Thema: Fristen - Forum Junge Anwaltschaft

March 20, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Anwalt der Anwälte

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FORUM Junge Anwaltschaft im DeutschenAnwaltverein

Thema: Fristen Mich frisst die Frist Lebenslänglich – für immer hinter Gittern? Fristlos – Bagatelle als Kündigungsgrund Anwälte in Not – Hilfe vom DAV Jura global – Arbeiten für NGOs

forum Junge Anwaltschaft

w w w. d a v f o r u m . d e

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Wir wollten Ihnen den Arbeitstag verkürzen. Das ist uns auch gelungen. Wenn alles an retro kanzleisoftware so zuverlässig wäre wie Abstürze und Verzögerungen, würden Sie die verlorene Zeit mehr als wettmachen.

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„Das kenne ich noch aus meiner Ausbildung!“ )UDQ](UZLQ5VWLJ5HFKWVEHLVWDQG

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„Ohne retro wären kleine Kanzleien nicht das, was sie sind!“

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Editorial

Adrenalin und bockige Faxgeräte

Fristen begegnen einer Rechtsanwältin/einem Rechtsanwalt ständig in der täglichen Praxis. Je nachdem, ob man auf der Klägerseite oder auf der Beklagtenseite steht, kann dabei die Versäumung ein und derselben Frist durchaus unterschiedliche Reaktionen auslösen. Hat beispielsweise der Beklagtenvertreter vergessen, die Verteidigungsanzeige in einem Zivilprozess rechtzeitig abzusenden, ist dies für den Beklagten - vorsichtig formuliert - problematisch, für den Kläger hingegen sehr erfreulich. Fristen, beziehungsweise insbesondere der drohende Ablauf einer Frist, können die Notwendigkeit nach sich ziehen, kurzfristig private Termine am Abend abzusagen. Vermutlich jeder hat schon einmal die Nacht zum Tage gemacht, weil der Ablauf einer Frist kurz bevor stand und aus was für Gründen auch immer eine Fristverlängerung nicht (mehr) möglich war. Für zusätzliches Adrenalin im Blut ist dann noch gesorgt, wenn das Faxgerät des weit entfernt liegenden Gerichts sich partout weigert, den wichtigen Schriftsatz zu empfangen.

 

Bei den Fristen gibt es allerdings auch vergleichsweise harmlose Fristen, wie beispielsweise die von Kollegen in ihren außergerichtlichen Schriftsätzen gesetzten Fristen. Deutlich „gefährlichere“ Fristen begegnen einem bei der Frage, ob der Anspruch des Mandanten möglicherweise bereits verjährt ist. Oder bei der Frage, ob die „normale“ Verjährungsfrist von drei Jahren oder eine der vielfältigen Ausnahmen greift. Wurde die Kündigungsschutzklage zu spät erhoben? Können Einwendungen gegen eine Nebenkostenabrechnung noch erhoben werden? Der Beitrag „Wohnen nach der Fristenuhr – Märchenhafte Fristen im Mietrecht“ (Seite 10) beschäftigt sich anhand eines Beispielfalles mit verschiedenen Fris-

AdVoice Redaktionsteam Volker Loeschner, Berlin Rechtsanwalt Redaktion und Autor

ten, die im Mietrecht zu beachten sind. Mit der in der Praxis gerne übersehenen Möglichkeit des Tatbestandsberichtigungsantrags beschäftigt sich der Artikel auf Seite 26. Im Beitrag „Jahr um – Frist futsch“ (Seite 17) berichtet eine Kollegin, wie sie mit einer versäumten Frist umgegangen ist, und wie überraschend der Mandant darauf reagiert hat. Der Kollege Patrick Ruppert beschäftigt sich schließlich in dem Artikel „Mich frisst die Frist – Wie Stress im Umgang mit Zeitabläufen begegnet werden kann“ (Seite 4) im Gespräch mit Dr. Nikolaus Kriegeskorte, Leiter einer Forschungsgruppe zur visuellen Objekterkennung in der Cognition and Brain Sciences Unit des Medical Research Council in Cambridge, UK, mit der psychologischen Seite von Fristen. Daneben möchte ich Euch den Beitrag „Offne Rechnung – Die Gebührenklage gegen den früheren Mandanten" (Seite 42) ans Herz legen, der sich mit den Feinheiten des richtigen Vorgehens gegen zahlungsunwillige Mandanten beschäftigt. Ebenfalls sei der Artikel „Anwälte in Not – Beratung für Anwälte in finanziellen Schwierigkeiten“ (Seite 43) zur Lektüre empfohlen. Tja, wie geht man also am besten mit Fristen um? Jeder muss da seinen eigenen Weg finden, den Stress, das Arbeitsaufkommen, die Mandanten und das Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Ich persönlich versuche, unverschiebbare Fristabläufe schnellstmöglich, spätestens einige Tage vor Fristablauf zu erledigen. Immer gelingt mir das allerdings leider auch nicht. Ich wünsche Euch stressfreie Fristenabläufe und viel Spaß beim Lesen Euer RA Dr. Christoph Triltsch

Tobias Sommer, Berlin Rechtsanwalt Chefredakteur

Anke Schiller-Mönch, Weimar Rechtsanwältin Redaktion und Autorin

Patrick Ruppert, Köln Rechtsanwalt Redaktion und Autor

Stefanie Salzmann, Eschwege Journalistin Zentralredaktion

Jens Jenau Rechtsanwalt Schloß Holte-Stukenbrock Bücherforum

Andrea Vollmer, Berlin Fotografin und Bildredaktion

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Inhalt

Thema: Fristen

Magazin

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Mich frisst die Frist Stress begegnen

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Warnschussarrest Abschreckung contra Neuköllner Modell

30

Die UNO und die anderen Juristen bei Nichtregierungsorganisationen

6

Mit Klebezettel der Geleimte Fristenurteile

21

Familienrecht auf der Überholspur Vorrang für Kindeswohl

32

Das Gericht des Monats Das Amtsgericht Düsseldorf

8

Von Ausländerrecht bis Zivilrecht Fristen in Rechtsgebieten

22

Von „alles“ bis „gar nichts“ Verantwortung delegieren

34

Uniform statt Robe Karriere bei der Bundeswehr

10

Wohnen nach der Fristenuhr Märchenhafte Fristen im Mietrecht

23

Haftungsfall Fristversäumnis Wiedereinsetzung

36

Schneller als die Post Neue Wege per Signaturkarte

12

ABC der Fristen Alphabet für Juristen

25

Die Zuverlässige war’s Personal und Fristverantwortung

38

Grünes Licht für Patientenrechtegesetz! Damit Patienten ihre Rechte kennen

14

Nervenkitzel pur Verlängerungsanträge

26

Frust mit der Frist Teilzeit- und Befristungsgesetz

40

Im Visier der Verbraucherschützer Rechtsschutzversicherer

15

Die Fristenfee Termine im Kopf, Akten unterm Arm

26

Tatbestandsberichtigungsantrag Urteilsergänzung in 14 Tagen

43

Mehr Mediation machen Verhandeln statt streiten

16

Schief gelaufen Gespräch setzt Verjährung in Gang

27

Oma hat den Brief verschusselt Tückische Alltagsfristen

44

Offne Rechnung Gebührenklage gegen Mandanten

17

Jahr um – Frist futsch Ein Erfahrungsbericht

27

Don’t forget Fristenkalender und Lieblingsfristen

45

Anwälte in Not Krisendienst hilft bei Schieflage

18

Lebenslänglich Die Höchststrafe im deutschen Strafrecht

28

Auch Kleinvieh ist Mist Fristlos entlassen wegen Bagatellen?

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Kostenlos, aber nicht umsonst Umschüler können große Hilfe sein

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Vom Bitten und Betteln Das Gnadenrecht

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Inhalt

Euer FORUM

48

GfA-intern Wer macht hier was?

49

Das Who-is-who des GfA

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Mitmachen und Wörter zählen AdVoice-Autoren und Redaktion

Bücherforum

58

Gesamtes Strafrecht Effektive Strafverteidigung

Info + Service

63

Autorenverzeichnis

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Das letzte Wort Verrechnet

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Impressum

Verteidigung im Ermittlungsverfahren Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht Arbeitsrecht Personalbuch 2011

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Volksnah und dickfellig FORUMs-Mann Allesch jetzt Anwaltsvereinschef Haftungsfallen auf dem Berliner Stammtisch Gut besucht und interessant

Bundesdatenschutzgesetz Datenschutz in der anwaltlichen Beratung Beck´sches Formularbuch IT-Recht Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Streitwert-Kommentar

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Vorteile der FORUMs-Mitgliedschaft

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FORUM international Neuer Länderbeauftragter für _Island

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Regionalbeauftragte gesucht

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FORUM regional Neue Regionalbeauftragte für

Verwaltungsrecht Handbuch der Testamentsgestaltung Handbuch Pflichtteilsrecht Das Ende der Geduld

_LG Mainz _LG Kleve _LG Bayreuth _LG Koblenz

Fotos Inhaltsverzeichnis v.l.n.r.: hoeflechner.net, Rainer Sturm_pixelio.de / privat / Rainer Sturm, Gerd Altmann_pixelio.de

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Thema

Mich frisst die Frist Stress im Umgang mit Zeitabläufen begegnen

Sie sind uns mindestens genauso geläufig wie die Willenserklärung, der Kaufvertrag oder der Diebstahl, die wir nach Uni und Rep im Schlaf herunterbeten können: Die Fristen begleiten den praktisch tätigen Jurist nahezu ein ganzes Leben. Versetzen wir uns in die ersten Semester zurück, so denken wir an die Verjährungsfristen im BGB, die uns bereits mit trickreichen. Fallkonstellationen rund um Unterbrechung und Hemmung in den Wahnsinn treiben konnten. In den später folgenden Übungen im Verwaltungsrecht lernten wir, dass Fristen dazu da sind, um Rechtsmittel rechtzeitig vorzubringen oder verspäteten staatlichen Zugriff zurückzuweisen. Fristen, so wurde uns spätestens im Referendariat klar, organisieren Arbeitsabläufe mit anderen Menschen auf den Punkt, machen koordiniertes Zusammenwirken erst möglich. Der Büroalltag bekommt so Konturen, denn die Aktenarbeit erhält einen zeitlichen Rahmen und die Meetings mit den Sozien werden terminlich fixiert. So könnte man annehmen, dass Fristarmut ins Chaos mündet. Diese Sorge ausschließen wollend, neigen Workaholics dazu, beinah alles mit Fristen zu versehen. Dank elektronischer Kalenderfunktion auf PC und Smartphone sind die Fristen ständiger Begleiter. Sie können von autorisierten Bürovorstehern eingetragen, selbst kontrolliert und modifiziert werden. Je mehr Fristen im Kalender stehen, desto deutlicher das Signal, eine gefragte Person auf dem Beratungsmarkt zu sein – Reputation und Geld folgen zwangsläufig, so der verlockende Schluss. Doch was geschieht, wenn es überhand zu nehmen droht, Fristen einander überlagern und die allmorgendliche Weckmelodie im Handy nur noch Reminder für eben jene nicht verschiebbaren Zeitabläufe ist? Mag sein, dass in jungen Jahren Ehrgeiz, Stolz und die Pumpe signalisieren: No limits! Mit zunehmendem Alter jedoch steigen die Ansprüche an die eigene Person stetig. Soziales Gefüge, neue Aufgabenfelder und letztlich die Gesundheit zerren und ziehen am Organismus, was im ungünstigsten Fall zum Kollaps führen kann. Die Diagnose lautet: Gefressen von der Frist oder besser: stressbedingte Überlastung. Dies gilt es zu vermeiden. Die richtigen Entscheidungen in der Büroorganisation zu treffen, stellt somit das A und O dar, um möglichst lange und letztlich auch effizient im Beruf bleiben zu können. Nikolaus Kriegeskorte ist Psychologe an der Cognition and Brain Sciences Unit des Medical Research Council in Cambridge. In seiner

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interdisziplinären Forschungsarbeit untersucht er die Reizverarbeitung im menschlichen Gehirn, schlüsselt die Funktionsweisen der neuronalen Verschaltung auf und liefert somit wichtige Erkenntnisse für das Humanverhalten. Im Interview mit AdVoice geht er der Frage auf den Grund, welchen Einfluss Fristen im Alltag beigemessen wird. Auch sagt er, warum nicht alles als Frist deklariert werden sollte. A: Warum gibt es überhaupt Fristen? K: Manche Fristen haben objektive Gründe. Aber oft ist die Setzung einer Frist ein psychologisches Spiel. Ich gebe mal ein Beispiel. Wir wollen ein Buch herausgeben. Zwanzig Autoren haben sich bereit erklärt, Kapitel beizutragen. Das Buch behandelt ein bestimmtes Thema und soll innerhalb eines Jahres erscheinen. Wenn es innerhalb von zwei Jahren herauskommt, dann ist das immer noch gut. Aber je länger es dauert, desto stärker ist der Inhalt veraltet. Äußere Umstände begründen keine strenge Frist. Doch die einzige Möglichkeit, das Projekt zügig durchzuziehen und die Autoren zu disziplinieren, ist die Setzung einer Frist. A: Autoren müssen diszipliniert werden? K: Das Problem ist, dass bei sehr beschäftigten Menschen viele Projekte im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit stehen. In diesem Wettbewerb muss das Projekt, ein Kapitel zu schreiben, gewinnen, sonst wird es nie fertiggestellt. Eine Frist hilft dabei, das Projekt nicht nur als wichtig, sondern auch als dringend erscheinen zu lassen. Wichtigkeit und Dringlichkeit sind typischerweise die Kriterien für die Entscheidung, was man mit seiner Zeit tut. A: Ohne solche Deadlines funktionierte nichts? K: Deadlines sind sehr wichtig, ja! Deadlines sind motivierend und synchronisieren die Gruppe: Sie helfen zu erreichen, dass alle in etwa gleichzeitig fertig werden. Aber – und das ist das Interessante – es ist auch so, dass Fristen eine gewisse Beliebigkeit haben. Denn man könnte sie etwa auch einen Monat später setzen. Das wäre in vielen Fällen gar kein Problem. Und oft ist es wie im Beispiel des Buches so, dass es zwar eine Deadline gibt, die dann aber doch nicht eingehalten wird, weil Autoren ihre Kapitel später einreichen. Die Frist wird dann einfach nach hinten verschoben. A: Fristen sind Motivatoren? K: Das ist richtig, Fristen motivieren durch Druck. Wenn Fristen nicht eingehalten werden, dann hast du den Vertrag nicht erfüllt. Das ist zumindest ein wenig peinlich. Die Frist führt folglich zu einem Push.

A: Funktioniert das denn? Nutzt sich dieser psychologische Trick nicht ab, wenn ich weiß, ich bekomme einen Fristaufschub? K: Im Juristenalltag mag das deutlich härter sein. Beim wissenschaftlichen Autor ist es oft so, dass er oder sie nervös wird, wenn der Tag des Fristablaufs naht. Man muss sich melden, weil man nicht sicher sein kann, dass die eigene Arbeit nicht umsonst war. Normalerweise melden sich die Autoren, bitten um eine Verlängerung und stehen dann zu ihrem Wort. Es entsteht sozialer Druck, der oft einen positiven, einen motivierenden Effekt hat. A: Wann schlägt die positive Motivation durch Druck in negativen Stress um? K: Stress entsteht, wenn sich ein Mensch nicht nur unter Druck fühlt, sondern zusätzlich einen Kontrollverlust erlebt. A: Hängt es davon ab, ob der Druck von außen kommt oder selbstgesetzt ist? K: Nein. Viele Menschen haben Stress aufgrund des Drucks, den sie sich selbst machen. Man macht sich selbst zwanghaft Druck und empfindet daraufhin Kontrollverlust. Ich würde nicht sagen, dass der selbstgemachte Druck weniger gefährlich ist in Bezug auf Stress im negativen Sinn. A: Führt jeder Druck zwangsläufig zu Stress? K: Nein. Es gibt den Druck, der dazu führt, dass die gestellte Aufgabe auf Platz eins der eigenen Priori tätenliste rückt. Es folgt der Entschluss, „jetzt“ anzufangen. Auch wenn es etwas unangenehm ist, weil man sich erst einmal in das Thema hineindenken muss, oder weil es irgendwelche Hindernisse zu überwinden gibt, muss kein ungesunder Stress entstehen. Doch wenn der Druck sich häuft und das subjektive Erleben hinzutritt, dass man die Lage nicht mehr unter Kontrolle hat, und dass man drohende negative Konsequenzen weder abwenden noch hinnehmen kann, dann entsteht ungesunder Stress. A: Kann es soweit gehen, wenn die Fristen überhand nehmen, dass Lebensfunktionen eingeschränkt werden, oder dass es sogar zu einer kompletten Lähmung kommt? K: Menschen, die dauerhaft Stress erleben, zeigen psychische und körperliche Symptome. Das können Schlafverlust, Motivationslosigkeit, Rückzug von sozialen Aktivitäten oder Depressionen sein. Körperlich können Magen-Darm-Probleme, Kopfschmerzen und langfristig ernstere körperliche Schäden folgen. Der Nebeneffekt ist, dass man noch weniger schafft, als man glaubte, nicht hinnehmen zu können.

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Thema

»Stress entsteht, wenn sich ein Mensch nicht nur unter Druck fühlt, sondern zusätzlich einen Kontrollverlust erlebt.«

festgehalten werden, so dass man sie nicht mehr im Kopf haben muss, aber nicht im Kalender. So hält man den selbst gesetzten Druck unter Kontrolle und vermeidet Stress. A: Was, wenn die Fristen und der Druck von außen überwältigend erscheinen? K: Man muss verstehen, dass es die eigene Wahrnehmung ist, die Druck in Stress verwandelt. Wenn Fristen sich häufen, müssen wir reevaluieren, welche uns am wichtigsten sind, uns auf diese konzentrieren, und die Konsequenzen akzeptieren. Diese Weisheit erwächst aus mehreren Einsichten: dass Druckgesteuertes Handeln nicht erfolgversprechend ist, dass subjektiver Kontrollverlust zu objektivem Kontrollverlust und damit zu noch größeren realen Verlusten führt, dass dauerhafter Stress die Gesundheit schädigt, und dass unser subjektives Erleben von Moment zu Moment die Qualität unseres Lebens bestimmt. A: Ist Stress trotz hohen Arbeits- und Fristenaufkommens denn überhaupt vermeidbar? K: Die Frage hierbei muss lauten, wie wichtig die Einhaltung der Frist erscheint. Das ist der subjektive Faktor. Du kannst zwei Leuten den gleichen Druck machen. Der eine fühlt sich dabei total gestresst, der andere gar nicht. A: Welche Mechanismen kann man denen empfehlen, die Fristen zu nah an sich heranlassen? K: David Allens Buch „Getting things done“ enthält eine zentrale Erkenntnis zum Thema Fristen. Der

Foto: Silke Kaiser_pixelio.de

Autor sagt, dass man seine verschiebbaren Aufgaben nicht im Kalender planen soll. Eine Aufgabe in den Kalender zu schreiben, bedeutet die Setzung einer Frist, selbst wenn man sich bewusst ist, dass diese Frist verschiebbar ist. Am Tag der Frist ist oft alles anders und der Plan ist obsolet. Die selbstgesetzten Fristen können aber Stress bewirken, vor allem, wenn sie im Wettbewerb mit objektiven Fristen oder Daten stehen, an denen etwas stattfindet, das nicht verschiebbar ist. Nicht verschiebbare Ereignisse gehören in den Kalender. Verschiebbare Pläne sollen auch in einer externen Repräsentation, etwa in einem Planer,

Dr. Nikolaus Kriegeskorte leitet eine Forschungsgruppe zur visuellen Objekterkennung in der Cognition and Brain Sciences Unit des Medical Research Council in Cambridge, UK. Zuvor war er Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt und am National Institute of Mental Health in Bethesda, Maryland, USA. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Magazinen. Das Gespräch führte RA Patrick Ruppert, Köln

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Thema

Mit Klebezettel ist man der Geleimte Fristen dürfen nicht auf selbst haftende Zettel notiert werden – Fristenurteile

Bundesgerichtshof

Rosenmontag. Versäumte Berufungsfrist wegen flächendeckend geschlossener Anwaltskanzleien

Bundesgerichtshof

Rückgabe des Empfangsbekenntnisses erst nach Notieren der Frist im Fristenkalender ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis nur unterzeichnen und zurückgeben, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist. BGH, Beschluss vom 2.2.2010 VI ZB 58/ 09; OLG Hamm (Lexetius.com/2010,263)

Bundesgerichtshof

Ein nicht in Rheinland-Pfalz ansässiger Kläger, der jedoch in diesem Bundesland in einem Prozess Berufung einlegen möchte, muss grundsätzlich nicht damit rechnen, dass am Nachmittag des Rosenmontags flächendeckend alle beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwaltskanzleien geschlossen sind. Kommt es dadurch zum Fristversäumnis, kann dies nicht als Verschulden des Klägers gewertet werden. BGH-Urteil vom 15.10.1981 - III ZR 74/80

Bundesgerichtshof

Divergenz zwischen Eingangsstempel und Vermerk auf Poststellungsurkunde ZPO § 233 B, Fb, Fd Zur einer ordnungsgemäßen Organisation des Fristenwesens in einem Anwaltsbüro gehört nicht nur die Anweisung an das zuständige Büropersonal, den für den Beginn der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils anhand der Datumsangabe im unterzeichneten Empfangsbekenntnis oder auf dem Zustellungsumschlag zu ermitteln. Dem Büropersonal muss auch aufgegeben werden, das Datum der Zustellung gesondert und deutlich abgehoben von dem nicht maßgeblichen Aufdruck des Eingangsdatums zu vermerken. im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 17.10.1990 XII ZB 73/90, VersR 1991, 124, und 15.7.1998 - XII ZB 37/98, NJW-RR 1998, 1442

Organisatorische Maßnahmen des Rechtsanwalts zur Verhinderung einer Verwechslung von Fristen ZPO § 85 Absatz II, ZPO § 233 Wenn in mehreren Verfahren gleicher Parteien mehrere Fristen für Rechtsmittel und Rechtsmittelbegründung zu notieren sind, muss der Rechtsanwalt durch organisatorische Maßnahmen verhindern, dass eine Verwechslung in der Behandlung der verschiedenen Verfahren entstehen kann. Er muss durch geeignete Anweisungen sicherstellen, dass grundsätzlich bei zwei oder mehr Rechtsmitteln in der Angelegenheit eines Mandanten die Frist für jedes dieser Rechtsmittel auch bei gleichzeitigem Fristablauf gesondert notiert wird. Hat er die Fristenkontrolle auf eine Fachangestellte übertragen, ist es darüber hinaus geboten, die notierten Fristen mit zusätzlichen eindeutigen Erkennungszeichen zu versehen.

Bundesarbeitsgericht

Umdeutung einer Kündigung mit zu kurzer Kündigungsfrist Eine vom Arbeitgeber mit zu kurzer Kündigungsfrist erklärte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann nur dann in eine Kündigung zum richtigen Kündigungstermin gemäß § 140 BGB umgedeutet werden, wenn sie nicht gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam gilt. BAG, Urteil vom 1.9.2010, Az.: 5 AZR 700/09. LAG Mecklenburg-Vorpommern

NJW 2010, 3585, AZ XII ZB 66/10

Foto: (Papier) Thommy Weiss_pixelio.de

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Thema

Verwaltungsgericht

Unzureichende Anweisung zur Fristnotierung auf Klebezettel ZPO § 85 II Ein Rechtsanwalt genügt nicht den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Beachtung von Rechtsmittelfristen, wenn er seine Mitarbeiter durch Anbringung eines Klebezettels auf einem Schriftstück anweist, eine Frist zu notieren.

Bundesgerichtshof

Zeitliche Grenze für einen Antrag auf Fristsetzung

OVG Bremen - 4.6.2010 - 2 A 57/10

ZPO § 494a Ein Antragsgegner, der nach Abschluss eines selbständigen Beweisverfahrens mit seinem Antrag auf Erhebung der Klage so lange wartet, bis der etwaige Anspruch des Antragstellers verjährt ist, handelt rechtsmissbräuchlich, wenn es für ihn keine triftigen Gründe gab, den Antrag nicht früher zu stellen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Klage zu dem Zeitpunkt, in dem der Antragsgegner redlicherweise spätestens den Antrag auf Fristsetzung hätte stellen müssen, erfolgreich gewesen wäre.

Bundesgerichtshof

Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ZPO §§ 233, 520 II 3

Annahmefrist(verlängerung) und Schriftform des langfristigen Mietvertrags Folgen verspäteter Annahme

Ein Prozessbevollmächtigter darf mit der Bewilligung einer erstmals beantragten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist rechnen, wenn er zur Begründung des Verlängerungsantrags darauf verweist, eine ausreichende Rücksprache mit dem Mandanten und die notwendige Beschaffung von Unterlagen hätten innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht erfolgen können. In der Regel reicht die pauschale Berufung auf einen dieser Gründe in der Antragsschrift aus; eine weitere Substantiierung oder Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich.

BGB §§ 550, 148, 126 Abs. 2

BGH - 16.3.2010 - VI ZB 46/09

BGH - 14.1.2010 - VII ZB 56/07

Bundesgerichtshof

a) Die Verlängerung der Frist zur Annahme der auf den Abschluss eines langfristigen Mietvertrages gerichteten Erklärung bedarf nicht der Schriftform des § 550 BGB. b) Zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB genügt es, wenn die Vertragsbedingungen eines konkludent abgeschlossenen Mietvertrages in einer der „äußeren Form“ des § 126 Abs. 2 BGB genügenden Urkunde enthalten sind. BGH, Urt. Vom 24.2.2010 – XII ZR 120/06 (OLG Nürnberg)

Verwaltungsgericht

Fristwahrung bei gemeinsamer Nutzung eines Nachtbriefkastens durch VG und OVG Ein an ein unzuständiges Gericht (VG statt OVG) adressierter Berufungszulassungsschriftsatz, der am letzten Tag der Begründungsfrist in einen Nachtbriefkasten eingeworfen wird, den sowohl das VG wie auch das OVG gemeinsam nutzen, wahrt nicht die Eingangsfrist. OVG Saarlouis - 28.4.2010 - 1 A 12/10

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Thema

Fristen nach Rechtsgebieten Handeln, bevor die Woche um ist

Überraschung und Kopfschmerz

Beim Rechteschutz ticken die Uhren schneller

STRAFRECHT

AUSLÄNDER- UND ASYLRECHT

EINSTWEILIGER RECHTSSCHUTZ

Relevante Fristen für Strafverteidiger sind – auch wenn sie als solche im Unterschied zu anderen Rechtsgebieten seltener eine Rolle spielen – in erster Linie kurz, kurz und nochmals kurz. Hier geht es meist um „Wochen-Fristen“, deren Einhaltung existenziell für die Mandanten ist, da sie sich auf Rechtsmittel gegen die einschneidenden Entscheidungen der Justiz beziehen. Wenn das Bauchgefühl oder besser noch die Kenntnis eines Rechtsmittels vorhanden ist, sollte also unmittelbar gehandelt werden.

Das Ausländer- und Asylrecht enthält teilweise überraschende Fristen. Hier ein Überblick über einige Einfälle des Gesetzgebers, die in der Beratung Kopfschmerzen bereiten können.

Grundsätzlich verjähren Ansprüche in drei Jahren, so will es die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB. In der Regel muss innerhalb dieser Zeit geklagt werden, um die Einrede der Verjährung zu verhindern. Doch bei Rechten, die im einstweiligen Rechtsschutz durchgesetzt werden sollen, ticken die Uhren schneller.

Die Fristen für die Rechtsmittel Einspruch gegen einen Strafbefehl (zwei Wochen nach Zustellung) sowie die Berufungs- und die Revisionsfrist (jeweils eine Woche nach Urteilsverkündung) gehören zu den Basics. Eine Begründung jedoch muss lediglich bei der Revision binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils gefertigt werden. Eine „Berufungsrechtfertigung“ ist zwar gesetzlich mit einer Frist versehen, in der Praxis jedoch unüblich und daher ist das Versäumen unschädlich. Der Einspruch kann in der Praxis begründet werden, muss aber nicht, daher erfolgt dies sehr selten; allenfalls wird die Hauptverhandlung hinsichtlich zu sichtender Beweise vorbereitet. Binnen einer Woche ist die sofortige Beschwerde nach § 311 StPO einzulegen, wenn die Strafprozessordnung dies vorsieht, z. B. gegen die Ablehnung eines Befangenheitsantrages, gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, als Nebenkläger gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens und – wichtig – gegen die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens. Sollte hier zu Lasten des Mandanten entschieden worden sein, obwohl die Landeskasse die Kosten der Verteidigung zu tragen hat, so ist schnell zu handeln, möglichst noch am Ende der Hauptverhandlung. Schlussendlich sollte der Strafverteidiger – falls er doch eine Frist unverschuldet versäumt – an die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand denken. Hier ist ebenfalls binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses, welches das Einhalten der Frist unmöglich machte, gem. § 45 StPO der Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen. In der gleichen Zeit muss das versäumte Rechtsmittel nachgeholt werden. RA Marek Schauer, Berlin

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Die Aufenthaltserlaubnis ist immer befristet, zumeist zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Wichtig ist dabei die Fiktionswirkung der Antragstellung gem. § 81 Abs. 4 AufenthG. Sobald ein Antrag auf Verlängerung von Aufenthaltserlaubnis oder Visum gestellt ist, werden diese bis zur behördlichen Entscheidung als weiterbestehend angesehen, obwohl seine Gültigkeit mit Ablauf der Frist enden würde. Dies wird aber nach herrschender Auffassung nur durch einen vor Ablauf der Befristung gestellten Antrag ausgelöst. Eine andere wichtige Frist betrifft die Ehe: Ehegatten eines Ausländers oder Deutschen erhalten nach neuem Recht seit 1.7.2011 erst nach Bestehen der ehelichen Gemeinschaft von mindestens drei Jahren ein eigenständiges Aufenthaltsrecht. Die Frist kann nur zur Vermeidung einer besonderen Härte unterschritten werden, z. B. bei Straftaten oder Zwangsheirat. Mehr Fristenfallen hält das Asylverfahren bereit: Gem. § 74 Abs. 1 AsylVfG beträgt die Klagefrist in Verfahren nach dem AsylVfG zwei Wochen. Der Widerspruch ist gem. § 11 AsylVfG ausgeschlossen. Zusätzlich sieht § 74 Abs. 2 AsylVfG vor, dass die Begründung der Klage innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Bescheides erfolgen muss. Dabei wird auf § 87b Abs. 3 VwGO verwiesen, so dass mit dieser Frist eine Präklusion verbunden ist. Der asylrechtliche GAU ist die Ablehnung eines Antrages als „offensichtlich unbegründet“ gem. § 30 AsylVfG. Die Klage entfaltet dann keine aufschiebende Wirkung, der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO muss aber gem. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG innerhalb von einer Woche gestellt werden, Gleiches gilt für die Klage (§ 74 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. AsylVfG). Nichts hindert dabei das Gericht, über den Eilantrag vor Ablauf der Begründungsfrist von einem Monat zu entscheiden. Deshalb: Augen auf beim Zeitablauf! RA Henning J. Bahr, Osnabrück

Typischerweise sind es Unterlassungs- und Auskunftsansprüche, die im Immatrialgüter-, Äußerungs- und Wettbewerbsrecht vorab im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Doch schon nach wenigen Wochen ist eine Durchsetzung dieser Rechte vor Gericht erschwert. Der Hauptsacheprozess bleibt dann innerhalb der normalen Verjährungszeiten möglich, doch eine einstweilige Verfügung, die bis zum Abschluss des Verfahrens ein vorübergehendes Verbot ausspricht und oft das einzig sinnvolle Vorgehen darstellt, würde wegen der Verletzung der Dringlichkeitsfrist kostenpflichtig abgewiesen. Oft kommt es aber gerade darauf an, schnell eine Lösung zu finden, ein Patent oder eine Marke soll „erst einmal“ nicht weiter genutzt werden, Fotos oder Texte sollen aus dem Internet entfernt werden usw. usf. Die Besonderheit: Eine klare gesetzliche Regelung gibt es nicht, in jedem OLG-Bezirk werden diese Fristen anders gehandhabt, die Entscheidungen sind nicht revisibel. Zudem unterscheiden die Gerichte vermutlich aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten – auch zwischen den einzelnen Rechtsgebieten. Während für Schutzrechtsverletzungen in Berlin beispielsweise oft eine großzügige 2-Monats-Frist gilt (z. B. KG Berlin, Beschluss vom 14.12.2010, Az. 5 W 295/10) sind es im Äußerungsrecht auch mal weniger als ein Monat. Ohne Kenntnis der lokalen Besonderheiten ist daher bei der Fristberechnung Vorsicht geboten. Für wettbewerbsrechtliche Fälle gilt zudem die kurze Verjährungsfrist des § 11 UWG. Unterlassung, Beseitigung und Schadenersatz – einschließlich des Anspruchs auf Kostenerstattung der Anwaltskosten bei einer berechtigten Abmahnung – verjähren bereits nach sechs Monaten. RA Tobias Sommer, Berlin

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Magazin

Die Uhr läuft ab Bekanntgabe

Kardinale Norm Verjährung

Verjährung ist alles

VERWALTUNGSRECHT

ORDNUNGSWIDRIGKEITENRECHT

ALLGEMEINES ZIVILRECHT

Maßgeblich für den Lauf einer Frist verwaltungsrechtlicher Rechtsmittel und Rechtsbehelfe ist, dass dieser erst beginnt, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist, § 58 Abs. VwGO. § 70 VwGO regelt die einmonatige Widerspruchsfrist und § 74 VwGO schließlich die einmonatige Klagefrist.

Verkehrsrechtler kennen sich aus im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Alles unterhalb der Strafbarkeitsgrenze, zumeist relevant für das Punktekonto im Verkehrszentralregister in Flensburg, mündet in den Normenkatalog ein, der von seiner Struktur an den Allgemeinen Teil des Strafrechts erinnert.

Die Verjährungsfristen sind wohl die wichtigsten Fristen im Zivilrecht. Ist der Anspruch verjährt, kann man sich die Klage sparen. Allerdings schließt die Verjährung nicht die Aufrechnung aus, wenn der Anspruch zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, zu dem das erste Mal aufgerechnet werden konnte, § 215 BGB. Gleiches gilt für die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes.

Oft wendet sich der Mandant erst nach Erhalt eines Bescheides an den Rechtsanwalt. Nicht selten ist dann der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides nicht genau zu bestimmen. Hier empfiehlt es sich, für die Berechnung der Frist vom Datum des Bescheides auszugehen. Gem. § 31 VwVfG gelten für die Berechung verwaltungsrechtlicher Fristen die Regelungen der §§ 187 bis 193 BGB. Eine Ausnahme bilden Fristen, die von Behörden gesetzt werden. Dann beginnt die Frist mit dem Tag zu laufen, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, es sei denn, dem Betroffenen wird etwas anderes mitgeteilt, § 31 Abs. 2 VwVfG. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonn- oder Feiertag, endet sie am darauf folgenden Werktag, es sei denn, für das Ende der Frist wurde seitens der Behörde ein bestimmter Tag festgesetzt, § 31 Abs. 3 VwVfG. Ein von einer Behörde gesetzter Termin ist einzuhalten, auch wenn er auf einen Sonn- oder Feiertag fällt, § 31 Abs. 7 VwVfG. Versäumte Fristen können von der Behörde verlängert werden – insbesondere dann, wenn es unbillig wäre, die Verlängerung nicht zu gewähren. Die Verlängerung kann mit einer Nebenbestimmung nach § 36 VerwVerfG verbunden werden, § 31 Abs. 7 VwVfG. Im Verwaltungsrecht gibt es einige Regelungen, die ausdrücklich vorsehen, dass verspätete Einwendungen nicht nur einer verfahrensrechtlichen, sondern auch einer materiellen Präklusion unterliegen. Das wiederum hat zur Folge, dass sie in einem späteren Widerspruchsverfahren oder gerichtlichen Verfahren nicht mehr wirksam vorgebracht werden können. § 10 Abs. 3 S. 5 BimSchG z. B. beinhaltet eine solche Präklusionswirkung. Der Paragraph bezieht sich auf das Genehmigungsverfahren und regelt wie folgt: Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Auch die § 17a Nr 7 FStrG und § 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG beinhalten derartigen Ausschlüsse. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar

Das OWiG ist die Basis, auf die viele Regelungen des besonderen Verwaltungsrechts verweisen. Somit werden profunde Kenntnisse in Sachen Ordnungswidrigkeitsrecht von den Rechtsanwälten verlangt, die sich mit öffentlichem Baurecht, Umwelt- und Energierecht oder Ausländer- und Sozialrecht beschäftigen. Auch die Wirtschaftsrechtler wissen um die Bezugnahmen zum OWiG Dank der Bußgeldvorschriften des GWB, UWG, des HGB und des AktG. Kardinale Norm ist zunächst § 31, der die Verjährungsfrist der Verfolgung regelt. Die Dauer der laufenden Zeit hängt von der Höhe der Bußgeldbewährung ab. So sind es drei Jahre bei Geldbußen im Höchstmaß jenseits der 15.000 Euro, zwei Jahre bei Geldbußen zwischen 2.500 und 15.000 Euro, ein Jahr bei Bußgeldern zwischen 1.000 Euro und 2.500 Euro und sechs Monate bei den übrigen Ordnungswidrigkeiten. Bedeutsam für den Beginn der Verjährungsfrist ist die Beendigung der Tat. Fallen jedoch das Ende der Tathandlung und der Erfolgseintritt zeitlich auseinander, ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Erfolg feststellbar ist. Denn erst dann läuft die Verjährung. Obacht ist geboten bei diversen Ausnahmeregelungen der Hemmung und Unterbrechung. Demnach kann ein ausstehendes erstinstanzliches Urteil jedwede Verjährung zum Ruhen bringen. Gleiches gilt, solange nach dem Gesetz die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann, so § 32. In satten 15 Ausnahmetatbeständen werden die Gründe für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung aufgelistet. Die Möglichkeiten auf Durchsetzung der Vollstreckung sind allerdings auch limitiert. Nach § 34 hat der Staat maximal fünf Jahre ab Rechtskraft der Entscheidung zur Beitreibung des Bußgeldes Zeit. Bei Bußgeldern bis zu 1.000 Euro sind es gar nur drei Jahre. Wenn es um Rechtsschutz im OWi-Recht geht, muss jeder Rechtsanwalt nach § 67 unbedingt die Einspruchsfrist von maximal zwei Wochen ab der Zustellung des Bußgeldbescheides beachten. RA Patrick Ruppert, Köln

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, § 195 BGB. Sie beginnt grundsätzlich zum Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, § 199 Abs.1 ZPO. In Fällen der Filesharing-Abmahnungen z. B. dürfte daher für die Verjährung regelmäßig nicht der Tag der Verletzung maßgeblich sein, sondern der Tag, an dem der Rechteinhaber Auskunft über die Person hinter dem Internetanschluss erlangt. Das betrifft insbesondere die Fälle, in denen die Verletzung zum Ende eines Jahre stattgefunden, die Staatsanwaltschaft z. B. aber erst zu Beginn des nächsten Jahres den Internetnutzer ermittelt hatte. „Vergleichsverhandlungen“ können die Verjährung außerdem hemmen. Denn im Gesetz ist die Rede von Zeitpunkt der Kenntnis der „Person“, nicht der IP-Adresse. Vielleicht ist das aber auch Auslegungssache. Abweichend von den in den §§ 195 ff BGB geregelten Verjährungsfristen gilt für die Verjährung von Mängelansprüchen mitunter eine zweijährige Verjährungsfrist, § 438 Abs. Nr. 3 BGB.Bei den Rechtsmittelfristen sei die Berufungsfrist genannt. Die beträgt für die Einlegung einen Monat. Sie ist eine Notfrist und kann gem. § 224 ZPO nicht verlängert werden. Die Versäumung einer Notfrist führt allerdings entgegen der Ausschlussfrist nicht zwangsläufig zum Rechtsverlust. Wiedereinsetzung ist möglich, § 233 ZPO. Zurück zur Berufung: Die muss binnen zwei Monaten begründet werden. Die Berufungsfristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens fünf Monate nach Verkündung. Einschlägige Normen sind die §§ 511, 517 ZPO. Interessant, weil nicht ganz so häufig vorkommend, ist z. B. die zweiwöchige Notfrist für die sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss, der den Erlass eines Versäumnisurteils ablehnt, § 336 Abs.1, 567, 569 ZPO.

RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar

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Thema

Wohnen nach der Fristenuhr Märchenhafte Fristen im Mietrecht

geschriebene Ankündigungszeitraum von drei Monaten (§ 554 Abs. 3 S. 1 BGB) nicht eingehalten wurde und die avisierten Maßnahmen unzureichend beschrieben waren, hätte Tanja die Maßnahmen gar nicht dulden brauchen. Aber Tanja und Robert freuen sich, dass das Bad renoviert wird. Nachdem die Arbeiten jedoch im Herbst 2006 abgeschlossen sind, flattert ihnen im November 2006 eine deftige Mieterhöhung mit Wirkung zum Februar 2007 ins Haus. Robert meint, sie sollen nach § 561 BGB von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen, aber Tanja will in der Wohnung bleiben, die so günstig zur Uni liegt. Ein Kniff findet sich doch: Robert entdeckt § 559b Abs. 2 S. 2 BGB, so dass sie erst sechs Monate später – also zum August 2007 – die neue, erhöhte Miete zahlen müssen. Wohnen mit Weile.

Foto: Rita Thielen_pixelio.de

Tanja studiert Biologie und Robert Jura, gemeinsam leben sie jetzt in ihrer Wohnung. Im Dezember 2003 schickt Vermieter Girr die erste Betriebskostenabrechnung zu: eine Nachzahlung von fast 200 Euro, die jedoch schnell vergessen wird. Während durchs Studium die Köpfe rauchen, gibt es undichte Fenster, tropfende Wasserhähne und eine oft kalte Heizung. Über ein Jahr später erinnert ihr Vermieter an die fällige Forderung aus 2002. Mit Erschrecken stellt Robert fest, dass gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB zwölf Monate nach Zugang der Abrechnung keine Einwendungen mehr geltend zu machen sind. Die 200 Euro sind zu bezahlen. Am Silvesterabend listen Tanja und Robert alle Mängel in ihrer Wohnung auf, die sie schon seit Monaten ärgerten, und machen gegenüber Vermieter Girr eine Mietminderung gem. § 536 Abs. 1 BGB geltend. Herr Girr beseitigt die Mängel umgehend, widerspricht jedoch der Mietkürzung. Und er hat Recht, denn die Mängel waren nicht unverzüglich angezeigt worden. Die Mieter hatten dem Vermieter somit die Möglichkeit der Beseitigung genommen, daher durften sie gem. § 536c Abs. 1 BGB auch keine Minderung vornehmen. Herr Girr kündigt im Februar 2006 pauschal den Beginn umfassender Modernisierungsarbeiten für April 2006 an. Einen Hinweis auf eine zu erwartende Mieterhöhung enthält das Schreiben nicht. Da der für eine Modernisierungsankündigung vor-

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Jetzt war Herr Girr verärgert und schickte deshalb im März 2008 eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 558 BGB zu. Aber Robert holt wieder sein BGB hervor und hilft: Zwar ist für die 15-monatige Wartefrist zwischen zwei Mieterhöhungen eine Anhebung der Miete auf Grund von Modernisierungsarbeiten unbeachtlich, aber Herr Girr hatte sowohl die 20-prozentige Kappungsgrenze innerhalb von drei Jahren nicht beachtet, als auch eine fehlerhafte Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete vorgenommen. Somit konnten beide diese Mieterhöhung abwenden und hatten endlich wieder Zeit für ihr Studium. Eines Tages teilt Hauseigentümer Girr mit, dass die Wohnungen als Eigentumswohnungen umgewandelt und veräußert wurden. Herr Wichtig ist der neue Eigentümer der Wohnung und somit Vermieter. Er benötigt die Wohnung für seine Tochter, die vor Ort studieren will und kündigt daher wegen Eigenbedarf. Zwar ist Robert noch nicht Rechtsanwalt, aber er kennt § 577a Abs. 1 BGB, wonach bei der Umwandlung in Wohnungseigentum Eigenbedarf erst nach drei Jahren geltend gemacht werden darf. Somit können Tanja und Robert in der Wohnung wohnen bleiben. Aber schon zwei Jahre später kursieren im Hausflur Gerüchte Herr Wichtig sei hoch verschuldet. Daher waren Tanja und Robert nicht überrascht, als sie Mitte 2010 die Mitteilung erhielten, Frau Zaster habe ihre Wohnung im Wege einer Zwangsversteigerung gekauft. Überraschend flatterte ihnen die Kündigung von Frau Zaster ins Haus, die sich auf ihr Sonderkündigungsrecht gem. § 57a ZVG berief,

Eigenbedarf geltend machte und mit einer Frist von drei Monaten die Kündigung erklärte. Zum Glück hatte Robert schon sein erstes Staatsexamen abgeschlossen und zauberte § 573c Abs. 1 S. 2 BGB hervor: Für Tanja, die seit mehr als acht Jahren in der Wohnung wohnte, galt nämlich die verlängerte Kündigungsfrist von drei mal drei Monaten = neun Monaten. Somit blieben den jungen Eltern Tanja und Robert wenigstens ein paar Monate mehr Zeit, sich eine neue Wohnung mit Kinderzimmer zu suchen. Der Umzug passierte schon fast Hals über Kopf und Robert war durch sein zweites Staatsexamen abgelenkt. Also räumte Tanja die Wohnung alleine aus und ließ die Wohnung von einem Maler renovieren. Eigentlich hätte Tanja aufgrund einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel gar nichts machen müssen. Als Robert seine Zulassung in Händen hält, stellte er sieben Monate später die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel fest, aber zu diesem Zeitpunkt war der Rückforderungsanspruch gem. § 548 Abs. 2 BGB schon verjährt. Innerhalb von sechs Monaten hätten sie ihr Geld zurückfordern können. Nun hatte die junge Familie zwar kein Geld, aber waren mit ihrem Kind in ihrer neuen Wohnung glücklich. RAin Michaela Retzlaff, Berlin

Fristenalarm Erstattungsansprüche der Mieter wegen Renovierungskosten bei einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel verjähren nach 6 Monaten. (BGH | 4.5.2011 | VIII ZR 195/10) Berechnung der Frist zur Zahlung der Miete bis zum dritten Werktag erfolgt ohne Sonnabend. (BGH | 13.6.2010 | VIII ZR 129/09) Berechnung der Frist zur Kündigung bis zum dritten Werktag erfolgt mit Sonnabend. (BGH | 27.4.2005 | VIII ZR 206/04) Die Kautionszahlung wird erst nach Benennung eines insolvenzfesten Kontos fällig. (BGH | 13.10.2010 | VIII ZR 98/10)

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Thema

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ABC – Wann ist die Frist passé? Fristen-Alphabet - von Ausschlussfrist bis Zahlungsfrist

Ausschlussfrist. („Verfallsfrist“ oder „Präklusionsfrist“ genannt) Frist, nach deren Ablauf Ansprüche, aber auch Rechte erlöschen bzw. untergehen; auch wenn der Anspruch entstanden war. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht möglich. Im Unterschied zur Verjährungsfrist, deren Ablauf nur ein Leistungsverweigerungsrecht begründet, und die deshalb nur nach Erhebung der Einrede zu beachten ist, führt der Ablauf der Ausschlussfrist zum Erlöschen des Anspruchs oder des Rechts selbst. Damit ist die Ausschlussfrist von Amts wegen zu beachten. Ausschlussfristen sind in gesetzlichen Regelungen vorgesehen (z. B. § 124 BGB), werden aber auch vertraglich, z. B. im Arbeitsrecht, vereinbart. Ausschlagungsfrist. Der vorläufige Erbe, der die Annahme der Erbschaft noch nicht erklärt hat, kann binnen der in § 1944 BGB genannten Frist die Erbschaft ausschlagen (vgl. § 1944 BGB). Behördenfrist. Frist, die im Einzelfall von einer Behörde bestimmt wird. Die Behörde kann diese Frist auch verlängern. Beginnfrist. Bei den Beginnfrist ist der Beginn des Tages der für den Fristbeginn maßgebende Zeitpunkt. Dieser Tag wird bei der Fristberechnung mitgerechnet, § 187 Abs.2 BGB. So beginnt z. B. bei Verjährungsfristen mit dem ersten Tag des Folgejahres die Beginnfrist. Computerfax zur Fristwahrung. Der gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe, des Bundes, hat mit Beschluss vom 5.4.2000, GmS-OGB 1/98 entschieden: „In Prozessen mit Vertretungszwang können bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden.“ Dauerfristverlängerung. Begriff des Umsatzsteuerrechts. Auf Antrag werden die Fristen für die Voranmeldungen (Umsatzsteuervoranmeldung) und Vorauszahlungen um einen Monat verlängert. Die Gewährung der Fristenverlängerung ist mit der Sondervorauszahlung von 1/11 der Summe der Vorauszahlungen des Vorjahres (§§ 46–48 UStDV) verbunden. Empfangsbekenntnis. Sie spielt für den Fristbeginn und damit auch für den Ablauf der Frist eine entscheidende Rolle. Der Anwalt soll etwas erst dann unterschreiben und zurückzusenden, wenn die Frist

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bereits notiert ist. Ohne Akte oder zumindest die zugestellten Schriftstücke darf das Empfangsbekenntnis nicht unterschrieben werden, weil man dann nicht wissen kann, ob auch wirklich alle Anlagen eingetroffen sind, für die der Empfang bestätigt wird. Ereignisfristen. Ereignisfristen sind Fristen, die an Ereignisse geknüpft sind, wie z. B. die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (§ 355 AO). Behördenfristen sind grundsätzlich Ereignisfristen (§ 108 Abs. 2 AO). Sie beginnen mit dem Ablauf des Ereignistages. Deshalb wird der Ereignistag selbst bei der Fristberechnung nicht mitgezählt (§ 187 Abs.1 BGB). Frist. Bestimmter oder bestimmbarer, nicht notwendigerweise zusammenhängender Zeitraum; Termin. Gesetzliche Fristen. Fristen, die durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt werden. Eine Fristverlängerung ist nur möglich, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist. Wird eine gesetzliche Frist nicht eingehalten, so tritt die Rechtsfolge ein, die an diese Frist geknüpft ist. Siehe auch uneigentliche Frist. Hora (lat.). Zeit(abschnitt), Frist.

Ladungsfristen. Mindestzeiträume, die in einem anhängigen Prozess zwischen Zustellung der Ladung und dem Verhandlungstermin liegen sollen, vgl. § 217 ZPO, § 102 VwGO, § 91 FGO. Lieferfristen. Die Zeit zwischen Abschluss des (Kauf-, Werk-)Vertrags und Lieferung der Ware oder der Werkleistung (auch Lieferzeit). Materielle Fristen. Fristen im materiellen Recht, z. B. Gewährleistungsfristen, Anfechtungsfristen. > prozessuale Fristen. Ende der Soldatenehe.

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Nachfristen. Fristen, die der Gläubiger dem Schuldner im Falle des Nichteinhaltens der vertraglichen Vereinbarungen zur Bewirkung der Leistung oder zur Nacherfüllung setzen kann. Regelungen zur Nachfrist finden sich u. a. in § 281 Abs. 1 BGB, § 323 Abs. 1 BGB. § 636 BGB, § 637 BGB. Notfrist. Eine Frist, die seitens des Gerichts nicht verlängert werden kann. Wird sie schuldlos versäumt, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 233 ZPO). Notfristen werden im Gesetz ausdrücklich als solche bezeichnet (§ 244 Abs. 1 S. 2 ZPO). Es handelt sich meist um Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen.

Intervallum (lat.). Zwischenzeit, Frist, Pause. In letzter Minute. Der Anwalt darf Fristen bis zum Ende ausschöpfen (vgl. BGH Beschluss vom 20.12. 2007, III ZB 73/07). In einem solchen Fall muss er jedoch wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (BGH, Beschlüsse vom 23.4.1998 - I ZB 2/98, NJW 1998, 2677 und vom 23.6.2004 - IV ZB 9/04, FamRZ 2004, 1481 m.w.N.; BGH Beschluß vom 15.8.2007, XII ZB 57/07; BGH Beschluss vom 9.4.2008, I ZB 101/06). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist deshalb ausgeschlossen, wenn von ihm nicht alle erforderlichen und zumutbaren Schritte unternommen wurden, die unter normalen Umständen zur Fristwahrung geführt hätten (vgl. BGH vom 3.5.2004 - V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217). Jahresfrist. z. B. § 66 SGG. Klagefristen. Ausschlussfristen zur Klageerhebung. Kündigungsfristen. Der (vertraglich vereinbarte) Zeitraum zwischen Zugang einer Kündigung und der dadurch bewirkten rechtswirksamen Beendigung des geschlossenen Vertragsverhältnisses.

Notieren von Fristen. Im Kalender ist immer das genaue Fristende einzutragen. Es ist fehlerhaft, die Frist sicherheitshalber auf einige Tage früher zu notieren. Ohne Frist. Idealzustand für terminfreies Arbeiten. Prozessuale Fristen. Stehen bei der Anwaltsarbeit im Vordergrund, z. B. Klagefristen, Berufungsfrist. Prozessuale Fristen können auch bereits vor dem Erhalt der schriftlichen Unterlagen zu laufen beginnen. Wird im Termin ein Widerrufsvergleich abgeschlossen, beginnt die Frist am Tage der Verhandlung und nicht erst bei Erhalt des Protokolls. Das Gleiche gilt, wenn im Termin eine Schriftsatzfrist eingeräumt wird. Richterliche Fristen. Diese Fristen werden vom Richter oder Rechtspfleger gesetzt. Richterablehnungsfrist/Strafrecht. Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags

Quellen: www.wikipedia.de, Creifelds, Rechtswörterbuch, 15. Auflage 1999 / Fotos v.l.n.r.: Harry Hautumm, BirgitH_pixelio.de

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des Berichterstatters zulässig. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen. Nach diesem Zeitpunkt darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn 1.) die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und 2.) die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird, § 25 StPO. Schriftsatzfristen/Schriftsatznachlass. § 283 ZPO: Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen. Termin. Rechtswirkungen hängen oftmals von einer Zeitbestimmung ab, wobei man Fristen und Termine unterscheidet. Termin ist ein bestimmter Zeitpunkt, zu dem eine Handlung vorgenommen werden muss, oder eine Rechtsfolge eintritt (Fälligkeit der Leistung am …). Uneigentliche Fristen. Im Gesetz vorgesehene Zeiträume, binnen derer das Gericht Amtshandlungen vorzunehmen hat, bzw. nach deren Ablauf die Handlungen als vorgenommen gelten. Sie werden auch als gesetzliche Fristen bezeichnet.

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Versäumte Fristen. Die Fristen sind Fälle für die Haftpflichtversicherung. Verlängerungsantrag. Der Anwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein Hinweis auf eine erhebliche Arbeitsbelastung vom Gericht als erheblicher Grund für eine Fristverlängerung anerkannt wird, ohne dass es einer weiteren Substantiierung bedarf (BVerfG, Beschluss vom 26.7.2007 1 BvR 602/07, NJW 2007, S. 3342, BRAK-Mitt. 2008, S. 59 mit Anm. Jungk). Ein Antrag ohne jede Begründung reicht aber nicht aus. Daher sollte ein Fristverlängerungsantrag stets einigermaßen konkret und nicht floskelhaft begründet werden. Der Verlängerungsantrag muss klar und eindeutig gefasst werden (BGH Beschluss vom 14.6.2007, I ZB 5/06; AnwBl 2007, S. 796). Unklar oder zumindest problematisch wäre ein Antrag auf Verlängerung um X Wochen bis zum Y, wenn der Ablauf auf einen Freitag fällt, als Datum aber der Montag angegeben wird. Ein Fristablauf am Freitag ist wegen des frühen Wochenendes bei Gericht immer schwierig, man denke nur an technische Probleme, die mangels Erreichbarkeit des Gerichts nicht mehr gelöst werden können.

Widerspruchsfrist. Der Widerspruch ist binnen eines Monats nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate, § 84 SGG. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. War jemand ohne Verschulden daran gehindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ohne Verschulden bedeutet, dass der Verpflichtete alles getan hat, was ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen zuzumuten war, um die Frist einzuhalten. Zahlungsfristen. In der Regel vertraglich bestimmte Fristen, innerhalb derer eine Zahlung zu leisten ist. Gesetzlich bestimmt. Zusammengetragen von RAin Ute Ernst, Schönaich, RA Matthias Klose, Regensburg, RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar

b I AC

Untätigkeitsklagefrist. § 88 SGG: Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. Das Gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

T

Verwertungswiderspruchsfrist. Nach der Widerspruchslösung des Bundesgerichtshofs muss der verteidigte Angeklagte im Strafprozess der Verwertung eines einem Beweisverwertungsverbot unterliegenden Beweismittels in der Hauptverhandlung spätestens bis zur Gelegenheit zur Abgabe einer Erklärung nach § 257 StPO widersprechen.



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Thema

Nervenkitzel pur Fristverlängerungsanträge kurz vor Fristablauf

Eine Fristverlängerung gemäß §§ 224, 225 ZPO stellt für Anwältinnen und Anwälte oft die einzige Möglichkeit dar, eine vollständige und zutreffende Stellungnahme anzufertigen. Doch bis im Fristenkalender die verlängerte Frist notiert werden kann, ist es nicht selten ein holpriger und nervenaufreibender Weg. Im Idealfall wird die Fristverlängerung so frühzeitig beantragt, dass vor Fristablauf eine schriftliche Bestätigung vorliegt. Allerdings stellt sich eine hohe Arbeitsbelastung des Anwalts oftmals erst heraus, wenn der Fristablauf drohend näher rückt. Auch erklärt der Mandant auf Nachfrage, wann mit der Zuarbeit gerechnet werden könne, nicht selten etwas gereizt, bisher sei einfach keine Zeit gewesen und eine Stellungnahme von ihm auch kurzfristig nicht zu erwarten. Wenn dann der Fristverlängerungsantrag kurz vor Fristablauf bei Gericht eingeht, ist es für eine schriftliche Bestätigung meist zu spät.

Telefonat mit dem Richter Die übliche telefonische Anfrage bei Gericht ergibt leider häufig, dass der Antrag dem Richter noch vorliegt. Zwar lässt sich Gewissheit durch ein Telefonat mit dem Richter gewinnen; wenn dieser jedoch nicht erreichbar ist, stellt sich erste Nervosität ein. Am Tag vor dem Fristablauf mag die Vertröstung auf den kommenden Tag, an welchem der Richter in jedem Fall im Hause sei, noch ausreichen. Dagegen ist der Hinweis am letzten Tag der Frist, die Richterin werde am späten Nachmittag ihren Sitzungstag beenden, dann aber wahrscheinlich erreichbar sein, weniger beruhigend. Zwar mag die Richterin tatsächlich gegen 17 Uhr ans Telefon gehen und bereit sein, die Frist zu verlängern. Die Zeit bis dahin ist für den Anwalt allerdings meist nervenaufreibend. Ist der Richter am Tag des Fristablaufs nicht zu sprechen, hilft manchmal noch die Frage nach ei nem Vertreter. Dabei sollte der Anwalt von dem Vorsitzenden eines OLG-Senates, der nach den Worten „da haben Sie aber tatsächlich ein Problem“ ohne Zögern die Frist verlängert, bis hin zur Erklärung eines Urlaubsvertreters, er könne in Abwesenheit des vertretenen Kollegen nicht über den Antrag entscheiden, auf alles gefasst sein. Am Ende zahlreicher zermürbender Telefonate und Wartezeiten steht dann trotz allem möglicherweise die Erkenntnis, dass die Frist vor Fristablauf nicht mehr verlängert wird.

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Notschriftsatz? Nachdem der erste Schock überwunden ist, stellt sich regelmäßig die Frage: Was nun? Naheliegend ist sicherlich der Gedanke, bis Mitternacht zumindest noch einen „Not-Schriftsatz“ anzufertigen. Allerdings scheitert dies häufig schon am Fehlen der von dem Mandanten beizubringenden Informationen. In dieser Situation kann das Wissen weiterhelfen, dass mit Ablauf der Frist noch nicht alles vorbei ist. Denn sofern das Gericht die Frist tatsächlich verlängert, genügt auch eine Entscheidung nach Fristablauf. Wesentlich ist dann allein, dass spätestens am letzten Tag der Frist ein vollständiges Fristverlängerungsgesuch mit der zumindest schlüssigen Angabe erheblicher Gründe bei Gericht eingegangen ist (BGHZ 83, 217 ff.). Dennoch bleibt das Risiko, dass das Gericht den Fristverlängerungsantrag zurückweist.

Wiedereinsetzung Sollte dies geschehen, kann über § 296 ZPO eventuell eine Zulassung verspäteter Angriffs- und Verteidigungsmittel erreicht werden. Je nach Art der Frist besteht auch die Möglichkeit einer Wieder-

Bei Nicheinhaltung von Fristen droht Verfall der Haltbarkeit.

einsetzung gemäß § 233 ZPO, sofern unter Nachholung der versäumten Prozesshandlung ein Antrag innerhalb der Frist des § 234 ZPO gestellt wird. Ausschlaggebend für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung ist, ob der Anwalt auf die Gewährung der Fristverlängerung vertrauen durfte. Zumindest beim ersten Verlängerungsgesuch ist dies regelmäßig anzunehmen, wenn der Anwalt einen erheblichen Grund im Sinne des § 520 II 3 ZPO vorgebracht hat. Sofern es sich um eine zweite Fristverlängerung handelt, ist dem Gericht auch die Einwilligung des Gegners mitzuteilen. Zudem müssen außergewöhnliche, nicht vom Rechtsanwalt zu vertretende Umstände vorliegen, die für die nicht rechtzeitige Stellungnahme verantwortlich sind (Zöller-Greger, ZPO, 28. Auflage, § 233 Rn. 23, „Fristverlängerung“, m. w. N.). Als Fazit kann unter Berücksichtigung des verbleibenden Risikos und nicht zuletzt auch der Wirkung, die „versäumte“ und durch Wiedereinsetzung „gerettete“ Fristen auf Mandanten haben, nur geraten werden, so früh wie möglich zu prüfen, ob eine Fristverlängerung nötigt wird. Zusätzlicher Stress und Nervenkitzel können dadurch vermieden werden. RAin Andrea Kirberger, Dresden

Foto: Jürgen Oberguggenberger_pixelio.de

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Thema

Die Fristenfee Tina Siron schwebt durch lange Flure und erinnert an Fristen aller Art

Mit einem Stapel Akten schwebt SIE durchs Schloss. Nein, das wird kein Märchen. Das Schloss gibt es wirklich – in Kromsdorf bei Weimar. Besagtes Schloss beherbergt eine Anwaltskanzlei, die des Kollegen Peter Möller. Mit der Autobahnkanzlei, die zahlreiche Zweigstellen auf Deutschlands Autohöfen hat, hat er sich einen Namen gemacht, gehört zu den ersten Adressen in Sachen Straßenverkehrs-Strafsachen und -Ordnungswidrigkeiten. Und SIE gibt es auch. Tina Siron heißt sie, und sie schwebt tatsächlich durch die weiten Flure des altehrwürdigen Gemäuers, mit ihren Aktenstapeln in der Hand. Denn Tina Siron ist „die Fristenfee“ der Kanzlei Peter Möller. Täglich bis zu 40, wöchentlich im Schnitt 150 Fristen bearbeitet sie. Von Einspruchsfristen über Schriftsatzfristen, natürlich Rechtsmittelfristen und auch Widereinsetzungsfristen, alles ist dabei. „Wenn man vorbereitet ist, am Montag auf seinen Plan schaut und alles im Blick hat, ist das o.k. Wenn aber plötzlich eine Frist dazu kommt, eine ganz dringende, weil der Mandant sich am letzten Tag entscheidet, doch zum Anwalt zu gehen und alle Anwälte zum Termin sind, dann werde ich schon mal unruhig.“

»Täglich bis zu 40, wöchentlich im Schnitt 150 Fristen bearbeitet sie.« Sie erzählt in einer Art von ihrer Arbeit, die sofort zeigt, warum sie alle „die Fristenfee“ nennen: Ruhig, ganz unaufgeregt, freundlich, zurückhaltend; aber in dem Wissen, dass sie weiß, was sie tut. Ja, auch sie habe unruhige Momente. Wenn z. B. ein Verwer-

Foto: Andrea Vollmer

fungsbeschluss vom Gericht kommt, weil das Fax mit dem Rechtsmittel nicht eingegangen sei. ‚Ach du Sch... Ich brauch’ die Akte! Warum hab ich das vergessen? Aber eigentlich kontrolliere ich das doch immer’, kreisen ihr die Gedanken dann schon mal durch den Kopf. Aber bisher habe sich das immer geklärt. Das Fax ist dann doch aufgetaucht oder sie konnte dem Gericht belegen, dass es die Kanzlei jedenfalls rechtzeitig rausgeschickt hat. Nur einmal, da habe sie wirklich eine Frist vergessen. „Ich hatte versehentlich die Frist nicht vom Fristenbuch auf mein Fristenblatt übertragen.“ Jetzt kontrolliert sie doppelt. Aber damals zum Chef gehen und beichten, das war kein gutes Gefühl. Naja, locker habe er das nicht genommen. Aber nach der ersten Aufregung habe sich alles so klären lassen, dass dem Mandanten kein Nachteil entstand. Das Verfahren wurde wiedereingesetzt. Seit zwei Jahren arbeitet die 24-jährige Rechtsanwaltsfachangestellte in Peter Möllers Kanzlei. „Ich wollte immer ins Büro. Papierkram, Ordner, Akten, Klarsichthüllen“, das sei genau ihr Ding. So entschied sich die Weimarerin, in eine Anwaltskanzlei zu gehen, machte eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten. In Peter Möllers Autobahnkanzlei ging sie erst einmal für ein Jahr in die Zweigstelle auf dem Autohof Berg. Dort war sie für all das zuständig, für was Rechtsanwaltsfachangestellte eben zuständig sind. „Da waren auch Fristen dabei, aber eben nicht nur“, erinnert sie sich. In Berg war sie gern. Die Zweigstelle ist klein, ein Container auf dem Autohof. Für Tina Siron kein Problem. „Wir sind da direkt bei unseren Mandanten, den LKW-Fahrern.

Die kommen während ihrer Ruhezeit zu uns, bringen Leben in unseren Container.“ Noch immer geht sie gern nach Berg, z. B. wenn die Kollegin dort Urlaub hat.

»Ein Anruf bei der Fristenfee und die Frist kann raus aus dem Kopf – vorerst.« Nach einem Jahr rief Kromsdorf. Dort laufen die Fäden in der Zentrale zusammen. Bis zu 100 Gerichtstermine in der Woche werden von Kromsdorf aus koordiniert. Die Aufgaben sind verteilt: Terminkoordination, Telefon, Schreiben und Fristen eben. Letzteres wurde ihre Aufgabe. So geht der erste Anruf der Anwälte nach der Verhandlung meist zu ihr. Rechtsmittelfrist ja oder nein, das ist wichtig für Tina Siron. Sie ist es auch, auf die sich die Anwälte verlassen können. Ein Anruf bei der Fristenfee und die Frist kann raus aus dem Kopf – vorerst. Bis sie angeschwebt kommt mit den Akten, durch die langen Flure, treppauf, treppab, und an die Frist erinnert. „Manchmal, wenn es kurzfristige Sachen sind und ich weiß, dass die Anwälte schon einen großen Aktenberg liegen haben, der weg muss, denk ich schon mal: Hm – ausgerechnet jetzt muss ich stören.“ Auch wenn es für den Moment manchmal nicht zu passen scheint, die Anwälte wissen, dass es wichtig ist, wenn sie an die Tür klopft. „Ich kann erst nach Hause gehen, wenn meine Fristen fertig sind.“ Das klingt fast liebevoll, und „meine Fristen“ meint sie genau so, wie sie es sagt – die Fristenfee aus dem Schloss. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar

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Thema

Schief gelaufen Wenn die Verjährung im Gespräch mit dem Anwalt beginnt

„Da ist irgendetwas komplett schief gelaufen”, sagte der Arzt dem Patienten. Beginnt da die Verjährungsfrist und hätte der Patient sofort einen Anwalt aufsuchen müssen? Diese Frist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstand und der Gläubiger von den anspruchsbegründeten Umständen in der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Ab Kenntnis wird also die regelmäßige Verjährungsfrist von vertraglichen und deliktischen Ansprüchen von grundsätzlich drei Jahren (§ 195 BGB) relevant. Hier ist die Mitteilung zu vage. Sie führt nicht zu einer Kenntnis des Patienten und ihm ist keine grob fahrlässige Unkenntnis vorzuhalten. Er hätte nicht nachfragen müssen, was das bedeutet, denn er ist Laie und muss nicht zwingend auf einen Behandlungsfehler schließen. Der Patient kann nicht erkennen, ob bei der Krankheit oder der Behandlung etwas „schief gelaufen” ist. Allein der negative Ausgang einer Behandlung ohne weitere sich aufdrängende Anhaltspunkte für ein behandlungsfehlerhaftes Geschehen führt nicht zur Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis. Das Ausbleiben des Erfolgs muss nicht in der Unzuläng-

lich keit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben, sondern kann schicksalhaft auf die Erkrankung zurückzuführen sein (GesR 3/2010 Seite 132). Vertreten wird, dass die Kenntnis ab Vorliegen eines medizinischen Sachverständigengutachtens besteht, welches den Fehler belegt. Bei kosmetischen Operationen treten oft Komplikationen auf, über die nicht aufgeklärt wurde. Dann entdeckt der Patient im Misserfolg etwas, was er vorher nicht wusste und erlangt Kenntnis. Bei Behandlungsfehlern mag im Einzelfall sogar ein Gutachten allein nicht ausreichen. So führt die rechtliche Würdigung zur Erkenntnis bestehender Ansprüche. Dies kann die Kenntnis auslösen, so dass die Verjährungsfrist im Gespräch mit dem Anwalt beginnt. RA Volker Loeschner, Berlin

Angemerkt „Wenn ein Arzt einen Kunstfehler macht, hat er keinen hippokratischen Meineid geleistet, ihm ist lediglich ein Äskulapsus unterlaufen.“

Saugen bis der Arzt kommt. Foto: Harry Hautumm_pixelio.de

EXKURS „KENNTNIS“ /// a) Anspruchsbegründende Umstände / Im Arzthaftungsprozess beginnt die Verjährung deliktischer Ansprüche nicht zu laufen, bevor nicht der Patient als medizinischer Laie Kenntnis von Tatsachen hat, aus denen sich ein Abweichen vom ärztlichen Standard ergibt. (BGH, Urteil vom 23.4.1991, Az. VI ZR 161/90) Kenntnis aller Einzelheiten ist hierbei nicht erforderlich. b) Kenntnis der Person / In einem Arzthaftungsverfahren ist es ausreichend, wenn der Geschädigte den Namen und die ärztliche Funktion der Krankenhausärzte kennt. (vgl. BGH, Urteil vom 31.2.2000 - VI ZR 198/99)

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Jahr um – Frist futsch Vom unguten Gefühl, einer schlaflosen Nacht und einer Entschuldigung

Es war eigentlich ein ganz normaler Arbeitstag im Januar diesen Jahres, der sich da zu Ende neigte. Ich hatte meine Sachen schon zusammengepackt, war im Begriff, das Büro zu verlassen. Da beschlich es mich, so ein ungutes Gefühl. Wie aus dem Nichts schoss mir eine bestimmte Akte in den Kopf. Ich hatte nicht an ihr gearbeitet, kein Schriftsatz nichts, nur ein ungutes Gefühl. Ich stelle meine Tasche ab, gehe zum Aktenschrank und ziehe mir die Akte, die da so plötzlich in meinem Kopf war. Das ungute Gefühl ist immer noch da. Beim Durchblättern wird mir plötzlich heiß und kalt – Wie bescheuert kann man eigentlich sein? Die Verjährung war schlicht und ergreifend auf 2010 gesetzt. Klar – Schadensersatz – § 195 BGB – drei Jahre. 31.12.2010 war als Verjährung notiert. War ich das? Hatte ich es nicht kontrolliert? Wahrscheinlich sogar Letzteres. Hier hatte ich einen Sachmangel, aus dem der Schaden resultierte, und da sagt § 634a Abs.1 Nr.1 nun mal: zwei Jahre Verjährungsfrist. Die waren definitiv rum. Mensch, dabei hatte ich die Akte vor Jahresfrist noch in der Hand. Irgendwie kann ich gerade gar keinen geraden Gedanken fassen. Vielleicht wollte ich da sogar was machen? Hatte ich das Datum der Reparatur verwechselt? Nein, da stand 2008, nicht 2009. Da

tröstet es mich auch nicht, dass in der Akte so manches schief gegangen war, und dass ich auch ein wenig Zweifel an der Höhe des geltend zu machenden Schadens hatte, und dass das Verfahren längst anhängig gemacht gewesen wäre, hätte der Mandant nicht ewig gebraucht, Belege beizubringen und mir seinen zwischenzeitlichen Wohnsitzwechsel mitgeteilt. Dann nämlich hätte die Akte nicht so lange gelegen und es wäre auch nichts verjährt gewesen. Leider hatte ich dem Mandanten nichts mitgeteilt. Es wird ein unruhiger Abend. Was, wenn das nicht die einzige Akte ist? Muss ich jetzt die Haftpflicht informieren? Es ist nach 20 Uhr. Da ruft man niemanden mehr an. Das hat den großen Vorteil, dass sich über Nacht die Dinge oft relativieren. Also: Erst mal eine Nacht drüber schlafen. Am nächsten Morgen: Ich fühle mich immer noch schlecht, kann aber langsam wieder gerade denken. Jetzt gehe ich die Sache pragmatisch an. Streitwert? Na ja, knappe 300 Euro. Die Erfolgschancen? 50:50 maximal. Das hatte ich dem Mandanten auch mal schriftlich mitgeteilt. Na wenigstens was. Ich greife zum Telefon. „Dieser Anschluss ist vorübergehend nicht zu erreichen.“ Irgendwie passt das zu der Akte. Ich diktiere einen Schriftsatz an

Den Finger in die Nase zu stecken, heißt noch lange nicht, in sich zu gehen. (Moltke)

den Mandanten, dass ich die Frist versehentlich versäumt habe, es mir schrecklich leid tut und dass ich vorschlage, dass ich 50 Prozent der Summe trage. Die Rechnung war noch nicht gestellt. Also würde ich keine stellen und die Differenz ausgleichen. Ob er damit einverstanden sei. Wenn er jetzt das Vertrauen in mich verloren habe und deshalb die andere Sache, die ich noch von ihm habe, an einen anderen Anwalt geben möchte, könne ich das sehr gut verstehen. Einige Tage später: Mein Telefon klingelt. Am andern Ende ist besagter Mandant. „Wissen Sie was? So etwas habe ich noch nie erlebt.“ Ich ahne nichts Gutes. Seelisch und moralisch stelle ich mich auf eine Moralpredigt ein. „Ein Anwalt, der einen Fehler zugibt. So etwas gibt es doch gar nicht – Respekt.“ Jetzt bin ich baff. Nein, die Differenz müsse ich nicht überweisen. Wenn keine Rechnung gestellt würde, sei das völlig in Ordnung und die andere Sache bleibe selbstverständlich bei mir. Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile. Als er auflegt, bin ich erleichtert und froh, dass mir das bei einem 300 Euro Fall passiert ist, und dass ich ehrlich war. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar

Fotos: Kurt Bouda_pixelio.de

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Lebenslang – für immer hinter Gittern? Die Höchststrafe im deutschen Strafrecht – eine Betrachtung

nämlich sehr schnell deutlich, dass Diebstahl und Betrug die Rangliste der Straftaten anführen. Im Jahre 2005 wurden 2.781.889 Eigentumsdelikte registriert, Betrug lag bei 1.102.261. Im festgestellten Zeitraum lag Mord, für den es lebenslangen Freiheitsentzug gibt, mit 2.396 Fällen erheblich hinter den erwähnten Eigentumsstraftaten. Bei nüchterner Betrachtung der Zahlen ließe sich hieraus kaum Kapital schlagen, wäre da nicht der durchschnittliche „Normalmandant“, der ein ganz anderes Gespür, auch dank der breiten Medieninformationen, entwickelt hat. Nebenklägervertreter kennen die Problematik, dass Mandanten hohe Erwartungen an einen „gerechten“ Verfahrensausgang haben. Und dieser sieht in deren Vorstellung meist so aus, dass der Täter am besten ohne jedwede Möglichkeit der Haftentlassung bis an das Ende seiner Tage in einer dunklen Zelle schmoren möge.

Keine moderne Arche Noah, sondern des Grundrechtes auf Freiheit beraubt.

Lebenslang, das ist die Sentenz, mit denen sich in Deutschland Straftäter von Kapitalverbrechen konfrontieren müssen. Hierunter fallen Völkermord, Mord, Hochverrat, Landesverrat, Vorbereitung eines Angriffskrieges, erpresserischer Menschenraub im Falle des Todes des Opfers, Raub mit Todesfolge und Brandstiftung mit Todesfolge, um nur die wichtigsten Tatbestände des Strafgesetzbuchs zu nennen. Es sind bei genauer Lektüre des StGB einige mehr. Geht man dem Begriff „lebenslang“ auf den Grund, werden Sprachverständige zunächst richtigerweise feststellen, dass entgegen den übrigen Straftaten, auf deren Begehung die Verbüßung einer klar in Zeit bemessenen Freiheitsentziehung steht, „lebens lang“ keine in Zahlen definierte Größe ist. Lebenslang oder „für den Rest des Lebens“ wäre in der zeitlichen Dimension logischerweise bei jedem Täter anders, weil die individuelle Restlebenszeit ab der Inhaftierung stets verschieden wäre. Mit Vorstellungen von einem verfassungskonformen, berechenbaren Strafsystem hätte ein Nichtauflösen der Kategorie „lebenslang“ in eine konkrete Zeitdauer nichts zu tun. Ein individuelles Bestrafungssystem, der eine Mörder 30, ein anderer 20 Jahre, bis eben zu seinem Tod, stieße unmittelbar auf Kritik, es wäre

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Foto: Dieter L._pixelio.de

weder den Taten angemessen, noch den Hinterbliebenen und auch dem Straftäter selbst logisch vermittelbar. Ein solches System wäre eine vorhersehbare Ungleichbehandlung. Ein weiterer ganz gewichtiger Aspekt ist der Grundsatz, den das Bundeserfassungsgericht aufgestellt hat: „Zu den Voraussetzungen eines menschenwürdigen Strafvollzugs gehört, dass dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden.“ (Urteil des BVerfG vom 21.6. 1977, Az. 1 BvL 14/76). Diese Entscheidung ist auch für aktuelle Fragen wie etwa dier der Sicherungsverwahrung maßgeblich. Auch ein verurteilter Mörder ist in seiner verfassungsrechtlich garantierten Menschenwürde zu achten. Nicht selten scheinen gerade Innenpolitiker von diesem Diktum abzurücken, fordert regelmäßig des Volkes Stimme eine harte und unnachgiebige Strafe für Täter eines Kapital verbrechens. Emotion und Betroffenheit sind dafür verantwortlich, was recht, ja gerecht sein soll? In den allermeisten Fällen der strafrechtlichen Mandatsbetreuung geht es vornehmlich nicht um „lebenslang“. Dies sollte gerade der Berufseinsteiger klar haben. Anhand der Kriminalitätsstatistiken wird

Der Ruf nach der Wiedereinführung der Todesstrafe ist übrigens in diesem Zusammenhang nicht fern. Fingerspitzengefühl ist gefragt, um der Würde des Opfers zu entsprechen. Die Würde gebietet es aber in besonderer Weise auch, dass die Frist „lebenslang“ ehrlich erläutert wird. Zwar besagt die landläufige Meinung, dass lebenslang eingesperrte Straftäter unmittelbar nach 15 Jahren automatisch freikommen. Doch tatsächlich heißt dies lediglich, dass nach der Verbüßung von eben 15 Jahren geprüft wird, ob der Rest der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Und dieses Prüfverfahren fällt anders als besagter Fehlglaube nicht immer positiv für den Straftäter aus, ist somit kein Automatismus der vorzeitigen Haftentlassung. Prominente Beispiele sind die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten RAF-Mitglieder Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt. Klar wurde nach 26 Jahren Haft und Mohnhaupt nach 24 Jahren entlassen. In beiden Fällen hatte das Gericht die Mindesthaftstrafe deutlich angehoben. Insbesondere dann, wenn in Fällen von Mord die besondere Schwere der Schuld festgestellt wird, kommt eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren nicht in Betracht. § 57a StGB verweist auf § 57 StGB, der eine als zwingende Voraussetzung für die Aussetzung der Strafe zur Bewährung verlangt, dass Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit es zulassen. Es muss „verantwortet werden“ können, so schreibt das Gesetz, dass der Täter frei kommt. Dahinter verbirgt sich nichts weiter als eine günstige Täterprognose – konkret, dass der Täter sich in Freiheit straffrei verhalten wird. Um zu einer solchen Prognose überhaupt zu gelangen, spielt das Verhalten des Sträflings im

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Vom Bitten und Betteln? Das Gnadenrecht im Parforceritt

Vollzug die kardinale Rolle. Bedeutsam können aber auch die Abläufe des Täterverhaltens unmittelbar nach der Tat sein, die in die Gesamtwürdigung einbezogen werden dürfen. Erst die Prüfung der Gesamtschau der für die Prognose wichtigen Momente lässt überhaupt an eine Haftentlassung denken. Schließlich wird nach dem Gesetz verlangt, dass der Gefangene einwilligt. Ohne seine positive Mitwirkung – hierzu kann er nicht gezwungen werden – ist eine vorzeitige Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung ebenfalls nicht möglich. Es ergeht im förmlichen Gerichtsbeschluss die Nichtaussetzung. Stehen jedoch die günstige Prognose und die Einwilligung fest, dann ist der Verurteilte zu entlassen. Einen Ermessenspielraum hat das Gericht dann nicht. Für die Frage der Aussetzung sind die großen Strafvollstreckungskammern, die bei den Landgerichten angesiedelt sind, sachlich zuständig. Die Aussetzung geschieht entweder auf Antrag des Inhaftierten oder von Amts wegen. Bei einer Antragstellung müssen Strafverteidiger unbedingt berücksichtigen, dass die ordentliche Feststellung der Täterprognose erheblich Zeit in Anspruch nimmt. Rechtzeitige Entlassungsvorbereitungen, zu denen die Begutachtung des Häftlings zwingend dazugehört, müssen dazu führen, den Täter wieder „fit“ zu machen für die Zivilgesellschaft, die er einen erheblichen Teil seines Lebens nicht erleben konnte. Wer sich öfter mit Langzeitinhaftierten auseinandersetzt, der wird rasch merken, dass Anträge, die bei positiver Bescheidung entweder eine Hafterleichterung bedeuten oder gar die Strafaussetzung, von den Betroffenen als sehr wichtig empfunden werden. Aufgrund dieser Wahrnehmung sollten Aussetzungsverfahren mit dem erforderlichen Sinn für zügiges Arbeiten abgehandelt werden, selbst wenn hinterher die Mühlen der Strafvollstreckungsverwaltung langsam mahlen. In der betreffenden JVA spricht sich rasch herum, wenn „der Anwalt“ sich erheblich Zeit lässt. Die Chancen für eine erfolgreiche Weitervermittlung hängen von dieser Publicity durchaus ab. Dies ist nicht zu unterschätzen. Wann genau bei „lebenslang“ ein Aussetzungsantrag zu stellen ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich gesehen. So halten einige Gerichte es für zulässig, einen Antrag bereits im 10. Vollstreckungsjahr zu stellen (OLG Frankfurt in StV 1995, 539, 541). Das Bundesverfassungsgericht hält einen Vorbereitungszeitraum von insgesamt drei Jahren für nicht zu lang (NStZ 93, 432).

Wer einmal sitzt, der sitzt und bleibt, bis die Freiheitsstrafe verbüßt ist. Das ist nur gerecht, müsste man gerade aus Sicht der Opfer meinen. Beliebt ist die Meinung, in Deutschland hörte man nur die Täter, die Opfer kämen stets zu kurz, was in angeblich laschen Gesetzen, vermeintlich nicht ordnungsgemäß durchgeführten Haftstrafen und fehlerhaften psychiatrischen Gutachten begründet sei. Wenn die Bildzeitung reißerisch über einen entlaufenen Kindsmörder textet, dann ist das Abendland dem kriminellen Untergang geweiht, so zumindest die kollektive Subjektive der Massen. Statistiken belegen jedoch, dass wir uns im Promillebereich bewegen, was Fehlbewertungen angeht, die letztlich zu einer ernsten Gefährdung der Bevölkerung führen. Ohne das vielfache Leid auf Seiten der Opfer ausblenden zu können, vergessen emotional orientierte Menschen rasch, dass eine lebenslange Freiheitsstrafe in aller Regel einen ganz erheblichen Eindruck auf die Eingesperrten hinterlässt. Wer lange einsitzt, der verändert den Blick auf die Welt, auf sich und seine Mitmenschen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Täter tiefe Reue hinsichtlich seiner Tat am Ende der Haftzeit zeigt. Doch ist es letztlich eine Chance des Wandels und der Abkehr von begangenem Unrecht. Zeigt der Täter in seinem Verhalten innerhalb des Vollzugs glaubhaft, dass er außerhalb der Gefängnismauern künftig straffrei wird leben können, hat er Anspruch auf Prüfung der vorzeitigen Entlas-

Der Bundespräsident selbst ist die Begnadigungsinstanz.

sung, bei lebenslanger Freiheitsstrafe frühestens nach 15 Jahren. Ist ein Antrag auf Haftaussetzung als zu früh gestellt oder im Übrigen als materiell unbegründet unter Ausschöpfung sämtlicher Rechtsmittel abgelehnt worden, bleibt dem Sträfling nur noch, auf Begnadigung zu hoffen. Anders als bei der Haftaussetzung hat der Gefangene keinerlei Anspruch auf Begnadigung. Der Bundespräsident ist Begnadigungsinstanz auf Bundesebene, während in den einzelnen Ländern Begnadigungsstellen eingerichtet sind. Weil ein Anspruch auf Begnadigung nicht besteht, sind Rechtsmittel bei Ablehnung nicht statthaft. Daraus folgt auch, dass Begnadigungsgesuche keinen inhaltlichen Formalien genügen müssen. Allerdings dürfte sich von selbst verstehen, dass es bei der Begnadigung immer um die Auseinandersetzung des Täters mit der Straftat, seinem Verhalten während der Inhaftierung und besondere persönliche Gründe für eine vorzeitige Haftentlassung oder Umwandlung der Strafe in eine Bewährungsstrafe geht. Wer Gnade für sich einfordert, der muss in jedem Fall dokumentieren, dass er Gnade verdient. Ungereimtheiten, Widersprüche und „Hintertüren“ verringern die Chancen, begnadigt zu werden. Sowohl detailreiche Kenntnisse über den Inhaftierten als auch Sprachgewandtheit werden zwingend zum A und O des Strafverteidigers, wenn er mit einem Gnadengesuch erfolgreich sein will. RA Patrick Ruppert, Köln

Foto: Dieter Schütz_pixelio.de

RA Patrick Ruppert, Köln

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Thema

Warnschussarrest contra Neuköllner Modell Zweifel an Wirkung des Arrestes bei jugendlichen Straftätern

Im April 2011 prügelten zwei 18-Jährige in der Berliner U-Bahnstation Friedrichstraße einen 29-Jährigen krankenhausreif. Dem am Boden liegenden Mann wurde noch bis zur Bewusstlosigkeit auf den Kopf getreten. Die Polizei hatte zur Fahndung Bilder der Überwachungskamera des U-Bahnhofs veröffentlicht. Die Täter stellten sich und blieben auf freiem Fuß.

lassen, ist überhaupt nicht zu erkennen. Zudem böte der kurze Aufenthalt in einer Anstalt auch zu wenig Zeit, um pädagogische oder therapeutische Maßnahmen effektiv anzuwenden. Der einzige sinnvolle Anwendungsbereich könnte sich für die ganz wenigen Fälle ergeben, in denen vorangegangene gerichtliche Maßnahmen praktisch fehlen.

Gegen den Haupttäter wurde zwei Wochen nach der Tat Anklage erhoben. Der Fall war deutschlandweit in der Presse und entfachte die Diskussionen über die Einführung eines Warnschussarrestes erneut: „Die Täter sollen schon mal einige Wochen am Freiheitsentzug schnuppern.“ Die Einführung eines solchen Arrestes sieht der aktuelle Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP vor. Ein entsprechender Gesetzesentwurf hat den Bundestag bislang jedoch noch nicht erreicht.

Problematisch ist ebenfalls, dass zwischen Tat, Urteil und Vollstreckung der Strafe oft Monate oder Jahre liegen. Dies ist teilweise auf die überlasteten Gerichte, aber auch auf die bereits heute überfüllten Jugendhaftanstalten zurückzuführen. Durch die Einführung des Warnschussarrestes, ohne neue Richterstellen oder Anstalten zu schaffen, würde sich diese Situation sogar noch verschlechtern. Somit rückt der Effekt der zeitnahen Bestrafung noch weiter in die Ferne und der Warnschussarrest wäre wirkungslos.

Aber worum geht es eigentlich bei dem Warnschussarrest genau? Derzeit können bis zu vier Wochen Jugendarrest als Warnung verhängt werden, wenn die Tat für eine Jugendstrafe nicht schwer genug ist. Künftig soll zur Abschreckung ein maximal vierwöchiger Arrest neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe angeordnet werden können. Aus Sicht der Bevölkerung mag dies eine vernünftige Veränderung der Gesetzeslage darstellen. Beschäftigt man sich aber intensiver mit dem Vorschlag, kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass die Einführung eines Warnschussarrestes völlig verfehlt ist. Schaut man sich dessen Anwendungsbereich an, zeigt sich, dass nur solche Jugendliche und Heranwachsende in Betracht kommen, die eine Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen oder wegen der Schwere der Schuld zu erwarten haben. Diese Täter haben in der Regel bereits mehrere Strafverfahren und auch Jugendarreste hinter sich, Erziehungsmaßregeln sowie Zuchtmittel haben dann also schon versagt. Dass ein weiterer Jugendarrest diese Täter beeindrucken soll, kann aus der Praxis nicht nachvollzogen werden. Beim Jugendarrest ist die Rückfallquote mit 70 Prozent sehr hoch. Jeder Freiheitsentzug ist unter Umständen auch eine „Fortbildung“ in der Anwendung krimineller Energie. Gerade bei Jugendlichen ist die „Ansteckungsgefahr“ untereinander sehr groß. Ein hinreichender Grund, dass sich diese Täter durch einen Warnschussarrest zu einem straffreien Leben bekehren

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Außerdem wird der Warnschussarrest dem Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts nicht gerecht, das vorsieht, erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenzuwirken (§ 2 Abs. I JGG). Eine präventive Abschreckung, so wie es der Warnschussarrest vorsieht, ist hiermit aber nicht gemeint. Es gibt nur ein Modell, das es in die öffentliche Diskussion geschafft hat: Jugendrichterin Kirsten Heisig entwickelte, gemeinsam mit einem Kollegen, aus ihrer Berufserfahrung das sogenannte „Neuköllner Modell“ zur schnelleren Verfolgung von jugendlichen Straftätern. Praktiziert wird dieses seit Juni 2010 in Berlin sowie nach einer Probephase in Bamberg seit April 2011 bei den Staatsanwaltschaften Ansbach, Ingolstadt, München II und Würzburg. Grundgedanke des Modells ist eine geschicktere Nutzung des vereinfachten Jugendverfahrens nach §§ 76f. JGG. Dabei sollen sich junge Täter bei kleineren Delikten möglichst schnell nach der Tat vor Gericht verantworten müssen, um erzieherische Wirkung zu erzielen. Es sind Delikte, für deren Ahndung maximal ein Arrest von vier Wochen in Betracht kommt. Die Gerichtsverhandlung soll spätestens drei bis fünf Wochen nach der Tat stattfinden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine enge Zusammenarbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht. Außerdem werden TäterOpfer-Gespräche oder gemeinnützige Arbeit angeordnet. Zwar ist dieses Verfahren allein nicht

geeignet, auf Intensivtäter einzuwirken, aber ein Element zur Verhinderung von Intensivtäterkarrieren ist darin durchaus zu sehen. Anknüpfungspunkte für eine sinnvolle Einwirkung auf Jugendliche und gegen Jugendkriminalität sind aber vorwiegend im Bereich der Präventionsarbeit und nicht in der Verschärfung des Jugendstrafrechts zu sehen. Das aktuelle Jugendstrafrecht sichert bei konsequenter Anwendung, dass Strafen auch ein Möglichkeit der Erziehung ist. RAin Christine Frey, Berlin

Die Lehmanns - Eine deutsche Großfamilie Eine typische Täterkarriere von Jugendlichen: Familie Lehmann aus Berlin-Neukölln – die Mutter ohne Beruf, der Vater Handwerker, fünf Söhne und zwei Töchter. Der Vater schlägt, die Eltern trennen sich. Die Mutter trinkt, kommt mit den Kindern nicht klar. Die drei kleineren Jungen bleiben beim Vater, die Töchter leben bei den Großeltern, die großen Brüder sind bald weg, begehen Straftaten und kommen in Haft. Der Vater prügelt, so dass die kleineren Jungen später wieder zur Mutter ziehen. Paul trinkt mit acht Jahren erstmals Alkohol, mit dreizehn regelmäßig. Er raucht Cannabis. Mit neunzehn steht er gemeinsam mit seinen Brüdern wegen schweren Raubes vor Gericht. Er schafft einen Hauptschulabschluss und kommt mit 17 ins Heim, begeht Straftaten und gelangt schließlich in eine Pflege-familie. Dort stabilisierte er sich durch die Geborgenheit und Zuwendung der Familie deutlich. Nach Beendigung der Unterbringung stürzt Paul wieder ab. Es begeht die Tat, die ihm sechs Jahre und drei Monate Jugendstrafe einbringt. Die älteren Brüder Ingo und Felix haben im Wesentlichen dieselbe Entwicklung genommen. Beide beenden die Schule ohne Abschluss. (Siehe Buchbesprechung „Das Ende der Geduld“ S. 62.)

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Thema

Gerichtsverfahren auf der Überholspur Vorrangig und beschleunigt soll in Familiensachen verfahren werden

Hier geht es nicht um Schnellverfahren in Strafsachen und auch nicht um Straßenverkehrsdelikte. Der Fokus liegt vielmehr auf § 155 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, kurz FamFG. Hier will der Gesetzgeber zur Beschleunigung im Zivilrecht beitragen. Besonders Kindschaftssachen, wie z. B. das Umgangsrecht, sollen vor Gericht „vorrangig und beschleunigt“ bearbeitet werden. Der Termin sollte spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Diese Entwicklung wurde an den Gesetzgeber aus der Praxis herangetragen; Urheber sind Richter, Rechtsanwälte, Jugendämter und Familienberatungsstellen sowie Psychologen des kleinen Moselortes Cochem. Anfang der neunziger Jahre beschrieb man dort, dass durch gerichtliche Entscheidungen familiäre Konflikte zwar geregelt, aber selten gelöst werden können. Entscheidend ist, dass beide Elternteile im Interesse der Kinder wieder miteinander reden statt zu streiten. In Cochem wurden am Familiengericht die Verfahren binnen 14 Tagen terminiert und selbst Rechtsanwälte beschränkten sich in ihren Schriftsätzen auf den wesentlichen Sachvortrag und die Anträge, um eine Verschärfung des elterlichen Konfliktes zu vermeiden. Nach der Trennung ihrer Eltern leben Kinder oftmals in völlig ungeklärten Lebensverhältnissen und sind darüber hinaus sehr häufig Loyalitätskonflikten gegenüber den sich um das Kind streitenden Eltern ausgesetzt.

henden Kindern nicht noch mehr zu schaden als durch die Zwistigkeiten der beiden Eltern schon geschehen ist? Die traurige Antwort lautet: Nein. Es ist bisher leider nicht selbstverständlich gewesen, Umgangs- und „Herausgabeverfahren“ so schnell wie möglich durchzuführen, um das Kindeswohl zu schützen. Ein solches Verfahren dauerte in der Regel etwa sechs bis acht Monate und konnte sich aber durchaus auch über mehrere Jahre hinziehen. Gerade bei Kleinkindern besteht schon bei einer Trennung von nur wenigen Monaten die Gefahr der Entfremdung vom anderen Elternteil. Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wurde Deutschland bereits wegen überlanger und damit unangemessener Verfahrensdauern in Kindschaftssachen verurteilt, vgl. z. B. die Entscheidung im Verfahren Adam (Nr. 44036/02) aus dem Jahr 2008. Das Verfahren des Kindesvaters dauerte mehr als vier Jahre, das Verfahren der Großeltern sogar über sechs Jahre. Der EGMR rügte vor allem, dass Anhörungstermine durch die Gerichte viel zu spät anberaumt wurden.

Mittlerweile ist das Konzept des sogenannten „Cochemer Modells“ bundesweit bekannt und wird erfolgreich angewendet. Aus diesem Grund wurden seine Elemente bereits 2008 in das FGG und jetzt auch in das neue FamFG eingearbeitet. Durch eine verbindlichen Rechtsnorm wie den § 155 FamFG (§ 50e FGG a.F.) haben es alle am Verfahren Beteiligten nunmehr selbst in der Hand, auf die Einhaltung dieser Vorschriften zu achten und das statuierte Vorrang- und Beschleunigungsgebot aktiv einzufordern.

Nunmehr soll das in § 155 FamFG enthaltene Beschleunigungsgebot Abhilfe schaffen. Der frühe erste Termin innerhalb eines Monats nach § 155 Abs. 2 FamFG ist jedoch nur der erste Schritt. Das Vorrang- und Beschleunigungsgebot gilt in jeder Lage des Verfahrens und für jedes mit dem Verfahren befasste Gericht in allen Instanzen. Einzige Ausnahme ist nur das Kindeswohl selbst, denn natürlich darf die strikte Anwendung des Gebots nicht dazu führen, dass ein früher erster Termin festgesetzt wird, obwohl noch nicht alle verfahrensrelevanten Fakten ermittelt wurden. Besondere Beachtung müssen die Fälle von häuslicher Gewalt erhalten, da sie der gründlichen Ermittlung und Nachforschung bedürfen. Welcher Richter will schon dafür verantwortlich sein, die Kinder einem gewalttätigen Elternteil zugesprochen zu haben? Doch genau diese in der Regel sehr zeitintensiven Ermittlungs- und Nachforschungsmaßnahmen kollidieren dann mit der Vorschrift des § 155 Abs. 2 FamFG in der Praxis.

Warum aber muss solch eine Selbstverständlichkeit wie die vorrangige und beschleunigte Regelung von Kindschaftssachen mit einer Monatsfrist versehen in den Gesetzestext aufgenommen werden? Ist es denn nicht offensichtlich, dass gerade diese Verfahren mit besonderer Eile und Sorgfalt betrieben werden müssen, um den im Mittelpunkt ste-

Die Lösung dieses Konfliktes liegt, wie so oft im Familienrecht, in dem Begriff „Kindeswohl“ verborgen: Hat der mit der Sache befasste Richter ernsthafte Anhaltspunkte für eine potentielle Kindeswohlgefährdung, so hat er der Erforschung dieses Sachverhaltes Vorrang vor der frühzeitigen Terminierung zu geben. Eine schematische Anwendung

des Beschleunigungsgebots ist grundsätzlich abzulehnen. Es gilt auch hier der alte Grundsatz: Keine Regel ohne Ausnahme. Neu ist: Es geht also in der Regel alles schneller, wenn keine Ausnahme vorliegt. Ass. jur. Katrin Kirchert, Berlin

EXKURS „BESCHLEUNIGUNG“ /// Bei der Verhängung von U-Haft gilt ebenso der Grundsatz der Beschleunigung - explizit geregelt in § 72 Abs. 5 JGG. Im Übrigen ergibt sich dies aus Art. 6, 5 Abs. 3 S. 2 MRK.

§ 155 FamFG Vorrang- und Beschleunigungsgebot (1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen. (2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. (...) Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.

Verurteilt Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.1.2011 (Beschwerde Nr. 21980/06, 26944/07 und 36948/08) gilt das Vorrangs- und Beschleunigungsgebot i.S.d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) auch bei elterlichem Umgang während des Umgangs- und Sorgerechtsstreits. Dieser vermag keine lange Verfahrensdauer zu rechtfertigen. Die Bundesrepublik Deutschland wurde daher erneut wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK verurteilt.

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Thema

Alles, ein bisschen – oder gar nichts Wie viel Verantwortung darf abgegeben werden?

Wenn es um Fristen geht, geht es immer auch um Kontrolle und Verantwortung. Was muss der Anwalt kontrollieren? An welcher Stelle darf er sich auf andere verlassen? Auf wen darf er sich verlassen? Das alles sind Fragen, auf die man im Einzelfall oft erst eine Antwort bekommt, wenn irgendein Rädchen im großen Getriebe des täglichen Anwaltsgeschäftes klemmt. Sprich: Wenn einer was versäumt hat. Organisationsverschulden heißt das Wort, das dann ins Spiel kommt. Der BGH hatte sich in seiner aktuellsten, bei juris zu findenden Entscheidung zu dieser Thematik vom 19.7.2011 (Az.: X ZR16/11) mit genau diesem Organisationsverschulden auseinanderzusetzen. Der Beklagten war Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist gewährt worden. Zu Recht, sagte der BGH. Denn die Beklagte sei ohne ihr eigenes Verschulden verhindert gewesen, die Frist einzuhalten, § 233 ZPO. Auch habe hier kein der Beklagten nach § 85 II ZPO zurechenbares Verhalten ihrer Prozessbevollmächtigten vorgelegen. Warum? Der Fehler beruhte auf einem Fehler der Bürokräfte der Prozessbevollmächtigten, den diese nicht zu vertreten hatte. Was war passiert? Kurz zusammengefasst Folgendes: In der Patentrechts-Kanzlei der Beklagtenvertreter war eine Bürokraft, nennen wir sie mal A., für die zentrale Fristenverwaltung zuständig. Nur sie durfte Fristen ein- und austragen. Diese Mitar-

Darf hier eigentlich jeder machen was er will?

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beiterin mit 40 Jahren Berufserfahrung war bisher immer zuverlässig. Sie war auch angewiesen, insbesondere Berufungsbegründungsfristen mit der Eingangsbestätigung der Berufung seitens des Gerichtes noch einmal zu überprüfen. Eine weitere, ebenfalls erfahrene Mitarbeiterin, nennen wir sie B., führte in Abwesenheit der A. den zentralen Fristenkalender. Sie durfte Fristen aber, anders als die A., nicht selbständig berechnen und notieren. Das musste ein Anwalt tun. Der gab dann die Anweisung, dass die Frist durch B. eingetragen wird. Genau diese B. hatte nun die Berufungsbegründungsfrist selbst berechnet und falsch eingetragen. Und die A. hatte diese Frist auch nicht mit der Eingangsbestätigung des Gerichtes kontrolliert, was aber ihre Aufgabe gewesen wäre und was sie bisher auch immer getan hat. In der Entscheidung heißt es: „Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Rechtsanwalt oder der Patentanwalt die Berechnung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen. Er hat jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden.“ Als notwendige Maßnahme und damit unverzichtbar seien „insoweit eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die zumindest stichproben artige Kontrolle des Personals (etwa BGH, Beschluss vom 5.2.2003 VIII ZB 115/02, NJW 2003, 1815, 1816 und Beschluss vom 22.6.2010 VIII ZB 12/10 Rn. 9).“

Foto: RainerSturm_pixelio.de

Die Beklagtenvertreter hätten sich darauf verlassen können, dass B. nicht selbständig Fristen einträgt. Auch dass die Beklagtenvertreter ihre Mitarbeiterinnen nicht angewiesen hätten, vierwöchige, sondern lediglich zweiwöchige Vorfristen einzutragen, begründe kein Organisationsverschulden. Diese zwei Wochen seien im konkreten Fall ausreichend, auch für eine Berufungsbegründungsfrist. In der Zeit schaffe das der Anwalt und wenn nicht, sei immer noch genug Zeit, einen Fristverlängerungsantrag zu stellen. Auch, dass nicht sichergestellt gewesen sei, dass die End- und Vorfristen in die Tischlisten übertragen worden wären, begründe kein Organisationsverschulden. Denn, so das Gericht, das Führen von Tischlisten sei eine überobligatorische Kontrollmaßnahme in der Büroorganisation der Beklagten, die im Allgemeinen nicht zu einer Verschärfung der Sorgfaltspflichten des Anwalts führen kann (so auch: BGH, Beschluss vom 30.4.1998 VII ZB 5/97). Übersetzt: Tischlisten müssen nicht sein. Deshalb begründet der Fehler in der Liste auch kein Orga nisationsverschulden, jedenfalls im Allgemeinen. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar

Die Berechnung einfacher und im Büro geläufiger Fristen kann einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen werden. Es ist durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fris ten zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Unverzichtbar sind insoweit eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die zumindest stichprobenartige Kontrolle des Personals. Es muss eine Vorfrist notiert werden, mit der sichergestellt wird, dass für die Fertigung z. B. einer Rechtsmittelbegründung hinreichend Zeit verbleibt. Zwei Wochen Wiedervorlagefrist können reichen. Das Führen von Tischlisten ist eine überobligatorische Kontrollmaßnahme in der Büroorganisation und führt nicht zu einer Verschärfung der Sorgfaltspflichten des Anwalts.

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Thema

Fristversäumnis – ein Haftungsfall Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Die Wahrung von Fristen nimmt in der anwaltlichen Tätigkeit eine besondere Stellung ein. Hierfür hat der Anwalt eine gut organisierte und sorgfältig durchgeführte Fristenkontrolle vorzuhalten, um Schaden von dem Mandanten und letztendlich auch sich selbst abzuhalten. Allerdings kann auch die beste Organisation nicht verhindern, dass Fehler geschehen und Fristen versäumt werden. Abhängig von der Ursache des Fristversäumnisses gewähren viele Verfahrensordnungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Fristversäumnis Für den erfahrenen Anwalt mag die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags kein großes Problem darstellen. Anwälte, die noch nie eine Frist versäumt haben und das erste Mal die Wiedereinsetzung beantragen, sollten ihr Vorgehen zunächst grundsätzlich überlegen und sich mit dem Thema vertiefend auseinandersetzen. Dazu folgende grundsätzliche Überlegungen: Die Versäumung einer Frist stellt zunächst eine Pflichtverletzung aus dem Mandatsvertrag dar und löst gem. § 5 AVB die Anzeigepflicht binnen Wochenfrist bei dem eigenen Berufshaftpflichtversicherer aus. Es empfiehlt sich, den Versicherer so früh und so umfassend wie möglich zu informieren. Nur dann kann er seinen Versicherungsnehmer optimal unterstützen. Der Rechtsanwalt muss mit seinem Mandanten entscheiden, ob und wie die Wiedereinsetzung beantragt wird. Generell sollte dabei beachtet werden, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in den jeweiligen Verfahrensordnungen nicht inhaltsgleich geregelt ist. Es sind daher unbedingt die einschlägigen Rechtsnormen zu prüfen, um die Unterschiede zu den vielleicht schon bekannten Vorschriften (wie z. B. §§ 233 ff. ZPO) zu erfassen.

Born, Manfred Die Rechtsprechung des BGH zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, NJW 2005, 2042; NJW 2007, 2088

Frist unverschuldet versäumt hat, diese also trotz Beachtung der erforderlichen Sorgfalt nicht eingehalten werden konnte.

ANTRAG

Im Antrag muss der tatsächliche Fehler dargestellt und zusätzlich begründet werden, was die Ursache hierfür ist. Kann der Anwalt dies nicht oder geht gar der Fehler auf sein oder das schuldhafte Verhalten der Partei zurück, bestehen nur geringe Erfolgsaussichten. Ein einzelfallbezogenes Verschulden von Kanzleimitarbeitern wird der Partei nicht zugerechnet. Das Gericht prüft, wann das Hindernis weggefallen ist und inwieweit die Organisation der Fristenkontrolle im Büro, deren Überwachung sowie die Anweisung des Anwalts im Einzelfall als Ursache für das Fristversäumnis außer Frage stehen. Entsprechend ist alle Sorgfalt bei der Begründung des Antrags angezeigt. Ein Nachtrag außerhalb der Wiedereinsetzungsfrist ist nicht möglich. Empfehlenswert ist bei Abfassung der Begründung, auch die aktuelle Rechtsprechung zu überprüfen.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt einen Antrag der Partei voraus. Der Antrag erfordert eine vollständige, substantiierte und in sich schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen. Zusätzlich wird empfohlen, den Wiedereinsetzungsantrag im Tatbestand mit dem Sachantrag optisch hervorzuheben (Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 9. Aufl., F-59, S. 187).

Unter Umständen kann ein zurechenbarer Fehler, der normalerweise die Wiedereinsetzung ausschließt, gleichwohl die Gewähr rechtfertigen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt auch in Betracht, wenn es ohne das schuldhafte Verhalten durch einen nicht zu verantwortenden Umstand ohnehin zur Fristversäumung gekommen wäre. In diesem Fall ist zur Ursächlichkeit der Säumnis detailliert auszuführen.

FRIST

GLAUBHAFTMACHUNG

Die Stellung des Antrags ist an eine bestimmte Frist gebunden, die ab Wegfall des Hindernisses, das der Fristwahrung entgegenstand, zu laufen beginnt. Zu beachten ist, dass die Laufzeiten der jeweiligen Wiedereinsetzungsfrist unterschiedlich lang sind. Ferner muss innerhalb dieser Frist die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden.

Die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen, müssen bis zur Entscheidung über den Antrag „Glaubhaftmachung" glaubhaft gemacht werden. Mitarbeiter des Anwalts versichern den in eigenen Worten wiedergegebenen Sachverhalt an Eides statt. Der Sachvortrag, den der Anwalt aus eigener Wahrnehmung hält, muss nicht gesondert glaubhaft gemacht werden. Hierfür reicht die anwaltliche Versicherung.

Bräuer, Jacqueline Wiedereinsetzung: Der Wegfall des Hindernisses, AnwBl. 2007, 621 Goebel, Frank-Michael in AnwF Zivilprozessrecht, § 19, 3. Auflage 2010 Dr. Müller, Gerda Typische Fehler bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, NJW 1993, 681.

Voraussetzungen

INHALT WIEDEREINSETZUNGSANTRAG Für die weitere Vorgehensweise ist es ratsam, sich mit der Materie vertiefend auseinanderzusetzen. Nur dadurch kann der Anwalt vor der Antragstellung feststellen, worauf der Fokus bei der Bearbeitung des Wiedereinsetzungsantrags zu legen ist. In der Literatur finden sich viele Fachaufsätze und Veröffentlichungen höchstrichterlicher Entscheidungen, die sich mit der Wiedereinsetzung beschäftigen. Nur beispielhaft seien erwähnt:

Steffen Eube, HDI-Gerling, Hannover Es müssen alle die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen, mithin also alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags, schlüssig dargelegt werden. Die weiteren Einzelheiten des Inhalts hängen vom Einzelfall ab. Allgemein aber gilt, dass die Wiedereinsetzung nur gewährt wird, wenn die Partei die

EXKURS „GLAUBHAFTMACHUNG“ /// Die Glaubhaftmachung gilt auch im Ablehnungsverfahren von Richtern (§ 44 Abs. 2 ZPO) und Gutachtern (§ 406 Abs. 3 ZPO).

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Thema

»Die stets so Zuverlässige war's!« Verlagerung der Fristenverantwortung auf das Personal

Foto: M. Hoffmann_pixelio.de

Immer dem Fühler nach - Ameisen wissen, wo´s langgeht.

Wer halbwegs bei Trost ist und es bleiben will, meidet Fristabläufe und räumt die Frist durch Erledigung frühzeitig ab. Über die Kanzlei- und Fristenorganisation muss man allerdings nachdenken, bevor die Frist verpasst ist. Denn der letzte Rettungsanker, Wiedereinsetzungantrag, kann ohne Vorbereitung nicht greifen.

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Zäumen wir das Pferd von hinten auf: War die Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert, kann sie nach § 233 Abs. 2 ZPO bei bestimmten Fristen Wiedereinsetzung beantragen und mit der Wiedereinsetzung die Unzulässigkeit ihres Rechtsmittels vermeiden. Weil sich die Partei nun nach § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden ihres Bevollmächtigten zurechnen lassen muss, nicht aber das Verschulden von dessen Personal, kommt es darauf an, ob der Grund, der zur Fristversäumnis geführt hat, dem Rechtsanwalt oder der Rechtsanwaltsfachangestellten zuzurechnen ist. Nach § 236 Abs. 2 ZPO müssen die Gründe, die zur Wiedereinsetzung führen, im Antrag, spätestens im Antragsverfahren, vorgetragen und glaubhaft gemacht werden. Es reicht also nicht aus, die Schuld auf die Reno zu schieben, sondern der Rechtsanwalt – als Bevollmächtigter seiner Partei – muss im Lichte des glaubhaft gemachten Vortrags völlig ohne Schuld sein.

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Daraus folgt natürlich ohne Weiteres, dass der Rechtsanwalt sein Büro so organisieren muss, dass Fristen nicht unerkannt verstreichen. Auch wenn die Reno „schuld“ ist – falsche Telefaxnummer, unbefugt die Frist gestrichen, Schriftsatz abgeheftet statt abgeschickt – kann sich der Rechtsanwalt darauf nicht berufen, wenn er eine unzuverlässige Angestellte mit der Fristenüberwachung beauftragt, keine regelmäßigen Kontrollen durchführt, duldet, dass die Telefaxnummern aus alten Schriftsätzen oder Textvorlagen übernommen werden, und so weiter und so fort.

Kein BGH-Handbuch Ein BGH-geprüftes Handbuch der Kanzleiorganisation gibt es leider nicht. Gelegentlich treten neue Pflichten hervor. Der BGH hat etwa mit Entscheidung vom 27.1.2011 – Az. III ZB 55/10 – eine weitere kleine feine Anwaltspflicht ins Licht der interessierten Öffentlichkeit gebracht: „(Ist ein) Faxgerät technisch nicht dafür ausgelegt, selbständig einen stetigen Abgleich mit der gesetzlichen Zeit vorzunehmen, hat der Anwalt dafür Sorge zu tragen, dass regelmäßig eine Überprüfung der Zeiteinstellung am Faxgerät stattfindet.“ Was war passiert? Der unter Fristendruck stehende Rechtsanwalt hatte seinen Schriftsatz nach Uhrzeit seines Faxgeräts um 23:51 Uhr an das Gericht gefaxt. Später kam heraus, dass das Gerät um acht Minuten 20 Sekunden nachging und bei Gericht ging das Fax jedenfalls erst nach Mitternacht ein. Verspätet. Keine Wiedereinsetzung. Die oben dargestellte Organisationspflicht wurde verletzt.

Doppelt genäht Der „bisher stets zuverlässigen“ Reno darf der An walt allerdings das Führen des Fristenbuchs und das Streichen von allgemein bekannten Fristen anvertrauen. Läuft dann doch etwas schief, liegt in der Delegation dieser Aufgaben allein kein Organisationsverschulden. Dann allerdings muss der Anwalt seine Finger entweder ganz vom Fristenbuch lassen – blöd, wenn man sich nachts selbst ans Faxgerät stellen will – oder glaubhaft regeln, wer wann welche Fristen löscht. Wie es nicht geht, zeigt ein Beschluss des BGH vom 3.11.2010, Az. XII ZB 177/10. Dem Anwalt wurde die Frist-Akte auf den Wiedervorlagestapel statt auf den Fristenstapel gelegt, und dort lag sie unbeobachtet,

bis das Gericht nachfragte. „Irgendjemand“ hatte die Frist im Fristenbuch gelöscht. Wer, ließ sich nicht aufklären, beide Rechtsanwaltsfachangestellten erinnerten sich nicht, es gewesen zu sein. Eine gab an, dass auch der Anwalt selbst manchmal Fristen im Buch lösche. Peng: Mangelnde Büroorganisation.

Doppelt gemoppelt Der BGH erläutert: „Von einem für die Fristversäumung ursächlichen anwaltlichen Organisationsverschulden ist (...) auszugehen, wenn (...) nicht festgestellt werden kann, dass nur eine bestimmte qualifizierte Fachkraft für die Fristennotierung im Kalender und die Fristenüberwachung verantwortlich ist, sondern es möglich ist, dass mehrere Personen hierfür zuständig sind.“ Und sei dabei der Anwalt selbst. Denn warum es ausgeschlossen war, dass der Anwalt die Frist gelöscht hat, war im Wiedereinsetzungsantrag nicht dargelegt worden. Der Rest lief wie immer im „Fristversäumnisrecht“: Wenn der Anwalt die Frist gelöscht hat, könnte er selbst schuld sein; wenn der Anwalt selbst schuld sein könnte, hat er fehlendes Verschulden nicht glaubhaft gemacht und dann hat die Partei Pech gehabt. Ich habe den Spaß eines Wiedereinsetzungsantrags im Jahre 2006 unternommen und zum Glück gab es eine stets so Zuverlässige, die „es“ war. Man gab dem Wiedereinsetzungantrag statt. Allerdings wurde die Berufung dann nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss verworfen und mir dräut, dass der Hinweisbeschluss für das Gericht bloß einfacher zu verfassen war, als die Zurückweisung meines tagelang ausgebrüteten Wiedereinsetzungsgesuchs. Hütet Euch vor Fristabläufen! RA Robert Leisner, Berlin

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Thema

Frust mit der Frist Über einen Fallstrick beim Teilzeit- und Befristungsgesetz

Es klingt beinah wie ein schlechter Scherz. Ausgerechnet die Behörde, die sich eigentlich auf die Seite der Arbeitssuchenden, prekär Beschäftigten und Geringverdiener mit Unterstützung schlägt, unterliegt vor dem Bundesarbeitsgericht in Sachen Befristung eigener Arbeitsverträge. Die Richter entschieden mit Urteil vom 9. März dieses Jahres, dass eine Vielzahl von Befristungsregelungen in Anstellungsverträgen hinfällig ist (Az. 7 AZR 728/09). Im Tenor heißt es wörtlich: „Die Bundesagentur für Arbeit kann sich zur Rechtfertigung befristeter Arbeitsverträge nicht auf den Sachgrund der sog. haushaltsrechtlichen Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG berufen.“ Oops, was war da schief gelaufen? Zunächst hilft eine kurze Befassung mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Sinn und Zweck der seit 1996 geltenden Normen ist die Ermöglichung der flexibleren Ausgestaltung von

Arbeitsverträgen. Um sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerinteressen ausgewogen zu berücksichtigen, wurden klare Maßstäbe festgelegt, wie Arbeitsverhältnisse zeitlich begrenzbar sein können. Teilzeit, und das hat sich gerade bei jungen Eltern längst herumgesprochen, kann die Verbindung von Arbeit und Familie erst gewährleisten, gerade wenn es um die Aufzucht von Nachwuchs geht. Der Arbeitgeber muss den Angestellten die Verkürzung ihrer Arbeitszeit gestatten oder auch die Teilung des Arbeitsplatzes mit einem Kollegen einrichten. Arbeitnehmer profitieren somit von den gesetzlichen Bestimmungen zur Teilzeit. Die Befristung soll hingegen im Schwerpunkt unternehmer- also arbeitgeberfreundlich sein. Demzufolge müssen Arbeitgeber nicht „auf ewig“ mit Personal verbandelt bleiben, wenn sie einen sachlichen Grund nach § 14 Abs. 1 TzBfG vorweisen können. Das ist besonders bei konjunkturell erheblich schwankenden Betriebseinnahmen sinnvoll.

Die Bundesagentur für Arbeit berief sich im Rechtsstreit auf § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG. Eine Befristung wäre demnach nur möglich, wenn „der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird“. Allerdings gelte, so die Richter, diese sachliche Befristung dann nicht, wenn der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber selbst die Haushaltsmittel beschließt und seine Angestellten hieraus vergütet. So war es im vorliegenden Fall. Die Befristung war obsolet, dies sicher zum Frust der Verantwortlichen in der Bundesagentur, so dass viele befristet eingestellte Arbeitnehmer nunmehr frohlocken dürften, sollte der gleiche Befristungsgrund im Arbeitsvertrag stehen. RA Patrick Ruppert, Köln

Tatbestandsberichtigungsantrag Urteilsergänzung binnen zwei Wochen

Da stimmt doch was nicht?

Der Richter hat im Urteil Unstreitiges von der Beklagtenseite in den streitigen Beklagtenvortrag gepackt und sich so seinen eigenen Tatbestand gebastelt. Da hilft nur noch § 320 ZPO weiter, denn der Tatbestand eines Urteils erbringt vollen Beweis für das mündliche Parteivorbringen gem. § 314 ZPO. Daher hat er besondere Bedeutung, wenn ein Rechtsmittel, eine Wiederaufnahme oder eine Urteilsergänzung erwogen wird. Der Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes ist erforderlich, wenn das Urteil „Unrichtigkeiten, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche“ enthält. Der Antrag unterliegt in Anwaltsprozessen dem Anwaltszwang und ist gemäß § 320 Abs. 1 ZPO innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu stellen. Diese zwei Wochen sollten dringend im Fristenkalender des Rechtsanwaltes notiert werden. Sollte diese Frist ungenutzt verstrichen sein, kann der Anwalt seiner Berufungsschrift nur noch den fehlerhaften Tatbestand zugrunde legen. Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten

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Urteils. Nur auf Antrag einer Partei wird über den Antrag mündlich verhandelt. Die Berichtigung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird, § 320 Abs. 2 S. 3 ZPO. In der Praxis sehen derartige Anträge etwa so aus: 1. Der Tatbestand des Urteils vom (…) ist gem. § 320 ZPO dahingehend zu berichtigen, dass die Beklagte (…) in der mündlichen Verhandlung auch beantragt hat (…) 2. Nach Berichtigung des Tatbestandes ist das Urteil gem. § 321 ZPO dahingehend zu ergänzen (…) 3. Bis zur Entscheidung des Gerichts über den vorstehenden Antrag zu 2 ist die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des (…) vom (…) einstweilen einzustellen. Unter § 320 ZPO fallen keine Fehler in der rechtlichen Subsumtion. Die Berichtigung des Tatbestandes darf keine Berichtigung der Entscheidung selbst, also im Tenor selbst, zur Folge haben. Deshalb ist die Berichtigung tatbestandsloser Urteile (§ 540 ZPO) unzulässig. Übrigens gehört § 320 ZPO noch zum Rechtszug und löst somit keine gesonderten Gebühren aus. Stud. jur. Jutyar Alkaidy, Berlin

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Thema

Oma hat den Brief verschusselt Von aus dem Boden schießenden Baustellen und Schneckenpost

Es sind die Fristen, die jeden treffen können, nicht nur Anwälte. Da ist jemand im Urlaub, kommt wieder und sein Auto ist abgeschleppt. Oder der Bescheid in Steuersachen liegt schon so lange im Briefkasten, dass die Rechtsmittelfrist verstrichen ist. Ich erinnere mich noch gut an unseren Professor an der Uni, der uns eingebläut hat, dass jeder dafür sorgen muss, dass sein Briefkasten während einer Abwesenheit geleert wird. Wer länger unterwegs ist, müsse jemanden bevollmächtigen, der z. B. auch Rechtsmittel einlegen kann. Das klingt in der Theorie gut und ist für einen Anwalt oder eine Anwältin ja noch irgendwie plausibel. Aber alltagstauglich? Und so ist es wie mit allen Regeln: Die Ausnahmen bestätigen sie.

DER BUSSGELDBESCHEID Geblitzt und einen Bußgeldbescheid erhalten, allerdings erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist davon Kenntnis erlangt, weil ihn die Oma, die immer die Post leert, dem Sohnemann nicht gegeben hat? So hässliche gelbe Briefe, das kann ja nichts Gutes sein. Gut, das Beispiel ist ein wenig überspitzt. Aber gerade im Bereich der Verkehrs-Bußgeldbescheide gibt es zahlreiche Gründe, weshalb eine versäumte Einspruchsfrist wieder eingesetzt werden kann.

Immer dann, wenn es der Betroffene nicht verschuldet hat, dass die Frist versäumt wurde, hat der Antrag Aussicht auf Erfolg. Gestellt werden muss er binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses. Die Gründe müssen dargelegt und glaubhaft gemacht werden.

DER SPÄTE STEUERBESCHEID In seiner Entscheidung vom 21.1.1992 (Az: VII B 234/91) hat der 7. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) klargestellt, dass derjenige, der nur vorübergehend urlaubsbedingt abwesend ist, nicht dazu verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass ihn Bescheide so erreichen, dass er rechtzeitig Rechtsmittel einlegen kann. Der Antragsteller hatte erst sechs Wochen nach Zustellung des Bescheides Einspruch eingelegt. Das hätte wohl noch wieder eingesetzt werden können. Allerdings hatte der Antragsteller im konkreten Fall die unverschuldete Verspätung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. In seiner Entscheidung vom 7.8.1987 (Az.: IV R 354/84) stellte der 4. Senat des BFH klar, dass es ausreicht, wenn man nach Rückkehr von seiner Reise noch fünf Tage zur Einspruchseinlegung hat.

Diese fünf Tage seien ausreichend für eine schlichte Prüfung der wichtigsten Punkte des Einkommensteuerbescheides. Der Senat verneinte eine Verhinderung i.S. des § 110 I AO 1977. Auch eine verzögerte Briefzustellung durch die Post, die den Einspruch im „Schneckentempo“ und anstatt innerhalb der normalen Postlaufzeit (3 Tage) zugestellt hat, kann eine Widereinsetzungsgrund sein (BFH, Urteil v. 4.6.1992 – IV R 123-124/91). Wer seinen Brief falsch adressiert, ist allerdings selbst Schuld (BFH, Beschluss v. 9.1.1992 – IX R 23/90).

IM URLAUB ABGESCHLEPPTES AUTO Wer sein Kraftfahrzeug ordnungsgemäß abstellt, kann ab dem vierten Tag nach dem Aufstellen eines mobilen Halteverbotsschildes auf seine Kosten abgeschleppt werden. So der VGH Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 13.10.2007 (Az.: 1 S 822/05). Wenn die Änderung der Verkehrsführung mit einem geringeren zeitlichen Vorlauf angekündigt werde, sei eine Kostenbelastung nur gerechtfertigt, wenn die bevorstehende Änderung sich für den Verkehrsteilnehmer deutlich erkennbar als unmittelbar bevorstehend abzeichne. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar

Don´t forget it – Fristenkalender und Lieblingsfristen Der Alptraum jedes Anwalts ist die versäumte Frist. Wir haben Kollegen nach ihrer „Methode“ der Fristenkontrolle und ihrer „Lieblingsfrist“ gefragt. Ich nutze den klassischen Fristenkalender. Ich habe es mal eine Zeit lang mit dem Fristenprogramm von RA-Micro probiert – natürlich nur als Ergänzung. Da Anwälte aber sowieso verpflichtet sind, die Fristen in einem konventionellen Fristenkalender einzutragen, habe ich mir die doppelte Arbeit irgendwann gespart. Meine Lieblingsfrist ist tatsächlich die Schriftsatzfrist, die den Schluss der mündlichen Verhandlung ersetzt. Ich finde, man schreibt da immer ins RAin Ellen Russow, Dannenberg Blaue hinein, da man ja nicht weiß, was die Gegenseite noch so auf Lager hat. Ich führe – ganz altmodisch – einen Fristenkalender, ein ganz einfacher Kalender aus dem Schreibwarenhandel in Papierform. Das geht immer noch am schnellsten. Wiedervorlagetermine sind in blau oder schwarz, es sei denn, ein Gerichtstermin steht an, dann steht die Wiedervorlage 10 Tage vorher im Kalender. Andere Fristen sind in Rot. Und meine Best-of-Frist: Die Tage, an denen (elektronisch) die Steuererklärung für die Mehrwertsteuer (bei mir in GR RAin Christina auf dem Graben, Patras, Griechenland zumindest alle drei Monate) eingereicht werden muss. Wir führen drei Kalender: einen elektronischen in der Anwaltssoftware, einen in Papier auf dem Tisch bei den Rechtsanwaltsfachangestellten, und ich führe meinen eigenen Fristenkalender. Das hat sich bislang bewährt, da mehr als einmal die Situation vorkam, dass eine Frist nur in einem der drei Kalender stand. Fristversäumnisse (insbesondere Notfristen) sind bislang in drei Jahren Selbstständigkeit und sieben Jahren Anwaltsdasein noch nie passiert. Nur einmal habe ich vor ungefähr vier oder fünf Jahren bei einer Berufung die Klägerin falsch bezeichnet (Privat statt GmbH) und das erst am Tag nach Ablauf der Berufungseinlegungsfrist gemerkt. Das ging dann über eine Auslegung trotzdem durch. Die Berufung ging dann aber materiell sowieso baden. Hinterher wollte mich die Mandantin noch in die Haftung nehmen. Sie hat es dann aber gelassen. Dürfte mittlerweile fast verjährt sein ... hoffe ich ... RA Dr. Reinhart Enßlin, Mannheim

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Thema

Auch Kleinvieh ist Mist Fristlos entlassen wegen Bagatelle: Emmely und Co.

Vorspann

Job für 1,30 Euro nach 31 Jahren weg

Rausgeflogen nach der Party

Der Fall „Emmely“, Deutschlands bekanntester Supermarktkassiererin, wirkt sich nachhaltig auf die Rechtssprechung deutscher Arbeitsgerichte aus. Ihr war fristlos gekündigt worden, nachdem sie einen verloren gegangenen Pfandbon im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte. „Wertgrenzen sind völlig abwegig“, sagt Gerhard Binkert, Vorsitzender Richter und Vizepräsident des LAG Berlin-Brandenburg. Nach dem Emmely-Urteil hat ein Umdenken in der Arbeitsrichterschaft eingesetzt und dazugeführt, dass Arbeitnehmern wegen sogenannter Bagatelldelikte nicht mehr so leicht gekündigt werden kann – zumindest dann nicht, wenn der Mitarbeiter auf Grund langer Betriebszugehörigkeit über ein angesammeltes „Vertrauenskapital“ verfügt.

Seit 1977 arbeite Barbara E., auch Emmely genannt, als Kassiererin in einer Kaisers Supermarktfiliale in Berlin. Nach 31 Jahren Firmenzugehörigkeit werden ihr zwei vergessene Pfandbons im Wert von 1,30 Euro zum Verhängnis. Die Bons waren ihrer zur Aufbewahrung gegeben worden, sie hatte sie nach einigen Tagen selbst an der Kasse eingelöst. Daraufhin wurde der Frau fristlos gekündigt. 2009 bestätigt das Arbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Kündigung. Der Arbeitgeber hatte argumentiert, dass das Vertrauensverhältnis irreperabel zerstört sei. Das Bundesarbeitsgericht revidierte das Urteil, mit der Unterschlagung der Leergutbons sei das hohe Maß an erworbenem Vertrauen nicht zerstört. Emmely musste wieder eingestellt werden. Gleichzeitig betonte das Gericht, dass auch ein geringer Wert bei Diebstahl ein Kündigungsgrund sei.

40 Jahre bei der Deutschen Bahn musste gefeiert werden. Für die Party zum Dienstjubiläum im Strausberger Bahnhof (Brandenburg) gab die damals 59jährige Zugbegleiterin 90 Euro aus und blieb damit unter dem Rahmen, den die DB Station & Service für solche Feiern üblicherweise bereit ist, zu spendieren. Dann aber reichte sie bei ihrem Arbeitgeber eine gefälschte Quittung eines Caterers über 250 Euro ein und ließ sich das Geld bar auszahlen. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg eine „betrügerische Handlung“, für die der Zugansagerin fristlos gekündigt worden war.

»Unterschlagung ist keine Nichtigkeit« Hartmut Kilger, ehemaliger Präsident des DAV.

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Der Betrug der DB-Mitarbeiterin war aufgeflogen, nachdem das Catering-Unternehmen bei einer Innenrevision eine Vielzahl ähnlicher Scheinbelege gefunden hatte, für die keine Leistungen erbracht

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Thema

worden waren und hatte darauf hin die betroffenen Unternehmen informiert. Die Bahn-Angestellte gab den Betrug zwar sofort zu, verteidigte sich aber mit fehlendem Unrechtsbewusstsein. Vorgesetzte hätten ihr zu verstehen gegeben, dass es üblich sei, die kompletten 250 Euro in Rechnung zu stellen. Während der Betriebsrat eine Abmahnung für ausreichend hielt, bestand der Arbeitgeber auf fristloser Kündigung. In einem ersten Prozess hatte das Gericht die Kündigung noch bestätigt. Im Berufungsverfahren, das zeitlich hinter dem „Emmely-Urteil“ lag, entschied das Gericht aber, dass die Zugansagerin zu gleichen Bedingungen weiterbeschäftigt werden muss.

Illegales Rauchen – raus Während langer, langweiliger Autofahren zu rauchen klingt erstmal (zumindest für Raucher) nicht weiter abwegig. Einem Fahrer, der Flüssiggas ausfuhr, war das Rauchen im Umkreis von zehn Metern des Gases aber per Arbeitsvertrag ausdrücklich untersagt. Er wurde fristlos entlassen. Das Arbeitsgericht Krefeld war der Ansicht, dass der Angestellte seine Pflichten in erheblichen Maße verletzt hatte und bestätigte die Kündigung.

Maultaschen

Geschenkter Kuchen war gestohlen

Sechs Maultaschen hatte sich eine Reinigungskraft eines Altenheims aus Baden-Württemberg in der Heimküche eingesteckt und mit nach Hause genommen. Ihr wurde wegen des Diebstahls des schwäbischen Nationalsgerichts fristlos gekündigt. Bei der Kündigung blieb es, der Arbeitgeber musste ihr allerdings rückwirkend eine Abfindung in Höhe von 25.000 Euro zahlen.

Die Backwarenverkäuferin einer Berliner Karstadtfiliale überreichte einem Kollegen, der dort für das Türaufschließen zuständig war, einen frischen Kameruner mit den Worten: „Der ist für dich“. Genüsslich verspeiste der Mann den Kuchen, wurde dabei aber vom Kaufhausdetektiv beobacht. Dem Mann und der Verkäuferin wurde daraufhin fristlos gekündigt. Dem Konzern ging es ums Prinzip: „Wenn ein Mitarbeiter etwas nimmt, dass er nicht bezahlt, wird er fristlos gekündigt.“ Das Gericht verlangte von Karstadt den Beweis, dass der Mitarbeiter wissentlich gestohlenen Kuchen verzehrt habe und schlug einen Vergleich vor.

Müll genommen – Arbeitsplatz verloren An einem Kinderreisebett, das sich in einem Altpapiercontainer befand, der bereits auf dem Förderband zur Presse unterwegs war, fand der Mitarbeiter einer Mannheimer Entsorgungsfirma Gefallen und nahm das Bett mit nach Hause – offen und vor den Augen seiner Kollegen. Weil der zweifache Vater bereits im Vorjahr wegen des Diebsstahls von Toilettenpapier abgemahnt worden war, nahm das Unternehmen den Vorfall zum Anlass und kündigte dem Mann fristlos. Das Gericht erklärte die fristlose Kündigung für wirkungslos, weil unverhältnismäßig und berücksichtigte dabei auch die über achtjährige Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflicht für Ehefrau und zwei Kinder.

Niemals den Belag des Chefs essen Ein Bäcker aus Berkamen bestrich sein Brötchen unerlaubterweise mit einem Kräuter-Öl-Belag, der seinem Chef gehörte. Der Chef sah in seinem Angestellten einen Kriminellen und kündigte ihm fristlos. Der Angestellte erklärte, er habe den Belag nur ab schmecken wollen. Das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte die Kündigung in zweiter Instanz für unverhältnismäßig.

Toilette schlechter Schlafplatz Appetit auf Bienstich - Job weg Als die Verkäuferin in einer Bäckerei Hunger bekam, nahm sie sich ein Stück Kuchen aus der Auslage und aß es, noch hinter der Theke stehend auf, ohne die Süßigkeit zu bezahlen. Weil die Frau dabei beobachtet worden war, wurde ihr fristlos gekündigt. Wegen des geringen Verkaufswertes des Kuchenstücks sah das Gericht die Kündigugung in erster Instanz als unwirksam an, in zweiter Instanz aber wurde die außerordentliche Kündigung in eine fristgemäße Kündigung umgedeutet. Das Arbeitsverhältnis wurde gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben. Das Bundesarbeitsgericht allerdings stellte fest, dass auch die Entwendung von geringwertigen Sachen einen wichtigen Kündigungsgrund darstellt.

Weil ein Mann nach Ansicht seines Chefs auf der Toilette eingeschlafen war, wurde ihm fristlos gekündigt. Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied, dass Einnicken auf der Toilette kein Kündigungsgrund sei. Der Angestellte, immerhin seit 18 Jahren im Unternehmen, sagte aus, dass er Magenkrämpfe hatte und deshalb zusammengekrümmt und in sich gekehrt saß.

Briefträger zerreißt Briefe Familiäre Probleme und ein daraus folgendes Blackout gab ein lange gedienter Postbote als Grund dafür an, dass er drei Briefe in Stück zerriss. Obwohl ein Gutachten ihm einen „zeitweise verwirrten Zustand“ bescheinigte, stimmten die Richter der Kündigung zu. Briefevernichtung sei eine Straftat.

Frischkäseklaus bezahlt Frischkäse nicht Akku geladen - entlassen Als Angestellter eines Einkaufsmarktes hatte ein Schlachtergeselle mit seinem Arbeitgeber Altersteilzeit im Blockmodell vereinbart. Während einer Freistellungsphase klaute er allerdings in eben jenem Markt eine Packung Frischkäse im Wert von 1,99 Euro. Der Ladendetektiv stellte ihn, und der Arbeitgeber sprach eine außerordentliche Kündigung aus. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht bestätigten die Kündigung, weil auch in der Freistellungsphase das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderlich sei.

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Weil der Angestellte einer IT-Firma im Büro den Akku seines Elektrorollers aufgeladen hatte, wurde er fristlos entlassen. Kosten: 1,8 Cent. Der Mann hatte bereits 19 Jahre in der Firma gearbeitet und sich nichts zu Schulden kommen lassen. Das Arbeitsgericht Hamm erklärte die Kündigung für unzulässig, zumal die Firma bis dahin zugelassen hatte, dass HandyAkkus von Mitarbeitern im Betrieb geladen wurden. Stefanie Salzmann, Eschwege

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Die UNO und die anderen Alternative Betätigungsfelder für Volljuristen

Die UNO und zahlreiche andere Nichtregierungsorganisationen sind ein weites Betätigungsfeld für Volljuristen.

Wenn irgendwo in der Welt ein Konflikt losbricht, dann ist nicht selten zu beobachten, dass Waffengänge folgen. In der sogenannten Dritten Welt stehen kriegerische Auseinandersetzungen mit unzähligen unschuldigen Todesopfern leider auf der Tagesordnung. Dort, wo die Staatengemeinschaft ein geopolitisches Interesse sieht, werden Stabilisierungstruppen entsandt, die verfeindete Konfliktparteien auseinander halten sollen. Je geringer auch das wirtschaftliche Interesse ist, desto mühsamer und weniger Erfolg versprechend erscheint jede Aktivität. Nur so ist zu erklären, dass in den ärmeren Teilen der Erde Kontinentalarmeen als „Friedenstruppen“ ihren Dienst versehen. In Europa und westlichen Regionen hingegen sind vornehmlich Europäer für die Herstellung von Sicherheit und Ordnung involviert. Dies mag neben dem geschmäcklerischen Vorwurf der Opportunitätsentscheidung aus wirtschaftlichen Interessen auch rein pragmatische Gründe haben. So kommen im Zweifel bereits vom Klima afrikanische

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Einheiten besser in einem Land wie etwa Somalia zurecht als europäische. Mentalitäts- und Sprachbarrieren tun zudem ihr Übriges. Doch es geht nicht nur um militärische Intervention oder Stabilisierung. Viel wichtiger nach Beendigung kämpferischer Auseinandersetzungen sind insbesondere zivile Aufbaumaßnahmen. Die Versorgung mit existenziell notwendigen Dingen wie Kleidung und Nahrung, einer Infrastruktur, einem Schul- und Bildungssystem und einer verlässlichen Administration samt Judikative steht im Fokus der Bemühungen. Der Aufbau und die Implementierung gefestigter Strukturen ist Aufgabe unzähliger (Voll-)Juristen, die oftmals auch aus Deutschland kommen. Die Liste von Jobmöglichkeiten für die in Paragraphendingen geschulten Berufsträger außerhalb des Kanzleialltags ist lang. So kann der Auftrag im Rahmen des internationalen Wiederaufbaueinsatzes darin bestehen, eine neue Landesverfassung mit den Landesoberen auszuarbeiten und zu verschriftlichen. In anderer Verantwortung geht es um

Foto: hallmar_pixelio.de

die Unterstützung bei der Organisation und Durchführung von freien demokratischen Wahlen. Vergleichsweise banal, aber dennoch wichtig kann auch die Begleitung in normalen Bürotätigkeiten sein, wie etwa die Führung eines Amtes mit all seinen Mitarbeitern. Wiedervorlagen-, Fristenkontrolle und Postbearbeitung müssen in Ländern wieder erlernt werden, die durch jahrelangen Krieg daran gehindert worden waren. Konflikte bedeuten aber nicht nur unmittelbare Wiederaufbauleistung in deren Anschluss. Die Aufarbeitung von politischem und menschlichem Fehlverhalten ist ebenfalls ein ganz gewichtiger Aspekt, an dem Juristen regelmäßig beteiligt sind. Der internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist ein besonderes Beispiel dafür, wie fundamental bedeutsam die supranationale Bewertung von humanem Unrecht ist. Dank einiger prominenter Verfahren, siehe Kriegsverbrechertribunal gegen die Verantwortlichen des Jugoslawienkriegs, konnte die Idee der überstaatlichen Zusammenarbeit in Fragen des

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Strafrechts an Glaubwürdigkeit gewinnen. Neben überstaatlichen Einrichtungen existiert eine Unzahl von Nichtregierungsorganisationen, die unabhängig von UN oder OSZE wichtige Lücken in der Überwachung der Einhaltung von Menschenrechten schließen. Ohne die NGOs (non-governmental organisation) hätten Gefängnisinsassen weltweit keine Lobby mehr, lebten Journalisten in noch größerer Gefahr vor Gewalt und Verschleppung und hätten Hungernde keine Chancen auf Überleben. Ohne NGOs ginge nichts. Wo Volljuristen alternativ zum Rechtsanwaltsberuf tätig sein können, gibt AdVoice einen kleinen, nicht vollständigen Überblick.

unter anderem aus dem Marshallplan hervorgegangene Staatenvereinigung trägt seit 14.12.1960 ihren Namen. Zu ihren Mitgliedern zählen neben den 20 Gründerstaaten 14 weitere Länder, wobei alle zu den entwickelten Nationen gehören. Sicherung des wirtschaftlichen Wohlstandes, Förderung der Wirtschaftsbeziehungen unter hoher Beschäftigung gelten seither als Leitlinien des Handelns der OECD. Neben Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung behandelt die OECD auch Fragen der Bildung. Prominentes Beispiel ist die sogenannte PISA-Studie, die für eine spürbare Änderung der deutschen Schullandschaft gesorgt hat. www.oecd.org.

das Internationale Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege, 1876 umbenannt in Internationales Komitee vom Roten Kreuz. Das IKRK hat in seinen Statuten sieben Grundsätze verankert, die bis heute gelten: Menschlichkeit, Unpar teilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität. Der Rote Halbmond ist die Schwesterorganisation des Roten Kreuzes. Die Symbolik „Kreuz“ wurde aus religiösen Gründen gegen den „islamkonformen“ rote Halbmond getauscht. Seit 1929 ist der rote Halbmond in gleicher Weise wie das rote Kreuz als Schutzzeichen anerkannt. Informationen unter: www.redcross.int

> UNO Eigentlich ging es ursprünglich darum, die Gräuel des ersten Weltkrieges ein für alle mal zu ächten. Dies sollte der Völkerbund, Vorläufer der Vereinten Nationen, mit Gründung 1920 in Genf erreichen. Doch der zweite Weltkrieg folgte mit noch größerer Brutalität und Opferzahlen, und dies trotz der ersten auf Völkerrecht ausgerichteten Gemeinschaft. Der Völkerbund konnte den Krieg bis zur Kapitulation des Deutschen Reichs am 8.5.1945 nicht verhindern. Eine stärkere Organisation, an der vor allen Dingen auch die großen Nationen wie Russland, die USA, China und Japan neben den europäischen Ländern dauerhaft partizipieren sollten, musste geschaffen werden. Dies war die Geburtstunde der UNO am 26.6.1945. Inzwischen sind 193 Staaten Mitglied der Vereinten Nationen, die ihren Hauptsitz in New York City haben. Friedenssicherung weltweit und Umsetzung humanitärer Mindeststandards sind das Hauptanliegen der wichtigsten supranationalen Vereinigung. Weitere Informationen auf www.un.org.

> GIZ Sie ist noch nicht besonders alt, denn die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ ist eine erst im Januar 2011 vollzogene Fusion aus der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GTZ und dem Deutschem Entwicklungsdienst DED. Die Bundesregierung beschloss, die Gelder der Entwicklungshilfe stärker gebündelt zu verwenden. Hauptaufgabe der GIZ ist die Initiierung und Koordination von Entwicklungshilfemaßnahmen. Sie ist im Rahmen der Entwicklungshilfeprojekte auch für die Bildung und Ausbildung der Menschen in den Entwicklungshilferegionen zuständig. Die Organisation firmiert als GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Bund ist. Mehr unter www.giz.de.

> TRANSPARENCY INTERNATIONAL Die 1993 in Berlin gegründete Nichtregierungsorganisation Transparency International versteht sich als Korruptionsbekämpfungsgesellschaft. Vetternwirtschaft und Kumpanei ist nicht nur ein Problem schlecht entwickelter Staaten, wie TI Deutschland mehrfach öffentlichkeitswirksam feststellte. Mit einer sogenannten Schwachstellenanalyse enttarnte die Organisation 2004 ein zwischen Kassenärzten, Pharmaindustrie und gesetzlichen Versicherern aufgebautes Beziehungsnetz, das sie als Korruption im Gesundheitswesen sah. www.transparency.org.

> OSZE Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, vormals KSZE, ist ähnlich der UNO ein supranationaler Staatenbund, der der Stabilität und der Friedenssicherung dient. Wichtiges Ziel der OSZE ist die nachhaltige Förderung von demokratischen Strukturen. Der 1973 gegründeten OSZE gehören 56 Teilnehmerstaaten an, darunter alle Staaten Europas, die Türkei und Zypern, die Nachfolgestaaten der UdSSR, die USA und Kanada. Die Abgrenzung zu anderen Organisationen und ihren Aufgaben ist nicht immer leicht. So trat die OSZE in der Vergangenheit nicht selten neben der NATO und der WEU (Westeuropäische Union) auf. Letztgenannte wurde im Juni 2011 aufgelöst. Ob die OSZE gleich der UNO ein Völkerrechtssubjekt ist, ist allerdings umstritten. Mehr unter www.osce.org.

> OECD Die Unterstützung der Marktwirtschaft ist der Hauptzweck der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD. Die ursprünglich

> AMNESTY INTERNATIONAL Das Flagschiff der Nichtregierungsorganisationen, was die Beachtung von Menschenrechten angeht, dürfte Amnesty International AI sein. Der Menschenrechtsorganisation, die seit 1961 besteht, gehören drei Millionen Mitglieder an. Bei eklatanten Verletzungen humanitärer Rechte wie Folter und Todesstrafe gibt AI den Inhaftierten eine Stimme. Doch auch schon bei Diskriminierung wegen Geschlechts, Religion und Andersdenken etwa am Arbeitsplatz schaltet sich AI ein. Besonderen Einfluss auf Regierungshandeln hat inzwischen der Jahresbericht von AI, der Verstöße gegen Menschenrechte in nahezu allen Ländern der Erde aufdeckt. www.amnesty.org

> ROTES KREUZ/ROTER HALBMOND Es war die Schlacht von Solferino mit über 6.000 Toten und viermal soviel Verletzten, die den Schweizer Henri Dunant bewog, eine Gesellschaft ins Leben zu rufen, die sich der Kriegsverwundeten annehmen sollte. In Friedenszeiten sollten Ärzte und Sanitäter ausgebildet werden, um dann im Ernstfall erste Hilfe leisten zu können – ein bis dahin nicht gekannter humanitärer Akt. Wichtig war dem Geschäftsmann Dunant, dass die zur Hilfe Freiwilligen den Status der Neutralität trugen, also nicht zu einer Kriegspartei gehörten. 1863 gründete er in Genf

> REPORTER OHNE GRENZEN Unabhängige Berichterstattung tut Not. Diese Feststellung gilt bei Kriegshandlungen gleichermaßen wie im alltäglichen, friedlichen Leben, wo es „nur“ um die Darstellung komplexer Zusammenhänge geht. Journalisten werden oftmals von der Politik, ganzen Staaten, aber auch von Organisationen und Unternehmen benutzt, um eigene Interessen zu verlautbaren. In Zeiten schneller Kommunikation ist zudem zu beobachten, dass die erforderliche Dauer der gründlichen Recherche oftmals der Geschwindigkeit einer Nachricht geopfert wird. Die Pressefreiheit steht daher im Mittelpunkt der regierungsunabhängigen Organisation Reporter ohne Grenzen ROG (Reporters sans frontières). Der seit 1985 tätigen Organisation geht es darum, Journalisten vor Repressalien jeder Art zu schützen und dies, sofern geschehen, aufzudecken und publik zu machen. www.reporter-ohne-grenzen.de

> HUMAN RIGHTS WATCH Ähnlich wie Amnesty International mahnt Human Rights Watch die Wahrung der Menschenrechte an. Die Nichtregierungsorganisation, die sich ausschließlich über Spenden und Geld aus Stiftungen finanziert, wurde 1978 gegründet. Der Kampf gegen Korruption, staatliche Gewalt und Diskriminierung sind die Hauptanliegen von HRW. www.hrw.org RA Patrick Ruppert, Köln

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Selbst Rechtsanwälte wurden mit den behördlich aussehenden Schreiben der sog. Gewerbeauskunft-Zentrale traktiert. Was auf den ersten flüchtigen Blick wie eine verpflichtende Aufforderung des Gewerbeamtes zur Übersendung von Unternehmensdaten aussah, entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als teure 2-Jahres-AboFalle für einen Basiseintrag in einem Onlineverzeichnis für Gewerbetreibende. Jährlich anfallende Kosten, im Voraus zu zahlen: 478,20 Euro.

Viele Geschäftsleute fielen bereits darauf herein und sahen sich in nervigen Inkassoverfahren wieder. Mit Urteil vom 30.6.2011 (Az. 28 C 15346/ 10) verneinte jedoch das Amtsgericht Düsseldorf die Zahlungsverpflichtung des Abonnementen. Hierbei ging es allerdings nicht auf den „täuschenden Charakter“ des per Briefpost zugestellten Formulars ein, sondern auf eine von der Gewerbeauskunft-Zentrale nicht eingehaltene Annahmefrist nach § 148 BGB.

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NEU / Gericht des Monats Das Amtsgericht Düsseldorf

Doch das Ergebnis freut und gibt allen den Kolleginnen und Kollegen Rückenwind, die von gewerblichen „Opfern“ mandatiert wurden. In einem weiteren anhängigen Berufungsverfahren wird sich übrigens das OLG Düsseldorf mit den Fragen der Lauterkeit des Abo-Angebots der Gewerbeauskunft-Zentrale auseinandersetzen. Die mündliche Verhandlung ist auf Mitte Februar 2012 angesetzt, meldet der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e. V.

Liebes Forumsmitglied, mach mit! Sende uns Dein „Gericht des Monats“ ein, d. h. ein hochauflösendes Foto, dessen Rechte Du hast, und eine kurze Geschichte hierzu, je bedeutsamer, ungewöhnlicher oder auch skurriler desto besser.

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Uniform statt Robe? Über Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr

Wer „Bundeswehr“ hört oder liest, der denkt möglicherweise an ruchbar gewordene Skandalgeschichten um das Segelschulschiff Gorch Fock, die sogenannte Kunduz-Affäre und das Ende der Wehrpflicht, somit des Zivildienstes. In einer Gesellschaft, in der sich der Großteil der wehrfähigen Männer kurz vor Aussetzung des Wehrdienstes für den „Ersatzdienst“ entschied, genießen die deutschen Streitkräfte einen eher zwiespältigen Ruf. Genährt wird dieser von besagten Geschichten und zahlreichen Anekdoten Ehemaliger mit teils wahren Begebenheiten aber auch reichlich „Seemannsgarn“. Je nach politischer Ausrichtung hat ein „Gedienter“ ein ordentliches gesellschaftliches Standing, weil er unter Beweis stellte, dass er sich für einen begrenzten Zeitraum Disziplin und Ordnung unterwerfen konnte. Andere hingegen bewerten die Zeit des Dienens als stumpfsinnige Zeitverschwendung, da angeblich ausschließlich Herumgammeln, Alko-

holexzesse und überharter Drill mit dem Zweck des Tötens die Hauptinhalte des Soldatenalltags seien. Wie so oft, helfen kaum schlichte Klischees weiter, um den tatsächlichen Zustand der bundesrepublikanischen Armee zu beschreiben. Die Wahrheit liegt dazwischen, weil anders, als Kritiker der Bundeswehr behaupten, die Streitkräfte keinesfalls ein Sammelort der Sonderlinge sind, die außerhalb der Kasernenmauern keine Chance hätten. Die Bundeswehr ist deswegen ein Abbild der Gesellschaft, nicht besser, aber auch nicht schlechter. Doch der Beitrag soll nicht der kritischen Bestandsaufnahme einer im Wandel befindlichen Armee dienen. Er soll vielmehr das Augenmerk darauf lenken, dass die Bundeswehr mit ihrer Struktur und ihren Aufgaben nicht nur ein Arbeitgeber für klassisch militärisch operierende Beschäftigte ist. Wer Jura studiert und erfolgreich sein zweites Examen abgeschlossen hat, für den könnte die Bundeswehr ein weiteres interessantes Berufsfeld

eröffnen. Und gemeint sind nicht nur Jobs für Uniformträger in spe, die als Quereinsteiger die Offizierslaufbahn anstreben. Juristen arbeiten in vielfältigen Funktionen vor allem als zivile Beamte in den unterschiedlichen Kommandobehörden. Zivil werden Assessoren vornehmlich als Rechtsberater und Rechtslehrer an den Schulen der Bundeswehr eingesetzt. Auch der sogenannte Wehrdisziplinaranwalt ist ein juristisch ausgebildeter Zivilbeamter der Bundeswehr.

MILITÄRISCHE LAUFBAHN (StOffz/R) Gerade jene Volljuristen, die nach dem Abitur während einer kürzeren Verpflichtungszeit oder Reserveübungen die Ausbildung zum Reserveoffizier durchlaufen haben, sind geeignete Kandidaten, um sich auf die Stellen der StOffz/R zu bewerben. StOffz/R sind Stabsoffiziere mit der Befähigung zum Richteramt. Sie zeichnen sich einerseits durch

Als Qualifikationsvoraussetzung für eine Juristenkarriere setzt die Bundeswehr mindestens zwei befriedigende Staatsexamem als zu überwindende Hürde.

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militärischen Sachverstand aufgrund ihrer Vordienstzeit aus. Andererseits besitzen sie als Assessoren das erforderliche juristische Fachwissen. Sie sind kompetentes Bindeglied zwischen juristischen Fragestellungen und solchen des militärischen Spektrums. Daraus folgernd, werden sie im Bundesverteidigungsministerium und in den Ämtern wie dem Personalamt oder der Stammdienstelle der Bundeswehr eingesetzt. Gleich höheren Verwaltungsbeamten steigen sie mit der Besoldungsgruppe A13 ein und erhalten ohne weitere Laufbahnprüfung den Dienstgrad Major. Ihre Verwendung innerhalb der Bundeswehr wechselt zwischen den Aufgaben eines Volljuristen in einem Verwaltungsstab und der eines militärischen Führers im Rahmen einer (stellvertretenden) Kommandeursverwendung. Als Qualifikationsvoraussetzung erwartet die Bundeswehr gegenwärtig mindestens zwei befriedigende Staatsexamen oder bei einem ausreichendem Examen den Ausgleich in der anderen Staatsprüfung durch „vollbefriedigend“. Hinzukommen als Anforderung die erforderliche körperliche Fitness, denn StOffz/R müssen damit rechnen, auch an Auslandseinsätzen teilzunehmen. Interessierte Referendare haben die Möglichkeit, im Rahmen ihre Verwaltungsstation im Bundesministerium der Verteidigung die Arbeit der StOffz/R kennenzulernen. Weitere Informationen gibt das Personalamt der Bundeswehr in Köln.

ZIVILE LAUFBAHN Die Einsatzmöglichkeiten von Volljuristen in der Wehrverwaltung sind gleichsam vielfältig wie anspruchsvoll. Als Beamte im höheren Dienst können sie als Dezernenten oder Referenten mit Personalangelegenheiten, Liegenschaftsfragen, Vertragsfragen und allgemeinen Rechtsfragen betraut sein. Sie sind dann zivile Rechtsberater der Streitkräfte. Eine weitere typische Verwendung ist die als Rechtslehrer an Schulen und Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr. Im Fach „Innere Führung“ ist Recht „Sperrfach“, das heißt: ohne Bestehen des Jurascheins kein Weiterkommen. Schon deshalb tragen RechtslehrerInnen eine besondere Verantwortung. So manch didaktisch schlechte Lehrveranstaltung aus vergangenen Unitagen wird rasch zum Menetekel in Sachen eigener Lehrbemühungen. Neben der Lehrtätigkeit und der Rolle als Rechtsberater treten zivile Juristen auch als Wehrdisziplinaranwälte vor dem Truppendienstgericht in Wehrdisziplinarangelegenheiten auf. Der Wehrdisziplinaranwalt nimmt, ähnlich einem Staatsanwalt, die Interessen der Bundesrepublik Deutschland wahr. Auskünfte erteilt das Bundesamt für Wehrverwaltung in Bonn. Sie auch http://www.streitkraeftebasis.de/portal/a/streitkraef tebasis/dienst/portraits/persabw. RA Patrick Ruppert, Köln

Fotos v.l.n.r.: sokaeiko, Triopack_pixelio.de

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Schneller, als die Post erlaubt Neue Kommunikation mit Signaturkarte

Der Postkasten hat bald ausgedient. Die elektronische Signaturkarte könnte der Einstieg in die digitale Kanzlei sein.

Einfach und sicher wie die eigene Unterschrift soll eine digitale Signaturkarte funktionieren. Der Rechtsanwalt schreibt ans Gericht: „E-Mail für Dich.“ Bevor man gefragt hat: „Bin ich schon drin?“, heißt es schon: „Sie haben Post!“. Wird es eines Tages nur noch die Online-Akte bei Gericht geben? Ist die Signaturkarte der Einstieg in die digitale Zukunft der Kanzlei oder landet das Gesamtpaket in der Besenkammer? Elektronische Mahnanträge sind heute Alltag. Die Österreicher sind schon einen Schritt weiter: Der gesamte Schriftverkehr zwischen Rechtsanwälten und Gerichten läuft über ein spezielles E-Mail-Programm namens „WEB-ERV“. In der Praxis spart der Rechtsanwalt Kopierzeit, Papier, Toner und Porto-

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kosten. Langwierige Postwege können entfallen, und bei einem personalisierten Postfach erfolgt umgehend eine elektronisch signierte Eingangsbestätigung des Empfängers mit dem Wert eines Einschreibens mit Rückschein. Gerade bei Ablauf eines Verjährungszeitraumes ist das Fax eines Gerichtes meist besetzt, weil zeitgleich mehrere Kollegen versuchen, ein wichtiges Dokument zu übermitteln. Hier sind Signaturkarten-Inhaber klar im Vorteil: Die Absendung einer verschlüsselten E-Mail kann jederzeit problemlos rechtswirksam erfolgen, der Empfänger ist rund um die Uhr erreichbar, ein Besetztzeichen gibt es nicht. Schneller als die Post ist das allemal. Das Paket besteht aus einem externen Lesegerät, Computer-Software und zugehöriger Signaturkarte. Nach Installation der

Foto: Robert Kneschke_pixelio.de

Software und Anschluss des externen Lesegerätes kann der Nutzer der freigeschalteten Signaturkarte seinen Schriftwechsel mit den teilnehmenden Gerichten als gesicherte E-Mails versenden.

NACHRICHTEN SIND VERSCHLÜSSELT Die Nachricht ist auf dem Weg über das Internet vor dem Lesen und Manipulieren durch Unbefugte geschützt (OSCI-Standard, kryptografische Verschlüsselung), so dass Mandatsgeheimnisse gewahrt bleiben. Die Signaturkarte hat das Format und Aussehen einer Kreditkarte, wird in das Lesegerät geschoben und per PIN freigeschaltet, wie bei der bargeldlosen Zahlung an der Tankstelle oder im

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Restaurant. Parallel dazu wird eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz benötigt (vgl. § 126a BGB, §§ 130a, 174 Abs. 3 ZPO, § 55a VwGO, § 52a FGO). So kann das Dokument digital signiert, also unterschrieben werden und erfüllt die Anforderungen der Schriftform gem. § 126 Abs. 3 BGB. Daher muss zusammen mit dem Antrag beim Anbieter, wo das o.g. Gesamtpaket bestellt wird, bei der zugehörigen Rechtsanwaltskammer ein Antrag auf Bestätigung der Berufszugehörigkeit gestellt werden. Diese Bestätigung wird durch den Zertifizierungsdiensteanbieter (ZDA) bei Vorlage des Personalausweises über ein Post-IdentVerfahren umgesetzt. In der Praxis darf man dann ein Zertifikat mit Berufsattribut führen, z. B. Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin. Dies ist für „digitale Signaturen“ als Ersatz der Unterschriften in Verfahren vor Gerichten mit Anwaltszwang erforderlich.

SYNCHRONISIERTES VERFAHREN Sinn macht das System nur, wenn Sender und Empfänger das gleiche Verfahren, das „Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach“ kurz EGVP, nutzen. Die Entschlüsselung erfolgt nämlich in einer virtuellen Poststelle auf dem PC des Empfängers. Das EGVP-Programm erhält man kostenlos online im Download auf der Webseite www.egvp.de, wo auch alle Gerichte und Behörden gelistet sind, die an diesem Verfahren teilnehmen. Daher sollte vor Abschluss einer Bestellung geprüft werden, ob die Gerichte, mit denen größtenteils Verbindung besteht, überhaupt das EGVP nutzen. Am effektivsten ist der Zugang zu den Mahngerichten und Landgerichten gewährleistet, aber viele Amtsgerichte, Sozialgerichte, Verwaltungsgerichte und Staatsanwaltschaften sind nur teilweise angeschlossen. Die Übersichtsliste ist nach Bundesländern aufgebaut. Zu überprüfen ist weiterhin, welche gängigen Dateiformate vom Programm unterstützt werden. Das EGVP bedient seinerseits alle akkreditierten Signaturkarten der Anbieter nach deutschem Signaturgesetz. Da die Signaturkarte personalisiert ist, darf die Karte selbstverständlich nicht aus der Hand gegeben werden. Um in der Praxis damit flexibel zu arbeiten, kann der Rechtsanwalt das benötigte Softwareprogramm EGVP auf allen Rechnern, Laptops und Notebooks installieren und theoretisch so zusammen mit dem mobilen Lesegerät an jedem Ort – also auch außerhalb seines Büros – entsprechend verschlüsselte Nachrichten versenden. Dies ist aber von der gekauften Lizenz abhängig.

STEUER & ONLINE-BANKING Neben EGVP können Signaturkarten einiger Anbieter die Authentifizierung bei der elektronischen Steuererklärung (ELSTER) unterstützen, www.elster.de. Es gibt Kartenlesegeräte, die zudem für das sichere

Online-Banking mit HBCI genutzt werden können. Übrigens kann der neue Personalausweis optional, also gegen Aufpreis, bei einigen Anbietern mit Signaturen nach dem Signaturgesetz (SigG) ausgestattet werden. Hier ist jedoch dringend zu empfehlen, für Signaturen auch in Zukunft eine gesonderte Signaturkarte zu verwenden. Ausweisen und Unterschreiben sollte man sicherheitshalber trennen.

GEBÜHR PRO VERSANDTER MAIL Für die Gebührenabrechnung des Rechtsanwaltes ergibt sich durch das Verfahren ein weiterer, mög licher Vorteil: Wird eine E-Mail verschickt, können 2,50 EUR (vgl. Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG) pro angehangener Datei gegenüber dem Mandanten abgerechnet werden, wenn dies vorher in einer schriftlichen Vergütungsvereinbarung niedergelegt wurde. Allerdings ist dafür nicht ein gesichertes System, sondern nur allgemein die Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien Voraussetzung. Durch die Vergütungsvereinbarung wird berücksichtigt, dass die Rechtsschutzversicherungen die Gebühren je angehangener Datei nicht erstatten – analog zu den Kopierkosten (vgl. Nr. 7000 Nr. 1d VV RVG). Diesem Vorteil steht aber auch ein zu erwartender Nachteil gegenüber: Das Gericht wird natürlich die Klage mit ihren Anhängen aus der Datei ausdrucken und seinerseits u. U. Kopierkosten gegenüber dem Anwalt in Ansatz bringen. Das Ausdrucken kann wie die Herstellung einer Kopie gewertet werden, wofür Kosten entstehen (9000 Anl. 1 GKG). Das System wird bisher selten für das Einreichen von Klageschriften genutzt. Aus der Praxis sind hier nur wenige Fälle bekannt, in denen das erfolgte. Die Erfahrungen sind regional unterschiedlich; die meisten Gerichte haben keine Rechnungen gelegt. Die Zahl der zugelassenen Dateianhänge und die Gesamtgröße aller Nachrichtenanhänge für eine Nachricht kann durch die einsetzenden Gerichte und Behörden beschränkt werden, um eine zuverlässige Übertragung und Verarbeitung sicherzustellen. Bundesfinanzhof und Bundesverwaltungsgericht lassen beispielsweise 100 Anhänge je Nachricht zu, welche zusammen maximal 30 Megabyte groß sein dürfen. In den Kinderschuhen steckt das Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz seit 2005. Damals wurden unter anderem die Zugangsregelungen novelliert und erstmals die Möglichkeit eröffnet, Prozessakten elektronisch zu führen. Die Signaturkarte ist ein Anfang, aber der Weg zur elektronischen Akte bei Gericht ist noch weit.

Rechtsanwälte in Österreich Alle Anwälte in Österreich sind gesetzlich dazu verpflichtet, am System „WEB-ERV“ teilzunehmen und die technischen Vorgaben dazu in der Kanzlei zu errichten. Dieser spezielle Internet-Verkehr umfasst: Klagen, Anträge, Urkundenvorlagen, Rechtsmittel, Urteile, Beschlüsse, Forderungsanmeldungen, Exekutionsanträge, Vollzugsberichte, Ladungen, Eingaben an das Grundbuch und Firmenbuch usw. Beim Schriftsatz vom Anwalt an das Gericht werden Daten wie Gericht, Parteien, Rechtsvertreter, Streitwert usw. in einer Maske am Bildschirm ausgefüllt, ebenso gibt es ein Feld für die Ausführungen wie „Klagserzählung“ oder Berufungsbegründung. [Mag. Barbara Kirchner, Wien]

Bürger mit Signaturkarte Österreich bietet seinen Bürgern die Möglichkeit einer e-card für die Teilnahme am e-Government Programm. So kann jeder Österreicher nach Registrierung und Aktivierung mit einem Lesegerät und der dazugehörenden Bürgerkarte seinen Steuerausgleich, Meldeauskünfte, Strafregisterauszug und viele andere Behördenangelegenheiten problemlos an sieben Tagen in der Woche und rund um die Uhr online erledigen. Graz bietet zudem mit der Bürgerkarte die elektronische Abwicklung von Amtswegen auf dem Handy an. [Mag. Barbara Kirchner, Wien]

Leichtes Mahnverfahren Der Einsatz der Signaturkarte rechnet sich jedenfalls dann, wenn man nicht nur ab und zu Mahnbescheide stellt. EGVP ist dabei ziemlich anwenderfreundlich. Wir verwenden das Programm AdwoMahn, das die umgewandelten Mahnbescheide so zur Verfügung stellt, dass sie bei EGVP dann gleich im Ausgangskorb liegen. Sicherlich funktionieren andere Programme ähnlich. Die Ausgangsdatei kann markiert werden, und wenn man mit der Maus rechts klickt, kann man aus dem Menü die Signatur auswählen. Dann muss nur noch das Passwort eingegeben werden, und so ist die Datei auch schon signiert. Bei Mahnbescheiden erhalten wir am nächsten Tag eine Eingangsbe stätigung und ebenso die Erlassnachricht. Gleiches gilt auch für den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheides. Die Bearbeitungszeiten bis zum Erlass eines MB und eines VB sind deutlich reduziert. [RA Ulrich Welcker, Aachen]

RA Volker Loeschner, Berlin

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Plädoyer für das Patientenrechtegesetz Damit der Patient seine Rechte kennt

Eine Kodifizierung der Patientenrechte ist der Gesetzgeber bisher schuldig geblieben. In diesem Jahr will der Bundestag ein Patientenrechtegesetz auf den Weg bringen. Die Straßenverkehrsordnung regelt als Gefahrenabwehrrecht den Verkehr in Deutschland, damit niemand verletzt wird oder zu Tode kommt. Beim Patientenrechtegesetz wäre es genauso: Es würde den Behandlungsverkehr in Deutschland regeln. Jedem Patienten und Behandler wäre klar, wann die Ampel von Grün auf Gelb schaltet und letztendlich auf Rot. Das Patientenrechtegesetz sorgt dafür, dass Patienten ihre Rechte kennen und „rechts vor links“ von allen beachtet wird.

Grünes Licht für Patienten.

Foto: Torsten Lohse_pixelio.de

HEILAUFTRAG & KOSTENDRUCK

RECHT AUF EINSICHT

Im Gesundheitswesen herrscht Wirtschaftsverkehr. Die jetzige Situation gleicht einer Kreuzung ohne Lichtzeichen und Straßenschilder. Viele Autofahrer tasten sich Schritt für Schritt voran. In der Mitte der Kreuzung steht der Arzt als Navigator, der auch nach seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen und Zwängen handelt und handeln muss. Ein Verkehrspolizist würde jetzt nach der StVO den Verkehr regeln: uneigennützig, fürsorglich, der Situation und in alle Richtungen entsprechend. Der Arzt kann den Patienten auf einen Weg lotsen, der ihm nutzt. Zuzahlungspflichtige Behandlungsmethoden, IGeLLeistungen, Wahlleistungsvereinbarungen, Kostenerstattung und sogenannte Disease-ManagementProgramme sind auf dem Vormarsch. Der Patient ist als zahlender Kunde von Bedeutung. Der Arzt steht am Kreuzweg zwischen Heilauftrag und Kostendruck. Sein Handeln unterliegt auch sozialrechtlich dem Wirtschaftlichkeitsprinzip. Er ist in ein Verkehrsnetz eingebunden, das ihn verpflichtet, Gesundheit unter wirtschaftlichen Aspekten zu gewährleisten. Das ist ungefähr so, als würde der Arzt von Ihnen eine Maut für die Benutzung der Straße verlangen. Nur wer viele Autos abkassiert, überlebt. Sie haben die Wahl, ob Sie auf den Feldweg oder die Schnellstraße umgeleitet werden.

Ein Patientenrechtegesetz funktioniert so, als würden für den Behandlungsverkehr Straßenschilder aufgestellt sein. Das Schild „Durchfahrt verboten“ ist dann genauso sichtbar wie „Geschwindigkeitsbegrenzung aufgehoben“. Der Arzt hat die Pflicht zur Dokumentation der Behandlung; der Patient erhält ein Recht, die Behandlungsunterlagen einzusehen. Bisher hat er dieses Recht auch, nur die Wenigsten wissen von diesem Recht und nehmen es zur Rechtsverfolgung wahr. Der Arzt entgegnet dem Patienten, dass er begründen solle, warum er Ein sicht will, oder gar, dass es seine Unterlagen seien. Der BGH urteilt, dass der Patient jederzeit ohne Begründung Einsicht erlangen kann. Nur welcher Patient liest BGH-Urteile? Wenn er nach seinem Recht sucht, landet er auf einem Irrweg. Es macht einen qualitativen Unterschied, ob Fragen durch Case-Law entschieden werden, oder ob der Gesetzgeber von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat.

GESETZ STATT SATZUNG Was würden Sie als Straßenverkehrsteilnehmer sagen, wenn ihr Unfallpartner keine Haftpflichtversicherung besitzt? Könnten Sie sich ein neues Auto leisten oder zumindest die Reparatur des jetzt defekten? Es gibt kein Gesetz, dass für Ärzte oder Krankenhäuser eine Haftpflichtversicherung als Bedingung für die Teilnahme am Behandlungsverkehr vorsieht. Es gibt eine Satzung, die unzureichend kontrolliert wird. Es fehlt an einem Bundesgesetz. Eine Approbation wurde noch nie entzogen, weil einem Arzt eine Haftpflichtversicherung fehlte. Der Patient landet in der Sackgasse. Wenn der eine Autofahrer dem anderen auffährt, gibt es vorne Geld, wenn es hinten rummst. Es gilt ein Anscheinsbeweis, dass der Hintere den Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat. Die Gefahrtragung und Haftung ist im Straßenverkehrsgesetz geregelt. Warum soll nicht auch im Behandlungsverkehr eine Haftung geregelt sein? Dort wird, durch Ärzte verschuldet, eine Million Menschen pro Jahr verletzt, dreimal so viele wie im Straßenverkehr! Haftungssicherheit ist für alle ein Gewinn.

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SELBSTBESTIMMUNG & MENSCHENWÜRDE Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines Patientenrechtegesetzes und der Durchsetzungsqualität der Patientenrechte. Bei der Wesentlichkeit des Selbstbestimmungsrechtes der Patienten unter Beachtung der Menschenwürde ist es unverhältnismäßig, dass es kein Gesetz gibt. Das Richterrecht ist regional unterschiedlich und für alle Beteiligten kaum kalkulierbar. Ein ausformuliertes Gesetz garantiert Rechtssicherheit und die Transparenz im Behandlungsverkehr. Am Rand der Behandlungsschnellstraße stehen schon zu viele Kreuze, die Zeit drängt. Je schneller das Wirtschaftlichkeitsprinzip Fahrt aufnimmt, desto wichtiger ist es, diese Geschwindigkeit zu begrenzen. Gleichberechtigung im Behandlungsverkehr kann nur gewährleistet werden, wenn es Verkehrsregeln gibt. Ohne diese entsteht Chaos. Der Patient sollte nicht im Rückspiegel seine Rechte suchen müssen. Schauen Sie nach vorn: An eine gefährliche Kreuzung gehört eine Ampel. Grün für das Patientenrechtegesetz! RA Volker Loeschner, Berlin

> http://www.berliner-anwaltsverein.de/ wordpress/wp-content/uploads/2011/ 04/ Patientenrechtegesetz.pdf

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Im Visier der Verbraucherschützer Rechtsschutzversicherer schicken Kunden zu Vertrauensanwälten

Umleitung von Mandantenströmen durch den einen oder anderen Rechtsschutzversicherer an Vertragsanwälte.

Im Straßenverkehr hat’s geknallt, der Chef hat den Job gekündigt oder es gibt Ärger mit der im Internet bestellten Ware - für Streit vor Gericht gibt es viele Gründe. Glücklich schätzt sich dann, wer über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, denn der Gang vor den Kadi ist in der Regel teuer. Häufig machen Rechtssuchende die Beauftragung ihres Anwaltes von der Kostenschutzzusage ihrer Rechtsschutzversicherung abhängig und lassen die Einholung der Kostenübernahmebestätigung als lieb gewonnenen, unentgeltlichen Service von ihrem Anwalt erledigen. Eine Selbstverständlichkeit ist das aber nicht – und könnte vom Anwalt durchaus gesondert in Rechnung gestellt werden. In der Regel verzichten die Anwälte aber auf eine gesonderte Vergütung, weil „der Mandant diesen bequemen Service zu schätzen weiß“, wie Rechtsanwalt Alexander Dauer zu berichten weiß. Mandanten, die die Kostenschutzanfrage selbst in die Hand nehmen und kurz entschlossen zum Hörer greifen, fühlen sich mitunter von der freundlichen Stimme am anderen Ende der Leitung verunsichert. Denn die eine oder andere Versicherung nutzt die Gelegenheit, um ihrem Kunden eine andere Kanzlei ans Herz zu legen, als dieser vielleicht wünscht. „Benötigen Sie die Hilfe

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eines erfahrenen und kompetenten Rechts-anwaltes vor Ort? Wir empfehlen Ihnen gerne einen qualifizierten Rechtsanwalt aus unserem bundesweiten Anwaltsnetzwerk, der genau auf Ihren Fall spezialisiert ist“, ist beispielsweise auch auf der Homepage eines Versicherers zu lesen.

VERTRAUENSANWÄLTE Häufig arbeiten einige Unternehmen nämlich viel lieber mit ihren „Vertrauensanwälten“ zusammen. Die Basis einer solchen Kooperation dürfte in den meisten Fällen ein sogenanntes Regulierungs- oder Rationalisierungsabkommen darstellen. Bei diesen Vereinbarungen stimmt der Anwalt zu, geringere Gebühren als üblich von der Versicherung zu erhalten – um hoffnungsfreudig vom Versicherungsunternehmen im Gegenzug als „Vertrauensanwalt“ empfohlen zu werden. Einige Versicherer bewerben diese Praxis als zusätzlichen Service für ihre Kunden. So erklärt Christian Lübke vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Rechtsschutzversicherer begreifen sich heute nicht mehr als reiner Kostenerstatter, sondern möchten ihren Kunden einen optimalen Service bieten. (…)

Foto: RainerSturm_pixelio.de

Rechtsanwaltsnetzwerke tragen hierzu bei. So erhält der ratsuchende Versicherungsnehmer im Fall der Kontaktaufnahme zum Rechtsschutzversicherer zweierlei: eine Aussage über die Möglichkeit der Kostenübernahme und Hinweise auf in der jeweiligen Angelegenheit versierte, möglichst ortsnahe Anwälte. Die Erfahrungen zeigen, dass viele Versicherungsnehmer diese Zusatzleistung sehr dankbar annehmen.“

DIENER ZWEIER HERREN Für die meisten dieser dankbaren Kunden dürfte der Hintergrund einer solchen Kooperation allerdings verborgen bleiben. Mögliche Interessenkonflikte des empfohlenen Advokaten sind für den Versicherten dadurch nicht erkennbar – für viele Anwälte dafür umso offensichtlicher. So schreibt Rechtsanwalt Carsten Hoenig auf der Homepage des RSV-Blogs, der sich zum Ziel gesetzt hat, über „praktische Erfahrungen mit den Leistungen der Rechtsschutzversicherer“ zu berichten: „Die Empfehlung einer Kanzlei ist eine Leistung des Versicherers an diese Kanzlei. Und ohne Gegenleistung geht in der Wirtschaft regelmäßig gar nichts. Ein auf diesem Wege

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empfohlener Anwalt ist oft Diener zweier Herren.“ Auch Rechtsanwalt Maier befürchtet auf derselben Website: „Es sind Fallkonstellationen denkbar, bei denen ein solcher RSV-RA (Rechtsschutzversicherung-Rechtsanwalt) Parteiverrat/Untreuetatbestände erfüllt, weil er das Sparinteresse der RSV über das Rechtsverfolgungsinteresse des Mandanten stellt.“ Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vereinbarungen sind vielfältig und bestehen seit Jahren: Dr. Bernhard Dombek, ehemaliger Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer, äußerte bereits 2004 in einem offenen Brief seine Bedenken in berufsrechtlicher Hinsicht, da er in den Abkommen die Möglichkeit einer unzulässigen Gebührenunterschreitung sah. Auch Rechtsanwalt Dr. Hubert van Bühren, Präsident der Rechtsanwaltskammer Köln, beurteilt die Abkommen dann als illegal, wenn die Sondervereinbarungen gegenüber den Versicherungsnehmern nicht offengelegt werden. Und Joachim Cornelius-Winkler, Fachanwalt für Versicherungsrecht, hält die Vereinbarungen wegen des möglichen Interessenkonflikts des Rechtsanwalts grundsätzlich für unwirksam.

RECHT AUF FREIE ANWALTSWAHL Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 1989 (AZ BGH – I ZR 242/87) stützt diese Auffassung: Ein Mieterverein untersagte in seinen Aufnahmebedingungen den Mitgliedern das Recht auf eigene Wahl eines Anwalts und arbeitete stattdessen nur mit selbst ausgewählten Juristen zusammen. Zur Begründung trug der Verein vor, dass er im Interesse einer kostensparenden Risikokontrolle auf erfahrene und spezialisierte Anwälte angewiesen sei, und dass die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung in jedem Fall zurückhaltend zu prüfen seien. Daraus schlossen die Richter, dass der Vereins-Anwalt in einen Widerstreit der Interessen gerate: Zwischen das seines Mandanten auf unabhängige Wahrnehmung seiner Belange und das Kostensparinteresse des Vereins, dem er möglicherweise den Vorrang einräumen werde. In ihrem Urteil sahen die Richter daher das Recht des Einzelnen auf freie Anwaltswahl nach Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) auf unzumutbare Weise eingeschränkt und erklärten die Praxis des Mietervereins für unwirksam.

QUALITÄTSPRÜFUNG ODER DROHUNG? Die Versicherungswirtschaft teilt solche Bedenken freilich nicht. Stattdessen lobt der GDV die „Möglichkeit der Qualitätsprüfung“ durch den „stetigen Kontakt“ mit dem Anwalt, durch den die „Qualität in der Mandatsbearbeitung“ im Blick gehalten werde, „um erforderlichenfalls reagieren zu können“. Für die Anwälte könnte die so gelobte Qualitätsprüfung allerdings mehr wie eine Drohung denn nach ver trauensvoller Zusammenarbeit klingen. Denn ob es dabei vorrangig um das Wohl des Versicherungsnehmers geht, oder doch eher oder zumindest auch um die Kosten des Anwalts, ist jedenfalls fraglich. Wie groß nämlich das Sparinteresse bei den Versicherern sein kann, zeigt sich – unabhängig von den Regulierungsabkommen – auch in einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsschutzversicherungen (ARB). Darin wird der Kunde verpflichtet, „alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte“. Um zu erkennen, welches Verhalten nach dieser Klausel immerhin mit dem Verlust des Versicherungsschutzes sanktioniert wird, braucht der Versicherte allerdings einiges Talent im Rätselraten. Genau diese mangelnde Klarheit kritisierte der BGH bereits 2009 als intransparent und unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Bevor es jedoch zu einer Entscheidung über die Wirksamkeit der Klausel kam, erkannte die Versicherung den Anspruch ihres Kunden an und vermied so eine gerichtliche Entscheidung. Zuvor hatte sie sich geweigert, in einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit einen außergerichtlichen Klärungsversuch zu vergüten, weil der Anwalt aus ihrer Sicht gleich hätte klagen müssen, um Kosten zu vermeiden. Die Vorsitzende des IV. Zivilsenats beim BGH, Sibylle Kessal-Wulf, spricht in einem Beitrag für die Zeitschrift „Recht und Schaden“ von einem gezielten und systematischen Vorgehen, wenn Versicherer die Notbremse ziehen und den Anspruch anerkennen. „Die Versicherer versuchen systematisch, Grundsatzurteile zu verhindern“, sagt Kerstin BeckerEiselen, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Was von der Versicherungswirtschaft bestritten wird.

der Argumentation der Versicherungen, die sich darauf berufen, dass es ohnehin eine gesetzliche Norm mit ähnlichem Wortlaut wie die Klausel in den ARB gebe. Rechtsanwalt Joachim Bluhm, der die Verbraucherzentrale Hamburg in den Prozessen vertritt, räumt ein, dass der fragliche § 82 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) – wohl auch dank erfolgreicher Lobbyarbeit der Versicherungswirtschaft – wenig klar formuliert sei. Auswirkungen auf die Unwirksamkeit der Klausel habe die Norm dennoch nicht: „Während das Gesetz unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten darf, die später durch die Rechtsprechung mit Leben gefüllt werden, müssen die ARB vom Verwender so konkret formuliert sein, dass der Versicherte ohne Schwierigkeiten erkennen kann, was von ihm verlangt wird – insbesondere bei solchen Klauseln, die als Obliegenheiten gelten, weshalb ihre Verletzung sanktioniert wird“, erklärt Bluhm. Auch wenn die Urteile noch nicht rechtskräftig sind und die Versicherungen voraussichtlich Rechtsmittel einlegen, dürften die Urteile bereits jetzt Signalwirkung haben und viele Versicherungen zum Einlenken bewegen, glaubt Bluhm. Und er ist sicher: „Die Versicherungen werden sich in Zukunft nicht mehr auf die Klausel berufen können, und auch das Gesetz wird ihnen in den meisten Fällen nicht weiter helfen.“

MEHR SICHERHEIT FÜR ANWÄLTE Auch für Anwälte werden die Urteile mehr Sicherheit bringen, da sie nicht mehr befürchten müssen, bestimmte Tätigkeiten von den Versicherungen nicht erstattet zu bekommen. Wer allerdings ein Regulierungsabkommen abgeschlossen hat, dürfte ja ohnehin auf einen Teil seiner Bezahlung verzichten: So wird die Deckungsanfrage an die Versicherung in der Regel als kostenlose Serviceleistung des Anwalts behandelt, und die übrigen Gebühren-Tatbestände werden in den Abkommen gegenüber den gesetzlich vorgesehenen Gebühren deutlich unterschritten – um 20 bis 40 Prozent, schätzt das Essener SoldanInstitut für Anwaltmanagement. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) kam vor Jahren bei einer Untersuchung verschiedener Rationalisierungsabkommen sogar auf noch höhere Abschläge: So sollen bei einem der größten Versicherungsunternehmen für eine Erstberatung statt der gesetzlich vorgesehenen maximal 190 Euro lediglich 60 Euro in Rechnung gestellt werden dürfen.

VERBRAUCHER FORDERN KLARHEIT Noch ein weiterer Verstoß gegen die BRAO ist denkbar: So ist nach § 49 b BRAO „die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen (…) unzulässig“. Den Verzicht auf Gebühren könnte man durchaus als eine solche Abgabe ansehen – und die ausdrückliche Erklärung der Versicherungen, keine Vermittlung von Mandanten zu versprechen, als vielleicht lebensfremd: Warum sonst sollte ein Anwalt auf einen Teil seiner Gebühren verzichten?

Nun wollen Verbraucherschützer Klarheit in die Sache bringen. Die Verbraucherzentrale Hamburg forderte 21 Versicherungen auf, eine Unterlassungserklärung in Hinblick auf die Klausel abzugeben. Worauf sich 2 der Unternehmen unterworfen haben. Als 19 der Unternehmen dazu nicht bereit war, zogen die Verbraucherschützer vor Gericht – mit Erfolg. Im April ergingen die ersten Urteile, fast alle Gerichte teilten die Auffassung der Verbraucherschützer. Lediglich das Gericht in Mannheim folgte

Christian Lübke vom GDV sieht in der „grundsätzlich pauschalisierten Regelung der wichtigsten Gebühren“ für alle Beteiligten nur Vorteile: „Für den Anwalt bedeutet dies, dass die Schadenabwicklung aufgrund zuvor vereinbarter Regelungen forciert wird und schlank gehalten werden kann“, wobei er einräumt, dass „selbstverständlich auch der Versicherer das identische Interesse schlanker Regulierungsabläufe“ habe. Und auch der Versicherungsnehmer profitiert aus Sicht des GDV: „Neben dem Effizienzgewinn auf beiden Seiten können so auch Ausein-

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andersetzungen über eine angemessene Gebührenhöhe, in die sonst häufig der unbeteiligte Versicherungsnehmer einbezogen würde, vermieden werden.“

dem Bereich der Autohändler. (…) Viele von denen, die sich darauf eingelassen haben, haben in den letzten Jahren Insolvenz anmelden müssen.“

HOHER WIRTSCHAFTLICHER DRUCK

GEFAHR ODER CHANCE

Für manchen Anwalt könnte sein angebliches Interesse an „pauschalisierten“ niedrigen Gebühren und „schlanken Regulierungsabläufen“ wie Hohn klingen. Denn unter welch hohem wirtschaftlichen Druck viele Anwälte mittlerweile arbeiten, teilte kürzlich die Anwaltskammer Berlin in einer Presseinformation mit: „Erschreckend ist das jüngst durch eine statistische Umfrage ermittelte Einkommen Berliner Einzelanwälte. Diese hatten nach den jetzt vorliegenden Zahlen für 2008 im Durchschnitt einen Brutto-Stundenertrag von 22 Euro erzielt. Wenn man berücksichtigt, dass die Anwälte davon nicht nur Steuern, sondern auch ihre gesamte Kranken- und Altersversorgung selbst finanzieren müssen, wird deutlich, dass die Einkommen nicht der langen akademischen Ausbildung entsprechen.“

Aber nicht nur der einzelne Anwalt ist gefährdet. Nicht zu überschauen sind die Folgen, die sich für die gesamte Anwalts-Branche ergeben. Auch aus diesem Grund hatte Dombek in seinem Brief vor den Regulierungsabkommen gewarnt: Er befürchtete, dass sich eine „übliche“ niedrige Gebühr durchsetzen könne, die dann auch „externen“ Anwälten gegenüber geltend gemacht wird. So könnte eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt werden, die zu flächendeckenden Dumpinglöhnen von Anwälten führt – und manchen zu möglicherweise fraglichen Methoden verführt. Schlagzeilen über Abmahn-Anwälte (ob berechtigt oder nicht) bringen die gesamte Branche in Verruf und lassen vom Ethos des freien und unabhängigen Rechtsanwalts nicht mehr viel übrig. Mancher Anwalt sieht in den Regulierungsabkommen aber weniger die Gefahr als eine Chance. Über den Mandantenstrom von den Versicherungen erhoffen sich die kooperierenden Anwälte eine sichere Einkommensquelle, welche die Verluste durch die niedrigeren Gebühren wieder ausgleicht. Und so gehen viele auf den Lockruf der Versicherungen ein. Laut einer Studie des Soldan-Instituts wurde mehr als jeder dritte Anwalt angeschrieben – und fast die Hälfte der Angeworbenen macht mit.

Rechtsanwalt Maier schätzt die Situation so ein: „Alles in allem nutzt die Versicherungswirtschaft die zum Teil prekäre wirtschaftliche Situation mancher Kollegen knallhart aus, um ihre Gewinne zu maximieren. Letztendlich ist es der rechtssuchende Bürger, der für seine Prämienzahlung nicht – wie stets vollmundig von den RSV versprochen – optimale anwaltliche Vertretung erhält, sondern bloß einen ‚billigen Jakob in Robe’. Das wird sich irgendwann auch beim Bürger herumgesprochen haben.“ Und „Anonym“ schreibt auf derselben Seite des RSVBlogs: „Besondere Vereinbarungen mit den RSVVersicherern unterhalb denen der Gebührenordnung zu treffen, ist auf lange Sicht mit Gefahren für die Rechtsanwaltschaft verbunden. Denn es entsteht ein Zwang, billig abzurechnen. Ich kenne das aus

AGRESSIVE WERBUNG Der Trend wird sich möglicherweise sogar noch fortsetzen, denn die Versicherungen lassen sich einiges einfallen, um auch den Versicherten ihre „Vertrauensanwälte“ schmackhaft zu machen. So bieten fast

Erstmal im Visier der Verbraucherschützer, kann die gesamte Branche in Verruf geraten.

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alle Unternehmen Telefon-Hotlines mit einer Beratung durch ihre Kooperations-Anwälte an, die nach Einschätzung von Rechtsanwalt van Bühren lediglich dazu dienen, den Versicherten vom Gang zum eigenen Anwalt abzuhalten. Die Qualität der Hotlines schätzt er nicht gut ein, da der Kunde in der Regel mit keinem spezialisierten Anwalt zu tun habe und auch keine Unterlagen vorzeigen könne. Eine andere Variante sind Vergünstigungen, die Rechtsschutzversicherungen ihren Kunden dann anbieten, wenn sie Kooperations-Anwälte beauftragen. Julia von Seltmann, Rechtsanwältin und Geschäftsführerin der Bundesrechtsanwaltskammer, berichtet von einer Vielzahl von Anwälten, die sich bei der Anwaltskammer über diese Praxis beschweren. Langjährigen Mandanten würde der Verzicht auf den Selbstbehalt angeboten – also eine Ersparnis von oftmals bis zu rund 300 Euro – wenn sie statt des eigenen Anwalts einen Kooperationsanwalt der Versicherung beauftragen. Von Seltmann steht dieser Praxis skeptisch gegenüber: „Ein solch aggressives Werben für die versicherungsnahen Anwälte stellt aus meiner Sicht eine Marktbeeinflussung dar, und zudem wird der Kunde in seinem in § 127 VVG verbrieften Recht auf freie Anwaltswahl eingeschränkt.“ Die Anwaltskammer München teilt diese Bedenken. Sie hat gegen eine Versicherung geklagt, die ihren Kunden solche Verträge anbietet. Mit einer Entscheidung ist ab Herbst dieses Jahres zu rechnen. Aber auch ohne entsprechendes Urteil: Sowohl Verbraucher als auch Anwälte haben die Wahl. Versicherungsnehmer können darauf bestehen, den Anwalt des eigenen Vertrauens zu beauftragen und Anwälte sind nicht gezwungen, sich unter Wert zu verkaufen. Am Ende profitieren alle davon. RA Gregor Samimi und Rechtsassessorin Cornelia Liedtke, Berlin

Foto: Marc Wolf_pixelio.de

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Mehr Mediation machen Drum verhandle, wer nicht ewig streiten will!

Dem Gesetzgeber geht es primär um Kosteneinsparungen durch Entlastung der Justiz. Das „Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung“ steht unmittelbar vor der Tür. Das Gesetz hat den Bundestag noch nicht passiert, obwohl die europäische Richtlinie 2008/52/EG zur Stärkung der Mediation bis zum 20.5.2011 in deutsches Recht umzusetzen war. Was bedeutet das Gesetz für die Anwaltschaft? Startet jetzt ein Boom der Mediationen? Verschiedene Anbieter bewerben nun Rechtsanwälte, um diese zu Mediatoren auszubilden. Dafür gibt es wenige Vorgaben. Gemäß § 5 des Gesetzesentwurfs soll der Mediator in eigener Verantwortung seine Ausbildung und regelmäßige Fortbildung sicherstellen. Mediatoren können ganz unterschiedlichen Berufsgruppen angehören, so gibt es auch Psychologen mit Mediationsausbildung. In § 135 FamFG ist Mediation bereits vor Inkrafttreten des Mediationsförderungsgesetzes implementiert worden. „Dauergäste“ bei Gericht soll es künftig immer weniger geben. Ob der Konflikt der Beteiligten im Rahmen einer Mediation bearbeitet wird, hängt meist vom Rat des Anwalts ab, auf den sich der Mandant verlässt. Bevor eine gerichtsinterne Mediation durchgeführt wird, befragt das Gericht die Parteien über ihre Bereitschaft, sich auf die Mediation einzulassen. In der gerichtsinternen Mediation nimmt der Anwalt an der Mediationssitzung teil. Möglicherweise benötigt er drei Stunden mehr Zeit als für einen durchschnittlichen Gerichtstermin, allerdings verkürzt sich dadurch auch seine Kanzleiarbeit, die er sonst mit langen Schriftsatzwechseln und Rechtsprechungsrecherche aufbringt. In der außergerichtlichen Mediation bleibt der Anwalt Berater und begleitet seinen Mandanten zum Mediationsgespräch oder bleibt für ihn Experte im Hintergrund. Zur Vorbereitung einer Mediation sollten sich Anwälte weniger auf die Beweisführung konzentrieren, sondern den tatsächlichen Verhandlungsspielraum der Mandanten herausarbeiten und an Varianten denken, z. B. was den Mandanten anstelle von Geld entschädigen würde oder was der Mandant der Gegenseite anbieten könnte. Dabei sind die Verdienstmöglichkeiten des Anwalts nicht unbedingt schlechter als im Prozess in 1. Instanz, wenn der Anwalt auf ein Zeithonorar hinwir-

ken kann. Dann kann er großzügig auf Wünsche nach Begleitung zu Terminen und weiterer Beratung eingehen. Beschränkt sich die Tätigkeit auf die Überprüfung der getroffenen Vereinbarung, lässt sich gut eine Pauschale abrechnen. Finanzschwache Mandanten können sich keine Mediation leisten, da ein Beratungshilfeschein an sich nur das Erstgespräch mit dem Anwalt und einen Schriftsatz in der Sache bezahlt. Rechtsanwälte könnten hier auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen, indem sie vermehrt entsprechende Anträge stellen und sich nicht durch Antragsabweisung abschrecken lassen. Die Prozesskostenhilfe greift nur bei gerichtsinterner Mediation. Der Gesetzentwurf zum Mediationsgesetz enthält noch keine Mediationskostenhilfe. Es gibt jedoch eine „Notleiter“: Im Rahmen von Forschungsprojekten können im Einzelfall auf Antrag Kosten eines Mediationsverfahrens erstattet werden. Nach dem Mediationsgesetz soll die Klage- oder Antragsschrift demnächst die Erklärung enthalten, ob eine Mediation zuvor versucht worden ist, oder welche Gründe gegen eine Mediation sprechen würden. Die Lösung von Konflikten liegt oftmals nicht in der Durchsetzung eines einzelnen Anspruchs. In der Mediation werden auch nicht justiziable Aspekte thematisiert, wie „Anerkennung des Anderen“ oder „Verzeihen“. Emotionale Befindlichkeiten sind vor allem in Familiensachen und Erbauseinandersetzungen streitentscheidend. Für Geschäftsbeziehungen ist eine Mediation vertrauenserhaltend. Auch bei Zeitdruck dürfte für den Mandanten eine Mediation die bessere Alternative sein. Auch wenn der Mediator selbst Rechtsanwalt ist, ist er häufig nicht selbst Experte des relevanten Rechtsgebiets. Der Mediator nimmt den Rechtsanwälten nicht die Mandanten weg, denn er darf seine Neutralität nicht gefährden und daher keinen konkreten Rechtsrat erteilen. Während einer Mediation haben mehr die Beteiligten selbst als deren Anwälte das Wort. Die Anwälte sollten aber zu Vereinbarungen direkt Stellung nehmen oder alternative Vorschläge unterbreiten können. Grundsätzlich kann jeder Mediator mit einer fundierten Ausbildung (über 200 h) jeden Konflikt bearbeiten. Ähnlich wie bei der Kompetenzverteilung innerhalb der Fachanwaltschaft kann aber eine Spezialisierung des Mediators sinnvoll sein. In Familiensachen kann ein Mediator mit familientherapeutischer Kompetenz hinzugezogen werden, in Bausachen empfiehlt sich ein Architekt oder Bau-

ingenieur. Stehen juristische Fragen im Vordergrund, etwa bei komplizierten Vertragsangelegenheiten, bieten sich Rechtsanwälte als Mediatoren an. Das optimale Ergebnis erreicht man mit Mediatoren, die interdisziplinär im CO-Team (Zusammenarbeit mehrerer Mediatoren unterschiedlicher Fachrichtungen) arbeiten. Mandanten fragen immer häufiger nach Mediation, da Gerichtsverfahren langwierig und teuer sind. Es gibt ein breites Spektrum an Konflikten. Die Mediation ist ein weiteres Werkzeug für effektive Lösungen, welches jeder Rechtsanwalt in seinem Koffer bereithalten muss. RA Lars Anderson, Berlin

Sieben Gründe für die Mediation • Nicht justiziable Gefühle können einbezogen werden. • Streitgegenstände, die nicht rechtshängig gemacht wurden, finden Berücksichtigung. • Selbst erarbeitete Lösungen halten gewöhnlich länger. • Gespräche sind vertrauenserhaltender als ein Gerichtsprozess. • Die Mediationsvereinbarung soll in § 794 Abs. 1 Nr. 4 b ZPO als zusätzlicher Vollstreckungstitel aufgenommen werden. • Die Vollstreckbarkeit wird künftig in § 796 d ZPO geregelt. • Prozessuale Abläufe werden erheblich verkürzt und eine Einigung wird schneller erzielt. Mediatoren finden? • Empfehlung von Kollegen • Arbeitskreis/Arbeitsgruppe Mediation eines Anwaltvereins • Internetnetzwerke • Berliner Bündnis (www.schlichten-in-berlin.de) • Berliner Mediationszentrale (www.berliner-mediationszentrale.de) • Bundesverband Mediation (www.bmev.de) • Bundes-Arbeitsgemeinschaft für FamilienMediation e. V. (www.bafm-mediation.de)

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Offene Rechnung Die Gebührenklage gegen den früheren Mandanten

Es kommt leider immer wieder vor, dass der Rechtsanwalt seine Gebührenforderung gerichtlich geltend machen muss. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: Das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG bietet dem in einem gerichtlichen Verfahren tätig gewordenen Rechtsanwalt die Möglichkeit, wegen seiner gesetzlichen Gebühren schnell einen Vollstreckungstitel zu erlangen. Voraussetzung ist, dass der Mandant keine Einwendungen erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Für alle anderen Gebührenstreitigkeiten zwischen Rechtsanwalt und Mandant bleibt nur die Honorarklage. Für ihre Zulässigkeit muss jedoch vorgetragen werden, dass eine Festsetzung nach § 11 RVG nicht möglich ist, weil sonst das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde. Die substantiierte Darstellung, des der Honorarklage zugrunde liegenden Mandatsverhältnisses verletzt zwar die Verschwiegenheitspflicht, jedoch ist der Rechtsanwalt von ihr befreit, wenn er seinen Honoraranspruch gerichtlich geltend macht. Weitere Voraussetzung für die Klage ist eine Gebührenberechnung, die dem § 10 RVG entspricht, bei Rechnungen an Unternehmer, die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG erforderlichen Pflichtangaben enthält und vor allen Dingen eigenhändig unterzeichnet worden ist. Örtlich zuständig für die Klage ist der allgemeine Gerichtsstand des Mandanten (vgl. BGH in NJW 2004, 54 ff). An die Substantiierung der Klageschrift sind verschiedene Anforderungen zu stellen, je nachdem, ob der Rechtsanwalt Gebühren aus einer Vergütungsvereinbarung oder Rahmengebühren nach § 14 RVG geltend macht. Bei der Vergütungsvereinbarung trifft den Rechtsanwalt die Darlegungslast dafür, dass der vereinbarte Stundensatz angemessen ist und dass der von ihm im Rahmen eines Zeithonorars abgerechnete Aufwand tatsächlich erbracht wurde und angemessen war. Hilfsweise sollten die gesetzlichen Gebühren und ihre gesetzlichen Voraussetzungen als Mindestgebühren geltend gemacht werden. Bei den Rahmengebühren sollten substantiiert die Voraussetzungen des § 14 RVG geschildert werden, um darzulegen, dass die vom Anwalt festgesetzte Gebühr billigem Ermessen entspricht. Es sind deshalb alle Umstände, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten zu schildern.

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Nur wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 RVG sorgfältig und substantiiert geschildert worden sind, kann die RAK auch überprüfen, ob die Festsetzung der Gebühren durch den Anwalt billigem Ermessen entspricht. Ansonsten ist die Gebühr herabzusetzen. In die Klagebegründung ist deshalb das Gericht auf die Einholung eines Gutachtens der RAK hinzuweisen (§ 14 Abs. 2 RVG). Dieses Gutachten ist kein Sachverständigengutachten i. S. von § 411 ZPO, denn über Rechtsfragen kann kein Beweis erhoben werden. Das Gericht soll sich mit der Auffassung der Berufsvertretung vertraut machen, die auf eine Fülle von vergleichbarem Material zurückgreifen kann. Anhand eines einfachen Verkehrsunfalls könnte eine Honorarklage wie folgt aussehen: In Sachen des Rechtsanwaltes Gut ./. Herrn Michel aus L. wegen Honorarforderung wird die Klage wie folgt begründet: Das Gericht ist örtlich zuständig, da der Beklagte in L. seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Mit der Klage werden restliche Vergütungsansprüche gegen den Beklagten aus der Vertretung in einem Verkehrsunfall geltend gemacht. Der Beklagte hat den Kläger beauftragt, Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers außergerichtlich geltend zu machen. Der Beklagte hat dieses dem Kläger erteilte Mandat mit Schreiben vorzeitig gekündigt. Der Kläger hat für seine Tätigkeit aus einem Gegenstandswert von 20.000 Euro eine 2,5 Geschäftsgebühr gem. § 14 Abs. 1 RVG abgerechnet und dem Beklagten eine Rechnung übersandt, die § 10 RVG entspricht. Der Beklagte hat auf die Rechnung nur eine Mittelgebühr von 1,5 gezahlt. Er ist der Auffassung, ein darüber hinausgehender Anspruch stehe dem Kläger nicht zu. Die Auffassung des Beklagten ist unzutreffend. Der Kläger hat zu Recht innerhalb des Rahmens des § 14 Abs. 1 RVG die im Einzelfall angemessene Gebühr auf den Höchstsatz von 2,5 bestimmt. Die vom Kläger angesetzte Höchstgebühr ist angemessen. Die Bedeutung der Angelegenheit war für den Beklagten überdurchschnittlich. Bei dem Verkehrsunfall wurde dessen neues Auto gemäß dem Gutachten im Werte von 20.000 Euro total beschädigt.

Der Umfang der Tätigkeit und die rechtliche Schwierigkeit des Falles waren überdurchschnittlich. Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Kläger hat insgesamt drei Informationsgespräche mit dem Beklagten geführt. Die den Unfall betreffenden Strafakten sind vom Kläger eingesehen und ausgewertet sowie mit dem Beklagten erörtert worden. Außerdem hat der Kläger insgesamt vier Schreiben an die Haftpflichtversicherung des Schädigers gerichtet und beantwortet. Die Ermittlung und Beurteilung des Schadens war durchschnittlich. Schwierig war indessen die Klärung der Verantwortlichkeit des Schädigers, der ein Verschulden an dem Unfallgeschehen bestritten hatte. Es mussten deshalb vom Kläger die in den Strafakten befindlichen drei Zeugenaussagen gewürdigt und auch ein Sachverständigengutachten zur Unfallrekonstruktion ausgewertet werden, was sich in der Korrespondenz mit dem Haftpflichtversicherer wiederfand. Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Beklagten über dem Durchschnitt der Gesamtbe völkerung. Die Gesamtschau der Kriterien ergibt, dass angesichts der überwiegend überdurchschnittlichen Qualifikation der einzelnen Beurteilungsmerkmale der Ansatz der Höchstgebühr der Billigkeit entsprach. Der Gegenstandswert, aus dem die Gebühr berechnet wurde, ergibt sich aus dem Umfang des Schadenersatzanspruches, der für den Beklagten geltend gemacht wurde. Dieser Gegenstandswert wurde vom Beklagten bisher nicht bestritten. RA und Notar Wolfgang Gustavus, Berlin

> Anmerkung der Redaktion zum Beitrag „Der Aldi unter den Anwälten“ AdVoice 2/2011 Sofern der missverständliche Eindruck entstanden sein sollte, Rechtsanwaltskollege Dr. Welf Haeger hätte seine anwaltliche Zulassung „verloren“, so ist dies unzutreffend. Der Autor sprach von Widerruf und nicht von Verlust der Zulassung. Gegen den Widerruf hat der betroffene Kollege nach eigenen Angaben fristgerecht beim Anwaltsgerichtshof Rechtsmittel eingelegt, so dass er vorerst weiter tätig bleiben darf. Haeger verzichtet jetzt auf die Bezeichnung „DerAnwaltsDiscounter.de“. Seit neustem „firmiert“ er unter „AnwaltSozial“ – das, um sich von Aldi, Schlecker und Co. zu distanzieren, wie er auf seiner Homepage verbreitet.

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Anwälte in Not Krisendienst des Berliner Anwaltsvereines hilft bei finanziellen Schwierigkeiten

Auch bei etablierten Kanzleien kann es finanzielle Probleme geben, insbesondere dann, wenn sich der Rechtsanwalt privat verschuldet hat, z. B. mit einer Immobilie, oder wenn familienrechtliche Probleme auftauchen. Junge Rechtsanwälte schließen vielleicht eher die Kanzlei, bevor auch nur eine Insolvenz drohen kann. Sind finanzielle Schwierigkeiten abzusehen, sollte unbedingt frühzeitig Hilfe gesucht werden. Der Rechtsanwaltskammer sollte man sich jedoch nicht zu früh anvertrauen, da dort bei finanziellen Problemen Ermittlungen eingeleitet werden. Daher wurde in Berlin ein spezieller Krisendienst „Beratung für Anwälte in finanziellen Schwierigkeiten“ beim Berliner Anwaltsverein e. V. angesiedelt. Nach außen hin wird nicht allzu viel Werbung gemacht, damit das Problem insolventer Rechtsanwälte nicht unverhältnismäßig in den Medien thematisiert wird. Finanzielle Schwierigkeiten entstehen, aber eben nur bei einer Minderheit aller Rechtsanwälte, beispielsweise aus einer Scheidung, einer zeitweise mangelnden Einnahmensituation oder einer Trennung vom Kanzleipartner. Die Einrichtung in Berlin wird von Kollegen betrieben, die ehrenamtlich tätig sind, und könnte bundesweit Schule machen. Gegenwärtig sind acht Rechtsanwälte in der Beratergruppe aktiv; spezialisiert sind die einzelnen Partner der Gruppe unterschiedlich: Rechtsanwälte, Steuerberater, Insolvenzverwalter und Schuldnerberater. In der Sache findet eine Art Schuldnerberatung statt und kann als ein Blick von außen auf die eigenen Zustände beschrieben werden. Die Beratung ist kostenlos und kann auch über mehrere Sitzungen stattfinden. Ziel ist es, bei einer möglichst frühzeitigen Beratung eine Insolvenz auf jeden Fall abzuwenden und auf die Einhaltung berufsrechtlicher und strafrechtlicher Pflichten zu achten. Die Termine werden über die Geschäftsstelle des Berliner Anwaltsvereins unter der Telefonnummer 030-2513846 vereinbart. RA Volker Loeschner, Berlin

Kontakt Geschäftsstelle des Berliner Anwaltsvereins Tel. 030-2513846.

UMSATZ- UND GEWINN-VERWECHSLUNG Die AdVoice sprach mit Rechtsanwalt Carsten Cervera, Fachanwalt für Insolvenzrecht, der seit 2006 ehrenamtlicher Berater des Berliner Anwaltsvereins für in finanzielle Not geratene Rechtsanwälte ist. A: Wer sucht die Hilfe der Gruppe „Beratung für Anwälte in finanziellen Schwierigkeiten“? C: Die größten Schwierigkeiten haben Männer um die 50 Jahre. Die Probleme sind ganz unterschiedlich. Jüngere Kollegen sind bisher eher seltener in der Beratung. Es darf Mut gemacht werden, dass auch diese die Beratung in Anspruch nehmen. A: Was sind die ersten Schritte nach der Bestandsaufnahme des Istzustandes? Setzen Sie auf Einsparungen oder neue Geldmittel? C: In einem Beratungsgespräch geht es zunächst darum, dem Kollegen möglichst zeitnah und ergebnisorientiert zu helfen. Hierfür muss man sich ein umfangreiches Bild von seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen verschaffen. Die Problemlösung ist stark von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängig. Es kann ausreichend sein, dem Kollegen psychologische Hilfestellung bei der Bewältigung einer derart schweren und gerade für Rechtsanwälte nachhaltigen Lebenskrise zu geben. Dies kann durch eine Aussprache oder durch die Aufstellung eines Ablaufplanes erfolgen. Wesentlicher Punkt einer Sanierung ist aber zunächst das meist vorhandene Einsparungspotential zu nutzen und die regelmäßige Schuldentilgung zu erreichen, wenn ein Insolvenzantrag verhindert werden soll. Des Weiteren werden die Möglichkeiten von Umsatzsteigerungen erörtert. A: Welche Art des Controlling ist für die Überwachung von Einnahmen gegenüber Ausgaben wichtig? C: Umsatz und Gewinn werden oft in Beratungen verwechselt. Das Bewusstsein, dabei zu differenzieren, ist manchmal nicht stark ausgeprägt. Einnahmen und Gewinn werden verwechselt. Erst am Ende eines Gespräches wird deutlich, dass mit den hohen Zahlen nur Umsätze gemeint waren. (...) Manche Kollegen haben gar keine Zahlenbasis, über die gesprochen werden kann. Es fehlt an einem eigenen Controlling. Für junge Rechtsanwälte kann auch erst einmal ein Businessplan hilfreich sein. Darüber hinaus ist zu empfehlen, dass die jungen Kollegen stets Rücklagen für jährlich anfallende Zahlungen wie Einkommenssteuer, Beiträge zum Versorgungswerk etc. bilden. Die Erfahrungen

haben gerade gezeigt, dass viele Kollegen durch diese hohen Nachforderungen, die erst bei der Rückbetrachtung eines Wirtschaftsjahres anfallen, in die finanzielle Schieflage geraten. A: Welche berufsrechtlichen und strafrechtlichen Pflichten sind am ehesten tangiert? C: Im Falle einer Insolvenz kann die Zulassung wegen Vermögensverfall durch die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer entzogen werden. Eine Insolvenz muss nicht zwangsläufig den Entzug der Zulassung bedeuten. Viele Kollegen können auch im Wege eines Insolvenzverfahrens zielführend saniert werden. Hierfür kann beispielsweise das Insolvenzplanverfahren ein sinnvolles Sanierungsinstrument sein. Darüber hinaus sind die Bankrottdelikte strafrechtlich relevant. Niemand sollte aus Not auf das Fremdgeldkonto seiner Mandanten zugreifen. Im Fall aller Fälle ist die Insolvenz bei der Kammer fristgemäß anzuzeigen. Zur Vorbereitung dieses Schrittes ist es zielführend, auch unverzüglich unsere Beratungsstelle aufzusuchen, da hier die ehrenamtlichen Berater aufgrund ihrer umfangreichen Kenntnisse auf dem Gebiet des Insolvenzrechtes und der artverwandten Rechtsgebiete hilfreich sein können; leider hat die Vergangenheit gezeigt, dass auch in finanzielle Not geratene Rechtsanwälte meist zu spät kommen. Sanierung beginnt aber stets zunächst mit der Erkenntnis des Hilfesuchenden, dass man ein finanzielles Problem hat, das sofortige Maßnahme erfordert. Die Zulassung eines Rechtsanwaltes hängt schließlich von dessen geordneten Vermögensverhältnissen ab. Das Gespräch führte RA Volker Loeschner, Berlin

Die Helfer in der Not Die ehrenamtliche Beratergruppe für Anwälte in finanziellen Schwierigkeiten gehören an: Rechtsanwälte Dr. Volker Beissenhirtz, Barbara Kroll, Ulrich Weber, Regina Starke, Carsten Cervera, Birk Becker sowie Bank- und Kreditexperte Jürgen Tech und Jürgen Petsch.

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Kostenlos, aber keineswegs umsonst Umschüler zu ReFa und ReNo können eine große Hilfe im Büro sein

werden, der alle Verträge und Nachweise abzeichnet und nach außen als Ansprechpartner auftritt. Ist der Ausbilder Rechtsanwalt und Notar, kann die gesamte Praktikumszeit des ReNo in diesem Betrieb geleistet werden. Ansonsten ist der „ReNo“ verpflichtet, ein dreimonatiges Praktikum in einem Notariat zu leisten. Die Ausbildungsverordnung (ReNoPatAusbV) regelt die Rechte und Pflichten im Einzelnen. Ein Rechtsanwaltsfachangestellter (ReFa) wird ausschließlich in einer Rechtsanwaltskanzlei ausgebildet. Die Schulen erstellen einen Ausbildungsplan, der von der Rechtsanwaltskammer zertifiziert wird.

Für junge Rechtsanwälte bietet ein Umschüler eine kostengünstige Unterstützung.

Freitagmorgen, 7.30 Uhr. Umschüler Tino Biele ruft auf meinem Handy an. Er hat eine Frage zum RVG. Außerdem hat er entdeckt, dass ich in einer Akte zwei Mandantenanliegen verfolge, die gesondert abgerechnet werden sollten. Das freut mich natürlich sehr und ich gebe Bescheid, dass es reicht, wenn er um 8 Uhr im Büro wäre. Mein Umschüler ist schon vor mir im Büro! Das ist nur einer von vielen möglichen Vorteilen eines Umschülers. Ich habe Glück: Herr Biele hat vorher in der Buchhaltung eines großen Energieversorgers gearbeitet und kennt sich mit Zahlen bestens aus. Seine Arbeitskraft ist kostenlos, aber natürlich nicht umsonst … Normalerweise erhält ein Auszubildender eine Vergütung, was hier jedoch entfällt. Tino Biele hat über das Arbeitsamt eine Umschulung zum Rechtsan walts- und Notarfachangestellten (ReNo) bewilligt bekommen. Das Arbeitsamt zahlt Arbeitslosengeld und der Rechtsanwalt stellt den Praktikumsplatz kostenlos zur Verfügung. Wer drei Jahre eine Ausbildung erhält, ist zwei Tage in der Berufsschule und drei Tage pro Woche im Betrieb. Bei einer zweijährigen Umschulung findet die Ausbildung drei Tage pro Woche in der Schule statt und der Umschüler ist nur zwei Tage im Praktikumsbetrieb. Die Umschüler bewerben sich in der Regel selbst bei den Kanzleien, aber natürlich kann auch der Rechtsanwalt seinerseits an eine ausbildende Schule herantreten.

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Foto: Rainer Sturm_pixelio.de

Die meisten Schulen halten auch einen Pool an Rechtsanwälten vor, die ausbilden. Auch so können Rechtsanwalt und Umschüler zueinander finden. Der Umschüler bringt seinen Praktikumsvertrag mit, der – mit Stempel und Unterschrift des Rechtsanwaltes versehen – an die auszubildende Schule gereicht wird. Für einen Auszubildenden wird ein Berufsausbildungsvertrag benötigt. Dieses Formular ist zum Beispiel auf der Webseite der Rechtsanwaltskammer Berlin (www.rak-berlin.de) im Bereich Aus- und Fortbildung ReNo unter „Formulare“ zu finden. Hier können online alle Rechtsanwaltskammern als Adressaten ausgewählt werden. Das Formular wird an die entsprechende Rechtsanwaltskammer des ausbildenden Rechtsanwaltes versendet und dort im Verzeichnis eingetragen. Auszubildende vom JobCenter/Arbeitsamt bringen einen Bildungsgutschein mit, auf den im Rahmen der Vergütung verwiesen wird. Daher ist dieser Bildungsgutschein unbedingt zusammen mit dem Ausbildungsvertrag bei der Kammer einzureichen. Bei Umschülern wird der Bildungsgutschein üblicherweise in der Schule abgegeben und von dieser verrechnet. Der Umschüler ist zur Anwesenheit laut Stundenplan verpflichtet und muss einen Anwesenheitsnachweis führen, der vom Rechtsanwalt abgezeichnet wird. Ausbilder kann jeder sein, der zwei Staatsexamina nachweisen kann. In Sozietäten muss ein Rechtsanwalt als Ausbilder bestimmt

Der Rechtsanwalt hat die Büropraxis und -organisation sowie die Aufgaben und den Aufbau der Rechtspflege im Allgemeinen zu vermitteln. Fallbezogene Rechtsanwendungen im bürgerlichen Recht sowie Grundzüge des Wirtschafts- und So zialrechts, Rechnungswesen, EDV- und Bürowirtschaft, Verfahrens- und Vollstreckungsrecht sowie Kosten- und Gebührenrecht soll der Umschüler in der Kanzlei lernen. Nach der Hälfte der Umschulungszeit wird die Zwischenprüfung abgelegt, bei der Anwesenheitspflicht besteht. Diese Note ist für den Abschluss völlig irrelevant und gilt zur Selbstkontrolle. Wer nicht an der Zwischenprüfung teilnimmt, wird jedoch nicht zur Abschlussprüfung zugelassen. Da Herr Biele im Kostenrecht sehr fit ist, erstellt er in meiner Kanzlei auch die Rechnungen und führt die Korrespondenz mit den Rechtsschutzversicherungen. Inzwischen ist Herr Biele so in die Prozesse der Kanzlei eingebunden, dass ich ihn als halbe Arbeitskraft – aufgrund seiner Anwesenheit von nur zwei Tagen in der Woche – betrachte. Der Aufwand für die Einarbeitungszeit hat sich bei mir gelohnt. Durch Hinterfragen und Erklären von Abläufen für meinen Umschüler habe ich eine Art Controlling, die ich zur Optimierung von Abläufen nutzen kann. Für junge Rechtsanwälte bietet ein Umschüler z. B. in der Neugründungsphase eine kostengünstige Unterstützung. Wächst die Kanzlei, ist schon der Kontakt geknüpft, um jemanden mit erfolgversprechenden Talenten zu behalten. Ist der Umschüler schon zwei Jahre in der Kanzlei in die Arbeitsabläufe eingebunden, entfällt bei Übernahme in das Angestelltenverhältnis eine zeitintensive Einarbeitungsphase. Diese Win-Win-Situation ist optimal. RA Volker Loeschner, Berlin

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NEWS Zusammengestellt von RA Patrick Ruppert

Prominente Rechtsanwälte inhaftiert Die Regierung von Burundi hat in der Hauptstadt Bujumbura zwei regimekritische Rechtsanwälte festnehmen und inhaftieren lassen. Am 15. Juli wurde die Rechtsanwältin Suzanne Bukuru wegen des Verdachts der Komplizenschaft zur Spionage ergriffen, nachdem sie fünf mutmaßliche, junge Opfer einer Vergewaltigung durch einen in Burundi lebenden Franzosen vor Verfahrensabschluss mit französischen Journalisten sprechen ließ, so Amnesty International. Daraufhin begab sich die Anwaltschaft in einen unbefristeten Ausstand, um die Freilassung ihrer Kollegin zu erreichen. Nachdem der Vorsitzende der nationalen Rechtsanwaltskammer, Isidore Rufikiri, auf einer Streikkundgebung am 27. Juli sprach, wurde er ebenfalls von Sicherheitskräften gefasst und in Haft gesetzt. In Burundi, so monieren internationale Organisationen wie Human Rights Watch, ist die Unabhängigkeit der Rechtspflege, im besonderen die Arbeit der Rechtsanwälte, nicht gewährleistet. Behinderungen, Einschüchterungen und auch Folter von Juristen gehören zur Tagesordnung.

verfahren, in denen er als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, 55 Leitz-Ordner im einen und 65 im anderen Verfahren durchzuarbeiten. Hinzu kamen etliche Termine wie Haftprüfungstermine, im Ergebnis mehrere hundert Arbeitsstunden. Angemessene Vorschüsse auf die anwaltliche Vergütung wurden mit der obigen Begründung stets zurückgewiesen. Die Verfassungsrichter sahen in dieser Praxis jedoch einen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Demnach hat der durch hoheitlichen Akt hinzugezogene Rechtsanwalt Anspruch auf einen Vorschuss, gerade, wenn die Existenzgefährdung allein durch seine Arbeitsbelastung als Pflichtverteidiger verur sacht werde.

Betrugswarnung aus der Bloggosphäre

Sofern eine im Termin persönlich geladene Partei, der PKH bewilligt wurde, Reisekosten vom Gericht nicht erstattet bekommt, kann sie diese bei der unterlegenen Gegenseite nach §§ 103 ff. ZPO im Wege der Festsetzung einfordern. Das entschied das Landesarbeitsgericht Nürnberg mit Beschluss vom 14.1.201, Az. 4 Ta 145/10. Die Rechtsprechung ist jedoch uneinheitlich, was die Zuerkennung von Reisekosten im PKH-Prozess anbelangt. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vertritt die Auffassung, dass persönlich geladene Parteien im PKHProzess Reisekosten aus der Staatskasse ersetzt bekommen müssen (Beschluss vom 22.3.2007, Az. 2 Ta 124/07).

Die Hamburger Strafverteidigerin Alexandra Braun sieht ihren Namen gegenwärtig in einer Gewinnspielbetrügerei missbraucht. In ihrem Internetblog weist die Juristin darauf hin, dass sie inzwischen zahlreiche Anrufe von Privatpersonen erhalten hätte, die bei einem Gewinnspiel gewonnen haben sollen. Diese Anrufer seien zuvor von einer „Frau Schmidt“ telefonisch kontaktiert worden. Diese hätte sich als Mitarbeiterin ihrer Kanzlei ausgegeben und behauptet, die Kanzlei Braun sei für die Gewinnabwicklung verantwortlich. Da es sich um einen Gewinn von 48.000 Euro handele, fielen 250 Euro als Anwalts- und Notarkosten an, die mittels einer sogenannten Ukash-Karte auszugleichen wären, so die dubiose Anruferin „Frau Schmidt“. Diese Karten gäbe es an den Tankstellen, und der auf der Karte abgedruckte Code solle beim erneuten Anruf mitgeteilt werden. Rechtsanwältin Braun rät mit Nachdruck, nicht auf diese Masche hereinzufallen. Sie erklärt zudem, dass sie nichts damit zu tun habe und dass ihr Name von einer Betrügerbande illegal genutzt würde.

Existenzgefährdung des Pflichtverteidigers

Ehemaliger BVB-Präsident unterlegen

Pflichtverteidiger müssen in aufwendigen Verfahren nicht um ihre wirtschaftliche Existenz bangen. Das Bundesverfassungsgericht wandte sich mit Beschluss vom 1.6.2011, Az. 1 BVR 3171/10 gegen die Ansicht, der Pflichtverteidiger müsse sich ausschließlich aus eigenen Anstrengungen gegen eine wirtschaftliche Schieflage stemmen, sollte er durch ein Pflichtmandat zeitlich über Gebühr belastet sein. Der involvierte Rechtsanwalt hatte in zwei Straf-

Der ehemalige BVB-Präsident Dr. Gerd Niebaum musste wegen finanzieller Schwierigkeiten zunächst sein Notariat aufgeben. Dann entzog ihm die Rechtsanwaltskammer Hamm wegen Vermögensverfalls seine Rechtsanwaltszulassung. Schließlich verlor er am 28.6.2011 vor dem OLG Hamm einen Miet rechtsstreit über Nachforderungen in Höhe von etwa 760.000 Euro. Der 7. Senat urteilte, dass die von Niebaum und seiner Rechtsanwaltsgesellschaft

Reisekosten im PKH-Prozess erstattungsfähig

ausgesprochene fristlose Kündigung des gewerblichen Mietvertrags unwirksam war. Niebaum hatte diese auf einen vermeintlich missachteten Konkurrenzschutz durch den Vermieter gestützt. Nach Urteilsverkündung steht zudem fest, dass auch eine ordentliche Kündigung nicht zulässig war, da Niebaum in einem zehnjährigen Zeitmietverhältnis vertraglich gebunden ist. (OLG Hamm Urteil vom 28.06.2011, Az. I-7 U 54/10)

155.679 zugelassene Rechtsanwälte Zum Jahresbeginn waren 155.679 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Bundesrepublik zugelassen, so die Jahresstatistik der Bundesrechtsanwaltskammer. Das sind 2.428 Zulassungen mehr als im Vorjahr (Plus von 1,58 Prozent). Allerdings hat sich der Anstieg verlangsamt. 2009 hatte das Wachstum noch 1,91 Prozent betragen. Der mitgliederstärkste Kammerbezirk ist der in München mit 19.492 Berufsträgern, gefolgt von Frankfurt mit 17.352 Mitgliedern und Hamm mit 13.573 Rechtsanwälten. Der weibliche Anteil im Bundesgebiet liegt derweil bei rund einem Drittel (49.872 Rechtsanwältinnen = 32,04 Prozent). Auch nahm die Zahl der verliehenen Fachanwaltstitel weiter zu. Beliebteste Fachanwaltschaft war die des Arbeitsrechts (8.701), dann die des Familienrechts (8.397), schließlich die Fachanwaltschaften Verkehrsrecht (2.744) und Miet- und Wohnungseigentumsrecht (2.441). Erwähnenswert ist auch die Fachanwaltschaft Bau- und Architektenrecht mit aktuell 2.163 Kolleginnen und Kollegen.

> Gebt uns Eure News! Teilt uns mit, wenn Ihr etwas Neues aus der Jurawelt erfahrt.

Richtigstellung Die Autorin des Romans „Himmel auf Rührei“, das wir in unserer letzten Ausgabe vorgestellt haben, heißt Birte Meyer. Ihr im Eigenverlag erschienener Roman ist erhältlich unter www.himmel-auf-rührei.de

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Euer FORUM

GfA-intern Wer macht hier was?

Neben einer Reihe von anderen interessanten Veranstaltungen hat auf dem letzten DAT in Strasbourg auch die Mitgliederversammlung des FORUM Junge Anwaltschaft stattgefunden. Zur Wahl standen insgesamt sieben Kandidatinnen und Kandidaten, von denen sechs nun, zusammen mit zwei vom DAV entsandten Mitgliedern, den neuen Geschäftsführenden Ausschuss des FORUM Junge Anwaltschaft bilden. Soweit die bekannten Fakten. Was aber nun eigentlich Aufgabe dieses Geschäftsführenden Ausschusses ist und wie diese Aufgabe umgesetzt wird, wissen aber nur wenige der knapp 6.000 Mitglieder der mittlerweile drittgrößten Ar beitsgemeinschaft des DAV. Höchste Zeit also, an dieser Stelle Aufklärungsarbeit in Sachen „Wer macht was im Geschäftsführenden Ausschuss?“ zu leisten. Zunächst einmal gibt es das Amt der Vorsitzenden, das seit 2007 Silke Waterschek bekleidet. Als Vorsitzende nimmt Silke an den Sitzungen des Vorstandes des DAV teil und pflegt dabei die Kontakte des FORUMs zu den übrigen Teilen des DAV. Neben dieser Gremienarbeit ist auch die allgemeine Presseund Öffentlichkeitsarbeit sehr entscheidend, um auch Nicht-Anwälte auf die besondere Situation der anwaltlichen Berufsanfänger aufmerksam zu machen. Außerdem behält Silke im Auge, in welchem Regionalbezirk eine Gremienwahl ansteht und steht den örtlichen Kandidaten bei ihrer Kandidatur hilfreich zur Seite. Silke ist neben der Arbeit für das FORUM auch Mitglied des Ausschusses „anwaltliche Berufsethik“ des DAV. Selbst die Vorsitzende des FORUM macht mal Urlaub und braucht daher eine Stellvertreterin. Das ist Linda Schwarzer. Linda ist vielen eingefleischten FORUMs-Mitgliedern bereits als Betreuerin der Regionalgruppen bekannt. In dieser Funktion ernennt Linda neue Regionalbeauftragte und steht diesen dann bei vor Ort auftretenden Problemen mit Rat und Tat zur Seite. Da sich das FORUM nicht nur

national, sondern auch international engagiert, betraut Linda neben den Regionalbeauftragten auch die Länderbeauftragten. Derzeit sucht Linda dabei verstärkt nach engagierten FORUMs-Mitgliedern, die als Länderbeauftragte für die noch nicht besetzten Nationen fungieren möchten. Wer sich also angesprochen fühlt, möge sich bei ihr melden. Schließlich ist Linda, weil es so gut dazu passt, auch für den ge samten Bereich „Internationales“ zuständig. In dieser Funktion hält sie Kontakt zu ausländischen Anwaltsorganisationen und behält die Situation der jungen Kollegen in anderen Ländern im Blick.

zu tragen, kooperiert das FORUM mit einer Reihe von Unternehmen, die aus diesem Grund besondere Leistungen für Junganwälte anbieten. Bereits laufende und geplante Kooperationen werden koordiniert von Helge Heiner. Damit sich Helge ein realistisches Bild über den Erfolg dieser Kooperationen machen kann, ist er auf die Rückmeldungen der Mitglieder angewiesen, die er dankbar entgegennimmt. Helge stimmt außerdem die Werbemaßnahmen des FORUM ab, bei ihm können z. B. Plakate und andere Werbemittel des FORUM für entsprechende Veranstaltungen bestellt werden.

Frank Röthemeyer ist der Vorsitzende des erst im vergangenen Jahr eingerichteten Berufsrechtsausschusses des FORUM. In dieser Funktion kümmert er sich um die berufsrechtlichen Belange der jungen Anwälte, die von den Interessen der älteren Kollegen mitunter erheblich abweichen können. Das erste Thema, mit dem sich dieser Ausschuss befasst hat, war das Thema „Reform der Fachanwaltschaften“. Derzeit steht die sozialversicherungsrechtliche Problematik der Syndikusanwälte auf dem Programm. Frank koordiniert auch, und das hat – wenn überhaupt – nur am Rande berufsrechtlichen Charakter, die Zusammenarbeit mit den übrigen Arbeitsgemeinschaften des DAV. Für fast jede dieser Arbeitsgemeinschaften gibt es einen Ansprechpartner im FORUM, der bei aufkommenden Fragen den Kontakt zum Geschäftsführenden Ausschuss der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft herstellen kann, und der dort als Verbindungsmitglied auch die Interessen der Junganwälte vertritt. Dass es zukünftig für jede der im DAV vertretenen Arbeitsgemeinschaften ein solches Verbindungsmitglied gibt, ist Franks Anliegen. Wer sich also für diese Aufgabe berufen fühlt, kann sich vertrauensvoll an ihn wenden.

Veranstaltungen sind wichtig zur Aus- und Weiterbildung und zur Netzwerkpflege. Das FORUM ist daher an den regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen des „Forum Start in den Anwaltsberuf“ und „Forum +3“ beteiligt. Für das Jahr 2012 ist ferner ein Junganwaltstag geplant, bei dem die angebotenen Vorträge speziell auf die Bedürfnisse der jungen Kollegen abgestimmt sein werden. Vorschläge für Referatsthemen und Referenten werden gerne von Astrid Ackermann entgegengenommen, die im Geschäftsführenden Ausschuss für die Organisation der unter Beteiligung des FORUM stattfindenden Veranstaltungen verantwortlich ist. Astrid kümmert sich außerdem um die Homepage des FORUM, die im kommenden Jahr einen Relaunch erfahren wird, und fungiert als Verbindungsmitglied zur Redaktion der Mitgliederzeitschrift „AdVoice“.

Kooperationen sind dem FORUM generell sehr wichtig. Gemeint sind damit nicht nur die Vernetzung der FORUMs-Mitglieder untereinander und die Zusammenarbeit mit dem DAV. Um den besonderen Belangen der anwaltlichen Berufsanfänger Rechnung

Termine 28./29.10.2011 Start in den Anwaltsberuf + 3, Darmstadt Anmeldung unter: www.davforum.de/forumplus3-anmeldung/ 11.11. 2011 Start in den Anwaltsberuf, Gelsenkirchen Anmeldung unter: www.davforum.de/berufseinsteigerforum

Alle diese Aktivitäten setzen voraus, dass die Kasse stimmt. Hierüber wacht Dr. Christoph Triltsch. Da der DAV in jedem Bundesland mit einem Landesverband vertreten ist, ist Christoph außerdem zuständig für die Auswahl und Betreuung der Verbindungsmitglieder des FORUM zu den einzelnen Landesverbänden. Vervollständigt wird der Geschäftsführende Ausschuss des FORUM von Rita Schulz-Hillenbrand, die dem Vorstand des DAV bis Juni 2011 angehörte, und dem DAV-Geschäftsführer Manfred Aranowski. Jedes dieser Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses freut sich sehr darauf, in den kommenden zwei Jahren die Interessen der Mitglieder des FORUM, also EURE Interessen, vertreten zu dürfen. Wir haben uns viel vorgenommen und hoffen bei der Durchführung unserer Pläne auf Eure tatkräftige Unterstützung. RAin Astrid Ackermann, Frankfurt/M.

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Euer FORUM

Wer ist Wer im GfA?

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Rita Schulz-Hillenbrandt Liebe Kollegen/innen, ich bin seit Oktober 1992 in Würzburg als Rechtsanwältin zugelassen. Von 1995 bis 2004 war ich Vorsitzende des Würzburger AV, von 1999 bis Mai 2011 gehörte ich dem Vorstand des DAV an. Mein Arbeitsschwerpunkt liegt im Medizinrecht. Ich bin mit großer Freude seit 2003 Mitglied des GFA des FJA und glücklich, meine Erfahrungen an Euch weiter geben zu können. Eure Bedürfnisse nicht aus den Augen zu verlieren, ist und bleibt ein wichtiges Anliegen meiner Tätigkeit.

Manfred Aranowski Manfred Aranowski ist Geschäftsführer des DAV und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses (GfA). Geboren 1975 in Berlin, Rechtsanwalt seit 2004. Nach Tätigkeit für ein juristisches Repetitorium und eine Berliner Kanzlei seit 2006 Geschäftsführer des DAV und selbständiger Anwalt. Im DAV u. a. zuständig für das Forum Junge Anwaltschaft als Bindeglied zum Gesamtverband, Unterstützung des GfA und Ansprechpartner für Organisations- und Verwaltungsfragen.

Frank Röthemeyer Frank Röthemeyer ist seit 2004 Rechtsanwalt in allgemein ausgerichteter Kanzlei in Balingen, seit einigen Jahren RB im kleinen Landgerichtsbezirk Hechingen, Vorsitzender des Berufsrechtsausschusses des FORUMs. Im GfA ist er zuständig für Berufsrecht und Berufspolitik sowie unterstützend in den anderen Ressorts. Berufsrechtliche Themen wie z. B. die Fortbildungspflicht, die Rechtsstellung angestellter und selbständiger Anwälte, die Veränderungen der Juristenausbildung und auch die Fachanwaltschaften sind gerade für junge Anwälte für die zukünftige Berufsausübung sehr wichtig.

Astrid Ackermann Rechtsanwältin Astrid Ackermann, LL.M. ist Inhaberin der Kanzlei für Medien- und IT-Recht in Frankfurt am Main, wo sie derzeit einen Schwerpunkt im IT-Strafrecht ausbaut. Die Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk Frankfurt freut sich sehr über die Möglichkeit, nun auch bundesweit die Belange der Junganwälte vertreten zu dürfen. Im Geschäftsführenden Ausschuss ist sie zuständig für das Ressort „Fortbildungen und Seminare“ und die Homepage. Sie hält zudem den Kontakt zur Redaktion der „AdVoice“.

Dr. Christoph Triltsch Dr. Christoph Triltsch ist seit Anfang 2006 als selbständiger Rechtsanwalt zunächst in Kiel und seit Mitte 2009 in Lübeck tätig. Seit 2008 ist er Regionalbeauftragter des FORUMs für den Landgerichtsbezirk Kiel. Im neuen Geschäftsführenden Ausschuss wird er insbesondere für die Kasse zuständig sein und sich wie bisher auch im Ausschuss Berufsrecht des FORUM Junge Anwaltschaft engagieren.

Linda Schwarzer Ich bin Linda Schwarzer, 36 Jahre alt, in der dritten Amtsperiode im Geschäftsführenden Ausschuss des FORUM Junge Anwaltschaft und Silkes Waterscheks Stellvertretung. Zuständig bin ich in erster Linie für die Betreuung der Regionalbeauftragten des FORUMs. Wir haben derzeit 114 Bezirke, die es zu vernetzen (und manchmal eben zu besetzen) gilt. Ferner obliegt mir auch die Betreuung der Länderbeauftragten, ich bin die Ansprechpartnerin für Internationales und für die Satzungsversammlung im GFA.



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GfA-Köpfe

Der Geschäftsführende Ausschuss des FORUMs Junge Anwaltschaft wird jeweils für zwei Jahre gewählt. Kandidieren kann jeder, der Mitglied im FORUM Junge Anwaltschaft ist.

Helge R. Heiner Helge R. Heiner ist seit 2006 selbständiger Anwalt in einer zivilrechtlich ausgerichteten Kanzlei (Partnerschaftsgesellschaft) in Oldenburg. Er ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und sammelt noch die Fälle für den Fachanwalt Bank- & Kapitalmarktrecht. Er ist seit Mai 2009 Mitglied des GfA im FORUM Junge Anwaltschaft. Dort ist er seit diesem Jahr für die Bereiche Kooperationen und Werbemittel zuständig. Darüber hinaus ist er RB für den LG-Bezirk Oldenburg und Beiratsmitglied der AG „Junge Insolvenzrechtler“ in der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung.

Silke Waterschek Als Vorsitzende des FORUMs Junge Anwaltschaft bin ich als „letzte Instanz“ fast allzuständig. In den Vorstandssitzungen des DAV bin ich an vorderster Front aktiv, wenn es um die Belange junger Anwälte geht. Im FORUM bearbeite ich ansonsten noch die Bereiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, sowie die Koordination und Vorbereitung von Wahlen in diverse Gremien. Dabei ist mir sehr wichtig, überall begreiflich zu machen, dass der eigene Nachwuchs nicht nur Förderung verdient, sondern auch frühzeitig einbezogen werden muss. Neben meinen Aufgaben im FORUM bin ich als Mitglied der Vertreterversammlung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg auch dort aktiv und ich arbeite darüber hinaus im Ausschuss „anwaltliche Berufsethik“ des DAV mit.

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Anwalt der Anwälte

Als junges Magazin und Mitgliederzeitschrift des FORUM Junge Anwaltschaft greift die „AdVoice“ in Aufsätzen, Erfahrungsberichten und Interviews alle Fragen rund um das Anwaltsleben auf. Vor allem junge Anwälte, an die sich die Advoice speziell richtet, finden hier viele nützliche Tipps für ihren Start ins Berufsleben und den Anwaltsalltag. Als Magazin, das sich als Stimme eines starken und aktiven Netzwerkes versteht, bedarf es des Dialoges und Austausches mit der Leserschaft. Der ständige Dialog mit der Zielgruppe macht die Zeitschrift zu einer lebhaften, aktuellen und kompetenten Informationsquelle für all diejenigen, die beim Einstieg in den Anwaltsberuf auf dem Laufenden sein wollen und Wert auf ehrliche Informationen aus erster Hand legen.

AdVoice die Stimme junger Anwälte Das Magazin zum Mitmachen und selber schreiben

DARUM: Macht mit und gestaltet aktiv an der AdVoice mit! Schreibt an die Redaktion, welche Themen euch unter den Nägeln brennen, was für Erfahrungen im eignen Berufsalltag ihr gemacht habt oder erzählt eure Gründergeschichte! Die AdVoice-Redaktion könnt ihr unter folgenden E-Mail-Adresse erreichen:

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AdVoice-Struktur Schwerpunkt: Die AdVoice erscheint vierteljährlich. Pro Heft fokussiert die Redaktion mit zirka 20seitigen Schwerpunkten wie Internet, Marketing, Versicherungen, Mobilität, Fachanwälte, Büro oder Finanzen wichtige Themen aus dem Anwaltsalltag. Magazin: Im Magazinteil sind bunte und spannende Reportagen zu allen Themen rund um die Juristerei zu finden sowie nützliche Rubriken wie die Haftungsbeschränkung, Gründerberichte junger Kollegen, Steuertipps und vieles mehr. Euer FORUM: Unter der Rubrik Euer FORUM findet ihr alle aktuellen Informationen und Termine aus dem Verband sowie Berichte, wie das FORUM Junge Anwaltschaft vor Ort aktiv ist.

FORUM Junge Anwaltschaft

w w w. d a v f o r u m . d e

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Mitmachen und Wörter zählen AdVoice-Autoren und Redaktion

Wir freuen uns, wenn Ihr mitmacht und als Autoren mit lebendigen und spannenden Beiträgen die AdVoice bereichert. Für die Zusammenarbeit mit der Redaktion gibt es hier einige Hinweise. Die Inhalte, der Umfang und die Abgabetermine müssen mit der Redaktion abgestimmt werden. Dafür steht Euch jeder der Redakteure zur Verfü gung. Das funktioniert gut per E-Mail. Welchen inhaltlichen Schwerpunkt das jeweils nächste Heft hat, findet Ihr immer im Impressum auf der letzten Seite. Einen Pool an Themen findet die Redaktion in ihren Konferenzen, Ihr könnt das Spektrum aber mit eigenen Ideen gern erweitern oder Euch eines Themas annehmen und dazu schreiben. Im Magazinteil findet sich Raum für alles, was den jungen Anwalt bewegt oder bewegen sollte. Die Angaben zum Umfang eures Beitrags wird in Zeichen angegeben. Das gilt immer inklusive der Leerzeichen (im Word über Extras – Wörter zählen).

Autorenverzeichnis: Auf einer eigenen Seite des Heftes werden alle Autoren vorgestellt. Deshalb brauchen wir zu jedem Text ein Portraitfoto des Autors sowie zwei bis drei kurze Sätze zur Person (310 Zeichen), wenn gewünscht, unter Angabe von eigener Website oder Mailadresse. Redaktionelle Bearbeitung von Texten: Wir behalten uns vor, die Texte zu bearbeiten. Das heißt, zu redigieren, zu kürzen, in Teilen zu veröffentlichen, Überschriften, Zwischenzeilen zu ergänzen bzw. zu verändern. Nicht immer ist es zeitlich möglich, darüber Rücksprache zu halten. Wer unbedingt einen unveränderten Text gedruckt sehen will, teilt das vorher bitte ganz unmissverständlich mit. Vergütung: Texte und Fotos werden grundsätzlich nicht vergütet. Wir verwenden die Texte für die AdVoice-Printausgabe und die Website des FORUMs. Sobald wir für die Texte Geld zahlen, erwerben wir



Magazin

die ausschließlichen, zeitlich und örtlich und sachlich unbeschränkten Nutzungsrechte. Texte schicken: Vorschläge bzw. fertige Texte und Fotos könnt Ihr an redaktion@davforum oder an denjenigen Redakteur schicken, mit dem Ihr Eure Absprachen getroffen habt. Fotos: Neben guter fotografischer Qualität müssen die Bilder eine hohe Auflösung haben. Das lässt sich teilweise anhand der Dateigröße ablesen, die nicht unter 700 KB, besser über 1 MB liegen sollte. Beim Fotografieren nicht vergessen: Die abgebildeten Personen um Erlaubnis fragen, Vorund Zunamen notieren und auf die geplante Veröffentlichung in der AdVoice hinweisen. Bei der Kamera die größte Bildgröße einstellen, in aller Regel L. Wenn Ihr die Bilder schickt, bitte immer mit Namen des Fotografen, Ort und der Info wer abgebildet ist.

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Euer FORUM

Volksnah und dickfellig FORUMs-Mann Oliver Allesch ist jetzt Vorsitzender des Essener Anwaltsvereins

Nah dran, statt nur dabei. So könnte ein wichtiger Wesenszug von Oliver Allesch lauten. Der seit 2006 tätige Rechtsanwalt aus Essen ist Regionalbeauftragter im Forum Junge Anwaltschaft und seit Juli 2011 Vorsitzender des Anwaltsvereins Essen. Der gebürtige Sauerländer, der aber mittlerweile fest verwurzelt ist mit dem Revier, liebt seinen Job. Allesch hat sich das nötige dicke Fell zugelegt, um sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen. Schalke hat in der Europaleague Helsinki deutlich geschlagen. Allesch fieberte 90 Minuten lang mit und ist hellauf begeistert vom Abschneiden der Königsblauen. Er jubelt! Schließlich hatten die Kicker seines Lieblingsvereins, bei dem er Mitglied ist, einen äußerst mäßigen Saisonstart. Empathie ist seine Stärke. Das fühlen, was seine Mandanten fühlen. Der auf Sozial-, Familien- und Verkehrsrecht spezialisierte Allesch präsentiert sich bescheiden und überzeugend volksnah. Distanzierte Kühle, Markenzeichen großer Lawfirms, ist nicht seins. Wichtig sei es, so Allesch, „den Mandanten zuzu hören“, sicher auch ein Geheimnis seines jungen Karriereerfolges. Ein Blick in seine Vita offenbart einen vielseitig interessierten Menschen. Nach dem Abitur leistete Allesch als Fernmelder seinen Wehrdienst bei der Marine ab und wurde als Hauptgefreiter entlassen. Jura studierte er in Bonn und assistierte im Referendariat als Korrekturassistent im Strafrecht unter Prof. Puppe. 17 Jahre lang war er im Vorstand der Jungen Union, später Kreisvorstand der CDU, die er jedoch verließ. Er ist Gründungsmitglied von Hope Hunter e. V., einer Tierschutzorganisation. Nebenbei pfiff er als Schiri

Fußballspiele und spielt, wenn ihm die Zeit noch bleibt, als Flötist im Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Bigge Olsberg im Sauerland, seinem Geburtsort. Er sagt von sich selbst, er sei konservativ. Klare Regeln, ein gepflegter Auftritt bei Mandanten im Anzug und Höflichkeit seien notwendig, um als Anwalt ein glaubwürdiges Bild abzugeben. Im Gespräch mit AdVoice beschreibt er, der die Insel Baltrum zu seinem Wahlurlaubsort auserkoren hat, was ihn am Beruf des Rechtsanwalts fasziniert und welche Herausforderungen er vor sich sieht. A: Wie wird man in noch recht jungen Jahren Vorsitzender des örtlichen Anwaltsvereins? OA: Ganz klassisch, durch eine ganz normale Wahl. In Essen wa die Besonderheit, dass bis auf die jährliche Mitgliederversammlung kaum etwas gelaufen ist – und das trotz eines Jahresbeitrags von immerhin 240 Euro. Wir sind mit einem sehr jungen Team von vier Anwälten zur Versammlung gegangen, haben unser Konzept von einer Neuausrichtung des Anwaltsvereins vorgeschlagen und uns für alle wichtigen Posten nominieren lassen. Im Ergebnis hat es dann mit der Wahl von uns geklappt. A: Ist es erforderlich, ein Machtmensch zu sein, um in eine solche Führungsrolle zu gelangen? OA: Machtmensch ist das falsche Wort. Man muss zumindest ein gewisses Maß an Kenntnis von Mechanismen in einem Verein haben. Meine Wahl hat auch damit zu tun, dass ich seit Beginn meiner Anwaltskarriere 2006 immer auf die Mitgliederversammlungen gegangen bin und mich dort regel-

Oliver Allesch ist Schalke-Fan, Tierschützer, Ex-CDU-Mitglied und Flötist im Spielmannszug.

Foto: privat

mäßig zu Wort gemeldet habe, wenn mir etwas nicht gepasst hat. Man benötigt auch ein dickes Fell. Aber wir Berufsstreiter sollten das ohnehin besitzen. A: Das Beste am Anwaltsberuf? OA: Zum einen, dass der Beruf sehr vielschichtig ist. Zum anderen ist es das Verhandeln vor Gericht, die Interessen des Mandanten zu vertreten, zu beraten und vor allen Dingen das Spiel zu gewinnen. Auf der anderen Seite sitzt ja auch ein Kollege, und ich sehe das sehr sportlich. Mir macht es wahnsinnig Spaß, um das Recht zu streiten. A: Und die weniger schönen Seiten? OA: Was mich bisweilen nervt, das sind ungeduldige Mandanten und überzogene Telefonnotizen. Ich mag außerdem nicht die Schnelllebigkeit durch E-Mail und Internet, und dass man für alle Fragen sofort da sein muss. A: Brauchen wir Rechtsanwälte Statussymbole, um glaubwürdig zu sein? OA: Ich glaube, es kommt auf die Rechtsgebiete an. Im Sozial- und Familienrecht ist das sicher nicht ganz so wichtig. Wichtiger ist, dass man einfühlsam ist. Die Mandanten müssen merken, dass man sich für sie einsetzt. Generell wird mit Anwälten vielfach ein falsches Klischee verknüpft. Ich finde Statussymbole nicht so wichtig, ich selbst fahre einen Scirocco. A: Muss sich die Anwaltschaft verändern? OA: Die Anwaltschaft hat sich bereits in den letzten sechs Jahren, in denen ich tätig bin, verändert, vor allen Dingen durch die Spezialisierung. Die ist sicherlich richtig. Die logische Konsequenz daraus ist, dass man sich entsprechend vernetzen muss. Wir müssen allerdings wieder zu mehr Kollegialität finden. Hierzu gehört auch, dass wir Rechtsrat nicht für zehn Euro im Internet verkaufen dürfen. A: Der Tipp für junge Berufsanfänger? OA: Wer vorhat, selbständiger Rechtsanwalt zu werden, der sollte die Referendarszeit gut nutzen, um in einer Kanzlei die erforderlichen Erfahrungen zu sammeln. Wer es während des Referendariats nicht geschafft hat, der sollte sich vor dem Start einer Bürogemeinschaft anschließen oder bei einem älteren Kollegen für eine Art Praktikum anheuern, damit man einfache Dinge wie die Zwangsvollstreckung, Mahn- und Rechnungswesen wenigstens einmal gesehen hat. Das Gespräch führte RA Patrick Ruppert, Köln

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Euer FORUM

Haftungsfallen auf dem Berliner Stammtisch Thema: Steuerliche Fallstricke in der anwaltlichen Beratung

Unter diesem Titel hielt am 18. Juli Dr. Kai Fliegner einen Vortrag auf dem monatlichen Stammtisch des FORUMs in Berlin. Anhand von vier Beispielsfällen aus verschiedenen Rechtsgebieten wurde aufgezeigt, wo die Gefahren lauern, wenn Rechtsanwälte sich der steuerrechtlichen Konsequenzen ihres Handelns nicht bewusst sind. Dr. Kai Fliegner, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, ist seit neun Jahren als Rechtsanwalt zugelassen. Zu Beginn seiner juristischen Karriere arbeitete er bei der Deutschen Bahn, danach vier Jahre bei der Kanzlei RöverBrönner im Dezernat Haftungsrecht für freie Berufe. Seit dem 1. April diesen Jahres ist er als Syndikusanwalt bei der Francotyp-Postalia Holding AG tätig. Die Verantwortlichkeit des Rechtsanwaltes, bei seiner Beratung auch die steuerrechtlichen Konsequenzen im Blick zu haben, ergibt sich aus seiner Pflicht, die Interessen seines Mandanten allum-

fassend zu vertreten. Dies schließt die steuerlichen Interessen des Mandanten ein, zumal der Anwalt auch in steuerrechtlichen Fragen beraten darf. Wenn auch einer der aufgezeigten Fälle dem Dienstrecht entstammte, so ist das Problem doch häufig im Bereich des Gesellschaftsrechts anzutreffen. Insbesondere wenn es zu Umwandlungen von Gesellschaften kommt, ist Vorsicht geboten. Denn ein Steuerpflichtiger, der sein Einzelunternehmen in eine bar gegründete GmbH einbringt, muss die stillen Reserven und den übergehenden Geschäftswert als Veräußerungsgewinn versteuern. Stille Reserven werden laut BFH auch versteuert, wenn im Zuge einer Veräußerung von Betriebsgesellschaft und Besitzgesellschaft die personelle Verflechtung zwischen beiden entfällt, da es dann beim Besitzunternehmen zur Betriebsaufgabe kommt.

eine verdeckte Gewinnausschüttung an diesen dar, wenn nicht die GmbH gleich hohe Ersatzforderungen gegen den Hauptgesellschafter aktiviert. Im geschilderten Fall wurden die Verbindlichkeiten des Einzelunternehmens nach Umwandlung auf die neugegründete GmbH übertragen, deren Höhe sich auf 200.000 Euro belief. Daraus ergab sich kumuliert aus Körperschafts- und Gewerbesteuer der GmbH und Einkommenssteuer des Gesellschafters eine Gesamtsteuerlast in Höhe von 109.600 Euro. Fehlt dann die Liquidität im Unternehmen, kann das wirtschaftlich fatale Folgen haben, der Anwalt haftet für den Vermögensschaden in Höhe der Steuerforderung. Auch diesmal war es wieder eine tolle, gut besuchte und vor allem hoch interessante Veranstaltung. Friederike Lemme, Berlin

Ebenso stellt laut BFH die Übernahme von Bankschulden des Hauptgesellschafters einer GmbH

De Dealmaker almaker wanted! wanted!

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FORUM Junge Anwaltschaft im DAV

Das FORUM ist: Die Stimme der jungen Anwälte. Eine der größten Arbeitsgemeinschaften innerhalb des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Das FORUM bietet: Fortbildungen. Netzwerke. Lobby. Starthilfe. Antworten und Hilfe für den Berufsstart und die ersten Berufsjahre.

Eine Mitgliedschaft zahlt sich aus: Vorteile für alle Anwälte, Assessoren und Referendare bis 40 Jahre (Diese Vorteile bietet nur das FORUM Junge Anwaltschaft.)

Kostenlos: Anwaltsmagazin AdVoice Mit Schwerpunktthemen, Erfahrungsberichten Unterhaltsames und Wissenswertes aus der Anwaltschaft, Mitgliederinformationen und natürlich viel Service: Checklisten, Fachanwaltssteckbriefe, Steuerinfos, Tipps zur Haftungsvermeidung u. v. m.

Vertretung der Interessen der jungen Anwaltschaft in der Berufspolitik und der anwaltlichen Selbstverwaltung

Teilnahme an der Mailingliste, fachliche Unterstützung durch Kollegen, Antworten auf fast jede Frage des Anwaltsalltags, Terminvertretungen, Fällen von Kollegen

VORTEILE für alle, die (noch) nicht im DAV sind

günstige Konditionen für die Berufshaftpflichtversicherung Mit HDI-Gerling besteht ein Abkommen mit hohem Sparpotenzial exklusiv für FORUMsmitglieder Fortbildung: eigene Seminare und günstigere Konditionen bei anderen Anbietern z. B. Mitglieder-Rabatt teilweise bis zu 50 Prozent bei der Deutschen AnwaltsAkademie Netzwerk und Erfahrungsaustausch national Regelmäßige Stammtische in den allen LG-Bezirken. Kontakte zu örtlichen und überörtlichen jungen Kolleginnen und Kollegen. Regionalbeauftragte als Ansprechpartner, die Euch gern vor Ort weiterhelfen. Netzwerk international Länderbeauftragte als Ansprechpartner bei grenzüberschreitenden Rechtsproblemen. Kontakte zu internationalen Organisationen junger Anwälte und Mitgliedschaft in der European Young Lawyers Bar Association.

Vergünstigte Teilnahme bei Veranstaltungen, z. B. beim Deutschen Anwaltstag und Anwaltstagen der Länder

Kostenlos: 11x jährlich das Anwaltsblatt günstige Konditionen des DAV (http://anwaltverein.de/leistungen/rabatte) · Auto & Verkehr: z. B. Sonderboni beim Autokauf, vergünstigte Mietewagen · Hotels: Mitgliederrabatte des DAV in vielen Hotels · Fortbildung/Webdienste: z. B. juris DAV · Kommunikation: Rahmenabkommen für Mobilfunk-Rabatte · Versicherungen: z. B. bei der Krankenversicherung und Altersversorgung Rahmenabkommen für kostenlose Kreditkarten NJW-Abo-Ermäßigung um 22 Euro jährlich (Referendare erhalten vom Verlag weitere Ermäßigungen) VORAUSSETZUNGEN für eine Mitgliedschaft: Anwältin/Anwalt unter 40 Jahren, Referendare und Assessoren Jährlicher Mitgliedsbeitrag 50 Euro Ermäßigungen auf 25 Euro: 1. bei Eintritt ab Juli eines Jahres 2. für Mitglieder eines dem DAV angeschlossenen Anwaltvereins

Beitritt online: www.davforum.de/anmeldung

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Euer FORUM

Länderbeauftragte stellen sich vor

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Länderbeauftragter RA Andreas P. Albrecht, LL.M. für Island Was verbindet dich mit Island? Ein dreimonatiges Praktikum im Rahmen des Student Trainee Exchange Programme der European Law Students‘ Association (ELSA) brachte mich in Kontakt mit Island. Von Anfang an habe ich mich in Land und Leute verliebt. Der fachliche Austausch mit den isländischen Jurastudenten weckte mein Interesse für das isländische Recht. Damals stritten die Isländer um ein Gesetz zur Erhebung der Gesundheitsdaten der gesamten Bevölkerung und der Nutzung dieser Daten durch ein Privatunternehmen.

Foto: Anke_pixelio.de

Übersicht aller Länderbeauftragten unter: > www.davforum.de/laenderbeauftragte

Wie kannst Du bei Rechtsproblemen helfen? Isländer sprechen Englisch und viele auch Deutsch. Von der Verständigung in einer Sprache bis zum Lösen von rechtlichen Fragestellungen ist es aber ein weiter Weg. Mit meinen Kenntnissen und Erfahrungen möchte ich jedem ratsuchenden Kollegen oder Mandanten Fragen beantworten oder zumindest einen geeigneten isländischen Anwalt nennen. Die Förderung des gegenseitigen Verständnisses und der Zusammenarbeit hat die DeutschIsländische Juristenvereinigung zum Ziel, die sich in Gründung befindet. Bei Interesse bei mir melden. [email protected]

Was sollte ein Anwalt über Island wissen? Das isländische Parlament (Al_íngi) ist das älteste aktive Parlament der Welt. Es ist ein Einkammersystem. Das Al_íngi berät aktuell über den Entwurf einer neuen, modernisierten isländischen Verfassung. Die Judikative ist zweistufig ausgebildet. Island ist seit 1994 EWR-Mitglied und seit 2010 EU-Beitrittskandidat. In Islands Import- und Exportbilanz ist Deutschland jeweils unter den Top 3.

Regionalbeauftragte gesucht! Regionalbeauftragte gesucht! An alle FORUMskolleginnen und -kollegen in den LG-Bezirken



Amberg, Bad Kreuznach, Baden-Baden, Bückeburg, Coburg, Cottbus, Deggendorf/Passau, Memmingen, Mühlhausen, Stendal, Weiden & Zwickau!

In diesen Bezirken ist die interessante Position des Regionalbeauftragten nicht oder nur kommissarisch besetzt. Als engagierte FORUMs-Mitglieder könnt ihr diese Lücken schließen? / Der Regionalbeauftragte ist der Ansprechpartner des FORUM Junge Anwaltschaft vor Ort und organisiert in erster Linie den monatlichen Stammtisch zur Vernetzung der Mitglieder im eigenen Landgerichtsbezirk. Als RB bist Du auch die Schnittstelle zwischen dem Geschäftsführenden Ausschuss und den Mitgliedern vor Ort und stehst in Kontakt mit den anderen RBs im Bundesgebiet. Das FORUM lebt von der Vernetzung aller Mitglieder und der Regionalbeauftragte ist ein wichtiges Bindeglied vor Ort. Der Job macht Spaß und bringt jede Menge Kontakte mit sich. Eine Übersicht aller Regionalbeauftragten findet Ihr im Internet unter:

> www.davforum.de/469/

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Euer FORUM

Regionalbeauftragte stellen sich vor

Regionalbeauftragte RAin Astrid Lilie für den LG-Bezirk Mainz

Foto: Thorsten Mayer_pixelio.de

Im Juli des Jahres 2011 habe ich das Amt der Regionalbeauftragen des Landgerichtsbezirks Mainz von meiner Kollegin Dr. Monika Hermel-Liedtke übernommen und möchte nun die Gelegenheit nutzen, um mich kurz vorzustellen. In Göttingen geboren, in Halle aufgewachsen und in Mainz studiert, konnte ich beide Teile des wiedervereinigten Deutschlands kennen- und vor allem die Mainzer Region schätzen lernen. Während meines Studiums habe ich unter anderem wichtige Erfahrungen bei der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen in New York sammeln können. Mein Referendariat habe ich in Wiesbaden absolviert, so dass ich viele Kommilitonen aus der Region in verschiedenen Rollen als Richter, Staatsanwälte oder Rechtsanwälte wiedertreffe. Meine berufliche Laufbahn habe ich schon zu Studienzeiten in der Kanzlei Knierim & Kollegen Rechtsanwälte begonnen, einer auf das Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei in Mainz. Dort arbeite ich seit über einem Jahr als zugelassene

Regionalbeauftragte RAin Anna Rasche für den LG-Bezirk Kleve Als neue RB für den LG-Bezirk Kleve möchte ich mich kurz vorstellen. Ich bin in Polen geboren, aber es hat mich schon mit sieben Jahren nach Deutschland verschlagen. Hier habe ich in Bonn studiert und im LG-Bezirk Kleve mein Referendariat absolviert. Nun arbeite ich in der mittelständischen Kanzlei Dr. Sommer & Kollegen in Moers. Ich habe mich vor allem auf das Miet- und Wohnungseigentumsrecht spezialisiert. Ich berate aber gerne polnischstämmige Mandanten in ihrer Muttersprache auch in anderen Bereichen. Im Forum bin ich seit diesem Jahr Mitglied und fand es sehr schade, dass in meinem Landgerichtsbezirk schon seit Jahren kein Stammtisch mehr stattgefunden hat. Ich hoffe, dass ich dies als neue RB ändern kann. Foto: Thomas Max Müller_pixelio.de

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Anwältin und promoviere zusätzlich im Bereich des Strafprozessrechts bei Prof. Dr. Zopfs an der Johannes Gutenberg-Universität ebenfalls in Mainz. Für eine erfolgreiche berufliche Tätigkeit ist ein gutes kollegiales Netzwerk unerlässlich. Dieses wichtige Netzwerk möchte ich gemeinsam mit den jungen Kollegen in der Region weiter ausbauen und die Plattform für den gegenseitigen Erfahrungsaustausch stärken. Gerade in der Rhein-Main-Region ergeben sich viele Möglichkeiten für einen interdisziplinären Diskurs, da hier viele Anwälte, juristische Vereinigungen & Unternehmen ansässig sind. [email protected]

Der LG-Bezirk Kleve verfügt über zwei Anwaltsvereine (Kleve und Moers) und ist damit nicht gerade klein und zudem sehr ländlich. Ich habe vor, den Stammtisch in wechselnden Lokalitäten in Moers, Kleve und vielleicht auch Geldern stattfinden zu lassen, um damit jedem die Chance zu geben, an einem Treffen in seiner Nähe teilzunehmen. Ich hoffe, dass wir nun auch in LG-Bezirk Kleve einen regen Austausch hinbekommen. [email protected]

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Euer FORUM

NEU Regionalbeauftragte RAin Ruth Wegehenkel für den LG-Bezirk Bayreuth Ich bin 33 Jahre alt, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht und bearbeite derzeit meine Fallliste Versicherungsrecht mit dem Ziel, den Titel Fachanwältin für Versicherungsrecht führen zu dürfen.

Den Stammtisch des Landgerichtsbezirks Bayreuth möchte ich vorab in Bayreuth wieder beleben und insbesondere auch die jungen Kollegen ansprechen, damit diese sich nicht von den alten Hasen beeindrucken und verschrecken lassen. [email protected]

Der Landgerichtsbezirks Bayreuth ist kleinstädtisch geprägt. Bislang gibt es einen monatlichen Stammtisch des Bayreuther Anwaltvereins. Der Stammtisch des Forums fand wohl bislang meistens in Kulmbach statt.

Foto: Ulli Przyklenk_pixelio.de

Regionalbeauftragter RA Mag. Iur. Jan Koch für den LG-Bezirk Konstanz Ende August 2011 habe ich das Amt des Regionalbeauftragten von meiner sehr geschätzten Kollegin Frau RAin Sabine Geistler übernommen. Im Zuge dessen möchte ich mich kurz vorstellen. Ich bin 27 Jahre alt, seit Mai 2010 als selbständiger Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer Freiburg zugelassen. Ebenfalls seit Mai 2010 bin ich als freier Mitarbeiter in der Anwaltskanzlei Dr. D`Angelo & Collegen im Zentrum von Konstanz tätig. Meine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Familien-, Vertrags- und Mietrecht. Aktuell bin ich dabei, den Fachanwalt für Familienrecht zu erwerben.

Foto: Sybille Daden_pixelio.de

Netzwerk weiter auszubauen. Hierzu gehört natürlich auch die Weiterführung der regelmäßigen Stammtische, welche monatlich in Konstanz stattfinden. Es wird ein gesonderter E-Mail-Verteiler eingerichtet werden, so dass sich jeder bei Interesse vernetzen kann. [email protected]

Schwerpunkt meiner Tätigkeit als Regionalbeauftragter im LG-Bezirk Konstanz wird sein, sowohl die Kolleginnen und Kollegen vor Ort, als auch die neu zugelassenen Anwältinnen und Anwälte zu erreichen, um einen gegenseitigen Austausch untereinander zu ermöglichen. Ziel ist es, das bisherige

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Bücher-FORUM

Gesamtes Strafrecht

Effektive Strafverteidigung

Verteidigung im Ermittlungsverfahren

Dölling/Duttge/Rössner (Hrsg.), 2. Aufl. 2011, 3.320 S., 128,00 EUR, Nomos Verlag

Ulrich Sommer, 1. Aufl. 2011, 708 S., 69,00 EUR, Carl Heymanns Verlag

Weihrauch/Bosbach, 7. Aufl. 2011, 408 S., 44,95 EUR, Verlag C. F. Müller

Nachdem die 1. Auflage des Handkommentars Gesamtes Strafrecht positiv aufgenommen wurde und mehrere Gesetzesänderungen und neue Rechtsprechung ergingen, galt es, das Werk zu aktualisieren.

Gerade im formalisierten Strafverfahren fällt es schwer, allen Beteiligten gerecht zu werden. Der Autor beginnt daher mit einem Kapitel über die Theorie der Strafverteidigung, welches sich inhaltlich hauptsächlich mit dem Spannungsverhältnis zwischen Verteidiger und Gericht bzw. Verteidiger und Mandant auseinandersetzt. Danach werden vor allem praktische Themen angesprochen. Hierbei wird immer wieder auf die Ethik und die Psychologie der Strafverteidigung eingegangen.

Im Strafverfahren wird das anwaltliche Können vor allem auch bereits im Vorverfahren gefordert. Die Zeiten, in denen Strafverteidigung im Wesentlichen der Hauptverhandlung vorbehalten war, sind lange vorüber. Die richtige Verteidigung im Ermittlungsverfahren hat, gerade im Hinblick auf die Einstellung des Verfahrens oder den Verfahrensabschluss durch Strafbefehl und die dadurch bedingte Vermeidung der in der Regel öffentlichen – und stigmatisierenden – Hauptverhandlung, größte Bedeutung und größten Nutzen für den beschuldigten Mandanten. Falsche Ratschläge und unkluges Verhalten bei Prozesshandlungen oder gegenüber anderen Strafverfolgungsorganen haben für den Mandanten hingegen schwerwiegende nachteilige Folgen. Umso wichtiger ist für jeden Verteidiger eine gründliche Einarbeitung in die Materie. Dabei genügt Sachwissen allein nicht aus. Gefordert sind auch sichere Taktik und zielgerichtete Strategie.

Der Kommentar zielt darauf ab, die für eine komplette Lösung eines Praxisfalls erforderlichen Normen von der Problemerfassung über das Verfahren bis zur Rechtsfindung zusammenzufassen. Es geht nicht nur darum, materiellrechtliche oder strafprozessuale Ansätze zu beleuchten. Gesetzesübergreifend sind neben den kernstrafrechtlichen StGB- und StPO-Vorschriften die nebenstrafrechtlichen Vorschriften, etwa aus dem AktG, BtmG, GmbHG, SoldG, SubvG, UWG oder WistrG kommentiert. Die Herausgeber versammeln um sich ein großes Autorenteam aus Praktikern und Wissenschaftlern, die mit Querverweisen zwischen materiellen und verfahrensrechtlichen Fragen das Gesamtverständnis am Strafrecht schärfen wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, beziehen sie die kriminologischen Grundlagen der Vorschriften ein. Der Handkommentar ist brandaktuell. Er berücksichtigt die Neuregelungen des Rechts der Sicherungsverwahrung und das 2. Opferrechtsreformgesetz. Innerhalb der neuen Verständigung im Strafverfahren sind deren Voraussetzungen und Anforderungen an die Dokumentations- und Mitteilungspflichten beleuchtet. Auf die Kronzeugenregelung wird mit der Erläuterung des erweiterten Anwendungsbereichs und der Schutzvorkehrungen eingegangen. Wichtig ist das neue Untersuchungshaftrecht. Ausführlich, aber auch mit kritischem Blick, sind die Voraussetzungen, unter denen dem Untersuchungshäftling Beschränkungen über die reine Freiheitsbeschränkung hinaus auferlegt werden können, kommentiert. Den Erläuterungen geht der Normtext voraus, bevor die Normstruktur/Gesetzessystematik, Tatbestandsmerkmale, Anwendbarkeitsfragen und Rechtsfolgen untersucht werden. Rechtsprechungs- und Literaturhinweise sind im Text integriert. Schlagworte zur gezielten Suche sind fettgedruckt. Das Inhalts- und das Verzeichnis des integriert kommentierten Nebenstrafrechts und das Stichwortverzeichnis dienen der Orientierung. Fazit: Den Autoren gelingt ein äußerst hilfreicher Kommentar für die juristische Ausbildung und die Praxis. Es wird der Blick auf die Strukturen und systematischen Zusammenhänge gelenkt. Somit wird das Verständnis für das gesamte materielle und prozessuale Strafrecht verbunden mit den Schnittstellen zum Nebenstrafrecht geschärft. Dazu erklären die Autoren genau den Normalfall, bevor auf Besonderheiten eingegangen wird. RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock

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Das Buch ist sehr übersichtlich aufgebaut. Neben dem Gesamtinhaltsverzeichnis befindet sich vor jedem Kapitel ein detailliertes Inhaltsverzeichnis. Weiterhin behält das Buch durch ein Sachregister und einen Fettdruck von Signalwörtern im Fließtext seine Übersichtlichkeit. Der Autor geht in jedem Verfahrensstadium auf die Rechte und Pflichten eines Strafverteidigers ein. Sein Hauptaugenmerk ist dabei auf die Wirkung auf Gericht und Mandant gerichtet. Jede Entscheidung des Verteidigers wird im Hinblick auf Ihre Konsequenzen im Verfahren begutachtet. Hierbei arbeitet der Autor mit vielen Beispielen, durch welche die verschiedenen Spannungsverhältnisse sehr gut dargestellt werden. Der Anspruch des Autors liegt darin, am Strafprozess Interessierten und Beteiligten die Verteidigung näher zu bringen. Wer tiefer gehende Informationen sucht, sollte daher besser auf vorhandene Fachliteratur zurückgreifen. Wer allerdings einen sehr guten grundlegenden Überblick über das Strafverfahren sucht, wird mit diesem Buch bestens bedient. Der Autor ist in einer Kanzlei in Köln tätig, welche rein auf das Strafrecht spezialisiert ist. Er ist seit 1979 als Anwalt tätig und seit 2004 Lehrbeauftragter der Universität Köln. Im Jahr 2010 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Fazit: Insgesamt handelt es sich um ein sehr interessantes, grundlegendes Werk. Es bietet die Möglichkeit, sich grundsätzlich über die Rechte und Pflichten des Strafverteidigers und vor allem die Wirkungen auf Gericht und Mandant zu informieren und liefert dabei oft auch Argumente, welche sich in der Praxis verwerten lassen. Allerdings ist dieses Buch eher für Anfänger, Beteiligte und Interessierte gedacht. Assessorin Christina Worm, Bochum-Wattenscheid

In dem Handbuch zur Verteidigung im Ermittlungsverfahren, das in der bewährten Reihe „Praxis der Strafverteidigung“ des C. F. Müller Verlags bereits in der 7. Auflage vorliegt, geben die Autoren wertvolle Ratschläge und prozesstaktische Hinweise aus langer Verteidigererfahrung weiter. Dargestellt wird das Handeln der Verteidigung von der Mandatsannahme über die Informationsbeschaffung und die optimale Verteidigungsstrategie, Verteidigung gegen Zwangsmaßnahmen bis hin zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens und der Vergütung. Besonders im Blickfeld des Werks stehen auch der richtige Umgang mit Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten sowie mögliche Rechtsbehelfe der Verteidigung im Ermittlungsverfahren. Zahlreiche Checklisten und Mustertexte erleichtern die Arbeit der Verteidigung und ermöglichen eine schnelle und effiziente Nutzung des Handbuches in der täglichen Praxis. Das Werk kann aufgrund der vielen Musterschreiben durchaus auch als Formularbuch betrachtet werden. Fazit: Besonders junge Verteidiger und Rechtsanwälte, die nicht täglich mit Strafverteidigung befasst sind, werden von dem Werk enorm profitieren, da die vielen enthaltenen verfahrensrechtlichen und verfahrenstaktischen Vorschläge für die Praxis es ermöglichen, Fehler zu vermeiden und den Mandanten effektiv zu verteidigen. RA Mathias Klose, FA für Sozialrecht und FA für Strafrecht, Regensburg

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Bücher-FORUM

Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Personalbuch 2011

Ulrich Tschöpe (Hrsg.), 7. Aufl. 2011, 3.136 S., mit CD-ROM, 139,00 EUR, Verlag Dr. Otto Schmidt

Vertragsgestaltung | Prozessführung | Personalarbeit | Betriebsvereinbarungen Hümmerich †/Lücke/Mauer (Hrsg.), 7. Aufl. 2011, 2.280 S., mit CD-ROM, 148,00 EUR, Nomos Verlag

Küttner/Röller (Hrsg.), 18. Aufl. 2011, 2.831 S., mit CD-ROM, 119,00 EUR, Verlag C. H. Beck

Die 7. Auflage des Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht wurde vollständig überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Das sich aus erfahrenen Anwälten und Richtern zusammensetzende, 27-köpfige Autorenteam passt das Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht in Umfang und Gewichtung den Bedürfnissen des arbeitsrechtlichen Beraters an. Angelehnt an den Ablauf eines anwaltlichen Mandats, erläutert das Autorenteam das gesamte formelle und materielle Arbeitsrecht und spart dabei nicht dessen Schnittstellen, etwa das Sozialrecht, aus.

Seit Jahren ist das Formularbuch Arbeitsrecht – bekannter als „der Hümmerich“ – eines der anerkanntesten Arbeitsmittel für den Alltag des arbeitsrechtlichen Beraters. Unter neuer Herausgeberschaft erschien im Frühjahr 2011 die siebte, umfänglich überarbeitete Auflage.

Das Küttner-Personalbuch 2011 behandelt auf fast 3.000 Seiten unter mehr als 400 Stichworten alle relevanten Themen des Arbeitsrechts und die damit verbundenen Fragen aus dem Lohnsteuerrecht und Sozialversicherungsrecht. Das Arbeitsrecht umfasst sowohl den individualrechtlichen als auch den kollektivrechtlichen Bereich.

Der neue „Tschöpe“ gliedert sich in sieben Teile, beginnend mit der Begründung von Arbeitsverhältnissen und ihrer vertraglichen Gestaltung, über die Regelungen im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses (Teil 2) sowie die Änderung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Teil 3) bis hin zu den Teilen 4 und 5 zum kollektiven Arbeitsrecht und zum Arbeitsgerichtsverfahren. Teil 6 widmet sich dem Arbeitnehmerschutz, bevor Teil 7 mit der Arbeitsförderung und dem Rentenrecht das Werk beschließt. Inhaltlich überzeugt das Buch mit höchster Aktualität. Aus der aktuellen Rechtsprechung sind die BAG-Entscheidung zum Grundsatz der Tarifeinheit, die „Emmely“-Entscheidung zur Kündigung bei Bagatelldelikten und die Flashmob-Entscheidung des BAG, das Honeywell-Urteil des BVerfG zur Mangold-Rechtsprechung des EuGH sowie die Entscheidungen Klarenberg und Kücükdeveci des EuGH eingearbeitet. Das bewährte ABC der Kündigungsgründe ist hilfreich. Mutig zeigt sich das Werk mit einem Kapitel zum Beschäftigtendatenschutz. Es ist anzumerken, dass damit Rechtsvorschriften erläutert werden, die es derzeit noch nicht gibt! Das Gesetz zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes wird wohl noch etwas auf sich warten lassen. Dennoch ist das Autorenteam davon überzeugt, auch aufgrund der aktuellen Diskussion und des außer Zweifel stehenden Handlungswillens des Gesetzgebers, dem Nutzer eine Leitlinie auf Basis des künftig möglichen Rechts zu geben. Optisch hervorgehobene Schlagworte, Checklisten, Beispiele, Formulierungs- und Antragsmuster helfen bei der Problemlösung. Das detaillierte Stichwortverzeichnis erleichtert die gezielte Suche. Die CD-ROM umfasst nicht nur den Inhalt des Werks, sondern auch den Großteil der ca. 6.000 zitierten Entscheidungen mit den wichtigsten arbeitsrechtlichen Gesetzen. Fazit: Mit der 7. Auflage des Werks ist wieder ein richtig gutes Handbuch für den Arbeitsrechtler gelungen, unabhängig davon, ob der Leser Berufseinsteiger, erfahrener Anwalt oder Richter ist. RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock

Mit den Rechtsanwälten Dr. Oliver Lücke und Dr. Reinhold Mauer haben zwei anerkannte und erfahrene Arbeitsrechtler die Herausgeberschaft übernommen. Ebenso ist das Autorenteam ein Spiegel großer arbeitsrechtlicher Kompetenz. Das Formularbuch gliedert sich in acht inhaltliche Paragraphen, die sich jeweils in drei Kapitel unterteilen, die sich ihrerseits in zwei Abschnitte aufspalten. Der erste Abschnitt führt mit Erläuterungen und Hinweisen in das behandelte Thema ein, bevor im zweiten Abschnitt die Darstellung von diversen Vertrags-, Betriebsvereinbarungs- und Schriftsatzmustern folgt. Den Nutzer freut es, dass eine große Zahl neuer Schriftsatz- und Vertragsmuster – nicht nur zu aktuellen Themen – in das Werk eingearbeitet sind. Neben der Überarbeitung der Einführungen arbeiteten die Autoren in den Musterschriftsätzen zum Beispiel die Neuerungen im Datenschutz-, Pflegezeit- und Altersteilzeitgesetz ein. Ganz neu wurde in den Mustern der Regelungsbereich der Nutzung eines geleasten Dienstwagens und der aktienkursorientierten Vergütung aufgenommen. Natürlich ist die neue BAG-Rechtsprechung etwa zum Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt, zum pauschalierten Schadensersatz und zur Vertragsstrafe integriert. Großen Raum räumen die Autoren der Erweiterung des Komplexes Anstellungsverträge mit GmbH-Geschäftsführern und AGVorständen ein. Erneut sei auch auf die lesenswerte Aufbereitung der Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen in § 1 hingewiesen. Bei den Erläuterungen, den Vertrags- und Schriftsatzvorlagen gefällt die übersichtliche Aufmachung. Die Einführungstexte sind mit einigen hervorgehobenen Schlagwörtern durchzogen, die das gezielte Suchen von Problempunkten ebenso wie das ausführliche Stichwortverzeichnis erleichtern. Der Fußnotenapparat, der sich primär auf BAG- und LAG-Rechtsprechung beschränkt, ist nicht überfrachtet.

Das Werk zeichnet sich durch häufige Verweise auf die entsprechende Rechtsprechung bzw. die maßgeblichen Gesetzesstellen aus. Nicht enthalten sind dagegen Mustertexte und -formulierungen. Vergütungsrechtliche Aspekte fehlen ebenfalls, allerdings gibt es kurze Hinweise auf den Streitwert. Der arbeitsrechtliche Teil nimmt mit Abstand den größten Raum ein. In ihm findet sich auch eine Inhaltsübersicht zu den einzelnen Randnummern. Leider fehlt eine solche Übersicht im lohnsteuerrechtlichen bzw. sozialversicherungsrechtlichen Teil. Da das Buch die Rechtslage und Rechtsprechung zum 1.1.2011 berücksichtigt, ist es brandaktuell. Eingearbeitet sind bereits die neuen Entscheidungen zum Urlaubsrecht bei Langzeitkranken und zur steuerlichen Absetzbarkeit von Arbeitszimmern. Auf der beigefügten CD-ROM sind über die Beck RechercheDatenbank das komplette Buch sowie die zitierte Rechtsprechung, Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsanweisungen im Volltext enthalten und bei Bedarf unkompliziert herauszukopieren. Im Unterschied zu üblichen Fachanwaltshandbüchern ist der Küttner alphabetisch nach Stichworten aufgebaut, die jeweils Arbeitsrecht (A), Lohnsteuerrecht (B) und Sozialversicherungsrecht (C) behandeln. Da das jeweilige Stichwort auf jeder Seite genannt wird, findet man bereits beim Durchblättern recht schnell die richtige Stelle. Durch den Verzicht auf unnötige Untergliederungen wurde Übersichtlichkeit erreicht.

Fazit: „Der Hümmerich“ ist ein nutzerfreundlicher, zuverlässiger und höchst aktueller Ratgeber für den arbeitsrechtlichen Berater sowohl auf Arbeitnehmer- wie auf Arbeitgeberseite. Der überaus reiche Fundus des Werks mit annähernd 1.000 praxiserprobten Mustertexten nebst Erläuterungen überzeugt und wird von keinem Konkurrenzprodukt übertroffen.

Fazit: Der Küttner ist wegen seiner umfassenden Darstellung des Arbeitsrechts und den damit zusammenhängenden Fragen des Lohnsteuerrechts und Sozialversicherungsrechts eine lohnende Anschaffung für alle Arbeitsrechtler und Juristen im Personalbereich. Er bietet unter dem jeweiligen Stichwort einen guten Einstieg in die Materie, der durch die genannte Literatur und Rechtsprechung vertieft werden kann. Unter den Autoren finden sich viele derzeitige und ehemalige Richter, Fachanwälte für Arbeitsrecht und Steuerberater. Der Umstand, dass bereits die 18. Auflage erschienen ist, belegt zudem, dass es sich hier um ein etabliertes und ausgereiftes Werk handelt, das die Kinderkrankheiten hinter sich hat. Ein Höchstmaß an Qualität ist damit sichergestellt.

RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock

RAin Tanja Fuß, MPA, Stuttgart

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Bücher-FORUM

Bundesdatenschutzgesetz Spiros Simitis (Hrsg.), 7. Aufl. 2011, 1.886 S., 178,00 EUR, Nomos Verlag

Auch aufgrund der Berichterstattungen in den Medien – Stichwort sind zum Beispiel Facebook, Google (Street View), Adresshandel, SCHUFA – ist das BDSG wieder vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt. Der dazugehörige Kommentar erschlägt einen fast auf den ersten Blick – 1.886 Seiten. Dieser Umfang liegt aber eher darin begründet, dass – wie der Herausgeber zu Recht bemängelt – sich der Gesetzgeber um eine komplette Neugestaltung des Gesetzes drückt und eher unzurei- chende Flickarbeit leistet. Wegen dieser vorgefundenen „Rechtslage“ widmet sich der Kommentar auch auf den ersten knapp 200 Seiten einem Generalüberblick, in dem er die Geschichte, Ziele und Prinzipien des BDSG eingehend erläutert. Vor allem die neu eingefügten § 28a BDSG (Datenübermittlung an Auskunfteien) und § 28b BDSG („Scoring“) machten die Neuauflage notwendig, da diese Normen zum 1.4.2010 in Kraft traten. Die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen werden sehr genau und – wie in der übrigen Kommentierung zum BDSG – gesetzesübergreifend im erforderlichen Umfang dargestellt. Dies erleichtert es, das Verhältnis zwischen dem BDSG und den jeweiligen anderen Gesetzen zu verstehen. Insofern wird nicht nur auf Kommentierung und/oder Rechtsprechung zum jeweiligen anderen Gesetz verwiesen. Der Kommentar besticht durchgehend durch sein hohes sprachliches Niveau. Den Autoren gelingt es sehr gut, die Fehler des Gesetzgebers beim Wortlaut der Normen zu korrigieren und dem Anwender die jeweilige Norm klar und verständlich darzustellen. Dementsprechend kritisch fällt auch das Urteil der Autoren über den Gesetzgeber aus. Die Kommentierung ist aufgrund der Absätze sehr übersichtlich gestaltet. Die Schlagworte sind mittels Fettdruck hervorgehoben, wobei dies aber dennoch sparsam erfolgt. Fazit: Der „Simitis“ ist unumgängliches Handwerkszeug, der Licht in das schon mittlerweile undurchdringliche Dickicht des Dschungels „Datenschutzrecht“ bringt. An ihm führt wirklich kein Weg vorbei. RA Dirk Hofrichter, Strausberg

Datenschutzrecht in der anwaltlichen Beratung Kazemi/Leopold, 1. Aufl. 2011, 488 S., 59,00 EUR, Deutscher AnwaltVerlag

Das Datenschutzrecht gehörte zu jenen Spezialgebieten, die jeden Anwalt in der täglichen Praxis treffen können. Verbrauchern wird zum Beispiel mit einer „SCHUFA-Eintragung“ wegen streitiger Forderungen gedroht, Freiberufler werden von Auskunfteien mit Fragen zu Umsatz und Mitarbeitern konfrontiert und im Arbeitsrechtmandat wird gefragt, wer auf betriebliche E-Mails zugreifen darf, wenn die Adresse auch privat genutzt wird. Viele datenschutzrechtliche Probleme, zum Beispiel beim Outsourcing, sind den Mandanten zudem nicht bewusst. Kurz: im Datenschutzrecht gibt es erheblichen Beratungsbedarf. Mit dem vorliegenden Buch können sich auch „Nicht-IT-ler“ schnell einlesen. Zunächst werden die Rechtsquellen dargestellt, dann die zentralen Begriffe erläutert. Diese finden sich am Ende auch in einem Glossar. Dazwischen werden auf 317 Seiten Anwendungsfälle besprochen und Folgen von Verstößen erläutert. Die Gliederung orientiert sich an der Beratungspraxis. Die Anwendungsfälle beginnen beim Datenschutz im Vertrieb (einschließlich Adressdatenhandel und Datenübermittlung zu Werbezwecken), gehen über den Datenschutz im Internet (von Cookies über Google Analytics bis zum Facebook-Like-Button) und die Rechte der Betroffenen sowie die Auftragsdatenverarbeitung durch Dritte bis zur Datenübermittlung an Auskunfteien. Die Frage, welche Daten dorthin übermittelt werden dürfen, ist für Verbraucher ebenso interessant wie das Thema Scoring-Verfahren (Berechnung der Wahrscheinlichkeit von Zahlungsausfällen). Viel Raum wird dem Datenschutz in Unternehmen gewidmet. Auch hier orientiert sich die Darstellung an Praxisfragen wie dem Umgang mit Bewerberdaten, der Nutzung von Internet, E-Mail und Telefon am Arbeitsplatz, der Videoüberwachung, dem Einsatz von Ortungssystemen oder der Darstellung der Arbeitnehmer im Internetauftritt des Unternehmens. Ein eigenes Kapitel ist dem Datenschutz in der Anwaltskanzlei gewidmet, bevor als letzter Anwendungsbereich der Datenex- und -import angesprochen wird. Für Mandanten ist es wichtig, was bei einem Verstoß passiert. Daher werden nicht nur die Bußgeldtatbestände dargestellt, sondern auch die Schadensersatzansprüche sowie Ansprüche auf Beseitigung oder Unterlassung. Fazit: Das Buch ermöglicht die punktgenaue Beschäftigung mit den für das Mandat relevanten datenschutzrechtlichen Fragen. Gleichzeitig wird der Leser für weitere datenschutzrechtliche Fragen sensibilisiert und kann so Beratungsbedarf bei Bestandsmandanten erkennen. RA Malte Dedden, Kehl

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Beck’sches Formularbuch IT-Recht Wolfgang Weitnauer (Hrsg.) 2. Aufl. 2009, 664 S., mit CD-ROM, 112,00 EUR, Verlag C. H. Beck

Das Rechtsgebiet „IT-Recht“ ist eine Schnittmenge aus mehreren Rechtsgebieten, wobei die Gestaltung von Verträgen hier einen besonderen Schwerpunkt bildet. Ein Formularbuch ist daher eine beliebte Arbeitserleichterung für Anwälte, die in diesem Bereich tätig sind. Das Werk, welches in der zweiten Auflage erschienen ist, enthält Formularsammlungen für folgende Vertragsbereiche: Providerleistungen, Softwareerstellung, Nutzungsrechte, Webdesign, Domainrecht, Marketingrecht, E-Commerce, IT-Projekte, Electronic-Banking, DENIC-Anträge, Datenschutz und Arbeitsrecht. Das Formularbuch, herausgegeben von Dr. Wolfgang Weitnauer, entspricht dem gewohnt guten Standard des Beck-Verlages. Die ausführlichen Anmerkungen zu jedem Formular sind umfassend und gehen regelmäßig über mehrere Seiten. Die Anmerkungen bieten eine gute Möglichkeit, an manchen Punkten tiefer in die Probleme bestimmter Klauseln einzusteigen, zumal nach dem jeweiligen Formular stets zahlreiche Fundstellen in Kommentaren und Zeitschriften aufgeführt sind. Praktischerweise liegt – wie bei Formularsammlungen heutzutage ja fast schon Standard – eine CD-ROM bei, was einen Umgang mit den Texten in der alltäglichen Arbeit erleichtert. Die CD enthält zwar alle im Buch enthaltenen Vertragsmuster, aber die jeweiligen Anmerkungen gibt es nur im Buch. Klar ist natürlich, dass es selbst im IT-Recht noch Vertiefungen gibt, so dass nicht alle Formulare für jede Kollegin oder Kollegen relevant sind. Dies wird von einer allgemeinen Formularsammlung eines Rechtsgebietes auch schwer zu erwarten sein. Dennoch mag es verwundern, dass beispielsweise einem extremen Nischenbereich, wie dem Electronic-Banking mehr Platz eingeräumt wird, als beispielsweise dem doch sehr klassischen ITRechtsbereich der Providerverträge. Fazit: Das Buch richtet sich an Juristen, die in diesem Bereich praktisch arbeiten und ist damit hochgradig an die Bedürfnisse der anwaltlichen Arbeit ausgerichtet. Das Werk ist eine sinnvolle Arbeitserleichterung, da es vor allem den Einstieg in bestimmte Vertrags- und Formulierungsfragen erleichtert. Es ist daher zu hoffen, dass der Verlag C. H. Beck das Werk bald in einer aktuellen Auflage neu auflegt. RA Sebastian Dramburg, LL. M., Berlin

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Bücher-FORUM

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz

Streitwert-Kommentar

Verwaltungsrecht

Gerold/Schmidt, 19. Aufl. 2010, 1.845 S., 98,00 EUR, Verlag C. H. Beck

Schneider/Herget, 13. Aufl. 2011, 1.937 S., 119,00 EUR, Verlag Dr. Otto Schmidt

Fehling/Kastner (Hrsg.), 2. Aufl. 2010, 3.214 S., 98,00 EUR, Nomos Verlag

Die Änderungen des RVG, unter anderem hervorgerufen durch das am 1.9.2009 in Kraft getretene FGG-Reformgesetz, sowie die neuerliche Rechtsprechung erforderten die Neuauflage.

Seit Frühjahr 2011 liegt die Neuauflage des Streitwert-Kommentars für Zivilprozess und FamFG-Verfahren vor. Der Streitwert ist für jeden zivilrechtlich tätigen Anwalt stets von großer Bedeutung, da sich nach ihm die sachliche Zuständigkeit des Gerichts und die Anwaltsgebühren nach dem RVG richten. Die Neuauflage wurde insbesondere durch das Inkrafttreten des FGGReformgesetzes zum 1.9.2010 und der WEG-Reform erforderlich. Auch wurden viele neue Stichwörter, zum Beispiel zur Belästigung per SMS oder zur SCHUFA-Eintragung in den Kommentar aufgenommen. Auf über 1.900 Seiten legen die Autoren, allesamt erfahrene Rechtsanwälte und Richter, praxisnah und fundiert dar, welche Streitwerte bei bestimmten Sachverhalten anzunehmen sind.

Der Kommentar Verwaltungsrecht wurde in der zweiten Auflage etwas erweitert und umfasst neben dem VwVfG und der VwGO nunmehr auch das VwZG und das VwVG. Da vorliegend vier Gesetze in einem Band erläutert werden, wurde der Kommentar auf sehr dünnem Papier gedruckt, welches von den einschlägigen Gesetzessammlungen her bekannt ist.

Das Autorenteam des von Wilhelm Gerold und Herbert Schmidt begründeten Kommentars setzt sich aus erfahrenen Anwälten und Richtern zusammen. Das Werk orientiert sich an den praktischen Bedürfnissen. Die Kommentierungen sind in der gebotenen Ausführlichkeit gehalten und – insbesondere die Bearbeitungen zum Vergütungsverzeichnis – mit reichlich Berechnungsbeispielen und Beispielen zur Auslegung von Begriffen durch die Rechtsprechung versehen. Weiterführende Literatur und notwendige kürzere Auszüge anderer relevanter Gesetze sind in die Ausführungen eingearbeitet. Im Text hervorgehobene Schlagwörter und das Stichwortverzeichnis helfen bei der Suche. Der siebenteilige Kommentar zeigt in Teil A den Gesetzestext des RVG. Die Teile B und C bieten die Kommentierungen des RVG und des Vergütungsverzeichnisses, gem. § 2 Abs. 2 RVG (VV). Im Teil D sind als besondere Verfahrensarten das Arbeitsgerichtsverfahren, der Einstweilige Rechtsschutz, das Selbständige Beweisverfahren, die Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit mit ihren vergütungsrechtlichen Auswirkungen dargestellt. Dem Auszug des neuen FamGKG sind die Anwaltsgebühren in Familiensachen zu entnehmen. Nützlich sind die Gebührentabellen zu §§ 13 und 49 RVG und zu VV 1009 sowie die Gebührenübersichten für das Straf- und Bußgeldverfahren (Teil F). Neu ist der Teil G zum Gegenstandswert, was es nicht nur erleichtert, den Gebührengegenstandswert zu ermitteln, sondern auch gleich die Anwalts gebühren korrekt zu berechnen. Ferner sind Streitwertkataloge der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit abgedruckt. Ein Bearbeitungsschwerpunkt sind die gebührenrechtlichen Folgen des neuen FamFG auf das RVG. Neu geregelt wurden das einstweilige Anordnungsverfahren in § 156 Abs. 3 FamFG oder das Beschwerdeverfahren (VV Vorb. 3.2.1). Über § 23 Abs. 1 RVG gelten die im FamGKG geregelten Gegenstandswerte des familienrechtlichen Verfahrens. Mit § 15a RVG korrigiert der Gesetzgeber die von einer jahrelangen einhelligen Handhabung abweichende BGH-Rechtsprechung mit ihren unbefriedigenden Ergebnissen, die den gesetzgeberischen Zielen nicht nachkam. Fazit: Die Arbeit mit dem „Gerold/Schmidt“ hilft besonders dem Berufsstarter, seine Gebühren zu ermitteln, ohne Geld zu verschenken. Der Blick in den „Gerold/Schmidt“ hilft immer weiter.

Das Werk gliedert sich in drei Teile. Im 1. Teil wird das Verfahren zum Streitwertrecht praxisnah dargestellt. Die Autoren erläutern dabei die Wertfestsetzungen nach dem GKG, dem FamKG, dem RVG und der KostO. Dem Leser wird der Inhalt dabei stets durch Beispiele näher gebracht. Ferner beinhaltet das Werk auch diverse Schriftsatzmuster an das Gericht. Im 2. Teil befinden sich die Stichwörter zum Zivilprozess in alphabetischer Reihenfolge. Die Autoren strukturieren jedes Stichwort in den Zuständigkeits-, Gebühren- und Rechtsmittelstreitwert. Zum schnelleren Auffinden der für den Praktiker benötigten Streitwertangabe werden zu den einzelnen Stichwörtern, beispielsweise zur Einstweiligen Verfügung, Einzelfälle aus der Rechtsprechung alphabetisch sortiert aufgeführt. Positiv hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Übersichtlichkeit, da wichtige Begriffe im Fettdruck hervorgehoben werden. Ergänzt wird der Fließtext durch in Fußnoten zitierte Rechtsprechung, diverse Beispiele und Muster. Im 3. Teil wird der Streitwert im FamFG-Verfahren kommentiert. In über 90 Stichwörtern gehen dabei die Autoren auf die im FamFG-Verfahren geltenden Besonderheiten ein. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang besonders die erneut umfangreich zitierte Rechtsprechung, ergänzt durch gute Übersichten und Formulierungsmuster.

Im ersten Teil wird das VwVfG kommentiert. Den jeweiligen Erläuterungen schließen sich Hinweise auf eventuell bestehende landesrechtliche Besonderheiten an. Zwar haben die meisten Länder wortgleiche Regelungen in ihren Verwaltungsverfahrensgesetzen oder verweisen auf das VwVfG des Bundes. Haben die Länder dennoch abweichende Regelungen getroffen, verweist der Kommentar darauf. Ebenso wird knapp auf die Parallelnormen oder andere Fachgesetze hingewiesen. Teil 2 befasst sich mit der VwGO. Die Darstellung der jeweiligen Norm entspricht grundsätzlich dem zum VwVfG gesagten. In den für das verwaltungs-(gerichtliche) Verfahren so wichtigen Normen wie §§ 42, 43, 68, 80, 113 und 123 VwGO finden sich unter anderem Prüfungsschemata und auch Formulierungsbeispiele. Etwas zu kurz wird auf den Wegfall des Vor- bzw. Widerspruchsverfahrens in einigen Bundesländern eingegangen. Der Wegfall dieser „Zwischeninstanz“ verursachte und verursacht auch unter Rechtsanwälten immer wieder Unsicherheiten, sodass die Besonderheiten durchaus etwas ausführlicher hätten beleuchtet werden können, ohne dass dies das Format eines „Handkommentars“ gesprengt hätte. Weitere Besonderheiten sind zum Beispiel, dass im § 164 VwGO der Streitwertkatalog dargestellt ist. Als sehr angenehm überraschte am Ende der Kommentierung zur VwGO, dass die Autoren umfangreich auf gebührenrechtliche Fragen rund um das Mandat im Verwaltungsrecht eingehen und auch Muster für Vergütungsvereinbahrungen zu finden sind. Teil 3 und 4 befassen sich mit dem VwZG und dem VwVG. Nach den zum Teil sehr umfangreichen Erläuterungen wird auch auf die Besonderheiten der jeweiligen Landesgesetze eingegangen, so die Länder abweichende Regelungen getroffen haben.

Fazit: Der Schneider/Herget ist für die Praktiker in Justiz und Anwaltschaft ein außerordentlich gelungener Ratgeber. Durch seine übersichtliche Darstellungsweise und die präg nanten Formulierungsmuster ermöglicht er dem zivilrechtlich tätigen Rechtsanwalt ein schnelles und fundiertes Arbeiten.

Fazit: Die Zusammenfassung insbesondere der VwGO und des VwVfG in einem Kommentar und die dennoch sehr ausführliche Darstellung der Normen machen das Werk zu einem sehr guten Hilfsmittel für den täglichen Gebrauch, welches über das hinausgeht, was man fachlich und vor allem auch preislich von einem „Handkommentar“ erwarten darf.

RA Martin Bretzler, Hann. Münden

RA Dirk Hofrichter, Strausberg

RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock

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Bücher-FORUM

Handbuch der Testamentsgestaltung

Handbuch Pflichtteilsrecht

Das Ende der Geduld

Nieder/Kössinger 4. Aufl. 2011, 1.100 S., 109,00 EUR, Verlag C. H. Beck

Schlitt/Müller (Hrsg.), 1. Aufl. 2010, 864 S., 108,00 EUR, Verlag C. H. Beck

Kirsten Heisig, 2. Aufl. 2010, 205 S., 14,95 EUR, Verlag Herder

Das Handbuch der Testamentsgestaltung beinhaltet die Grundlagen und Gestaltungsmittel für Verfügungen von Todes wegen und vorbereitende Erbfolgemaßnahmen. Das Werk beginnt mit Überlegungen vor der Gestaltung von Verfügungen von Todes wegen. Ein eigenes Kapitel widmet sich dem in der Praxis immer wichtiger werdenden Pflichtteilsrecht. Es folgen Ausführungen zu den erbrechtlichen Gestaltungsmitteln und zu Form, Formulierungen und Aufbau von Verfügungen von Todes wegen. Das Handbuch behandelt Vorschläge zu vorbereitenden Erbfolgemaßnahmen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden und gibt einen umfassenden Katalog von Fallgruppen zu erbrechtlichen Gestaltungsformen. Gegenstand dieses Werks ist abschließend auch die Beeinflussung der Erbfolge nach dem Erbfall.

Das Handbuch Pflichtteilsrecht vermittelt Kenntnisse zur Ermittlung, Durchsetzung und Abwehr von Pflichtteilsansprüchen und behandelt Fragen der Vermögensnachfolgegestaltung im Hinblick auf die Minimierung von Pflichtteilsansprüchen. Gegenstand des Werks ist auch das Pflichtteilsrecht im Steuerrecht, der Pflichtteilsanspruch in den neuen Bundesländern sowie das internationale Pflichtteilsrecht.

Kirsten Heisig war bis zu ihrem Tod im Juli 2010 Jugendrichterin am Amtsgericht Tiergarten und zuletzt zuständig für den Bezirk Neukölln/Nord.

Die Autoren weisen darauf hin, dass vor der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen an erster Stelle der Überlegungen eines Erblassers die Frage nach der gesetzlichen Erbfolge auf sein Ableben zu stehen hat, damit er das Maß der von ihm gewünschten Änderung in der Erbfolge feststellen kann. Die nächste darauf aufbauende Feststellung betrifft eventuell vorhandene Pflichtteilsberechtigte und ihre Quote, um die Grenzen der Abänderungsmöglichkeiten des Erblassers abstecken, und eventuelle vorhandene Pflichtteilsminderungsmöglichkeiten nutzen zu können. Im Rahmen der erbrechtlichen Gestaltungsmittel wird hinsichtlich der Vorteile eines Erbvertrags ausgeführt, dass der Erbvertrag nicht nur wie das gemeinschaftliche Testament zwischen Eheleuten errichtet werden kann, sondern zwischen beliebigen Personen, insbesondere auch zwischen Verlobten und nichtehelich Zusammenlebenden. Als Nachteil des Erbvertrages führt der Bearbeiter aus, dass die gesetzlichen Rücktrittsrechte von vertragsmäßigen Verfügungen gemäß §§ 2294, 2295 BGB nicht abbedungen werden können. Zahlreiche Formulierungsbeispiele, Formulierungshilfen und Checklisten machen das Werk zu einem wertvollen ausführlichen Hilfsmittel für jeden auf dem Gebiet des Erbrechts tätigen Anwalt. Autoren des Handbuchs der Testamentsgestaltung sind Dr. Heinrich Nieder, Dr. Reinhard Kössinger und Dr. Winfried Kössinger, die als Notare tätig sind beziehungsweise waren. Fazit: Das Werk ermöglicht jedem Anwalt die sichere Gestaltung von Verfügungen von Todes wegen und vorbereitenden Erbfolgemaßnahmen.

Der Leser wird darauf aufmerksam gemacht, dass ein Erbverzicht insoweit keine Pflichtteilsvermeidungsstrategie darstellt, wenn mit dem Verzicht erreicht werden soll, dass sich der Kreis der Pflichtteilsberechtigten quotal reduziert. Denn wirtschaftlich gesehen, werden die Erbansprüche und auch die Pflichtteile nicht reduziert, es findet lediglich eine personelle Verschiebung statt. Soweit der Erblasser die Entziehung des Pflichtteils auf Geschehnisse stützt, die nach seinem Tod möglicherweise ohne sein Zutun nicht zu beweisen sind, erhält der Leser den Praxistipp, dass dem Erblasser im Hinblick auf § 2336 III BGB die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (§ 485 ZPO) anzuraten ist. In Frankreich sind seit der Reform des Jahres 2006 nur noch die Abkömmlinge des Erblassers pflichtteilsberechtigt und gegebenenfalls der überlebende Ehegatte, nicht mehr aber Verwandte in aufsteigender Linie. Die gesetzlichen Bestimmungen legen nicht die Pflichtteile der Berechtigten fest, sondern die Quote, über die der Erblasser ohne Einschränkung verfügen darf. Der übrige Teil bildet dann die Summe, aus der sich die bestehenden Noterbrechte speisen. Das Pflichtteilsrecht wird dem Leser verständlich gemacht durch Übersichten und Beispiele mit Lösungen. Checklisten, Praxistipps, Formulierungsvorschläge und Musterschriftsätze unterstützen jeden Anwalt bei seiner täglichen Arbeit. Die das Werk abschließenden Länderberichte geben einen orientierenden Überblick über das Pflichtteilsrecht in wichtigen europäischen Nachbarstaaten. Bearbeiter des Handbuches sind 13 erbrechtliche Spezialisten, die überwiegend als Rechtsanwälte und Fachanwälte für Erbrecht, aber auch als Professoren, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig sind und auch auf dem Gebiet des Erbrechts publizieren. Fazit: Das Handbuch Pflichtteilsrecht ist ein geeignetes und hilfreiches Informations- und Nachschlagewerk für jeden Anwalt, der auf dem Gebiet des Erbrechts tätig ist.

RAin Inés Kraus, Mainz-Kostheim

Bereits zu Beginn des Buches wird deutlich, dass diese Niederschrift für sie eine Herzensangelegenheit darstellte. Wer eine wissenschaftliche Abhandlung mit vielen Statistiken und tief greifende Analysen bevorzugt, dem sei vom Lesen dieses Buches abzuraten. Vielmehr ist es lebensnah, praktisch und plastisch geschrieben. Heisig schildert dabei vor allem Fälle aus ihrer täglichen Arbeit und beruft sich auf ihre langjährige Berufserfahrung. Zunächst gibt die Autorin einige Fallbeispiele – belegt mit ein paar Statistiken – in denen „kriminologische“ Faktoren, d. h. Straftaten begünstigende Lebensumstände, immer wiederkehren. Hierzu zählen zum Beispiel Alkoholmissbrauch, Arbeitslosigkeit und Prügel im Elternhaus. Einhergehend mit der eigenen Perspektivlosigkeit führen diese dazu, dass die Jugendlichen häufig selbst alkohol- und auch drogenabhängig werden. Dabei stellen „harte“ Drogen keine Ausnahme dar. Diese lösen, so Heisig, Allmachtsfantasien und Unantastbarkeitsgefühle aus. Häufig würden dann Opfer zufällig provoziert und teilweise brutal zusammengeschlagen, wobei oft marginale Auslöser genügten, die in keinem Verhältnis zu den dann folgenden Gewaltexzessen stünden. Ein Grund für diese Verrohung sieht die Autorin auch in dem verbreiteten Konsum von Gewalt verherrlichender Rap-Musik. Den größten Teil ihres Buches widmet sich Heisig kriminellen Jugendlichen mit Migrationshintergrund, da diese auch den größten Teil der Intensivtäter ausmachen. Sie beleuchtet dabei die Hintergründe und erklärt, dass es auch ein großes Problem sei, dass viele Täter die geltenden Gesetze und Regeln in Deutschland nicht akzeptieren und sich in allen Lebenssituationen darüber hinwegsetzen. Heisig macht in ihrem Buch zahlreiche Vorschläge, was im Bereich der Präventionsarbeit getan werden kann und erklärt auch „ihr“ Neuköllner Modell. Fazit: Abschießend kann ich sagen, dass dieses Buch meine Sichtweise auf Jugendliche und deren Verhaltensweisen verändert hat. Viele Vorschläge von Heisig befürworte ich, sehe aber in einigen ein Problem bei der Umsetzung. Denn hierfür müsste in den betroffenen Familien ein Umdenken stattfinden und auch der Wille zur konsequenten Zusammenarbeit mit der jeweiligen Institution vorhanden sein.

RAin Inés Kraus, Mainz-Kostheim RAin Christine Frey, Berlin

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Autorenverzeichnis

Friederike Lemme ist seit 2009 Assessorin und zurzeit im Bereich der Existenzgründerberatung tätig. Als logische Konsequenz daraus folgt demnächst die Gründung einer Sozietät mit Schwerpunkten im IT-, Insolvenz- und Gesellschaftsrecht.

Marek Schauer, geb. 1976, ist in eigener Kanzlei in Berlin als Rechtsanwalt in den Schwerpunkten Straf-, Sozial- und Mietrecht tätig. www.ra-schauer.de

Michaela Retzlaff ist Rechtsanwältin in Berlin und bearbeitet die Schwerpunkte Miet-, Immobilien- sowie Verkehrsrecht in eigener Kanzlei. www.ra-retzlaff.de

Ute Ernst ist seit 2004 als Rechtsanwältin zugelassen und seit 2007 im württembergischen Schönaich in eigener Kanzlei tätig. Sie ist Fachanwältin für Sozialrecht, ein weiterer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist das Versicherungsrecht. [email protected]

Lars Anderson ist Rechtsanwalt und Mediator in eigener Kanzlei in Berlin, Schwerpunkt Familienrecht. Als Mediator vermittelt er zudem in Unternehmen. www.mediation-anderson.de

Steffen Eube ist angestellter Jurist bei HDI-Gerling Firmen und Privat Versicherung AG und dort im Zentralen Underwriting Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung tätig. [email protected]

Katrin Kirchert hat im November 2010 ihr Referendariat beendet. Neben ihrer anwaltlichen Ausbildung hat sie bereits Erfahrungen auf dem Gebiet des juristischen Lektorats gesammelt. Sie lebt und arbeitet in Berlin. [email protected]

Robert Leisner ist seit 2005 Rechtsanwalt und in Berlin-Spandau Partner der Kanzlei Lohf Leisner. Seine Schwerpunkte sind Verkehrs-, Versicherungs- und Zivilrecht, u. a. zu diesen Rechtsgebieten führt er das Weblog rechtsanwalt-leisner.de. [email protected]

Reinhard Enßlin ist Fachanwalt für Familienrecht mit eigner Kanzlei in Mannheim. [email protected]

Andrea Kirberger ist Rechtsanwältin im Büro Dresden der Anwaltssozietät Kirberger & Partner GbR mit dem Schwerpunkt im privaten Baurecht sowie Architektenrecht. Seit 2009 ist sie Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. [email protected]

Jutyar Alkaidy studiert an der Freien Universität Berlin Rechtswissenschaft (5. Semester). Sein Schwerpunkt ist Zivilrecht. [email protected]

Gregor Samimi ist Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht und Versicherungsrecht und gehört dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin an.

Henning J. Bahr, LL.M., ist Rechtsanwalt in Osnabrück. Schwerpunkte: Verwaltungsrecht, dort im Ausländer-/Asylrecht, Agrar-, Straf- und Verfassungsrecht. [email protected]

Cornelia Liedtke ist Rechtsassessorin in Berlin.

Wolfgang A. Gustavus ist Rechtsanwalt, FA für Arbeitsrecht und Notar. Er gehört dem Präsidium der Rechtsanwaltskammer Berlin an. [email protected]

Astrid Ackermann ist Rechtsanwältin, betreibt in Frankfurt/Main eine Kanzlei im Medienund IT-Recht und ist dort auch Regionalbeauftragte. Sie ist Mitglied des GfA des FORUMs und für Seminare/Fortbildung sowie die AdVoice zuständig. [email protected]

Christine Frey ist selbständige Rechtsanwältin in Berlin mit Schwerpunkten im Strafrecht, Verkehrsrecht und allg. Zivilrecht. www.anwaltskanzlei-frey.de

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Service

Das letzte Wort

Redaktionsschluss: Heft 4/2011 (Dezember-Ausgabe), 21.10.11

Verrechnet

Impressum: Redaktion: Stefanie Salzmann, RAin Anke Schiller-Mönch, RA Patrick Ruppert, RA Volker Loeschner / Bildredaktion: Andrea Vollmer / Bücherforum: RA Jens Jenau / V.i.S.d.P.: RA Tobias Sommer (Chefredakteur) Anschrift wie Herausgeber Fotos S. 2: Stephan Eichler, Stefan Höderath

Endlich Ferien, Urlaub, mal zwei Wochen ohne Büro. Ich hatte alles vorbereitet, Fristen erledigt, Fristen verlängert. Eigentlich sollte nichts anbrennen. Eigentlich – auch nicht bei der Rechtsbeschwerde. Ich hatte mich intensiv damit beschäftigt. Die Begründung war dem Gericht gefaxt worden, sicherheitshalber einen Tag vor Fristablauf – meinte ich jedenfalls. Die Frist hatte ich genau berechnet. Es war meine erste Rechtsbeschwerdebegründung inklusive Zulassungsantrag. Ich hatte extra nachgelesen, mich mehrfach versichert. Die Frist endet (frühestens) einen Monat nach Zustellung des Urteils. Zugestellt wurde es, sagen wir mal, am 12. Mai dieses Jahres an den Mandanten. So stand es auf dem gelben Brief. Also war bis 12. Juni Zeit, die Rechtsbeschwerde zu begründen. Am 11. Juni wurde die Begründung gefaxt. Alles war gut – dachte ich. Bis ich im Urlaub einen Anruf erhielt: Ein Verwerfungsbeschluss sei da in der Rechtsbeschwerdesache, wegen Verfristung? Mir lief es heiß und kalt den Rücken herunter. Hatte ich mich doch verrechnet, das Gesetz falsch gelesen, im Kom-

Bei manchen Gerichten ist das offenbar auch so ...

mentar die Ausnahme übersehen? Ach ja, zugestellt sei das Ganze an den Betroffenen und wir hätten nur eine Woche zur sofortigen Beschwerde – bingo. Mandanten anrufen, Beschluss mailen lassen und Fax organisieren – das waren die Aufgaben an diesem Urlaubstag. Das Internet war nicht das Schnellste. Ein Fax fand sich im Tourismusbüro und meinen Rechner hatte ich gegen den Protest der anderen Familiemitglieder zum Glück mitgenommen. Tags darauf hatte sich der erste Schreck gelegt und ich meine sofortige Beschwerde vorab per Fax gesendet. Wieder im Büro hab ich das Ganze noch begründet. Den Fehler habe ich auch beim zehnten Mal Lesen der Akte nicht gefunden. Jetzt musste es laufen.

Herausgeber: Geschäftsführender Ausschuss des FORUMs Junge Anwaltschaft im DAV, Berlin Littenstraße 11, 10179 Berlin, Tel. 030/7261520 Erscheinungsweise: vierteljährlich (März / Juni / September / Dezember) Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/2011 Anzeigen: sales friendly Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos Siegburger Str. 123, 53229 Bonn Tel. 0228/97898-10, Fax: 0228/97898-20 E-Mail: [email protected] Bezugspreis: 48,00 Euro (inkl. MwSt.) zzgl. Versandkosten für 4 Ausgaben / Einzelheft: 14,50 Euro / Für Mitglieder des FORUMs Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. ISSN 1437-3084

Eine gute Zeit später, ich hatte das Ganze fast vergessen, kam ein Brief von zuständigen Gericht – die Verwerfung wird aufgehoben. Meine Beschwerdebegründung war dem Richter zu spät vorgelegt worden – gut eine Woche nach Fristablauf. RAin Anke Schiller Mönch, Weimar

Layout / Satz: gudman design weimar, www.gudman.de Lektorat: Nora Döring, BILDART Druck: Liebeskind Druck, Apolda Artikel und Beiträge sind Meinungsäußerungen der Autoren und geben nicht immer die Meinung der Redaktion bzw. des Deutschen Anwaltvereins und seiner Gremien wieder.

Foto: Gerd Altmann_pixelio.de

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Kultur Kultur ist ein Begriff, mit dem gerade so inflationär um sich geworfen wird. Er ist schwer zu fassen und extrem vieldeutig. Und was haben Juristen damit zu tun? Eine ganze Menge. Neben guter und beschädigter Rechtskultur soll es in unsere nächsten Ausgabe um das Recht auf Kultur, Leitkultur, Streitkultur, Linkskultur und Kultur zum Kaufen gehen. Über Themenvorschläge freut sich die Redaktion unter:

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ADVOICE 03/11

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