Studie THE RETAIL REVOLUTION

March 7, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Management Summary 

1 1.1 1.2 1.3

Set-up10 #Background 10 #Intention  10 #Methodisches Vorgehen 11

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Handelskanäle: Wo kaufen moderne Konsumenten ein? 12 #Lebensmittel  14 #Kleidung  16 #Elektronische Geräte  18 #Baumärkte  20 #Telekommunikation  22

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11

Kaufverhalten moderner Konsumenten  #Entscheidungszeiträume  #Informationsquellen  #Neuheiten  #Online-Marken-Auftritte  #Online-Offline-Wechselspiel  #Preisvergleiche, Gutscheine und Rabatte  #Händlerloyalität  #Inspiration am POS  #Motive für den Online-Kauf  #Marke  #Smartphones 

24 24 26 28 30 34 36 40 42 46 49 51

4 4.1 4.2 4.3

The Retail Revolution  #Social Commerce  #Gamification #New Points of Sale

54 54 56 58

5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5

Branchenempfehlungen  #Lebensmittel  #Kleidung  #Elektronische Geräte  #Baumärkte  #Telekommunikation 

60 60 62 62 64 65

6 Impressum

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Time to Market The Retail Revolution Die nächste Welle der Digitalisierung erfasst den Handel. Der stationäre Handel steht vor der größten Herausforderung seit der Einführung des World Wide Web vor 20 Jahren. Digitale Technologien in Smartphones, an Touchscreens oder in der Infrastruktur werden den stationären Handel zukünftig revolutionieren. Aber auch 10 Jahre nach dem Ende der New Economy wird längst nicht alles im Internet bestellt. Nur 4,7% vom Umsatzvolumen des deutschen Einzelhandels wird online erwirtschaftet.* Im Rahmen einer vergleichenden Käuferstudie haben wir untersucht, wie moderne Konsumenten in den Bereichen Lebensmittel, Kleidung, elektronische Geräte, Baumarkt-Artikel und Telekommunikations-Dienstleistungen kaufen. Wir haben pro Branche jeweils Online-Käufer und stationäre Käufer befragt, um zu verstehen, wie sich das Einkaufsverhalten verändert hat, und abzuleiten, wie es sich zukünftig ändern wird.

Status quo der Branchen Es kaufen mehr Menschen Lebensmittel online als am Kiosk oder der Tankstelle. Am intensivsten hat der Online-Handel die Telekommunikationsbranche durchdrungen. Hier schließt jeder Zweite vorrangig online Verträge ab. Bei Mode und elektrischen Geräten dominiert der Hybrid-Kauf. 58% bzw. 56% der Befragten kaufen sowohl im Internet wie stationär. Branchen wie Lebensmittel und Baumärkte sind nach wie vor stark durch den stationären Handel geprägt. Hier kaufen weiterhin 91% bzw. 70% der Befragten vorrangig im Geschäft. Aber die nächste Welle des digitalen Commerce wird auch diese Branchen erfassen. So kaufen schon heute mehr Menschen Lebensmittel im Internet als an Kiosken und Tankstellen.

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The Retail Revolution

Die Mehrheit entscheidet sich innerhalb von zwei Tagen: Nicht zuletzt aufgrund der sofortigen Verfügbarkeit von Informationen werden Kaufentscheidungen heute extrem kurzfristig getroffen. Mit Ausnahme von Consumer Electronics und Telekommunikations-Dienstleistungen braucht die absolute Mehrheit der Konsumenten von der ersten Kaufidee bis zum Kauf maximal zwei Tage (Lebensmittel 93%, Kleidung 86%, Baumarkt-Artikel 71%). Während bei Lebensmitteln und Kleidung die Zahl der Routine- bzw. Impulskäufe sehr hoch ist (58% bzw. 66% entscheiden sich spontan im Geschäft), wird in den übrigen Bereichen kurzfristig geplant. Mit der weiteren Ausbreitung des mobilen Internet wird sich diese Entwicklung weiter fortsetzen. Konsumenten werden zukünftig noch schneller entscheiden. Händler und Marken müssen also innerhalb einer sehr kurzen Zeit überzeugen.

Online-Marken-Auftritte

Informationsquellen Wer Expertise hat, informiert sich. Wer keine Erfahrung hat, fragt Freunde & Berater. Um in dieser kurzen Zeit trotzdem gute Entscheidungen zu treffen, kombinieren Käufer drei Informationsquellen: Medien, soziale Kontakte und Verkäufer. Am weitesten verbreitet ist die eigene Recherche in Zeitungen, Fernsehen oder Internet (48-90%). 43-68% orientieren sich an Empfehlungen von Freunden und Bekannten. 24-80% lassen sich vom Verkaufspersonal beraten. In den Einkaufsbereichen gibt es deutliche Unterschiede. Es gilt die Faustformel: Je medienerfahrener die Konsumenten sind, desto stärker informieren sie sich selbst. Je unerfahrener Konsumenten in einem Einkaufsgebiet sind, desto eher fragen sie auch noch Freunde, Bekannte oder Berater. So lassen sich Männer stärker bei Lebensmitteln beraten (27% der Männer, 21% der Frauen), während Frauen sich eher bei elektronischen Geräten und Baumarkt-Artikeln an die Verkäufer wenden (80% bzw. 84% der Frauen, 65% bzw. 76% der Männer). Für den Handel und Marken wird es zukünftig noch wichtiger, nicht nur zu verkaufen, sondern Kunden mit den richtigen Informationen am richtigen Ort zu versorgen.

Ohne Markenwebseiten geht es nicht. Die Zugriffszahlen von Markenwebseiten gehen zurück und die Nutzerzahlen von Facebook steigen. Im Einkaufsprozess spiegelt sich das nicht wider: Bei der Recherche ist der Besuch der Markenwebseite unverzichtbarer Bestandteil. Je weniger erschlossen der Online-Handel und je wichtiger der Spontankauf in den Branchen ist, desto unwichtiger ist die Markenwebseite. So haben nur 12%, 23% bzw. 27% der Käufer von Lebensmitteln, Kleidung oder Baumarkt-Artikeln vor dem Kauf die Markenwebseite besucht. Bei elektronischen Geräten oder Telekommunikations-Dienstleistungen sind es deutlich mehr: 56% bzw. 82%. Daneben spielen Newsletter eine Rolle. Sie werden eher genutzt, um über Aktuelles auf dem Laufenden zu bleiben. Facebook-Auftritte und Smartphone-Apps spielen im Einkaufsprozess noch keine nennenswerte Rolle. Zukünftig werden Facebook-Auftritte und Apps auch verkaufen.

Neuheiten Die Mehrheit verfolgt Neues interessiert, nur die Vorreiter kaufen. Selbst in dieser schnelllebigen Zeit bleiben Konsumenten interessiert an Neuheiten. Die absolute Mehrheit der Konsumenten verfolgt, was es an Neuigkeiten am Markt gibt, ohne direkt zu kaufen (53-78%). Neues bindet Aufmerksamkeit, verkauft aber nicht sofort. Nur einer Minderheit von 3-7% ist es wichtig, Produktneuheiten als Erste zu haben. Bei dieser handelt es sich jedoch um Konsumvorreiter, deren Verhalten eine hohe Signalwirkung an das soziale Umfeld hat.

*eWeb-Studie go.interone.de/jrlUeB

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Wechselspiel online-offline Der Handel profitiert mehr vom Internet, als das Internet vom Handel. Händler fürchten Konsumenten, die sich Produkte im Geschäft anschauen und dann online bestellen. Angeblich blieben den Händlern die Kosten, während OnlineHändler verdienen würden. Dieses Phänomen gibt es wirklich: 27% der Lebensmittel-, 24% der Kleidungs-, 62% der Elektronik-, 41% der BaumarktKäufer sowie 40% der Befragten, die Telekommunikations-Dienstleistungen online abgeschlossen haben, waren zuvor im Geschäft. Allerdings ist der gegenteilige Effekt deutlich höher. So recherchierten 35% der Lebensmittel-, 27% der Mode-, 65% Elektronik- und 59% der Baumarkt-Käufer sowie 59% der Befragten im Bereich Telekommunikation online und kauften anschließend im Geschäft. Trotz eventueller Preisvorteile profitiert der stationäre Handel von der Unmittelbarkeit des Angebots. Je stärker der Handel lokal kommuniziert, was er gerade im Angebot und vorrätig hat, desto stärker kann er hiervon profitieren.

Preisvergleiche, Gutscheine & Rabatte Die Preise gehen kaputt. Geiz ist heute nicht mehr geil. Aber der Preis spielt weiter eine wichtige Rolle beim Kauf. Konsumenten haben gelernt, dass es Markenprodukte immer billiger gibt. 4065% der Befragten verschieben ihre Einkäufe, bis die Preise gesunken sind oder es Angebote gibt. 53-65% kaufen gezielt dort ein, wo es Rabatte gibt. Um solche Angebote und Rabatte zu finden, nutzen auch heute noch deutlich mehr Menschen Prospekte und Anzeigenbeilagen als das Internet. Es entwickeln sich aber auch neue Formen der Rabattierung. So wird z.B. die Höhe der Rabatte an den Multiplikatoreffekt des Netzwerks oder die Größe der kaufenden Gruppe gekoppelt. Auch wenn der Preis ein sehr wirkungsvolles Instrument ist, um Abverkäufe zu fördern. Es beschädigt dauerhaft die Marke und schafft eine Erwartungshaltung, dass es immer billiger gehen muss.

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„Online kauf ich nie, das macht meine Tochter.“

Händlerloyalität Routinemäßig zum Händler des Vertrauens. Früher ging man zum Händler an der Ecke. Heute haben Konsumenten Stammgeschäfte, in denen sie regelmäßig und routinemäßig einkaufen. Auch die Online-Käufer! Ungefähr jeder Zweite geht regelmäßig in das gleiche Geschäft zum Einkaufen. Bei Lebensmitteln sind es sogar 82%. Nur im Telekommunikations-Bereich sind es weniger. Daneben gibt es auch den Online-Händler des Vertrauens (33-50%). Auch bei den Offline-Käufern. Diese Händlerloyalität ist praktisch, hilft Zeit zu sparen und ist fest in die alltäglichen Wegen und Routinen integriert. Anders als früher gibt es eine ganze Reihe weiterer Geschäfte, in denen moderne Käufer einkaufen. So kaufen 40-66% dort ein, wo sie gerade vorbeikommen. 33-50% fahren für den Einkauf schon mal etwas weiter. Zukünftig können Stammgeschäfte und -stores sich behaupten, wenn Händler den Konsumenten Routinekäufe weiter erleichtern. Gleichzeitig wird die Zahl weiterer Einkaufsorte deutlich zunehmen und die Stammgeschäfte herausfordern.

Marke

Inspiration am POS Geschäfte sind zu rational. Um stärker von der Kurzfristigkeit zu profitieren, lohnt es sich für den stationären Handel, zusätzliche Kaufanreize zu geben. Erstaunlicherweise hat der stationäre Handel hier Nachholbedarf. Die rationale Kundenansprache und Angebotspräsentation dominiert (7085%). Nur Mode-Geschäfte und Baumärkte schaffen es ansatzweise zu inspirieren (25% bzw. 18%). Angesichts eines deutlich radikaleren Preiswettbewerbs, wachsender Konkurrenz durch neue Points of Sale und massiver Verbesserungen digitaler Kauferlebnisse durch Tablets und Smartphones besteht hier akuter Handlungsbedarf für den Handel. Neue digitale Technologien wie Touchscreens und interaktive Schaufenster und Werbeflächen bieten hier vielfältige Einsatzmöglichkeiten.

Markenloyalität nimmt ab. Marken spielen weiterhin eine zentrale Rolle im Kaufprozess. Aber die Bindung an einzelne Marken hat abgenommen. Käufer kaufen häufig die Produkte unterschiedlicher Marken. Sie wechseln die Marken, experimentieren und lassen sich inspirieren (12-54%). Die Mehrheit der Käufer entscheidet eher nach Produkt-basierten Kriterien als anhand der Marke (31-57%). Reine Preiskäufer sind dagegen in der Minderheit (8-25%). Zukünftig wird die Zahl neu entstehender Nischenprodukte und Marken weiter zunehmen. Nur Marken, die neben den Produkten auch die Kundenbeziehung in den Mittelpunkt stellen, können loyale Kunden erwarten. Alle anderen werden einen deutlich härteren Konkurrenzkampf erleben. Für Händler eröffnen digitale Technologien die Chance, ihr Sortiment deutlich zu erweitern und den Verkauf neuer Marken online zu testen.

Motive für den Online-Kauf Convenience ist wichtiger als der Preis. Online-Käufer gelten als preisfixiert. Aber nur für 2236% ist der Preis das Hauptmotiv. Tatsächlich kaufen Konsumenten vorrangig online, weil sie einfach und bequem nebenbei bestellen können, sie sich nicht an Öffnungszeiten halten und die Produkte tragen müssen – in allen fünf Branchen. Außerdem schätzen sie die größere Auswahl als im Handel (31-52%). Vor allem im Bereich Lebensmittel spielt die größere Auswahl eine entscheidende Rolle. Das Kaufverhalten bei Elektronik sticht deutlich heraus. Hier ist der Preis sehr viel wichtiger. Für stationäre Händler ist es äußerst interessant, die Vielzahl an Touchpoints zu Points of Sale zu machen. So können sie Kunden dann bedienen, wenn diese Zeit und Muße haben. Das erfordert u.a. neue Bestellund Liefermodelle.

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„Ja, wir kaufen und vergleichen online. Aber wir wollen auch kleine Geschäfte stützen.“

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Smartphones

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Assistenz und Ablenkung. Smartphones werden zukünftig eine zentrale Rolle am POS einnehmen. Aber sie sind nicht nur Shopping-Assistent, sondern auch eine große Ablenkungsquelle. Noch lenken Mobiltelefone am Point of Sale eher vom Kauf ab, als dass sie den Kaufprozess unterstützen. Aber schon heute nutzen einige Konsumenten ihr Mobiltelefon, um bessere Kaufentscheidungen zu treffen oder woanders billiger einzukaufen. Noch sind es in den meisten Einkaufsbereichen weniger als 10%, die ihr Smartphone im Geschäft nutzen. Deutlich höher liegen diese Zahlen bei Elektronik- und Baumarkt-Artikeln. Mit zunehmender Durchdringung von Smartphones wird sich dies zukünftig ändern. Händler erhalten eine Vielfalt an Möglichkeiten, zusätzlich zu verkaufen, zu informieren, zu navigieren und zu assistieren.

Social Commerce: Freunde zu Verkäufern. Marken und Händler beginnen, Social Media in den Verkaufsprozess einzuweben. Facebook, Twitter und Co. werden zukünftig nicht nur Kommunikations-, sondern auch Verkaufskanäle sein. Zukünftig werden Händler Freunde und Bekannte zu Affiliates machen, um dem wachsenden Bedürfnis der Konsumenten nach persönlicher Beratung und Orientierung gerecht zu werden. Dadurch gewinnen sie an Qualität und Flexibilität. Sie können das Einkaufserlebnis personalisieren, relevantere Angebote unterbreiten und müssen weniger Personal vorhalten. Erste Ansätze weisen auf diese Entwicklung hin. Schon heute bekommt Rabatte, wer seinem Freundeskreis mitteilt, was oder wo er gerade einkauft. Twitter wird aktiv zur Verkaufsberatung und Produkt-Ankündigung genutzt. Händler nutzen Facebook, um Kunden zu Beginn des Kaufprozesses zu identifizieren, ihren Kunden personalisierte Angebote zu präsentieren und Empfehlungen aus ihrem Freundeskreis anzubieten. Erste Online-Stores eröffnen innerhalb von Facebook. Und neue Player wie Groupon sind nur deshalb so erfolgreich, weil viele Konsumenten gemeinsam einkaufen.

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New Points of Sale

Gamification Shops zu Spielplätzen. Nach der Emotionalisierung des Einkaufens in den 90er Jahren und der Eventisierung der 00er Jahre werden Geschäfte in den kommenden 5-10 Jahren zu Spielplätzen. Der Handel muss sich neu erfinden, um in Zeiten der Digitalisierung relevant zu bleiben. Dem stationären Handel kommt der Mehrwert abhanden. Gesucht sind neue Anreize, Geschäfte zu betreten und zu verweilen. Es braucht neue Ansätze, Kunden zu binden. Es sind neue Konzepte gefragt, um Kunden mit neuen Produkten und Lösungen vertraut zu machen. Marken und Händler müssen neue Wege finden, soziale Dynamiken zu erzeugen. Spiele geben auf all das eine Antwort. Sie sind weit mehr als Zeitvertreib. Denn wer spielt, macht freiwillig mit und hat Spaß. Er entdeckt und lernt. Er will weiterkommen und trainiert. Er will sich mit anderen messen und tauscht sich aus. Schon heute gibt es einige Ansätze, wie der Handel zum Spielplatz wird. Dies sind erste Gehversuche und vereinzelte Aktionen. Zukünftig werden solche Elemente dauerhaft in das Kauferlebnis integriert werden.

Werbeflächen zu Involvementflächen. Die Zeiten, in denen stationärer Handel und eCommerce getrennte und konkurrierende Sphären waren, nähern sich dem Ende. Zukünftig werden Konsumenten an einer Vielzahl physischer Orte und über eine Vielzahl physischer Medien kaufen. Der Siegeszug Touch-basierter Computer und Smartphones ermöglicht dies. Konsumenten werden an Schaufenstern und Außenwerbeflächen stöbern und einkaufen. Über Touchscreens können Kunden auch im Geschäft Produkte bestellen oder sich zusätzliche Informationen geben lassen. Verkäufer können Produkte über Tablets besser präsentieren und direkt verkaufen. Über Sensoren wird eine Vielzahl neuer digitaler Services diese Kaufprozesse unterstützen. Bestellungen werden geliefert oder stehen zur Abholung vor Ort bereit.

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1.1 # Background Interone stellt den modernen Konsumenten in den Mittelpunkt dieser Studie. Um das Verhalten moderner Konsumenten besser zu verstehen, machen wir deshalb jährlich eine Bestandsaufnahme. Wir untersuchen, wie sich das Konsumentenverhalten verändert, inwieweit neue Technologien und Medien bereits verwendet werden und wohin die Reise morgen geht. Im vergangenen Jahr führten wir gemeinsam mit dem Trendforscher Jörg Jelden die Studie „The Age Of On“ durch. Wir analysierten, wie junge digitale Trendsetter Medien nutzen und einkaufen. Wir konnten aufzeigen, dass klassische Medien einen festen Platz im Medienrepertoire digitaler Trendsetter haben, wie Fernsehen und Internet parallel genutzt werden, warum Facebook Mainstream wird und Foursquare ein Nischenphänomen bleibt. Wir identifizierten, warum Konsumenten direkt nach dem Aufstehen online einkaufen und wie sie sich davor schützen, zu viel zu kaufen. Und wir stellten fest, dass der stationäre Handel vor großen Herausforderungen steht. Diese Beobachtungen haben wir zum Anlass für eine neue Studie genommen. Gemeinsam mit Jörg Jelden untersuchen wir, wie digitale Technologien das Einkaufen revolutionieren.

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1.2 # Intention Der stationäre Handel steht vor der größten Revolution seit dem Beginn des eCommerce. Der gerade erst begonnene Aufstieg des mobilen Internet und anderer digitaler Technologien wird den Handel in den nächsten fünf bis zehn Jahren mindestens so massiv verändern wie der Aufstieg des Internet. Es wird eine vollkommen neue Verzahnung der Kanäle geben. Im Zuge dieser Studie untersuchen wir, wie moderne Konsumenten heute – 10 Jahre nach dem Ende der New Economy – einkaufen und wie das Internet das moderne Kaufverhalten prägt. Auf dieser Basis geben wir einen Ausblick auf das Konsumentenverhalten von morgen und Empfehlungen, wie stationärer Handel und eCommerce diese Entwicklungen nutzen können.

1.3 # Methodisches Vorgehen Die Studie THE RETAIL REVOLUTION – HOW DIGITAL TECHNOLOGIES CHANGE THE WAY WE SHOP basiert auf fünf Elementen und vergleicht fünf Branchen: Quantitative Käuferbefragung. In fünf unabhängigen Befragungen wurden jeweils 500 Käufer aus fünf verschiedenen Branchen online mit vergleichbaren Fragebögen befragt. Dazu wurden insgesamt 5.000 Personen onlinerepräsentativ nach Alter (Altersgruppe 18-60 Jahre) und Geschlecht gescreent und 2.500 Käufer befragt. Pro Einkaufsbereich wurde die Verteilung zwischen Online-Käufern, Offline-Käufern und Hybrid-Käufern ermittelt. Diese Personen wurden dann so auf die 5 Branchen verteilt, dass jeweils 250 Offline-Käufer und 250 Online- plus HybridKäufer pro Bereich befragt wurden. Anschließend wurden die beiden Gruppen entsprechend dem Screening gewichtet. Als Offline-, Online- bzw. Hybrid-Käufer gilt, wer sein Kaufverhalten selbst entsprechend einschätzt. Offline-Käufer geben an, in der jeweiligen Branche vorrangig im Geschäft zu kaufen. Online-Käufer kaufen in der Branche vorrangig im Internet. Hybrid-Käufer kaufen in der Branche sowohl stationär als auch online. Die Befragung wurde durchgeführt von Brand Science Network.

Trendscouting. In vier europäischen Ländern haben Korrespondenten nach Handelskonzepten recherchiert, die digitale Technologien auf innovative Weise einsetzen. Die Trendscouts waren in Schweden, Großbritannien, Polen, Spanien und Deutschland unterwegs. Straßeninterviews. In Hamburg und München wurden vor Supermärkten, Modegeschäften, Elektronik-Geschäften, Baumärkten und Telekommunikationsgeschäften insgesamt 60 Kunden kurz interviewt. Diese Kurzinterviews wurden gefilmt. Fokusgruppe. Fünf Shopping-Lead-User wurden zu einer 90-minütigen Gruppendiskussion eingeladen. Darunter waren drei Frauen und zwei Männer im Alter von 20 bis 35 Jahren. Außerdem nahmen 10 Interone-Mitarbeiter an der Gruppendiskussion teil. Branchen. Folgende Einkaufsbereiche wurden untersucht: • Lebensmittel • Kleidung • Elektronische Geräte • Baumarkt-Artikel • Telekommunikations-Dienstleistungen

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Das Internet hat sich als Verkaufskanal fest etabliert und die Handelslandschaft massiv verändert. Aber 12 Jahre, nachdem Boris Becker fragte, ob er schon drin sei, nutzen Käufer das Internet nur in bestimmten Bereichen häufig zum Kauf. So dominiert bei Lebensmitteln, Kleidung und Baumarkt-Artikeln weiterhin der Kauf vor Ort. Es gibt nur wenige reine Online-Käufer. Aber es gibt hier einen nennenswerten Anteil an hybriden Käufern, die sowohl im Geschäft als auch im Internet einkaufen. Bei Telekommunikations-Dienstleistungen hingegen spielt das Internet als Vertriebskanal eine tragende Rolle. Nur noch jeder Dritte schließt Verträge ausschließlich im Geschäft ab. Bei elektronischen Geräten ist der Online-Kauf weit verbreitet. Es gibt mehr reine Online- als Offline-Käufer. Mehr als jeder Zweite ist ein hybrider Käufer. Zukünftig werden die Einkaufsbereiche, die bereits heute stark vom Online-Handel geprägt sind, am stärksten von der nächsten Welle der Digitalisierung erfasst. In anderen Bereichen wird der Online-Handel deutlich stärker Fuß fassen.

Interview München 01 http://go.interone.de/lqGlq9

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Boris Becker im AOL Werbespot go.interone.de/lNrPjB

wo kaufen sie generell ... ? / wo schließen sie generell ... ab?* Lebensmittel

Bekleidung

elektronische Geräte

Heimwerkerbedarf

Telekommunikations-Dienstleistung

0% *Aufgrund der zu geringen Fallgrößen wurden die Kombinationskäufer herangezogen..

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Offline-Käufer

stark von Offline-Kauf geprägt

Online-Käufer

stark von Online-Kauf geprägt

Hybrid-Käufer

stark von Hybrid-Kauf geprägt

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Amazon Suchseite für Lebensmittel go.interone.de/lFwGWk

Tegut und Gourmondo verbünden sich im Lebensmittelbereich go.interone.de/lGH43U

2.1. # Lebensmittel Mehr Menschen kaufen Lebensmittel online als an Kiosken und Tankstellen Supermärkte und Discounter bestimmen den Lebensmittelhandel. Es gibt niemanden, der nie dort einkauft. Aber heute kaufen bereits mehr Menschen Lebensmittel online als an Kiosken oder Tankstellen. Vor allem die über 30-Jährigen nutzen den Online-Kauf. Bei den Hybrid-Käufern ist dieses Verhalten sehr weit verbreitet. Zwei von drei Befragten wählen zum Shopping zumindest gelegentlich das Internet (69%). Abseits der Bedarfskäufe im Supermarkt gibt es schon heute Nischen, in denen der Online-Kauf gut funktioniert. Dies sind Delikatessen, die es vor Ort nicht gibt, und Produkte, bei denen sich die Bevorratung größerer Mengen lohnt.

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Neue Liefer- und Bestellmodelle: Mit der Einführung neuer Liefer- und Bestellmodelle wird es in der Branche zukünftig eine massive Veränderung geben. Diese sind für den stationären Handel Chance und Risiko zugleich. Neue Akteure wie Amazon drängen in den Lebensmittel-Handel, die ausgeprägte Expertise im Online-Handel mitbringen. Aber auch etablierte Akteure wagen sich mit unterschiedlichen Ansätzen in den Online-Handel. Tegut und Gourmondo kooperieren. Real testet ein Drive-in-Konzept. In Schweden wagte der etablierte Online-Lebensmittel-Händler Netxtra den Schritt in die stationäre Welt. Kunden können online wählen, ob sie die Ware geliefert bekommen oder abholen wollen. Außerdem können sie im realen Geschäft einkaufen. Auf Basis eines funktionierenden Liefermodells werden auch Shopping-Apps für Lebensmittel eine andere Bedeutung erfahren.

Die Top 4 der Einkaufsorte für Lebensmittel. „Wie häufig nutzen Sie die folgenden Möglichkeiten zum Einkauf von Lebensmitteln / Dingen des täglichen Bedarfs?“ Top-2-Boxen: „Häufig“ und „gelegentlich“, Mehrfachnennungen sind möglich.

Supermarkt

Discounter

online

Kiosk oder Tankstelle

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100%

Gesamt Offline-Käufer Hybrid-Käufer

Mehr Zeit, weniger Frust. Diese neuen Modelle nehmen Käufern den mühseligen Teil des Lebensmitteleinkaufs ab. Sie beschleunigen die routinierten Einkäufe und erleichtern den Transport. Konsumenten werden neue Routinen entwickeln, wann sie wo wie viel einkaufen. Soziale Empfehlungsmechanismen werden die Produktauswahl viel entscheidender bestimmen als heute.

Real Drive go.interone.de/jaxWmn

Netxtra Drive Through go.interone.de/ljj59u

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2.2 # Kleidung Männer kaufen stationär, Frauen kaufen überall Der stationäre Handel hat in den letzten Jahren massiv Kunden an eTailer verloren. Zwar dominiert auch 2011 der stationäre Handel bei der Wahl der Einkaufsorte. Aber der Online-Handel hat sich fest etabliert. Die Mehrheit der Konsumenten (58%) kombiniert den Online- und Offline-Kauf. Wie im stationären Handel bestimmen große Player das OnlineGeschehen. Daneben halten sich kleinere Anbieter und Marken-Stores. Zukünftig werden stationäre Händler noch stärker das Internet nutzen, um Traffic in die Geschäfte zu bringen und zusätzlich online zu verkaufen. Online-Händler werden das Shopping-Erlebnis deutlich ausbauen und noch stärker dort verkaufen, wo ihre Kunden online Zeit verbringen. Erfahrene Kunden kaufen online. Je erfahrener die Kunden im Mode-Kauf sind, desto stärker kaufen sie auch online ein. Männer kaufen zur Hälfte vorrangig in Geschäften (48%). Sie haben häufig eine eher funktionale Einstellung zu Kleidung. Der Kauf im Geschäft ist daher die einfachste Art des Kaufs. Bei den Frauen kauft nur knapp ein Viertel (23%) hauptsächlich im Geschäft. Frauen kombinieren die verschiedenen Kanäle (70%). So haben sie die größtmögliche Auswahl.

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Neue Online-Shopping-Erlebnisse: Mit der zunehmenden Verbreitung von Tablets und Smartphones gehen zentrale Differenzierungsmerkmale des stationären Handels verloren. So berichten die Teilnehmer der Gruppendiskussion begeistert darüber, wie Mode in Shopping-Apps und FashioneTailern präsentiert wird. Mit Hilfe der Kamera kann Kleidung virtuell anprobiert werden. Das Start-upUnternehmen Upcload ermöglicht es sogar, über die Web-Cam seine Maße messen zu lassen. Damit lässt sich zukünftig jedes Kleidungsstück virtuell anprobieren. Offline-Traffic online generieren: Aber auch der stationäre Handel hat viele Möglichkeiten, sich mit Hilfe digitaler Technologien neu zu erfinden, online zusätzlich Aufmerksamkeit zu schaffen und mehr Traffic auf die Fläche zu bringen. Vor der Eröffnung einer neuen Filiale in Schweden hat IKEA das Geschäft online zugänglich gemacht. Nutzer konnten das Geschäft über Hitta.se, ein schwedisches Pendant zu Google Street View, dreidimensional betreten. Über Facebook organisieren Händler besondere Aktionen im Geschäft für Freunde und Fans. Peek & Cloppenburg verloste über Facebook Einladungen zu ShoppingParties und diverse kleinere Geschäfte twittern, welche neuen Produkte gerade eingetroffen sind.

Upcload Website, go.interone.de/mFEfxE

Video zu IKEA Store View, go.interone.de/jSpGD6

IKEA Interactive Store View go.interone.de/kJxRV4

Peek & Cloppenburg Facebook Seite go.interone.de/jgAmod

Die Top 10 der Einkaufsorte für Kleidung. „Wie häufig nutzen Sie die folgenden Möglichkeiten zum Kauf von Kleidung?“ Top-2-Boxen: „Häufig“ und „gelegentlich“, Mehrfachnennungen sind möglich.

Gesamt Textildiscounter Filialen großer Bekleidungsunternehmen kleinere Läden, die verschiedene Marken führen online bei großen Versandhändlern Filialen von Marken online bei Händlern mit einem Spezialangebot Internetseiten von Markenherstellern Discounter online gebraucht Online-Shopping-Clubs 0%

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Offline-Käufer Filialen großer Bekleidungsunternehmen Textildiscounter kleinere Läden, die verschiedene Marken führen Filialen von Marken Discounter online bei großen Versandhändlern online bei Händlern mit einem Spezialangebot Internetseiten von Markenherstellern online gebraucht Online-Shopping-Clubs

Online-Käufer online bei großen Versandhändlern online bei Händlern mit einem Spezialangebot Internetseiten von Markenherstellern Textildiscounter Filialen großer Bekleidungsunternehmen kleinere Läden, die verschiedene Marken führen Filialen von Marken Discounter online gebraucht Online-Shopping-Clubs

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2.3 # Elektronische Geräte Der Preis bestimmt den Ort Der Kauf elektronischer Geräte ist wie kein anderer vom Online-Kauf geprägt. In keinem anderen Einkaufsbereich ist der Preisdruck so hart, nirgends sind Einkaufsorte so austauschbar, nirgends wird so funktional eingekauft. Mehr als jeder Zweite kombiniert die Kanäle (56%). Jeder Vierte ist ein reiner Online-Käufer (24%) und nur jeder Fünfte kauft vorrangig vor Ort (21%). Große OnlineVersandhändler liegen gleichauf mit ElektroDiscountern (82% Elektro-Discounter, 74% große Online-Händler). Zukünftig wird es in diesem Bereich eine vollkommene Preisund Warentransparenz geben. Neue Points of Sales und Geschäftsmodelle entstehen über Showrooms und Werbeflächen. Stationäre Händler sind mehr denn je gefragt, sich neu zu erfinden. Billig, billiger, Preistransparenz: Bei elektronischen Geräten bestimmt der Preis wie nirgends sonst den Kaufort. Jeder Zweite kauft zumindest gelegentlich online dort ein, wo es am billigsten ist. Elektro-Discounter sind der Ort, an dem die meisten Konsumenten einkaufen. Vor allem Frauen kaufen in Geschäften, während Männer eher online zuschlagen. Jeder Fünfte nutzt zumindest gelegentlich das Handy im Geschäft, um zu schauen, ob es das Produkt woanders billiger gibt. Noch kauft zwar nur eine absolute Minderheit direkt über das Handy ein (4%). Dies wird sich zukünftig jedoch ändern. Es wird eine absolute Preis- und Warentransparenz geben. Wer teurer ist, muss sich etwas einfallen lassen.

Neue Points of Sale: Einerseits wird der OnlineHandel der Preistreiber sein. Nach den Discountern haben die Shopping-Clubs die nächste Preisrevolution gestartet. Und es wird nicht die letzte sein. Andererseits werden die großen Player des eCommerce über Smartphones in den physischen Raum und die klassischen Medien drängen. Sie werden neue Points of Sale etablieren, über interaktive Werbeflächen verkaufen und sich in die lokale Suche einklinken. Warenwirtschaftssysteme öffnen: Händler werden den POS so verlängern, dass sie auch außerhalb der Öffnungszeiten Bestellungen generieren. Interaktive Schaufenster werden hier ebenso zum Einsatz kommen wie Showrooms, in denen das Produkt nur ausgestellt wird. Bestellt wird über Kiosksysteme oder Smartphones. Stationäre Händler werden die sofortige Verfügbarkeit von Waren noch stärker zum Verkaufsargument machen. Hierfür werden sie ihre Warenbestände offenlegen. Wer lokal ein Produkt sucht und es sofort kaufen will, findet so, welcher Laden es im Angebot hat. In den USA ist dies gelebte Praxis. eBay kaufte im Dezember 2010 die lokale Produktsuchmaschine Milo für 75 Millionen US-Dollar. Je begehrter und limitierter die Produkte sind, desto stärker lässt sich auch ein höherer Verkaufspreis für die Verfügbarkeit im Geschäft durchsetzen.

eBay kauft Milo go.interone.de/jxzJ9M

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Die Top 10 der Einkaufsorte für elektronische Geräte. „Wie häufig nutzen Sie die folgenden Möglichkeiten zum Kauf von elektronischen Geräten?“ Top-2-Boxen: „Häufig“ und „gelegentlich“, Mehrfachnennungen sind möglich. Gesamt Elektro-Discounter online bei großen Versandhändlern online dort, wo es am billigsten ist Discounter eBay Fachgroßhandel kleinere Fachhändler online bei kleineren Versandhändlern Online-Shopping-Clubs Flohmarkt 0%

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Offline-Käufer Elektro-Discounter Discounter online bei großen Versandhändlern Fachgroßhandel kleinere Fachhändler eBay online dort, wo es am billigsten ist online bei kleineren Versandhändlern Flohmarkt Online-Shopping-Clubs

Online-Käufer online bei großen Versandhändlern Elektro-Discounter online dort, wo es am billigsten ist eBay online bei kleineren Versandhändlern Discounter Fachgroßhandel kleinere Fachhändler Online-Shopping-Clubs Flohmarkt

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Bauhaus Objektplaner go.interone.de/ieKlUJ

Toom Baumarkt Ideen go.interone.de/koXDUJ

Obi Farbfinder go.interone.de/lPcU2a

2.4 # Baumärkte Zusätzliche Umsätze durch digitale Services Bei Baumärkten spielt der stationäre Handel traditionell eine starke Rolle. Wer dringend Schrauben, Farben, Holz oder Meterware braucht, bestellt sie nicht online und wartet zwei Tage auf die Lieferung. 70% der Befragten kaufen vor Ort. Aber jeder vierte Befragte kauft sowohl im Geschäft als auch im Internet. Während Frauen eher stationär ihren Heimwerkerbedarf decken (79% der Frauen, 63% der Männer), wagen sich Männer mehr in die Online-Shops (32% der Männer, 18% der Frauen). Zukünftig wird der Baumarkt-Bereich vor allem durch digitale Service-Tools revolutioniert. Marken & Händler werden über Online-Angebote und AppTools versuchen, Kunden stärker bei ihren Umsetzungsvorhaben zu unterstützen. Der Online-Handel ist noch in der Entwicklungsphase. Es gibt keine relevanten OnlineAkteure, die eine zentrale Stellung einnehmen. Bei großen Online-Versandhändlern bestellen nur vier von zehn Befragten. Allerdings wird über das Internet verstärkt recherchiert. Marken und Händler

Bauhaus Planungsapp go.interone.de/ije5tm 20

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können online Konsumenten gewinnen, wenn sie nicht nur werben und informieren, sondern konkrete Umsetzungsideen und Services anbieten. Toom-Baumärkte bieten online Gestaltungsideen, Anleitungen inkl. Schwierigkeitsgrad sowie VideoTutorials an. Bauhaus geht einen Schritt weiter und bietet einen eigenen Objektplaner. Hier können Kunden sehen, wie Laminate, Farben und andere Materialien in ihrer Wohnung aussehen. Praktiker vermittelt über Myhammer auch direkt Handwerker. Tablets und Smartphones als Planungstool. Der Farbfinder von Obi hilft dabei, den passenden Farbton zu identifizieren. Mit Apps von IKEA und Praktiker können Kunden über eine Augmented Reality-Lösung schauen, wie Produkte in die eigenen Räumlichkeiten oder den eigenen Garten passen. Die App von Bauhaus in Schweden ermöglicht es Kunden, auf Basis von Fotos die Maße von Objekten nehmen zu nehmen. UHU hat Touchscreens am Regal installiert, die Kunden helfen, den richtigen Klebstoff für die Komponenten zu finden.

UHU Klebeberater am POS go.interone.de/jmSxLp

Praktiker entdeckt Augmented Reality go.interone.de/mykj3d

Die Top 9 der Einkaufsorte für Baumarkt-Artikel. „wie häufig nutzen sie die folgenden möglichkeiten zum kauf von baumarkt-artikeln?“ Top-2-boxen: „häufig“ und „gelegentlich“, mehrfachnennungen sind möglich. Gesamt Fachgroßhandel Baumarkt-Discounter Discounter online bei großen Versandhändlern online dort, wo es am billigsten ist kleinere Fachhändler eBay Flohmarkt Online-Shopping-Clubs 0%

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Hybrid-Käufer Fachgroßhandel Baumarkt-Discounter Discounter online bei großen Versandhändlern online dort, wo es am billigsten ist kleinere Fachhändler eBay Online-Shopping-Clubs Flohmarkt

Video zur IKEA App go.interone.de/k3eafJ

Praktiker Service My Hammer go.interone.de/iGMw21 The Retail Revolution

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„Ich hab mich vorher im Web informiert, aber den Klang von Radios kann man schlecht online testen.“

2.5 # Telekommunikation Neue Geschäftsmodelle bestimmen den POS von morgen Bei Telekommunikations-Dienstleistungen hat das Internet bereits die zentrale Rolle eingenommen. 48% der Befragten nutzen vorrangig das Internet. Nur jeder Dritte geht vorrangig in den Laden vor Ort (31%). Die Webseite der Anbieter ist die zentrale Anlaufstation (68%). Stationär haben Elektronik-Geschäfte eine höhere Bedeutung als die Shops der Anbieter (57% Elektronik-Geschäfte, 38% Anbieter-Geschäfte). Telekommunikations-Verträge werden häufig mit Produkten wie Telefonen gekoppelt angeboten. Zukünftig geht es aber immer stärker um Datentransfer und weniger um Telefone. Die Geschäfte werden sich also stark mit den jeweiligen Geschäftsmodellen der Anbieter verändern.

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The Retail Revolution

Die Revolution liegt im Angebot. Im Telekommunikations-Bereich ist der Markt gesättigt. Es gibt kaum noch nennenswerte neue Kundengruppen zu erschließen. Die Anbieter sind herausgefordert, bestehende Kunden zu halten. Einerseits versuchen die Anbieter, sich neue Geschäftsfelder wie z.B. Paid Content oder Events zu erschließen. Andererseits wird zukünftig eine Vielzahl von Geräten und Maschinen an das Internet angeschlossen werden. So werden ab 2014 alle neu zugelassenen Autos mit einer eigenen SIM-Card ausgestattet sein. eReader werden mit SIM-Cards ausgestattet etc. Telekommunikationsdienstleistungen werden also stärker in den Handel neuer Bereiche wie Automobil oder Unterhaltungselektronik integriert. Diese neuen Geschäftsbereiche werden den Handel von morgen prägen.

Die Top 6 der Einkaufsorte für Telekommunikations-Dienstleistungen. „Wie häufig nutzen Sie die folgenden Möglichkeiten für Telekommunikations-Dienstleistungen?“ Top-2-Boxen: „Häufig“ und „gelegentlich“, Mehrfachnennungen sind möglich. Gesamt Webseite des Telekommunikations-Anbieters Elektronik-Geschäft anderweitig online Discounter Geschäft eines Telekommunikations-Anbieters kleinere Geschäfte, die alle Telekommunikations-Anbieter im Angebot haben

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Offline-Käufer Elektronik-Geschäft Webseite des Telekommunikations-Anbieters Geschäft eines Telekommunikations-Anbieters Discounter anderweitig online kleinere Geschäfte, die alle Telekommunikations-Anbieter im Angebot haben

Online-Käufer Webseite des Telekommunikations-Anbieters anderweitig online Elektronik-Geschäft Discounter Geschäft eines Telekommunikations-Anbieters kleinere Geschäfte, die alle Telekommunikations-Anbieter im Angebot haben

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3 11 Aspekte prägen das Kaufverhalten moderner Konsumenten von der ersten Kaufidee bis zum getätigten Kauf. Insgesamt ist der Kaufprozess heute extrem kurzfristig. Die meisten Befragten treffen ihre Kaufentscheidungen innerhalb weniger Tage. In dieser Zeit findet eine komplexe Auseinandersetzung statt. Viele kaufen einfach spontan. Selbst in dieser sehr kurzen Zeit informieren sich viele Kunden intensiv. Sie recherchieren online wie offline, besuchen Geschäfte und Online-Stores und vergleichen Preise. Viele Konsumenten haben auch 2011 online

wie offline einen Händler des Vertrauens. Ergänzend kaufen sie jedoch bei einer Vielzahl weiterer Einkaufsorte. Händler vergeben hier Potenzial, weil sie zu funktional sind und zu wenig inspirieren. Anders jedoch als bei den Händlern gibt es keine ausgeprägte Markenbindung. Vielfach werden Marken gewechselt oder es stehen Produkt-Aspekte im Vordergrund. Hier sind neue Ansätze der Kundenbindung gefragt. Hier werden Facebook und Smartphones zukünftig wichtige Hilfe leisten. Derzeit spielen sie im direkten Kaufprozess keine wesentliche Rolle.

3.1 # Entscheidungszeiträume Kaufentscheidungen werden in 2 Tagen getroffen Kaufentscheidungen werden heute sehr kurzfristig getroffen. Mit Ausnahme von elektronischen Geräten und Telekommunikations-Dienstleistungen entscheidet sich die absolute Mehrheit der Befragten innerhalb von zwei Tagen (Lebensmittel 93%, Bekleidung 86%, Baumarkt-Artikel 71%). Angesichts der stark zunehmenden Angebotskomplexität haben moderne Konsumenten Strategien gefunden, um handlungsfähig zu bleiben und auf Basis äußerst unvollständiger Informationen zu entscheiden. Diese hohe Kurzfristigkeit stellt den Handel vor neue Herausforderungen und eröffnet ihm gleichzeitig neue Chancen. Impuls- und Routinekäufe. Bei Lebensmitteln und Kleidung spielen Impuls- und Routinekäufe die zentrale Rolle. Mehr als die Hälfte der Befragten entscheidet spontan im Geschäft. Entweder kaufen sie, was sie anspricht, oder das, was sie immer kaufen. Impulskäufe sind vorrangig Lustkäufe. Konsumenten verwöhnen oder belohnen sich oder kompensieren Alltagsprobleme. Im Englischen spricht man von Retail Therapy. Routinekäufe sind dagegen Bedarfskäufe. Sie verkörpern eher die mühselige und negative Seite des Einkau-

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fens. Händler, die von Spontankäufen profitieren wollen, müssen über die Gestaltung des Point of Sale und des Einkaufserlebnisses positive Anreize geben. Kurzfristige Planung. Die meisten Befragten haben ihre letzten Einkäufe maximal zwei Tage geplant. Die Informationsphase ist entsprechend stark verdichtet. Eine intensive Auseinandersetzung ist in dieser Zeit kaum möglich. Und auch die Aspiration, also das Träumen von etwas, spielt keine wirkliche Rolle. Wer etwas will, kauft es.

Selfscanner bei E.Leclerc go.interone.de/kaUjsH

Ableitungen für das Handelsmarketing Herausforderungen und Chancen. Der Handel hat die Schwierigkeit, diese äußerst kurzfristigen Kaufimpulse zu planen, zu bevorraten und zu kanalisieren. Aber Daten-basierte Personalisierungsund Empfehlungsmechanismen eröffnen neue Chancen. Beide Elemente sind im eCommerce seit langem fest etabliert. Auch stationär sind solche Systeme möglich. Voraussetzung ist, dass Kun-

den sich beim Betreten des Geschäfts identifizieren. So erhalten Kunden in den Supermarktketten E.Leclerc in Polen und Willys in Schweden einen Scanner. Über Kredit- oder Kundenkarten scannen sie damit während des Einkaufs ihre Produkte selbst. Diese Daten lassen sich für neue Arten der Empfehlungen und Kundenbindung nutzen.

Wenn Sie einmal an Ihren letzten Einkauf / Abschluss von ... denken, wie viel Zeit haben Sie von der ersten Idee bis zum Kauf gebraucht? Ich habe mich spontan im Geschäft entschieden

Ein paar Stunden

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3.2 # Informationsquellen Medien sind wichtiger als Freunde In der Planung ihrer Konsumentscheidungen beziehen Konsumenten drei Arten von Quellen ein: Medien, soziale Kontakte und Verkäufer. Sich selbst über Medien wie Zeitungen, Fernsehen oder Internet zu informieren, ist nach wie vor am weitesten verbreitet (48-90%). Vor allem Online-Käufer nutzen Medien, um die besten Entscheidungen zu treffen. Angesichts der Kurzfristigkeit vieler Kaufentscheidungen sind Ratschläge von Freunden, Bekannten, Kollegen oder Verwandten ein wichtiger Relevanz-Filter (4368%). Je unerfahrener Konsumenten in dem Bereich sind, desto häufiger konsultieren sie ihr soziales Netzwerk. Inwiefern Konsumenten sich an Verkäufer wenden, ist stark vom Einkaufsbereich und vom Geschlecht abhängig (24-80%). So lassen sich Männer stärker bei Lebensmitteln beraten (27% der Männer, 21% der Frauen), während Frauen sich eher bei elektronischen Geräten und Baumarkt-Artikeln an die Verkäufer wenden (80% bzw. 84% der Frauen, 65% bzw. 76% der Männer). Für den Handel und Marken wird es zukünftig noch wichtiger, nicht nur zu verkaufen, sondern Kunden mit den richtigen Informationen an den richtigen Orten zu versorgen und sie zu Multiplikatoren zu machen. Medien bei langfristig wirkenden Konsumentscheidungen: Je langfristiger Konsumentscheidungen wirken, desto mehr informieren Konsumenten sich selbst. So spielt das eigene Informieren über Medien in den Bereichen Elektroni-

bauspezi integriert Routen in Navigationsgerät go.interone.de/iP1WsY

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sche Geräte, Heimwerkerbedarf und Telekommunikation die größte Rolle, bei Mode die geringste. Schließlich werden einen die Geräte, Renovierungen oder Verträge ein paar Jahre begleiten. Außerdem spielt die Vertrautheit mit Medien insgesamt eine Rolle: Deutlich mehr Online-Käufer informieren sich über Medien als Offline-Käufer. Empfehlungen bei fehlender Erfahrung. Wer unsicher ist und nicht weiß, welche Informationen für ihn relevant sind, fragt Freunde und Bekannte um Rat. Konsumenten kompensieren so ihre Unsicherheit. So wenden sich Frauen häufig bei Baumarkt-Artikeln und elektronischen Geräten und Jüngere im Bereich Lebensmittel an ihr soziales Netzwerk. Auch wenn das soziale Umfeld in der konkreten Entscheidungsfindung nicht die zentrale Rolle spielt, sollte es nicht unterschätzt werden. Gerade bei der Herausbildung von Präferenzen und Ästhetikvorlieben prägen soziale Gruppen unterbewusst. Beratung nicht unterschätzen. Das Verkaufspersonal im Geschäft gilt gemeinhin als inkompetent und ist ein Kostentreiber für den Handel. Wer kennt nicht das Gefühl, als Konsument mehr zu wissen als der Verkäufer. Trotzdem spielt die Beratung vor Ort eine wichtige Rolle. Vor allem bei Produkten, die eine Expertise voraussetzen, und vor allem für Konsumenten mit wenig Erfahrung und Expertise. So fragen viele Männer bei Lebensmitteln die Verkäufer um Rat, während Frauen sich im Baumarkt oder Elektro-Handel ans Personal wenden.

Innovationsvideo von 3Live go.interone.de/lTwqAk

Conrad Youtube Kanal go.interone.de/kCa9wd

Ableitungen für das Handelsmarketing Aktiver und lokaler informieren. Für Marken und Handel wird es zukünftig wichtiger, eine aktive Rolle in der Informationsphase einzunehmen. Online bestehen viele Möglichkeiten, Informationen anzubieten oder zu kanalisieren. So ist die Suchmaschinenoptimierung für das gesamte Sortiment Pflicht. Darüber hinaus werden zukünftig lokale Informationen massiv an Relevanz gewinnen. Dazu zählen die Fragen: Wo ist der nächste Händler, der dieses Produkt führt? Wie komme ich am schnellsten dorthin? Kunden von bauspezi können sich z.B. über die Webseite die Route zum nächstgelegenen Geschäft im TomTom-Navigationsgerät anzeigen lassen.

Beratung weiter fassen. Zukünftig wird die Beratung nicht nur auf der Fläche erfolgen, sondern auch online. Es geht darum, möglichst früh eine Beziehung zu Interessierten aufzubauen. Kunden des schwedischen Mobilfunkanbieters 3 können online eine Live-Video-Beratung bekommen. Der Berater kann über eine Multi-Touch-Oberfläche alle Produkte auf den Bildschirm ziehen und die Produkte erklären. Fans eine Plattform geben. Wer begeistert ist, begeistert auch andere. Diesen Effekt nutzen Händler und Marken noch zu wenig im Verkauf. Der Fachgroßhändler Conrad richtete z.B. einen eigenen Youtube-Channel für Fans ein. Unter dem Motto „Sie haben den Spaß, wir haben die Technik“ zeigen Bastler ihre Konstruktionen.

Wie informieren Sie sich, wenn Sie ... kaufen? Top-2-Boxen: „Häufig“ und „gelegentlich“, Mehrfachnennungen sind möglich. Ich lasse mich vom Verkaufspersonal beraten. Ich orientiere mich an Empfehlungen von Freunden und Bekannten. Ich informiere mich selbst über Zeitungen, Fernsehen, Internet etc. Ich kaufe, ohne mich beraten zu lassen oder zu informieren.

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3.3 # Neuheiten Neues inspiriert zum Kauf Produktneuheiten, limitierte Auflagen, neue Themen, Moden, Farben, Schnitte, Rezepte, Geschmacksrichtungen, Materialien, Funktionen oder Features machen neugierig, schaffen Aufmerksamkeit und schüren unsere Sehnsüchte. Sie zeigen uns als Konsumenten auf, was wir haben könnten. Wer Neues zuerst hat, gilt als modern. Aber nur eine absolute Minderheit gehört zu denjenigen, die das Neue auch sofort haben müssen (3-7%). Die große Mehrheit verfolgt zunächst gebannt das Geschehen (53-78%). Zukünftig wird der Handel sich auf noch schnellere Themen- und Innovationszyklen einstellen. Je schneller Hypes den Handel erreichen, desto besser lassen sie sich kapitalisieren. Er hat die Chance, das Neue anfassbar zu machen, und darüber neue Kunden in die Geschäfte zu bringen.

Konsum-Elite: Aber nur eine Minderheit von 3-7% der Befragten kauft Neues sofort. Sie gehört jedoch zur Konsum-Elite, die Produktneuheiten als Erste haben muss. Sie identifiziert sich mit dem Neuen. Sie zeigt Neues in ihrem Freundeskreis herum und genießt den Ruf, Vorreiter zu sein. Man fragt sie nach Empfehlungen, Einschätzungen und Ratschlägen. Dies macht sie zu einer wichtigen Kundengruppe von Multiplikatoren. Die große Mehrheit wartet ab. Das Interesse am Neuen führt also nicht dazu, dass sofort gekauft wird. Die meisten Befragten müssen Produktneuheiten nicht zuerst haben. Sie warten ab, bis Preise sinken und es Angebote gibt. Sie beobachten, welche Erfahrungen andere Konsumenten mit den Produkten machen, und was sich durchsetzt.

Der Reiz des Neuen: 57-81% der Befragten haben Interesse am Neuen. Das gilt für alle Einkaufsbereiche, für Frauen wie für Männer, für OnlineKäufer wie für Offline-Käufer. Egal ob das Neue begeistert oder abschreckt, es hat einen ganz eigenen Reiz und schafft Gesprächsstoff.

Wie wichtig sind Ihnen Produktneuheiten beim Kauf von ... ?* Mir ist es wichtig, Produktneuheiten als Erster zu haben. Mich interessieren Produktneuheiten, aber ich muss sie nicht als Erster haben. Mir sind Produktneuheiten nicht wichtig.

0% * Frage wurde sprachlich vereinheitlicht.

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Ableitungen für das Handelsmarketing Aktionsflächen bereitstellen. Im Handel sind die Flächen extrem durchrationalisiert. Nur was sich exzellent verkauft, wird angeboten. Um mehr Abwechslung zu bieten und sich stärker vom Wettbewerb abzuheben, sollten Händler ihre Kurationsaufgabe stärker wahrnehmen und Platz schaffen für junge, aufstrebende Marken. Neues über Themen spielen. Händler können vor allem über neue Themen und Events spielen. Hier sind vor allem spielerische Ansätze interessant. Es motiviert Konsumenten, mitzumachen, um etwas zu gewinnen und sich mit anderen zu messen. Dank Smartphones lassen sich äußerst spannende Ansätze auch in die Städte und Fußgängerzonen bringen. So schrieb MINI in Stockholm eine virtuelle Schnitzeljagd aus. Über eine App galt es einen virtuellen MINI zu stehlen. Jeder, der auf 50m an den virtuellen MINI herankam und das Objekt in der App entdeckte, konnte es stehlen. Wer das virtuelle Auto länger als eine Woche besaß, hat es gewonnen. Kooperationen eingehen. Neues entsteht auch über ungewöhnliche Zusammenarbeiten verschiedener Partner. Um junge Menschen für das Ballett zu begeistern, kooperierte die Royal Opera mit dem schwedischen Modehändler Weekday

Mini Getaway Stockholm go.interone.de/m4dZBB

und verkaufte Ballett-Tickets als T-Shirts. Als Teil der Aktion gab es auch eine Live-Performance im Geschäft. Außerdem konnten Kunden das T-Shirt Probe hören. Für Überraschungen an ungewöhnlichen Orten sorgen. Wer Gesprächsstoff erzeugen will, muss überraschen. Um die Qualität der eigenen Kühlschränke zu demonstrieren, platzierte Bosch Fleischattrappen im Lebensmittelhandel. Zwischen regulärem Fleisch lagen plötzlich Saurierschenkel oder Säbelzahntiger-Filets. Über QR-Codes gelangten Interessierte zu einer Microsite. Meinungsführer integrieren. Marken und Händler, die es schaffen, die Konsumvorreiter ihrer Branche zu identifizieren und mit ihnen zu kommunizieren, können auf einen Multiplikatoreffekt vertrauen. Bosch hat einen Facebook-Auftritt für Profis entwickelt. Professionelle Handwerker können sich als Tester bewerben und Neuheiten als Erste testen. Neues exklusiv vorab demonstrieren. Marken und Händler können zusätzliche Aufmerksamkeit erzeugen, wenn sie Produktneuheiten vor der Veröffentlichung ausstellen. Meinungsführer und Konsumenten können die Neuheiten vor Ort ausprobieren und sich mit ihnen vertraut machen.

Bosch Steinzeitfleisch go.interone.de/mRF7Y2

Bosch Facebook Seite go.interone.de/jbzrNw

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3.4 # Online-Marken-Auftritte: Markenwebseiten sind zentral Die Zugriffszahlen von Markenwebseiten gehen zurück und die Nutzerzahlen von Facebook steigen. Im Einkaufsprozess spiegelt sich das nicht wider: Bei der Recherche ist der Besuch der Markenwebseite unverzichtbarer Bestandteil. Für Unternehmen sind sie das zentrale Medium, um Kunden gesicherte Informationen zu bieten. Aber auch Newsletter haben eine treue Leserschaft. Facebook-Auftritte und Apps spielen im Einkaufsprozess noch keine nennenswerte Rolle. Zukünftig werden Facebook-Auftritte und Apps jedoch auch verkaufen. Markenwebseiten sind die wichtigste Anbieter-Quelle: Je stärker der Einkaufsbereich online erschlossen ist, desto wichtiger ist die Markenwebseite vor dem Kauf. So haben 72% der befragten Käufer von elektronischen Geräten und 80% aus dem Bereich Telekommunikation die Markenwebseite besucht. Wer online Produktbewertungen liest oder Händlerangebote vergleicht, besucht auch die Markenwebseite. Newsletter werden unterschätzt: Angeblich ist die Email tot. Chats und soziale Netzwerke würden sie ersetzen. Aber im Kaufprozess sind Emails wichtig. Neben Markenwebseiten sind Newsletter die zweite wichtige Online-Quelle für Informationen von Marken, Händlern und Herstellern.

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Zwischen 10 und 24% der Befragten sind vor ihrem letzten Einkauf mit Newslettern in Kontakt gekommen. Nicht zuletzt mobile Endgeräte führen dazu, dass Konsumenten wieder stärker EmailNewsletter lesen. Die Auswahl spezieller Inhalte passt zur mobilen Nutzung unterwegs. Sie sind eine zentrale Quelle, um über Neues auf dem Laufenden zu bleiben. Facebook-Auftritte und Apps sind noch Nischenangebote: Facebook-Auftritte und Smartphone-Apps von Marken sind wichtige Kanäle, um mediale Vorreiter an sich zu binden und mit ihnen zu kommunizieren. Die Zahl der Follower und Nutzer steigt. Noch spielen diese neuen Kanäle keine Rolle im Kaufentscheidungsprozess. Nur 2-4% nutzen Facebook-Auftritte oder mobile Apps von Marken. Selbst bei den Online-Käufern oder bei Jüngeren sind es kaum mehr. Zukünftig werden diese Kanäle eine deutlich stärkere Rolle im Verkauf spielen. Social-Media-Beratung und Kundenservice: In der Gruppendiskussion mit Lead-Usern wurde Twitter als Kanal für die Beratung und Kundenservice diskutiert. Insbesondere im Bereich Telekommunikation. Wer seine Probleme oder Fragen twittert, erhält innerhalb kürzester Zeit Antwort und häufig sogar gute Tipps für die Kaufentscheidung.

WhitePaper zu Facebook Nutzerzahlen go.interone.de/jliCrg

Asos Facebook Seite go.interone.de/kSQ5zl

Best Buy Twitter Kanal go.interone.de/k1EO6f

Video zu Albert Heijn App go.interone.de/lvN3QE

Getsatisfaction Website go.interone.de/kMpaUU

Brandlisten Website go.interone.de/jIcQxb

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Ableitungen für das Handelsmarketing Service-Aspekte der Markenwebseiten ausbauen. Insbesondere in den Bereichen Elektronische Geräte, Baumärkte und Telekommunikation ist die Recherche für viele Konsumenten mühsam. Webseiten von Marken und Händlern sollten stärker auf eine Entscheidungsfindung ausgerichtet werden. Sie sollten dem Interessierten helfen, eine richtige Entscheidung zu treffen – selbst wenn diese nicht für die Marke ausfallen sollte.

Geschäfte betreten haben, und generieren zusätzlichen Traffic für den stationären Handel.

Facebook-Auftritte brauchen Kaufrelevanz. Die Auftritte von Marken und Händlern sind derzeit auf die Kommunikation mit Followern ausgerichtet. Es fehlt die direkte Anbindung an den Verkauf. Erste Händler und Marken beginnen nun, Shops in Facebook zu integrieren und Verkaufsaktionen zu bewerben. Als erster großer Händler macht Asos sein gesamtes Sortiment über das soziale Netzwerk verfügbar.

Shopping- & Service-Apps. Mit einer Vielzahl von Apps versuchen Marken und Händler, bei Kunden zu punkten. Im Gegensatz zu Webseiten können hier einfacher hochauflösende Inhalte präsentiert werden. Vor allem in der Mode und bei technischen Geräten kommt dies zum Einsatz. Die innovativste Service-App bietet der niederländische Einzelhändler Albert Heijn. Hierüber können Kunden sehr intensiv ihre Einkäufe planen. Kunden werden über Angebote in Geschäften informiert. Sie können Produkte anschauen und Einkaufslisten anlegen. Diese sortieren sich im Supermarkt nach Nähe. Mit der zunehmenden Verbreitung von Smartphones werden diese Angebote vertrauter. Aber Marken und Händler müssen Apps intensiver bewerben und mit bestehenden Angeboten (Webseite, Facebook, Newsletter etc.) verknüpfen.

Twelpforce. Der amerikanische Elektonik-Händler Best-Buy setzt Twitter intensiv ein, um Kunden in der Recherchephase anzusprechen. Die Mitarbeiter der Geschäfte reagieren auf Twitter-Posts und geben Tipps und Empfehlungen. Dadurch sprechen sie Konsumenten an, die noch nicht die

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Social Customer Care. Unternehmen wie Getsatisfaction oder das deutsche brandslisten.com gehen einen Schritt weiter und integrieren den gesamten Kundenservice über eine Vielzahl von Plattformen. Unternehmen kommen zu Kunden, nicht umgekehrt.

Denken Sie einmal an den letzten Einkauf im Bereich ... Haben Sie die Marke vor oder nach dem Kauf online gesehen? Vor dem Kauf:

Ich habe die Webseite der entsprechenden Marke(n) besucht.

Ich habe den Newsletter der entsprechenden Marke(n) gelesen.

Ich verfolge die Aktivitäten der entsprechenden Marke(n) auf Facebook.

Ich habe die App der entsprechenden Marke(n) genutzt.

Ich habe das Produkt anderweitig online gesehen.

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3.5 # Online-Offline-Wechselspiel Der Handel profitiert mehr vom Internet, als das Internet vom Handel Konsumenten, die sich Produkte im Geschäft anschauen und dann online bestellen, sind das Schreckgespenst des stationären Handels. Während dem Händler nur die Kosten bleiben, verdient der Online-Händler das Geld. Ein relevanter Anteil der Konsumenten verhält sich tatsächlich so. Aber mehr Menschen kaufen im Geschäft, nachdem sie sich das Produkt vorher online angesehen haben. So kaufen z.B. 59% der Befragten Baumarkt-Artikel im Geschäft, nachdem sie dazu online recherchiert haben. Aber nur 40% kaufen online, nachdem sie im Geschäft recherchiert haben. Zukünftig werden beide Verhaltensweisen stärker miteinander verschmelzen. Es wird mehr online recherchiert werden, während man im Geschäft ist. Und es wird stärker online recherchiert, was es in den Geschäften gibt. Seen offline, bought online: Dieses Verhalten ist besonders stark im Bereich Elektronische Geräte verbreitet. Hier sehen sich zwei von drei Befragten die Produkte im Geschäft an und kaufen sie online. Selbst jeder zweite Offline-Käufer im Bereich Elektronische Geräte gibt an, im Geschäft zu schauen und online zu kaufen. Konsumenten kaufen aber nicht nur online, weil das Produkt billiger ist. Sie können sich häufig im Geschäft nicht entscheiden. Sie sind sich unsicher, ob sie die smarteste Entscheidung treffen. Zukünftig wird sich dieses Phänomen auch den Bereich Baumärkte und Lebensmittel erfassen.

Seen online, bought offline: Das umgekehrte Phänomen ist deutlich verbreiteter. Konsumenten recherchieren im Internet und kaufen im Geschäft. Der stationäre Händler profitiert, die Webseiten-Betreiber gehen leer aus. Vergleicht man die Konversionsrate eines Geschäfts mit einem Online-Store, fällt auf, wie gravierend der Unterschied ist. Im Online-Handel gelten 2-6% als normal. D.h. 2-6% der Besucher eines Online-Shops tätigen einen Kauf. Im stationären Geschäft geht man von Konversionsraten von 30-50% aus. Selbst wenn sich diese Werte annähern sollten: Der physische Ort hat die Kraft des Unmittelbaren. Wer online recherchiert, könnte auch online kaufen: In den Bereichen Lebensmittel und Heimwerkerbedarf recherchieren Konsumenten sehr intensiv im Internet. Sie stöbern in Foren und Produktbewertungsseiten. Sie lesen Kommentare und posten gelegentlich auch selbst mal. Diese Nutzergruppen sind potentielle Abwanderer zum eCommerce. Sie sind medienaffin und lernen, wie sie online das Beste für sich finden. Aber noch ist das Online-Angebot für sie nicht interessant und praktisch genug. Komplexität treibt Kunden in die Geschäfte: Bei Telekommunikations-Dienstleistungen nutzt mehr als die Hälfte der Befragten das Internet und schließt den Vertrag stationär ab. Es gibt eine hohe Unzufriedenheit mit Telekommunikations-Dienstleistungen. Die Verträge, Pakete, Klauseln etc. beinhalten noch immer viel Kleingedrucktes und Unverständliches. Als Konsument lässt man sich das Angebot lieber noch einmal im Geschäft erklären und stellt sicher, dass man nichts übersehen hat.

Interview München 02 http://go.interone.de/j5b1pK

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Ableitungen für das Handelsmarketing Warensysteme öffnen. Händler können Konsumenten gewinnen, die nach lokalen Händlern suchen. Derzeit weiß niemand, welcher Händler welches Produkt tatsächlich vorrätig hat. Aber gerade diese lokale Suche treibt Konsumenten in die Geschäfte. Händler können zudem Suchanfragen auswerten und diese Daten für den Einkauf nutzen. Wer ins Geschäft geht ist potentieller Käufer. Sich Produkte anzuschauen, sie auszuprobieren und anzufassen, gehört heute wie selbstverständlich zum Entscheidungsprozess moderner Kon-

sumenten. Für Händler ist dies durchaus positiv. Angesichts der Kürze von Entscheidungsphasen und der Bedeutung von Impulskäufen haben sie die Chance, den Besuch im Geschäft in Käufe umzuwandeln. Online-Recherche ins Geschäft überführen. Marken und Händler sind gut beraten, Konsumenten online Anreize zu geben, in die Geschäfte zu kommen. Dieses Modell macht derzeit Groupon weltberühmt.

Wie häufig kaufen Sie auf die folgenden zwei Arten ein? Top-2-Boxen: „Häufig“ und „gelegentlich“, Mehrfachnennungen sind möglich.

Ich kaufe ... online, nachdem ich sie im Geschäft angeschaut habe.

Ich kaufe ... im Geschäft, nachdem ich sie online angeschaut habe.

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NDR Beitrag zum Carrotmob in Hamburg go.interone.de/iDm1vm

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3.6 # Preisvergleiche, Gutscheine & Rabatte Die Preise gehen kaputt Geiz ist heute nicht mehr geil. Aber der Preis spielt weiter eine wichtige Rolle beim Kauf. Groupon ist in aller Munde. Shopping-Clubs werden Mainstream. Billigpreise, Gutscheine und Rabatte werden in bislang nicht gekannten Dimensionen als Anreize genutzt, neue Kunden zu gewinnen und Kaufentscheidungen zu forcieren. Aber Konsumenten haben gelernt, dass es Markenprodukte immer billiger gibt. Zukünftig wird die Höhe der Rabatte an den Multiplikatoreffekt des Netzwerks oder die Größe der kaufenden Gruppe gekoppelt sein. Neben dem Preis etablieren sich neue Anreizsysteme. Wer warten kann, spart: Die Zeiten, in denen Preise in Stein gemeißelt sind, sind vorbei. Konsumenten handeln heute wirtschaftlicher denn je. Sie haben gelernt, dass Preise für Markenprodukte sinken. 40-65% verschieben Käufe, bis die Preise gesunken sind oder es besondere Angebote gibt.

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In Geschäften werden die Preise stärker verglichen, als online: Wer online kauft, gilt als Schnäppchen-Jäger. In der Tat ist der Preisvergleich verschiedener Online-Stores gang und gäbe. Je nach Bereich vergleichen 44-80% der Käufer die Preise verschiedener Online-Stores. Bei den Online-Käufern sind es deutlich mehr. Aber in den Geschäften werden Preise noch stärker verglichen. Preisgetriebene Werbung in Zeitungen, Anzeigenblättern oder Werbesendungen sind nach wie vor das meist genutzte Medium, um Gutscheine, Sonder- oder Rabattangebote zu finden. Gutscheine und Rabatte laden zum Ausprobieren ein: Der Preis ist ein mächtiger Anreiz, um Konsumenten in neue Geschäfte zu lenken. 5065% der Befragten in allen fünf Bereichen kaufen zumindest gelegentlich in einem bestimmten Geschäft oder Online-Store ein, weil es dort Sonderaktionen und Rabattangebote gibt. Viele kaufen woanders als sonst, um Gutscheine oder Rabatte einzulösen.

Kauf da Website go.interone.de/mspBhY

McCafe Adventskalender go.interone.de/jDEVvw

7trends Website go.interone.de/kGEoj7

Video zur Funktionsweise von Groupon go.interone.de/fJibtE

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Ableitungen für das Handelsmarketing Klassische Medien nicht übersehen: Der „Schweinebauch“ ist das Stiefkind der Markenkommunikation. Aber auch in Zeiten der Digitalisierung hat diese Kommunikationsform ihre Existenzberechtigung. Webseiten wie Kaufda.de aggregieren diese Prospekte, vergrößern deren Radius und machen sie allgemein zugänglich.

nicht berührt. Es entsteht eine soziale Dynamik, die mehr Kunden ins Geschäft bringt. McCafe bot in der Weihnachtszeit 2010 einen Adventskalender über Facebook Deals an. Vom 1. bis zum 24. Dezember gab es jeden Tag eine Überraschung für Kunden, die in einer Filiale über ihr Smartphone eincheckten.

Wer mit Preisen spielt, wertet die Marke ab: Konsumenten lernen derzeit, dass bei Markenprodukten die Preise sehr schnell verfallen. Eine Abwertung der Marke ist die Folge. Marken, die ihre Wertigkeit bewahren wollen, sollten die Rabattierung klar begründen. Luxusmarken wie Louis Vuitton gehen sogar so weit, dass sie den Handel mit gebrauchter Ware zu verhindern suchen.

Preise freigeben: Statt sich die Preise kaputtzumachen, können Händler und Hersteller für eine ausgewählte Stückzahl den Preis zur freien Wahl stellen. Konsumenten zahlen das, was sie möchten. Diese Freigabe der Preise bewirkt eine Welle der Empfehlungen und der Wertschätzung. Zudem machen sich Konsumenten klar, was ihnen das Produkt wert ist.

Upgrades statt Degrades: Neue Kunden lassen sich gut über den Preis gewinnen. Um nicht das Produkt zu subventionieren und die Marke zu beschädigen, empfiehlt es sich, eher Leistungen anzubieten, die der Kunde schwer einschätzen kann. Er bekommt das Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben. Und man verkauft nicht unter Wert.

Die soziale Dimension von Rabatten nutzen: Marken und Händler können über Gutscheine, Rabatte und Sonderaktionen nicht nur neue Kunden gewinnen, sondern diese Kunden auch für sich werben lassen. So gibt der Online-Händler 7trends 5% Rabatt auf den gesamten Einkauf, wenn Nutzer Produkte über Facebook und Twitter bewerben. Zum Launch des Sony Ericsson Telefons Xperia hat The Telephone House in Schweden die Höhe des Rabatts an die Zahl der Facebook Follower gekoppelt. Unter allen Followern wurden dann 200 ausgelost, die den Gutschein gewannen. Auch Groupon basiert auf ähnlichen Prinzipien.

Überraschungen und Gewinne ausloben, statt Preise senken: Wer Gewinne oder Überraschungen auslobt, kann die Vorteile einer Rabattaktion mit einem Spiel kombinieren. Der Preis wird

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Denken Sie bitte an die Geschäfte und / oder Internetseiten, die Sie besuchen, um ... zu kaufen. Inwiefern treffen die folgenden Aussagen auf Sie zu? Top-2-Boxen: „Trifft voll und ganz zu“ und „Trifft eher zu“, Mehrfachnennungen sind möglich. Ich vergleiche die Angebote verschiedener Online-Shops.

Ich vergleiche die Angebote verschiedener Geschäfte.

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Inwiefern nutzen Sie Rabatte oder Gutscheine bei ... ? Top-2-Boxen: „Häufig“ und „gelegentlich“, Mehrfachnennungen sind möglich. Ich suche in Zeitungen, Anzeigenblättern und Werbesendungen gezielt nach Gutscheinen, Sonder- oder Rabattangeboten. Ich suche im Internet nach besonderen Gutscheinen und Deals.

Ich kaufe gezielt dort ein, wo es Rabatte oder Sonderangebote gibt. Ich kaufe bei anderen Geschäften oder Webseiten ein, um einen Gutschein einzulösen. Ich warte mit meinem Kauf, bis die Preise gesunken sind.

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3.7 # Händlerloyalität Routinemäßig zum Händler des Vertrauens Früher ging man zum Händler an der Ecke. Heute haben Konsumenten Stammgeschäfte, in denen sie regelmäßig und routinemäßig einkaufen. Auch die Online-Käufer! Hier gibt es auch den Online-Händler des Vertrauens. Vor allem die Online-Käufer kaufen häufig über eine bestimmte Webseite ein. Diese Händlerloyalität ist praktisch, hilft Zeit zu sparen und ist fest in die alltäglichen Routinen integriert. Anders als früher gibt es eine ganze Reihe weiterer Geschäfte, in denen moderne Käufer einkaufen. Sie nutzen Spezialgeschäfte, um ausgewählte Produkte zu bekommen. Sie fahren weiter, um woanders zu shoppen. Oder sie kaufen, während sie unterwegs sind und zufällig an Geschäften vorbeikommen. Zukünftig wird die Bedeutung von Stammgeschäften und -stores weiter zunehmen, wenn Händler den Konsumenten Routinekäufe weiter erleichtern. Gleichzeitig wird die Zahl weiterer Einkaufsorte deutlich zunehmen und die Stammgeschäfte herausfordern.

Der Händler des Vertrauens. Ungefähr jeder zweite Käufer geht immer in das gleiche Geschäft. Im Lebensmittel-Bereich spielt der Händler des Vertrauens eine deutlich größere Rolle. 82% kaufen immer in einem bestimmten Geschäft ein. Bei Telekommunikation ist die Händlerloyalität am wenigsten ausgeprägt. Mit Ausnahme von Lebensmitteln. Bei Online-Käufern ist diese Händlerloyalität deutlich am geringsten ausgeprägt. Online-Händler des Vertrauens? Auch online kaufen 33-50% der Befragten immer in einem bestimmten Online-Shop. Vor allem bei großen Online-Versandhändlern. Unerfahrene Online-Käufer wenden sich zunächst an etablierte Online-Händler. Zwei Drittel der Online-Käufer in den Bereichen Lebensmittel, Mode und Elektronische Geräte haben einen Online-Händler des Vertrauens. Ausnahme- und Ergänzungskäufe: Auch wenn viele Käufer einen Händler des Vertrauens haben, besuchen sie vielfach andere Geschäfte. 40-66% kaufen dort ein, wo sie gerade vorbeikommen. Auf der Suche nach Abwechslung nehmen 33-50 % schon mal längere Wege in Kauf.

Media Markt verkauft Produkte im Automaten go.interone.de/iLWerH

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CheckPoints Website go.interone.de/iR8AsA

Ableitungen für das Handelsmarketing Pionierarbeit macht sich bezahlt. Händler, die über Jahre hinweg ihr Online-Geschäft aufgebaut haben, gehören heute zu den Gewinnern. Sie profitieren von ihrer Bekanntheit und der Erfahrung eines First Movers. Händler sollten Facebook, Smartphones und Tablets in den Verkauf integrieren, um die Innovatoren und Multiplikatoren an sich zu binden, auch wenn sie derzeit nur eine geringe Bedeutung für den Abverkauf haben. Tun sie dies nicht, überlassen sie den großen eCommerceAnbietern das Feld. Zusätzliche Touchpoints identifizieren. Für Marken und Händler ist es lukrativ, sich die Wege und Routen von Konsumenten näher anzuschauen, um Orte zu identifizieren, an denen viele Kunden vorbeikommen und Zeit verbringen. So hat Media-Markt z.B. an ausgewählten Flughäfen Automaten platziert, an denen Reisende eine Auswahl an portabler Elektronik kaufen können. Aber auch interaktive Schaufenster, Werbeplakate und andere physische Orte werden zu Verkaufsflächen. Loyalitäten sind nicht in Stein gemeißelt. Bei der Wahl ihrer Einkaufsorte sind Konsumenten pragmatisch. Die emotionale Bindung ist gering. Sie lassen sich durch Besonderes oder Conveni-

ence motivieren, Routinen aufzugeben. Konkret können Händler Social Promotion Sites wie Groupon nutzen, um gezielt neue Kunden zu gewinnen. Aber auch andere Formen des Hyper-Targeting erlauben es, neue Kunden zu gewinnen. So ist z.B. Facebook eine äußerst preisgünstige Form, maßgeschneiderte Werbung zu schalten. Kunden dauerhaft binden. Wer neue Kunden dauerhaft gewinnen will, braucht neue Ansätze in der Kundenbindung. Hier sind Konzepte gefragt, die deutlich stärker als bisher die gesamte Kaufhistorie berücksichtigen, individuelle Rabatte aufgrund langfristiger Loyalität geben sowie Empfehlungen und Vorschläge auf Basis der eigenen Kaufhistorie und des Kaufverhaltens ähnlicher Kunden geben. Mit der App des amerikanischen Start-up-Unternehmens CheckPoints können Kunden bei jedem Einkauf Punkte sammeln. Betritt ein Kunde einen Laden, werden ihm automatisch alle am Treueprogramm teilnehmenden Produkte in seiner Nähe angezeigt. Scannt er den Barcode mit seiner Handykamera, sammelt er wertvolle Punkte für sein Benutzerkonto und kann diese durch zusätzliche interaktive Spiele vermehren, die sich beim Scan öffnen. Die Punkte lassen sich in Gutscheine oder Flugmeilen eintauschen.

„Denken Sie bitte an die Geschäfte und / oder Internetseiten, die Sie besuchen, um ... zu kaufen oder anzuschauen. Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Sie zu?“ Top-2-Boxen: „Trifft voll und ganz zu“ und „trifft eher zu“, Mehrfachnennungen sind möglich. Ich kaufe immer in einem bestimmten Online-Shop.

Ich kaufe immer in einem bestimmten Geschäft.

Ich gehe dort ins Geschäft, wo ich gerade vorbeikomme.

Ich fahre auch schon mal etwas weiter, um... zu kaufen.

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3.8 # Inspiration am POS Geschäfte sind zu rational Geschäfte zu besuchen ist elementarer Bestandteil der Recherche und eine wichtige Freizeitbeschäftigung. Viele Käufe werden spontan getätigt oder sehr kurzfristig entschieden. Es lohnt sich für den stationären Handel, zusätzliche Kaufanreize zu geben, um aus Besuchern Käufer zu machen. Erstaunlicherweise hat der stationäre Handel hier Nachholbedarf. Die rationale Kundenansprache und Angebotspräsentation dominiert. Geschäfte inspirieren zu wenig. Angesichts eines deutlich radikaleren Preiswettbewerbs, wachsender Konkurrenz durch neue Points of Sale und massiver Verbesserungen digitaler Kauferlebnisse durch Tablets und Smartphones besteht akuter Handlungsbedarf für den Handel. Neue digitale Technologien bieten hier vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Rationale Kundenansprache. Konsumenten nehmen Geschäfte noch immer sehr funktional wahr. 70-85% aller Befragten geben an, dass die Geschäfte lediglich ihren Zweck erfüllen. Sie inspirieren sie nicht. Frauen lassen sich mehr inspirieren als Männer. Angesichts der sehr hohen Konkurrenz im Handel ist dies durchaus überraschend.

Nur Baumärkte und Mode-Stores inspirieren: Ein Viertel der befragten Kleidungs-Käufer und ein Fünftel der Baumarkt-Käufer fühlt sich von den Geschäften inspiriert. Deutlich mehr Frauen als Männer bekommen hier Impulse (32% der Frauen, 15% der Männer). Vollkommen anders sieht es bei Supermärkten und Elektronik-Geschäften aus. Nur 13% der befragten Käufer fühlen sich von den Geschäften inspiriert. Die absolute Mehrheit nimmt die Geschäfte als sehr funktional wahr. Gerade bei Lebensmitteln mit einem so hohen Anteil an Spontankäufen ist dies überraschend. Telekommunikation verärgert Kunden. Im Telekommunikations-Bereich sind 15% der Befragten verärgert. In allen anderen Einkaufsbereichen liegt diese Zahl bei 2%. Dies liegt jedoch weniger an den Geschäften, sondern am Angebot. Wie kein anderer Einkaufsbereich sind moderne Konsumenten mit den Anbietern von Telekommunikations-Dienstleistungen unzufrieden. Anders als bei Lebensmitteln, Kleidung, Consumer Electronics oder Heimwerkerbedarf ist es viel schwieriger zu wechseln. Es gibt nur wenige Anbieter. Wer dort seine Kunden verärgert, sieht sie nie wieder.

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Tissot Augmented Reality go.interone.de/klK3ZM

MEDIMAX-TV strahlt neuen Impuls am Point of Sale aus go.interone.de/jv4RBR

Edeka Rezeptberater go.interone.de/mmpwem

Praktiker und IKEA entdecken Augmented Reality go.interone.de/mykj3d

Diesel Schaufenster go.interone.de/mpaaa1

Starbucks Schaufenster go.interone.de/jn2pc0

Kochhaus Website go.interone.de/k7iWLV

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Ableitungen für das Handelsmarketing Digital Anregungen geben: Digitale Technologien können Händlern helfen, stärker zu inspirieren, ohne jede einzelne Filiale laufend umzudekorieren. Durch digitale Technologien können Händler Skaleneffekte nutzen. Medimax führte jüngst ein eigenes In-Store-TV ein. Dieses wird zentral produziert und lokal ausgestrahlt. Edeka inspiriert Kunden über Rezepte. An Terminals oder der Gemüsewaage bekommen Kunden Rezeptvorschläge, die zum Gemüse passen. Die Zutaten und Kochanweisungen können Kunden sich auf ein Klebeetikett ausdrucken. Kunden die Vorstellung erleichtern: Digitale Technologien können Kunden helfen, sich Produkte in einem anderen Kontext vorzustellen. Mit Hilfe von Augmented Reality-basierten Apps wie z.B. von IKEA oder Praktiker können Nutzer überprüfen, wie Einrichtungsgegenstände zuhause aussehen. Lego nutzt die Technologie, um vorzuführen, wie die Produkte aufgebaut aussehen.

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Schaufenster neu denken: Eine Vielzahl digitaler Technologien ermöglicht es, Schaufenster neu zu beleben und zu bespielen. Diesel macht in Berlin sein Schaufenster über Touch-Flächen interaktiv. Kunden können u.a. das Wetter im Schaufenster ändern. Der Schweizer Uhrenhersteller Tissot ermöglichte Kunden in einigen europäischen Metropolen, die gesamte Kollektion im Schaufenster anzuprobieren. Starbucks unterstützte die Einführung der neuen Tee-Marke Tazo in Kanada durch ein Spiel an einer interaktiven Store-Front. Passanten konnten mit Hilfe kleiner Fantasiefiguren das neue Angebot erkunden. Zukünftig werden Voice & Gesture Control und Smartphones noch interessantere Optionen für die Schaufenstergestaltung bieten. Lösungen statt Produkte anbieten: Händler sind noch immer zu sehr auf den Abverkauf einzelner Produkte fixiert. Aber Kunden suchen nicht Produkte, sondern Lösungen. So verkauft das Berliner Geschäft Kochhaus Rezepte inkl. Zutaten.

Denken Sie bitte an das Geschäft, in dem Sie bisher am häufigsten ... gekauft haben. Wie empfinden Sie die Gestaltung und Stimmung dieses Geschäfts?

Das Geschäft inspiriert oder überrascht mich.

Das Geschäft erfüllt seinen Zweck.

Das Geschäft nervt mich / ärgert mich.

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3.9 # Motive für den Online-Kauf Convenience ist wichtiger als der Preis Händler fürchten Online-Käufer. Sie sehen sie als reine Preiskäufer. Tatsächlich kaufen Konsumenten vorrangig online, weil es bequemer ist und die Auswahl besser ist. Konsumenten trennen nicht dogmatisch zwischen dem Kauf im Geschäft oder im Internet. Händler können mittels digitaler Technologien Kunden halten und diejenigen zurückgewinnen, die sie derzeit nicht mehr bedienen können. Billig war früher: Dem Online-Kauf haftet noch immer der Ruf nach, Billigheimer zu sein. Aber der Preisvorteil spielt nur eine untergeordnete Rolle. Nur 22-36% der Käufer in den Bereichen Lebensmittel, Kleidung, Heimwerkerbedarf oder Telekommunikation nennen den Preis als Motiv. D.h. für 64-78% ist der Preis kein zentrales Argument. Tendenziell kaufen mehr Männer als Frauen online, weil es billiger ist. Convenience ist der Hauptgrund: Wer schätzt es nicht, in der Mittagspause oder sonntags nebenbei zu bestellen oder abends beim Fernsehen zu stöbern? Wer genießt nicht die Freiheit, von den Öffnungszeiten der Geschäfte unabhängig zu sein. Über alle Einkaufsbereiche sind dies die beiden zentralen Motive für den Online-Kauf.

Neueste Technologie im Sport Scheck go.interone.de/jw6b3X

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Die größere Auswahl besticht: Aufgrund der beschränkten Fläche können Geschäfte immer nur eine beschränkte Auswahl an Sorten, Größen, Farben, Leistungsmerkmalen vorrätig haben. Online gibt es diese Beschränkung nicht. 31-52% der befragten Käufer nennen die Auswahl als Grund für ihre Online-Käufe. Varianz vor Exotik: Interessanterweise bezieht sich die größere Auswahl nur teilweise auf ausgefallenere Produkte. 10-15% der Käufer aus den Bereichen Kleidung, Elektronik, Baumarkt-Artikel und Telekommunikations-Dienstleistungen kaufen online aufgrund ausgefallener Produkte. Bei der größeren Auswahl spielt die Varianz normaler Produkte also eine wesentlich größere Rolle als die Exotik.

Real Drive go.interone.de/jaxWmn

Ableitungen für das Handelsmarketing Die Auswahl digital vergrößern. Kein Händler kann alle Produkte in allen Variationen vorhalten. Aber er kann verhindern, dass Kunden, die er nicht direkt bedienen kann, zur Konkurrenz abwandern. So installierte SportScheck große Touchscreens in den Läden. Hierüber können Kunden Produkte bestellen, die nicht vorrätig sind oder die sie nicht allein nachhause transportieren möchten. Insbesondere den Bereichen Lebensmittel und Elektronische Geräte können Händler über digitale Kanäle auch Nischen erschließen. Den POS verlängern. Öffnungszeiten lassen sich nicht beliebig ändern. Aber die Einkaufsmöglichkeiten schon. So experimentiert eine Vielzahl von Händlern derzeit mit interaktiven Werbeflächen. Auch außerhalb der Öffnungszeiten können Kunden durch das Produktangebot stöbern und direkt kaufen. Mango macht in Spanien seinen Kunden

Produkte kommen zum Kunden. Ein Drittel der Befragten kauft online, weil die Produkte geliefert werden. Sie sparen sich die Mühe, weite Wege zu fahren, ein Fahrzeug zu mieten, die Produkte zu tragen. Die Lieferung von elektronischen Geräten und Heimwerkerbedarf schätzen mehr Frauen als Männer (41% bzw. 48% der Frauen, 31% bzw. 35% der Männer). Sonderfall Lebensmittel: Jeder Zweite gibt an, online Lebensmittel zu kaufen, weil die Auswahl größer ist. 37% der Befragten sehen den Reiz des Online-Lebensmittel-Kaufs in ausgefallenen Produkten. Bei denjenigen, die häufiger Lebensmittel online kaufen, liegen diese Zahlen noch höher (48%). Jeder Vierte von ihnen bestellt Produkte sogar im Ausland, weil es sie im eigenen Land

den gesamten Katalog über Touch-basierte Werbeflächen an Bushaltestellen zugänglich. Noch ist eine Bestellung jedoch nicht möglich. Mit neuen Liefer- und Bestellkonzepten punkten: Der Handel kann an den Schwachstellen des Online-Kaufs ansetzen. Lieferung & Umtausch: Man weiß nie genau, wann geliefert wird und ob der Lieferant nicht aus Bequemlichkeit angibt, dass niemand zuhause war. Und auch der Umtausch ist mühsam. Real testet derzeit ein Drive-in-Konzept. Wer online bestellt, kann zwei Stunden später die Ware im Geschäft abholen. In Frankreich ist diese Mischform des Online-Kaufs bereits gelebte Praxis. 40% der Online-Käufe werden direkt abgeholt. Außerdem ist hier die Einkaufssumme im Durchschnitt deutlich höher. Multi-Commerce-Händler könnten Retouren in den Geschäften zurücknehmen und so Kunden in die Geschäfte lenken.

nicht gibt. Hier geht es vorrangig um hochwertige und haltbare Produkte wie Weine, Kaffee, Tee, Öle etc., und weniger um Frischeprodukte. 39% der Befragten geben außerdem die Lieferung als Motiv an. Bei Frauen ist dieses Motiv noch stärker ausgeprägt als bei den Männern (48% der Frauen, 32% der Männer). Sonderfall Elektronik. Im Bereich Elektronik spielen neben Convenience-Aspekten die Auswahl und der Preis eine zentrale Rolle. Der Unterschied wird noch deutlicher, wenn man die Online-Käufer allein betrachtet. 62% von ihnen kaufen online, weil die Auswahl größer ist. Und auch das Preisargument spielt hier bei 54% eine noch bedeutendere Rolle. 11% der Männer nutzen zudem die Möglichkeit elektronische Geräte direkt im Ausland zu bestellen.

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Sie haben angegeben, dass Sie ... auch online einkaufen. Was sind die Gründe dafür?

Ich kann einfach und bequem nebenbei bestellen.*

Ich muss mich nicht an Öffnungszeiten halten.

Die Auswahl ist viel größer.

Wenn ich online bestelle, werden die Sachen zu mir nach Hause geliefert.

Es ist billiger.

Es gibt viel ausgefallenere Produkte.*

Ich habe keine Zeit, shoppen zu gehen.

Ich mag Geschäfte nicht.

Ich kann Produkte direkt im Ausland bestellen.*

Wer online einkauft, freut sich doppelt: beim Bestellen und bei der Lieferung.

Ich bekomme viele Produkte auch gebraucht.*

0% * Alle Statements wurden sprachlich leicht an den Einkaufsbereich angepasst.

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3.10 # Marke Markenloyalität nimmt ab Marken spielen weiterhin eine zentrale Rolle im Kaufprozess. Aber die Bindung an einzelne Marken hat abgenommen. Käufer kaufen häufig die Produkte unterschiedlicher Marken. Sie wechseln die Marken, experimentieren und lassen sich inspirieren (12-54%). Die Mehrheit der Käufer entscheidet zudem eher nach Kriterien wie Packaging, Design, Inhalt oder Geschmack als wie der Marke (31-57%). Reine Preiskäufer sind dagegen in der Minderheit (8-25%). Zukünftig wird die Zahl neu entstehender Nischenprodukte und Marken weiter zunehmen. Nur Marken, die neben den Produkten auch die Kundenbeziehung in den Mittelpunkt stellen, können loyale Kunden erwarten. Alle anderen werden einen deutlich härteren Konkurrenzkampf erleben.

Produktqualität, längere Haltbarkeit, Verlässlichkeit, bessere Materialien etc. Die Produkte werden deutlich länger verwendet als Kleidung. Auffällig ist, dass Marken im Lebensmittel-Bereich eine geringere Bindung haben. Ihnen fehlt oft ein erkennbarer Mehrwert gegenüber Handelsmarken. Die Mehrheit entscheidet nach anderen Kriterien. Wichtiger als Marke oder Preis ist für die meisten Käufer, ob das Produkt sie individuell anspricht. Bei Lebensmitteln machen Konsumenten dies u.a. an Frische, Inhaltsstoffen, Verpackung, Geschmacksrichtungen etc. fest. Bei Kleidung sind Materialien, Schnitte, Farben oder Muster entscheidender als Marken oder der Preis. Bei Baumarkt-Artikeln sind Aspekte wie Farbe, Verarbeitung, Material, Inhaltsstoffe, Haltbarkeit etc. wichtig. Darüber hinaus beeinflusst die Produktpräsentation im Geschäft oder Store die Wahrnehmung eines Produkts.

Markenloyalität wird schwächer. Eine Vielzahl von Marken und Handelsmarken buhlt um die Käufergunst. Sie versuchen sich über Preis, Aussehen, Funktionalität, Features, Leistungen, Inhaltsstoffe und vieles mehr voneinander zu differenzieren. Aber nur eine absolute Minderheit von 3-6% der Käufer aus den Bereichen Lebensmittel, Kleidung, Elektronik und Heimwerkerbedarf hält loyal zu einer Marke.

Reine Preiskäufer sind selten. Nur jeder Zehnte kauft in den Bereichen Kleidung, Elektronik und Heimwerkerbedarf das Billigste. Zwar spielt der Preis gerade bei elektronischen Geräten eine große Rolle. Aber es geht Käufern darum, ein bestimmtes Markenprodukt möglichst billig zu ergattern. Im Bereich Lebensmittel ist jeder Vierte ein Preiskäufer. Offenbar schätzen Konsumenten die Qualität von Lebensmitteln insgesamt als hoch genug und den Mehrwert von Marken- oder Bioprodukten als niedrig ein. Ihr verfügbares Einkommen geben sie lieber für andere Dinge als Essen aus.

Markenvorliebe bleibt. Marken spielen nach wie vor eine wichtige Rolle am Point of Sale. Aber die Bindung an einzelne Marken ist deutlich schwächer. Bei Lebensmitteln und Kleidung spielen Marken die geringste Rolle. Bei Heimwerkerbedarf und Elektronik liegen die Werte deutlich höher. In diesen Bereichen stehen Marken für eine höhere

Sonderfall Telekommunikation. Wer Telekommunikationsverträge abschließt, bindet sich meist längerfristig an einen Anbieter. Jeder Wechsel ist mit Mühen, Zeit und Kosten verbunden. Da wundert es wenig, dass die Markentreue trotz der bereits erwähnten hohen Unzufriedenheit hoch ist. Nur 12% wechseln häufig die Anbieter.

Titus Website go.interone.de/kBXvB9

H&M Website go.interone.de/jOkv3t

Frontline Website go.interone.de/mC7R7x The Retail Revolution

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Ableitungen für das Handelsmarketing Kundenbeziehungen aufbauen: Die hohe Zahl der Markenwechsler offenbart die Schwäche vieler Marken, Kundenbeziehungen und Markenbindungen aufzubauen. Man ist allein darauf aus, neue Kunden zu gewinnen und vernachlässigt die gewonnenen Kunden. Aber in einer Zeit der schnellen Wechsel bedarf es Maßnahmen, gewonnene Kunden zu halten, besser kennenzulernen, ihnen zuzuhören etc. Insbesondere Social Media eignet sich hierfür hervorragend, um mit Kunden im Gespräch zu bleiben. Die Marke erlebbar machen. Angesichts der hohen Bedeutung produktbasierter Kriterien im Kaufprozess sollten Markenhersteller noch intensiver überlegen, wie sie ihre Markenwerte über Produkteigenschaften vermitteln können. Dies geht deutlich über die Gestaltung von Verpackungen hinaus. Vielmehr geht es darum, Branding und Produktentwicklung enger miteinander zu verzahnen.

Über Inhalte Beziehungen pflegen. Wer Kundenbeziehungen pflegen will, braucht die entsprechenden Kommunikationskanäle. Dies reicht vom klassischen Kundenmagazin, über Newsletter, Microsites bis hin zu Facebook-Präsenzen, Events und In-Store-TVs. Und diese Kanäle müssen redaktionell und zielgruppengerecht bespielt werden. Diese Inhalte werden immer stärker mit dem Verkauf gekoppelt und die Grenze zwischen Informations- und Verkaufsmedien verschwimmt immer weiter. Gute Beispiele hierfür sind die Mode-Magaloge von H&M, Titus oder Frontline. Mehr Abwechslung in die Markenwelten bringen: Angesichts der hohen Zahl von Wechselkäufern sollten Marken überlegen, wie sie Käufern über Sub-Marken, Produktmarken etc. mehr Abwechslung innerhalb der Markenwelt bieten können. Dies ist eine hohe Herausforderung, da Markenwelten bislang homogen und eher langfristig orientiert sind.

Wie stark achten Sie beim Kauf von ... auf Marken?

Ich kaufe immer die Produkte der gleichen Markenhersteller.*

Ich kaufe häufig unterschiedliche Markenprodukte.* Ich kaufe überwiegend Produkte, die mich ansprechen, egal ob Marke oder nicht.*

Ich kaufe vor allem Produkte, die preisgünstig sind.*

0% * Alle Statements wurden sprachlich leicht angepasst.

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Baumarkt-Artikel

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3.11 # Smartphones Assistenz und Ablenkung Noch lenken Mobiltelefone am Point of Sale eher vom Kauf ab, als den Kaufprozess zu unterstützen. Aber schon heute nutzen einige Konsumenten ihr Mobiltelefon, um bessere Kaufentscheidungen zu treffen oder woanders billiger einzukaufen. Aber die Verbreitung und Nutzungsintensität der Geräte ist noch nicht hoch. Dies wird sich zukünftig ändern und Händlern eine Vielfalt an Möglichkeiten eröffnen, zusätzlich zu verkaufen, zu informieren, zu navigieren und zu assistieren. Mobiltelefone als Ablenkung: Beim Einkaufen führen 10-20% aller Befragten eine Konversation mit Freunden und Bekannten. Sie telefonieren nebenbei oder schreiben SMS. Diese Gespräche haben jedoch nichts mit dem Kauf zu tun. Sie binden Aufmerksamkeit beim Kauf und lenken ab. Außerdem hören viele Jüngere nebenbei Musik. Sie befinden sich zumindest auditiv in ihrer eigenen Welt. Einfache Mobiltelefone als Informationsquelle: Mobiltelefone werden auch genutzt, um sich beraten zu lassen, sich rückzuversichern, Preise zu vergleichen oder weitergehende Informationen zu beziehen. Am weitesten verbreitet sind die Funktionen, die sich auch mit einfachen Mobiltelefonen durchführen lassen. Man ruft Freunde und Bekannte an, um sich beraten zu lassen oder Rückfragen zum Einkauf zu stellen. Man fotografiert Produkte, um sie später anderen zu zeigen oder zuhause zu schauen, ob sie in die Wohnung passen.

Smartphones als Informationsquelle: Deutlich mehr Möglichkeiten bieten Smartphones. Aber nur jeder Zehnte hat ein solches Telefon und nutzt es auch häufig. Gemessen daran sind die Zahlen für die Smartphone-Nutzung am POS hoch. Am häufigsten wird das Telefon dazu genutzt, online zu schauen, ob es das Produkt woanders billiger gibt. Es werden Barcodes gescannt, um zusätzliche Produktinformationen zu beziehen, oder andere Apps werden am Point of Sale genutzt. Mobil einkaufen am POS: Das Handy zu nutzen, um direkt im Geschäft online einzukaufen, ist derzeit noch nicht weit verbreitet. Nur jeder 20. bestellt noch im Laden bei der Online-Konkurrenz. Auffällig ist aber, dass die Zahl ähnlich hoch liegt wie die übrigen Smartphone-Aktivitäten. Es ist daher davon auszugehen, dass zukünftig deutlich mehr Konsumenten über ihr Telefon direkt einkaufen. Bei Impulskäufen spielen Mobiltelefone keine Rolle: Je geplanter die Einkäufe sind, desto stärker werden Mobiltelefone genutzt. Bei Lebensmitteln und Kleidung liegen die Werte am niedrigsten, bei Elektronik- und Baumarkt-Artikeln deutlich höher. Jüngere nutzen das Mobiltelefon häufiger: Bei den unter 30-Jährigen ist die Mobiltelefonnutzung am POS deutlich höher. Sie sind mit dem Mobiltelefon groß geworden. Deutlich mehr Jüngere nutzen das Mobiltelefon für Gespräche mit Freunden am POS, für die Informations-Recherche und den Kauf.

Benetton bittet zum Casting go.interone.de/k9R6pg

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Ableitungen für das Handelsmarketing Handynutzung am POS fördern: Händler sollten Konsumenten ermuntern, ihr Mobiltelefon im Geschäft zu nutzen. Denn Kunden, die sich per Telefon beraten lassen oder Fotos von sich machen, suchen nach Anlässen für eine Kaufentscheidung. Wenn sie diese über Freunde oder Technik bekommen, ist dies für Händler bares Geld. Digitalen Service über Smartphones ausbauen: Händler und Marken haben die Möglichkeit, Smartphones als zusätzlichen Servicekanal zur Beratung vor Ort auszubauen. Dieser lässt sich leicht in allen Geschäften implementieren. In vielen Bereichen gibt es erste Ansätze. Allerdings sind diese kaum bekannt. Hier besteht akuter Handlungsbedarf, die mobilen Services zu bewerben. Fotos teilen: Händler können Konsumenten anregen, Fotos, die am POS geschossen werden, zu teilen. Wenn diese im Laden oder online gezeigt werden, entstehen Wiedererkennungseffekte und Kunden identifizieren sich stärker mit dem Geschäft und den Produkten. Im Rahmen der It‘s my time-Kampage gab Benetton Kunden auf vielfache Weise die Möglichkeit, ihre Fotos zu teilen.

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Smartphones machen Preise transparenter: Je weiter sich Smartphones verbreiten und je intensiver Konsumenten sie im Geschäft nutzen, desto transparenter werden die Preise. Händler müssen sich damit auseinandersetzen, dass ihre Produkte direkt sofort vergleichbar werden. Entweder sie lassen sich auf diesen Preiswettbewerb ein, oder sie versuchen, die Kaufsituation so zu verändern, dass der Preis nicht mehr das zentrale Kriterium ist. Experimentierphase nutzen: Noch wird vergleichsweise wenig über Smartphones eingekauft. Es werden keine großen Umsätze generiert. Aber Händler, die schon heute auf die neuen Kanäle setzen, werden morgen von der Erfahrung und dem Aufbau der Marke profitieren.

„Denken Sie bitte an den Kauf von ... im Geschäft, also NICHT online. Wie und wie häufig nutzen Sie dabei Ihr Mobiltelefon?“ Top-2-Boxen: „Häufig“ und „gelegentlich“, Mehrfachnennungen sind möglich. Ich telefoniere beim Einkaufen nebenbei mit Freunden und Bekannten. Ich schreibe beim Einkaufen nebenbei SMS an Freunde und Bekannte.

Ich höre über Kopfhörer Musik.

Ich lasse mich im Geschäft von Freunden und Bekannten am Telefon beraten.*

Ich mache Fotos von Produkten im Geschäft. Ich scanne mit dem Handy den Barcode von Produkten für zusätzliche Infos. Ich recherchiere online, ob es das Produkt woanders billiger gibt. Ich nutze die Lokalisierungsfunktion, um im Geschäft einzuchecken. Ich nutze sog. Apps im Geschäft.

Ich bestelle über mein Handy das Produkt online, während ich im Geschäft bin.* Ich löse Coupons und Gutscheine über mein Handy ein.

0% * Einige Statements wurden sprachlich an den Einkaufsbereich angepasst.

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Lebensmittel

Ablenkung vom Kauf

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Zusätzliche Infos zum Kauf

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Kauf über Telefon

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Baumarktartikel Telekommunikations Dienstleistungen

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4 The Zusammenfassend lassen sich drei zentrale Themen identifizieren, die den stationären Handel in Zukunft prägen. So werden Spielprinzipien die Einkaufsstraßen beleben, das Involvement und die Kundenbindung erhöhen. Soziale Netzwerke gewinnen zukünftig eine wichtige Rolle als Verkaufskanal. Sie werden wie Newsletter heute zudem stärker Angebote, Sonderaktionen und Events kom-

munizieren. Und sie dienen als Tool für Kunden, um sich einzubringen. Zusätzlich gibt es zukünftig eine ganze Reihe neuer Einkaufsorte. Touchscreens und Smartphones machen es möglich, an einer Vielzahl physischer Orte einzukaufen und mit Marken und Händlern zu interagieren. Händler verlängern ihren POS in die Schaufenster. OnlineHändler erobern den realen Raum.

4.1 # Social Commerce Freunde zu Verkäufern Marken und Händler beginnen, Social Media in den Verkaufsprozess einzuweben. Facebook, Twitter und Co. werden zukünftig nicht nur Kommunikations-, sondern auch Verkaufskanäle sein. Zukünftig werden Händler Freunde und Bekannte zu Affiliates machen, um dem wachsenden Bedürfnis der Konsumenten nach persönlicher Beratung und Orientierung gerecht zu werden. Dadurch gewinnen sie an Qualität und Flexibilität. Sie können das Einkaufserlebnis personalisieren, relevantere Angebote unterbreiten und müssen weniger Personal vorhalten. Erste Ansätze deuten auf diese Entwicklung hin. Schon heute bekommt Rabatte, wer seinem Freundeskreis mitteilt, was oder wo er gerade einkauft. Twitter wird aktiv zur Verkaufsberatung und Produkt-Ankündigung genutzt. Händler nutzen Facebook, um Kunden zu Beginn des Kaufprozesses zu identifizieren, ihren Kunden personalisierte Angebote zu präsentieren und Empfehlungen aus ihrem Freundeskreis anzubieten. Erste Online-Stores eröffnen auf Facebook. Und neue Player wie Groupon sind nur deshalb so erfolgreich, weil viele Konsumenten gemeinsam einkaufen.

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Social Promotion Sites. Groupon ist der neue Star am eCommerce-Himmel. Jeden Tag wird ein Coupon für eine Stadt ausgeschrieben. Erst wenn sich genügend Mitkäufer finden, wird dieser gültig. Viele lokale Geschäfte und Restaurants nutzen Groupon oder das deutsche Pendant DailyDeal, um zusätzliche Kundschaft in die Geschäfte zu bringen. Im Dezember 2010 hat Groupon ein Übernahmeangebot von Google in Höhe von 6 Mrd. US-Dollar ausgeschlagen. Pay with a Post. Empfehlungen von glücklichen Käufern sind für Händler bares Geld. Der OnlineHändler 7trends gibt Konsumenten, die im Kaufprozess ein Produkt über Facebook und Twitter an ihre Freunde empfehlen, einen Rabatt von 5% auf den gesamten Einkauf. Facebook führte Anfang 2011 Deals ein. Unternehmen wie H&M, Vapiano oder Esprit geben Rabatte, wenn Konsumenten im Geschäft einchecken und ihren aktuellen Aufenthaltsort an ihre Freunde kommunizieren. Frische twittern. Soziale Medien eröffnen neue Möglichkeiten, Produkte zu präsentieren und zu promoten. Die britische Bäckerei Albions Oven nutzt dafür Baker Tweets. Der Verkäufer stellt ein, welche Brötchen er in den Ofen schiebt. Daraus wird automatisch eine Twitter Kurznachricht generiert, die den Followern mitteilt, was es gerade ofenfrisch gibt.

Twelpforce. Kundenservice und Verkaufsberatung entdecken Twitter. Unternehmen beginnen aktiv zu scannen, inwieweit Nutzer über die Marke posten und Hilfe suchen. Sie reagieren sehr schnell und unterbreiten Lösungsvorschläge oder Angebote. Best Buy in den USA verfolgt mit Twelpforce den weitreichendsten Ansatz. Die Hilfe wird von den Mitarbeitern aus den Geschäften beantwortet. Die Mitarbeiter bekommen Anreize, online Auskunft zu geben. Auch die Deutsche Telekom, OTTO und viele Online-Händler setzen aktiv auf den Kurznachrichtendienst, der vor allem von Meinungsführern genutzt wird. F-Commerce. Auf keiner Webseite verbringen Nutzer so viel Zeit wie auf Facebook. Erste Unternehmen integrieren Shops in ihren FacebookAuftritt. Einige Anbieter eröffnen Facebook-Stores nur für Aktionen oder bestimmte Zeiträume. Andere verkaufen exklusive Produkte nur an Fans. Und große Unternehmen stellen ihr gesamtes Sortiment ein. Der Fashion-Online-Store Asos eröffnete im Januar 2011 den ersten großen Full-Service-Facebook-Store in Europa. Aber auch kleinere Händler und Marken können Facebook als Vertriebskanal nutzen. Amazon, Payvment oder Shopware bieten entsprechende Shopping-Apps an. Personalisierung von Stores. Immer mehr Händler integrieren Facebook auf ihre Seiten. Nutzer, die im Hintergrund bei Facebook angemeldet sind, können sehen, welchen ihrer Freunde der Store ebenfalls gefällt. Klickt der Nutzer auf „Gefällt mir“, kann der Laden zudem auf die Interessen in den Profildaten zugreifen und das Angebot personalisieren. Einige Stores gehen einen Schritt weiter. Jedes einzelne Produkt wird mit einem Like-Button versehen. Darüber können auch kleine Händler ein Empfehlungssystem wie Amazon aufbauen.

Asos Facebook Seite go.interone.de/kSQ5zl

Check ins von H&M, Vapiano, und Esprit, go.interone.de/kqedG1

Video zu Best Buy go.interone.de/eopcIp

7trends Facebook Seite go.interone.de/iZJmha

Baker Tweets Website go.interone.de/md7yjk

Video zur Funktionsweise von Groupon go.interone.de/fJibtE

Infografik zu Groupon go.interone.de/dKUAk4 The Retail Revolution

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4.2 # Gamification Shops zu Spielplätzen Nach der Emotionalisierung des Einkaufens in den 90er Jahren und der Eventisierung der 00er Jahre werden Geschäfte in den kommenden fünf bis zehn Jahren zu Spielplätzen. Der Handel muss sich neu erfinden, um in Zeiten der Digitalisierung relevant zu bleiben. Dem stationären Handel kommt der Mehrwert abhanden. Gesucht sind neue Anreize, Geschäfte zu betreten und zu verweilen. Es braucht neue Ansätze, Kunden zu binden. Es sind neue Konzepte gefragt, um Kunden mit neuen Produkten und Lösungen vertraut zu machen. Marken und Händler müssen neue Wege finden, soziale Dynamiken zu erzeugen. Spiele geben auf all das eine Antwort. Sie sind weit mehr als Zeitvertreib. Denn wer spielt, macht freiwillig mit und hat Spaß. Er entdeckt und lernt. Er will weiterkommen und trainiert. Er will sich mit anderen messen und tauscht sich aus. Schon heute gibt es einige Ansätze, wie der Handel zum Spielplatz wird. Dies sind erste Gehversuche und vereinzelte Aktionen. Zukünftig werden solche Elemente dauerhaft in das Kauferlebnis integriert werden.

Spielerisch die Welt verbessern: Marken und Händler müssen stärker denn je sicherstellen, dass Kunden ihre Produkte verantwortungsvoll nutzen. Sie tragen Mitverantwortung, was Ernährungsgewohnheiten, Fahrverhalten, Überschuldung etc. betrifft. Spiele können helfen, ein Bewusstsein für das eigene Verhalten zu schaffen und Verhaltensänderungen zu erreichen. Einen eindrucksvollen Ansatz demonstrierte Volkswagen in Schweden mit der Fun Theory. Volkswagen motiviert Konsumenten, die Welt sauberer zu machen, sich gesünder durch den Alltag zu bewegen etc. So wurden z.B. Mülleimer und Recycling-Container zu Spielautomaten. Anstatt von Geld nutzt man Müll oder eine Flasche, um zu spielen. Händler können spielerische Ansätze auf ähnliche Weise nutzen, um Konsumenten zu motivieren, sich gesünder zu ernähren, stärker auf ihren Konsum zu achten, ausgediente Produkte zu recyceln. Spielerisch Neues entdecken. Spielprinzipien eignen sich hervorragend, um Mitarbeiter, Konsumenten oder Bürger zu motivieren, sich intensiv mit Neuem auseinanderzusetzen und Neues zu entdecken. H&M und die Augmented Reality Firma Goldrun platzierten in New York City virtuelle H&MProdukte in und um die Geschäfte. Konsumenten, die mittels der Goldrun-App auf ihren Smartphones die Produkte fanden, nahmen an einem Gewinnspiel teil.

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Video zur Fun Theory von Volkswagen Schweden go.interone.de/eoMI5X

H&M nutzt Augmented Reality go.interone.de/j9LZ7n

Video zu Retailtherapy go.interone.de/hVhpp3

Spielerisch Kunden binden. Bislang sind Kundenbindungsprogramme immer an Rabatte gekoppelt. Zukünftig werden Kundenkarten mit virtuellen Spielwährungen geladen. Das derzeit weitreichendste Konzept verfolgt das Social Game „Retail Therapy“. Hier spielt man Shopping. Spieler konzipieren ihren eigenen virtuellen Store, statten ihn mit virtuellen Produkten aus und stellen Mitarbeiter ein. Wie bei Farmville und Mafiawars gilt es, den Laden über Facebook publik und erfolgreich zu machen. Für Geld können zusätzliche Spieloptionen gekauft werden. Dank großer Marken-Kooperationen entsprechen die virtuellen Produkte den Produkten, die es derzeit auch real in den Geschäften gibt. Noch fehlt eine Verknüpfung mit Kundenbindungsprogrammen. Aber anstatt Punkte auf Rabattkarten zu sammeln, könnten Kunden durch ihren Einkauf im Geschäft Spielpunkte sammeln.

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4.3 # New Points of Sale Werbeflächen zu Involvementflächen Die Zeiten, in denen stationärer Handel und eCommerce getrennte und konkurrierende Sphären waren, nähern sich dem Ende. Zukünftig werden Konsumenten an einer Vielzahl von physischen Orten und über eine Vielzahl physischer Medien kaufen. Der Siegeszug Touch-basierter Computer und Smartphones ermöglicht dies. Konsumenten werden an Schaufenstern und Außenwerbeflächen stöbern und einkaufen. Über Touchscreens können Kunden auch im Geschäft Produkte bestellen oder sich zusätzliche Informationen geben lassen. Verkäufer können Produkte über Tablets besser präsentieren und direkt verkaufen. Über Sensoren wird eine Vielzahl neuer digitaler Services diese Kaufprozesse unterstützen. Bestellungen werden geliefert oder stehen zur Abholung vor Ort bereit.

Online-Shopping offline: Große Multi-TouchGeräte werden in Geschäften auch eingesetzt, um in einem größeren Sortiment zu stöbern, oder nicht vorhandene Größen direkt online zu bestellen. SportScheck setzt solche großflächigen Touchscreens bereits in vielen Filialen ein. Solche Lösungen werden zudem in Schaufensterscheiben oder Außenwerbeflächen integriert. Über solche interaktiven Außenwerbeflächen können sich in Spanien Interessierte an Bushaltestellen durch die aktuelle Mango-Kollektion navigieren, virtuell Produkte anprobieren und Produkte über Facebook an die eigenen Freunde empfehlen. In Schweden rüstete das Geschäft Femme seine Schaufenster entsprechend auf. Drive-in-Konzepte. Im Lebensmittel-Bereich gewinnt eine Mischform aus Online-Offline-Handel an Fahrt. Die Einkäufe werden online bestellt und im Geschäft verpackt. Konsumenten können die Produkte dann selbst abholen. In Frankreich und Schweden funktionieren diese Konzepte sehr gut. Die Summe der Einkäufe liegt deutlich höher. In Deutschland testen aktuell REWE und Real diesen Ansatz.

Video zu Femmes interaktivem Schaufenster go.interone.de/krulvW

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REWE Lieferservice go.interone.de/jN0MDA

OBI Farbfinder go.interone.de/lPcU2a

Tablets am POS. Touch-basierte Geräte werden verstärkt auch von Verkäufern eingesetzt. Sie eignen sich ideal, um auch komplexe Produkte und Dienstleistungen vorzuführen. So nutzt der schwedische Immobilienmakler Visning iPads, um aktuelle Objekte im Geschäft vorzuführen. Tablets dienen auch als Verkaufstool. Im neuen Apple-Store in Barcelona hat jeder Mitarbeiter einen iPod-Touch. Mit diesem füllt er die Rechnung aus, öffnet die Kasse, schickt die Rechnung per Email an den Kunden etc. Dadurch werden die Wartezeiten an den Kassen deutlich kürzer. Konsumenten haben nur einen Ansprechpartner.

Video zu Albert Heijn App go.interone.de/lvN3QE

Neue Services. Durch die Kombination von Kamera, Computer und Mikrophon entsteht eine Vielzahl neuer digitaler Services. Umkleidekabinen werden durch Kameras aufgerüstet, mit denen sich Kunden ablichten können. Bei Diesel in Spanien können sich Konsumenten ihr Bild direkt auf Facebook posten und Freunde um Feedback bitten. Über die Farbfinder-App von OBI können Konsumenten die richtigen Farbtöne identifizieren. Die App von Bauhaus in Schweden ermöglicht es auf Basis von Fotos, die Maße von Räumen zu erfassen. Praktiker bietet mit seiner App die Möglichkeit, Produkte virtuell im Raum zu platzieren. Dafür wird die Augmented Reality Technology eingesetzt. Mit der App des niederländischen Einzelhändlers Albert Heijn können Nutzer Einkaufslisten anlegen. Im Laden sortiert sich diese Einkaufsliste so, dass das nächstgelegene Produkt immer oben angezeigt wird.

Interview Hamburg http://go.interone.de/lO7XY6

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5 Abschließend zeigen wir branchenspezifische Empfehlungen. Sie zeigen auf, wo das Potenzial am größten ist, wo am meisten Handlungsbedarf besteht und was Händler ganz konkret tun können. Viele dieser Empfehlungen funktionieren auch in anderen Branchen. Aber hier haben sie die größte Relevanz.

5.1 # Lebensmittel Mehr Inspiration bieten. Der Lebensmittelkauf ist hochgradig routiniert oder wird spontan entschieden. Aber Konsumenten nehmen die Geschäfte im Bereich Lebensmittel als rein funktional wahr. Sie inspirieren nicht. Sie fördern den Spontankauf zu wenig. Hier liegt Potenzial brach. So verfügen Supermärkte z.B. nicht über Schaufenster. Auch wenn vielfach verderbliche Ware verkauft wird, ließe sich das Schaufenster über Bildschirme zentral bespielen. In-Store-TV ist eine weitere Möglichkeit, die Verkaufsfläche zu bespielen und gleichzeitig Werbeeinnahmen zu generieren. Des Weiteren ist die Warenverknüpfung erst im Anfangsstadium. Händler wie Edeka machen Kunden im Geschäft Rezeptvorschläge auf Basis ausgewählter Zutaten. Konsumenten kaufen häufig für bestimmte Anlässe ein. D.h. im Kopf der Kunden gibt es Produkte, die miteinander verknüpft sind (z.B. Bier und Chips). Diese Produktkorrelationen werden noch zu wenig genutzt, um Kunden zu inspirieren.

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Online-Recherchen aufgreifen. Trotz der Kurzfristigkeit von Entscheidungen im Lebensmittelbereich spielt die Online-Recherche eine große Rolle. Vor allem in Foren, Special-Interest-Communities und Produktbewertungsseiten holen sich Konsumenten Informationen. Diese Online-Konversationen bleiben häufig über Jahre online auffindbar und sind bei Google hochgerankt. Marken und Händler schenken diesen Gesprächen zu wenig Aufmerksamkeit. Sie reagieren nicht auf sie. So lassen sie Gerüchte und Halbwahrheiten wuchern. Neue Bestell- und Lieferkonzepte implementieren. Der Online-Handel für Lebensmittel ist schon heute größer als gemeinhin angenommen. Konsumenten kaufen online, weil es bequemer ist, daß sie sich nicht an Öffnungszeiten halten und die Einkäufe nicht tragen müssen. Außerdem schätzen moderne Konsumenten die deutlich größere Auswahl. Der Preis ist eher ein sekundäres Kriterium. Der Lebensmittelhandel ist gut beraten, attraktive Bestell- und Lieferkonzepte zu implementieren. Hier hinkt Deutschland den europäischen Nachbarn hinterher. Erste vielversprechende Ansätze wie das Drive-in-Konzept von Real weisen in die richtige Richtung. Aber auch intelligente Einkaufslisten gehören dazu. Sie helfen Kunden, ihre Ein-

Video zur Edeka App go.interone.de/m83Lfc

Real Drive go.interone.de/jaxWmn

Migros Website go.interone.de/l5Id18

MyFarm Website go.interone.de/mPU8L5

käufe online oder mobil zu planen und anschließend die Waren schneller im Geschäft vor Ort zu finden. Edeka und Real haben hier passende Apps entwickelt. Sie sind aber kaum bekannt. Nischen digital erschließen. Der Lebensmittelhandel kann auf der begrenzten Fläche nur die TopSeller anbieten. Wer etwas Besonderes braucht, muss in Spezialgeschäfte oder online kaufen. Lebensmittelhändler vernachlässigen jedoch die digitalen Möglichkeiten, ihre Angebotspalette zu erweitern und den sog. Long Tail zu erschließen. So könnten ähnlich wie bei SportScheck auch in Supermärkten Kiosk-Systeme platziert werden, die die Bestellung von Nischenprodukten ermöglichen. Supermärkte können zudem die Attraktivität ihrer Online-Stores erhöhen, indem sie gezielt stark nachgefragte Nischenprodukte billiger anbieten. Wenn diese Nischenprodukte für gut vernetzte Communities (z.B. Allergie-Produkte) wichtig sind, können Händler hier auf einen Multiplikatoreffekt setzen. Händler können den Online-Verkauf außerdem als Testplattform für Marken- und Produktinnovationen nutzen. Anstatt Regalflächen für Neuheiten freizumachen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit floppen, können sie die Online-TopSeller auf die Fläche bringen.

Online Neukunden werben und Bestandskunden binden. Der Lebensmittelhandel nutzt die vielfältigen Möglichkeiten der Online-Akquise neuer Kunden bislang nur unzureichend. Hierzu zählen z.B. lokale Deals über Groupon oder Facebook Deals. Es geht darum, die Besucher von Markenwebseiten stärker mit lokalen Informationen des Handels zu versorgen. Marken und Händler, die Kunden stärker in die Konzeption und Entwicklung neuer Produkte und Geschmacksrichtungen einbeziehen, können diese zudem stärker an sich binden. So bestimmen die Migros-Kunden in der Schweiz auf der Seite Migipedia u.a., welche Konfitüren demnächst in den Regalen stehen. Am weitesten geht hier die Initiative MyFarm des National Trust in Großbritannien. Inspiriert vom Erfolg des Social Games Farmville, können Nutzer nach einer Einlage von 30 Pfund über alle wesentlichen Entscheidungen auf einer realen Farm abstimmen. Im Rahmen einer Aktion könnten Kunden auch über Supermärkte mitbestimmen.

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5.2 # Kleidung Inszenierungen digitalisieren. Wie keine andere Branche ist die Modewelt von Sehnsüchten und Inszenierungen geprägt. Digitale Technologien bieten Modemarken und -händlern hier eine Fülle neuer Möglichkeiten. Die Technik hilft dabei, Markenwelten erlebbarer und interaktiver zu machen und mehr Kunden in die Geschäfte zu bringen. Hierzu zählen z.B. interaktive Schaufenster und Fotokabinen wie von Diesel in Berlin und Barcelona, interaktive Outdoor-Werbung wie bei Mango in Spanien oder virtuelle Anproben in Umkleidekabinen. Neue POS erschließen. Der Schritt, aus diesen digitalen Inszenierungen zusätzliche Verkäufe zu generieren, liegt sehr nahe. Händler werden zukünftig auch über Schaufenster, Werbeflächen und klassische Medien verkaufen. Dies ist entweder über interaktive Touchscreens oder zukünftig auch über im Smartphone integrierte Bezahlmöglichkeiten möglich. Die Bestellung wird entweder mit dem Online-Store verknüpft oder Kunden erhalten einen Gutschein, den sie direkt im Laden einlösen können. Sozialer verkaufen. Mode-Käufe sind Lustkäufe, die Spaß machen. Konsumenten belohnen sich über den Kauf von Kleidung. Je näher Händler an die Kunden herankommen, desto besser können sie verkaufen. Für Mode-Händler wird es daher Pflicht, ihre Facebook-Auftritte relevanter für den

Verkauf zu machen. Sie können entweder gezielt neue Produkte und Kollektionen ankündigen, direkt in Facebook verkaufen oder Rabatte für Empfehlungen geben, wenn Kunden ihre Einkäufe an ihren Freundeskreis empfehlen. Als Role-Models dienen hier der Facebook-Store von Asos oder das Pay-with-Post-Prinzip von 7trends. Hypes schneller bedienen. In der Modewelt wird es zunehmend wichtiger, neue Themen und Trends sehr kurzfristig aufzugreifen, in Produktkonzepte zu überführen und auf die Fläche zu bringen. Viele Händler sind jedoch noch immer sehr einkaufsgetrieben. Ihnen schafft die Kurzfristigkeit große Probleme. Hier geht es vorrangig darum, Produkte in kleinen Stückzahlen zu kaufen und nur die nachzuproduzieren, die sich gut verkaufen. Dieses Modell hat Zara erfolgreich gemacht. Spielerisch die Besucherzahlen steigern. Der Modehandel ist immer wieder neu herausgefordert, Kunden in die Geschäfte zu bringen. Bislang wurden hier vor allem Events ausgerichtet. Zukünftig werden Spiele hinzukommen. Über den Einsatz von Smartphones kann eine Vielzahl von Spielen im physischen Raum gespielt werden. Diese Ansätze sind vor allem für Männer ein hoher Anreiz, shoppen zu gehen.

5.3 # Elektronische Geräte Preiskrieg beenden. Wie in keiner anderen Branche dominiert hier der Preis. Die Anschaffungspreise sind hoch, die nächste Produktgeneration steht immer schon in den Startlöchern. Die Fokussierung auf den Preis ist ruinös. Sie zerstört nicht nur Händler, sondern auch Marken. Gesucht sind neue Verkaufsansätze und Services, die zumindest teilweise aus dem direkten Preisvergleich befreien.

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Referenzprodukte identifizieren. Kunden recherchieren nur ausgewählte Produkte. Sie machen den Preis anhand von Referenzprodukten fest. Händler sind gut beraten, genauer zu identifizieren, welche Produkte gesucht und verglichen werden. Diese Produkte können sie subventionieren und vom Verkauf zusätzlicher Produkte profitieren.

Warenwirtschaftssysteme öffnen. Wer sich dem Preisvergleich entziehen will, sollte sich über die aktuelle Verfügbarkeit positionieren. Kunden, die ein Produkt unbedingt jetzt und hier kaufen wollen, haben derzeit keine Möglichkeit, an die relevanten Informationen zu kommen. Händler sollten sich für diese lokale Suche öffnen und mitteilen, welche Produkte bei ihnen gerade wie verfügbar sind. In den USA wird dies bereits ausgiebig praktiziert. Nicht umsonst hat eBay für 75 Millionen USDollar den lokalen Suchdienst Milo übernommen.

eBay kauft Milo go.interone.de/jxzJ9M

Shop Kick Website go.interone.de/lg5VL6

Conrad Community go.interone.de/miNu80

Smartphone-Nutzung forcieren. Wie in keinem anderen Bereich werden Smartphones im Elektronik-Handel genutzt. Dabei geht es vorrangig um den Preisvergleich. Händler können dies für sich nutzen, indem sie Anreize geben, wenn Kunden ihre Daten teilen. Vorreiter ist hier das US-Startup-Unternehmen Shop-Kick. Nutzer checken am Anfang ihres Besuchs im Geschäft über die Shopkick-App im Geschäft ein. Während sie durch das Geschäft laufen, speichert die App die Laufwege. Außerdem können Nutzer über die App Produkte scannen. Im Gegenzug für diese massive Preisgabe personenbezogener Daten winken Rewards, Rabatte und andere exklusive Anreize. In den USA gehört Best Buy zu den Pionieren dieses Ansatzes. Unsicherheit abbauen, Entscheidungen forcieren. Bei vielen Konsumenten herrscht beim Kauf elektronischer Geräte eine große Unsicherheit. Sie sind sich nicht sicher, welches Produkt richtig für sie ist. Händler können mehr tun, um diese Unsicherheit zu mindern und Entscheidungen zu forcieren. Neben der eigenen Beratung empfiehlt es sich, die Expertise anderer Nutzer zu integrieren und sie zu Beratern zu machen. Conrad Electronic macht Kunden zu Testern. Sie bekommen ein Test-Gerät, besprechen dieses für den Conrad-Blog und dürfen das Produkt anschließend behalten. Einen anderen Weg geht Best Buy mit Twelpforce. Mitarbeiter des stationären Geschäfts scannen Twitter nach Hilferufen von Meinungsführern. Sie bieten direkt Hilfe und Beratung an.

Best Buy Twitter Kanal go.interone.de/iYu0mm

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5.4 # Baumärkte Services auf Webseiten weiter ausbauen. Wie im Bereich Elektronische Geräte herrscht auch bei Baumarkt-Artikeln eine große Unsicherheit. Die Kaufentscheidungen haben langfristig Konsequenzen. Händler sind gut beraten, den Service-Aspekt ihrer Webseite deutlich auszubauen und Kunden bei der Planung ihrer Projekte zu assistieren. Dies kann z.B. entweder über Video-Tutorials oder Planungssoftware geschehen. Smartphones zu Werkzeugen machen. Smartphones bieten schon heute vielfältige Möglichkeiten, Konsumenten bei der Planung und Umsetzung ihrer Projekte zu unterstützen. So werden Telefone zu Wasserwaagen, Messgeräten, Farbfindern, Bauanleitungen etc. Die Vielfalt der Möglichkeiten lässt sich noch kaum erahnen. Händler können sich hier nicht mit der Bereitstellung der ServiceInformationen zufriedengeben. Sie müssen Apps deutlich stärker bewerben und publik machen. Corporate Publishing erschließen. Um Kundenbeziehungen besser zu pflegen, ist es für Baumärkte interessant, sich intensiver mit der Etablierung eigener Medienkanäle zu beschäftigen. Diese dienen vor allem dazu, Gestaltungstipps und Anregungen zu geben. Sie können jedoch auch genutzt werden, um Kunden eine Plattform für Projekte zu geben. Hierbei sollten mehrere Kanäle zum Einsatz kommen. Insbesondere Magazine in Print oder App-Form sind hier interessant. Sie werden anders gelesen als Webseiten.

Spielprinzipien einsetzen. In Heimwerkerfragen ist wie in kaum einem anderen Konsumbereich Können gefragt. Heimwerkerprojekte werden gern auf die lange Bank geschoben. Baumärkte haben die Chance, über groß angelegte Wettbewerbe Konsumenten und Gruppen zu motivieren, Projekte anzuschieben und umzusetzen. Sie können ihnen eine Plattform geben, sich gegenseitig zu messen und voneinander zu lernen. Sie können gemeinnützige Projekte fördern. Bauhaus schrieb z.B. einen Contest aus, bei dem sich Schüler, Eltern und Lehrer mit Bau-Projekten für ihre Schule bewerben konnten. Die kreativsten Ideen wurden mit Warengutscheinen unterstützt und auf der Webseite präsentiert. Aber auch Selbstmotivationsdienste wie GetUpp sind interessant, um den inneren Schweinehund zu überwinden. Nutzer verpflichten sich, ein Vorhaben bis zu einem bestimmten Termin umzusetzen, und kommunizieren diesen Termin an ihr soziales Umfeld. Der gesamte Freundeskreis erfährt von Erfolg und Misserfolg des Projekts.

Bauhaus macht Schule go.interone.de/mGbqKD

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GetUpp Website go.interone.de/kML615

5.5 # Telekommunikation Angebote vereinfachen. Wie in keinem anderen Einkaufsbereich sind Kunden mit den Angeboten der Telekommunikations-Anbieter unzufrieden. Sie verstehen Angebote nicht und fürchten versteckte Kosten. Gerade vor dem Hintergrund neuer Datentarife sind die Anbieter gefordert, ihr Angebot verständlicher zu gestalten. Kundenservice verbessern. Über soziale Medien wie Twitter berichten Meinungsführer, wenn sie mit Leistungen nicht zufrieden sind, Probleme haben etc. Sie setzen gezielt die Reputation aufs Spiel, weil ihre Probleme im klassischen Kundenservice nicht gelöst werden. Sie machen die Erfahrung, dass Unternehmen schneller reagieren, wenn sie ihre Kritik öffentlich machen. Es ist sicherlich richtig, auf die Kritik in sozialen Medien zu reagieren. Trotzdem sollten die Telekommunikations-Anbieter es dazu gar nicht erst kommen lassen.

sie Live-Beratungen in die Webseite integrieren. Berater des schwedischen Telekommunikationsanbieter 3 assistieren Kunden per Video und demonstrieren das Angebot über eine Multi-TouchOberfläche. Angebote visualisieren. Da Angebote komplex sind, ist es wichtig, dass diese im Geschäft gut dargestellt werden. Noch immer schauen Kunden auf die Rückseite von Bildschirmen, während der Berater Daten in eine Maske einträgt. Über MultiTouch-Devices können Berater und Kunden gemeinsam auf das Angebot schauen. Der Kunde weiß, was der Berater einträgt. Zudem bestehen bessere Darstellungsformen.

Online beraten. Wie kein anderer Bereich werden Telekommunikations-Dienstleistungen online nachgefragt. Trotzdem gehen viele anschließend ins Geschäft. Sie wollen sich das Angebot noch einmal erklären lassen und sichergehen, dass sie das Richtige abgeschlossen haben. Anbieter können Entscheidungen beschleunigen, indem

Innovationsvideo von 3Live go.interone.de/lTwqAk

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Impressum Interone ist Ideen- und Auftraggeber der Studie. Die Fullservice-Agentur hat gemeinsam mit Jelden Trend & Transformation Consulting die Studie konzipiert, hat die Projektpartner zusammengebracht, war an der Durchführung und Auswertung beteiligt und für die Aufbereitung verantwortlich. Interone ist eine der führenden Agenturen für vernetzte Multikanal-Kommunikation. Mit einem zukunftsweisenden Agenturmodell, das für Interone-Kunden alle klassischen und interaktiven Kommunikationsund Vertriebskanäle bündelt, bietet Interone sowohl Online- als auch Offline-Lösungen auf höchstem kreativen Niveau an und verfolgt damit einen integrierten Ansatz.

Jelden Trend & Transformation Consulting hat gemeinsam mit Interone die Studie konzeptioniert, durchgeführt, ausgewertet und aufbereitet. Seinen Kunden hilft Jörg Jelden, gesellschaftliche Veränderungen zu verstehen, Geschäftsmöglichkeiten zu erkennen und diese innerhalb ihrer Organisation zu aktivieren. Zuvor war Jörg Jelden fünf Jahre beim Hamburger Trendbüro und hat dort u.a. Kunden wie O2, Deutsche Post, OTTO oder eBay beraten.

OMD (brand science) Germany unterstützte die Studie über die Bereitstellung und Durchführung der Onlinebefragung. OMD Germany ist der deutsche Arm der OMD Worldwide, der weltweit größten Mediaagenturgruppe.

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 Redaktionsleitung / Strategie: Jörg Jelden, Michaela Holzmann, Stephan Tewes, Margot Meissner Redaktion: Christian Clawien Onlinebefragung: Brand Science Network / OMD. http://www.brandsciencenetwork.com Studiendesign online: Thomas Eckhardt Art Direction: Christoph Behm, Hilke Rolapp

Kontakt Interone GmbH, Theresienhöhe 12, 80339 München Marco Mehrwald, CCO [email protected] Franziska von Lewinski, CEO [email protected]

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