Sport hält die Dinge zusammen und gleichzeitig in Bewegung, wir

March 30, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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SONNABEND / SONNTAG, 28. / 29. MAI 2011

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2011 Unterwegs: Feiern auf der 13. Altonale › Stadtgespräch: Michael Stich bereut nichts › Titel-Thema: Spaß & Spiel – 20 besondere Sportarten Lokal-Termin: „Das weisse Haus“ › Gestern & Heute: 40 Jahre „Stern“-Aktion „Wir haben abgetrieben!“ › Markenmacher: Lunge Laufschuhe

Der Lauf der Welt Sport hält die Dinge zusammen und gleichzeitig in Bewegung, wir zeigen dabei Charakter und lernen Teamgeist. YVONNE WEISS bekennt: Ohne Sport läuft in ihrem Leben gar nichts

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allo, mein Name ist Yvonne, und ich bin Sportaholic. Jeden Tag greife ich zu meinen Turnschuhen, manchmal schon vor 7 Uhr. Ich finde es berauschend, überall und bei jedem Wetter durch die Gegend zu rennen und kümmere mich nicht um die Co-Abhängigen in meinem Team. Meine beste Freundin und Trauzeugin wurde fast verrückt, als ich kurz vor der kirchlichen Trauung noch ins Fitness-Studio verschwand. Meine Schwägerin findet sich bei Familientreffen durch meine Bewegungssucht tyrannisiert („Dabei kann man nicht gemütlich Kuchen essen!“), und mein Mann reagiert regelmäßig mit Unverständnis, wenn ich auf Reisen im Dunkeln aufstehe, um fremde Länder und Städte im Dauerlauf zu erkunden. „Hast du Angst, dass die Sonne nicht aufgeht, wenn du ihr nicht entgegenrennst?“, fragt er dann und dreht sich auf die andere Seite – was nach seiner Definition übrigens bereits als Bewegung gilt. Dabei zielt Sport keineswegs auf die bloße körperliche Ertüchtigung ab. Sport bedeutet mehr als Pulsuhr, Schweißband und Bauch, Beine, Po. Zuallererst gehört Sport in den Bereich der Kunst, da es darum geht, den eigenen Körper in die ästhetisch gewünschte Form zu bringen. Die dabei freigesetzten Botenstoffe Dopamin und Serotonin wirken wie Medikamente – zuzahlungsfrei und homöopathisch obendrein. Als Teil des Soziallebens trainiert Sport das kollektive Vergnügen. In Hamburg finden Fitness-Fans dafür ideale Bedingungen. Es gibt fast 800 verschiedene Sportvereine und jede Menge Gleichgesinnte: 540 000 Mitglieder zählt der Hamburger Sportbund, hinzu kommen die Besucher der Fitness-Studios, deren Spektrum vom Ein-Zimmer-Geruchserlebnis bis zum 5-Sterne-Palast mit Bademantel-Service reicht. Laut einer Studie von 2010 ist Hamburg sogar die sportlichste Stadt Deutschlands. Kein Wunder, verfügt sie doch mit der Alster über eine eingebaute Joggingstrecke. Nach spätestens drei Metern ist man hier Teil einer Gemeinschaft, obwohl man gar keinen Gruppen-Sport betreibt.  Bei wem es nicht so richtig läuft, der sucht sich einfach eine andere, für ihn passende Sportart – alles nur eine Frage des Charakters. Wer diszipliniert ist, tanzt Ballett, wer gerne im Trend liegt, geht klettern. Nostalgiker greifen zum Rhönrad, Wüteriche zum Baseballschläger. Ruhige Gemüter treffen sich im Tai-Chi-Kurs, Narzissten im Hantelbereich vor der Spiegelwand. Traditionalisten spielen Hockey, Netzwerker Golf, Draufgänger Polo. Konservative gehen wandern, Menschen mit Sitzfleisch zum Spinning. Rückwärtsgewandte rudern, Flexible turnen. Kinder von überehrgeizigen Müttern werden Eisprinzessin, übermotivierte Väter hingegen züchten Tennisspieler. Ich selbst wurde im Alter von sechs Jahren Mitglied eines Tennisklubs. Sonnabends war ich vom Unterricht befreit, um zu Turnieren und Sichtungen zu fahren, wo dann Legenden wie Ion Tiriac und Niki Pilic meinen Slice und die Zeit beim Hütchen-Lauf begutachteten. Auf meiner Tennistasche stand „Winners never quit“, als ich noch gar nicht rich-

Duell gegen sich selbst: Auch beim Jogging sind wir in guter Gesellschaft FOTO: PLAINPICTURE/ETSA

tig Englisch konnte. Die Ferien verbrachte ich so oft wie möglich in Wimbledon, und Weiß war für mich die schönste Farbe der Welt. Heute verstecke ich diese Vorliebe in meinem neuen Nachnamen. (Hier möchte ich auf Wunsch meines Mannes darauf hinweisen, dass dieser glückliche Zufall mein Jawort in keiner Weise beeinflusst oder gefördert hat!) Andererseits standen überehrgeizige Angehörige am Platzrand, die „schlecht!“ riefen, wenn ich einen Doppelfehler machte. Als ich mal meinen Arm brach, schlug ich nach drei Wochen wieder auf. Und beim Finale der Bezirksmeisterschaften 1986 übergab ich mich im dritten Satz beim Stand von 4:3 in einen Balleimer, um danach keinen Punkt mehr abzugeben. Gewinnen kann so traurig sein. Zum Glück aber erlaubt der Sport – und nur der Sport – auch Verlierern, siegreich vom Felde zu ziehen. Wer waren denn die Gewinner der Herzen bei der Fußball-WM 2006? An diesem Beispiel lässt sich darüber hinaus verdeutlichen, dass es heutzutage fast nur noch Sportveranstaltungen sind, die ein „Wir“-Gefühl ermöglichen und Einheiten zu bilden imstande sind. Wer einmal im Fanblock von St. Pauli stand, weiß plötzlich, was regionales Hochgefühl bedeutet. Und Schmerz. Geballte Emotionen. Das alles jedoch in größtenteils kontrollierbarer Form – Sport erlaubt kleine Exzesse im Stadion der Regelhaftigkeit.  Ja, Sport ist zivilisierte Erregung. Der Soziologe Norbert Elias stellte 1986 die These auf, dass das moderne Sportgeschehen die Unterdrückung von körperlichen Exzessen im Alltagsleben kompensiert. Im Werbedeutsch kann man auch sagen: Lass ihn raus, den Tiger! Wir können uns nicht permanent zusammenreißen und artig unseren Verpflichtungen nachkommen. Wer mal sehen will, wie Finanzmakler, Chirurgen oder Journalisten so richtig rumbrüllen, sollte die Fight Class im Meridian Spa Eppendorf (donnerstags, 19 Uhr) besuchen. Der letzte Schrei! Eine derartige Katharsis bekommt kein Therapeut so schnell und zuverlässig hin. Aristoteles – philosophischer Begründer der SelbstreinigungsTheorie – hätte hier gleich eine Mitgliedschaft abgeschlossen. Und da wir gerade bei den alten Griechen sind: Sport bedeutet auch Bildung. Kein anderes Fach vermittelt so eindrücklich, worauf es in einer Demokratie ankommt: auf Fairness, Gemeinschaftsgeist und Regeln, an die sich alle halten sollen. Insofern bringt Freizeitsport – gedopte Profis haben zu diesem Text keine Zugangsberechtigung – auch eine gewisse Wahrheit mit sich. Ich kann genau messen, wie weit oder wie hoch ich springe, wie viele Kalorien ich auf dem Crosstrainer verbrenne, wie lange ich für fünf Kilometer brauche. „Die Politik lügt, auch das Kino, die Literatur, nicht aber der Sport“, sagt der Regisseur Jean-Luc Godard. Natürlich gibt es immer wieder Sportmuffel, die sich weder selbst noch von ihrer Position wegbewegen wollen. Winston Churchill und Homer Simpson beispielsweise, oder George Orwell, der Sport verächtlich als „Krieg abzüglich der Schießereien“ definierte. Dabei ist es für die Staaten-Gemeinschaft wesentlich gesünder, sich alle vier Jahre bei Olympia oder Weltmeisterschaften zu messen. Und wenn man Sport unbedingt als disziplinierten Zwilling des Krieges betrachten will, sollte man dabei den kleinen, aber feinen Unterschied beachten: Der eine tötet, der andere kann Leben verlängern. Zugegeben: Sport ist kompetitiv. Selbst wenn man allein durch die Welt joggt, einen Gegner wird man nie los: sich selbst. Ich werde dennoch weiterlaufen. Irgendwann muss man ja ankommen. Das ist das Ziel.

S. 4/5 – Immer in Bewegung! Boule, Bowling oder Bogenschießen; 20 Sportarten, die Spaß machen

II › WOCHENENDE

Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011

KARTE: GRAFIKANSTALT

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19 Uhr Sonntagabends setzt meine Menschenscheu ein. Ich möchte keinen Besuch und gehe auch nicht mehr raus. Ich setze mich im Wohnzimmer vor den Fernseher und lasse mich berieseln. Ich mag französische Spielfilme mit den Schauspielerinnen Isabelle Huppert und Catherine Deneuve. In den Filmen passiert zwar nicht so viel, dafür sind sie aber sehr lebensnah und gesellschaftskritisch.

23 Uhr Der Film ist zu Ende. Aber es kommt noch „Titel, Thesen, Temperamente“ mit Dieter Moor. Obwohl ich eigentlich schon todmüde bin, gehe ich nicht ins Bett. Das passiert meist erst gegen 1 Uhr nachts. Acht Stunden später klingelt der Wecker.

 

3. November 2011 20 Uhr O2 World Hamburg Karten € 48,– bis € 89,25 Karten gibt es in allen Hamburger Abendblatt-Ticketshops (zzgl. Bearbeitungsgebühr) Hamburger AbendblattTicket-Hotline

040/30 30 98 98

(zzgl. Versandkosten) Mo.–Fr. 8–19 Uhr, Sa. 8–13 Uhr

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17.30 Uhr Zurück zu Hause mache ich mir Spaghetti mit gebratenen Speckwürfeln und einer Tomaten-Sahne-Soße. Die Spaghetti müssen richtig weich gekocht werden. Währenddessen telefoniere ich mit meiner Schwester und meiner Mutter. Wir erzählen uns, was wir in der Woche so gemacht haben. Während ich dann in meiner Old-SchoolKüche esse (ich habe keine Einbauküche), gucke ich Fernsehen.

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Jetzt steht ein ausgedehnter Strandspaziergang auf dem Programm und anschließend ein Abstecher ins Café Wichtig. Hier trifft sich halb Hamburg. An einem Tag wie diesem versuche ich mal komplett abzuschalten und nicht an die Arbeit zu denken. Ausspannen ist mir wichtig.

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14.25 Uhr Angekommen!

Elbchaussee

Kommt in die Tüte! Die „goodgoods Messe“ zeigt schon heute die Produkte von morgen

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Reeperbahn

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FOTO: ISTOCKPHOTO

7 Uhr Ich komme jetzt erst nach einer Partysause nach Hause. Die beginnt im Restaurant Tarantella am Stephansplatz. Das Zwick in Pöseldorf ist ein Zwischenstopp, bevor ich mich dann ins Hamburger Nachtleben wie das Golden Cut stürze.

Oldtimer, den Jaguar E-Type, aus der Garage und dann geht es zum Timmendorfer Strand.

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Mein perfekter Sonntag

13.45 Uhr Ich hole meinen

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Der 45-jährige Scooter-Frontmann macht die Nacht zum Tag und einen Ausflug zum Timmendorfer Strand

12 Uhr Mein Handywecker klingelt. Ich springe unter die Dusche und hole Brötchen in Duvenstedt beim Bäcker Hoisbütteler Mühle (Duvenstedter Damm 66). Ich esse gerne im Garten auf der Terrasse. Ein Katerfrühstück. Deftig muss es sein mit Schinken und Leberwurst. Was nicht fehlen darf: Ostfriesentee mit Milch und Kandis.

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FOTO: PICTURE-ALLIANCE/JAZZ ARCHIV

Stresemannstraße

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H. P. Baxxter

Auf nach Altona

14 AUSGEH-TIPPS

Eine Wundertüte namens Altonale TEXT: KIRSTEN RICK Altona wie es tobt, spielt, tanzt und lacht: Vom 1. bis zum 19. Juni steigt die 13. Altonale, Norddeutschlands größte Kulturveranstaltung und ein gigantisches Straßenfest. In diesem Jahr mit von der Party: das Partnerland Türkei

Shoppen der Zukunft

1 ALTONALE KULTURNACHT Das Fest startet mit einem Spektakel: Das Altonaer Museum wird in einen „Basar der Künste“ verwandelt. Der 300-köpfige Chor der türkischen Gemeinde Hamburg tritt auf, Fatma Aydin singt friesische und türkische Lieder, es gibt eine Kulturdusche und die nächtliche Museumsführung „Die Wahrheit über Altona. Alles muss raus!“. Dabei testen Sven Amtsberg und Michael Weins jedes Exponat: Ist es nützlich? Ist es schön? Was bringt es auf dem Flohmarkt? » 1.6., Einlass ab 18 Uhr, offizielle Eröffnung um 19 Uhr, Abendprogramm ab 19.30 Uhr, Eintritt 6 Euro, Altonaer Museum, Museumstr. 23

Jute-Schick und Öko-Strick sind lange Vergangenheit: Die „goodgoods Messe für nachhaltigen Konsum“ beweist, dass sich Design und Umweltbewusstsein nicht mehr ausschließen – mit Mode, Elektro-Sportflitzern und Papp-Computern

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TEXT: VERA ALTROCK

achhaltigkeit ist endlich in der bunten Welt der Verbrauchermessen angelangt – doch neben Klassikern wie „Du und Deine Welt“ und „Boote“ wirkt die „goodgoods-Messe für nachhaltigen Konsum“ noch wie ein Exot. Und das ist Absicht: Von Ständen aus Sperrholz bis Bio-Catering – hier soll alles anders sein als bei herkömmlichen Ausstellungen. Rund 80 Händler aus ganz Deutschland treten den Beweis an, dass sich Nachhaltigkeit und Design nicht ausschließen. Da gibt es einen Stuhl von Werner Aisslinger, der zu 75 Prozent aus Hanf und Kenaf besteht, einen biologisch abbaubaren Schirm von The Brelli, einen PC im Recycling-Pappgehäuse namens Recompute, eine Mikro-Windturbine, entworfen von Philippe Starck für Pramac, einen Prototypen für ein ultraleichtes Elektromotorrad von Ralf Kittmann und den Tesla Roadster, der weltweit erste Elektro-Sportwagen (Probefahrten möglich!). „Die neue Verbindung von Ökologie und Design gibt der grünen Wirtschaft starken Rückenwind“, sagt Jutta Nachtwey, die die Exponate zusammengestellt hat, „und sie macht nachhaltigen Konsum auch für Zielgruppen attraktiv, die bisher keine Überzeugungstäter waren.“ Und so sind nicht nur Anbieter aus den Bereichen Wohnen, Büro, Reisen, Freizeit

oder Multimedia anwesend – auch die Verbraucherzentrale, der Blaue Engel und der Zukunftsrat sind vor Ort, um über Umweltsiegel und Entwicklungsperspektiven zu diskutieren. Ein Schwerpunkt ist „Fair Fashion“, das Motto des goodgoods Fashion Cubes. In dem acht Meter hohen Wohnwürfel zeigen Models die Kollektionen „grüner“ Labels, darunter viele Hamburger Kreative. Und weil das Messe-Konzept auch „gucken und kaufen“ lautet, kann man mit gutem Gewissen an den Ständen rund um den Fashion Cube zuschlagen. Dazu sucht das Umweltportal www.umwelthauptstadt.de „das natürlichste Gesicht Hamburgs“. Die zwölf Finalisten führen als Models nachhaltige Mode von der bekannten Hamburger Designerin Julia Starp vor. Auch der Selbermachen-Trend wird aufgegriffen: In der Do-it-yourself-Welt der Offenen Werkstätten können Gäste gebrauchte Gegenstände recyceln und mit professioneller Unterstützung in kleine Kunstobjekte verwandeln. Auch für Kinder ist das ein großer Spaß: Fünf- bis Zehnjährige basteln in Workshops aus Handschuhen kleine Monster oder aus Pappe die Stadt der Zukunft. Und weil Nachhaltigkeit nichts anderes als Zukunft bedeutet, können sich Hamburgs Schüler unter dem Motto „Umwelt soll Spaß machen“ mit einem T-Shirt-Entwurf als „goodgoods“-Designer von morgen bewerben.

2 FLOATING VOLUME #3 Die Kunst Altonale eröffnet mit der Vernissage „Stadt und Identität in der künstlerischen Forschung“, bei der 21 Künstler aus Hamburg und Istanbul ihre Ansichten zur Metropole und deren Konstruktion ausstellen. » Eröffnung am 2.6., 19 Uhr, Mo–Sa 10–19 Uhr, Kulturetage, 1. Stock über der Galerie KunstNah, Große Bergstr. 160 3 HEIMSPIEL ’11 – DEUTSCH-TÜRKISCHES THEATERFESTIVAL Das erste binationale Hamburger Bühnenfest zeigt „deutsch-türkisches Leben“ in allen Facetten: Zur Eröffnung an der „Langen Nacht der Deutschtürken“ gibt es Gastspiele wie „Hacivat und Karagöz in Almanya“, Loungemusik von DJane Ipek u. m. » 3.6., Programm ab 18.30 Uhr, Thalia in der Gaußstraße, Gaußstr. 190, Tel. 32 81 44 44, Eintritt frei 4 KUNST IM SCHAUFENSTER Bummel mal anders: In Boutiquen und Buchhandlungen konkurrieren Werke um den mit 2000 Euro dotierten Altonale-Kunstpreis. » 1.–19.6., Altona und Ottensen, Rundgang mit dem Künstler Manfred Kroboth am 4.6., 14 Uhr, Treffpunkt: Mercado Untergeschoss

Service » goodgoods Messe für nachhaltigen Konsum, 28. / 29.5., Hamburg Messe Halle B7, Eingang Süd an der Karolinenstraße, geöffnet von 11 – 19 Uhr, Tageskarte Erwachsene 10 Euro, ermäßigt 7 Euro, Kinder bis 12 Jahre kostenlos, www.goodgoods.de

5 LYRISCH DUSCHEN MIT AUSSICHT Künstlerin Anja Reimers installiert auf dem Altonaer Balkon ihre Lyrik-Dusche, aus der Poesie strömt, bereinigend und belebend. » 1.–19.6., rund um die Uhr, Altonaer Balkon 6 KIOSKLESUNG Zwischen Zeitungen und Süßem treten die Spoken-Word-Poeten Xóchil A. Schütz (Berlin) und Toby Hoffmann (Ravensburg) auf, Kioskbesitzer Winnie und Freunde spielen den Blues. Ein Happening, das schnell auf die Straße übergreift. » 4.6., 19 Uhr, Kiosk in der Ottenser Hauptstr. 61, Eintritt frei 7 LITERATUR AHOI! Während das Schiff über die Elbe kreuzt, lesen Anja Dückers, Jasmin Ramadan und Feridun Zaimoglu aus Romanen und Liebesgeschichten. » 5.6., 19.30 Uhr, MS Commodore, Anleger Neumühlen/Oevelgönne, Karten: 10 Euro, Tel. 39 80 69 70

DER GRÜNE PUNKT Von Mammutbäumen zu Orchideen und Wüstengewächsen: Die Umwelttour im Botanischen Garten Klein Flottbek führt zu besonderen und seltenen Pflanzen, zu Schätzen, von denen manche nur hier bei uns wachsen. Dabei werden auch Schutzmaßnahmen diskutiert. Am 1.6. ab 17 Uhr

8 POETRY NIGHT FERRY Der Poetry-Slam-Star Mischa-Sarim Vérollet liest zu später Stunde auf der Fahrt nach Finkenwerder und retour aus seinem Debütroman „Warum ich Angst vor Frauen habe“. » 6.6., 22.15 Uhr, Landungsbrücken, Brücke 3, Linie 62, Mitfahrt mit HVV-Ticket

KULTUR ERLEBEN

9 TÜMATA Das 30-köpfige Ensemble des Musiktherapeuten, Sufimeisters und Musikers Dr. Oruç Güven erklärt in einer Performance spielerisch türkische Musik. » 7.6., 19.30 Uhr, Kulturkirche (St. Johanniskirche) Altona, Max-Brauer-Allee/ Ecke Sternbrücke, Eintritt 10 Euro, Karten Tel. 39 80 69 70 10 „IMPRO-ALA-TURKA“ TRIFFT „THEATER IMPROMPTÜ“ Improvisiertes Theater auf Deutsch und Türkisch, aus München und Hamburg, mit, über und gegen Vorurteile und Klischees. Jeder hat sein „ü“ zu tragen! » 11.6., 20 Uhr, Bühne im Bürgertreff, Gefionstr. 3, Infos unter Tel. 42 10 27 10, Eintritt frei

Wiederhören macht Freude

11 DIE WAHRHEIT ÜBERS WOHNEN II Wohnraum wird in Hamburg immer knapper, aber Habitat hat Platz. Die größte WG der Welt soll hier zusammenfinden und lieben lernen. Derweil wird eine Möbelhausoperette erschaffen, in der die Autoren Sven Amtsberg, Jakob Hein und der Musiker Pascal Finkenauer auftreten. » 16.6., 20 Uhr, Habitat, Große Elbstr. 264, 7 Euro (Karten an der Abendkasse)

Cock Robin, die Pop-Rock-Barden der 80er, lassen in der Prinzenbar die Ära der Schulterpolster auferstehen

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TEXT: ALEXANDER JOSEFOWICZ

ie sind wieder da!“ Ein Satz, der Fans jeder aufgelösten Band die Freudentränen in die Augen treibt. Verspricht er doch das Wiederaufleben schöner Momente, vielleicht sogar prägender. Das erste Live-Konzert, die erste Freundin, diese epochale Feier, die in völligem Chaos endete. Mit kaum etwas verbindet fast jeder so persönliche Erinnerungen wie mit der Lieblingsband. So weit der Idealfall. Dass es auch den fast unbemerkten Zerfall gibt, der einer Wiedervereinigung die Sensation nimmt, zeigen Bands wie Cock Robin. Die New-Wave-Combo aus Kalifornien enterte 1985 mit ihrem ersten Album samt der Singles „When Your Heart Is Weak“ und „The Promise You Made“ die Top Ten in Deutschland, Frankreich und anderen europäischen Ländern, während sie in ihrer Heimat nahezu unbekannt blieben. Mit „After Here Through Midland“ schloss Cock Robin – mittlerweile zum Duo erodiert – zwei Jahre später an die Erfolge an. Der dritte Langspieler „First Love/Last Rites“ ging nur noch in Frankreich in die Charts und leitete das Auseinanderbrechen ein. 1990 gingen Peter Kingsbery und Anna LaCazio auseinander, wirklich vermisst zu haben scheint sie seitdem niemand. „When Your Heart Is Weak“ taucht noch ab und zu in den Niederungen vorgeblich „ewiger“ Top-1000-Listen auf, sonst ist es still geworden um die Schönwetter-Pop-Barden.

Zeitreisende: Peter Kingsbery und Anna LaCazio drehen mit Hits wie „When Your Heart Is Weak“ die Uhr 25 Jahre zurück Nur in Frankreich flackert noch die Flamme der Sehnsucht – und dort wird auch die Reunion 2006 zuerst bemerkt. In Deutschland fällt die Reaktion – zu Unrecht – bescheiden aus. Dass zwei neue Alben erschienen sind, ist allenfalls in engsten Fankreisen bekannt: Noch heute beginnt der deutsche Wikipedia-Eintrag zur Band mit dem Satz: „Cock Robin waren eine US-amerikanische Band der 1980er-Jahre.“ Ihren letzten Auftritt in Hamburg vor der Trennung absolvierte Cock Robin 1990 im Docks. Bei ihrer Rückkehr 21 Jahre später müssen sie sich mit der kleinen Schwester, der Prinzenbar, begnügen. Beide Läden sind untrennbar miteinander verbunden, räumlich wie historisch. Wo sich heute Konzertgäste und Partygänger tummeln, entstand vor mehr als einem Jahrhundert das erste Kino Hamburgs. Eberhard Knopf holte 1900 die bewegten Bilder aus den Zelten und Buden der Schausteller, gab ihnen ein Zuhause in seinem „Konzert- und Automatenhaus“ am Spielbudenplatz. Schnell etablierte sich das erste ortsfeste Kino der Stadt, Knopf konnte erweitern. Er eröffnete 1906 „Knopf’s Lichtspielhaus“, das bis in die 1970er-Jahre als reines Kino Bestand hatte. Danach kombinierten verschiedene Betreiber Kino und Konzerte, aus Opas Kintopp wurde erst das „Hollywood“, dann „Knopf’s Music-Hall“. Seit September 1988 gehören das Docks und die Prinzenbar zum Hamburger Nachtleben. Ununterbrochen, ganz im Gegensatz zu Cock Robin.

12 CINEMA MUSEAL Im Galionsfiguren-Saal des Altonaer Museums werden Geschichten ums Meer und Wasser gezeigt: am Nachmittag Kurzfilme wie „Blind im Wind“, später die Doku „Hafenstraße im Fluss“. Abends läuft in Anwesenheit des Regisseurs Sven Taddicken der Piratenfilm „12 Meter ohne Kopf“. » 18.6., 15, 17.30 und 20 Uhr, Altonaer Museum, Museumstr. 23, Eintritt Gesamtprogramm: 6 Euro 13 ALTONA MUSIZIERT Jeder, der ein Instrument beherrscht, kann mitmachen, alle Musikrichtungen sind willkommen – denn um 21 Uhr soll der gesamte Stadtteil erklingen: Überall wird dann der Tüdelband-Song der Gebrüder Wolf gespielt. » 17.6., 19–22 Uhr, Ottenser Marktplatz, Kemal-Altun-Platz, Mottenburger Twiete, Motte Innenhof, Alma-Wartenberg-Platz 14 ALTONALE STRASSENFEST Höhepunkt der Altonale: das große Straßenfest mit Ökomeile, Flohmarkt, Musik, Kinderprogramm und mehr. » 17.–19.6. in ganz Altona und Ottensen, www.altonale.de

Service » Cock Robin, So, 29.5., 20 Uhr, Prinzenbar, Kastanienallee 20 (U St. Pauli), Karten ab 42 Euro im Vvk.; www.cockrobinmusic.com

Hier hat Kultur noch einen guten Stand: die Altonale FOTOS: ULRICH GERLACH, PR

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Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011

› STADTGESPRÄCH

Rainer Grünberg trifft Michael Stich

Das Spiel geht weiter Als ehemaliger Spitzensportler kennt Michael Stich,42, Siege und Niederlagen. Ein Gespräch über politische Ambitionen, Reiseunlust und Bier mit Boris Becker

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FOTO: THOMAS LEIDIG

leich komme Michael Stich, heißt es im Vorzimmer. Er müsse noch telefonieren. Mitarbeiter seiner Stiftung, die HIV-infizierten Kindern und ihren Angehörigen hilft, haben ihm eine Akte gereicht, die er noch schnell durchlesen soll. Sponsoren rufen an, die sich im Juli beim Tennisturnier am Rothenbaum engagieren wollen. Details sind zu klären. Welche Weltklassespieler sind dabei, schlägt er selbst im Rahmenprogramm auf? Fit wäre er. Schließlich joggt er fast täglich an der Außenalster entlang, spielt gelegentlich in aller Frühe Tennis … „Einen Moment bitte noch“, sagt Stich, und schiebt die schwere Holztür wieder zu. Michael Stich ist jemand, der sich viel und gern engagiert. Unserer Gesellschaft fehlen die Vorbilder, klagt er. Das fange bei der Politik an, das gehe über die Wirtschaft bis hin zu den Medien, „die zu wenig Werte vermitteln“. Größtes Manko sei, „dass sich Menschen in ihrer Kommunikation immer weiter voneinander entfernen“. Seine Mitarbeiterin, erzählt Stich, sei um halb neun im Büro gewesen und habe zweieinhalb Stunden E-Mails gelesen. „Für mich ist das verschenkte Lebenszeit.“ Ein sinnvoller Gedankenaustausch komme so nicht zustande. Er kläre Dinge lieber im persönlichen Gespräch. Und er wolle sich wieder angewöhnen, mehr Briefe zu schreiben. „Ich habe mich gerade zu einem Essen mit Herrn Warburg von der gleichnamigen Bank getroffen. Der berichtete mir von seiner illustren Familiengeschichte. Da gab es vor hundert Jahren eine enge freundschaftliche Beziehung zwischen seinem Urgroßvater und dem Reeder Albert Ballin. Die haben sich über Jahre viel geschrieben. Es gibt einen Fundus von mehr als 500 Briefen. Der hat Bestand bis heute.“ Wissen Sie noch, fragt Stich, wer Ihnen gestern alles eine E-Mail geschickt hat? Nein, antworte ich und beteure, dass wir das folgende Interview auf Papier drucken werden.

MAGAZIN: Herr Stich, vor zwanzig Jahren haben Sie das Tennisturnier in Wimbledon gewonnen. Im Endspiel haben Sie Boris Becker besiegt. Was ist von diesem großen Triumph geblieben? MICHAEL STICH: Der Pokal, ein paar schöne Erinnerungen. Für den Erfolg in Wimbledon kann ich mir heute nur bedingt noch etwas kaufen. Der ist eben zwanzig Jahre her. Aber er war mit die Basis meines Lebens. Ich bin dadurch eine Person des öffentlichen Lebens geworden. Das ist nicht immer nur Segen, manchmal auch Fluch. Entscheidend ist jedoch, was man selber daraus macht. MAGAZIN: Wie schwierig war es für Sie, nach dem Karriere-Ende ein neues Leben zu beginnen? STICH: Die Karriere als Sportler war ein toller Teil meines Lebens, den ich nicht missen möchte. Ich bin froh, dass ich sie gehabt habe; aber ich bin auch froh, dass sie vorbei ist. Die Tenniszeit war ein Ausschnitt des Lebens – ein sehr kleiner dazu. Danach fängt das wirkliche Leben erst an. Da kommen vielleicht noch fünfzig Jahre, und die muss man schließlich auch mit Inhalt füllen. MAGAZIN: Das klingt, als hätten Sie etwas vermisst. STICH: Vermisst wäre das falsche Wort, versäumt träfe es möglicherweise besser. Als ich Tennis gespielt habe, sind andere zur Uni gegangen, haben das Leben genossen und Spaß gehabt.

MAGAZIN: Hatten Sie etwa keinen Spaß als Tennisprofi? STICH: Sehr viel sogar. Aber ich hätte auch gern studiert, Medizin zum Beispiel, das war immer mein Traum. MAGAZIN: Das ist selbst mit 42 Jahren noch möglich. Sie wären nicht der Erste, der so spät seinen Doktor macht. STICH: Ein schöner Gedanke, aber unrealistisch. Ich wäre mit 50 fertig, und dann? Das diente nur der eigenen Befriedigung. Das wäre keine Grundlage, eine Karriere aufzubauen. Ich habe nicht den geringsten Grund mich zu beklagen. Das Leben hat es gut mit mir gemeint. Es war ja meine Entscheidung, Tennisprofi zu werden. Was ich aber sagen will: Die Zeit, in der Sie einen Lebensweg planen oder versuchen ihn zu finden, ist die Zeit zwischen 20 und 30. Da war mein Lebensplan schon vorgegeben, weil ich bereits einen Beruf ausgeübt habe. Die Findung des eigenen Ichs, was will ich, was mache ich, was probiere ich aus, gab es für mich in dieser Form nicht. Das ist nicht unbedingt schlechter, aber anders. Ich bereue nichts und habe auch nichts zu bereuen. MAGAZIN: Weil Sie heute alle Freiheiten des Lebens unbeschwert genießen können. STICH: Sie verwechseln finanzielle Unabhängigkeit mit Freiheit. Ich habe auch meine Zwänge, unterliege gewissen Einschränkungen. MAGAZIN: Zum Beispiel? STICH: Ich habe zwei Semester Kunstgeschichte studiert. Das ist nicht so einfach an der Uni, mit meinem Namen, meinen Erfolgen. Jeden Tag sich angucken zu lassen, bleibt gewöhnungsbedürftig. Ich hätte damit am Ende des Tages wohl leben können, doch die Abwägung, wie nervig ist das und wie wichtig ist mir andererseits das Studium, muss jeder für sich treffen. MAGAZIN: Sie sind dann irgendwann zu Hause geblieben. Aus Resignation? STICH: Ich habe auch gemerkt, dass das Hinsetzen, für eine Prüfung zu lernen, eine Arbeit zu schreiben nicht unbedingt Dinge sind, die mir wahnsinnig viel Spaß machen. Ich schließe nicht aus, noch einmal zur Uni zu gehen. Im Moment bin ich lieber Autodidakt. Ich lese gerne Bücher und versuche auf diesem Weg, mich zu informieren, mich weiterzubilden. MAGAZIN: Inwiefern hat Ihre Tenniskarriere Sie gebildet? STICH: Das sind schon einzigartige Erfahrungen, im psychischen Grenzbereich ein Grand-Slam- oder Daviscup-Finale zu spielen. Für mich war aber immer das größte Geschenk meiner Tenniskarriere, dass ich unzählige Menschen und Mentalitäten kennenlernen durfte, von denen ich mir stets etwas abgucken und für mein Leben mitnehmen konnte. MAGAZIN: Als da wären? STICH: Der Optimismus der Amerikaner, dieses Irgendwas-geht-immer, kreativ zu sein, aber auch hart zu arbeiten. Oder die Einstellung der Schweden, die sind easy, die sind freundlich, höflich. Ich fühle mich dort stets willkommen. Stockholm ist für mich eine der schönsten Städte der Welt. MAGAZIN: Trotzdem wohnen Sie in Hamburg. STICH: Hamburg ist für mich Heimat. Und mir war immer klar, dass ich hierher zurückkommen werde. New York ist eine der tollsten Metropolen der Welt, großartig, aufregend. Dort möchte ich aber für kein Geld der Welt zehn Jahre leben. In Los Angeles habe ich viele Freunde, auch hier zieht es mich genauso wenig hin wie nach Paris oder London. Das ist mir alles viel zu groß, zu urban, zu anonym. Selbst in Hamburg bekomme ich wenig mit. Ich lebe in einem kleinen Stadtteil in einer großen Stadt. Ich weiß nicht, was in Schnelsen oder Harburg passiert. Ich bin schon froh, dass ich mich in meiner engeren Umgebung in Pöseldorf halbwegs auskenne. MAGAZIN: Das klingt aber noch nicht überzeugt … STICH: Hamburg ist von seiner Lebensqualität einer der schönsten Wohnorte der Welt, vom gesamten Angebot her, sei es Kultur, Sport, Shopping, Restaurants, Events, das viele Grün, die Alster inmitten der City, die kurzen Wege. Hier leben Menschen, auf die man zugehen kann, die verlässlich sind. Jeder, der aus dem Süden kommt, sagt mir, er habe nirgendwo so viele freundliche Menschen erlebt wie in Hamburg.

Von Pinneberg nach Pöseldorf: Michael Stich im Konferenzraum seines Stiftungs-Büros in Alsternähe

Unsere eigene Wahrnehmung, der Hamburger als Eisblock, ist da manchmal wohl etwas schräg.

MAGAZIN: Haben Sie von der Welt eigentlich mehr gesehen als Tennisplätze, Hotels und Flughäfen? STICH: Die Straßen zum Tennisplatz und zum Flughafen. Im Ernst: Natürlich habe ich von den Städten nicht immer viel mitbekommen. Im zweiten Teil meiner Tenniskarriere bin ich jedoch öfter mal ins Museum oder Theater gegangen und habe mir Ausstellungen angesehen Es gäbe sicher noch viel anzusehen, doch der Sinn steht mir nicht mehr nach großen Reisen um die Welt. Das war irgendwann genug. MAGAZIN: Sie haben längere Zeit in Salzburg gewohnt. Was hat Ihnen dort missfallen? STICH: Ich brauche das Meer – nicht die Berge. MAGAZIN: Vor 14 Jahren mussten Sie wegen einer chronischen Schulterverletzung Ihre Karriere beenden. Wie viele Freunde sind Ihnen von damals geblieben? STICH: Nicht viele, John McEnroe, Jim Courier, Henri Leconte, Mansour Bahrami. Es ist immer schön, wenn man sich wiedertrifft, weil ich merke, wie viele Gemeinsamkeiten es zwischen uns gibt. Das war auch das Schwierigste am Ende meiner Tenniskarriere. Du bist ja mit einer Art Familie um die Welt gereist, und plötzlich waren sie alle weg. Als ich als Fernseh-Kommentator in den Monaten danach viele wiedergetroffen habe, konnte ich zwar mit jedem reden und auch überall hingehen, doch spürte ich, dass ich nicht mehr Teil des Ganzen bin. Das war am Anfang keine einfache Erkenntnis. Ich habe keine bestimmte Person vermisst, aber meine gewohnte Umgebung schon. MAGAZIN: Sind langjährige Freundschaften unter Spitzensportlern, unter Konkurrenten überhaupt möglich? Die Beziehung zwischen den Skirennläuferinnen Maria Riesch und Lindsey Vonn zerbrach kürzlich, nachdem Riesch erstmals den Gesamtweltcup gewonnen hatte. STICH: Diese Freundschaft war ohnehin ungewöhnlich. Für mich ist das zwischen den beiden ein klassisches Kommunikationsproblem. Da glaubt die eine, dass die andere etwas Böses gesagt hat, die andere meint, nur falsch verstanden worden zu sein. Das ist doch typisch Mensch. Wir gehen nicht hin und fragen, wie hast du das gemeint, sondern wir interpretieren erst mal. Damit fängt jedes Missverständnis

Ich mache oft acht Projekte gleichzeitig, weil ich es spannend finde. Ich bin jedoch nicht auf der Suche nach der Erfüllung des Lebens

an. Die zwei sollten zusammen ein Glas Wein trinken, falls sie es ernst mit ihrer Freundschaft meinen.

MAGAZIN: Haben Sie mal mit Boris Becker zusammen Wein getrunken? STICH: Ich habe kein Problem, mit ihm Wein oder besser Bier zu trinken. Wenn wir uns sehen, sagen wir uns freundlich „Hallo“ und reden über dies und das. Aber wenn ich jetzt in der Stadt wäre, in der er gerade lebt, würde ich ihn nicht anrufen und sagen: „Hey, lass uns mal treffen!“ Das handhabe ich jedoch mit 6,6 Milliarden anderen Menschen genauso. Boris und ich sind zwei grundverschiedene Menschen, vielleicht beide etwas engstirnig, dennoch haben wir gemeinsam viel erreicht. Wir haben uns gegenseitig angespornt und sportlich befruchtet. Das war letztlich eine professionelle Beziehung. Wir waren beide erwachsene Menschen, die das Sportliche von dem Persönlichen gut trennen konnten. MAGAZIN: Sie haben nach Ihrer Karriere beruflich die verschiedensten Projekte angeschoben. Haben Sie eine Vorstellung, wie Ihr weiterer Lebensweg aussehen könnte? Wie wäre es zum Beispiel mit Politik? STICH: Ich finde Politik hochinteressant, ich mag Politiker, dieses komplexe Denken. Aber das ist ein Haifischbecken, in dem nur Weiße Haie schwimmen. Ich bin kein Suchender. Ich mache oft acht Projekte gleichzeitig, weil ich es spannend finde. Ich bin jedoch nicht auf der Suche nach der Erfüllung des Lebens. Mein Leben ist sehr erfüllt, ich bin glücklich, und dafür bin ich zutiefst dankbar. MAGAZIN: Einen Wunsch haben Sie dennoch frei. STICH: Irgendwann sollte unser Tennisturnier am Rothenbaum wieder so etabliert sein, dass ich mich guten Gewissens aus der Turnierleitung zurückziehen und die Spiele von der Tribüne aus genießen kann.

Kurz-Biografie » Michael Stich, geboren am 18. Oktober 1968 in Pinneberg, wuchs in Elmshorn auf und war einer der besten Tennisspieler der Welt, 1993 Zweiter der Weltrangliste. Er gewann 18 Einzelturniere, darunter 1991 Wimbledon, sowie Titel bei sämtlichen deutschen Turnieren, wurde 1993 Weltmeister und Daviscup-Sieger und verdiente bis 1997 als Profi über 12,5 Millionen US-Dollar Preisgeld. Mit Boris Becker triumphierte er 1992 bei den Olympischen Spielen in Barcelona im Doppel. 1994 gründete er die Michael-Stich-Stiftung für HIVinfizierte Kinder und deren Angehörige. Dafür erhielt er 2008 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Im jetzt dritten Jahr kämpft Stich als Turnierdirektor um den Erhalt des Tennisturniers am Hamburger Rothenbaum, das er 1993 als bislang letzter Deutscher gewann. Michael Stich ist seit 2005 in zweiter Ehe mit Alexandra Rikowski verheiratet, einer Dressurreiterin: „Ich schaue ihr gern zu, aber für mich ist das nichts.“

IV › THEMA DER WOCHE

In Bewegung

Tischfußball

Boule

Die Gentlemen bitten zu Tisch

Die entspannte, hanseatische Wegwerfgesellschaft „Boulespieler brauchen ein hohes Maß an Konzentrationsvermögen und Koordinationsfähigkeit. Technik, Taktik und Psyche bilden das magische Dreieck für einen guten Boulespieler“, erklärt Marius Schilling, der Sportwart des Hamburger Boule Club. Schilling und seine Mitstreiter spielen Pétanque, die meistverbreitete Art des im 14. Jahrhundert populär gewordenen Boulespiels. Französische Besatzungssoldaten sorgten nach dem Zweiten Weltkrieg für den Siegeszug des generationsübergreifend beliebten Pétanque auch in Deutschland, das im Gegensatz zum Boccia, dem z. B. Alt-Bundeskanzler Adenauer frönte, mit Metallkugeln gespielt wird. Dabei können Boulespieler – gleichgültig ob Freizeit- oder Leistungssportler – bereits für kleines Geld einsteigen: Starter-Sets gibt es für 20 Euro, angemessene Sets kosten rund 80 Euro.

Kontakt: Hamburger Boule Club, [email protected] Training: jeweils Mi 18/19 Uhr, Lohmühlenpark, www.hamburger-bc.de Termin: 13. Juni, „Waterkant-Cup“, Lohmühlenpark

Speed Badminton Für alle, denen es nicht schnell genug gehen kann

„Tischfußball ist wie Hochgeschwindigkeitsschach“ erklärt Rikko Tuitjer, 1. Vorsitzender des Hamburger Tischfußballverbandes TFVHH, auf die Frage nach einer Charakterisierung seiner Sportart. Die sich immer mehr professionalisiert und mittlerweile auch im Fernsehen gezeigt wird. Ab August wird Hamburg bei dieser Entwicklung sogar bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen. Dann wird hier das größte Tischfußball-Leistungszentrum der Republik eröffnet. Ein weiterer Schub für die noch junge Sportart, die von Jung und Alt, Frauen und Männern gespielt wird. Und die davon lebt, dass Tipps geben, Tricks weiterreichen und Novizen zur Seite stehen zum sportlichen Selbstverständnis gehört. Ebenso wie Fairness, denn beim Tischfußball wird unterhalb der GroßEvents ohne Schiedsrichter gespielt. Strittige Fragen werden gentlemanlike geregelt. Dass Tischfußball übrigens häufig synonym für Tischkicker verwendet wird, hat einen einfachen Grund: Die beliebtesten Tische der Ursprungszeit wurden von der Schweizer Firma „Kicker“ gebaut.

Cricket Ein Stück Commonwealth auch an der Elbe

Kontakt: Elbspeeders, [email protected], Tel. 0178/895 61 58, www.elbspeeders.de Training: Di, 20–22 Uhr, Cabrio Sport, Wandsbeker Zollstr. 25, Wandsbek; Fr, 20–22 Uhr, Burgstr. 35, Borgfelde,

Kontakt: THCC Rot-Gelb Hamburg, Kontakt: [email protected], Tel. 81 99 29 66, www.thcc-rot-gelb.de Training: Erwachsene: Fr, 18 Uhr; Kinder und Jugendliche (6–15 J.): Sa, 10.30–12.30 Uhr, Hemmingstedter Weg 140, Klein Flottbek

Die älteste olympische Mannschaftssportart „Wasserball ist keine Verschlechterung des Schwimmstiles, sondern eine Verbesserung des Charakters“, bemerkte einst der berühmteste deutsche Wasserballer Hagen Stamm. Denn, so bestätigt es auch Lars Hinkelmann, Wasserballwart von Poseidon Hamburg, „wir sind absolute Teamsportler“. Starten kann man bei der nassen Kombination aus Handball und Rugby schon im Grundschulalter. Schwimmen können ist die Grundvoraussetzung, „für alles andere sind die Trainer da“, so Hinkelmann. Konkret: Da Wasserball ein körperlich fordernder Sport ist, wird die Physis ebenso trainiert wie Ballbehandlung und Taktik. So empfiehlt sich Wasserball, die älteste olympische Mannschaftssportart, nicht nur für robuste Naturen, sondern auch für Preisbewusste: denn eine angemessen robuste Badehose kostet rund 30 Euro.

Kontakt: SV Poseidon Hamburg, [email protected] Training: www.poseidon-hamburg.de/ wasserball, Freibad im Olloweg, Stellingen Termin: Tag der offenen Tür, 28. Mai, 12–17 Uhr, Freibad im Olloweg

REDAKTION: MARCO FUCHS & MANU SCHMICKLER

Kontakt: Kickern in Hamburg, [email protected] Training: Di, 20 Uhr, 3-Zimmer-Wohnung, Talstr. 22, St. Pauli

Geschwindigkeit ist nicht alles, aber doch eine große Komponente beim Speed Badminton, einer der jüngsten Racket-Sportarten: Bis zu 290 km/h schnell werden die gespielten „Speeder“, die kleiner und schwerer sind als Federbälle. Für eine perfekte Kraftübertragung sorgen die Squash-ähnlichen Rackets – und für den Spaß sorgt bei dieser Mischung aus Tennis, Squash und Badminton das ungewöhnliche Spielfeld: Die Kontrahenten agieren auf zwei 5,5 Meter großen Flächen, die sich im Abstand von 12,8 Metern gegenüberliegen. „Super für Koordination und Ausdauer“ ist Speed Badminton, findet die Hamburger Europameisterin Kerstin Klante. Rackets inklusive Speeder sind dabei für 30 bis 100 Euro erhältlich. Ein Spielfeld für den Strand oder die Wiese, der so genannte „Easy Court“, kostet rund 25 Euro. Ideal für alle, die selbst am Strand noch Tempo machen wollen.

Wasserball

Rund 80 Prozent aller Hamburger sind sportlich aktiv. Ja, es gibt neben Fußball, Tennis, Golf und Joggen noch mehr, viel mehr. Ob mit Bällen oder Schlägern, Muskelkraft oder Koordination, auf dem Asphalt oder im Wasser – hier finden Sie 20 BESONDERE SPORTARTEN, die alle eines gemein haben: aktiven Spaß in der Gemeinschaft für jede Generation

„1,5 Milliarden Spieler und Fans können sich nicht irren: Cricket ist die spannendste Sportart der Welt“, ist sich Mark Richardson, Sportwart Cricket beim THCC, sicher. Beim Norddeutschen Meister 2010 spielen aber nicht nur gestrandete Spieler aus dem Commonwealth, sondern auch Deutsche, denen es das Zusammenspiel aus Werfen, Rennen und britischen Gentlemen-Regeln angetan hat. Der Vorteil: Mit einer gewissen Grundfitness ist man sofort Teil des Spiels, sei es als Wicket (Schlagmann) oder Bowler (Werfer). Der Vorteil für Einsteiger: Das Cricketteam des THCC stellt Neulingen eine Grundausrüstung zur Verfügung. Und wer sich vom Cricket-Fieber infizieren lässt, bekommt eine zünftige Ausrüstung aus Schläger, Handschuhen und Pads (Beinschützer) bereits ab 120 Euro.

Frauenrugby

Stand Up Paddle Surfing

Ein Teamsport wider alle Klischees

Auf der Alster paddeln wie ein Polynesier

Um nach vorne zu kommen, muss man zurück spielen. Pässe zur Mitspielerin sind nur nach hinten erlaubt, diese muss dann mit Geschick, Kraft und Geschwindigkeit die gegnerische Abwehrreihe überwinden. Ganz besonders gut kann das Johanna Jahnke, Nationalspielerin und siebenfache Deutsche Meisterin mit den Rugby-Frauen des FC St. Pauli. Und sie räumt auch gleich mit einem Vorurteil auf: „Rugbyspielerinnen sind keine Schränke. Bei uns spielen Frauen mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen und fast jeden Alters.“ Die dennoch einiges gemeinsam haben: Mut, Lust auf sportliche Rangelei und vor allem Aktivität in einer Teamsportart. Die erste Deutsche Meisterschaft im Frauenrugby wurde übrigens 1988 ausgetragen. Seit Anfang der 2000er-Jahre ist Hamburg Hochburg für das körperintensive Spiel mit dem Ei. Und die Zukunft ist gesichert: Auf dem Rugbyplatz an der Saarlandstraße trainieren sonnabends sogar Nachwuchstalente unter acht Jahren.

Bei den Worldcups 2009 und 2010 konnte man sehen, dass Hamburg nicht nur ideale infrastrukturelle Voraussetzungen für das SUP (Stand Up Paddling) bietet, sondern auch eine große Nachfrage zum Selbermachen besteht. Und auch wenn 2011 kein Worldcup in der Hansestadt stattfindet, erlebt der Sport jetzt hier seinen Durchbruch dank des neu eröffneten SUP-Centers. Gleich auf dem Stadtparksee und den Alsterkanälen können Anfänger die ersten Schritte in dieser einfach zu erlernenden Sportart unternehmen, die auf polynesische Fischer zurückgeht. Diese bewegten sich wie ihre sportlichen Nachfolger stehend auf ihrem Board vor der tahitianischen Küste mittels Paddeln und Muskelkraft fort. Ihnen nachmachen kann man es in der Sommersaison dank Anfängerkursen, geführten Touren und Sportkursen. Angehende Stand-Up-Paddler bringen eine Boardshorts, ein T-Shirt und einen Pullover mit, die Boards können direkt vor Ort im SUP-Center ausgeliehen werden.

Kontakt: FC St. Pauli Rugby, Kontakt: [email protected] Training: Mo/Mi/Fr, ab 19 Uhr, Rugbyplatz, Saarlandstr. 71 Termin: Sommerfest, 4. Juni, ab 12 Uhr, Saarlandstr. 71 (Stadtpark)

Inline-Skaterhockey

Einradfahren Vom Zirkusvergnügen zur Trendsportart Gehörte das Einrad lange nur zum Zirkus-Repertoire, so hat sich in den letzten 15 Jahren ein Sport in verschiedensten Ausprägungen rund um das wacklige Fortbewegungsgerät entwickelt. Kinder und Jugendliche lernen Koordination und Feinmotorik – das soziale Lernen wird bei regelmäßigen Auftritten gefördert. Der Wettkampfbereich ist variabel: Diverse Strecken, die zu bewältigen sind, technische Anforderungen wie Einbeinfahren und Wheelwalk sowie Küren, die nach Ästhetik und Körperbeherrschung bewertet werden. Profis rasen mit speziell gefertigten Einrädern Sandhügel hinunter, springen von Felsvorsprüngen. Das ist für die Kinder – meist Mädchen – ab fünf Jahren und Jugendlichen beim Eidelstedter SV noch Zukunftsmusik: Sie trainieren zunächst mit zur Verfügung gestellten Rädern – das Anfängerrad ab 60 Euro.

Kontakt: Eidelstedter SV, [email protected], Tel. 55 20 49 20, www.sv-eidelstedt.de Training: Mi 17–18.25, Do 16.30–17.25 Uhr, Sporthalle Gesamtschule Eidelstedt, Lohkampstr. 145 Termin: Familienfest, 21.8., 11–16 Uhr, Sportgelände, Redingskamp 25

Kontakt: SUP Center, Stadtparksee, Mi–Fr 16–20, Sa/So 10–20 Uhr, [email protected], www.supcenter-hamburg.de Training: Schnupperkurse, Mi, 18–20 Uhr, Kursgebühr: 20 Euro

Gut geschützt im Rausch der Geschwindigkeit

Parkour Hangeln durch den Hamburger Großstadtdschungel Bei Parkour geht es darum, ohne Hilfsmittel Hindernisse so effizient wie möglich zu überwinden. Könner erinnern dabei an Panther, die sich geschmeidig durch ihr Revier bewegen. Davor steht jedoch langes Üben. Am besten trainieren Anfänger erst einmal an Geräten in der Halle, bevor es über Mauern am Dammtor oder Brücken im Hafen geht. Nichts für übermütige Angeber, sondern für besonnene Menschen, die ihre Grenzen kennen. Parkour steigert Kondition und Körpergefühl. Bei uns ist dieser Sport noch nicht lange bekannt. Der französische Schauspieler David Belle gilt als ihr Begründer, als er Ende der 80er-Jahre mit Freunden in der Pariser Vorstadt mit akrobatisch-spielerischen Verfolgungsjagden über Treppen, Zäune, Mauern und Baugerüste begann.

Kontakt: ETV, Turnhalle Helene-Lange-Gymnasium, Bogenstr. 32, Mi 16.30–18 Uhr, ab 13 Jahre, www.etv-hamburg.de Training & Termine: http://parkour-hamburg.blogspot.com

FOTOS: ISTOCKPHOTO (13), FOTOLIA.COM (2), JULIA WAGNER, PICTURE ALLIANCE/DPA, PR (5). ALLE ANGABEN: STAND 25. MAI 2011

Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011

Capoeira

Bogenschießen

Improvisation ist fast alles

Robin Hoods Nachfahren in Eimsbüttel

Capoeira ist eine Mischung aus Kampfkunst, Tanz, Akrobatik, Musik und Rhythmusgefühl. Kein Wunder, dass dieser Sport aus Brasilien stammt, wo ihn afrikanische Sklaven ausübten. Der Tanz war Tarnung – eigentlich ging es darum, sich für den Befreiungskampf zu stärken. Seit etwa 30 Jahren gibt es Capoeira auch in Europa, er trainiert gleichermaßen Körper und Geist, stärkt das Selbstbewusstsein ebenso wie das Verantwortungsgefühl, schließlich möchten die Sportler einander nicht weh tun, sondern Spaß haben. Man braucht dazu nichts als bequeme Sportkleidung. „Capoeira kann man auch noch anfangen, wenn man über 30 ist und vorher lieber auf dem Sofa gesessen hat! Einfach vorbeikommen und ausprobieren!“, sagt Joel Dias, der Contramestre des Hamburger Vereins. Die Jüngsten im Club sind übrigens erst fünf Jahre alt.

Früher war Bogenschießen das Mittel der Wahl bei Jagd und Krieg – seit 1972 ist es olympische Disziplin. Heute werden mit Pfeil und Bogen weder Tier noch Gegner zur Strecke gebracht, es geht um Konzentration, innere Ruhe. Atmen, anvisieren, zielen, loslassen. Eine entspannende Anstrengung ist das. Für Interessierte bietet der Eimsbütteler Turn-Verein Schnupperkurse an (45 Euro für 5 Trainingseinheiten), Bögen und Ausrüstung werden komplett gestellt. Fortgeschrittene mit eigenem Equipment können jederzeit den Bogensportplatz nutzen. In der Bogenschule Stellmoor können auch Nichtmitglieder beim offenen betreuten Schießen teilnehmen (12 Euro inkl. Leihbogen). Wer selbst Bogen bauen möchte, findet bei Hanno Börner Material und Anleitung.

Kontakt: Capoeira Hamburg, Aikido Schule, Barnerstr. 16, Tel. 0170/321 93 53 (Joel Dias), Anfragen: [email protected] Termin: 1st United Capoeira Meeting HH, 10.–13. Juni; weitere Infos über www.capoeirahamburg.de

Kanu-Polo Dynamischer Sport unter falscher Flagge

Der neben dem großen Bruder Eishockey schnellste Mannschaftssport der Welt ist eine Mischung aus Eis- und Rollhockey und schwappte in den 1980er-Jahren von den USA nach Deutschland. Anfangs wurde der Sport noch mit Rollschuhen gespielt, seit Mitte der 1990er-Jahre mit Inlinern. Die größten Unterschiede zum Eishockey: Die Zeit wird fast durchgängig laufen gelassen, es gibt kein Abseits und das Spielgerät ist ein Hartkunststoffball. Wer in den rasanten Sport hineinschnuppern möchte: Aus Sicherheitsgründen ist das Tragen von Schutzausrüstung für alle Trainingsteilnehmer Pflicht. Also am besten vorher Kontakt aufnehmen, in begrenztem Rahmen sind Leihausrüstungen vorhanden. Beim Kauf eines eigenen Equipments, bestehend aus Inlineskates, Brust-, Ellbogen-, Schienbeinschutz sowie Schutzhose, Helm, Handschuhen und Schlägern, stehen Mitspieler und Offizielle gerne beratend zur Seite. Bis zu 300 Euro müssen für eine einfache Erwachsenenausrüstung investiert werden.

Fünf Spieler pro Mannschaft versuchen auf einem 23 × 35 Meter großen Spielfeld in 2 × 10 Minuten Tore zu erzielen. Einen Torwart gibt es nicht, der Körperkontakt ist limitiert. Dennoch kentert immer mal wieder einer der zehn Spieler, dank der umfassenden Ausrüstung und der Physis der Spieler ist Kanupolo aber ein sicherer Sport. Der im Laufe seiner Geschichte immer mehr schrumpfte: Angelehnt an den populären Fußball waren die Spielfelder einst viel größer, und es kämpften jeweils elf Spieler in einem Team. Erst Ende der 1980er-Jahre einigte man sich auch in Deutschland auf die international gültigen Regeln eines Kleinfeldes. Da neben der taktischen Flexibilität vor allem eine starke Physis gefragt ist, wird Kanupolo hauptsächlich im Alter von 18 bis 40 betrieben. Und das nach wie vor unter falscher Flagge: Gespielt wird gar nicht in Kanus, sondern in Einerkajaks.

Kontakt: HNT Flames, [email protected], Tel. 701 74 43, www.hnt-flames.de Training: Do, 18.30 Uhr (Herren/Junioren), Sa, 13 Uhr (Junioren/ Schüler), Uwe-Seeler-Halle, Cuxhavener Str. 540

Kontakt: Alster Canoe Club, Ludolfstr. 15, [email protected] oder [email protected], www.kanupolo-hamburg.de Training: Mo/Do ab 18.30 Uhr (Herren), Mo/Do ab 19 Uhr (Damen), Do ab 17 Uhr (Schüler/Jugend)

Kontakt: ETV, Anfragen an Trainer Marc Hackelbörger unter [email protected], www.etv-hamburg.de Training: Bogenparcours der Bogenschule Stellmoor, Schemmannstr. 56, Sa 16–18 Uhr, www.stellmoorbogen.de – Hanno Börner, Schierenberg 45, Tel. 66 85 42 96 (Mi 15–19, Fr 15–18, Sa 10–14.30 Uhr)

Bahnengolf Vom Volkssport zum Traum Olympia Rund 4000 Minigolfanlagen gibt es in Deutschland. Ob auf kleinen Eternit- oder großen Betonbahnen – an Hindernissen wie Salto, Netz, Vulkan oder Blitz hat sich wohl jeder schon einmal versucht. Deutschlandweit lochen 11 000 Bahnengolfer in 300 Vereinen von der Kreisklasse bis hoch in die 1. Bundesliga ein. Auf lange Sicht möchte man Minigolf als olympische Disziplin ausüben. Bis es soweit ist, kann man in einem der sieben Vereine Hamburgs trainieren. Wetterunabhängig: Indoor-Minigolf bei Gilde Bowling (Wandsbeker Zollstr. 25–29) und im Schwarzlichtviertel von Funtastic-Minigolf werden 18 ½ Bahnen bei optischen Illusionen bewältigt. Abgehoben: Im Volkspark wird Pit-Pat-Billard ausgeübt, da wird der Ball mit einem Queue um Hindernisse herum gespielt.

Kontakt: HHer Bahnengolf Verband, hbv-vorsitzender@minigolf hamburg.de, Vereine, Anlagen, Termine: www.minigolfhamburg.de Tipp: Schwarzlichtviertel, Kieler Str. 561, Mo–Do 14–20, Fr 14–24, Sa 10–24, So 10–20 Uhr, www.schwarzlichtviertel.de

Frisbee „Unsere Welt ist eine Scheibe“ „Wer den Schweiß meidet, sollte es sich zweimal überlegen zu kommen“, sagt Andreas Runte, Vorsitzender der Fischbees. Jeden Dienstagabend wird im Schanzenpark trainiert. Auch bei Regen. Aber nicht nur das unterscheidet wettkampferprobte Vereinssportler von SchönwetterFrisbeespielern. Beim Ultimate, das 1968 von Studenten in New Jersey erstmals der Öffentlichkeit vogestellt wurde, treten auf einem rechteckigen Spielfeld zwei Mannschaften zu je 3 bis 7 Spielern gegeneinander an. Jedes Mal, wenn die angreifende Mannschaft einen Wurf in der Endzone des Gegners fängt, bekommt sie einen Punkt. Körperkontakt gilt als Foul, laufen darf man mit der Scheibe nicht, sie muss ständig abgespielt werden. Zur Ausrüstung gehören Fußballschuhe und eine Flugscheibe (ab 10 Euro) – und natürlich Geschicklichkeit und Bewegungsdrang.

Kontakt: 1. Ultimate Club Hamburg Fischbees 00 e. V., Anfragen an [email protected], www.fischbees.de Training: Sportplatz Schanzenpark, Di, 19.30 Uhr

Bowling Die Kopie – auch in HH erfolgreicher als das Original

Alpin-Klettern

Dass Bowling in den USA so populär ist, verdankt es süddeutschen Einwanderern und einem Verbot: Die Immigranten brachten im 19. Jahrhundert das Kegelspiel mit, aber es wurde als Glücksspiel verboten. Daraufhin stellten clevere Spieler zu den neun Kegeln einfach einen zehnten dazu – fertig war die neue Sportart: Bowling. Hierzulande ist die Sehnsucht nach den zehn perfekten Durchgängen à zwei Würfen weniger ausgeprägt als jenseits des Atlantiks. Doch ein Hamburger ist nahe dran am amerikanischen Traum: Stephan Unger vom BV Hanseat ist Deutscher Bowling-Meister und Nationalspieler. Spitzensportler wie er führen bis zu neun speziell angefertigte Bälle (nicht Kugeln!) mit sich, Einsteigern genügt das Angebot in den Bowlingcentern. Das A und O des Bowlingsports: Koordination und Konzentration. Die Bowler gehören in Deutschland übrigens neben den Aktiven in den Bereich Schere, Asphalt und Bohle zu den vier Bereichen des nationalen Kegelsportverbands.

Der Alpenverein hat eine Dependance in Hamburg, das klingt seltsam, ist für Kletterfreudige aber ein Glücksfall. Denn hier kann man lernen, wie es sicher nach oben geht. Voraussetzung ist ein Kurs (55 Euro). Expressschlingen, Gurt, Kletterschuhe und Seil werden gegen Gebühr ausgeliehen (13 Euro). So können Hobbygemsen testen, ob Ehrgeiz und Kondition ausreichen, um den Sport als Vereinsmitglied zu betreiben (24 Euro/Monat). Erst wer den Kletterschein hat, darf das Gelände ohne Trainer benutzen. Anders als beim Bouldern, das in Fitness-Studios angeboten wird, benötigt man zum Klettern einen Partner, der wird im DAV vermittelt. Klettern ist eine Risikosportart, die aber relativ ungefährlich ist, wenn man sich auskennt.

Kontakt: Verein HHer Kegler, Kegelhalle Barmbek, Tel. 20 97 53 11 (Mi 16–18 Uhr), Adolph-Schönfelder-Str. 49, www.kegelhalle-barmbek.de

Kontakt: Deutscher Alpenverein (DAV), Sektion Hamburg, Döhrnstr. 4, Tel. 600 88 88, www.kletterzentrum-hamburg.de

Auch ohne Berge hoch hinaus

Dart Footbag

Buschball

Zeigen, was eine Hacke ist

Ein Ball, eine Fahne, ein Trend

Als der US-Amerikaner John Stahlberger vor etwa 40 Jahren nach einer Operation sein Knie trainieren wollte, kam er auf die Idee, eine sandgefüllte Socke möglichst lange mit den Füßen in der Luft zu halten. Aus innovativer Reha wurde ein veritabler Sport, der seit 1984 mit regelmäßigen Weltmeisterschaften ausgetragen wird. Da beweist dann die inzwischen weltweit aktive Footbag-Elite, dass es kein Kinderspiel ist. Footbag ist geeignet für Solisten und Teamplayer, die damit auch über Badmintonnetze spielen, oder gar Golf. Die Ausstattung: ein Footbag (8–30 Euro) und Schuhe, die eine feste, gerade Sohle haben. „Der Einstieg erfordert Ehrgeiz. Aber es wird nicht langweilig, weil es immer noch einen Trick gibt, den man lernen oder erfinden kann. Voraussetzung ist ein gutes Ballgefühl. Alles andere ist Übung“, sagt Christian Bock, 1. Vorsitzender des Hamburger Footbag-Clubs.

Hätte Andreas Oligmöller 1977 in den Sommerferien genügend Fußballkumpels gefunden, gäbe es Buschball gar nicht. So aber musste er sich ein Spiel ausdenken, das auch mit wenigen Mitspielern Spaß macht: Zieltreffen mit dem Fußball. Was einst auf sauerländischen Dorfstraßen begann, hat inzwischen in den Parkanlagen der Großstädte Einzug gehalten, 2010 wurden die ersten Deutschen Meisterschaften ausgetragen und ein exaktes Regelwerk gibt es natürlich auch. Eine Pole-Fahne (um 20 Euro), ein Fußball, Block, Stift und zwei bis sechs Spieler sind dazu notwendig. Wie beim Crossgolf bestimmen die Spieler das Ziel, das heißt hier nicht Hole sondern Pole, steht für Anfänger gut erreichbar auf der Wiese und hängt für Fortgeschrittene schwer erkennbar in Büschen. Wer zum Schluss des Parcours die geringste Schusszahl vorweisen kann, ist Sieger.

Kontakt: 1. FC Hamburg Footkings e. V., [email protected], Tel. 0172/4472929 (Christian Bock, 1. Vors.), www.hamburg-footbag.de Training: über die Stadt verteilt in Parks (Sommer) und Hallen (Winter)

Kontakt: 1. Hamburg Poppenbütteler Buschball Club 09 e. V., Anfragen unter [email protected], www.hpbc09.de Training: Spielstätten von Poppenbüttel bis zum Volkspark

Wie im Flug die Grenzen ausloten Britische Besatzungssoldaten brachten das Dartspiel nach Deutschland. Vom spontanen Freizeitspaß zur organisierten Vereinssportart wurde es erst Ende der 1970erJahre. Nach wie vor sind die Grenzen zwischen Darten in der Kneipe und Wettbewerbssport fließend. „Wir haben zahlreiche Mannschaften, da ist für Sportler jeder Leistungsstärke etwas dabei“, erklärt Arne Sell, Abteilungsleiter bei der HSV-Dartabteilung. Angetreten wird in gemischten Mannschaften, Frauen und Männer kämpfen gemeinsam in diversen Einzeln und Doppeln im 501erWettbewerb gegeneinander, die Einzelleistungen addieren sich zum Team-Ergebnis. Arne Sell: „Mein Ergebnis liegt nur an mir, es ist unabhängig vom Gegner. Und das spornt einen immer wieder an, Höchstleistungen zu erbringen.“

Kontakt: HSV Dart, Arne Sell, [email protected], Tel. 299 33 56 Termin: Darten für Jedermann, Mo, 6. Juni, ab 18 Uhr, Aula der Schule Rhiemsweg, Horn

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IV › THEMA DER WOCHE

In Bewegung

Tischfußball

Boule

Die Gentlemen bitten zu Tisch

Die entspannte, hanseatische Wegwerfgesellschaft „Boulespieler brauchen ein hohes Maß an Konzentrationsvermögen und Koordinationsfähigkeit. Technik, Taktik und Psyche bilden das magische Dreieck für einen guten Boulespieler“, erklärt Marius Schilling, der Sportwart des Hamburger Boule Club. Schilling und seine Mitstreiter spielen Pétanque, die meistverbreitete Art des im 14. Jahrhundert populär gewordenen Boulespiels. Französische Besatzungssoldaten sorgten nach dem Zweiten Weltkrieg für den Siegeszug des generationsübergreifend beliebten Pétanque auch in Deutschland, das im Gegensatz zum Boccia, dem z. B. Alt-Bundeskanzler Adenauer frönte, mit Metallkugeln gespielt wird. Dabei können Boulespieler – gleichgültig ob Freizeit- oder Leistungssportler – bereits für kleines Geld einsteigen: Starter-Sets gibt es für 20 Euro, angemessene Sets kosten rund 80 Euro.

Kontakt: Hamburger Boule Club, [email protected] Training: jeweils Mi 18/19 Uhr, Lohmühlenpark, www.hamburger-bc.de Termin: 13. Juni, „Waterkant-Cup“, Lohmühlenpark

Speed Badminton Für alle, denen es nicht schnell genug gehen kann

„Tischfußball ist wie Hochgeschwindigkeitsschach“ erklärt Rikko Tuitjer, 1. Vorsitzender des Hamburger Tischfußballverbandes TFVHH, auf die Frage nach einer Charakterisierung seiner Sportart. Die sich immer mehr professionalisiert und mittlerweile auch im Fernsehen gezeigt wird. Ab August wird Hamburg bei dieser Entwicklung sogar bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen. Dann wird hier das größte Tischfußball-Leistungszentrum der Republik eröffnet. Ein weiterer Schub für die noch junge Sportart, die von Jung und Alt, Frauen und Männern gespielt wird. Und die davon lebt, dass Tipps geben, Tricks weiterreichen und Novizen zur Seite stehen zum sportlichen Selbstverständnis gehört. Ebenso wie Fairness, denn beim Tischfußball wird unterhalb der GroßEvents ohne Schiedsrichter gespielt. Strittige Fragen werden gentlemanlike geregelt. Dass Tischfußball übrigens häufig synonym für Tischkicker verwendet wird, hat einen einfachen Grund: Die beliebtesten Tische der Ursprungszeit wurden von der Schweizer Firma „Kicker“ gebaut.

Cricket Ein Stück Commonwealth auch an der Elbe

Kontakt: Elbspeeders, [email protected], Tel. 0178/895 61 58, www.elbspeeders.de Training: Di, 20–22 Uhr, Cabrio Sport, Wandsbeker Zollstr. 25, Wandsbek; Fr, 20–22 Uhr, Burgstr. 35, Borgfelde,

Kontakt: THCC Rot-Gelb Hamburg, Kontakt: [email protected], Tel. 81 99 29 66, www.thcc-rot-gelb.de Training: Erwachsene: Fr, 18 Uhr; Kinder und Jugendliche (6–15 J.): Sa, 10.30–12.30 Uhr, Hemmingstedter Weg 140, Klein Flottbek

Die älteste olympische Mannschaftssportart „Wasserball ist keine Verschlechterung des Schwimmstiles, sondern eine Verbesserung des Charakters“, bemerkte einst der berühmteste deutsche Wasserballer Hagen Stamm. Denn, so bestätigt es auch Lars Hinkelmann, Wasserballwart von Poseidon Hamburg, „wir sind absolute Teamsportler“. Starten kann man bei der nassen Kombination aus Handball und Rugby schon im Grundschulalter. Schwimmen können ist die Grundvoraussetzung, „für alles andere sind die Trainer da“, so Hinkelmann. Konkret: Da Wasserball ein körperlich fordernder Sport ist, wird die Physis ebenso trainiert wie Ballbehandlung und Taktik. So empfiehlt sich Wasserball, die älteste olympische Mannschaftssportart, nicht nur für robuste Naturen, sondern auch für Preisbewusste: denn eine angemessen robuste Badehose kostet rund 30 Euro.

Kontakt: SV Poseidon Hamburg, [email protected] Training: www.poseidon-hamburg.de/ wasserball, Freibad im Olloweg, Stellingen Termin: Tag der offenen Tür, 28. Mai, 12–17 Uhr, Freibad im Olloweg

REDAKTION: MARCO FUCHS & MANU SCHMICKLER

Kontakt: Kickern in Hamburg, [email protected] Training: Di, 20 Uhr, 3-Zimmer-Wohnung, Talstr. 22, St. Pauli

Geschwindigkeit ist nicht alles, aber doch eine große Komponente beim Speed Badminton, einer der jüngsten Racket-Sportarten: Bis zu 290 km/h schnell werden die gespielten „Speeder“, die kleiner und schwerer sind als Federbälle. Für eine perfekte Kraftübertragung sorgen die Squash-ähnlichen Rackets – und für den Spaß sorgt bei dieser Mischung aus Tennis, Squash und Badminton das ungewöhnliche Spielfeld: Die Kontrahenten agieren auf zwei 5,5 Meter großen Flächen, die sich im Abstand von 12,8 Metern gegenüberliegen. „Super für Koordination und Ausdauer“ ist Speed Badminton, findet die Hamburger Europameisterin Kerstin Klante. Rackets inklusive Speeder sind dabei für 30 bis 100 Euro erhältlich. Ein Spielfeld für den Strand oder die Wiese, der so genannte „Easy Court“, kostet rund 25 Euro. Ideal für alle, die selbst am Strand noch Tempo machen wollen.

Wasserball

Rund 80 Prozent aller Hamburger sind sportlich aktiv. Ja, es gibt neben Fußball, Tennis, Golf und Joggen noch mehr, viel mehr. Ob mit Bällen oder Schlägern, Muskelkraft oder Koordination, auf dem Asphalt oder im Wasser – hier finden Sie 20 BESONDERE SPORTARTEN, die alle eines gemein haben: aktiven Spaß in der Gemeinschaft für jede Generation

„1,5 Milliarden Spieler und Fans können sich nicht irren: Cricket ist die spannendste Sportart der Welt“, ist sich Mark Richardson, Sportwart Cricket beim THCC, sicher. Beim Norddeutschen Meister 2010 spielen aber nicht nur gestrandete Spieler aus dem Commonwealth, sondern auch Deutsche, denen es das Zusammenspiel aus Werfen, Rennen und britischen Gentlemen-Regeln angetan hat. Der Vorteil: Mit einer gewissen Grundfitness ist man sofort Teil des Spiels, sei es als Wicket (Schlagmann) oder Bowler (Werfer). Der Vorteil für Einsteiger: Das Cricketteam des THCC stellt Neulingen eine Grundausrüstung zur Verfügung. Und wer sich vom Cricket-Fieber infizieren lässt, bekommt eine zünftige Ausrüstung aus Schläger, Handschuhen und Pads (Beinschützer) bereits ab 120 Euro.

Frauenrugby

Stand Up Paddle Surfing

Ein Teamsport wider alle Klischees

Auf der Alster paddeln wie ein Polynesier

Um nach vorne zu kommen, muss man zurück spielen. Pässe zur Mitspielerin sind nur nach hinten erlaubt, diese muss dann mit Geschick, Kraft und Geschwindigkeit die gegnerische Abwehrreihe überwinden. Ganz besonders gut kann das Johanna Jahnke, Nationalspielerin und siebenfache Deutsche Meisterin mit den Rugby-Frauen des FC St. Pauli. Und sie räumt auch gleich mit einem Vorurteil auf: „Rugbyspielerinnen sind keine Schränke. Bei uns spielen Frauen mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen und fast jeden Alters.“ Die dennoch einiges gemeinsam haben: Mut, Lust auf sportliche Rangelei und vor allem Aktivität in einer Teamsportart. Die erste Deutsche Meisterschaft im Frauenrugby wurde übrigens 1988 ausgetragen. Seit Anfang der 2000er-Jahre ist Hamburg Hochburg für das körperintensive Spiel mit dem Ei. Und die Zukunft ist gesichert: Auf dem Rugbyplatz an der Saarlandstraße trainieren sonnabends sogar Nachwuchstalente unter acht Jahren.

Bei den Worldcups 2009 und 2010 konnte man sehen, dass Hamburg nicht nur ideale infrastrukturelle Voraussetzungen für das SUP (Stand Up Paddling) bietet, sondern auch eine große Nachfrage zum Selbermachen besteht. Und auch wenn 2011 kein Worldcup in der Hansestadt stattfindet, erlebt der Sport jetzt hier seinen Durchbruch dank des neu eröffneten SUP-Centers. Gleich auf dem Stadtparksee und den Alsterkanälen können Anfänger die ersten Schritte in dieser einfach zu erlernenden Sportart unternehmen, die auf polynesische Fischer zurückgeht. Diese bewegten sich wie ihre sportlichen Nachfolger stehend auf ihrem Board vor der tahitianischen Küste mittels Paddeln und Muskelkraft fort. Ihnen nachmachen kann man es in der Sommersaison dank Anfängerkursen, geführten Touren und Sportkursen. Angehende Stand-Up-Paddler bringen eine Boardshorts, ein T-Shirt und einen Pullover mit, die Boards können direkt vor Ort im SUP-Center ausgeliehen werden.

Kontakt: FC St. Pauli Rugby, Kontakt: [email protected] Training: Mo/Mi/Fr, ab 19 Uhr, Rugbyplatz, Saarlandstr. 71 Termin: Sommerfest, 4. Juni, ab 12 Uhr, Saarlandstr. 71 (Stadtpark)

Inline-Skaterhockey

Einradfahren Vom Zirkusvergnügen zur Trendsportart Gehörte das Einrad lange nur zum Zirkus-Repertoire, so hat sich in den letzten 15 Jahren ein Sport in verschiedensten Ausprägungen rund um das wacklige Fortbewegungsgerät entwickelt. Kinder und Jugendliche lernen Koordination und Feinmotorik – das soziale Lernen wird bei regelmäßigen Auftritten gefördert. Der Wettkampfbereich ist variabel: Diverse Strecken, die zu bewältigen sind, technische Anforderungen wie Einbeinfahren und Wheelwalk sowie Küren, die nach Ästhetik und Körperbeherrschung bewertet werden. Profis rasen mit speziell gefertigten Einrädern Sandhügel hinunter, springen von Felsvorsprüngen. Das ist für die Kinder – meist Mädchen – ab fünf Jahren und Jugendlichen beim Eidelstedter SV noch Zukunftsmusik: Sie trainieren zunächst mit zur Verfügung gestellten Rädern – das Anfängerrad ab 60 Euro.

Kontakt: Eidelstedter SV, [email protected], Tel. 55 20 49 20, www.sv-eidelstedt.de Training: Mi 17–18.25, Do 16.30–17.25 Uhr, Sporthalle Gesamtschule Eidelstedt, Lohkampstr. 145 Termin: Familienfest, 21.8., 11–16 Uhr, Sportgelände, Redingskamp 25

Kontakt: SUP Center, Stadtparksee, Mi–Fr 16–20, Sa/So 10–20 Uhr, [email protected], www.supcenter-hamburg.de Training: Schnupperkurse, Mi, 18–20 Uhr, Kursgebühr: 20 Euro

Gut geschützt im Rausch der Geschwindigkeit

Parkour Hangeln durch den Hamburger Großstadtdschungel Bei Parkour geht es darum, ohne Hilfsmittel Hindernisse so effizient wie möglich zu überwinden. Könner erinnern dabei an Panther, die sich geschmeidig durch ihr Revier bewegen. Davor steht jedoch langes Üben. Am besten trainieren Anfänger erst einmal an Geräten in der Halle, bevor es über Mauern am Dammtor oder Brücken im Hafen geht. Nichts für übermütige Angeber, sondern für besonnene Menschen, die ihre Grenzen kennen. Parkour steigert Kondition und Körpergefühl. Bei uns ist dieser Sport noch nicht lange bekannt. Der französische Schauspieler David Belle gilt als ihr Begründer, als er Ende der 80er-Jahre mit Freunden in der Pariser Vorstadt mit akrobatisch-spielerischen Verfolgungsjagden über Treppen, Zäune, Mauern und Baugerüste begann.

Kontakt: ETV, Turnhalle Helene-Lange-Gymnasium, Bogenstr. 32, Mi 16.30–18 Uhr, ab 13 Jahre, www.etv-hamburg.de Training & Termine: http://parkour-hamburg.blogspot.com

FOTOS: ISTOCKPHOTO (13), FOTOLIA.COM (2), JULIA WAGNER, PICTURE ALLIANCE/DPA, PR (5). ALLE ANGABEN: STAND 25. MAI 2011

Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011

Capoeira

Bogenschießen

Improvisation ist fast alles

Robin Hoods Nachfahren in Eimsbüttel

Capoeira ist eine Mischung aus Kampfkunst, Tanz, Akrobatik, Musik und Rhythmusgefühl. Kein Wunder, dass dieser Sport aus Brasilien stammt, wo ihn afrikanische Sklaven ausübten. Der Tanz war Tarnung – eigentlich ging es darum, sich für den Befreiungskampf zu stärken. Seit etwa 30 Jahren gibt es Capoeira auch in Europa, er trainiert gleichermaßen Körper und Geist, stärkt das Selbstbewusstsein ebenso wie das Verantwortungsgefühl, schließlich möchten die Sportler einander nicht weh tun, sondern Spaß haben. Man braucht dazu nichts als bequeme Sportkleidung. „Capoeira kann man auch noch anfangen, wenn man über 30 ist und vorher lieber auf dem Sofa gesessen hat! Einfach vorbeikommen und ausprobieren!“, sagt Joel Dias, der Contramestre des Hamburger Vereins. Die Jüngsten im Club sind übrigens erst fünf Jahre alt.

Früher war Bogenschießen das Mittel der Wahl bei Jagd und Krieg – seit 1972 ist es olympische Disziplin. Heute werden mit Pfeil und Bogen weder Tier noch Gegner zur Strecke gebracht, es geht um Konzentration, innere Ruhe. Atmen, anvisieren, zielen, loslassen. Eine entspannende Anstrengung ist das. Für Interessierte bietet der Eimsbütteler Turn-Verein Schnupperkurse an (45 Euro für 5 Trainingseinheiten), Bögen und Ausrüstung werden komplett gestellt. Fortgeschrittene mit eigenem Equipment können jederzeit den Bogensportplatz nutzen. In der Bogenschule Stellmoor können auch Nichtmitglieder beim offenen betreuten Schießen teilnehmen (12 Euro inkl. Leihbogen). Wer selbst Bogen bauen möchte, findet bei Hanno Börner Material und Anleitung.

Kontakt: Capoeira Hamburg, Aikido Schule, Barnerstr. 16, Tel. 0170/321 93 53 (Joel Dias), Anfragen: [email protected] Termin: 1st United Capoeira Meeting HH, 10.–13. Juni; weitere Infos über www.capoeirahamburg.de

Kanu-Polo Dynamischer Sport unter falscher Flagge

Der neben dem großen Bruder Eishockey schnellste Mannschaftssport der Welt ist eine Mischung aus Eis- und Rollhockey und schwappte in den 1980er-Jahren von den USA nach Deutschland. Anfangs wurde der Sport noch mit Rollschuhen gespielt, seit Mitte der 1990er-Jahre mit Inlinern. Die größten Unterschiede zum Eishockey: Die Zeit wird fast durchgängig laufen gelassen, es gibt kein Abseits und das Spielgerät ist ein Hartkunststoffball. Wer in den rasanten Sport hineinschnuppern möchte: Aus Sicherheitsgründen ist das Tragen von Schutzausrüstung für alle Trainingsteilnehmer Pflicht. Also am besten vorher Kontakt aufnehmen, in begrenztem Rahmen sind Leihausrüstungen vorhanden. Beim Kauf eines eigenen Equipments, bestehend aus Inlineskates, Brust-, Ellbogen-, Schienbeinschutz sowie Schutzhose, Helm, Handschuhen und Schlägern, stehen Mitspieler und Offizielle gerne beratend zur Seite. Bis zu 300 Euro müssen für eine einfache Erwachsenenausrüstung investiert werden.

Fünf Spieler pro Mannschaft versuchen auf einem 23 × 35 Meter großen Spielfeld in 2 × 10 Minuten Tore zu erzielen. Einen Torwart gibt es nicht, der Körperkontakt ist limitiert. Dennoch kentert immer mal wieder einer der zehn Spieler, dank der umfassenden Ausrüstung und der Physis der Spieler ist Kanupolo aber ein sicherer Sport. Der im Laufe seiner Geschichte immer mehr schrumpfte: Angelehnt an den populären Fußball waren die Spielfelder einst viel größer, und es kämpften jeweils elf Spieler in einem Team. Erst Ende der 1980er-Jahre einigte man sich auch in Deutschland auf die international gültigen Regeln eines Kleinfeldes. Da neben der taktischen Flexibilität vor allem eine starke Physis gefragt ist, wird Kanupolo hauptsächlich im Alter von 18 bis 40 betrieben. Und das nach wie vor unter falscher Flagge: Gespielt wird gar nicht in Kanus, sondern in Einerkajaks.

Kontakt: HNT Flames, [email protected], Tel. 701 74 43, www.hnt-flames.de Training: Do, 18.30 Uhr (Herren/Junioren), Sa, 13 Uhr (Junioren/ Schüler), Uwe-Seeler-Halle, Cuxhavener Str. 540

Kontakt: Alster Canoe Club, Ludolfstr. 15, [email protected] oder [email protected], www.kanupolo-hamburg.de Training: Mo/Do ab 18.30 Uhr (Herren), Mo/Do ab 19 Uhr (Damen), Do ab 17 Uhr (Schüler/Jugend)

Kontakt: ETV, Anfragen an Trainer Marc Hackelbörger unter [email protected], www.etv-hamburg.de Training: Bogenparcours der Bogenschule Stellmoor, Schemmannstr. 56, Sa 16–18 Uhr, www.stellmoorbogen.de – Hanno Börner, Schierenberg 45, Tel. 66 85 42 96 (Mi 15–19, Fr 15–18, Sa 10–14.30 Uhr)

Bahnengolf Vom Volkssport zum Traum Olympia Rund 4000 Minigolfanlagen gibt es in Deutschland. Ob auf kleinen Eternit- oder großen Betonbahnen – an Hindernissen wie Salto, Netz, Vulkan oder Blitz hat sich wohl jeder schon einmal versucht. Deutschlandweit lochen 11 000 Bahnengolfer in 300 Vereinen von der Kreisklasse bis hoch in die 1. Bundesliga ein. Auf lange Sicht möchte man Minigolf als olympische Disziplin ausüben. Bis es soweit ist, kann man in einem der sieben Vereine Hamburgs trainieren. Wetterunabhängig: Indoor-Minigolf bei Gilde Bowling (Wandsbeker Zollstr. 25–29) und im Schwarzlichtviertel von Funtastic-Minigolf werden 18 ½ Bahnen bei optischen Illusionen bewältigt. Abgehoben: Im Volkspark wird Pit-Pat-Billard ausgeübt, da wird der Ball mit einem Queue um Hindernisse herum gespielt.

Kontakt: HHer Bahnengolf Verband, hbv-vorsitzender@minigolf hamburg.de, Vereine, Anlagen, Termine: www.minigolfhamburg.de Tipp: Schwarzlichtviertel, Kieler Str. 561, Mo–Do 14–20, Fr 14–24, Sa 10–24, So 10–20 Uhr, www.schwarzlichtviertel.de

Frisbee „Unsere Welt ist eine Scheibe“ „Wer den Schweiß meidet, sollte es sich zweimal überlegen zu kommen“, sagt Andreas Runte, Vorsitzender der Fischbees. Jeden Dienstagabend wird im Schanzenpark trainiert. Auch bei Regen. Aber nicht nur das unterscheidet wettkampferprobte Vereinssportler von SchönwetterFrisbeespielern. Beim Ultimate, das 1968 von Studenten in New Jersey erstmals der Öffentlichkeit vogestellt wurde, treten auf einem rechteckigen Spielfeld zwei Mannschaften zu je 3 bis 7 Spielern gegeneinander an. Jedes Mal, wenn die angreifende Mannschaft einen Wurf in der Endzone des Gegners fängt, bekommt sie einen Punkt. Körperkontakt gilt als Foul, laufen darf man mit der Scheibe nicht, sie muss ständig abgespielt werden. Zur Ausrüstung gehören Fußballschuhe und eine Flugscheibe (ab 10 Euro) – und natürlich Geschicklichkeit und Bewegungsdrang.

Kontakt: 1. Ultimate Club Hamburg Fischbees 00 e. V., Anfragen an [email protected], www.fischbees.de Training: Sportplatz Schanzenpark, Di, 19.30 Uhr

Bowling Die Kopie – auch in HH erfolgreicher als das Original

Alpin-Klettern

Dass Bowling in den USA so populär ist, verdankt es süddeutschen Einwanderern und einem Verbot: Die Immigranten brachten im 19. Jahrhundert das Kegelspiel mit, aber es wurde als Glücksspiel verboten. Daraufhin stellten clevere Spieler zu den neun Kegeln einfach einen zehnten dazu – fertig war die neue Sportart: Bowling. Hierzulande ist die Sehnsucht nach den zehn perfekten Durchgängen à zwei Würfen weniger ausgeprägt als jenseits des Atlantiks. Doch ein Hamburger ist nahe dran am amerikanischen Traum: Stephan Unger vom BV Hanseat ist Deutscher Bowling-Meister und Nationalspieler. Spitzensportler wie er führen bis zu neun speziell angefertigte Bälle (nicht Kugeln!) mit sich, Einsteigern genügt das Angebot in den Bowlingcentern. Das A und O des Bowlingsports: Koordination und Konzentration. Die Bowler gehören in Deutschland übrigens neben den Aktiven in den Bereich Schere, Asphalt und Bohle zu den vier Bereichen des nationalen Kegelsportverbands.

Der Alpenverein hat eine Dependance in Hamburg, das klingt seltsam, ist für Kletterfreudige aber ein Glücksfall. Denn hier kann man lernen, wie es sicher nach oben geht. Voraussetzung ist ein Kurs (55 Euro). Expressschlingen, Gurt, Kletterschuhe und Seil werden gegen Gebühr ausgeliehen (13 Euro). So können Hobbygemsen testen, ob Ehrgeiz und Kondition ausreichen, um den Sport als Vereinsmitglied zu betreiben (24 Euro/Monat). Erst wer den Kletterschein hat, darf das Gelände ohne Trainer benutzen. Anders als beim Bouldern, das in Fitness-Studios angeboten wird, benötigt man zum Klettern einen Partner, der wird im DAV vermittelt. Klettern ist eine Risikosportart, die aber relativ ungefährlich ist, wenn man sich auskennt.

Kontakt: Verein HHer Kegler, Kegelhalle Barmbek, Tel. 20 97 53 11 (Mi 16–18 Uhr), Adolph-Schönfelder-Str. 49, www.kegelhalle-barmbek.de

Kontakt: Deutscher Alpenverein (DAV), Sektion Hamburg, Döhrnstr. 4, Tel. 600 88 88, www.kletterzentrum-hamburg.de

Auch ohne Berge hoch hinaus

Dart Footbag

Buschball

Zeigen, was eine Hacke ist

Ein Ball, eine Fahne, ein Trend

Als der US-Amerikaner John Stahlberger vor etwa 40 Jahren nach einer Operation sein Knie trainieren wollte, kam er auf die Idee, eine sandgefüllte Socke möglichst lange mit den Füßen in der Luft zu halten. Aus innovativer Reha wurde ein veritabler Sport, der seit 1984 mit regelmäßigen Weltmeisterschaften ausgetragen wird. Da beweist dann die inzwischen weltweit aktive Footbag-Elite, dass es kein Kinderspiel ist. Footbag ist geeignet für Solisten und Teamplayer, die damit auch über Badmintonnetze spielen, oder gar Golf. Die Ausstattung: ein Footbag (8–30 Euro) und Schuhe, die eine feste, gerade Sohle haben. „Der Einstieg erfordert Ehrgeiz. Aber es wird nicht langweilig, weil es immer noch einen Trick gibt, den man lernen oder erfinden kann. Voraussetzung ist ein gutes Ballgefühl. Alles andere ist Übung“, sagt Christian Bock, 1. Vorsitzender des Hamburger Footbag-Clubs.

Hätte Andreas Oligmöller 1977 in den Sommerferien genügend Fußballkumpels gefunden, gäbe es Buschball gar nicht. So aber musste er sich ein Spiel ausdenken, das auch mit wenigen Mitspielern Spaß macht: Zieltreffen mit dem Fußball. Was einst auf sauerländischen Dorfstraßen begann, hat inzwischen in den Parkanlagen der Großstädte Einzug gehalten, 2010 wurden die ersten Deutschen Meisterschaften ausgetragen und ein exaktes Regelwerk gibt es natürlich auch. Eine Pole-Fahne (um 20 Euro), ein Fußball, Block, Stift und zwei bis sechs Spieler sind dazu notwendig. Wie beim Crossgolf bestimmen die Spieler das Ziel, das heißt hier nicht Hole sondern Pole, steht für Anfänger gut erreichbar auf der Wiese und hängt für Fortgeschrittene schwer erkennbar in Büschen. Wer zum Schluss des Parcours die geringste Schusszahl vorweisen kann, ist Sieger.

Kontakt: 1. FC Hamburg Footkings e. V., [email protected], Tel. 0172/4472929 (Christian Bock, 1. Vors.), www.hamburg-footbag.de Training: über die Stadt verteilt in Parks (Sommer) und Hallen (Winter)

Kontakt: 1. Hamburg Poppenbütteler Buschball Club 09 e. V., Anfragen unter [email protected], www.hpbc09.de Training: Spielstätten von Poppenbüttel bis zum Volkspark

Wie im Flug die Grenzen ausloten Britische Besatzungssoldaten brachten das Dartspiel nach Deutschland. Vom spontanen Freizeitspaß zur organisierten Vereinssportart wurde es erst Ende der 1970erJahre. Nach wie vor sind die Grenzen zwischen Darten in der Kneipe und Wettbewerbssport fließend. „Wir haben zahlreiche Mannschaften, da ist für Sportler jeder Leistungsstärke etwas dabei“, erklärt Arne Sell, Abteilungsleiter bei der HSV-Dartabteilung. Angetreten wird in gemischten Mannschaften, Frauen und Männer kämpfen gemeinsam in diversen Einzeln und Doppeln im 501erWettbewerb gegeneinander, die Einzelleistungen addieren sich zum Team-Ergebnis. Arne Sell: „Mein Ergebnis liegt nur an mir, es ist unabhängig vom Gegner. Und das spornt einen immer wieder an, Höchstleistungen zu erbringen.“

Kontakt: HSV Dart, Arne Sell, [email protected], Tel. 299 33 56 Termin: Darten für Jedermann, Mo, 6. Juni, ab 18 Uhr, Aula der Schule Rhiemsweg, Horn

V

VI › BROT & SPIELE

Sonnabend/Sonntag, 28./29. Mai 2011

Samurai-Sudoku 7

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1 Yes, we can: Auf der Terrasse, im Wintergarten und Gastraum speist man im „Weissen Haus“ first class

LOKAL-TERMIN

Kulinarische Supermacht

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Lösungsweg: Beim Samurai-Sudoku sind vier Eck-Sudokus so um ein ZentralSudoku angeordnet, dass jedes der vier Eck-Sudokus sich je

Kurz-Biografie Boris Kasprik, 26, zog es nach seiner Kochlehre im „Jena Paradies“ 2005 ins Ausland, u. a. ins 3-SterneRestaurant „De Karmeliet“ im belgischen Brügge. Danach unterstützte er das Team von Sternekoch Alain Ducasse im Pariser Eiffelturm-Restaurant „Jules Verne“, ehe er in seine Heimat Hamburg zurückkehrte und als Küchenchef ins „Weisse Haus“ einzog.

» Das weisse Haus, Neumühlen 50, Tel. 390 90 16, Mo–Sa

8 9

6

2 5

1 bis 9 aufzufüllen. Dabei darf jede Zahl in jeder Zeile und jeder Spalte sowie in jedem 3 × 3 Feld nur einmal vorkommen. Lösung: siehe unten …

FOTO: GRAFIKANSTALT

An jeder der drei Seiten des säulenartigen Klinkermonuments steht eine Kriegerfigur – das „31erDenkmal“ von 1925. In Auftrag gegeben von Mitgliedern des Infanterie-Regiments Nr. 31, blenden sie Tod und Leid aus. Die Kirchengemeinde, auf deren Boden sie stehen, beauftragte 1996 den Altonaer Künstler Rainer Tiedje – und der stellte den „31ern“ drei Tafeln aus Acryl entgegen mit Männern, die sich im Schmerz winden. Gelungen: Als stumme Protestierer stören sie seitdem kriegsverherrlichende Gedenkveranstaltungen.

Für scharfe Denker 1

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ab 18, Do u. So ab 12 Uhr, www.das-weisse-haus.de 47

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9 4 7 2 3 6 5 1 8 3 2 7 6 4 9 8 1 7 5 3 2

5 6 2 1 7 8 4 3 9 8 6 1 5 7 2 3 9 6 8 1 4

8 3 1 5 4 9 6 7 2 4 9 5 3 1 8 2 4 5 9 7 6

1 2 4 7 8 9 6 5 3 4 1 5 6 9 3 2 8 7

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9 8 5 6 3 2 1 4 7 7 2 8 4 1 5 9 6 3

8 5 7 9 2 3 4 6 1 1 7 4 3 5 2 8 9 6

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T E I N D E N E B

4 9 3 5 6 1 7 2 8 2 8 9 7 6 1 3 4 5

Tel. 0176/76 53 31 53, tgl. 10–24 Uhr

I B E R T R E T I

Tel. 27 14 17 93, tgl. 12–19 Uhr, www.yoguru.de

» YOGURU, Eppendorfer Landstr. 32,

E U R O S E I N E

» LA PLAZA, Bahrenfelder Str. 160,

K A F K A O R A L

Lars Bogdahn liebt eiskalte Desserts und heißen Kaffee. Letzterer kommt von der Rösterei Elbgold, erstere stellt er aus Milchprodukten der Bio-Meierei Wohldorfer Hof selbst her: Frozen Yoghurt. Zu Standardcremes wie Natur, Mango und Erdbeere kommen saisonabhängige Specials. Allesamt lassen sie sich nach Geschmack der Kunden mit Brownies oder Frischobst verfeinern.

H E I E R M A N N

Wenn die große Glasfront geöffnet ist und ein Sommerregen auf den AlmaWartenberg-Platz prasselt, hat das etwas von einem Gewitter im Urlaub. Weil auf den dunklen Holztischen Salzkrustenkartoffeln duften, Krebsfleischbällchen, Schafskäse in Serrano oder Camembert mit Honig. Liebevoll dekoriert und sehr gut. Sogar der Hauswein ist ein wuchtiger Begleiter. Schnörkellos wirkt hier nur das Interieur.

C I A N O T E R A

Yoguru

I S S U S N I E L

La Plaza

L E S E M E T T E

EIS-CAFÉ

G H A N A T A U B

RESTAURANT

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Senkrecht: 1 Typische Eigenschaft des jungen Alters. 2 Gattung der Vereinten Nationen. 3 Sie beginnen mit Sonnenaufgang und enden mit deren Untergang. 4 Aale will man damit fangen. 5 Bleibt lieber im Keller, sie liebt es nicht heller. 6 Eine Lagune nennt man so in Frankreich, doch nicht anderswo. 7 1957 wurde die Goldküste als ... selbstständig. 8 Arbeit an Stöcken. 9 Alexander der Große erinnerte sich gerne an diese Stadt in Kilikien. 10 Tragische Gestalt im Chaos deutsch-italienischer Vergangenheit. 11 Mit fünf Mark waren Sie dabei! 12 Wer versteht die Literatur von Franz schon ganz? 13 Pa zählt zu seinen Anhängern. 14 Er schrieb die Oper „Angelique“. 15 Animiert in einem Heißgetränk. 24 Biblische Stadt; war für Laster nicht gesperrt. 25 Elektronenhirns Futter. 27 Zu ihr eilt mancher, der nächtens etwas läuten hört. 29 Dieser französische Fluss ist nicht der meine. 30 Im Sternbild „Schwan“ trifft man ihn an. 32 Ausdrucksweise der Katzen. 33 Kurzform einer ungarischen Helene. 34 Kleine Konkurrentin der Lunge. 35 „Der Scharfsinnige“ hieß dieser Kalif. 36 In Städten gurren sie zuhauf, hier endlos. 37 Herms hat viele Lieder und den Fliegerkuss komponiert. 38 Was für uns eine Billion, ist für Griechen ein Ungeheuer. 40 Der mündliche Teil einer Moralpredigt. 41 Macht fast die ganze Netzhaut des Auges aus. Na?

Auflösungen: E T A N G O M A R

1 Oliven entkernen, 2 Std. im Ofen bei 80 °C trocknen, mit Öl pürieren. Filet halbieren, salzen und übereinanderlegen. Alufolie mit Püree einpinseln. Steinbuttfilets darin wie ein Bonbon einrollen. 2 Fischfond aufkochen, mit Lorbeer, Thymian, Pfeffer und Knoblauch 20 Min. zugedeckt ziehen lassen. Öl, gekochte Kartoffeln, Butter hinzugeben und pürieren. 3 Tomaten teilen. Gehackte Zwiebeln mit Knoblauch, Thymian, Lorbeer anschwitzen. Alle Tomaten zugeben, salzen, mit Backpapier abdecken, bei niedriger Hitze 2,5 Std. einkochen. Zuletzt Butter einrühren. 4 Artischocken halbieren, im Topf anschwitzen. Garnitur dazu, mit Wein ablöschen. Abdecken, gar dünsten. 5 Steinbuttrolle scharf anbraten, im Ofen bei 60 °C ca.10 Min. ziehen lassen. Artischocken braten, alles wie links anrichten. Dazu passt Kartoffelstampf.

A S S E L P O R E

Tomatenschmelz: 5 gepellte Strauchtomaten je 1 Zwiebel, Knoblauchzehe 5 Zweige Thymian 1 Zweig frischer Lorbeer 100 g Dosentomaten 50 g Butter, 30 ml Olivenöl Poveraden: 4 St. Mini-Artischocken 200 ml Weißwein Garnitur: Karotte, Zwiebel, Lorbeer, Thymian, Knoblauch

R E U S E I L K A

Für 4 Personen 240 g Steinbuttfilet 150 g schwarze Oliven 50 ml Olivenöl Sauce Brandade: 200 ml Fischfond 50 ml Olivenöl 30 g Butter 1 Zweig frischer Lorbeer 4 Zweige Thymian 2 Knoblauchzehen 1 TL weiße Pfefferkörner 100 g mehlige Kartoffeln

49

Waagerecht: 1 Die ist beizeiten sehr vorteilhaft. 16 Sie versetzt uns in den Zustand der Empfindungslosigkeit. 17 Friedenssymbol füllt kopflos die Seine. 18 Jazzstil in den Vereinigten Staaten. 19 Gilt nicht nur unter italienischen Musikern als genug. 20 Das ist leider nur die halbe Freiheit. 21 Meistens stehen Barhocker davor. 22 Beim Bowling würde es „Zehne“ heißen. 23 Sogar ein blindes Huhn findet es. 24 Alias Stängel, auch am Besen zu finden. 26 Sie muss für Jäger den Bart lassen. 28 IbsenDrama ohne Kopf, algerischer Hafen ohne Fuß. 29 Eine verkürzte Stunde. 31 Superpower ist, was Casanova war. 39 Mittelloses Gemüse im Südosten Smålands. 42 Verhandlungskunst, die niemanden in den Regen stellt. 43 Was Opernfreunde entzückt, ist für Franzosen überwiegend nichts. 44 Organization of African Unity geht auch kürzer. 45 Sonderling mit Raute im Herzen. 46 In Holteis „Ein Trauerspiel in Berlin“ war er der Eckensteher. 47 So nennt der Grammatiker d, t, p, b, c und g – auch ohne Tion. 48 Lachender, auch wenn er weinen muss. 49 Lokales Netzwerk als Kernstück einer Bilanz. 50 Essen und Trinken hält das und Seele zusammen.

T A G E I N P U T

Steinbutt im Olivenmantel

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U N A R T M I A U

REZEPT VON BORIS KASPRIK

Essen und ausgehen

3

Irgendwo in Hamburg. Nur wo?

Z A R T S O D O M

avon kann sich Barack Obama noch eine Scheibe abschneiden: Im „Weissen Haus“ regiert bereits seit neun Jahren der Münchner Christian Senkel, und die Macht am Herd hat Boris Kasprik, der nach Sterne-Stationen von Paris bis Tokio jetzt wieder an der Elbe kocht. „Yes, we can“, das Motto des US-Präsidenten, gilt auch im kleinen 45-Plätze-Lokal in Neumühlen: Ja, wir können – und zwar kochen auf Spitzenniveau. Früher war das Restaurant, in dem Senkel bis 2008 mit Fernsehkoch Tim Mälzer wirkte, eine Pilgerstätte für TV-Touristen – auf Monate ausgebucht, weil ganz Deutschland „einmal beim Mälzer essen“ wollten. Erst jetzt, da es wieder leichter ist, einen der schlichten Holztische im Gastraum und Wintergarten zu ergattern, erreicht die „klassische Küche mit französischem Einfluss“ endlich auch die Hamburger. „Wir setzen nicht auf Fusion-Food, werfen also nicht Asien und Südamerika in einen Topf, sondern legen Wert auf richtig gutes Handwerk und regionale Produkte.“ Das zeigt sich in der kleinen (nur zwei Hauptgänge), aber sehr feinen Karte, die etwa alle zehn Wochen wechselt. Die einzelnen Gerichte kann sich der Gast nach „Baukasten-Prinzip“ zum Menü zusammenstellen, zwei Gänge kosten 30 Euro, drei Gänge 36, vier Gänge 44 und fünf Gänge 52 Euro. Als Appetithäppchen bietet sich die junge Frühjahrs-Makrele an, säuerlich eingelegt mit Tomaten-

mousse und Petersiliencoulis – auf dem Teller ein Gemälde, auf der Zunge ein Gedicht. „Im Prinzip handelt es sich um einen edlen Bismarck-Hering“, erklärt Christian Senkel und empfiehlt „für Kerle“ vorweg die gebackene Praline vom Kalbsbäckchen, Bries, mit französischem Gemüse und Speckvinaigrette. „Unser Chicken McNugget deluxe“, wie er augenzwinkernd erklärt. Eine anschauliche Untertreibung für diese perfekte Praline aus Fleisch. Ein Hochgenuss ist auch der grüne Spargel vom Stampe-Hof, der mit pochiertem Landei und einer traumhaften Sauce Albufera als Zwischengang auftritt. „Gerade auf die Saucen achten wir sehr“, sagt Senkel. Die ist beim Fisch-Hauptgang französisch inspiriert, denn der gebratene Loup de Mer ist verfeinert mit Bouillabaisse-Sud, PoveradeArtischocken und Auberginenkaviar. Ebenfalls ein Volltreffer ist das rosa gebratene Kalbsfilet mit braisierten Frühzwiebeln und Pommes Anna, einer Art Kartoffelgratin. Bei der Auswahl der flüssigen Begleitung darf man sich getrost auf Christian Senkels Empfehlungen verlassen. Das gilt auch beim Dessert – das Mille-feuille von Erdbeeren und Vanille mit Rhabarbersorbet schmeckt zauberhaft – auch wenn es nur aus zwei und nicht etwa aus 1000 Blättern besteht, wie der Name suggeriert. Das macht aber überhaupt nichts: Die Wiederwahl beim nächsten Abendessen ist garantiert.

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einen Block mit dem ZentralSudoku teilt! Dabei gelten für jedes der 5 Sudoku-Diagramme die klassischen Spielregeln: Alle Diagramme sind mit den Zahlen

Irgendwo in Hamburg: Gegendenkmal zum „31er-Denkmal“, St. Johanniskirche, Max-Brauer-Allee

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TEXT: VANESSA SEIFERT • FOTOS: THOMAS LEIDIG

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„Das weisse Haus“, einst Pilgerort für Mälzer-Fans, ist besser denn je – und man ergattert jetzt sogar einen Tisch

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IMPRESSUM Chefredaktion: Claus Strunz (V.i.S.d.P.) Redaktion: Anika Riegert (verantwortlich) Art Direction: Julia Wagner Mitarbeiter dieser Ausgabe: Vera Altrock, Albrecht Barke, Simone Buchholz, Arne Dettmann, Marco Fuchs, Rainer Grünberg, Oliver vom Hofe, Nina Holley, Alexander Josefowicz, Thomas Leidig, Karin Lübbe, Julia Marten, Peter Maus, Norman Raap, Kirsten Rick, Caroline Rudelt, Manu Schmickler, Armgard Seegers, Vanessa Seifert, Josephine Warfelmann, Yvonne Weiß Konzeption & Realisation: mar10 media GmbH Geschäftsführer: Nikolas Marten Anzeigen (verantwortlich): Dirk Seidel, Tel. 040/34 72 25 56 Verlag & Druck: Axel Springer AG, Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg Ausgezeichnet mit fünf „European Newspaper Awards 2010“

VII

Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011

› GESTERN & HEUTE

Stern des Anstoßes: 1971 war das Bekenntnis von 374 Frauen ein ungeheuerlicher Tabubruch FOTO: STERN

40 JAHRE AKTION GEGEN § 218

Frauen Aufstand der

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ls am 6. Juni 1971 eine Titelgeschichte des „Stern“ mit dem Slogan „Wir haben abgetrieben!“ 374 prominente und weniger prominente Frauen präsentierte, die bekannten, gegen das im Paragrafen 218 des Strafgesetzbuchs verankerte Abtreibungsverbot verstoßen zu haben, brach eine neue Zeit an. Es war für viele Frauen das Startsignal, sich vom Monopol der Männer übers Kinderkriegen und den Körper der Frau zu befreien. Es war der Anfang vom Ende einer mindestens seit dem Mittelalter verbindlichen Vorstellung von der Familie – 1274 hatte die katholische Kirche die Ehe zu einem der sieben Sakramente erhoben. Der Anfang vom Ende des Unterschieds zwischen unehelichen Kindern – gern auch als Bastard oder Kegel bezeichnet – und den ehelichen, die rechtlich bessergestellt waren. Unverheiratete Mütter wurden jahrhundertelang verfolgt, verachtet, verspottet. Heute werden mehr als 32 Prozent aller Kinder unehelich geboren. Das Bekenntnis „Wir haben abgetrieben!“ war der Anfang einer Ära, in der Frauen weiter reichende Forderungen nach Solidarität, Selbstbestimmung und Autonomie stellten. Zu den bekannten Unterstützerinnen der von Alice Schwarzer initiierten „Stern“-Aktion gehörten Romy Schneider, Senta Berger, Sabine Sinjen, die Publizistin Carola Stern und das Fotomodell Veruschka Gräfin von Lehndorff. Aber vor allem unterschrieben Hunderte Unbekannte – Studentinnen, Sekretärinnen, Hausfrauen, die meisten zwischen 20 und 30 Jahre alt. Einige von ihnen erklärten später, sie hätten niemals abgetrieben, hätten aber die Idee einer selbstbestimmten Schwangerschaft unterstützen wollen. Im „Stern“-Appell hieß es: „Jährlich treiben in der Bundesrepublik eine Million Frauen ab. Hunderte sterben, Zehntausende bleiben krank, weil der Eingriff von Laien vorgenommen wird“ und „Frauen ohne Geld zwingt der Paragraf 218 auf die Küchentische der Kurpfuscher“.

All diese unwürdigen, lebensbedrohlichen Umstände wollten die Unterzeichnerinnen beenden. Recht hatten sie. Aber dass mit jeder Abtreibung auch Konflikte entstehen, Gewissensbisse und Schuldgefühle, schob man beiseite: dass man niemals den Gedanken los wird, werdendes Leben zerstört zu haben, dass man noch Jahrzehnte später überlegt, wie das Kind wohl aussähe. Erst später begriffen viele Frauen, dass sie sich mit dem Recht auf Abtreibung vielleicht neue Freiheiten erobert hatten, dass sie nun aber zuweilen der Willkür ihrer männlichen Partner erst recht ausgesetzt waren, wenn diese das Kind nicht wollten: „Lass es doch wegmachen.“ Früher ließen solche Männer die Frauen einfach sitzen, jetzt bürdeten sie ihnen zusätzlich die Entscheidung über Leben oder Nicht-Leben auf.

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achdem der „Stern“ mit seiner Titelgeschichte erschienen war, unterschrieben 3000 Frauen bundesweit Selbstanzeigen, binnen weniger Wochen gingen mehr als 86 000 Solidaritätserklärungen ein. Mit dem Protest gegen den Abtreibungsparagrafen wurde ein Prozess der Selbstorganisation in Gang gesetzt, aus dem eine soziale Bewegung hervorging, die mit ihren Forderungen und Aktionen die Protestgeschichte der Bundesrepublik für etwa ein Jahrzehnt mit prägte. Mit ihrem Tabubruch wagten sich die Frauen aus der Illegalität. Sie machten Sexualität und Schwangerschaft zum Politikum – bis dahin war es ihr privates Problem. Nun wurde gestritten über Mutterschaft, den Beginn des Lebens und um die Würde des Ungeborenen. Bis 1958 hatte der Ehemann das alleinige Bestimmungsrecht über Frau und Kinder, er konnte sogar, wenn es ihm beliebte, den Anstellungsvertrag seiner Frau ohne deren Zustimmung fristlos kündigen. Ohne Zustimmung durften Frauen bis 1962 kein eigenes Bankkonto führen. Erst nach 1969 wurde eine verheiratete Frau als geschäftsfähig angesehen. Kein Wunder, dass die 68er gegen Muff und Spießbürgerlichkeit in Deutschland revoltierten. Die Frauenfrage war

FOTO: PICTURE-ALLIANCE/DPA

Das Thema Schwangerschaft hatte für Frauen zu allen Zeiten – zumindest wenn sie unverheiratet oder sehr jung oder schon Mutter mehrerer Kinder waren – mit Angst zu tun. Selbst diejenigen, die verheiratet waren und Jahr um Jahr schwanger, mussten bei jeder Geburt mit Komplikationen, Kindbettfieber und Tod rechnen. Zwischen vier und zehn Prozent der Mütter starben früher im Wochenbett. Noch heute zählen Schwangerschaften und die sich aus ihr ergebenden Komplikationen zu den häufigsten Todesihnen allerdings dabei gar nicht wichtig, die Unursachen von Frauen in Ländern der Dritten Welt. gleichheit zwischen Männern und Frauen galt allenKinder zu bekommen war noch bis vor 40 Jahren falls als „Nebenwiderspruch“ und damit als zweitrangottgewollt, so zumindest die Meinung von Staat und gig beim Kampf für soziale Gerechtigkeit. Heute mag Kirche. Und es gab nichts, was man legal dagegen man es kaum glauben, aber 1971 schrieb das Bürgerlihätte unternehmen können. Doch die Geschichtsche Gesetzbuch noch vor, dass eine Frau, die arbeiten bücher sind voll von Schauergeschichten über Abtreiwollte, die Erlaubnis ihres Ehemannes einholen bungsversuche mit Laugen und Giften, Nadeln und musste. Auch das muss man zugrunde legen, wenn Hieben, Stürzen von Treppen, Besuchen bei sogeman die Protestaktionen gegen den Paragrafen 218 nannten „Engelmacherinnen“. Andere Todesursabetrachtet, die nach Erscheinen des „Stern“-Titels chen eingerechnet, mussten im 19. Jahrhundert die noch jahrelang folgten. „Mein Bauch gehört mir“ Kinder aus jeder dritten Ehe mit dem Verlust eines stand damals auf den Plakaten oder „Ob Kinder oder Elternteils leben – eine Größenordnung, die dem Ankeine, entscheiden wir alleine“. Gefordert wurde eine teil heutiger Scheidungswaisen entspricht. Selbstbestimmung über den eigenen Körper und die Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisafreie Entscheidung darüber, ob man ein Kind großtion werden jedes Jahr etwa 210 Millionen Frauen ziehen wollte oder nicht. schwanger und etwa 130 Millionen Kinder lebend geboren. Die übrigen 80 Millionen Schwangerschaften chleichend hat diese Revolution in den verganenden mit Totgeburten, Spontanaborten oder durch genen Jahren stattgefunden. Eigentlich ein PaAbbruch. Etwa ein Drittel aller Schwangerschaften radox, denn kann eine Revolution überhaupt ist ungeplant und etwa ein Fünftel aller schwangeren leise und unaufgeregt ablaufen? Aber wie könnte man Frauen entscheidet sich zu einem Abbruch. Dies enteine gesellschaftliche Veränderung anders bezeichspricht jährlich etwa 42 Millionen nen, die alles, was bis dahin galt, Schwangerschaftsabbrüchen, dakomplett auf den Kopf gestellt hat. von etwa 22 Millionen legal. Der Zumindest beim Kinderkriegen. Großteil der 20 Millionen illeWar es jahrhunderte-, ja jahrtaugalen Abbrüche wird von Laien sendelang so, dass Schwangerund meist unter medizinisch preschaften ungeplant und damit oft kären Bedingungen durchgeführt, auch ungewollt waren, ist es derdie häufig zu lebensbedrohlichen zeit eher so, dass das KinderkrieKomplikationen führen. Nach gen akribisch vorbereitet wird. Schätzung der WHO sterben jährMan denkt nicht mehr darüber lich etwa 70 000 Frauen infolge nach, wie man Kinder nicht beillegaler Schwangerschaftsabbrükommt, sondern vielmehr, wie „Es ging nicht um che. In Deutschland werden etwa man Kinder bekommt. Und das oft viel zu lange. individuelle Schicksale, es 14 Prozent der Schwangerschaften abgebrochen. Europaweit hat inzwischen jewar eine Provokation“ Zu viele Frauen hatten sich des sechste Paar Schwierigkeiten Senta Berger, 70, Unterzeichnerin der 1971 der Abtreibung bezichtigt, als mit der Erfüllung des KinderwunAktion „Wir haben abgetrieben!“ dass Staatsanwälte waren, sie alle sches. Immer mehr Männer sind zu verfolgen. Keine einzige Frau unfruchtbar, immer mehr Frauen wurde verurteilt. Ihrem Mut ist es zu alt, um problemlos Nachwuchs mit zu verdanken, dass das Gesetz 1974 geändert wurzu bekommen. Immer mehr Paare haben Bedenken, de. Das Bundesverfassungsgericht setzte die Regeweil es gerade nicht passt oder der Partner nicht dem lung zwar kurz darauf außer Kraft, fünf Jahre nach Idealbild entspricht. Wann ist also der richtige Zeitder Kampagne wurden Schwangerschaftsabbrüche punkt? Wer ist der beste Partner? Wie gesichert ist dann aber doch straffrei – bis zur zwölften Woche die Existenz? Vor lauter Zögern und Ängsten, Unwägnach der Befruchtung und bei „sozialer Indikation“, barkeiten und Bedenken bekommen junge Paare einer Notlage der Schwangeren. Die hatte ein Arzt heute oft gar keine Kinder mehr. Oder sie bekommen festzustellen. Praktisch bedeutete dies, dass jede Frau zu wenige, weil sie viel zu spät damit anfangen. Sex abtreiben konnte, die fand, ein Kind passe nicht in ihr hingegen haben sie meist schon früh. Nicht nur Sex Leben. In den 90ern wurde das Gesetz reformiert, und Liebe sind heute vielfach entkoppelt. Es scheint seit 1995 können Frauen bis zur zwölften Woche abgeradezu so, als habe Sex und Kinderkriegen rein gar treiben, ohne eine Notlage nachweisen zu müssen – nichts mehr miteinander zu tun. Das ist für eine Gesofern sie sich vorher beraten lassen. sellschaft eine absolut neue Erfahrung.

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FOTO: PICTURE-ALLIANCE/RTN

„Wir haben abgetrieben!“: Am 6. Juni 1971 begann mit der „Stern“-Aktion ein Kampf für ein Recht auf Abtreibung, der die Familie revolutionierte, meint ARMGARD SEEGERS

Flammender Protest: Am Mönckebrunnen verbrennen 30 Frauen am 3. März 1972 ihre Ermittlungspapiere wegen Abtreibung

Stimme des Volkes: 1976 waren Schwangerschaftsabbrüche endlich straffrei – bis zur zwölften Woche und bei sozialer Indikation FOTO: ULLSTEIN BILD – WERNER OTTO

SERVICE

» Die Filmdokumentation „Wir haben abgetrieben!“ erzählt, wie sich Tausende Frauen in den 70erJahren von den althergebrachten Rollen als Hausfrau und Mutter emanzipierten und ein neues Selbstbewusstsein entwickelt haben. Dazu hat die Filmemacherin Birgit Schulz 40 Jahre nach dem mutigen Bekenntnis im „Stern“ am 6. Juni 1971 einige der 374 Bekennerinnen von damals aufgesucht. Zu Wort kommen unter anderem Alice Schwarzer, die damals als junge Journalistin den Stein ins Rollen brachte, und Senta Berger, die unter dem Risiko, ihre Schauspiel-Karriere zu ruinieren, teilgenommen und der Aktion besondere Publizität verliehen hat. Arte sendet den 52-minütigen Film am Mittwoch, 8. Juni, 21.05 Uhr. » Alice Schwarzer, Initiatorin der Aktion von 1971, hat in der FebruarAusgabe 2011 ihrer Zeitschrift „Emma“ unverblümt-detailliert beschrieben, wie es zur Kampagne „Wir haben abgetrieben!“ kam: von der publizistischen Vorlage im linksliberalen französischen Wochenblatt „Nouvel Observateur“ über das „zähe Gefeilsche“ (Schwarzer) mit dem „Stern“ bis zur Tatsache, dass nicht alle der 374 Bekennerinnen tatsächlich abgetrieben hatten. Der kämpferisch-amüsante Artikel ist nachzulesen auf: » Männer bekennen „Wir haben abgetrieben“: Bereits 2009 hat die „Zeit“ acht Männer zu Wort kommen lassen, deren Partnerin einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließ. Zwischen Schamgefühlen, Schuld, Schmerz und Erleichterung pendelt der Schicksalsbericht eines Mannes, dessen Frau ungewollt von ihm schwanger wurde und nach drei Kindern kein viertes mehr wollte. Die ganze Geschichte unter: www.zeit.de/ 2009/08/Abgetrieben-Paar-08

VIII › STIL & LEBEN

Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011

MARKENMACHER FOTOS: ISTOCKPHOTO, PRIVAT

Langer Atem Sie starteten als Hobby-Jogger. Heute fertigen Lars und Ulf Lunge Laufschuhe, führen sechs Läden – und sind längst noch nicht am Ziel

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ARNE DETTMANN, 35, Journalist, lebt seit 2005 in Santiago de Chile. Mit seiner chilenischen Partnerin Valentina, 39, hat er zwei kleine Kinder. Chile bedeutet in der IndianerSprache: das Land, wo die Welt zu Ende ist. Dabei fühle ich mich gar nicht so weit weg. Denn dank der deutschen Einwanderungstradition gibt es hier viele deutsche Schulen, Sportvereine und die deutschsprachige Zeitung Cóndor, bei der ich als Redakteur arbeite.

TEXT: CAROLINE RUDELT

er Vater war schuld – mitsamt einiger Kilos, die er loswerden musste. Da Sport in der Gemeinschaft mehr Vergnügen bereitet, verpflichtete er kurzerhand seine beiden Söhne zu ausgedehnten abendlichen Joggingrunden. Das Ergebnis: Die Anzeige der Waage sorgte bei dem Weinhändler nicht länger für Unmut – und Lars und Ulf Lunge, inzwischen 45 und 50, fanden ihre Berufung. Denn regelmäßige Kurzstrecken, Steigerungsläufe und Marathons wurden nicht nur zur Freizeitbeschäftigung der Brüder: 1979 gründete Ulf Lunge, damals noch Schüler, sein Geschäft für Laufartikel in Rahlstedt, neun Jahre später stieg Lars Lunge mit ein. Heute betreiben sie sechs Läden in Hamburg und Berlin, führen zudem seit Herbst 2008 Deutschlands einzige Laufschuhfabrik in Düssin, einem 200-Seelen-Dorf in Mecklenburg. Der Entschluss, Turnschuhe nicht nur zu verkaufen, sondern selbst zu produzieren, entstand Schritt für Schritt. „Der Fuß ist in unserem Sport zentral, denn ohne ihn geht nichts“, erzählt Lars Lunge, der ungefähr 15 Marathons absolvierte. Sein Bruder Ulf feierte 1983 als Hamburger Marathon-Meister seinen größten sportlichen Erfolg. „Wir haben als Läufer häufig schlechte Erfahrungen gesammelt. Man wird dadurch sein kritischster Kunde.“ Deshalb wollten sie selbst Einfluss nehmen, auf Sohle, Dämpfung und perfekte Passform. Zunächst probierten sie es in Asien, wie all die anderen Hersteller von Adidas bis Nike. Doch das Ergebnis war nicht wie erhofft. „Dort stellen sie vornehmlich nach dem Kostenaspekt her“, sagt Lars Lunge. „Uns geht es aber um mehr.“ Bislang haben sie einen guten Lauf: 2006 entdeckten sie einen 100 Jahre alten Kuhstall, verwittert, sanierungsbedürftig – und doch perfekt. Heute steht hier die Lunge Manufaktur. 2007 wurden die Brüder mit dem Gründerpreis ausgezeichnet, liefern an Kunden deutschlandweit, beschäftigen 50 Mitarbeiter. 2009 stellen sie etwa 4000 Paare her. Umsatzzahlen wollen sie nicht nennen. Nur so viel: „Es geht uns gut.“ Ein Selbstgänger war das Geschäft der Brüder Lunge, beide Autodidakten in kaufmännischen Belangen,

Wegstrecke: Der erste Laden öffnete 1979 in Rahlstedt, die Produktion liegt in Mecklenburg-Vorpommern (o.). Links: die Einzelteile eines Laufschuhs

Die Hafenstädte Valparaíso und Hamburg verbinden alte und neue Handelsbeziehungen . Als Valentina zum ersten Mal in der Hansestadt war, machten wir natürlich ein Foto von ihr vor dem Chilehaus mit dem steinernen Kondor darüber, Chiles Wappentier. Umgekehrt besuchten meine Eltern mit mir das Restaurant „Hamburg“ in Valparaíso, wo es importierten Matjes gibt. Echt lecker!

Weggefährten: Die Brüder Ulf (l.) und Lars Lunge, 50 und 45, stecken ihre persönliche Erfahrung als Marathonläufer in ihre hochwertigen Schuhe

aber nicht. Um ein Unternehmen hochzuziehen, sagt Lunge, benötige man einen langen Atem. Ihr Sport, den sie nach wie vor ausüben, hilft ihnen dabei – weniger konditionell als mental. „Laufen ist eine Lebenseinstellung. Beim Marathon geht es zwischendurch mal besser, mal schlechter. Das Ziel verlierst du trotzdem nie aus den Augen.“ Die Lunges erwischten zunächst einen Stolperstart: Nähmaschinen funktionierten nicht, wie sie sollten, Stoffteile wurden nicht korrekt geschnitten, die Entwicklung der ersten Modelle zog sich hin. Trotzdem blieben sie dran, glaubten an sich. Ähnlich wie beim Marathon am berüchtigten Kilometer 30, wenn „der Mann mit dem Hammer“ droht: der gefürchtete Einbruch mit Muskelkrämpfen und Schwächegefühlen. Mittlerweile sind sie auf einem guten Weg. In solchen Situationen sei es wertvoll, dass die Brüder gemeinsame Sache machen könnten, erzählt Lars Lunge. „Wir haben uns eigentlich nie gestritten. Als Kinder nicht – und heute klären wir Meinungsverschiedenheiten auf die brüderliche Art.“ Während Lars Lunge sich um Personal,

Einkauf und Produktion kümmert, ist der fünf Jahre ältere Ulf für die Finanzierung und den Vertrieb zuständig. Ihr Vorteil sei das Urvertrauen zueinander. „Es fällt mir schwer, abzuschalten. Da ist es gut, wenn mein Bruder da ist.“ Durchaus wahrscheinlich, dass Lunges Manufaktur in der Familie bleibt. Seine 13-jährige Tochter, sagt Lars Lunge, hätte bereits Interesse angekündigt, ihr älterer Bruder ebenso. „Das wäre natürlich schön. Doch bis dahin ist es ja noch etwas hin.“ Sie wollen weitere Modelle entwickeln, immer auf der Suche nach dem Bestmöglichen. Aber auch nach Trends müssen sie sich bisweilen richten, wenngleich nur ungern: „Die Funktionalität steht natürlich im Fokus. Allerdings spielen Moden durchaus eine Rolle.“ Besonders kräftige Farben sind bei den Läufern beliebt. Für einen Lunge Laufschuh müssen die tiefer in die Tasche greifen, durchschnittlich 200 Euro kostet ein Paar. Leidenschaftliche Jogger würden das gern zahlen, so lang das Ergebnis stimme. „Qualität hat ihren Preis“, sagt Lars Lunge. Qualität, die sie auf unzähligen Kilometern erlaufen haben.

Kontakt » Lunge Lauf- und Sportschuhe GmbH, Lämmersieth 1, Tel. 297728, und drei weitere Filialen in Hamburg, www.lunge.de

SIMONES STADTGEFLÜSTER

Für Schwermetaller

Auf die Plätze ...

Männer und Schmuck – wie halten Sie es? Ich bin ein absoluter Fan von Silberschmuck und liebe außergewöhnliche Ledersachen wie Mäntel usw. Bei Pyrate Style habe ich nicht nur ein schweres Silberarmband gefunden, sondern auch „nicht typische“ Western-Kleidung und weitere Accessoires für meinen Auftritt als „Buttler“ bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg („Der Ölprinz“). Freizeit, Freiheit und Abenteuer: Was fällt Ihnen dazu ein? „Harley Hamburg Nord“: Wenn’s um diese Bikes geht, kommt hier keiner dran vorbei. Legendär und Kult. Klamotten und alles, was das Bikerherz begehrt. Die Jungs und Mädels sind auch immer fester Bestandteil der Harley Days in Hamburg.

Heißer Dampf: Espressomaschine Technika IV von ECM, Cucinaria, Straßenbahnring 12, um 1850 Euro

Glänzendes Sterling: Panzerarmband aus Silber, Pyrate Style, Große Bleichen 21, um 700 Euro Easy Rider: „Fat Boy Bike“ von Harley Davidson, Harley Hamburg Nord, Nedderfeld 96, ca. 125 Euro Mietgebühr pro Tag

Die Wochenvorschau MONTAG ZEITREISE: „Trippin’ the 60s“ – mit den beiden Folk-Ikonen John York (Gitarrist bei den Mamas & Papas u. Byrds) und Barry McGuire zurück ins Flower-Power-Jahrzehnt. Fliegende Bauten, 20 Uhr. KONZERT: Edo Zanki, Pate der deutschen Soulmusik, meldet sich mit Band und dem Programm „Zu viele Engel“ zurück. Knust, 20 Uhr.

DIENSTAG AUSSTELLUNG: „Der gute Ort – 400 Jahre Jüdischer Friedhof Altona“ wird eröffnet. Staats- und Unibibliothek, 18 Uhr, bis 17.7. LIEDER: „Hört ihr die Frösche quaken“ ist ein literarisch-musikalischer Streifzug durch Kultur und Landschaften über die Liebe zu Mensch und Natur – mit Eva Mattes, Peter Franke u. a. Ernst Deutsch Theater, 19.30 Uhr.

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lar mache ich Sport. Wie eine Wahnsinnige. Denn wenn ich keinen Sport mache, bin ich total unausgeglichen. Es geht um 6 Uhr 30 los: Rolle vorwärts aus dem Bett. Ab dann mit effektiver Beinarbeit und nie mit leeren Händen durch die Wohnung laufen. Milch aufrühren, Kaffee machen, Tassen jonglieren. 6 Uhr 45: Wasserballett I. 7 Uhr 10: erster Kampf mit sehr starkem Dreijährigen, Wasserballett II. 7 Uhr 45: brüllenden Dreijährigen anziehen. 8 Uhr 10: einhändig Make-up auflegen, dabei mit der anderen Hand tobenden Dreijährigen von der Wimperntusche fernhalten. 8 Uhr 40: Dreijährigen im Kinder-Bootcamp abliefern, erster Schwindelanfall. 9 Uhr: Hardcore-Espresso-Cooking wegen drohendem Kaffee-Ast. 9 Uhr 15 bis 10 Uhr, Zehnkampf: Betten machen, Wäsche waschen, abwaschen, staubwedeln, Rennautos, Polizeiautos, Feuerwehrautos, Bagger, Jeeps und Traktoren einfangen. 10 Uhr: Hirn anwerfen, an den Rechner setzen, schreiben. Haltungsnote: nur 2,5 wegen hängender Schulterblätter. 14 Uhr: Hunger-Ast. Pappiges Spielplatzbrötchen vom Vortag reinwürgen. 14 Uhr 30, Zirkeltraining: Wechselklamotten, Apfelschorle, Spielplatzbrötchen, Bagger, Schaufel und Fußball einpacken, runter aufs Fahrrad, Kopfsteinpflasterrennen. 15 Uhr: aufgedrehten Dreijährigen von Budapester Straße ziehen, bevor der

ILLUSTRATION: JOSEPHINE WARFELMANN

Schauspieler Frank Kessler, 49, (Karl-MaySpiele, ab 25.6.) fischt Schätze im Silbersee, fährt Harley und findet Espresso stylisch

Doch beim Asado, dem langen Grillen als wichtiges soziales Ereignis, klopfen Chilenen dann zu einem vorzüglichen chilenischen Rotwein dem Ausländer freundlich auf die Schulter und fragen neugierig: Und was hat dich ans Ende der Welt verschlagen?

LKW kommt, gut, dass der rechte Arm Superkräfte hat. 15 Uhr 30: Dreijähriger spielt mit anderem Dreijährigen an der Matschpumpe Pillermann vergleichen. Mutterseele geht in innere Emigration, ab jetzt folgt die Yogaphase. 18Uhr:Abendessen.HärtesterKampf des Tages, Dreijähriger mobilisiert nochmal alle Kräfte für den KäsebrotWeitwurf. 19 Uhr: bettfein machen. Härtester Kampf des Tages geht in die Verlängerung, ein Psychoduell. 20 Uhr: Fünfkampf! Abwaschen, Wäsche aufhängen, bügeln, Brot in der Küche zusammenfegen, merkwürdiges, schleimiges Etwas aus Rucksack von Dreijährigem entfernen. Ab 21 Uhr: Regeneration, Massagen, Ermüdungsbecken. Ich bin Iron Woman. Und Rennfahrerblut ist keine Buttermilch.

MADE IN HAMBURG

Kolumne » Hier schreiben im wöchentlichen

KONZERT: Herbert Grönemeyer ist mit seinem Album „Schiffsverkehr“ auf großer Fahrt. Die Bühne wurde von Fotograf Anton Corbijn gestaltet. Imtech Arena, 19 Uhr. THEATER: In „Kundendienst“ von Curth Flatow gibt sich ein Kosmetik-Vertreter etwas zu sehr dem Service-Ideal hin. Komödie Winterhuder Fährhaus, 19.30 Uhr.

DONNERSTAG

FREITAG

KONZERT: Die Heavy Metal Legende Iron Maiden mit Sänger und Jet-Pilot Bruce Dickinson landen während ihrer „Final Frontier World Tour“ auch in Hamburg. O² World, 20 Uhr.

LITERATUR: Beim Poetry Slam Finale kämpfen zehn der besten Bühnenpoeten mit Lyrik, Prosa und viel Leidenschaft um die Teilnahme an den deutschen Meisterschaften. Schauspielhaus, 20 Uhr.

REITEN: Beim Deutschen Spring& Dressur-Derby, dem Klassiker im Turniersportkalender, trifft sich, was Ross und Reiter ist. Derbypark Klein Flottbek, bis 5.6.

BEACHVOLLEYBALL: Bei der smart beach tour kämpfen je 16 Frauen- und Männerteams auf drei Courts um 20 000 Euro. Strandkai /HafenCity, bis 5.6., ab 9 Uhr.

Fast zu schön, um sie zu schlagen. Aber auch die Hamburger „Generation Golf“ wird mit diesen Bällen ihr Handicap sicher verbessern. Und mit dem Wappen der schönsten Stadt der Welt sieht man auf dem Grün garantiert rot.

Wechsel Maike Schiller – zur Zeit in Babypause und vertreten von der Hamburger Autorin Simone Buchholz – und Joachim Mischke.

30. MAI–5. JUNI

MITTWOCH

Viel Sehenswertes oder gar Charmantes hat Chiles aufstrebende Hauptstadt Santiago leider nicht zu bieten. Gesichtslose Häuser, Smog im Winter, Hitze im Sommer, eine hoffnungslos überlastete U-Bahn, Staus … Keine größere Stadt in Chile ist als schön zu bezeichnen. Urlauber zieht es meist nur in die AtacamaWüste, auf die Osterinsel oder zu den Gletschern nach Patagonien. Wer es sich leisten kann, flüchtet am Wochenende in die wundervolle Natur. Dass ausgerechnet ich als Norddeutscher hier beim Deutschen Andenverein bis zu 6000 Meter hohe Gipfel erklimmen und auch noch Skifahren lernen würde, dürfte Ironie des Schicksals sein. Gegensätze ziehen sich eben an: Valentina hat Hamburg sehr gut gefallen, so dass sie sich vorstellen kann, mit ihrem Alemán und unseren beiden Söhnen in der Hansestadt zu leben. Dann müsste sie sich allerdings an Pünktlichkeit gewöhnen, bei der es die Chilenen nicht so genau nehmen. Auch bringen mich mangelndes Verantwortungsbewusstsein, wenig Eigeninitiative und Verlässlichkeit ab und zu auf die Palme.

MEIN STYLE-TRIO

Sie richten sich gerade neu ein: Was darf keinesfalls fehlen? Eine stylische Espressomaschine, die ich mit viel Geschick und Verhandlungsstrategie als günstiges Vorführgerät ergattert habe. Auch viele Geschenke habe ich bei Cucinaria gekauft. Eine Schauspielerkollegin, mit der ich in Bregenz auf der Seebühne spielte, gab mir mal ein „Geheimrezept“ für einen Käsekuchen namens „Tränenerle“. Genau diesen Kuchen habe ich bei Cucinaria entdeckt!

Santiago de Chile

3er Golfball-Set mit Hamburg-Wappen, www.city-souvenir-shop.de, 9,50 Euro

SONNABEND

SONNTAG

FEST 1: Beim 30. Eppendorfer Landstraßenfest gibt es endlos viel zu feiern – und das legendäre Kellner-Rennen, Sa /So 11 –22 Uhr.

KINO: Das 13. KinderKurzFilmFestival „Mo & Friese“ zeigt 50 Kurzfilme aus 25 Ländern. Bis 12.6., u. a. in B-Movie, Zeise Kinos.

FEST 2: Das Harburger Binnenhafenfest lockt mit Action zu Wasser und an Land. Bis So.

SHOW: „Tap Stars“, die neue Tanzshow des Choreografen Rasta Thomas und seines Ensembles „Bad Boys of Dance“, begeistert mit neuen Stepptanz-Interpretationen. Premiere, St. Pauli Theater, 20 Uhr.

FEST 3: „(K)ein Dorn im Auge“, das Motto des 10. Straßenfestes im Münzviertel. Sa, 11 –22 Uhr.

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