evtl. Stellungnahme meist unter Fristsetzung übersandt. Man sollte auf keinen Fall das gelieferte Ergebnis einfach nur hinnehmen, sondern prüfen, ob der Gutachter die Fragen unzweideutig („ja“ oder „nein“ und nicht „vielleicht“), vollständig, klar und unmissverständlich beantwortet hat. Auch Mengenangaben, Preise, DINNormen etc. sollten kontrolliert werden. Zusätzlich muss darauf geachtet werden, dass der Gutachter seinerseits keine rechtlichen Schlüsse zieht. Bei Unstimmigkeiten hat der Bevollmächtigte zum Gutachten schriftlich Stellung zu nehmen. Allerdings wird gerade hier häufig der Fehler gemacht, Schriftsätze zu fertigen, die Parteivorbringen sind. Es darf nicht vergessen werden, dass man sich in einer Beweisaufnahme befindet und gerade nicht bei der Beweiswürdigung. Zweck dieses Verfahrens ist nicht die Bewertung oder die Entscheidung über den Anspruch. Dies bedeutet, dass man Fragen formulieren muss, zu denen der Gutachter Stellung zu nehmen hat, und dass man begründet, warum

man diese Frage stellt. Des weiteren ist zu prüfen, ob es ausreicht, dass der Gutachter nochmals zu einzelnen Punkten schriftlich Stellung nimmt, oder ob ein mündliche Erläuterung vor Gericht notwendig erscheint. In der mündlichen Verhandlung können die Parteien dem Sachverständigen Fragen zu stellen oder eine Ergänzung des Gutachtens zu beantragen. Bisweilen versuchen die Parteien, mit fachlicher Hilfe Dritter den gerichtlich bestellten Gutachter zu widerlegen.

Wirkungen und Ende Die Zustellung des Antrags für das selbstständige Beweisverfahren hemmt die Verjährung. Nach Auffassung des BGH endet das selbständige Beweisverfahren mit dem Zugang des Sachverständigengutachten, sofern die Parteien nicht innerhalb der ihnen eingeräumten Prüfungsfrist einen Antrag auf Anhörung stellen oder Einwendungen vortragen. Wenn das Gericht keine Frist zur Stellungnahme setzt, muss der Antrag zur Vernehmung des Sachverständigen in einem „engen zeitlichen Zusammenhang mit der Zustellung des Gutachtens“ erfolgen. Der Anwalt kann das Beweisverfahren als „beendet“ ansehen, wenn der Streitwertbeschluss verkündet ist. Wenn einer Partei das Gutachten ausreicht, dann sollte diese den Streitwertbeschluss beantragen. Ergeht das Gutachten zugunsten des Antragstellers, fordert dieser außergerichtlich von der Gegenseite den sich aus dem Gutachten ergebenden Betrag, Beseitigung der Mängel, usw. unter Fristsetzung sowie Erstattung der Kosten. Werden diese Forderungen nicht erfüllt, so muss geklagt werden.

Kosten Aufgrund der lückenhaften Regelung in § 494a ZPO ergeben sich hinsichtlich der Kosten im selbstständigen Beweisverfahren immer wieder Schwierigkeiten. Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens sind Kosten des Hauptsacheverfahrens. Wenn also nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens die Kostenfrage nicht außergerichtlich geklärt werden kann, bleibt einem der Gang in das Hauptverfahren nicht erspart. Beide Parteien können eine gerichtliche Klärung der Kostenfrage veranlassen. RA Henrik Franz, Frankfurt a. M. RA Daniel Preiß, Schwäbisch Gmünd

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Kein Versteck für Schuldner Neues Mahnverfahren erleichtert Forderungseinzug im europäischen Ausland

Inzwischen finden sich in den §§ 1087ff. ZPO die Vorschriften zum europäischen Mahnverfahren. Das Ergebnis ist ein analog dem deutschen Mahnverfahren anzuwendendes Verfahren zur raschen und kostengünstigen Beitreibung unbestrittener Geldforderungen, die auf grenzüberschreitenden Rechtsverhältnissen beruhen. Am erfolgreichen Ende desselben steht der „Europäische Zahlungsbefehl“ (EZ) als Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 6 ZPO).

AG Wedding zuständig Sofern zum Beispiel ein als Spediteur tätiger Mandant darum bittet, eine Entgeltforderung gegen seinen in Italien ansässigen Auftraggeber geltend zu machen, ist grundsätzlich das Europäische Mahngericht Deutschland am Berliner AG Wedding erste Anlaufstelle (§ 1087 ZPO). Die dort derzeit vorgehaltenen Informationen und - zwingend zu verwendenden - Formulare können jedoch nur als behelfsmäßig eingestuft werden. Die PDFDokumente können am PC nicht ausgefüllt werden. Für den Praktiker sollte daher der europäische Gerichtsatlas für Zivilsachen (http://ec. europa.eu/justice_home/judicialatlascivil/html/epo _information_de.htm) der Startpunkt sein. Dort finden sich leichtverständliche Informationen und insbesondere Formulare, die je nach Bedarf am Bildschirm auszufüllen, auszudrucken und sodann an das zuständige Gericht zu übermitteln sind. Das in der Sache zuständige Gericht ist leicht zu finden. Unter dem Reiter „Zuständige Gerichte“ sind auch z. B. diejenigen für Italien hinterlegt. Das Verfahren beginnt sodann mit dem Formblatt A, dem Antrag auf Erlass eines EZ. Dieser ähnelt den bekannten Mahnbescheidsanträgen. Neben den üblichen Angaben ist die Referenzierung auf Beweismiteln möglich, die Beifügung aber nicht erforderlich. Wichtig: Alle Formblätter können nach der Gerichtsauswahl in deutscher Sprache ausge-

füllt werden. Am Ende des Formblattes findet sich ein Button zur Übersetzung – etwa in die italienische Sprache!

Gericht prüft Fakten Das mit dem Antrag befasste Gericht prüft sodann die Vollständigkeit der gemachten Angaben und insbesondere, ob die geltend gemachte Forderung nicht offensichtlich unbegründet ist. Es kann jedoch auch zur Vervollständigung bzw. Berichtigung des Antrags auffordern (vgl. Formblatt B) oder einen Vorschlag zur Änderung des Antrags machen (Formblatt C). Weiterhin sind Vordrucke für einen eventuellen Einspruch des Antragsgegners gegen einen solchen Befehl (Formblatt F) vorgesehen. Dieser Rechtsbehelf stünde dem italienischen Auftraggeber binnen 30 Tagen zu, nachdem der beantragte EZ durch das in Italien zuständige Gericht erlassen und dem Antragsgegner zusammen mit einer Kopie des Antragsformulares samt Rechtsbehelfsbelehrung zugestellt worden ist. Im optimalen Fall zahlt der Schuldner aufgrund des durch den EZ aufgebauten „Drucks“. Unterlässt er dies, wird der EZ mit Ablauf der Widerspruchsfrist automatisch für vollstreckbar erklärt (§§ 1093ff. ZPO). Unserem Mandanten läge also ein Vollstreckungstitel vor (§ 794 Abs. 1 Nr. 6 ZPO), aus dem nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedsstaates die zwangsweise Durchsetzung der Forderung zu veranlassen wäre.

Alles per Computer Fazit: Schuldner können sich seit Dezember 2008 nicht mehr hinter Grenzen oder mangelnden Sprachkenntnissen des Gläubigers verstecken. Die Anhängigmachung von Mahn- oder /und Vollstreckungs-Verfahren ist jetzt vom Computer aus möglich, ohne Fremdsprachenkenntnisse und ohne Studium der jeweiligen Verfahrensordnung des Schuldner-Landes. Zwar würde ein Einspruch zu einem „gewöhnlichen” Prozess führen. Die Anlage 2 zum Antrag auf Erlass eines EZ sieht jedoch für den Antragsteller die Möglichkeit zur Ablehnung der Überleitung in ein kontradiktorisches Verfahren vor. Letztlich ist allein die Titulierung oftmals sinnvoll (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F.). Folglich steht dem Gläubiger ein Spielraum zu, der ihm unter Berücksichtigung der Schuldnerreaktionen während des EM ein wirtschaftliches Inkasso ermöglicht.

Stephanie Hofschlaeger . pixelio.de

Nahezu jeder Rechtsanwalt wird sich im Laufe seiner Berufstätigkeit mit der Geltendmachung fälliger Forderungen zu beschäftigen haben. Neben einer gewissen Mandantenbindung sowie erheblicher Zufriedenheit der Auftraggeber bei tatsächlicher Realisierung der offenen Posten ist die Dienstleistung auch lukrativ. Insbesondere, weil selbst die Inkassierung im europäischen Ausland seit einiger Zeit erheblich vereinfacht worden ist.

Mahnung auf italienisch: Der EZ macht es möglich.

Europäischer Zahlungsbefehl (EZ) Verfahrens-Kosten entsprechen denen für das lokale Mahnverfahren (Nr. 1110 KV GKG). Letzteres steht zum EM im Alternativverhältnis. Vollstreckbarkeit des EZ – bis auf Dänemark – ohne weiteres in allen EU-Mitgliedsstaaten. Zweites Novum: Europäisches Verfahren für geringfügige, grenzüberschreitende Forderungen bis zu einem Wert von 2.000,- EUR (§§ 1097ff. ZPO). Ein vereinfachtes, effizientes und kostengünstiges kontradiktorisches Prozedere vor dem zuständigen Gericht des Schuldners im EUAusland mit standardisierten Formularen zur Verfahrenseinleitung bzw. Erwiderung. Kein Anwaltszwang, Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur ausnahmsweise. > http://www.orderforpayment.eu

RA Christian Weiß, Bonn

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Am Draht auf Draht Zwölf Grundregeln für die Kanzleipräsentation durch die Assistentin

Die Zeiten rosafarbener Telefonzettel sind vorbei und elektronische Nachrichtensysteme angesagt.

Anwalts-Assistentinnen sind unbestritten das Herz des Büros, die Visitenkarte der Kanzlei und Chefin der Büro-Organisation. Sie haben trotz ihrer bedeutenden Rolle oft schwer zu kämpfen: Mit Mandanten, die zu 80 % schwierig zu führen sind, da sie als Probleminhaber externe (+ teure!) Hilfe holen müssen, mit einer Büroorganisationen, die oft handgeklöppelt daher kommt – und mit Chefs, die Mitarbeiterführung nicht gerade freudestrahlend auf ihre Fahnen geschrieben haben. Deshalb sollen folgende zwölf Grundregeln weiter helfen:

auf dem Rücken Ihrer Assistentin austragen. Anweisungen fehlen auch oft im Umgang mit Urlauben, Krankheiten etc. Anweisungen machen übrigens oft nur Sinn, wenn alle Anwälte sich dabei vereinheitlichen, und wenn die Anwälte die Anweisungen selbst einhalten. Weisen Sie auch an, wie sie mit Honoraranfragen umzugehen hat (s. u.) und mit Rechtsgebieten, die Ihre Kanzlei nicht bietet! (Bitte Kooperationspartner auf Liste mit Telefonnummern überreichen)

2) Ihre Assistentin... 1)

... ist angewiesen auf Ihre Anweisungen!

Anwälte mögen Anweisungen nicht, weil sie folgenreich sind. Was genau z. B. soll Ihre Assistentin dem Mandanten sagen, wenn Sie zum dritten Mal „keine Lust“ hatten, diesen Anrufer entgegen zu nehmen oder zum vierten Mal nicht zurück gerufen haben? Die Weisung „Sagen Sie irgendwas!“ verschärft das Problem erheblich, weil Sie Ihre eigene Verfehlung

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... promotet schon durch ihre Meldung die Kanzlei!

„Anwaltskanzlei Berger und Partner, mein Name ist Petra Schulz. Guten Morgen!“ ist eine perfekte Meldung, vorgetragen lächelnd, frisch und deutlich. Der Nachname ist abgesetzt. Überlegen Sie bei langen Kanzleinamen, ob er abgekürzt werden darf bei der Meldung. Bei Empfangstelefonaten darf bei hohem Telefonaufkommen der Nachname fehlen. Sorgen Sie durch ein Schild auf dem Empfangstisch mit dem Namen der Empfangs-Dame für eine freundliche, persönliche Ansprache. Einen Verstoß gegen Ihre

Foto: Hans Peter Reichartz . pixelio.de

Schweigepflicht begehen Sie, wenn im Empfang wartende Mandanten Nachnamen anderer Mandanten am Empfangs-Telefon mithören können.

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... wird durch Sie dem neuen Mandanten vorgestellt!

Enorme Vorteile auf allen drei Seiten bringt das folgende Vorgehen: Das Erstgespräch ist zu Ende. Sie erklären dem Mandanten, dass Sie ihm nun noch Ihre Assistentin vorstellen möchten und erläutern, während diese nach der Begrüßung den Dienst- und den Honorarvertrag sowie ggfs. die Hausaufgabenliste „für seine Akten“ kopiert, die genaue Arbeitsteilung in Ihrem Team: „Frau Bertram arbeitet schon drei Jahre für mich. Sie ist zuständig für die Abschriftenversendung, für die Terminsvergabe, für Auskünfte aus der Akte. Sie weiß immer genau, ob Ihr Gutachten schon eingetroffen ist. Sie weiß alles Organisatorische. An mich wenden Sie sich bitte wegen aller rechtlichen und taktischen Fragen“. Sofern allerdings der Mandant unterwegs zum Vorzimmer Namen von anderen Mandanten lesen kann (Verstoß gegen Schweigepflicht!), holen Sie Ihre Assistentin ins Besprechungszimmer.

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4)

... schreibt eine Begrüßungsmail an den neuen Mandanten!

Der neue Mandant hat gerade den Vertrag unterschrieben und verlässt Ihr Büro, da verfasst Ihre Assistentin per Mail – von ihrem Account aus (!) – folgenden Brief an den Mandanten: „Sehr geehrter Herr Weißkirch, auch ich freue mich auf unsere neue Kooperation. Mit herzlichen Grüßen, Ihre Sybille Bertram (Assistentin von Herrn Rechtsanwalt Dr. Burgner). Vorteil: vermeidet Telefonhäufung. bis zu 50 % aller organisatorischen Anfragen – auch Terminwünsche! - kommen dann per Mail, so dass die Assistentin diese bearbeiten kann, wenn sie gerade nicht telefoniert.

5)

... verwendet elektronische Nachrichtensysteme wie Outlook!

Die Zeit der rosa Telefonzettel und die der geschmäcklerisch motivierten Verweigerer moderner Technik ist vorbei. Richten Sie in allen Computern zumindest Outlook ein, für Rückrufbitten (mit Lesebestätigung!), Abwesenheitsmeldungen sowohl an Ihre Assistentin (Wann sind Sie weg, wann kommen Sie wieder?) als auch an Mandanten (=out of office reply) und für Mandantendaten. Damit gehören Formulierungen am Telefon wie: „Ich muss mal sehen, ob er da ist“ – ebenso wie dauernde Lügerei – der Vergangenheit an. Stimmen Sie alle Anwälte darauf ein, einen Computer auf dem Schreibtisch zu haben und ihn auch zu bedienen.

6)

... macht Terminvereinbarungen!

„Wenn ich das alles richtig verstanden habe, benötigen Sie dringend einen Termin bei unserem Spezialisten für Verkehrsrecht (oder „Fachanwalt für...“ Was anderes haben Sie nicht!), den Herrn Rechtsanwalt Burgner (Namen sagen!). Ich habe schon mal in seinem Kalender geschaut und zwei Termine für Sie zur Auswahl gefunden. Der erste ist schon Freitag um 14.30 Uhr, der zweite wäre in der nächsten Woche am Dienstag um 15.15 Uhr. Welchen nehmen Sie?“ Diesen Text soll Ihre Assistentin auswendig lernen. In manchen Rechtsgebieten empfiehlt es sich, zuvor nach der generell besten Terminszeit zu fragen: „Passt es Ihnen besser vormittags oder nachmittags?“

7)

8)

... erfragt den Kern des Falles / Wunsches und leitet diesen an Sie weiter!

Dieser Punkt ist wichtig, damit der Mandant nichts zweimal sagen muss. Wenn Sie zurückrufen oder Ihr Erstgespräch beginnen, lesen Sie dem Mandanten seinen Fall vor und fragen ihn: „Meine Assistentin Frau Berger hat mir schon aufgeschrieben, dass Sie.....Stimmt das alles so?“

Ihre beiden(!) Rückrufnummern notieren, unter denen WIR (!) Sie bis 18 Uhr zurückrufen können. Ist Ihnen das Recht?“ c) „Keine Ahnung. Da müssen Sie noch mal anrufen.“ wird zu: „Ich weiß das momentan nicht. Wissen Sie was? Ich mache mich schlau und rufe Sie bis 15 Uhr zurück. Ist Ihnen das recht?“

11) 9)

... gibt dem Mandanten „Hausaufgaben“ für das Erstgespräch!

„Darf ich Sie bitten, drei Dinge zu Ihrem Gespräch mitzubringen? Dann geht alles viel schneller. (Nutzenargumentation) Haben Sie etwas zu schreiben? (warten). Also erstens den Kaufvertrag. Dann die x-Urkunde und drittens die y-Korrespondenz. Schaffen Sie das alles bis Donnerstag 14.30 Uhr?“ (Termin wiederholen und Kontrollfrage). Teilen Sie bitte Ihrer Assistentin mit, welche Unterlagen sie für das erste Gespräch anfordern soll.

10) ... sagt niemals ein „Nein“ ohne Lösung! a) „Herr Berger ist leider in einer Besprechung.“ (Es wird keine Lösung für das Nein geboten und „leider“ ist hier semantisch unsinnig, denn sie bedauert hoffentlich nicht, dass ihr Chef seine Arbeit macht) wird zu: „Herr Berger ist in einer Besprechung, so dass ich Sie leider nicht direkt mit ihm verbinden kann. Darf ich mir notieren, wie wir helfen können? Dann geht es nachher schneller für Sie.“ (Nutzenargumentation!!) b) „Das ist nicht möglich. Der (!) ist bis morgen Mittag außer Haus“ wird zu: „Der Herr Rechtsanwalt Dr. Burgner ist bis morgen Mittag auf einem Kongress; deshalb (niemals ABER!!) würde ich mir gern

... kann Angriffe neutralisieren und Beschwerden nutzen!

„Der ist auch nie da!“ (Unspezifizierte und unquantifizierte Attacke) wird gekontert durch: „Wann hatten Sie versucht, uns zu erreichen?“ (wenn keine Verfehlung der Kanzlei im Hintergrund ist). Fragetechnik: „Was kann ich tun, um Ihnen zu helfen?“ „Wie wollen wir verbleiben?“ „Was kann ich noch für Sie tun?“ „Was darf ich ausrichten?“ Diese Technik der Frage zwingt Angreifer zum Denken und minimiert Widerstände und schlechte Laune. Ihre Assistentin entschuldigt sich dagegen sofort, wenn in der Kanzlei ein Fehler passiert ist (am schlimmsten: gebrochenes Versprechen): „Es tut mir wirklich leid, das zu hören, und ich möchte mich für die ganze Kanzlei dafür entschuldigen, dass das passiert ist. Es ist gewiss nicht im Sinne der Kanzlei. Deshalb meine Frage: Wie sollen wir jetzt verbleiben?“

12) ... spricht nicht über Honorare! Ausnahme: „Bei manchen unserer Mandanten hat ein einziges Gespräch ausgereicht, und das kostet maximal 190 Euro. Generell gibt nur der Anwalt darüber Auskunft und das auch erst, nachdem er die Aktenlage eingesehen hat. Alles andere wäre unseriös.“ Bitte auch dies auswendig lernen! Trainerin Johanna Busmann, Hamburg

Eine gute Assistentin sagt niemals NEIN, ohne eine Lösung anzubieten.

Foto: Rainer Sturm . pixelio.de

... bietet im Ersttelefonat eine PDF-Anfahrtskizze an!

„Darf ich Ihnen noch eine Anfahrtskizze per Mail übersenden? Dann wissen Sie gleich den Weg?“ Diese Frage dient hauptsächlich der Ermittlung der e-Mail Adresse, die sofort korrekt eingetragen wird.

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Die Haftung richtig beschränken Tipps für allgemeine Grundsätze und besondere Regelen

Neben unerlässlichen Maßnahmen wie beispielsweise einer ausreichenden Büro- und Fristenorganisation sowie einer kontinuierlichen Fort- und Weiterbildung sollte auch das Instrument der Haftungsbeschränkung im Rahmen der Mandatsbearbeitung zumindest in Erwägung gezogen werden. Zentrale Vorschrift ist insoweit der § 51 a BRAO, der seit der Neuregelung des Berufsrechts von Anwälten vom 02.09.1994 die vertragliche Haftungsbeschränkung für fahrlässig verursachte Schäden in verschiedenen Konstellationen erlaubt. Damit eine Haftungsbeschränkung jedoch nicht das Ziel verfehlt und vielleicht sogar genau das Gegenteil bewirkt, sind ein paar allgemeine Grundsätze und einige besondere Regelungen der drei Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung unbedingt zu beachten:

Individualvereinbarung, § 51 a Abs. 1 Nr. 1 BRAO

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§ 51 a Abs. 1 Nr. 1 BRAO erlaubt die schriftliche Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung im Einzelfall bis zu einer Höhe der Mindestversicherungssumme von derzeit 250.000 EUR.

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Die Möglichkeit zur Haftungsbegrenzung bezieht sich auf jegliche Formen der Fahrlässigkeit.

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Die Individualvereinbarung bedarf in jedem Fall der Schriftform. Damit die Haftungsbeschränkung mit dem Mandatsvertrag verbunden werden kann, empfiehlt es sich, letzteren ebenfalls schriftlich zu fixieren.

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Allgemeine Grundsätze

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Nur die Beschränkung der persönlichen Haftung, nicht auch der Haftung mit dem Gesellschaftsvermögen ist möglich.

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Nur die vertragliche, nicht auch die gesetzliche Haftung kann beschränkt werden. Eine Deliktshaftung kann also nicht ausgehebelt werden.

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Vollständige Haftungsausschlüsse sind unzulässig.

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Hinweise, nach denen für mündlich oder telefonisch erteilte Auskünfte keine Haftung übernommen wird, sind nicht wirksam.

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Eine wirksame Haftungsbeschränkung muss immer vereinbart werden.

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Eine Verkürzung der Verjährungsfristen von Regressansprüchen ist nicht möglich.

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Bei Mandaten mit Schutzwirkung zugunsten Dritter erstreckt sich eine Haftungsbeschränkung in der Regel auch auf die Dritten.

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Eine Unterschreitung der Grenze von 250.000 EUR ist unzulässig. Damit eine Einzelvereinbarung zur Haftungsbegrenzung nicht ihr Ziel verfehlt, muss sie mit dem Mandanten für jedes Mandat „ausgehandelt“ werden. Dies bedeutet, dass dem Mandanten selbst eine Gestaltungsmöglichkeit bei der Abfassung der Vereinbarung zukommen muss. Es reicht nicht aus, wenn ihm nur die Option eingeräumt wird, die ausformulierte Haftungsbegrenzung anzunehmen oder abzulehnen. Aus der Dokumentation des Anwalts sollte sich zu Beweiszwecken ergeben, dass die Vereinbarung tatsächlich „ausgehandelt“ worden ist.

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Empfehlenswert ist die Anforderung einer schriftlichen Bestätigung durch den Mandanten in Bezug auf die in den Anwaltsvertrag einbezogene Haftungsbeschränkung.

Haftungsbeschränkung auf den mandatsbearbeitenden Sozius, § 51 Abs. 2 BRAO

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Innerhalb von Sozietäten kann die persönliche Haftung auf die Mitglieder beschränkt werden, die die Bearbeitung des Mandats innehaben.

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Hierfür ist die Zustimmung des Mandanten auf einem gesonderten Blatt erforderlich.

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Die Begrenzung der persönlichen Haftung auf die das Mandat bearbeitenden Sozien ist mit den Optionen der Haftungsbeschränkung nach § 51 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BRAO kombinierbar.

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Es ist eine namentliche Benennung der Sozien erforderlich. Bearbeit jemand das Mandat, obwohl er nicht in der Vereinbarung benannt ist, läuft er Gefahr, trotz der Haftungsbegrenzung zu haften.

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Ein Austausch der Sozietätsmitglieder ist nur nach erneuter Zustimmung des Mandanten möglich.

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Die in der Haftungsbeschränkung aufgeführten Sozien müssen berufsrechtlich zur Ausübung des Mandats befugt sein.

Vorformulierte Haftungsbegrenzung, § 51 a Abs. 1 Nr. 2 BRAO

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Für alle Fälle der einfachen Fahrlässigkeit sieht § 51 a Abs. 1 Nr. 2 BRAO eine Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme von 1 Million EUR vor, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht.

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Schwierigkeiten kann die Abgrenzung zwischen leichter, mittlerer und schwerer Fahrlässigkeit bereiten, was einen Nachteil der vorformulierten Haftungsbegrenzung darstellen kann.

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Wichtig ist, dass der Mandant ausreichend Kenntnis von der Haftungsbeschränkung erlangt (vgl. § 305 BGB).

RAin Katrin Spelmeyer, HDI-Gerling, Hannover

Checkliste zur Haftung immer abarbeiten. Foto: Claudia Hautumm . pixelio.de

Ein Anwalt, dessen Arbeitsalltag in der Regel von Hektik und Zeitdruck geprägt ist, ist nicht zuletzt wegen der hohen Haftungsmaßstäbe einer Vielzahl von Fallstricken ausgesetzt.

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Autonärrin und Anwältin mit Leidenschaft Als Frau in einer Männerdomäne – ein Gründerinnenbericht

Inka Pichler hat schon als Schülerin und Studentin nebenbei in Autowerkstätten geschraubt. Heute ist sie Spezialistin für Verkehrsrecht.

Als ich hörte, dass sich diese Ausgabe um das Thema Mobilität dreht, war ich begeistert. Denn Mobilität ist mehr als nur von A nach B zu kommen. Es bedeutet Leidenschaft, Faszination und Liebhaberei. Egal ob zu Land, auf Schienen, zu Wasser oder gar in der Luft, es schließen sich überall die spannendsten Fragen an. Aber beginnen wir von ganz vorne.

Wie alles begann Als ich mich zu Beginn meiner Selbstständigkeit noch mit den Anträgen zur Ich-AG rumgeschlagen habe, stand für mich bereits eines fest: Ich wollte soviel wie möglich mit Fahrzeugen zu tun haben. Der Leidenschaft für PS-Stärken und der dahinter stehenden Technik frönte ich bereits während der Schul- und Studienzeit, als ich nebenher in einer Autowerkstatt gearbeitet hatte. Schon früh erfuhr ich, was ein wirtschaftlicher Totalschaden ist, als ich nämlich einen solchen käuflich erworben und mit Freunden „hergerichtet“ habe. Neben der Faszination für die Technik kam – fortan in meiner

studien- und referandarsbegleitenden Nebentätigkeit in einer Anwaltskanzlei - das Interesse fürs Verkehrs- und Versicherungsrecht hinzu.

Foto: privat

genug Zeit sich Werbeaufschriften an Autos anzusehen und einzuprägen. Kleiner Tipp: macht euch Listen (übers Anwaltssoftware oder Exel) über die Herkunft der Mandate, es ist unheimlich hilfreich um sein Werbe-Budget für das Folgejahr zu planen.

Der 1. Tag im eigenen Büro Vorab: ich hatte das Glück, dass mein Chef und Ausbilder mir die Möglichkeit gab, in seiner Kanzlei als Untermieterin und freie Mitarbeiterin tätig zu sein, so dass ich nicht nur ein Büro hatte, sondern auch dank ihm und dem Existenzgründerzuschuss die erste Zeit überstand. Da saß ich also an meinem ersten Tag an meinem eigenen Schreibtisch und war voller Tatendrang. Vor dem Fenster konnte ich mein Auto sehen, welches mit dem Aufdruck „Verkehrs & Versicherungsrecht“ sowie meiner Website versehen war. Kanzleiwerbeaufdruck auf dem Auto mögen nun einige entsetzt fragen? Zwar durchaus Geschmackssache – aber wirkungsvoll! Gerade in meinem ersten Jahr als Einzelkämpferin hatte ich rund 20% meiner Mandate darüber erhalten. Nicht wirklich verwunderlich, so oft wie man an Ampeln oder im Stau steht, haben potentielle Mandaten

Mein größter Fehler beispielsweise war es, Unmengen Geld in zu große Branchenbuchanzeigen zu investieren, die mir kaum Mandate einbrachten.

Akquise Es war für mich natürlich von unschätzbarem Vorteil, seit Jahren zum einen in einer Kanzlei gejobbt, zum anderen vorab zu Werkstätten und Sachverständigen Kontakte geknüpft zu haben. So stand das Telefon erfreulicherweise nicht allzu oft still. Obwohl es durchaus Tage gab, an denen man einige Stunden Däumchen gedreht und das Telefon angestarrt hat. Aber diese Zeit wurde dann rasch genutzt, um Akquise zu betreiben. Also aus Kostengründen ein elektronisches Vorzimmer geschaltet und auf Akquisetour gegangen.

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Mein Ziel war es von Anfang an mich zu spezialisieren, nicht in zu vielen Rechtsgebieten tätig zu sein. Voller Freude zog ich fortan einmal die Woche durch die schöne bayrische Landeshauptstadt an der Isar. Neben den Privatmandanten wollte ich vor allem Firmen mit PKW und LKW-Fuhrparks akquirieren. Es gleicht manchmal einem David gegen Goliath Kampf, da die meisten rundum durch Großkanzleien betreut werden.

tikunternehmen zum Mandantenstamm gehörten, erweiterte sich auch die Beratungsleistung. Neben der nationalen und internationalen strategischen Schadenregulierung – was zunächst meine Haupttätigkeit war – häuften sich transportrechtliche Probleme. Es kam Bahn- und Flugverkehr hinzu, so dass ich beschloss, einen Fachanwaltslehrgang für Transport- und Speditionsrecht zu machen. Hier ist es Geschmackssache welcher Lerntyp man ist, ob man einen Präsenz- oder Fernkurs anstrebt.

Breites Publikum Dienstleistung = Service Um ein breiteres Publikum auf die eigene Dienstleistung aufmerksam zu machen, bin ich bei Verlagen, Seminaranbietern und Dachverbänden vorstellig geworden, um mit Fachartikeln und Seminaren eine möglichst große Zielgruppe zu erreichen. Ich habe Probeartikel zu aktuellen Urteilen geschrieben, diese eingesandt oder bei direkten Terminen Ideen vorgestellt. Allerdings muss man gerade als „Neuling“ aufpassen, dass man sich nicht unter dem Wert verkauft. Man sollte abwägen, ob man ohne oder gegen geringes Honorar schreibt und referiert oder welche Honorare man nimmt. Durchaus üblich sind bei Artikeln Pauschalen für eine gewisse Zeichen- oder Seitenanzahl. Schließlich bie-tet man einen Mehrwert durch interessante Artikel, welche auf die Leser zugeschnitten sind. Bei Semi-naren gibt es oftmals Tagessätze. Seminare haben den entscheidenden Vorteil, dass man den persön-lichen Kontakt hat, die Teilnehmer Fragen stellen können sowie Gespräche entstehen, sodass auch das kostenlose Anbieten von Vorträgen lohnenswert sein kann. Apropos veröffentlichen: Auch Businessnetzwerke im Internet sind nicht zu unterschätzen, wenn man dort regelmäßig Beiträge schreibt.

Spezialisierung Mit den Veröffentlichungen kamen wie erhofft die Firmen. Da mehr und mehr Speditionen und Logis-

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Unsere Anwaltsleistung ist und bleibt eine Dienstleistung, in der der Mandant mit seinen Belangen an erster Stelle stehen sollte. Hauptaugenmerk und Qualitätsmerkmal ist und bleibt, der schnelle persönliche Draht zu den jeweiligen Ansprechpartnern. Ob Privat- oder Firmenmandant, es wird geschätzt, wenn man nicht im Sekretariat abblitzt, sondern einen Anwalt hat, der persönlich für die Probleme da ist. Und wenn dieser keine Terminsvertetungen wünscht, fahre ich auch mal zu Gerichtsterminen quer durch Deutschland. Das versteht der Mandant als Serviceleistung und ist auch bereit, dafür zu zahlen. Gerade in den ersten Jahren hat man für diesen Luxus noch Zeit.

Erweiterung Doch als Einzelkämpfer gerät man früher oder später an seine Grenzen. Bei mir war dieser Punkt nach gut zwei Jahren erreicht. Ich musste eingestehen, dass die Firmen auch in anderen Rechtsgebieten vom Arbeitsrecht über gewerbliches Mietrecht zum Wettbewerbsrecht Beratung benötigen. So beschloss ich, mich mit Kollegen im Rahmen einer Sozietät zusammenzuschließen. Gesagt, getan. Über die FORUMs-Anwaltsliste bin ich auf meine jetzigen Kollegen und Partner gestoßen, die sich ebenfalls vergrößern wollten und mit denen unsere Rechtsgebiete sich optimal ergänzten. Fortan

haben wir gemeinsame Räumlichkeiten gesucht, mein Umzug von München nach Wiesbaden wurde gemeinsam organisiert und über die Bühne gebracht, und zum 1. August haben wir nunmehr unser einjähriges Jubiläum.

Mit Freude dabei Ich bin bis heute glücklich darüber, dass ich mein Hobby mit meinem Beruf verbinden konnte und tagtäglich mit Freude bei der Arbeit bin. Während andere Anwälte im Anzug Geschäftsessen haben, sehen mich beispielsweise die Mandanten in Jeans am Nürburg- oder Hockenheimring. Ich bin live beim Geschehen dabei, kenne sogar viele Fahrer aufgrund von Seminaren oder LKW-Fahrsicherheitstrainings persönlich. Gerade als Frau in einer Männerdomäne hat man manchmal hart zu kämpfen. Die Transportrechtsbrache ist ein spezieller Zweig, dessen Eigenheiten man kennen und mögen muss. Eine Vielzahl der Firmen sind oftmals Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts als kleine Unternehmen mit ein bis zwei Fahrzeugen gegründet worden und damit traditionelle Familienunternehmen, die gefestigte Strukturen aufweisen. Dieser Charme in der Führungsebene hält oftmals bis heute an, so dass der persönliche Kontakt nicht nur wichtig und sinnvoll ist, sondern auch unglaublich Spaß macht! Neben dem ständigen Email-Verkehr steigen wir also ab und an ins Auto, um den persönlichen Kontakt zu pflegen, fahren quer durch die Republik zu den Mandanten, was nicht selten zu spannenden Werksführungen führt. Alles in allem kann ich nur sagen: Liebe Kollegen, seid in Rechtsgebieten tätig, in denen ihr euch wohl fühlt und die euch Spaß machen! Die Mandanten schätzen nach meiner bisherigen Erfahrung Anwälte, die sie selbst sind, die nicht nur fachlich, sondern auch zwischenmenschlich überzeugen, indem sie einfach authentisch sind. RAin Inka Pichler, Wiesbaden

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Der erreichbare Anwalt - Wie kleine und mittelständische Kanzleien ihren Wettbewerbsvorteil ausbauen können

In den letzten Jahren hat sich der Anwaltsmarkt in Deutschland grundlegend verändert. Mobilität und reibungslose Kommunikation haben deutlich an Bedeutung gewonnen. Oft werden Anwälte und Rechtsexperten für Beratungen in die Firmen ihrer Kunden geholt und arbeiten dadurch außerhalb ihrer Büros. Mobilität und Flexibilität sind für Rechtsberater und Anwälte keine Luxusfrage mehr, sondern ein essentiell gewordenes Geschäftsmodell.

Die Ergebnisse einer von der Neuen Juristischen Wochenschrift im Auftrag des BlackBerry-Herstellers Research In Motion durchgeführten Studie zeigen, dass der deutsche Anwaltsmarkt reagiert hat und zunehmend auf flexible, mobile Arbeitsprozesse setzt, um so Erreichbarkeit und Produktivität zu steigern. 250 Anwälte aller Schwerpunkte, Altersklassen und Kanzleigrößen beteiligten sich zwischen dem 1. Mai und dem 1. Juni 2009 an der Befragung.

Auszug der Ergebnisse:



Fast 90 Prozent der Befragten waren sich einig, dass sich mobiles Arbeiten positiv auf die Zufriedenheit der Klienten auswirkt.



87 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass die Möglichkeit, auch außerhalb des Büros arbeiten zu können, aus geschäftlicher Sicht sehr wichtig oder wichtig ist.



Sicherheit, Funktionsumfang und Betriebskosten sind in den Augen deutscher Anwälte die wichtigsten Kriterien einer Kommunikationslösung für ihre Kanzlei.

Flexible mobile Kommunikationslösungen bieten Anwälten einen echten Mehrwert und steigern ihre Produktivität außerhalb des Büros deutlich. Mit der richtigen Lösung werden Anwälte unabhängig vom Schreibtisch in der Kanzlei, verbessern ihre Wettbewerbsposition und amortisieren die Investitionen in kurzer Zeit durch exzellenten Return on Investment.

Die Ergebnisse der Studie hat Research In Motion in einem Whitepaper zusammengefasst, das Sie unter http://tinyurl.com/WhitepaperBB kostenlos herunterladen können.

FORUM Junge Anwaltschaft im DAV

Das FORUM ist: Die Stimme der jungen Anwälte. Eine der größten Arbeitsgemeinschaften innerhalb des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Das Forum bietet: Fortbildungen. Netzwerke. Lobby. Starthilfe. Antworten und Hilfe für den Berufsstart und die ersten Berufsjahre.

Eine Mitgliedschaft zahlt sich aus: Vorteile für alle Anwälte, Assessoren und Referendare bis 40 Jahre (Diese Vorteile bietet nur das FORUM Junge Anwaltschaft)

Kostenlos: Anwaltsmagazin AdVoice Mit Schwerpunktthemen, Erfahrungsberichten, unterhaltsames und wissenswertes aus der Anwaltschaft, Mitgliederinformationen und natürlich viel Service: Checklisten, Fachanwaltssteckbriefe, Steuerinfos, Tipps zur Haftungsvermeidung u.v.m.

Vertretung der Interessen der jungen Anwaltschaft in der Berufspolitik und der anwaltlichen Selbstverwaltung

Teilnahme an der Mailingliste Fachliche Unterstützung durch Kollegen, Antworten auf fast jede Frage des Anwaltsalltags, Terminvertretungen, Fällen von Kollegen

VORTEILE für alle die (noch) nicht im DAV sind

günstige Konditionen für die Berufshaftpflichtversicherung Mit HDI-Gerling besteht ein Abkommen exklusiv für FORUMsmitglieder mit hohem Sparpotenzial Fortbildung: eigene Seminare und günstigere Konditionen bei anderen Anbietern z.B. Mitglieder-Rabatt teilweise bis zu 50% bei der Deutschen AnwaltsAkademie Netzwerk und Erfahrungsaustausch national Regelmäßige Stammtische in den allen LG-Bezirken. Kontakte zu örtlichen und überörtlichen jungen Kolleginnen und Kollegen. Regionalbeauftragte als Ansprechpartner, die Euch gern vor Ort weiter helfen. Netzwerk international Länderbeauftragte als Ansprechpartner bei grenzüberschreitenden Rechtsproblemen. Kontakte zu internationalen Organisationen junger Anwälte und Mitgliedschaft in der European Young Lawyers Bar Association.

Vergünstigte Teilnahme beim Anwaltstag z.B. 2009: 49,00 € statt 89,00 € für DAV-Mitglieder

Kostenlos: 11x jährlich das Anwaltsblatt günstige Konditionen des DAV (http://anwaltverein.de/leistungen/rabatte) · Auto & Verkehr: z.B. Sonderboni beim Autokauf, vergünstigte Mietewagen · Hotels: Mitgliederrabatte des DAV in vielen Hotels · Fortbildung/Webdienste: z.B. juris DAV · Kommunikation: Rahmenabkommen für Mobilfunk-Rabatte · Versicherungen: z.B. bei der Krankenversicherung und Altersversorgung Rahmenabkommen für kostenlose Kreditkarten NJW-Abo-Ermäßigung um 22 € jährlich (Referendare erhalten vom Verlag weitere Ermäßigungen) VORAUSSETZUNGEN für eine Mitgliedschaft: Anwältin/Anwalt unter 40 Jahren, Referendare und Assessoren Jährlicher Mitgliedsbeitrag 50,00 € Ermäßigungen auf 25,00 €: 1. bei Eintritt ab Juli eines Jahres 2. für Mitglieder eines dem DAV angeschlossenen Anwaltvereins

Beitritt online: www.davforum.de/anmeldung

Euer FORUM

Fälle von der FORUMs-Mailingliste Termine Die FORUMs-Mailingliste ist eines der hilfreichsten Instrumente des Anwaltsalltags. Alle erdenklichen Anwaltsthemen werden hier diskutiert, vom richtigen Einstieg in eine Fallbearbeitung über Fundstellen bis hin zur Organisation der Kanzlei gibt es fast immer eine konkrete Antwort. Wir stellen in loser Folge Fragen und Antworten vor, die auf der Liste gestellt wurden:

Die Frage Wie würdet Ihr das Kostenrisiko bei einer unbezifferten Schmerzensgeldklage unter PKH-Bewilligung einschätzen? Wenn das zugesprochene SchmG den in der Begründung dargelegten, für angemessen erachteten Betrag unterschreitet, werden dann die Kosten gequotelt und der Mandant muss die Kosten der Gegenseite tragen oder ist man tatsächlich vollumfänglich vor den Kosten des Gegners geschützt, Hauptsache man unterliegt nicht vollumfänglich? Das kann ich gar nicht glauben ...

Eine Antwort Die maßgebliche Norm ist § 92 II Nr. 2 ZPO. Im Musielak, ZPO, § 92 Rz.7 heißt es dazu: "... ist die Unterschreitung [des vorgeschlagenen Betrages] nicht mehr unwesentlich, scheidet eine Kostenbelastung allein des Beklagten aus. Es ist dann § 92 Abs. 1 anzuwenden. Die entscheidende Grenze wird zuweilen mit 20 bis 33 % angegeben (Röhl ZZP 85, 52, 75 f.; OLG Köln VersR 1995, 358 f.). Feste Prozentsätze erscheinen im Hinblick auf die Gebührendegression nicht sachgerecht. Es sollte deshalb § 92 Abs. 2 angewendet werden, wenn die Zuvielforderung des Klägers auf einem verständlichen Schätzfehler beruht (Gerstenberg, NJW 1988, 1352, 1357). Davon abgesehen muss § 92 Abs. 2 jedenfalls ausscheiden, wenn die Überschreitung 100 % beträgt (OLG Köln ZfS 1994, 362 f.)." Ich denke, wenn eine realistische Größenordnung genannt wird, die ggf. auf die einschlägigen Tabellenwerke gestützt wird, kann wohl kaum etwas schief gehen.

22. September 2009 FORUM + 3 50667 Köln, Kolping Hotel, Am Römerturm, St. Apern-Str. 32 http://www.davforum.de/forumplusdrei0/ Seminar ist ausgebucht

24./25. September 2009 2. Europäisches Anwaltsforum Weitere Informationen sind über die Geschäftsstelle des Kölner Anwaltvereins oder unter: www.koelner.anwaltverein.de erhältlich.

30./31. Oktober 2009 Existenzgründerveranstaltung – Seminar für Berufseinsteiger Timmendorfer Strand http://www.davforum.de/908/

7. November 2009 Karrieretag für Referendare und junge Anwälte. Hamburg, Grundbuchhalle des Ziviljustizgebäudes 9:00 bis 17:00 Uhr

ZUM VORMERKEN:

4./5. Juni 2010 Geburtstagsfeier 15 Jahre FORUM Berlin

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Euer FORUM

Ehe und Familie FORUM in Kiel Studienreise Griechenland Stand gut besucht

Fortbildung und Erholung - Studienreise nach Griechenland.

Präsent am FORUMs-Stand: Kollege Triltsch aus Kiel.

„Ehe und Familie im Wandel der Zeit“ – so lautete das Thema einer gemeinsamen Studienreise der ARGE Familienrecht Ende Mai dieses Jahres nach Griechenland. Als Referentin konnten dafür Frau Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, Richterin am BVerfG gewonnen werden. Sie berichtete über Ehe und Familie aus Sicht unserer Verfassung. Des Weiteren referierte Herr Eckart Hohmann, Präsident des Statistischen Landesamtes Wiesbaden und stellv. Vorsitzender des Rates für Sozial- und Wirtschaftsdaten über die Ehe und Familie in Zahlen. Frau Dr. Elisabeth Unger, Rechtsanwältin aus Hamburg, gab einen geschichtlichen Überblick über das Thema Ehe und Familie. Aus europäischer Sicht referiert Dr. Jens M. Scherpe, von der University of Cambridge über Ehe und Familie in Europa. Insgesamt haben an der Studienreise 60 Anwältinnen und Anwälte aus ganz Deutschland teilgenommen, teilweise auch in Begleitung.

Am 03.06.2009 fand im Kieler Schloss der 1. Schleswig-Holsteinische Anwalts- und Notarkammertag mit geschätzten 130 Teilnehmern statt. Hier war das FORUM mit einem eigenen Stand vertreten, welcher viel Beachtung fand. Dies zeigte sich zunächst daran, dass der Stand in den Tagungspausen gut besucht war.

Obwohl die Gruppe damit recht groß war, ließ sich schnell zu jedem „Griechen“ ein Draht finden. Gerade die jüngeren Kolleginnen und Kollegen, noch leider in Unterzahl, hatten somit Gelegenheit interessante Kontakte zu den alten Hasen zu knüpfen. Neben den wirklich interessanten Vorträgen der Referenten blieb genug Zeit zum Entspannen und Seele – baumeln – lassen. Da wir das direkt am Meer gelegene Hotel fast für uns allein hatten, wurde unserer Gruppe jeder Wunsch von den Lippen abgelesen.

Anschließend fand die Mitgliederversammlung des Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerkes für Rechtsanwälte statt. Der Versuch des FORUM, ein Mitglied in den Verwaltungsausschuss des Versorgungswerkes wählen zu lassen, war leider nicht erfolgreich. Unser Kandidat Ulf Schönenberg-Wessel bekam aber immerhin respektable 29 Stimmen. Der Gegenkandidat und Amtsinhaber brachte es auf 85 Stimmen. Die Kandidatur des Kollegen Schönenberg-Wessel fand ebenfalls Eingang in das Rundschreiben „Kammer Online 4/2009“.

Die Studienreise nach Griechenland war somit mal wieder eine perfekte Mischung aus erstklassiger Fortbildung und Erholung. Es lohnt sich daher auch für jüngere Kolleginnen und Kollegen mit zu fahren, da die Kosten wirklich überschaubar sind und man auch zu der Fortbildung einen schönen Urlaub dazu bekommt.

Darauf folgten Vorträge zum Thema „Virtuelle Berufsausübung - vom Nutzen der elektronischen Signatur“ sowie zum Thema „RVG richtig angewandt - die schlüssige Gebührenklage“, „Wenn ich groß bin, möchte ich Notar werden“, Die Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat sowie zum Thema „Wenn der Wind aus Brüssel weht“.

RAin Carmen Grebe, Köln

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Außerdem schrieb die Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer in ihrem Rundschreiben „Kammer Online 4/2009“ u. a.: „Besonders hervorzuheben sind Präsenz und Engagement unserer jungen Kolleginnen und Kollegen, die für das Forum Junger Anwälte im DAV warben“. Der 1. Schleswig-Holsteinische Anwalts- und Notarkammertag begann mit einer Rede des Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer, Herrn Rechtsanwalt Axel C. Filges, zum Thema „Rechtspolitik in Berlin Wir Anwälte haben etwas zu sagen!“

RA Dr. Christoph Triltsch, Kiel

Regionalbeauftragte gesucht! Regionalbeauftragte gesucht! An alle FORUMskolleginnen und -kollegen in den LG-Bezirken Amberg, Bückeburg, Cottbus, Kleve, Landau, Memmingen, Rottweil und Stendal! In diesen Bezirken ist die interessante Position des Regionalbeauftragten nicht oder nur kommissarisch besetzt. Welche engagierten FORUMs-Mitglieder möchsten diese Lücken schließen? Der Regionalbeauftragte ist der Ansprechpartner des FORUM Junge Anwaltschaft vor Ort und organisiert in erster Linie den monatlichen Stammtisch zur Vernetzung der Mitglieder im eigenen Landgerichtsbezirk. Als RB bist du auch die Schnittstelle zwischen dem geschäftsführenden Ausschuss und den Mitgliedern, vor Ort und stehst in Kontakt mit den anderen RBs im Bundesgebiet. Das FORUM lebt von der Vernetzung aller Mitglieder, und der Regionalbeauftragte ist ein wichtiges Bindeglied vor Ort. Der Job macht Spaß und bringt jede Menge Kontakte mit sich.

Regionalstammtische Für fast alle in fast allen LG-Bezirken findet Ihr die Orte und Termine im Internet www.daforum.de/322, u. a. Berlin: an jedem 3. Montag des Monats um 19.30 Uhr in der Gaststätte „Cum Laude“ (im Salon) in der Universitätsstraße Hamburg: an jedem 1. Montag eines Monats um 19.30 Uhr im Parlament (www.parlamenthamburg.de) Rathausmarkt 1 Frankfurt am Main: an jedem 1. Mittwoch des Monats, 20.00 Uhr in wechselnden Lokalen. mail an [email protected] Dortmund: an jedem 1. Donnerstag im Monat ab 19.30 Uhr im Café Endlos in der Kaiserstraße/Ecke Goebenstraße Düsseldorf: an jedem 2. Mittwoch des Monats um 20.00 Uhr in der Gaststätte Schwan am Burgplatz in der Mühlenstr. 2 Köln: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab 19.30 Uhr in Hellers Brauhaus, Roonstraße 33 München: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab 19.30 Uhr in der Gaststätte „Marktwirt“ in der Heiliggeiststraße 2 in München (Viktualienmarkt)

Schreibt uns ... … Euer Lob, Eure Kritik und Eure Anregungen. Die AdVoice lebt von Euch! Infos und Themen, die Euch wichtig sind und natürlich Eure Beiträge schickt Ihr an: [email protected]

Euer FORUM

Regional- und Länderbeauftragte stellen sich vor

RAin Christine Zech für den LG Bezirk Dresden

RA Thomas Klimes Slowakei als attraktiver Wirtschaftsstandort

Burg in der Altstadt von Bratislava.

RA Servet Pinarak Türkei – mehr als ein Reiseziel

Istanbul am Bosporus

Als neue Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk Dresden übernehme ich das Amt von RA Stefan Paul, der mir aufgrund des Erreichens der magischen Altersgrenze seine Nachfolge angetragen hat. Ich bin 30 Jahre jung und habe in Dresden und Wellington (NZ) studiert. Nachdem ich zunächst im Insolvenzbereich tätig war, habe ich nunmehr meinen Schwerpunkt auf das gewerbliche Mietrecht verlagert. Hier berate und betreue ich als selbstständige Rechtsanwältin der Sozietät CSC Rechtsanwälte in Dresden vorrangig Filialisten im gesamten Bundesgebiet.

Seit zwei Jahren bin ich Mitglied des FORUM und des hiesigen Stammtisches. In wechselnden Lokalitäten unserer schönen Landeshauptstadt findet hier regelmäßig der Erfahrungsaustausch unter Kollegen statt. Mein Ziel ist es, neue Mitglieder zu gewinnen und den Stammtisch und das gemeinsame Netzwerk kontinuierlich auszubauen. Dabei sollen insbesondere die Referendare als unsere künftigen Kollegen/innen stärker eingebunden werden. Darüber hinaus sind weitere gemeinsame Veranstaltungen geplant.

Was verbindet dich mit dem Land? Insbesondere meine Kindheit, Familie, Freunde und die Wahlstation meines Referendariats bei der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer in Bratislava.

gerechnet werden; ein Zivilprozess dauert im Durchschnitt vier Jahre. Mit der Zwangsvollstreckung („Exekution“) kann sowohl das jeweilige Kreisgericht oder aber der Gerichtsvollzieher beauftragt werden. Letzterer ist zwar teurer, in der Regel aber auch erfolgreicher. Es herrscht mit Ausnahme des Strafrechts und der Revision in Zivilsachen - kein Anwaltszwang.

Was sollte ein deutscher Anwalt über die Slowakei wissen? Die Slowakei ist, nicht zuletzt aufgrund der EUMitgliedschaft, der Einheitssteuer („Flat Tax“) von 19 Prozent sowie der Mitgliedschaft in der Eurozone, ein attraktiver Wirtschaftsstandort für deutsche Unternehmen. Ein Bindeglied zwischen den beiden Ländern sind die etwa 5.000 Karpatendeutschen in der Slowakei sowie rund 30.000 slowakische Emigranten in Deutschland. In der Slowakei muss mit einer langen Verfahrensdauer

Was verbindet Dich mit dem Land? Meine Kindheit habe ich in Istanbul verbracht und bis zu meinem zwölften Lebensjahr dort die Schule besucht. Einen Teil meines Referendariats verbrachte ich in einer der ältesten und größten Kanzleien in Istanbul. Was sollte ein deutscher Anwalt über die Türkei wissen? Das Rechtssystem in der Türkei ist mit dem europäischen Rechtssystem enger verbunden als manch einer denkt. Nach der Gründung der Republik Türkei wurden das Zivilrecht aus der Schweiz, das Strafrecht aus Italien und das Handelsgesetzbuch aus Deutschland mit wenigen Änderungen fast vollständig übernommen. Obwohl die Türkei kein Mitglied der EU ist, so werden viele Gesetze und Richtlinien der EU auch in der Türkei

[email protected]

Wie kannst Du bei einem internationalen Rechtsproblem helfen? Ich würde ein Rechtsproblem zunächst selbst zu lösen versuchen, andernfalls könnte ich auf mein Netzwerk von slowakischen Rechtsanwälten zurückgreifen und einen Spezialisten empfehlen. [email protected]

– nicht zuletzt getrieben durch die Aufnahmebemühungen – umgesetzt und an die europäischen angepasst. Schätzungen zufolge haben sich zirka 70.000 Deutsche in der Türkei niedergelassen. Die wirtschaftlichen Verflechtungen wachsen stetig. Die Zahl deutscher Unternehmen bzw. türkischer Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in der Türkei ist inzwischen auf über 3.600 gestiegen. Wie kannst Du bei einem internationalen Rechtsproblem helfen? Durch meinen Aufenthalt in der Türkei und die sehr engen Beziehungen zu ortsansässigen Rechtsanwälten kann ich als Bindeglied zwischen den beiden Ländern die richtigen Impulse setzen. www.hukuk24.com

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Euer FORUM

Leserbriefe

Zweifel an der RA-UG In der Advoice - Ausgabe 2/2009 hat Kollege RA Christian Weiß die Vorteile der neuen Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt) auch für Rechtsanwälte dargestellt. Es mag zwar zutreffen, dass Existenzgründer und Kleinunternehmen seit dem 1.11.2008 die Unternehmergesellschaft (UG) mit vielen Erleichterungen gründen können. Es bestehen jedoch große Zweifel, ob die UG für Rechtsanwälte die richtige Rechtsform ist. Die UG ist nicht neu, sondern lediglich eine Sonderform der GmbH. Nach den Vorschriften der §§ 59 c ff. BRAO können GmbHs, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, als Rechtsanwaltsgesellschaften (RAG) zugelassen werden. Dieser Antrag auf Zulassung einer RAG ist bei der jeweiligen RK zu stellen. Je nach Kammergerichtsbezirk müssen allerdings für die Zulassung einer RAG zirka 1.000 € Gebühren an die RK abgeführt werden. Darüber hinaus können Gesellschafter einer RAG nur Anwälte und sozietätsfähige Berufe sein. Die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte muss auch Anwälten zustehen. Damit bestehen bereits größere Schwierigkeiten bei der Beteiligung von Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern in einer GmbH. Auch die Geschäftsführer einer RAG müssen mehrheitlich Anwälte sein. Ein wesentlicher Nachteil der Rechtsanwalts-GmbH und der Rechtsanwalts-AG im Vergleich zu BGBGesellschaften oder Partnerschaftgesellschaften

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nach dem Partnerschaftsgesetz ist, dass die RAG an ihrem Sitz eine Kanzlei zu unterhalten hat, in der verantwortungsvoll zumindest ein geschäftsführender Anwalt tätig ist. Auch an den Zweigniederlassungen ist zumindest ein geschäftsführender Anwalt zu beschäftigen. Im Vergleich zu Einzelkanzleien, zur Partnerschaftsgesellschaft und den BGB-Gesellschaften sind dies deutliche Nachteile. Seit dem 1.7.2007 können Anwälte, BGB-Gesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften Zweigniederlassungen oder auswärtige Sprechtage einrichten. Wenngleich auch bei der Einrichtung von Zweigniederlassungen bestimmte Voraussetzungen gelten, so ist jedoch berufsrechtlich nicht zwangsläufig an der Zweigniederlassung auch ein Anwalt zu beschäftigen. Damit ist die Rechtsanwalts-GmbH an die Verpflichtung gebunden, an Zweigniederlassungen und dem Sitz jeweils Anwälte zu beschäftigen. Für die RAGs besteht die nach § 59 j BRAO bestehende Verpflichtung, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer der Zulassung auch aufrecht zu erhalten. Die Mindestversicherungssumme bei RAGs beträgt 2.500.000 EUR für jeden Versicherungsfall. Darüber hinaus ist vorgeschrieben, dass sich die Jahreshöchstleistung mindestens auf den 4-fachen Betrag der Mindestversicherungssumme belaufen muss. Bereits bei den Prämien der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 2.500.000 EUR entstehen bei Existenzgründern, die eine Rechtsanwalts-UG wählen, hohe Anfangskosten. Darüber hinaus darf nicht

vergessen werden, dass die Gesellschafter und die Geschäftsführer neben der Gesellschaft persönlich in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes haften, wenn die Berufshaftpflichtversicherung nicht oder nicht in dem vorgeschriebenen Umfang unterhalten wird. Der unzureichende Versicherungsschutz bei einer Rechtsanwalts-UG hat damit existenzbedrohende Haftungsfolgen. Neben den berufsrechtlichen Formalien ist bei einer Rechtsanwalts-UG auch zu berücksichtigen, dass man aufgrund der Rechtsform Pflichtmitglied in der Industrie- und Handelskammer ist und damit auch Beiträge abzuführen hat. Die Rechtsanwalts-UG ist grundsätzlich zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet. Bei Einzelkanzleien, BGB-Gesellschaften oder Partnerschaftsgesellschaften reicht in der Regel eine Einnahme-/ Überschussrechnung aus. Obwohl die Bilanzierung gewisse Vorteile bietet, ist damit auch ein gewisser organisatorischer und finanzieller Aufwand verbunden. Auf die besonderen Publizitätspflichten im Handelsregister wird ebenfalls hingewiesen. Damit unterliegen Rechtsanwälte bei der Wahl der UG als Unternehmensträgerin, unabhängig von der Größe des Unternehmens, den kaufmännischen Regeln (UG = Kaufmann kraft Rechtsform) sowie den für Kapitalgesellschaften bestehenden Offenlegungspflichten. Es dürfte sich als großer Nachteil erweisen, wenn die veröffentlichungspflichtigen Tatbestände wie z. B. Umsätze, über einen Blick ins Handelsregister von den Kollegen leicht eingesehen werden können.

Euer FORUM

Wählt man die UG als Rechtsform, unterwirft man sich automatisch der Besteuerung mit Gewerbesteuer. Gerade Anwälte üben einen freien Beruf aus und unterliegen grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer, wenn sie als Einzelanwalt, in der BGB-Gesellschaft oder der Partnerschaftsgesellschaft tätig sind. Ob unter diesen Gesichtspunkten für den jeweiligen Kollegen die UG als Rechtsform noch sinnvoll und wirtschaftlich erscheint, sollte jeder Kollege vor Gründung einer UG abwägen. RAin Noreen Loepke, Plauen

Nachdem bekanntlich Schelte wesentlich schneller ausgesprochen wird als Lob, habe ich mich entschlossen, jetzt mal bewusst hervorzuheben, wie sehr mir Eure Arbeit gefällt. Noch vor nicht allzu langer Zeit war die AdVoice eher unscheinbar, unstrukturiert und damit wenig attraktiv. Doch seit einigen Ausgaben hat sie eine völlig neue Gesamterscheinung, die mir höchsten Respekt abverlangt: Die Hefte sind mit Schwerpunktthemen versehen, die gut recherchiert und ausgewogen dargestellt werden. Hierdurch lohnt es sich nicht nur, das aktuelle Heft an Interessierte weiterzugeben, sondern überdies auch frühere Ausgaben aufzuheben und weiterzureichen, oft versehen mit dem Hinweis: „Das ist ein Heft speziell zum Thema XYZ (z. B.

Geld, Kanzleimanagement, Internationales o. ä.), da solltest du mal reingucken. Dann weißt du auch, was das FORUM als Organisation für seine Mitglieder so alles auf die Beine stellt.“ Kurz und gut: die AdVoice ist zwischenzeitlich ein Aushängeschild für das FORUM und sicherlich ein guter Weg, junge Kollegen auf diese Organisation aufmerksam zu machen sowie ihren (auch älteren) Lesern einen Mehrwert zu bieten. In diesem Sinne: macht weiter so! Es gibt immer noch genügend Themen, die für Eure Leser interessant genug sind, um in attraktiver Form zu Papier gebracht zu werden. RAin Carolin Ott, Landshut

Professionell „rüberkommen“ Diskussion zur Anwaltswerbung via Vorträgen im Web Im Advoice 2/09-Artikel zu Vortrag.tv wurde das Thema Vorträge im Web heiß diskutiert, ein wichtiges Thema war die Qualität des Auftritts, da schlecht gemachte Filme dem Vortragenden schaden könnten. Hierzu unser Tipp: Professionell „rüberzukommen“ ist kein Problem, z. B. mit einer Applikation, die Apples iPhone zum kinderleicht bedienbaren Teleprompter macht. Damit Sie sich ein eigenes Bild machen können, stellen wir den ersten 50 Advoice-Lesern das komplette Equipment leihweise zur Verfügung. Dafür und für die Nutzung von Vortrag.tv entstehen selbstverständlich weder Kosten noch andere Verpflichtungen. Henning Grimm, www.vortrag.tv

Ganz ehrlich: die AdVoice wurde immer besser und die Ausgabe, die ich heute morgen durchgesehen habe ist bis jetzt die beste. Toll gemacht. Danke. Genau so weiter! RA Holger Praetorius, Heidelberg

Also zunächst mal Gratulation zu der aktuellen Advoice - super interessante Themen! Das aktuelle Heft habe ich wirklich "verschlungen", da für einen jungen Anwalt wichtige Informationen "leicht verdaulich" dargeboten werden. Ich freue mich bereits jetzt auf die nächste Ausgabe und bin sehr gerne bereit, dieses Medium weiter auch tatkräftig mit zu unterstützen. RA Christian Weiß, Bonn

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Euer FORUM

FORUM meets ARGE Sportrecht Begeisterung auf der Leichtathletik-WM im Berliner Olympiastadion

Bekanntlich ist das FORUM immer daran interessiert, Kontakte zu den anderen Arbeitsgemeinschaften im DAV zu intensivieren und für unsere Mitglieder weiter auszubauen. So auch zum zehnjährigen Jubiläum der ARGE Sportrecht am 21./ 22. August in Berlin. Geboten wurde dort hochkarätige Fortbildung, etwa zum Thema „50+1 Regelung: Bundesliga ohne Investoren?“ und eine Podiumsdiskussion zu Ausländerklauseln und Investorenhemmnissen und der Frage: „Verbandsautonomie trotz Europa?“. Aber auch der gesellige Teil der Veranstaltung hatte es in sich. Cornelia Blankenfeld, im FORUM zuständig für die ARGE Sportrecht, verteilte zunächst kleine Geschenke an die Referenten, die auf dem diesjährigen DAT gemeinsam mit dem FORUM die Veranstaltung Seite an Seite – Betty Heidler und Silke Waterschek

„Sportrecht – ein Tätigkeitsfeld für junge Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte“ auf die Beine gestellt hatten. Dann ging es los. Der Besuch der Leichtathletik – WM im Olympia-Stadion in Berlin stand an. Wer gedacht hat, es könne Langeweile aufkommen, wenn man bei bei gefühlten 27 Grad besonders sportlichen Mitbürgern beim „Schnell-im-Kreisrennen“,„Über-die-Stange-springen“ und „Hammerdurch-die-Gegend-werfen“ zugucken soll, der hatte sich mächtig geirrt. 60.000 begeisterte Zuschauer haben die Mädels der deutschen 4x100 Meter Staffel regelrecht über die Ziellinie und zu Bronze geschrieen, Usain Bolt bei der gleichen Staffel der Männer zugejubelt und haben sich vor Freude in den Armen gelegen, als Betty Heidler es schaffte, Silber im Hammerwerfen der Frauen zu gewinnen. Im Anschluss der Wettkämpfe reihten wir uns in die Schlange der Autogrammjäger ein, mittlerweile um ein weiteres ehemaliges FORUMs-Mitglied verstärkt, das uns versprach, für ein Autogramm des Goldmedaillengewinners im Stabhochsprung, Steven Hooker aus Australien, zu sorgen. Todesmutig rief der Kollege, der dem englischen nicht unbedingt vollumfänglich mächtig ist, dem dann tatsächlich aufgetauchten Hooker hinterher: „My girl want to left me !!!“, um diesen zum Stehen bleiben zu bewegen. Das tat Hooker zwar nicht, er drehte sich aber augenblicklich nach uns um und hat sich dabei vor Lachen fast verschluckt. Auch Usain Bolt lief an uns vorbei, allerdings ohne auf unseren Autogrammwunsch einzugehen. Den erfüllte uns dann die bis über beide Ohren vor Glück strahlende Betty Heidler, der wir außer dem begehrten Autogramm auch ein offizielles Foto für die AdVoice abringen konnten genauso, wie ein Mitglied des drittplazierten Teams aus Großbritannien der 4x100 m Staffel der Männer. Fazit: Dank Connys engagiertem Einsatz als Ansprechpartnerin des FORUMs für die ARGE Sportrecht ist es uns gelungen, zu den Sportrechtlern ein herzliches und von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägtes Verhältnis zu entwickeln, das unseren Mitgliedern zugute kommt. Gemeinsame Veranstaltungen, von denen junge Kolleginnen und Kollegen, die im Bereich des Sportrechts tätig sind oder es künftig sein möchten, profitieren können, werden also ganz sicher wieder stattfinden. RAin Silke Waterschek Heilbronn

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Als Rechtsanwalt betreuen Sie Ihre Mandanten

ERFOLGREICH

sind Sie auch als Kanzleichef. Denn mit der DATEV-Software für Ihre Kanzlei haben Sie Akten, Abläufe und Finanzen jederzeit im Griff. Mit DATEV-Software für Kanzleiorganisation und Controlling führen Sie Ihre Kanzlei auch unternehmerisch erfolgreich. Denn die Software standardisiert und beschleunigt die internen Arbeitsabläufe. Und sie versorgt Sie jederzeit mit den aktuellen Daten. Zur Ertragslage der Kanzlei ebenso wie zum Aktenstatus und zu Fristen. So können Sie das Haftungsrisiko minimieren und sich ganz auf Ihre wichtigste Aufgabe konzentrieren – die anwaltliche Betreuung Ihrer Mandanten. Informieren Sie sich unter der Telefonnummer 0800 3283872. www.datev.de/anwalt

Bücher-FORUM

Werkstattbuch Mediation Hannelore Diez, 1. Aufl. 2004, 303 S., 34,80 Euro, Verlag Dr. Otto Schmidt Mediation ist eine außergerichtliche Konfliktlösung, der zunehmend Bedeutung beigemessen wird. Die Ausbildungszahlen haben bereits beachtliche Höhen erreicht, auch die allgemeine Ausbildungsliteratur wird zusehends unübersichtlicher. Das Werkstattbuch Mediation von Hannelore Diez fällt diesbezüglich etwas aus der Reihe, handelt es sich hierbei eben nicht um das typische „Was-ist-Mediation-Buch“, sondern um ein Arbeitsbuch, mit welchem bereits ausgebildete Mediatoren einen Leitfaden zur Erprobung verschiedener, interdisziplinär entwickelter Mediationstechniken in der Praxis erhalten. Das Buch beginnt mit einem exemplarischen Fall einer ErbMediation, der in Ablauf und Darstellung den üblichen fiktiven Fallbeispielen in der Mediationsliteratur ähnelt. Das folgende Kapitel der Werkstattmethoden kann als das Herzstück des Buches bezeichnet werden. Der Leser erhält eine gründliche Darstellung aller Elemente eines Mediationsverfahrens beginnend mit Hintergrundwissen über Konflikte im Allgemeinen sowie dem Selbstverständnis einer Mediation. Anschließend erläutert Diez die methodischen Grundbausteine der Mediation anhand der Begriffe Autonomie, Selbstbehauptung, Wechselseitigkeit sowie Gemeinsamkeit. Schließlich geht die Autorin sowohl auf die Prozess-Bausteine ein, welche die einzelnen Stadien eines Mediationsverfahrens auf die Handlungsmöglichkeiten des Mediators durchleuchtet als auch auf die technischen Bausteine, welche das Verhalten des Mediators einer kritischen Überprüfung unterziehen. Schließlich enthält das dritte Kapitel Praxismethoden angefangen mit Vorüberlegungen zur Vorbereitung eines Mediationsfalles bis hin zu Werbung, Marketing und Akquise. Schließlich finden sich auch sogenannte Praxismuster, eine umfangreiche Sammlung verschiedener Muster wie Mediationsvereinbarung, Organi-, Sozio- oder Genogramm sowie Vermögens- oder Einkommensaufstellung. Die mittlerweile verstorbene Hannelore Diez gehörte zu den Pionieren der Mediation in Deutschland. Sie war Autorin zahlreicher Publikationen und sammelte breite Erfahrungen in der Mediationsausbildung. In der Praxis war sie überwiegend im Bereich der Familienmediation tätig. Fazit: Das Werkstattbuch Mediation ist ein sehr praktisches Arbeitsbuch, das jedem Mediator nach der Ausbildung als ein guter Wegbegleiter für die Praxis dienen kann. Es lädt ein zum Ausprobieren, Selbstreflektieren und Vergleichen gängiger Mediationsmethoden. Durch den interdisziplinären Charakter des Werkes geht der Blick auch etwas über den Tellerrand hinaus. RA Florian Wörtz, Heilbronn

Formularbuch Außergerichtliche Streitbeilegung

Mietminderungstabelle Entscheidungssammlung in Tabellenform

Robert Walz (Hrsg.), 1. Aufl. 2006, 1.074 S. inkl. CD-ROM, 89,80 Euro, Verlag Dr. Otto-Schmidt

Cathrin Börstinghaus, 1. Aufl. 2009, 363 S. mit CD-ROM, 38,00 Euro, Verlag C.H. Beck

Im Alltag eines Rechtsanwalts spielt das Thema Außergerichtliche Streitbeilegung regelmäßig eine beachtliche Rolle. Statt den mühsamen Klageweg zu beschreiten, einigen sich die Konfliktparteien häufig bereits außergerichtlich durch Vergleich. Im Gegensatz zu den vielen Formularsammlungen mit Musterklagen oder zu spezifischen Rechtsgebieten gibt es jedoch im Bereich der Außergerichtlichen Streitbeilegung kaum Literatur. Dabei soll das Formularbuch Außergerichtliche Streitbeilegung gerade hierfür Abhilfe schaffen.

Das Wichtigste vorab: Endlich gibt es Mietminderungstabellen, mit denen man „richtig“ arbeiten kann.

In zehn Kapiteln wird das Instrumentarium der Außergerichtlichen Streitbeilegung umfassend dargestellt. Neben den wahrscheinlich praxisrelevantesten Kapiteln der Mediation, Schlichtungsverfahren und Schiedsgerichtsbarkeit enthält das Buch ein eigenes Kapitel zu Vergleichsvereinbarungen. Hierbei werden neben allgemeinen Vergleichsvereinbarungen auch Vergleichsvereinbarungen in den wichtigsten Rechtsgebieten dargestellt: Mietrecht, Werkvertragsrecht, Deliktsrecht, Grundstücksrecht, Familien- und Erbrecht, Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht. Sehr dankbar dürfte der Leser auch über das abschließende Kapitel des Vertragsvollzugs sein. Wie kann ich die Bedingungen meiner Vereinbarung sichern, wie sieht es bei den Vollmachten oder Treuhandgestaltungen aus? Dies alles sind wichtige Punkte, die eine gelungene außergerichtliche Streitbeilegung „abrunden“. Neben dem Herausgeber selbst – einem Münchner Notar – sind weitere 8 von insgesamt 15 Autoren Notare, alle weiteren Autoren sind Anwälte. Die Autoren pflegen einen präzisen und leicht verständlichen Sprachstil. Neben den zahlreichen Mustern selbst finden sich eine Vielzahl an Anmerkungen zu den einzelnen Klauseln sowie viele Erläuterungen in Form von Einführungen, die neben einem passenden Muster auch gleich die Thematik erklären und das Problembewusstsein schärfen sollen, um einem „blinden“ und unsinnigen Gebrauch der einzelnen Musterformulare vorzubeugen. Fazit: Das Formularbuch Außergerichtliche Streitbeilegung ist ein sehr praktischer und kompetenter Leitfaden. Das PreisLeistungs-Verhältnis ist sehr ansprechend. Im Hinblick auf mögliche Haftungsrisiken bei außergerichtlicher Streitbeilegung ist dieses Werk eigentlich schon ein Muss für jede Kanzlei-Bibliothek. RA Florian Wörtz, Heilbronn

Wer ein weiteres Werk von Herrn Börstinghaus erwartet, wird allerdings enttäuscht, denn das Buch ist von seiner Tochter. Der Vater hat aber immerhin die Einführung in das Recht der Mietminderung geschrieben. Womit man auch schon bei der Gliederung wäre: Das Buch ist in zwei Teile gegliedert: - der erste Teil behandelt das Recht der Mietminderung (21 Seiten) - der zweite Teil enthält in fünf Tabellen die Entscheidungssammlung (341 Seiten). Bemerkenswert ist nicht nur die Auflistung nach Mängeln und deren jeweiligen Minderungsquoten, sondern die Unterteilung nach Gerichten und sogar nach Spruchkörpern. Der Nutzer kann sich „seinem“ Gericht und sogar einzelnen Richtern oder Kammern annähern. Man kann Unterschiede zwischen einzelnen Gerichten und Spruchkörpern herausarbeiten und zur Argumentation heranziehen oder auch Tendenzen ausmachen. Die einzelnen Tabellen beinhalten: Tabelle 1: Minderungsquoten nach Art des Mangels Tabelle 2: Minderungsquoten zugeordnet zum jeweiligen Spruchkörper Tabelle 3: Entscheidungen sortiert nach Mangel und Gericht Tabelle 4: Entscheidungen sortiert nach Gericht und Minderungsquote Tabelle 5: Entscheidungssammlung sortiert nach Minderungsquote Zudem sind in vielen Entscheidungen Auszüge aus dem Urteilstext enthalten, was die Arbeit erheblich erleichtert. Die Arbeit mit dem Buch erschließt sich von alleine. Meist reicht das Zusammenspiel aus Tabelle 1 und 5, was von der Art her an die bekannten „Schmerzensgeldstabellen“ erinnert. Die im Lieferumfang enthaltene CD-Rom erstellt auf MS ExcelBasis Minderungsberechnungen. Diese könnten übersichtlicher und anwenderfreundlicher gestaltet sein. Fazit: Das Buch „Mietminderungstabelle“ ermöglicht endlich systematisches Arbeiten, um Minderungsquoten zu ermitteln und mit Urteilen zu untermauern – und das bei Bedarf sogar nach Gerichten und Spruchkörpern unterteilt. Das Buch ist uneingeschränkt zu empfehlen. Der Fleißarbeit von Frau Börstinghaus gebührt ein großes Lob. Es bleibt zu hoffen, dass das Buch regelmäßig aktualisiert wird. Rechtsanwalt Dr. Stephan Cymutta, Mannheim

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Bücher-FORUM

SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar Breitkreuz/ Fichte, 1.168 Seiten, 76,80 Euro Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. Berlin Soeben neu erschienen ist der Berliner Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, der den Anspruch erhebt, fundierte Antworten auf viele wichtige Fragen des sozialgerichtlichen Verfahrens – z. B. nach der richtigen Klageart, den einzuhaltenden Fristen, den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes oder den richtigen Rechtsmitteln - zu bieten. Tatsächlich schafft es der Kommentar, diesem Anspruch gerecht zu werden. Die Berücksichtigung der Neuerungen durch das Gesetz zur Änderung des SGG und des ArbGG zum 01.04.2008 sowie weiterer Änderungen der §§ 16 und 103 SGG zum 01.01.2009 tragen zur absoluten Aktualität des Kommentars bei. In der Anwendung überzeugen die Übersichtlichkeit und die Ausführlichkeit der Kommentierung. Als angenehm erweist sich dabei, dass vorab der gesamte Gesetzestext abgedruckt wurde, was den zusätzlichen Griff zur Gesetzessammlung erspart. Auch die Kommentierung der einzelnen Paragraphen ist klar strukturiert und durch das ausführliche Inhaltsverzeichnis gut zu erfassen. So wird beispielsweise das - seit Einführung von Hartz IV sehr viel bedeutsamere - Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Einbeziehung der in diesem Bereich ergangenen Rechtsprechung sehr umfassend dargestellt. Dabei werden die verschiedenen Gegenstände des einstweiligen Rechtsschutzes voneinander abgegrenzt und die jeweiligen Besonderheiten aufgezeigt, wobei die Anforderungen an die Antragsschrift und die wesentlichen Gesichtspunkte des Verfahrens klar dargestellt werden. So wird unter anderem auch thematisiert, ob im ER-Verfahren eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist oder unter welchen Gesichtspunkten diese zumindest sinnvoll wäre. Gerade hier zeigt sich, daß die Autoren um die beiden Herausgeber Dr. Tilmann Breitkreuz, Richter am Sozialgericht, und Dr. Wolfgang Fichte, Richter am Bundessozialgericht, aufgrund ihrer täglichen Arbeit in der Sozialgerichtsbarkeit das Verfahren und dessen Eigenheiten in- und auswendig kennen und ihr Wissen dem Leser gekonnt weitergeben. Dabei profitieren Leser, die bislang noch nicht im Sozialrecht tätig waren, von der vergleichenden Einbeziehung von Parallelvorschriften aus ZPO und VwGO. Insgesamt kann der Berliner Kommentar als Neuerscheinung problemlos mit den Standardwerken anderer Verlage konkurrieren und im Hinblick auf Übersichtlichkeit und Struktur der Kommentierung die Mitbewerber sogar ausstechen.

Vorname Rechtsanwältin Carolin Ott, Landshut

Ort

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Bücher-FORUM

Münchener

Anwalts A

Handbuch

Arbeitsrecht Herausgegeben von Wilhelm Moll 2. Auflage

C

Kommentar zum Sozialrecht Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, 1. Aufl. 2009, 2.643 S., 166,00 Euro Verlag C.H. Beck

Der neue Kommentar zum Sozialrecht ist nach Vorbild des Palandts in der Reihe Beck'sche Kurzkommentare erschienen. Erstmals werden alle wesentlichen Vorschriften aus dem SGB I bis SGB XII sowie zusätzliche Sammelkommentierungen zu Europarecht, BEEG, BAföG, Wohngeldgesetz und SGG in einem Band von Richtern des Bundessozialgerichts, von Rechtsanwälten, Rechtswissenschaftlern und Praktikern des Sozialrechts bearbeitet. Das Ziel der Herausgeber, dem Anwender einen klar gegliederten Überblick zu verschaffen und in Einzelheiten schnell und zuverlässig unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung zu informieren, ist voll erreicht. Mit Stand Februar 2009 sind alle Neuregelungen berücksichtigt, die zum 01.03.2009 in Kraft getreten sind. Neuauflagen im regelmäßigen Rhythmus sind angekündigt. Abgedruckt sind alle Paragraphen, kommentiert ist eine Auswahl der Vorschriften, die nach Ansicht der Herausgeber in der Praxis zwingend notwendig sind. Neben der Einzelkommentierung findet der Nutzer Sammelkommentierungen zu Paragraphen, um ein besseres Verständnis der Materie zu erreichen. So sind zum Beispiel im SGB V - Gesetzliche Krankenversicherung - nach einer Einleitung die §§ 5 bis 62 a, 73b, 74, 76, 81a einzeln kommentiert. Die Einzelkommentierung ist logisch aufgebaut, gegliedert nach Normzweck und Anspruchsvoraussetzungen sowie Pflichten und Rechtsfolgen. Eine Sammelkommentierung der §§ 95 bis 105 sowie die §§ 124 bis 127 ist gelungen. Die prüfungsrelevanten Stichworte sind im Text deutlich durch Fettdruck hervorgehoben. Neben der historisch gegliederten Rechtsprechung wird bezüglich ergänzender Nachweise auf weiterführende Literatur verwiesen. Die Nachweise sind nicht überfrachtet. Es finden sich Hinweise auf Lehrbücher der Kommentatoren, auf andere Kommentare und vereinzelt auf Aufsätze. Die Kommentierung des § 5 I Nr. 13 SGB V bezüglich der Versicherungspflicht für Nichtversicherte von Berchtold behandelt umfassend die Probleme der nicht ausgereiften Gesetzgebung, ohne Lösungen für die Praxis aufzuzeigen. Seine kurze und prägnante Kommentierung zu § 6 SGB V bezüglich der Versicherungsfreiheit ermöglicht dem Praktiker, die Voraussetzungen anhand der Kommentierung im Einzelfall zu prüfen. Fazit: Die Bearbeiter haben das vorgegebene Ziel, einen Kurzkommentar über alle notwendigen sozialrechtlichen Normen zu schreiben, voll erreicht. Auch der nicht ständig im Sozialrecht tätige Rechtsanwalt findet einen leichten Einstieg in die Materie mit guten Vertiefungshinweisen. RAin Ines Müller-Baumgarten, Bielefeld

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Strategie und Taktik im Kündigungsschutzprozess Kleinmann/Meyer-Renkes, 2. Aufl. 2009, 290 S., 34,00 EUR, Deutscher Anwaltverlag Dieses Werk beinhaltet, wie schon der Titel verspricht, die Strategie und Taktik im Kündigungsschutzprozess, der nicht nur für Arbeitsrechtsspezialisten, sondern auch für Anwälte ohne arbeitsrechtliche Spezialisierung eines der häufigsten anzutreffenden Mandate darstellt. Das Buch ist in sechs verschiedene Themenkomplexe (§ 1 Das Mandat im Kündigungsschutzprozess, § 2 Materielles Recht, § 3 Prozess um die Wirksamkeit der Kündigung, § 4 Zwangsvollstreckung, § 5 Berufungsverfahren, § 6 Revision und Nichtzulassungsbeschwerde) unterteilt und beginnt u. a. mit den Problemen bei der Mandatsaufnahme, welche Fristen zu beachten sind, welche Unterlagen benötigt werden. Dann behandelt es z. B. die Voraussetzungen einer betriebs-, personen- und verhaltensbedingten Kündigung, die Anfertigung der Klage und den Ablauf des Arbeitsgerichtsprozesses unterteilt in Güte- und Kammerverhandlung. Das Werk endet mit der Möglichkeit der Revision vor dem BAG. Auch enthält das Werk Rechtsprechungshinweise (Stand Juni 2008), Beispiele zur Verdeutlichung und Verständlichkeit und viele Praxistipps, die vor allem für Neulinge und Nichtspezialisten eine wertvolle Stütze sind z. B. bei der Frage, wie sich der Arbeitgeberoder Arbeitnehmeranwalt bei der „Rücknahme“ der Kündigung in der Verhandlung oder im Rahmen eines Auflösungsantrags gemäß § 9 KschG am sinnvollsten verhalten bzw. handeln sollte. Checklisten für die außerordentliche oder Änderungskündigung sind ebenso in diesem Werk zu finden wie beispielsweise Muster einer Kündigungsschutzklage oder Formulierungsbeispiele verschiedener Leistungsanträge und Abmahnungen. Insgesamt ist dieses Werk daher ein guter und preiswerter Leitfaden für den Kündigungsschutzprozess. Hinsichtlich des Umfangs von nur 298 Seiten versteht es sich jedoch von selbst, dass das Werk nur einen Überblick über die komplexe Materie des Kündigungsschutzprozesses gewähren kann und daher für das Nachschlagen eines spezifischen Problems eher nicht zu empfehlen ist. Das Buch ist aber als Leitfaden für Anwälte, die nicht schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht tätig sind, uneingeschränkt zu empfehlen und auch der ein oder andere fundierte Arbeitsrechter wird neue Praxistipps in diesem Buch finden. Dies dürfte auch genau der Intention der beiden Autoren, die ausschließlich als Fachanwälte für Arbeitsrecht tätig sind, entsprechen. RAin Nicole Meißner, Berlin

C. H. Beck

Münchener AnwaltsHandbuch Arbeitsrecht Wilhelm Moll (Hrsg.), 2. Aufl. 2009, 2.535 S., 148,00 EUR, Verlag C.H. Beck Für das Münchener AnwaltsHandbuch Arbeitsrecht haben sich 29 Autoren zusammengefunden. Erfahrene Praktiker von beiden Seiten des richterlichen Tresens. So umfasst es auch 2.535 Seiten und bietet einen umfassenden Überblick über das Arbeitsrecht in allen seinen Spielarten. Gesetzgebung, Rechtsprechung und das Schrifttum sind bis September 2008 berücksichtigt. Erfasst werden alle relevanten Themen, beginnend mit der Anbahnung eines Mandatsverhältnisses im Arbeitsrecht, bis zum gerichtlichen Verfahren. Positiv ist hier, dass auch dem GmbHGeschäftsführer ein Kapitel gewidmet ist. Ebenso dem Bereich Mediation und Konfliktmanagement. Besonders das AGG-Recht hat im Arbeitsverhältnis eine deutliche Entwicklung genommen. Daher wird hier nicht nur ein Grundüberblick über diesen Bereich gegeben, sondern das AGG-Recht wird dann erläutert, wenn es bei der Bearbeitung der anderen Rechtsbereiche zu beachten ist. Bei der anwaltlichen Beratung im Arbeitsrecht kann man selten nach dem Lehrbuch vorgehen. Es ist oft nicht möglich, die individualrechtlichen Probleme eines Falles von den kollektivrechtlichen zu trennen. In diesem Anwaltshandbuch wird dies auch nicht versucht. Im Gegenteil. es werden die Bereiche des Tarifvertragsrechts und des Betriebsverfassungsrechts nicht gesondert dargestellt, sondern dann erläutert, wenn sie für andere Bereiche relevant werden. Dies verhindert lästiges Blättern und ein zwischen den Kapiteln „Hin-und-her-Springen“. Nebenbei führt es dazu, dass der Leser auch bei der Recherche für ein individualrechtliches Problem die kollektivrechtliche Seite nie aus dem Blick verliert. Ergänzt wird dies durch zahlreiche Fallbeispiele, die den praktischen Einsatz des Buches weiterhin erleichtern. Abgerundet wird die Darstellung durch Muster, Formulierungsvorschläge und Checklisten, die nicht nur die Prüfung des Sachverhaltes, sondern auch die Erstellung von Schriftsätzen erleichtern. Fazit: Ein Buch für Praktiker, welches die Möglichkeit bietet, die relevanten Fragestellungen eines Falles im Blick zu behalten und fast wie ein Formularbuch durch seinen Aufbau auf mögliche andere relevante Themenbereiche hinweist. Für die tägliche Arbeit einsetzbar und seinen Preis wirklich wert. RAin Barbara Gersmann, Mönchengladbach

Bücher-FORUM

Handbuch Internet.Arbeitsrecht

Beck'sches Formularbuch Arbeitsrecht

Mietrecht aktuell

Besgen/Prinz (Hrsg.), 2. Aufl. 2009, 567 S., 59,00 EUR, Deutscher Anwalt Verlag

Klemm/Kornbichler/Löw/Ohmann-Sauer/Schwarz/Ubber (Hrsg.), 2. Aufl. 2009, 1.603 S. mit CD-ROM, 148,00 EUR, Verlag C.H. Beck

FriedemannSternel, 4. Aufl. 2009, 1.919 Seiten, 99,00 EUR, Verlag Dr. Otto Schmidt

Im Frühjahr 2009 ist das Handbuch Internet.Arbeitsrecht neu erschienen. Die Undurchsichtigkeit der arbeits- und datenschutzrechtlichen Vorschriften verbunden mit der vermehrten Nutzung und dem Einsatz von Internet, E-Mail, Mobiltelefon, BlackBerry etc. in der Arbeitswelt führen zum erhöhten Beratungsbedarf in diesem sensiblen Bereich. In diese Zielrichtung stößt das Handbuch Internet.Arbeitsrecht. Die Autoren – alle Rechtsanwälte, Arbeitsrichter und Professoren – streben an, dem arbeitsrechtlichen Berater die nötigen Informationen, Materialen und Formulierungshilfen aus den Bereichen des Arbeits-, Arbeitsschutz-, Datenschutz- und Steuerrechts zu vermitteln. Das Werk gliedert sich in zwölf Paragraphen. Kernstück sind die ersten beiden Paragraphen zur dienstlichen und privaten Nutzung von Internet, Intranet und E-Mail aus individualarbeitsrechtlicher Sicht (§ 1) und von Inter- und Intranet und E-Mail aus kollektivrechtlicher Sicht (§ 2). Umfassend und auf der Basis neuester Rechtsprechung sind in § 1 von den Gestaltungsmöglichkeiten ausgehend, die Kontrolle der Internet- und E-MailNutzung über die Erläuterung möglicher Sanktionen bis zu den Kündigungsmöglichkeiten nach einer unzulässigen Nutzung und die Probleme der Beweisverwertung beschrieben. In § 2 bilden die Beteiligungsrechte, die Sachmittel und der Schulungsbedarf des Betriebsrats den Schwerpunkt. Es folgen u. a. Ausführungen zu Überwachungseinrichtungen (§ 5), zur Telearbeit, zum Arbeitsund Datenschutz (§§ 6, 9, 10) sowie zum grenzüberschreitenden Verkehr arbeitnehmerbezogener Daten (§ 11). Auch das Steuerrecht (§ 12) ist nicht ausgespart. Das technische Glossar und das Stichwortverzeichnis runden das Handbuch ab. Die hohe Praxistauglichkeit des Werks bemerkt der Leser schon beim ausführlichen Inhaltsverzeichnis. Sämtliche Beiträge sind gespickt mit Praxishinweisen, Formulierungsmustern und -beispielen zu Arbeitsvertragsklauseln, zu Betriebsvereinbarungen und zu Rahmenvereinbarungen, grafischen Darstellungen, Aufzählungen und Checklisten. Fazit: Mit dem Handbuch Internet.Arbeitsrecht bieten Besgen/Prinz ein überaus praktisches und überzeugendes Handbuch mit einer Vielzahl von Formulierungshilfen bei gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Arbeit mit ihm gewährt hohe Beratungsqualität in diesem schwierigen Fahrwasser. Insbesondere lassen sich zwingende datenschutzrechtliche Vorgaben, vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten und personalpolitische Erwägungen zum Ausgleich bringen.

Das Formularbuch präsentiert sich in der 2. aktualisierten und erweiterten Auflage und ist auf dem Stand vom 01.01.2009, jedoch wurde u. a. schon die neueste EuGH Entscheidung zur Urlaubsabgeltung und -übertragung berücksichtigt. Im Vergleich zur Vorauflage wurde das Werk z. B. um Compliance im Arbeitsrecht, Mitbestimmung auf Unternehmensebene und zweisprachige Formulare erweitert, auf das Personalvertretungsrecht jedoch verzichtet. Das Werk gliedert sich in verschiedene Hauptteile A - H (Individualarbeitsrecht, Dienstverträge und andere Verträge, Betriebsverfassungsrecht, Tarifvertragsrecht, Compliance im Arbeitsrecht, Betriebliche Altersversorgung, Mitbestimmung auf Unternehmensebene, zweisprachige Formulare) und beinhaltet neben Formularen für eine Vielzahl von Verträgen, Kündigungen, Betriebsvereinbarungen, Direktzusagen auch spezielle Formulare für Dienstwagen, Car Allowance, Datenschutzverpflichtungen, Vereinbarungen über Internetnutzung, US- Stock – Options, Abmahnungen, Zeugnisse und einen deutsch-englischen Arbeitsvertrag. Die Formulare verstehen sich als Gestaltungsvorschläge und erleichtern die Arbeit. Es wird in den Formularen von konkreten Sachverhalten ausgegangen, die zu Beginn der Anmerkungen jeweils erläutert werden. Die Anmerkungen selbst dienen als Erklärungen der Formulierungsvorschläge und zeigen nicht nur Formulierungsalternativen auf, sondern weisen auch auf rechtliche Risiken, Besonderheiten, Literatur und Rechtsprechung hin. Zur Verdeutlichung und Verständlichkeit beinhalten die Anmerkungen weitere Beispiele, Tipps für Arbeitgeber etwa im Rahmen Ermahnung oder Abmahnung, Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers bei Änderungskündigungen oder auch eine Checkliste für Compliance-Audit. Die CD-ROM beinhaltet alle Formulare ohne Anmerkungen. Fazit: Das Buch überzeugt aufgrund der Vielzahl von Formularen inklusive umfassender Erläuterungen, deren Verständlichkeit und einer klaren Struktur. Jeder Rechtsanwalt, Justitiar, Betriebsrat etc. wird zahlreiche Formulierungshilfen und Erklärungen finden. Aufgrund der Aktualität, der zahlreichen Erläuterungen und auch der internationalen Bezugnahme ist das Werk uneingeschränkt allen, die im Arbeitsrecht tätig sind, zu empfehlen. Die Autoren und Herausgeber sind erfahrene Rechtsanwälte der Sozietät LOVELLS LLP.

Der Sternel ist ein Klassiker. Die letzte Auflage erschien im Jahre 1996. Aufgrund der Mietrechtsreform im Jahre 2001 und der Vielzahl von BGH-Entscheidungen war eine völlig neu bearbeitete Auflage dringend notwendig. Das Werk bringt den Leser nun auf den aktuellsten Stand. Berücksichtigt ist die Rechtsprechung bis Ende 2008. Das Buch ist eine akribische Zusammenstellung der Rechtsprechung zum Mietrecht. Aufgrund der Vielzahl von Entscheidungen hat sich das Werk im Vergleich zur Vorauflage in seinem Umfang auch verdreifacht. Die Vielzahl von Entscheidungen zum Mietrecht, die sich mit der Meinung des Sternel auseinandersetzen, zeigt, dass das Wort des Autors, welcher lange Zeit Vorsitzender einer auf das Mietrecht spezialisierten Zivilkammer des Landgerichts Hamburg war, Gewicht hat. Thematisch gliedert sich das Werk in 14 Kapitel und folgt dabei dem typischen Verlauf eines Mietverhältnisses. Vom Abschluss des Mietvertrages bis zur Abwicklung des Mietverhältnisses werden alle wichtigen Situationen behandelt. Das Werk zeichnet sich dadurch aus, dass es zu jedem Thema eine Fülle von Gerichtsentscheidungen bietet und oft die Leitsätze von obergerichtlichen Entscheidungen beifügt. Dies erleichtert die Beurteilung, ob eine der vielen zitierten Entscheidungen tatsächlich zur Problemlösung beitragen kann und sich ein Nachlesen der Fundstelle lohnt. Die Schwäche des Werkes verrät der Name des Werkes selbst: Mietrecht aktuell. Mietrecht ist Rechtsprechung und hier muss der Anwalt stets auf dem aktuellsten Stand sein. Der Stand Ende 2008 ist heute schon überholt. Dies zeigt sich am Beispiel des Kostenerstattungsanspruchs bei einer unwirksamen Endrenovierungsklausel. Während das Werk die Rechtsfolgen noch ausführlich zur Diskussion stellt, liegt zwischenzeitlich eine Entscheidung des BGH vor, die hierzu abschließend Stellung nimmt. Einem solchen Anspruch auf Aktualität kann ein Druckwerk nicht gerecht werden. Umso positiver ist es, dass der Autor dort Literarturquellen nennt, wo sich noch keine herrschende Meinung gebildet hat und keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt. Die klare Gliederung und die verständlichen Ausführungen des Autors überzeugen. Mit der Neuauflage wird der Sternel wieder zum unverzichtbaren Nachschlagewerk eines Anwalts. Rechtsanwalt Jonas Leder, München

Rechtsanwältin Nicole Meißner, Berlin RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock

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Bücher-FORUM

Münchener

Anwalts

Handbuch

M n

Medizinrecht Herausgegeben von Michael Terbille

C. H. Beck

C

Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht Michael Terbille † (Hrsg.), 1. Aufl. 2009, 1.282 S., 128,00 EUR, Verlag C.H. Beck Die Reihe Münchener AnwaltsHandbücher ist um das Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht erweitert worden. Konzipiert ist das Werk als Nachschlagewerk und zur Unterstützung in der täglichen Arbeit für die im Medizinrecht tätigen Anwälte und Richter sowie medizinrechtlich befassten Berufsträger in anderen Einrichtungen. Das Autorenteam, bestehend aus Rechtsanwälten, Richtern, Professoren und einem Tierarzt, bürgt aufgrund seiner langjährigen Berufspraxis für eine hohe Bearbeitungsqualität. In 13 Paragraphen bedient das Werk alle Facetten des Zivil-, Straf-, Verwaltungs-, Sozial- und des Berufsrechts, die zur Bearbeitung medizinrechtlicher Fragen wichtig sind. Kernpunkt ist die Bearbeitung der zivilrechtlichen Arzthaftung (§1). Sie beginnt mit vorprozessualen Überlegungen, in denen u. a. die Sachverhaltsermittlung, Auskunftsansprüche bezüglich beteiligter Ärzte und nichtärztlichen Personals, Fragen der Passivlegitimation und der Verjährung bis zur Entbindung von der Schweigepflicht erläutert sind. Es folgt die Prozessführung mit Hinweisen zum selbstständigen Beweisverfahren, zu Informationsobliegenheiten gegenüber der Rechtsschutzversicherung, zur Leistungs- und Feststellungsklage, zu Fehlerquellen bei der Antragsstellung bis zu den Auswirkungen der ZPO-Reform 2002 auf den Arzthaftungsprozess. Innerhalb des materiellen Arzthaftungsrechts ragen die Ausführungen zur ärztlichen Aufklärungspflicht (z. B. verschiedenste aufzuklärende Personen, Zeitpunkt, hypothetische Aufklärung, Aufklärungsverzicht) und zum Behandlungsfehler heraus. Bei Letztgenanntem sind ausgehend von den Grundlagen z. B. die Gruppenfahrlässigkeit, die horizontale und vertikale Arbeitsteilung, typische Behandlungsfehler oder das Übernahmeund Organisationsverschulden bearbeitet. In dem nutzerfreundlich gestalteten Werk findet der Leser viele Praxistipps, Musterschreiben und -klagen, Formulierungsvorschläge, Checklisten, Tabellen und Schaubilder. Fazit: Mit Rechtsstand Februar 2009 und der schon beachteten Gesundheitsreform 2009 hält man mit dem neuen Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht das derzeit wohl aktuellste medizinrechtliche Werk in der Hand. Mit dem klaren Aufbau, der eindeutigen Sprache und einer gelungenen thematischen Gewichtung eignet es sich zur Einarbeitung, als Ausbildungslektüre für den Fachanwaltskurs und als Nachschlagewerk, da es das Medizinrecht mit seinen vielen Verästelungen aufbereitet. Daher ist es allen mit dem Medizinrecht befassten Juristen zu empfehlen.

Zivilprozessordnung Kommentiertes Prozessformularbuch Saenger/Ullrich/Siebert (Hrsg.) 1. Aufl. 2009, 2.224 S. mit CD-ROM, 118,00 EUR, Nomos Verlag Kommentare und Formularbücher gehören zur juristischen Standardausstattung. Das Kommentierte Prozessformularbuch soll die Lücke dazwischen schließen und orientiert sich statt an Lebenssachverhalten am Aufbau der ZPO. Die Autoren bieten als Anwälte und Richter Muster aus ihrer jeweiligen Perspektive. Die Umsetzung soll an einigen Beispielen dargestellt werden. Beim Mahnverfahren werden zunächst die Einreichungsmöglichkeiten, die Online-Antragstellung und die Gerichtssuche im Internet dargestellt. Der weitere Ablauf des Verfahrens wird mit Mustertexten und anhand der Vordrucke erläutert. Insgesamt wird das Mahnverfahren gerade für Einsteiger verständlich dargestellt. Bei der Zwangsvollstreckung werden verschiedene Pfändungsund Pfändungsschutzmöglichkeiten dargestellt und formularmäßig umgesetzt. Für den Pfändungsschutz für Sozialleistungen nach § 55 SGB I ist kein Muster enthalten, es wird aber auf die analoge Anwendung des § 850k nach Ablauf der 7-TageSperrfrist hingewiesen und an das praxisrelevante Problem erinnert, dass eine bankinterne Saldierung nicht mit § 850k verhindert werden kann. Der Gerichtsvollzieherauftrag zur Räumungsvollstreckung umfasst auch die Mobiliarpfändung. Der Unterschied zwischen dieser „Berliner Räumung“ und der „Hamburger Räumung“ mit Spedition und Schlosser wird genauer erläutert, wobei auch die Kosten und Risiken dargestellt werden. Beim Thema einstweilige Verfügung muss in der Regel unter Zeitdruck gearbeitet werden, daher sind brauchbare Muster besonders wichtig. Das Buch enthält nicht nur einen Antrag für eine Sicherungsverfügung (mit drei Seiten Erläuterung), sondern auch für Regelungs- und Leistungsverfügungen sowie das Muster für eine Schutzschrift. Auf www.schutzschriftenregister.de wurde wohl deshalb nicht hingewiesen, weil nur relativ wenige Gerichte daran teilnehmen. Neben der ZPO werden das FamFG (auf 232 Seiten), die EuGVVO, die EuZVO und die EuMVVO behandelt. Fazit: Interessant ist, die ZPO auch aus Richtersicht zu sehen. Die Formulare sind praxistauglich und gut erläutert. Man kann sich schnell einlesen und die Anregungen sofort umsetzen. Das Buch ist eine gute Ergänzung zu einem Kommentar, um die jeweils passenden Anträge zu stellen, kann und will ihn aber nicht ersetzen.

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Reinking/Eggert, 10. Aufl., 1.159 S., 154,00 EUR, Werner Verlag Bei der neu erschienenen zehnten Auflage des Autokaufs handelt es sich um die Jubiläumsausgabe dieses Standardwerks. Diese untergliedert sich in drei Teile, beginnend mit dem Verkauf neuer Fahrzeuge, gefolgt von dem An- und Verkauf gebrauchter Fahrzeuge und abschließend mit dem Autoleasing. Obwohl vom Umfang her sehr unterschiedlich ausgefallen, erweckt kein Kapitel beim Leser den Eindruck, dass es nur der Vollständigkeit wegen aufgenommen wurde. Durchgängig alle Kapitel sind durch einen lehrreichen und verständlichen Inhalt gekennzeichnet. Beim aufmerksamen Lesen erkennt man die durchdachte Gliederung dieses Werks. Mit Freude erblickt man die zahlreichen Beispiele, Rechtsprechungshinweise und Fußnoten, die trotz ihrer Fülle nicht die Grenze zur Ausgewogenheit überschreiten. Es ist schwer einzelne Ausführungen hervorzuheben, da sich zu jedem Problemfeld etwas Gehaltvolles findet. Sei es zur Vertragsgestaltung beim Neuwagenkauf innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union, zum Montagsauto oder zur Finanzierung des Autokaufs, Agenturgeschäften oder einfach nur einer Vielzahl von Sachmängelbeispielen beim Gebrauchtwagenkauf. Dennoch mag gerade der Abschnitt der Sachmängelhaftung auf dem Gebiet des Gebrauchtwagenkaufs aufgrund seiner anschaulichen und praxisrelevanten Darstellung etwas genauer betrachtet werden. Geradezu lehrbuchmäßig im besten Sinne wird mit den Voraussetzungen der Sachmängelhaftung an Hand des Begriffs der Beschaffenheitsvereinbarung begonnen. Es wird erklärt, welche Auswirkungen das Fehlen einer Vereinbarung oder auch von öffentlichen Äußerungen des Verkäufers haben kann. Im nächsten Abschnitt findet sich eine gut gestaltete Schilderung zum Beweis des Sachmangels und der Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf. Das vorliegende Werk schließt mit dem Kapitel Leasing. Diese gerade beim gewerblichen Neuwagenkauf vorherrschende Form der Kfz-Beschaffung ist ein wichtiger Bestandteil der anwaltlichen Praxis im Umgang mit gewerblichen Kunden. Durch die vorliegende Aufbereitung des Themas Leasing sieht man sich für alle Problemfälle gut gerüstet. Fazit: Mit dieser Neuauflage des Standardwerks zum Autokauf zeigt sich, dass man auch ein gutes und bewährtes Buch noch verbessern kann. Diese Auflage ist unverzichtbar für die Verkehrsrechtspraxis; praxisrelevant, klar gegliedert, lehrreich und tatsächlich noch besser als die Vorauflage. RA Sascha Brandt, Duisburg

RA Malte Dedden, Offenburg RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock

Der Autokauf

Bücher-FORUM

Nicht allen gelingt es, bei jedem Fall sicher dazustehen.

Stiftungsrechts-Handbuch Seifart/von Campenhausen (Hrsg.), 3. Auflage, 2009, 1.151 Seiten, 178,00 Euro, Verlag C.H. Beck Nach rund 10 Jahren ist dieses Werk nunmehr in der 3. Auflage erschienen. Nachdem die Vorauflage als Klassiker dieses Rechtsgebiets galt, war eine Überarbeitung nach den verschiedenen Änderungen im Stiftungsrecht der letzten Jahre dringend nötig geworden. Auch die neue Auflage ist aufgrund der sehr umfangreichen Darstellungen wieder sowohl für die Praxis als auch für die Wissenschaft sehr nützlich und wertvoll. Insbesondere werden neben dem „normalen“ Stiftungsrecht auch Bereiche, die in anderen stiftungsrechtlichen Werken keine oder nur geringe Beachtung finden, umfangreich dargestellt. Hier sind insbesondere die kirchlichen und kommunalen Stiftungen sowie die verschiedensten Sonderformen zu nennen, deren Darstellungen in diesem Umfang selten sind. Das fachliche Niveau ist dabei über jeden Zweifel erhaben, wofür insbesondere der als Experte weit bekannte Herausgeber v. Campenhausen garantiert. Bedauerlich ist jedoch, dass der Abschnitt zum immer mehr an Bedeutung gewinnenden internationalen Stiftungsrecht sehr kurz geraten ist. Hier hätte man sich mehr gewünscht.

Ich bin schon bei Haufe.

Ausführlich und inhaltlich ebenfalls auf hohem Niveau ist der Teil zum Stiftungssteuerrecht. Es fällt allerdings deutlich auf, dass die Bearbeiter dieses Abschnitts weite Teile ihrer Ausführungen in die Fußnoten verlagern. Auf nicht wenigen Seiten ist der Raum für die Fußnoten größer als jener für den eigentlichen Text. Dies ist im Steuerrecht sicher nicht immer vermeidbar, macht die Arbeit mit diesem Abschnitt aber nicht einfacher und ist der Lesbarkeit/ Verständlichkeit nicht immer zuträglich. Aus wissenschaftlicher Sicht ist am Rande auffallend, dass der Verfasser Hof in den von ihm bearbeiteten Abschnitten scheinbar bei den Quellenangaben durchweg nicht auf die aktuelle Kommentierung von Reuter im MüKo BGB verweist, sondern hier Fundstellen aus Vorauflagen zitiert. Ein recht großes Missgeschick ist zudem dem Verlag unterlaufen, als dort das Sachregister der Vorauflage übernommen und abgedruckt wurde. Mittlerweile ist zwar ein entsprechender Nachtrag lieferbar oder beigelegt, jedoch ist dies für die Arbeit mit dem Buch nicht vorteilhaft. Grundsätzlich ist das vorgestellte Buch auch weiterhin ein Standardwerk für jeden, der im Stiftungsrecht tätig ist. Die fachliche Qualität ist und bleibt unbestritten. Die genannten Kritikpunkte fallen jedoch unangenehm auf, so dass es hier keine uneingeschränkte Empfehlung geben kann. Angesichts des stolzen Preises von 178,- EUR hätte man hier stellenweise ein wenig mehr Sorgfalt erwarten dürfen. RA Marcus Bauckmann, Paderborn assoziierter wissenschaftlicher Mitarbeiter an der UMIT

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Autorenverzeichnis

Christian Weiß ist als Rechtsanwalt in der Kanzlei HOELLER RECHTS-

Henrik Franz ist Justitiar bei der AOK Hessen in Bad Homburg und

ANWÄLTE in Bonn überwiegend in den Bereichen Forderungsmanage-

selbstständiger Rechtsanwalt in Frankfurt a. M. Er ist FA für Arbeitsrecht.

ment, Insolvenzrecht und IP tätig.

Weitere Schwerpunkte sind Baurecht, gewerblicher Rechtsschutz und

[email protected]

Wettbewerbsrecht. Er der Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk Frankfurt a. M. [email protected]

Florian Lahrmann ist seit 2004 selbstständiger Rechtsanwalt in Berlin,

Daniel Preiß ist selbstständiger Rechtsanwalt in Schwäbisch Gmünd. Er

seit Anfang 2009 Sozius bei Irgang & Partner, einer alteingesessenen

ist Vertrauensrechtsanwalt des Automobilclubs von Deutschland e.V.

Kreuzberger Kanzlei. Hauptsächlich im Familienrecht tätig, Fachanwalts-

(AvD) und Mitglied der Deutschen Akademie für Verkehrswissenschaft

titel ist bereits beantragt.

e.V.. Tätigkeitsscherpunkte sind das private Baurecht, Arbeits- und

[email protected]

Familienrecht. [email protected]

Dr. jur. Ulrich Firnhaber war Richter bei den Landgerichten Köln und

Noreen Loepke ist selbstständige Rechtsanwältin in Plauen und Fach-

Düsseldorf und beim OLG Düsseldorf, im Justizministerium NRW u. a.

anwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht und Wirtschafstmediatorin.

persönlicher Referent des Ministers und schließlich Präsident des LG

[email protected]

Mönchengladbach. Kurz vor der Pensionierung leitete er kommissarisch die Direktion Recht der Treuhandanstalt Berlin.

Rüdiger Hahn ist Rechtsanwalt in Burgdorf bei Hannover und Regional-

Dr. Markus Lintner ist Rechtsanwalt in Nürnberg mit Schwerpunkt

beauftragter des Forum Junge Anwaltschaft des Landgerichtbezirks

Wettbewerbsrecht sowie IT-Recht und IT-Compliance. Er ist seit 2008

Hildesheim. Die Arbeitsschwerpunkte sind Miet- und Wohnungseigen-

außerdem als Datenschutzbeauftragter tätig.

tumsrecht sowie Gesellschaftsrecht.

[email protected]

[email protected]

Inka Pichler ist Rechtsanwältin und Partnerin der Sozietät Kasten, Mat-

Katrin Spelmeyer ist seit 1999 angestellte Rechtsanwältin bei HDI Gerling

tern & Pichler in Wiesbaden. Ihr Hauptaugenmerk liegt in der nationalen

und dort im Bereich Vermögensschadenshaftpflicht und Heilwesen tätig.

und internationalen Betreuung von Firmenkunden im Verkehrs-, Ver-

[email protected]

sicherungs- sowie Transport- und Speditionsrecht. Ergänzend ist sie Referentin und Fachautorin für branchenspezifische Zeitschriften und Seminare. www.kmp-recht.de Tobias Gammelin ist Architekt und Baubiologe. Er ist Partner des Büros

Martin Lang ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht in München.

GRÜNHAUS ARCHITEKTEN in Potsdam. Das Büro bietet Bauherren um-

Er ist Mitglied der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskam-

fassende baubiologische und ökologische Planung und Ausführung von

mer. Von 1999 - 2007 war er im Forum Junge Anwaltschaft zunächst

Gebäuden und Räumen.

Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses und dann dessen Vor-

www.gruenhaus-architekten.de

sitzender. [email protected]

Sascha Mönch ist freier Journalist in Weimar. Er arbeitet unter anderem

Dr. Christoph Triltsch ist seit Februar 2006 selbstständiger Rechtsanwalt

für den MDR im Bereich Sport und liebt vor allem Sprache.

in Kiel mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht, Mietrecht, Internetrecht

[email protected]

sowie Verkehrsrecht. Er ist Regionalbeauftragter des LG-Bezirkes Kiel. [email protected]

Johanna Busmann ist selbstständiger Coach für Führungskräfte und

Carmen Grebe ist seit 2001 als selbstständige Rechtsanwältin mit eigener

Trainerin für Rhetorik, Kommunikation, Verhandlungsführung und Kon-

Kanzlei in Köln tätig. Sie ist Fachanwältin für Familienrecht. Weitere

fliktmanagement in Hamburg . Sie ist spezialisiert auf Beratung und

Schwerpunkte liegen im Erbrecht und allgemeinen Zivilrecht. Sie ist RB

Training von Rechtsanwälten und deren Mitarbeitern.

für den LG Köln und in der AG Familienrecht im DAV tätig.

[email protected]

[email protected]

Silke Waterschek ist seit 2005 in eigener Kanzlei in Heilbronn als Rechts-

Ilona Cosack ist seit zehn Jahren als Beraterin für Rechtsanwälte tätig,

anwältin und Mediatorin mit den Schwerpunkten Familien-, Straf- und

zuvor hat sie 18 Jahre lang Kanzleien geleitet. Neben einer betriebs-

Vertragsrecht tätig. Sie ist Regionalbeauftragte des FORUMs für den LG-

wirtschaftlichen Ausbildung sind ihre Fortbildungsschwerpunkte

Bezirk Heilbronn und seit Mai 2007 die Vorsitzende des Geschäfts-

Marketing und Management. Für Kammern und Vereine ist sie Referentin

führenden Ausschusses des FORUM Junge Anwaltschaft.

zu allen Themen des Anwaltsmanagements. [email protected]

[email protected]

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Service / Das letzte Wort

Das letzte Wort Recht auf 2,00 Euro - Ein Anwalt geht aufs Ganze

Linktipps zur Mobilität DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht: neue Mandanten via schadenfix.de Diskussionsforum, Mustertexten etc. http://www.verkehrsrecht,de und http://verkehrsanwaelte.de

Foto: krümel . pixelio.de

Mandanten sind es, die den Streit lieben und wollen! Oder sind es gar wir selbst? Sex ist gut, wenn er schmutzig ist und Streit nur, wenn es (ausschließlich) ums Prinzip geht! Letzteres jedenfalls könnte ein Kollege aus Augsburg in eigener Sache gedacht haben, als er sich für den unglaublichen Forderungsbetrag von acht Euro gegen einen Baumarkt in Stellung brachte. Der Baumarkt hatte sich geweigert, dem Rechtsanwalt Reisekosten in nämlicher Höhe zu erstatten, die er wegen eines Umtauschs einer mangelhaften Sache aufwenden musste. Das Amtsgericht Augsburg verdonnerte den Baumarkt zur Zahlung von zwei Euro an den engagiert kämpfenden Kollegen. Die Schadensersatzklage hatte er jedoch im laufenden Verfahren in Höhe von sechs Euro wegen eines „Schreibfehlers“ zurückgenommen. Richtig schmutzig, aber eben nicht sexy wurde es für den streitlustigen Kollegen, als er daraufhin Dreiviertel der Kosten des Rechtsstreits schultern durfte, immerhin 123,19 Euro. Beinah folgerichtig sein Widerstand gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss. Doch der nutzte nichts. Die Begründung, das Amtsgericht hätte nicht ausreichend und rechtzeitig auf die Kostenlast hingewiesen und den Kläger somit überrascht, teilte das Gericht nicht und wies die Rüge zurück. Wegen Nichterreichens

Eisern bleiben! – auch wenn’s nur um Peanuts geht!

der Berufungssumme ist weiterer Streit wohl unwahrscheinlich. Oder ist mit dem Gang nach Karlsruhe zu rechnen? Nachzulesen unter AG Augsburg, Az. 17 C 2311/08.

Umfangreiche Linksammlung zum Thema Reisen http://www.sellpage.de/reiseinformationen/ index.html Wetterportal http://www.wetteronline.de Reiserecht http://www.internetratgeberrecht.de/ Reiserecht/hauptseite.htm http://www.reiserecht-fuehrich.de http://www.ronald-schmid.de/reiserecht.html http://www.hera.fh-heilbronn.de

Redaktionsschluss: Heft 4/2009 (Dezember-Ausgabe), 15. Oktober 2009

Anzeigenverwaltung: sales friendly Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos Siegburger Str. 123, 53229 Bonn Tel. 0228 / 97898-10, Fax: 0228 / 97898-20 E-Mail: [email protected]

Impressum: Redaktion verantwortlich für diese Ausgabe: Stefanie Salzmann, RAin Anke Schiller-Mönch, RA Patrick Ruppert, RA Percy Ehlert. Bildredaktion: Andrea Vollmer Bücherforum: Jens Jenau Chefredaktion: RA Tobias Sommer, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss des FORUM Junge Anwaltschaft im DAV

Bezugspreis 47,00 EUR (inkl. MwSt.) zzgl: Versandkosten für 4 Ausgaben. Einzelheft: 14,50 EUR. Für Mitglieder des FORUM Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. ISSN 1437-3084

Erscheinungsweise: vierteljährlich (März/Juni/September/Dezember) Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1.1.2009

Lektorat Textmanufaktur MA PAROLE, www.ma-parole.de Layout/Satz: GUDMAN DESIGN WEIMAR, www.gudman.de Druck: Liebeskind Druck, Apolda Auflage: 14.000

Redaktionsanschrift: Redaktion AdVoice, Deutscher Anwaltverein Littenstraße 11, 10179 Berlin Tel. 030 / 7261520

Artikel und Beiträge sind Meinungsäußerungen der Autoren und geben nicht immer die Meinung der Redaktion bzw. des Deutschen Anwaltvereins und seiner Gremien wieder.

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Deutsche Verkehrsflughäfen http://www.azworldairports.com/azworld/ p1600.cfm

RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln

Ausblick und Impressum Ausblick: Schwerpunkt in Heft 4/2009: Frauen und Männer

Weitere Treffpunkte von Verkehrsrechtlern im Netz http://www.captain-huk.de https://www.xing.com/net/verkehrsrecht http://www.unfall-recht.info/

Eures - EU-Portal zur beruflichen Mobilität http://ec.europa.eu/eures Wechselkursarchiv für 164 Währungen http://www.oanda.com/convert/classic?lang=de Bundesfinanzministerium Informationen rund um das Thema Mobilität und Reisen http://tinyurl.com/nd4k4h bzw. http://www.bundesfinanzministerium.de/DE/ Buergerinnen_und_Buerger/Mobilitaet_und_ Reisen/node.html Zusammengetragen von RA Martin Lang, München

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Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall

Kanzleigründung im Plattenbauschlafzimmer Von der ostdeutschen Richterin zur westdeutschen Anwältin

Beate Kahl ist Rechtsanwältin in Ludwigsfelde bei Berlin. Als die Mauer fiel, war sie 27 Jahre alt und Richterin am Bezirksgericht Zossen. Zwei Jahre später gründete sie mit einer anderen Richterkollegin ihre noch heute bestehende Kanzlei. A: Frau Kahl, welche Bedeutung hatte die Wende für Sie: persönlich, politisch und beruflich? Kahl: Beruflich stand ich damals vor der Schwierigkeit, mein juristisches Wissen in einem mir fremden Land mit einem völlig anderen Rechtssystem anwenden zu müssen. Es gab anfangs rechtlich ein paar Versuche, ein vereinigtes Recht zu entwickeln. Aber es dauerte nicht lange, ich glaube, spätestens nach einem halben Jahr war davon keine Rede mehr. Im Wesentlichen wurde das Recht der Bundesrepublik auf die ehemalige DDR übertragen. Das gesamte DDR-Recht war in einem Verzeichnis gesammelt, das hatte für den Zeitraum vom 7.10. 1949 bis 31.12.1972 811 Seiten. An den Bezeichnungen der Gesetze konnte man erkennen, was darin geregelt ist. Versuchen Sie mal, ein Verzeichnis sämtlicher in der Bundesrepublik in nur einem Jahr geltenden Rechtsvorschriften auf 811 Seiten zu bekommen. Jetzt können Sie sich vielleicht vorstellen, welche gewaltige Umstellung für uns DDRJuristen erforderlich war. Bis zur Wende hatte ich manchmal das Gefühl, mein Leben fährt auf einem Gleis, an dem vielleicht hier oder da mal eine Weiche gestellt werden musste. Plötzlich war auch das anders. Das Gleis war zu Ende und ich musste trotzdem meinen Weg finden. Das hatte ich mir eigentlich immer gewünscht. Aus heutiger Sicht eröffneten sich für mich mit der Wende in jeder Hinsicht neue Perspektiven. Beruflich stand für mich die Entscheidung zwischen Richter und Anwalt. Andere Einsatzmöglichkeiten sah ich nicht. Ich habe heute beruflich viel mehr Freiräume, aber auch das Risiko des wirtschaftlichen Untergangs. Der Wegfall der sozialen Geborgenheit ist für mich der größte Verlust. Persönlich bedeutete die Wende für mich einerseits weniger Freizeit, weniger Zeit für soziale Kontakte, weniger Möglichkeiten zur Vereinbarung von Beruf und Familie, weniger Kultur, mehr Kommerz, mehr Egoismus, wachsende Bedeutung von Geld und materiellem Wohlstand als gesellschaftlich aner-

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kanntem Wert. Dabei habe ich aber den schnell wachsenden Wohlstand nach der Wende natürlich als sehr angenehm empfunden und auch die Entwicklung von mehr Selbstbewusstsein, mehr Toleranz, mehr Individualität. Politisch habe ich mich nach der Wende eher zurückgezogen. Ich war 27 Jahre und vom System des Sozialismus überzeugt. Ich war auch politisch engagiert und habe während des Studiums ein politisches Amt bekleidet. Ich habe mich bei meinen Entscheidungen jedoch immer von bestimmten, mir wichtigen Grundwerten leiten lassen, wie Menschlichkeit, Verständnis und Achtung gegenüber anderen Menschen, ihren Gefühlen, Ansichten und ihrer Arbeit. Sofern ich mich manchmal aus politischen Gründen über diese Werte hinweggesetzt habe, sehe ich das aus heutiger Sicht als Fehler. Seit der Wende bin ich nicht mehr politisch, aber sozial engagiert. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, politisch Partei zu ergreifen, aber immer an der Sache und an den Menschen orientiert. A: Wären Sie Anwältin geworden, wenn es die Wende nicht gegeben hätte? Kahl: Nein, ich wollte nie Anwältin werden. Ich hätte mein Gleis wahrscheinlich nicht verlassen. A: Was war die Motivation, 1991 auf die Seite der Anwälte zu wechseln? Kahl: Dafür gab es politische, fachliche und tatsächliche Gründe. Bis 1989 war die Bundesrepublik für mich feindlich. Da hatte ich gefühlsmäßig schon ein paar Schwierigkeiten, juristischer Diener dieses Staates zu werden. Außerdem wurde ich zur Prüfung, ob ich als Richter übernommen werden kann, in einem Fragebogen von ca. vier Seiten umfangreich nach meiner politischen Vergangenheit und meiner derzeitigen politischen Betätigung befragt und auch danach, ob ich oder auch meine Verwandten Mitglied der PDS seien. Ich fühlte mich politisch verfolgt. Das Gefühl kannte ich bis dahin nicht. Fachlich war die Situation am Gericht in Zossen unerträglich. Wir erhielten zwar ein paar Schulungen durch westdeutsche Richter, uns standen jedoch keinerlei aktuelle Bücher oder Zeitschriften zur Verfügung. Ich erinnere mich noch, dass ich 1990 mit einem Palandt von, ich glaube 1982, arbeiten musste. Mit DDR-Rechtskenntnissen und nahezu ohne Literatur musste ich dann in Zossen

den häufig erscheinenden, sehr selbstbewussten, aus damaliger Sicht für mich gelackten und zum Teil widerlich überheblichen Anwälten aus WestBerlin gegenübertreten. Sie waren mir jedenfalls fachlich zu dieser Zeit in jeder Hinsicht überlegen. Kein gutes Gefühl als Richter. A: Und dann haben Sie sich als Anwältin selbständig gemacht? Kahl: Eine Richterkollegin, die bereits formell die Anwaltszulassung beantragt hatte, fragte mich, ob wir zusammen eine Kanzlei gründen wollen. Ich habe „ja“ gesagt. Bevor man eine Entscheidung solcher Tragweite trifft, sollte man mit möglichst vielen, mit der Materie vertrauten, erfahrenen Menschen sprechen und ihre Meinung nicht unterschätzen. Das war für mich seinerzeit allerdings insofern schwierig, als ich wenig Kontakte zu Menschen aus den alten Bundesländern hatte. A: Sehen Sie grundlegende Unterschiede zwischen den Situationen einer anwaltlichen Berufsanfängerin damals und heute? Kahl: In Ludwigsfelde gab es 1991 eine Anwaltskanzlei mit zwei Anwälten, das waren wir. Heute sind dort ca. 20 bis 25 Anwälte tätig. In der gesamten DDR gab es 1990 circa 600 Anwälte, in Westberlin 1200. Wir haben damals im Schlafzimmer einer Plattenbauwohnung unser Büro eingerichtet. Die Mandanten warteten auf einem Stuhl vor der Toilettentür. Unser einziges Marketing war ein Schild neben der Eingangstür und, ich glaube, eine Annonce zur Kanzleieröffnung. Die Bedeutung des Wortes Akquise war uns fremd. Als Kommunikationsmittel besaßen wir lediglich ein aktentaschengroßes C-Netz Mobilfunktelefon. Einen Festnetztelefon- und damit Faxanschluss gab es nicht. Als Schreibtechnik stand uns immerhin schon ein Robotron Personalcomputer mit dem Textverarbeitungsprogramm Q-text adress und einem Nadeldrucker zur Verfügung. Bedienen konnte ich das Teil zunächst nicht, denn ich hatte zu Ostzeiten noch keinen PC gesehen. Der Umsatz im ersten Monat lag bei ca. 50 DM, die wir in einer Kasse unter dem Schreibtisch vereinnahmten. Davon wollten wir irgendwann Bücher kaufen. Wir hatten keine Ahnung davon, dass von den 50 DM ein nicht unerheblicher Teil dem Finanzamt gehört. Unseren ersten Palandt (vorletze Auflage) schenkte uns ein netter Berliner Kollege. Im übrigen suchten

20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra

wir zwecks juristischer Recherchen die Bibliothek auf. Trotz abgeschlossener Juristenausbildung brauchten wir einige Zeit, um den Palandt stolperfrei lesen zu können, wegen der vielen, uns nicht vertrauten Abkürzungen. A: Die juristischen Schlagzeilen haben nach der Wende Themen wie die Mauerschützen-Prozesse, Gauck-Behörde, Eigentumsrückübertragung etc. bestimmt. Hat sich das auch in Ihrem beruflichen Alltag bemerkbar gemacht? Kahl: Mein beruflicher Alltag war davon kaum berührt. Dafür war meine Zeit als Jurist in der DDR zu kurz und ich war zu wenig clever, meine DDRVergangenheit zu vermarkten. Die Berührungspunkte mit diesen Angelegenheiten bestanden eher im privaten Bekanntenkreis. Mein Alltag war seinerzeit davon geprägt, das Recht der Bundesrepublik beherrschen zu lernen. Ich habe ein juristisches Repetitorium besucht und juristische Bücher studiert, bei Gerichten hospitiert, um ein neues Selbstbewusstsein gekämpft und um meine wirtschaftliche Existenz. Ich habe alle Mandate angenommen. Es waren Mandate aus allen möglichen Bereichen. Da ich als Richterin schon vorwiegend im Arbeitsrecht tätig war, wollte ich gern auf diesem Gebiet arbeiten. A: Gibt es spezifische Erfahrungen aus der Wendeund Nachwendezeit, die für Ihre berufliche Tätigkeit bis heute prägend sind? Kahl: Ich kenne die Denk-und Verhaltensweisen der Menschen in der ehemaligen DDR, die sich nach meiner Ansicht insbesondere bei älteren Menschen auch heute zum Teil noch deutlich von denen der Menschen in den alten Bundesländern unterscheiden. Dies ist für meinen Beruf sehr hilfreich. Vielleicht hat für mich die durch die plötzliche gesellschaftliche Änderung besonders spürbare Erfahrung, dass die Auslegung von Gesetzen immer politisch und durch gesellschaftliche Moralvorstellungen geprägt ist, eine besondere Bedeutung. Ist man in eine Gesellschaft integriert, erfordert es einen umfassenden Weitblick, zu erkennen, ob diese politischen oder gesellschaftlichen Maßstäbe richtig sind. Woran soll das gemessen werden? Und es kostet sehr viel Mut, davon abzuweichen. Es ist auch unbequem. Meine Erfahrung ist, dass es nur ganz wenige Menschen gibt, die dazu in der Lage sind. Ich kann nicht sagen, dass das für mich prägend wäre. Aber ich bin vielleicht aufmerksamer geworden. Frau Kahl, wir danken für Ihre offenen Antworten! Das Gespräch führte AdVoiceRedakteur und RA Percy Ehlert, Berlin.

Beate Kahl wollte nie Anwältin werden.

Foto: privat

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Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall

Von einem, der auszog, den Osten zu erobern Die Wendegeschichte eines Juristen, der heute Chef einer Friseurkette ist

1990 sprach sich schnell herum, dass da einer aus dem Westen ist, der Ahnung hat. Thomas L. Kemmrich ist heute Chef einer großen Friseurkette.

Als Thomas L. Kemmerich am 10. Juni 1989 das erste Mal nach Weimar und Dresden kam, war das für ihn, wie er sagt, „eine Zeitreise“. Heute lebt der gebürtige Aachener Jurist in Thüringen, hat hier Frau und sechs Kinder, betreibt eine Friseurkette und marschiert gerade mit großen Schritten für die FDP in den Thüringer Landtag. Wir sitzen im „Resi“ – einem über die Grenzen Weimars hinaus bekannten Lokal, in dem schon so manche Berühmtheit ihren Kaffee geschlürft hat. Neupolitiker Kemmerich erinnert sich an seine erste Reise in die damalige DDR: „Die Autos – das war wie in alten Filmen.“ Der smarte Mittvierziger, der eigentlich immer lacht, hält inne, wird nachdenklich. „Man hat sich nicht damit auseinandergesetzt, dass jenseits der Mauer Menschen wie du und ich leben.“

»Mein Vater – der hat den Fernseher ausgeschaltet, wenn die DDR eine Goldmedaille gewonnen hat. Er hatte tiefe Vorurteile.« Wieder eine kurze Pause. „Mein Vater – der hat den Fernseher ausgeschaltet, wenn die DDR eine Goldmedaille gewonnen hat. Er hatte tiefe Vorurteile“, erinnert er sich. So ist er aufgewachsen, macht in Aachen Abitur, studiert in Bonn Jura, lernt parallel Kaufmann und studiert anschließend BWL in Aachen. Keine Frage – Thomas L. Kemmerich wird in die Wirtschaft gehen. Aber nicht einfach so, in einen Großkonzern, mit geregelten Arbeitszeiten, siche-

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Foto: Sascha Mönch

rem Einkommen, sechs Wochen Urlaub im Jahr – dafür ist er nicht gemacht. Thomas L. Kemmerich will selbst Unternehmer werden. Er ist offener als der Vater. Osteuropa hat es ihm angetan. Budapest oder Prag – das sind seine Ziele. Dann bekommt er zwei Einladungen nach Erfurt, folgt ihnen und erlebt die Wende im Osten: „Ich hab’ gespürt: Hier passiert was. Es knallt, aber friedlich.“ Seine Augen funkeln, und man kann sie beinahe spüren, die Aufbruchstimmung, die vor 20 Jahren hier herrschte.

der Tür. Die notwendigen Genehmigungen vom damaligen Kreisamt hat er in der Tasche. „‚Wieviel wollen Sie denn so verdienen?’, hatte mich die Dame dort gefragt. Ich sagte: ‚So 150 Mark.’ ‚Im Monat?’, fragte sie. ‚Nein – in der Stunde’, antwortete ich. Dann sie wieder: ‚Machen Sie doch, was Sie wollen!’“ Er amüsiert sich heute noch über diese Szene. Von da an berät er LPGs – wandelt viele in AGs um. „80% der Unternehmen, die wir damals betreuten, sind noch am Markt“, schätzt Kemmerich.

»Ich war 24, hier tat sich Sensationelles. Ich sagte einfach ja, ohne groß nachzudenken.«

Irgendwann ist mal ein Friseur dabei, nahezu insolvent. „Können Sie uns bitte helfen, wir haben aber kein Geld“, lautete die Anfrage. Das Projekt wurde zur Chefsache. Heute hat die Friseurkette Masson 50 Geschäfte in Thüringen, Berlin und Leipzig mit 350 Mitarbeitern.

„Am 07. Oktober 1989 haben sie mir in Berlin die Einreise verweigert.“ Also kommt er am 01.11.1989 wieder – erlebt in Erfurt, wie die Mauer fällt. „Dass das so schnell geht, hätte ich nie gedacht. Die Stimmung hier war einfach sensationell.“ Die Entscheidung, in Thüringen zu bleiben, ist gefallen. Jungunternehmer Kemmerich trifft Leute vom „Demokratischen Aufbruch“, die ihn fragen, ob er helfen könne. „Ich war 24, hier tat sich Sensationelles. Ich sagte einfach ja, ohne groß nachzudenken.“ Also hält er seinen ersten Vortrag über soziale Marktwirtschaft. Das ist Anfang Januar 1990. Es spricht sich schnell herum, dass da einer aus dem Westen ist, der Ahnung hat. „Ein Kombinatsmann kam auf mich zu und bat mich um Hilfe.“ Ein paar Tage später ist er arbeitsfähig, eröffnet sein Büro. „Unternehmensberatung“ steht auf dem Schild an

Ach ja – und vor drei Jahren kam die Politik. „Mit 40 denkt man sich solche Sachen halt aus. Politisch aktiv war ich schon immer, z.B. in der Jungen Union in Aachen.“ Außerdem: „Ich verfolgte die politische Entwicklung genau; auch, dass die LINKE immer mehr die Rathäuser eroberte.“ Das war nicht nach seinem Gusto. Er engagierte sich wieder politisch, für den Mittelstand. „Es fing an, Spaß zu machen.“ Sollte Kemmerich tatsächlich in den Thüringer Landtag einziehen – es wäre die dritte, persönliche, Wende in seinem Leben. Das mit der Rechtspflege nicht mehr viel zu tun hat. Thomas L. Kemmerich macht nicht den Eindruck, als würde ihn das stören. RAin und Journalistin Anke Schiller-Mönch, Weimar

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Thomas L. Kemmrich, Chef der Friseurkette Masson mit 50 Geschäfte in Thüringen, Berlin und Leipzig.

Foto: Masson

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Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall

Inspektor Grünschnabel 42 Monate bei der Treuhandnachfolgerin BvS

Die wirtschaftlichen Folgen des Endes der DDR zu bewältigen, bot nicht nur für alte Juristenhasen ungeahnte Herausforderungen. Noch Jahre nach dem Mauerfall gab es drängende juristische Fragen zu bearbeiten:

bis auf ein Niveau von 30 Zentimetern unter Geländeoberkante waren, darunter nur bei Nachweis der Notwendigkeit für ein konkretes Neubauvorhaben.

Eine Gelegenheit für junge Juristen, bei der Treuhandnachfolgerin BvS das Spannungsfeld zwischen akademisch-juristischem Ideal und pragmatischer Problembewältigung kennen zu lernen.

Suche nach Perspektive

Dieter R. kam im Herbst 1996 zur Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), so hieß die Treuhandanstalt seit Januar 1995. Er wollte die Zeit bis zum Beginn des Referendariats überbrücken und wurde dem Direktorat Vertragsmanagement zugeordnet. Das überwachte die Einhaltung der Privatisierungsverträge durch die Erwerber von Unternehmen.

Eine eigene Perspektive zu finden, war für den Jungjuristen Dieter mit erstem Staatsexamen schwierig bis unmöglich. „Was bitte ist eine Bilanz?“ war eine der Fragen, die er sich zu stellen hatte. Und offenbar spielten auch gewisse politische Erwägungen eine Rolle. Jedenfalls sprach Dieters Chef einmal davon, dass es auch darum gehe, einige der Zuckerstückchen wieder einzusammeln, die den Investoren bei den Vertragsverhandlungen ausgelegt worden seien. Jedenfalls gab es bisweilen irritierte Reaktionen auf Seiten der Erwerber, wenn BvS-Mitarbeiter sich bei der Vertragsauslegung eng an den Wortlaut hielten.

Eine anspruchsvolle Aufgabe für einen Frischling von der Uni, in zuarbeitender Funktion mögliche Vertragsverletzungen von Unternehmenskäufern zu untersuchen. So etwa, als ein Investor nicht mehr benötigte Gebäude samt Fundamenten abräumte und die Kosten vom Steuerzahler erstattet verlangte. Der Privatisierungsvertrag regelte jedoch ausdrücklich, dass erstattungsfähig nur die Kosten für das Beseitigen bestimmter Altanlagen

Die große Politik: Da gab es ein gewaltiges öffentliches Tam-Tam um den Verkauf der Mitteldeutschen Erdölraffinerie in Leuna an Elf Aquitaine. Der Verdacht wurde laut, die Franzosen hätten den Zuschlag aufgrund von Bestechung erhalten. Da wollten es die Politiker ganz genau wissen und das zuständige Vertragsteam bei der BvS musste die Akten aufarbeiten. Von diesen Leuten hat Dieter gehört, dass gar nicht erkennbar gewesen sei, wes-

Großes öffentliches Tam Tam gab es um den Verkauf der Erölraffinerie in Leuna an das französische Unternehmen Elf Aquitaine.

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halb Elf hätte schmieren sollen. Es habe bei der Privatisierung keinen Wettbewerber gegeben, der bereit war, ebenso große Verpflichtungen einzugehen und eigenes Geld anzufassen.

Skandal! Skandal? Politischen Ärger hat Dieter auch erlebt, als ein Unternehmen von einem Treuhand-Berater aufgekauft wurde. Da war von einem anrüchigen Insidergeschäft die Rede. Nach allem jedoch, was Dieter über den Vorgang in Erfahrung bringen konnte, war es eher so, dass das verkaufte Unternehmen einen erheblichen Instandhaltungsrückstau hatte, der im Kaufpreis nicht angemessen berücksichtigt worden war. Damals ist Dieter, frisch von der Uni kommend, mit der reinen Vertragsrechtslehre an die ihm zur Prüfung gegebenen Vorgänge herangegangen. Aus heutiger Sicht scheint ihm, dass es in vielen Fällen gute Gründe gab, den Privatisierungsprozess mit einer ordentlichen Portion Pragmatismus zu begleiten. Jedenfalls hatte er immer, so versichert Dieter, den größten Respekt vor der persönlichen Integrität der Juristen, Ingenieure und Betriebswirte der BvS, mit denen er Umgang hatte. RA Percy Ehlert, Berlin

Foto: hennesd . pixelio.de

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Bei verkauften maroden Industrieobjekten entstand nicht selten ein großer Instandhaltungsstau.

Foto: Kurt Michel . pixelio.de

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Fall ohne Gleichen 100 Tage Direktor Recht in der Treuhandanstalt Berlin

dende – für diese ungeheure Aufgabe möglichst freie Hand von obrigkeitlichen und von ParteiEinflüssen gelassen wurde. Diese Institution war die Treuhandanstalt , und ich meine, ihre Erfolge geben dem Recht. Als ich aus der Treuhandanstalt Ende 1990 ausschied, habe ich die weitere Entwicklung sehr pessimistisch beurteilt. Die „Filet-Stücke“ konnten zwar schnell abgesetzt werden. Auch die wenigen in Frage kommenden Großunternehmen, insbesondere der Autoindustrie waren ihren Verpflichtungen, nicht nur aus merkantilen Gründen, sondern auch nationalem Engagement, nachgekommen. Aber was denn nun?

Erfolgreiche Arbeit Hausausweis der Treuhandanstalt.

Der erste Leiter der Direktion Recht der Treuhandanstalt berichtet von den Pionieraufgaben bei der Neuordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der ehemaligen DDR. Am 10. September 1990, kurz vor meiner Pensionierung als Landgerichtspräsident in Mönchengladbach, bin ich bei der Treuhandanstalt in Berlin als kommissarischer Leiter der Rechtsabteilung eingesprungen, und zwar bis zum Ende des Jahres 1990.

Repro: Andrea Vollmer

die aus dem Zusammentreffen zweier gänzlich unterschiedlicher Rechtskreise, den Unzulänglichkeiten des Einigungsvertrages und den zahllosen Schwierigkeiten der DDR-Wirtschaft insbesondere aus Altlasten und den Altforderungen herrührten. Wir hatten die Verkaufsverhandlungen juristisch zu begleiten, Musterverträge und Satzungen zu entwerfen, und daneben auch Prozesse zu führen.

Unmögliche Aufgaben Während dieser Zeit entwickelte sich die Treuhandanstalt unter der Leitung ihres Präsidenten Rohwedder vom von der Regierung Modrow eingesetzten Provisorium zur kompetenten Bundesanstalt für die Neuordnung der gesamten ehemaligen DDR-Volkswirtschaft. Wenn auch die Erwartungen erst im Ansatz erfüllt werden konnten, wurde – entgegen weitgehend unberechtigter Kritik – von „Wessis“ und „Ossis“, vom Vorstand bis zu den Sekretärinnen, mit ungeheurem Einsatz gearbeitet. Die Größe der Aufgabe war unvorstellbar, es handelte sich schließlich um den Verkauf, die Sanierung oder Stilllegung von zigtausend Einzelunternehmen mit ca. 6 Millionen Beschäftigten, um über 1,7 Millionen Hektar Landwirtschaft, 400 Staatsdomänen, die Stasi-Immobilien mit 2.900 Objekten und die sogenannte Staatsreserve im Wert von 650 Millionen DM. Auch von der Rechtsabteilung wurde fast Unmögliches verlangt. Es galt bisher unbekannte, äußerst schwierige juristische Probleme zu lösen,

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Ich selbst war juristisch insbesondere mit den Fragen des „Unmöglichen“, dem die Rückübertragungsansprüche für Unternehmen regelnden § 6 des Gesetzes zur Regelung der offenen Vermögensfragen und entsprechenden Auseinandersetzungen mit dem Bundesjustizministerium befasst. Es wird immer wieder gefragt, ob die Entstaatlichung der ehemaligen DDR-Wirtschaft nicht hätte anders, besser gemacht werden können. Nach meiner Einschätzung jedenfalls grundsätzlich nicht. Man muss sich vor Augen halten, dass kaum jemand mit der Wiedervereinigung gerechnet hatte. Eine Vorbereitung auf diesen Fall hat es nicht gegeben und es gab auch keinen Vergleichsfall. Da wir eine bewährte, auf Privatinitiative bauende soziale Marktwirtschaft hatten und haben, kam nur eine Angleichung an diese durch eine möglichst schnelle Privatisierung in Betracht, und zwar durch eine Institution, der – und das war das Entschei-

Die produzierenden Unternehmen stellten zu einem großen Teil Produkte her, die nicht wettbewerbsfähigem Standard entsprachen, die Maschinen waren veraltet, stammten zum Teil aus Kriegs- und Vorkriegszeiten, die Gebäude waren heruntergekommen, die Personalbestände um das drei- bis vierfache zu hoch, Altschulden und Altlasten wegen der Bodenverseuchungen belasteten die die Bilanzen, die Ost-Märkte mit 60 % des bisherigen Absatzes waren wegen der DM-Umstellung verschwunden, geschultes Management und knowhow fehlten auf allen Gebieten. Und wenn ein Produkt doch einmal neuestem Standard entsprach, war es wegen der hohen Fertigungskosten nicht wettbewerbsfähig. Wer also sollte denn diese Unternehmen kaufen, mit denen frühestens in 10 Jahren die erste „müde Mark“ zu verdienen war? Hinzu kamen die nach wie vor ungeklärten Eigentumsverhältnisse, ferner die erst allmählich funktionierenden Behörden, die Schaffung ausreichender Infrastrukturen, insbesondere des Verkehrswesens und der Kommunikationssysteme. Der Vorwurf, die Treuhandanstalt habe ganze Industriegegenden „platt gemacht“, trifft allein das vorangegangene Regime. Die betreffenden Industriegegenden waren bereits zugrunde gerichtet, wenn dies auch so verdeckt war, dass das volle Ausmaß erst im Nachhinein offenkundig wurde und zu den bekannten, bedauerlichen Fehleinschätzungen geführt hat. Es ist erstaunlich und bewunderungswürdig, dass trotz der aberwitzigen Schwierigkeiten die Aufgaben der Treuhandanstalt im wesentlichen bis Ende 1994 ausgeführt wurden. Dr. jur. Ulrich Firnhaber, Meerbusch

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Ehemaliger Sitz der Treuhandanstalt, heute Bundesministerium der Finanzen

Foto: Andrea Vollmer

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DDR Folgen Recht Ein untergegangener Staat als Regelungsgegenstand bundesdeutschen Rechts

§ 8 Erholungsurlaub für Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte des Faschismus, Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte des Faschismus erhalten einen jährlichen Erholungsurlaub von 27 Arbeitstagen. Alle Arten von Zusatzurlaub, mit Ausnahme des arbeitsbedingten Zusatzurlaubs, werden bei Vorliegen der Voraussetzungen zusätzlich gewährt.“

Foto: Tobias Sommer

Wie schafft man eigentlich eine Währung ab, speziell die der DDR? Nun ja, ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, und zwar in die „Bekanntmachung über die Außerkurssetzung der im Beitrittsgebiet noch gültigen Umlaufmünzen der ehemaligen DDR zu 1, 5, 10, 20 und 50 Pfennig“.

Neue Mauern in Berlins Mitte?

Die DDR ist untergegangen? Nicht im Recht. Im Recht ist und bleibt sie präsent. Zahlreiche Prozesse haben DDR-Sachverhalte, seien es Äußerungen über angebliche Stasi-Mitarbeit, Prozesse um die Stasi-Unterlagen, geführt von Prominenten und so gegensätzlichen Politikern wie Gysi oder Kohl, Mauerschützen-Prozesse, Prozesse um Renteneingruppierungen, Anerkennungen von Ausbildungen, offene Vermögensfragen, baurechtliche Prozesse um ausgebaute Wochenendhäuschen usw., usf. In gewissen Anwaltssuchmaschinen wird noch heute mit dem Rechtsgebiet „DDR Folgen Recht“ geworben. Ganze Gesetze beschäftigen sich mit dem Thema DDR. Und auch in zahlreichen Einzelnormen taucht der Begriff DDR in den unterschiedlichsten Zusammenhängen auf, sei es, dass ein Sachverhalt extra geregelt wird, sei es dass eine DDR-Norm fortgilt, wie im Fall des Urlaubsanspruchs für Kämpfer gegen den Faschismus: „EUrlV DDR (Verordnung über den Erholungsurlaub)

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In zahlreichen Einzelnormen finden sich auch 20 Jahre nach dem Mauerfall Regelungen, die speziell die DDR in den Blick nehmen. Eine größerer Teil der Regelungen entfällt auf die Anerkennung von amtlichen Dokumenten, Ausweisen, Urkunden, Titeln usw. Es geht um Versicherungen, die Währung oder Renten. Viele Reglungen, vor allem diejenigen, um die heftig gestritten wird, beziehen sich letztlich auf das Geld im Portomonaise der beigetretenen Bundesbürger, um strafrechtliche Verantwortlichkeiten oder um Wissen und das historische Gedächtnis. Begriffe wie Beitrittsgebiet, Deutsche Demokratische Republik und DDR finden sich in mehreren hundert Normen. Einige Regelungen, die laut Einigungsvertag fortgelten, sind reichlich absurd, nach § 3 Abs. 2 S. 2 der Fürsorge- und Aufsichtsordnung gilt: „Der Leiter soll jedoch im Zusammenwirken mit den Lehrern und Erziehern, der FDJ und Pionierorganisation, dem Elternbeirat und den Organen der Volkspolizei durch Aufklärung und Erziehung dafür Sorge tragen, dass die Sicherheit der Kinder auf dem Schulweg erhöht wird.“ Das Anliegen ist gut. Neben all dem geschrieben und gelebtem Recht gibt es noch das Recht in den Köpfen. In Filmen und Büchern überleben das Recht und die rechtlichen Wertvorstellungen der DDR. Das „Recht auf Arbeit“, ein elementarer Wert der DDR, wird immer mal wieder gefordert. Es wird auch noch ein paar Jahre dauern, bis ein paar Millionen ehemalige DDR-Bürger nicht mehr auf den Gedanken kommen, eine „Eingabe“ einreichen zu wollen. RA Tobias Sommer, Berlin

Einige Bundesdeutsche Gesetze, die sich speziell mit dem Thema DDR beschäftigen: Einigungsvertrag Samt Nebenbestimmungen wie z.B. EGRechtÜblV Verordnung zur Überleitung des Rechts der Europäischen Gemeinschaften auf das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet StUG – Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz _ StUG) DDR-EErfG – Gesetz zur Regelung in der Deutschen Demokratischen Republik nicht erfüllter Entschädigungsansprüche aus Enteignung FinBerG DDR – Gesetz zur Bereinigung von in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zwischen den öffentlichen Haushalten und volkseigenen Unternehmen, Genossenschaften sowie Gewerbetreibenden begründeten Finanzbeziehungen ASLwApFG – Gesetz zur Förderung der agrarstrukturellen und agrarsozialen Anpassung der Landwirtschaft der DDR an die soziale Marktwirtschaft - Fördergesetz SchuldBBerG – Gesetz zur Behandlung von Schuldbuchforderungen gegen die ehemalige Deutsche Demokratische Republik SEDDiktStiftG – Gesetz über die Errichtung einer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur VermG – Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen Gesetz über den Nachweis der Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Umstellungsguthaben Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet Treuhandgesetz samt Nebengesetzen und Durchführungsverordnungen

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Checkpoint Charlie: Mit juristischen Mitteln von 1963-1989 unüberwindlich. Heute unter den top ten für Berlin-Touristen.

Foto: Tobias Sommer

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45 Mal geschützte DDR Zahlen, Daten, Zeichen eines Staates im Untergang

> 45 eingetragene Marken im Register des Deutschen Patent- und Markenamts , die den Begriff DDR enthalten.

> ca. 3.400 DDR-Häftlinge, die zwischen 1963 und 1989 von der Bundesrepublik freigekauft wurden

> 77.000.000 Euro aus dem ehemaligen SEDVermögen stehen der Bundesstiftung Aufarbeitung als Kapital zur Verfügung.

> 93,38% Wahlbeteiligung an der 1. freien Volkskammerwahl am 18. März 1990

> ca. 6.000 DDR-Bürger, die sich im Spätsommer 1989 in die Botschaft der BRD in Prag flüchten ca. 8.000 DDR-Bürger, die im Sommer 1989 von Ungarn erlaubt bekommen, die Grenze nach Österreich zu überschreiten

> 6.315.792 Anträge und Ersuchen bei der Birthler-Behörde BStU bis Ende 2008

> 164 vollstreckte Todesurteile in der DDR > 136 oder 222 / Zahl der Mauertoten (Berliner Mauer), die bei einem Fluchtversuch gestorben sind > 236 Kreisgerichte (vergleichbar einem Amtsgericht) in der DDR Mitte der 80er-Jahre / 126 Amtsgerichte in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Brandenburg Ende 2006 > 560 Rechtsanwälte gab es in der DDR 1989 / 54.108 Rechtsanwälte gab es in der BRD 1989

> 70.000 Teilnehmer an der Montagsdemonstration in Leipzig am 4. November 1989

> 250 Milliarden Mark. Nationaleinkommen der DDR 1989 = ca. 14.705 pro Kopf Zusammengetragen von RA Tobias Sommer, Berlin

> 177.373 Wörter hat der Einigungsvertrag inklusive der Anlagen (1.267.464 Zeichen inklusive Leerzeichen), zum Vergleich BGB: 197.925 > 780.861 Besucher im DDR-Museum (eröffnet 2006), davon 37,4% aus der ehemaligen DDR, 38,4% aus dem ehemaligen Westdeutschland

> 12.301 Rechtsanwälte bei den RAK Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Brandenburg (Berlin gesamt: 12.049) zum 1. Januar 2009 > 150.377 Rechtsanwälte in Deutschland zum 1. Januar 2009

Mauerreste in Berlin

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Foto: Andrea Vollmer

20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra

Schreibt uns! Schreibt Eure persönlichen Wendeerlebnisse und Erfahrungen für die AdVoice auf! Sie sollten einen Bezug zum Recht in Ost und West haben und natürlich zu Eurer eigenen Geschichte. Senden an redaktion@davforum. de !

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G ????

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Anwalt der Anwälte

FORUM Junge Anwaltschaft im DeutschenAnwaltverein

20 Jahre Mauerfall

 

20 Jahre Mauerfall

WENDE-EXTRA

Aus dem Inhalt: 45 Mal geschützte DDR DDR Folgenrecht 100 Tage Treuhandanstalt 42 Monate Treuhandnachfolge Osteroberung - eine Karriere Richterin Ost / Anwältin West

FORUM Junge Anwaltschaft

w w w. d a v f o r u m . d e

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