spezial i uhren

April 29, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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SPEZIAL I UHREN

November 2009

COOLE IKONE Besuch bei einer sagenhaften Luxus-Legende – Cartier, Paris

STOPP-MEISTER Nur Omega sagt, wer gewonnen hat

ÖKO-ABENTEURER

ZUM HERAUSNEHMEN

David de Rothschild und der Müll

Steve McQueen als Thomas Crown mit einer Tank von Cartier, 1968

die

uhr der piloten

Die Oyster Perpetual GMT-Master II setzt höchste Maßstäbe und ist die erste Wahl für all diejenigen, die beruflich die ganze Welt umfliegen. 1955 wurde die erste GMT-Master in Zusammenarbeit mit Piloten der Fluglinie Pan Am entwickelt, um das Einstellen der Uhr beim Wechsel in eine andere Zeitzone zu erleichtern. Heute ermöglicht das Nachfolgemodell den Piloten, die Uhrzeit von drei verschiedenen Zeitzonen gleichzeitig und sekundengenau abzulesen. Das macht die GMT-Master II für Piloten wie auch für andere echte Weltreisende unverzichtbar. Entdecken Sie mehr unter ROLEX.COM

di e r o l ex gmt-master i i

uhren SPEZIAL

Öko-Abenteurer Rothschild

Meister-Manufaktur

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Wie der Spezialist Michel Parmigiani mit seiner neuen Fabrik den Uhrenmarkt aufmischt

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Triumph des Fantasten TAG Heuer präsentiert mit einem riemengetriebenen Kaliber eine revolutionäre Uhr

Genfer Gralshüter

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Vacheron Constantin baut seit 254 Jahren edle Zeitmesser und schwört auf das Siegel seiner Heimatstadt

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Herrin aller Zeiten

Die schöne Französin

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Seit 1932 ist Omega bei den Olympischen Spielen am Drücker und auch in Zukunft nicht zu stoppen

Schmuck-Ikone Cartier begeistert mit ihren legendären Uhrenklassikern Tank und Santos

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Retter der Meere

Goldene Unruh 2010

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Ein Rekordteilnehmerfeld stellt sich bei der größten Online-UhrenWahl dem Votum der Leser

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IWC Schaffhausen hilft dem grünen Baron David de Rothschild mit einem Öko-Boot über den Pazifik

Tipps + Trends Es geht noch mehr als nur Uhr. Dezenter Männerschmuck findet immer mehr Liebhaber

FOCUS SPEZIAL „MÄNNERZEIT“ FOCUS Magazin Verlag GmbH, Arabellastraße 23, 81925 München, Postfach 81 03 07, 81903 München, Telefon 0 89/92 50-0, Fax 0 89/92 50- 20 26 Herausgeber: Helmut Markwort Chefredakteure: Helmut Markwort und Uli Baur Stellvertretender Chefredakteur: Stephan Paetow Art Director: Ralf Gottschall Titel: Eva Dahme; Karin von Zakarias Chef vom Dienst: Sonja Wiggermann Konzeption & Redaktion: Fritz Schwab Grafik: Heike Noffke Info-Grafik: Ulrich Gerbert Bildredaktion: Bettina Beyer Bildtechnik: Harry Neumann (Ltg.) Bildbearbeitung: Reinhard Erler (Ltg.)

FOCUS SPEZIAL/2009

Schlussredaktion/Dokumentation: Dr. Martin Seidl, Petra Kerkermeier (stellv.) Produktion/Herstellung: Michail Kalogeropoulos, Peter Kiac˘ek Redaktionstechnik: Bernd Jebing, Kai Knippenberg FOCUS Spezial „MännerZeit“ erscheint in der FOCUS Magazin Verlag GmbH. Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Helmut Markwort Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen. Nachdruck ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet. Dieses gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken und Vervielfältigungen auf CD-ROM. Sofern Sie Artikel aus FOCUS Spezial in Ihren internen elektronischen Pressespiegel

Titel: Foto: United Artists Ass., coll. Sunset Boulevard

übernehmen wollen, erhalten Sie die erforderlichen Rechte unter www.presse-monitor.de oder unter Telefon: 0 30/28 49 30, PMG Presse-Monitor GmbH. Anzeigenleitung: Ingo Müller Anzeigenverkauf für FOCUS Spezial „MännerZeit“: Michael Mergenthal, Telefon 0 89/92 50-20 76, Fax: 0 89/92 50-24 94, [email protected] Verantwortlich für den Anzeigenteil: Marlene Gunesch, Arabellastraße 23, 81925 München, Telefon: 0 89/ 92 50-29 50/51, Fax: 0 89/92 50-29 52. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 20, gültig seit 1. Januar 2009. Geschäftsführer: Helmut Markwort, Frank-Michael Müller Druck: Burda GmbH, Hauptstraße 130, 77652 Offenburg, Telefon 07 81/84 01; Printed in Germany Verleger: Dr. Hubert Burda

INHALT: Foto: IWC

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uhren SPEZIAL

Spiralfederndraht

Der 0,05 Millimeter dicke Draht wird in einen Wickelring eingefädelt und aufgewickelt. Die Toleranz liegt bei 100 Nanometern, das entspricht dem Fünfhundertstel eines Haardurchmessers

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„Wenn ich einer Uhr sehr nahe bin, höre ich Musik, die aus meinem Inneren erklingt“ Wann darf sich ein Uhrenunternehmen eigentlich Manufaktur nennen? Im Wettstreit um die Gunst der Sammler überbieten sich etablierte und aufstrebende Marken mit Millioneninvestitionen

ie ist ein Leichtgewicht, ein Winzling, schwierig zu behandeln und gerade deshalb hochbegehrt. Die Spirale misst wenige Hundertstel Millimeter und wiegt nur etwas mehr als zwei Tausendstel Gramm. Ohne das filigrane Herz der mechanischen Uhr kommt kein Werk zum Laufen. Wer den Prozess des Spiralfedern-Ziehens beherrscht, gilt als Meister in der Branche. Eigene Werke zu entwickeln und zu produzieren gilt gemeinhin als Manufaktur-Beweis, doch einige wenige Marken können noch mehr. Die Marken A. Lange & Söhne, Parmigiani und Rolex lassen den hauchdünnen Draht in eigener Regie über ihre Maschinen laufen. Doch der Champ nennt sich Nivarox-FAR, residiert im Örtchen St-Imier im Kanton Neuenburg. Nivarox ist ein reiner Zulieferer, nur die wenigsten Uhrenmarken stellen „ihre“ Spiralen selbst her. Dutzende verschiedene Spiralen offeriert Nivarox seinen Kunden. Doch die Klientel ziert sich, stört sich an dem QuasiMonopol ihres Lieferanten, zumal Nivarox eine Tochter der Swatch Group ist. Die von der Familie Hayek gesteuerte Swatch Group besitzt selber renommierte Marken wie Omega oder Blancpain, macht ihren Kunden demnach als Anbieter von Luxus-

Foto: Parmigiani

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PARMIGIANI TONDA 42 HEMISPHERES Automatikkaliber mit doppeltem Federhaus, zweite Zeitzonen- und Tag-NachtAnzeige, in Roségold 24 200 Euro

PARMIGIANI BUGATTI FAUBOURG TYPE 370 Etagenwerk mit zwei Federhäusern in Serie, Handaufzug, in Weißgold auf 50 Stück limitiert 193 300 Euro FOCUS SPEZIAL/2009

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uhren SPEZIAL

Aus einem Block

Funktionsfedern mit den Bohrungen für die millimeterkleinen Schrauben werden aus einem Stück gefertigt

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FOCUS SPEZIAL/2009

Foto: Parmigiani

PEQUIGNET Moorea Chrono Automatic, Automatikkaliber, Edelstahl 3800 Euro

Zeitmessern Konkurrenz. Das ist die Ausgangslage, von einigen Unternehmen gelassen betrachtet. So schwört Breitling auf das Chronographenwerk 7750 der Swatch-Group-Tochter ETA, perfektioniert allerdings jedes Kaliber in der hauseigenen Chronometrie. Anschließend erteilt die eidgenössische Prüfgesellschaft COSC das begehrte Chronometer-Zertifikat. Andere wollen sich aus der Swatch-Group-Lieferbeziehung befreien, suchen nach Alternativen. Und werden in Fleurier fündig. In dem Jura-Städtchen domiziliert, wie der Schweizer zu sagen pflegt, die Manufaktur Parmigiani. Die hat gar nichts mit dem gleichnamigen Reibekäse zu tun, dafür sehr viel mit ihrem Namensgeber Michel Parmigiani. Dem begnadeten Restaurator kam 1996 die potente SandozStiftung zu Hilfe. Die erwarb 51 Prozent der Parmigiani-Unternehmensanteile und rüstete den Betrieb mit vielen Millionen Schweizer Franken (wie viele, scheut man sich zu verraten) zu einem veritablen Uhrenhersteller aus. 500 Handwerker in vier Produktionsbetrieben prägen heute die Uhrmacherkunst in Fleurier. „Diese Menschen bilden die Identität der Manufaktur Parmigiani, die heute vollständig vertikalisiert und in der Welt des Luxusuhrensegments

integriert ist“, beschreibt der Chef des Hauses den Werdegang des Unternehmens. Den ersten uhrmacherischen Kracher landete die junge Manufaktur vor fünf Jahren mit der Präsentation einer mechanischen Skulptur namens „Bugatti“. Die Kooperation mit dem Luxus-Automobilisten gebar ein Uhrenmodell, bei dem die Zeitanzeige eine zu vernachlässigende Rolle spielt. Wenn der Blick auf die halbzylindrische Oberfläche des Gehäuses fällt, geht er in den sogenannten Etagenaufbau der Mechanik. Das nötige Kapital für derartige Design- und Mechanik-Kunststückchen kommt dabei nicht nur von der Sandoz-Stiftung, sondern auch aus den Einnahmen lukrativer Aufträge anderer Uhrenproduzenten. So stellt der Fleurier-Besucher erstaunt fest, dass die Zifferblätter der sächsischen Edelmarke A. Lange & Söhne gar nicht aus dem Erzgebirge, sondern vielmehr aus dem schweizerischen Jura stammen. Und trotzdem würde jedermann bestätigen, dass es sich bei den beiden Häusern Glashütte Original oder eben A. Lange & Söhne um echte Manufakturen handelt. Im Sommer stellte Lange sein jüngstes Meisterstück vor. Eine Uhr, bei der scheinbar die zentralen Zeiger vergessen wurden.

WEMPE ZEITMEISTER Keramik-Chronograph, Automatikwerk, DINgeprüfter Chronometer 3475 Euro NOMOS TANGENTE mit Datumsanzeige und Gangreserve, Handaufzug, Edelstahlgehäuse und Sichtboden 1900 Euro

A. LANGE & SÖHNE Lange Zeitwerk, mit springender digitaler Stunde und Minute, Platingehäuse 58 500 Euro

GLASHÜTTE ORIGINAL Senator Chronometer, Handaufzug, Großdatum, Roségold-Gehäuse 21 800 Euro

uhren SPEZIAL ZENITH EL PRIMERO New Vintage 1969, Replika des ersten Automatik-Chronographen, Edelstahl 6900 Euro

Präzises Handwerk

BREGUET La Tradition Breguet, Handaufzugskaliber mit Parachute-Stoßsicherung, Weißgold 19 800 Euro

Die „Lange Zeitwerk“ verkündet Stunden und Minuten mittels digitaler Anzeigen. Den Fans der Marke erscheint das Modell vertraut, sie erkennen das typische Design am sogenannten Großdatum des vor 15 Jahren vorgestellten Klassikers, der „Lange 1“. Der hohe Entwicklungsgrad der mit Patenten gespickten Modelle aus Glashütte und die extreme Fertigungstiefe erweisen sich derzeit als augewachsener Fluch. Die Finanzmarktkrise ließ in diesem Jahr die Verkaufszahlen der Juweliere, allen voran in den USA, dramatisch einbrechen. Nur China trotzt der Krise, und auch das alte Europa mit seinen Kernmärkten Schweiz, Frankreich, Italien und Deutschland zeigt sich überraschend stark. Juweliere wie Bucherer investierten gerade in Deutschland mächtig in neue Geschäfte. Den Herstellern nutzt das alles derzeit wenig. Wer viel selber macht, hat viele Leute an Bord und im Abschwung zu wenig Geschäft für die Angestellten. „Der falsch verstandene Manufakturgedanke erweist sich als Krisenkatalysator“, sagt ein Geschäftsführer einer großen Schweizer Marke. „Die Kosten laufen den Unternehmen davon, es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Marken aufgeben müssen.“

MAURICE LACROIX Masterpiece Double Rétrograde, Stunden, Minuten, kleine Sekunde und Datum mit retrograder Anzeige 9600 Euro

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Foto: Parmigiani

Guillochage eines Zifferblatts. Computergesteuerte Fräsmaschinen arbeiten das Zifferblatt heraus

EINE PARTNERSCHAFT ZUR UNTERSTÜTZUNG DER UMWELT Leonardo DiCaprio und TAG Heuer engagieren sich gemeinsam für die Initiativen des Green Cross International. Für mehr Informationen gehen Sie bitte auf www.tagheuer.com

uhren SPEZIAL

ROLEX Oyster Perpetual Milgauss, geprüfter COSC-Chronometer, Automatikwerk mit Weicheisen-Innengehäuse, Edelstahl 4700 Euro

AUDEMARS PIGUET Royal Oak Offshore Chronograph, Automatikwerk, Titangehäuse 17 450 Euro

Zurück nach Fleurier. Produktplakate anderer Marken in den Ateliers der Graveure, Designer oder Regleure künden von der Kooperationsbereitschaft und Kompetenz des Hauses Parmigiani. Der Expansionsdrang der jungen Firma scheint dabei erst am Anfang. Vor den Toren des Ortes haben die Uhrmacher im vergangenen Sommer einen Neubau bezogen. Kaum anzunehmen, dass hier nur Kleinstauflagen der eigenen Marke entstehen. Vielmehr offeriert Parmigiani den kompletten Fertigungsprozess der mechanischen Uhr. Deutlich weiter auf dem Weg zum Vollsortimenter in Sachen Mechanik-Know-how ist die Nummer eins der Branche. Niemand macht so viel selbst wie Rolex, und doch stören sich manche Puristen daran, für den Genfer Giganten den Begriff Manufaktur zu verwenden. Die Marke mit der Krone arbeitet in einer industriellen Dimension, hat das idyllische Werkeln von schrulligen Uhrmachern aus den Hochtälern des Jura längst hinter sich gelassen. Und trotzdem oder gerade deshalb zollen Experten Rolex höchsten Respekt. „Ein Nischenanbieter, der für 100 Kunden 100 Uhren macht, wird die immer los“, sagt Hélène Poulit-Duquesne, Marketingchefin von Cartier. Ent-

BREITLING Superocean Héritage Chrono, Automatikkaliber mit COSC-Zertifikat, 46-MillimeterEdelstahlgehäuse 3850 Euro

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scheidend sei aber der erfolgreiche globale Verkauf im großen Maßstab. Dazu gehört zudem ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau. Spätestens an diesem Punkt zeigt sich die wahre Könnerschaft von Rolex. Jahrelang tüftelten Materialexperten in Genf über dem Problem, dass sich die typischen Golduhren im Lauf der Jahre häufig verfärbten. Schließlich entdeckten die Metallurgen, dass Chlor-Verbindungen die farbliche Veränderung auslösten. Mit der Speziallegierung Everose bietet Rolex nun Uhren an, die auch nach ausgiebigen Schwimmbadbesuchen dauerhaft golden bleiben. „Industrielle Vertikalisierung“ heißt das Zauberwort bei Rolex. Ein Kenner der Szene beschreibt das Phänomen etwas weniger abgehoben: „Rolex kauft sich seit Jahren mit viel Geld uhrmacherisches Knowhow ein und integriert es in seine Produktion.“ Niemand hat diesen Prozess so weit getrieben wie das einer gemeinnützigen Stiftung gehörende Unternehmen am Genfer See. Rolex hat rund um die Uhr eine Goldschmelze unter Feuer, fertigt sämtliche Werke und Gehäuse selbst. Berührungsängste zur Swatch Group kennen die Rolex-Manager nicht. Die Tochtermarke Tudor bezieht ihre Werke seit Jahren aus-

CHRONOSWISS Edition Zeitzeichen VII, Handaufzugskaliber, skelettiertes Zifferblatt, auf 33 Stück limitiert 34 000 Euro

Foto: Parmigiani

TUDOR Iconaut, Automatikkaliber, mit zweiter Zeitzone, Edelstahlgehäuse 2350 Euro

Ruhiges Händchen und gutes Auge

Bernard Dudling von Parmigiani Fleurier beim Einsetzen der Spiralfeder

FOCUS SPEZIAL/2009

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uhren SPEZIAL

Feinstbehandlung

Mikrofasertücher streichen in der Polisage über das Gehäuse eines ParmigianiKalpa-Modells BLANCPAIN Sport Fifty Fathoms, Automatikkaliber, bis 30 bar wasserdicht 9770 Euro

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Foto: Parmigiani

BAUME & MERCIER Classima XXL Tourbillon, Handaufzugkaliber, Roségold 52 200 Euro

FOCUS SPEZIAL/2009

FREDERIQUE CONSTANT Maxime Heart Beat „Moon & Date“, Automatikkaliber, Mondphasenanzeige 2350 EURO

schließlich von der Swatch-Group-Tochter ETA. Die Kooperation zahlt sich aus. Tudor, eine in Deutschland bislang vollkommen unterschätzte Marke, bietet auch dem Endkunden ausgereifte Qualität zu einem sehr guten Preis. Apropos Preis. Die Teuerungswelle der vergangenen Jahre scheint zumindest gestoppt. So kam es in den Boomjahren durchaus vor, dass innerhalb eines Jahres Hersteller zweimal den Preis hochsetzten. „Bei nachdrücklicher und zugleich halbwegs höflicher Verhandlungsstrategie sind bei allen Marken Nachlässe drin“, verrät ein Kenner der Szene. Das uhrmacherische Genie Abraham Louis Breguet perfektionierte vor 200 Jahren die Unruhspirale, indem er das Ende des Drahtes in einer eigens berechneten Kurve bog und somit eine höhere Präzision erreichte. Jeder, der nach Breguet die Büh-

ne der Uhrmacherei betritt, sieht sich in der Nachfolge des Übervaters. In den vergangenen zwei Jahrhunderten gab es nur noch Modifikationen, durch technischen Fortschritt präzisere, aber keine revolutionär anderen Uhren. Selbst der Automatikmechanismus zählt bereits mehr als zwei Jahrhunderte. In der Restaurationswerkstatt von Parmigiani stehen hin und wieder die mechanischen Antiquitäten: Stand-, Tisch- und Taschenuhren aus längst vergangenen Epochen. Viele mit einem Glockenspiel – der sogenannten Repetition. Verschiedene Klangfedern lassen die Uhren mit Tönen für Minuten, Viertel- und volle Stunden erklingen. Der Uhren-Fanatiker Michel Parmigiani braucht allerdings keine Klangfedern. „Wenn ich einer Uhr sehr nahe bin, höre ich Musik, die aus meinem Inneren erklingt!“ ■

BULGARI Sotirio Bulgari Tourbillon Perpetual Calendar, 24-Stunden-Gangreserve 177 000 Euro

VACHERON CONSTANTIN Historique American 1921, Handaufzugskaliber, Roségold-Gehäuse 19 900 Euro

MÜHLE GLASHÜTTE Germanika I, Automatikwerk, Spechthalsregulierung 2695 Euro

FOCUS SPEZIAL/2009

JAEGER-LECOULTRE Duomètre à Chronographe, zwei getrennte Räderwerke für Uhr und Chronograph 28 500 Euro

Licht. Gestalt. Loewe Reference Der neue Maßstab für perfektes Home Entertainment: brillante Bilder und satter Sound in atemberaubendem Design. Das ist Loewe Reference. Ab sofort bei ausgewählten Loewe Fachhändlern erhältlich. Erfahren Sie mehr unter www.loewe.de

Loewe Reference wurde von Phoenix Design/Loewe Design gestaltet.

uhren SPEZIAL

Der Sieg der Fantasterei Mit der weltweit ersten riemengetriebenen Uhr demonstrieren die Entwickler von TAG Heuer ihren uhrmacherischen Pioniergeist und widerlegen eindrucksvoll Skeptiker und Experten

Eine fast normale Uhr

Das transparente Zifferblatt mit Stunden- und Minutenzeiger, der Unruh samt Spirale (links) und dem gebläuten Zeiger der kleinen Sekunde (rechts unten)

TAG HEUER V4 Das Monaco-Modell ist auf 150 Exemplare limitiert und kostet 70 000 Euro

Inspiriert vom Automobilbau

Kraftübertragung mittels Keilriemen gehört zur herkömmlichen Technik im Kraftfahrzeug – in der von Zahnrädern dominierten Uhrmacherei stellt sie ein absolutes Novum dar

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as musste sich Chefplaner Stephane Linder nicht alles anhören, als er 2004 das Konzept der Monaco V4 präsentierte. „Fantasterei“ und „Marketing-Spinnerei“ waren noch die vornehmsten Vokabeln, mit denen vermeintliche Experten den Entwurf aus dem Hause TAG Heuer in La Chaux-deFonds bedachten. Selbst gestandene Uhrmacher fällten nur ein vernichtendes Urteil: „Unmöglich“. Am Anfang war das Design. Die Vorgehensweise von Linder war allerdings auch revolutionär und begann als Geheimoperation. Im Frühstadium hatte Linder den hauseigenen Uhrmachern noch seine Pläne verschwiegen. Beim Blick in den Motorraum eines italienischen Sportwagens soll dem PS-Fanatiker Linder um die Jahrtausendwende der geniale Gedanke gekommen sein. Eine Uhr – geschaffen nach dem Vorbild eines Motors. Zahnriemen statt Zahnräder sollen den Zeitmesser antreiben. Erste Entwürfe entstanden ohne jede Rücksicht auf ein mögliches Funktionieren des Uhrwerks. Die Skeptiker der ersten Tage haben inzwischen Abbitte geleistet. Die geballte Kraft sammelt sich in vier Speicherhäusern, die sich auf der Rückseite in einem aus dem Motorenbau bekannten V-förmigen Winkel gegenüberstehen. Absolutes Neuland mussten die Entwickler bei den Zahnriemen betreten. Mit 0,07 Millimeter „Dicke“ gibt es derzeit keine kleineren Antriebe in der industriellen Anwendung. Selbst auf den klassisch runden Automatik-Rotor verzichtet die V4. Der Selbstaufzug erfolgt nicht durch Drehung, sondern linear, auf einer Achse. Ein zwölf Gramm schwerer Wolfram-Quader rutscht in einem Gehäuse schwungvoll hin und zurück, erzeugt so die erforderliche Energie. Die Schweizer Prüfanstalt COSC möchte den Neuling gern testen und die von TAG Heuer versprochene Ganggenauigkeit zertifizieren. Allein, es fehlt noch an den geeigneten Messinstrumenten für den absolut einmaligen Zeitmesser. ■

Fotos: Tag Heuer (2)

W

Wempe präsentiert die zurzeit einzigen deutschen Armbandchronometer.

Die Steigerung von Chronometer: Zeitmeister.

Die zurzeit einzige deutsche Armbanduhr, die den begehrten Titel Chronometer trägt: die Wempe Zeitmeister. Nach 15-tägiger strenger Prüfung nach DIN-Norm in der Sternwarte Glashütte ziert zur Erinnerung daran eine aufwendige Reliefgravur die Rückseite dieses Kunstwerks. Wir würden uns freuen, Ihnen diese Uhr in einer unserer Niederlassung€ 1.975 en präsentieren zu dürfen. Hamburg London Paris New York wempe-zeitmeister.de

FOCUS SPEZIAL/2009

uhren SPEZIAL

Blick ins Herz Kunstvolle Gravuren und auf der Oberseite ein skelettiertes Zahnrad in Form eines Malteserkreuzes

Die zwölf Genfer Gebote Nirgendwo sonst achten die Manufakturen so eifersüchtig auf die Wahrung von Qualitätsstandards wie in der calvinistischen Metropole

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FOCUS SPEZIAL/2009

ie zwölf Gebote des Kantons gelten seit 1886. Mit einem gestrengen Regelwerk wollten sich die Genfer Uhrmacher von der vermeintlich billigeren Konkurrenz aus dem Umland abgrenzen. Die Finessen haben dabei überwiegend ästhetischen Charakter. Kantenschliff und Oberflächenpolituren spielen eine große Rolle, sind aber letztlich für die Präzision der Zeitmesser ohne Relevanz. Ein Leckerbissen für Mechanik-Aficionados ist bis heute Regel Nummer drei: So muss die Spiralfeder durch ein Spiralklötzchen an Kopf und rundem Hals befestigt werden, welches wiederum von einer Schiebeplatte festgehalten wird. Ein mobiler Klötzchenhalter ist zulässig. Für Juan-Carlos Torres, Chef der Manufaktur Vacheron Constantin, ist das Genfer Siegel fester Bestandteil der Tradition. Zudem ein wichtiges Kriterium, um mit den besten Manufakturen auf Augenhöhe zu ticken. So lässt Cartier eigens das Schwester-Unternehmen Roger Dubuis seine Top-Modelle zusammenbauen, nur um den begehrten Stempel aus dem Kanton Genf zu erhalten. Cartier residiert im zwei Autostunden entfernten La Chaux-de-Fonds und hat als Nicht-Genfer-Manufaktur sonst keinerlei Aussicht auf den Stempel. Ausgerechnet Patek Philippe hat sich zu Beginn dieses Jahres vom altehrwürdigen „Poinçon de Geneve“ verabschiedet, will sich eigenen, noch strengeren Regeln unterwerfen. Torres sieht den Ausbruch aus der Genfer Phalanx gelassen. Der Kanton hat, angefangen mit der Französischen Revolution bis zur Quarzkrise in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, schon Gravierenderes erlebt. Der große Rivale residiert gleich nebenan. Patek Philippe gilt als Schöpfer der kompliziertesten Uhren der Welt. An den „Grandes Complications“ arbeiten die Spezialisten häufig mehrere Jahre. Vacheron und Patek zeichnet die typische Genfer Noblesse aus. Ihr Ursprung liegt im nüchternen Calvinismus begründet. Plumpe Protzereien sind hier verpönt. Patek lässt seine Tourbillons, die kubikmillimeter-winzigen Drehgestelle, die der Schwerkraft ein Schnippchen schlagen sollen, sogar versteckt im Gehäuse wirbeln. Angeblich schadet Lichteinfall dem Öl und somit dem präzisen Wirken diesen aus mehr als 100 Einzelteilen bestehenden Meisterwerken. Traditionell schickt es sich ohnehin nicht, eine derartige Komplikation offen zu zeigen. Der wahre Reichtum blüht hier an den Gestaden des Genfer Sees im Verborgenen.

D

Feinstes Handwerk Uhrmacher von Vacheron

Constantin bei der Einstellung der Werke

Fotos: Vacheron Constantin (3)

PATEK PHILIPPE Jahreskalender, Mondphasenanzeige, Weißgoldgehäuse 27 470 Euro

VACHERON CONSTANTIN Quai de l‘Ile, fälschungssicheres Zifferblatt, Roségold-Gehäuse 24 900 Euro

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uhren SPEZIAL

„Die Zeit des Bling-Bling ist auf jeden Fall vorbei“

VACHERON CONSTANTIN Patrimony Traditionnelle, skelettiertes Zifferblatt, Platin 112 000 Euro

„Selbstverständlich reparieren wir Ihnen auch eine 200 Jahre alte Uhr“ Juan-Carlos Tor res, Vacheron Constantin

FOCUS: Die Luxusgüterbranche leidet unter Umsatzeinbrüchen von teilweise weit über 50 Prozent. Dabei hieß es früher immer: „Luxus geht immer.“ Torres: Vielleicht geht Luxus nicht immer. Aber Qualität geht immer! FOCUS: Das sagen doch alle. Torres: Wir sagen es nicht nur, wir beweisen es jeden Tag – und das ununterbrochen seit 254 Jahren. Von unserer Tradition profitieren wir gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Denn der Kunde stellt sich vor allem heute die Frage, ob es eine Marke in Zukunft überhaupt noch gibt. Dies ist eine ganz ent-

scheidende Frage, wenn ich eine Uhr für 10 000 oder sogar mehr Euro erwerben möchte. FOCUS: Ihnen ist vor der Zukunft nicht bange? Torres: Wir haben in unserer Historie die Französische Revolution, die industrielle Revolution, die russische Revolution, zwei Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise 1929 und die Ölkrise überstanden . . . FOCUS: . . . und zuletzt die Quarzkrise vor 30 Jahren überlebt. Torres: Das war etwas ganz Spezielles. Alle anderen Umbrüche haben die Gesellschaften verändert. Der Durchbruch der Quarztechnologie stellte aber die mechanische Uhr vor die bislang größte Herausforderung. Die Quarzuhr hat unser Selbstverständnis in Frage gestellt. Wir haben es aber als eine der ganz wenigen Manufakturen geschafft, ohne einen Tag Unterbrechung weiterzuproduzieren. Das ist kein Marketing, das ist Fakt! FOCUS: Sehen Sie einen Trend weg vom Protzen hin zum Understatement? Torres: Die Zeit des Bling-Bling ist auf jeden Fall vorbei. Genauso wie in unserer Branche die Zeit der crazy investments vorbei ist. Das Wachstum in den vergangenen Jahren war einfach zu groß. Was jetzt zählt, sind wahre Werte. Deshalb werden wir auch niemals bei unserem Know-how sparen. Ein Ausdruck dieser Philosophie ist der Wert, den wir auf die Genfer Punze legen. Dieses von einer neutralen Genfer Organisation verliehene Gütesiegel bestätigt, dass jede mechanische Uhr von Vacheron Constantin nach den höchsten Anforderungen der hohen Uhrmacherkunst gefertigt und endbearbeitet wurde. FOCUS: Unterstellt, ich habe eine 200 Jahre alte Uhr. Reparieren Sie mir die? Torres: Selbstverständlich! Bei einer 200 Jahre alten oder noch älteren Uhr – wir garantieren den Service für jedes Modell, das unser Haus verlassen hat. ■

I NTER VIEW : F RITZ S CHWAB

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FOCUS SPEZIAL/2009

Fotos: Vacheron Constantin

Tradition ist Trumpf, verkündet der Chef von Vacheron Constantin. Die älteste Manufaktur der Welt will als großer Gewinner die Luxuskrise überstehen

FOCUS AKTUELL

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FOCUS xx/2004

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FOCUS xx/2004

uhren SPEZIAL

Omnipräsenter Zeitmesser Omega startet und stoppt seit 1932 bei Olympischen Wettkämpfen die Zeit der Sieger und der Verlierer. Der Schweizer Sponsor hat erst vor wenigen Wochen sein Engagement bis zu den Spielen 2020 verlängert und investiert für seinen Auftritt Hunderte Millionen Euro

Herrin über alle Zeiten Ohne die Schweizer Spezialisten läuft bei den Olympischen Spielen kein Wettbewerb – die Stopp-Profis sind über die Rolle des Sponsors längst hinausgewachsen

FOCUS SPEZIAL/2009

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uhren SPEZIAL

OMEGA SPEEDMASTER Moonwatch „Apollo 11“, auf 7696 Exemplare limitierte Edelstahlversion mit Silbermedaillon 3840 Euro

Jamaika-Gold Usain Bolt nach seinem Weltrekordlauf in Peking 2008

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it ein paar nach Kalifornien geschickten mechanischen Chronographen im Taschenuhrenformat fing alles an. Bei den Olympischen Sommerspielen 1932 in Los Angeles traten die Zeitmessinstrumente von Omega zum ersten Mal auf. Bei diesen wahrlich noch amateurhaften Wettbewerben gruben sich die Sprinter ihre Startlöcher noch mit bloßen Händen in die Aschenbahnen. Bei den ersten Vorkriegs-Winterspielen in Chamonix und St. Moritz sollen die Skiabfahrer noch die Zeit ihres Vorläufers auf einem Zettel in der Hosentasche gehabt haben. Am Ende des Tages kam es dann zum großen Zettelvergleich. Mit den höchstprofessionellen Sportlern der Gegenwart haben die Zeitmesser aus der Schweiz längst mitgezogen. Hundertschaften von hauptamtlichen Zeitnehmern reisen im Tross von Swiss Timing, einer Tochter der Swatch-Group, zu den Wettkämpfen. Containerweise Material gelangt schon viele Monate vor dem Entzünden des olympischen Feuers zu den Spielstätten. Das Unternehmen Swiss Timing führt dabei ein Schattendasein. Das Licht fällt auf den Sponsor Omega – das Zugpferd innerhalb der Swatch-Group. Ob auf den Startblöcken im Oval des Stadions, auf den Anschlagmatten in den Schwimmhallen oder in den Zeit-Einblendungen fürs Fernsehen – das Logo ist unübersehbar. Ein für alle Seiten offensichtlich lukratives Geschäft. Die Marke mit dem letzten Buchstaben im griechischen Alphabet hat sich erst vor wenigen Wochen die olympischen Rechte bis 2020 gesichert. SwatchGroup-CEO Nick Hayek beziffert den Aufwand für die kommenden zehn Jahre auf „eine Milliarde Schweizer Franken“ (650 Millionen Euro). Die Tantieme für das Internationale Olympische Komitee fällt Hayek zufolge mit einem zweistelligen Millionenbetrag bei der ganzen Rechnung noch bescheiden aus. Den Löwenanteil der Kosten verschlingt die gesamte von Swiss Timing angelieferte Technik – inklusive der Übertragung an die Fernsehstationen der einzelnen akkreditierten Sender. Die Schweizer stellen dabei sogar sämtliche Anzeigetafeln bei allen Disziplinen. Hayek gerät angesichts der Dimensionen des olympischen Engagements regelmäßig ins Schwärmen. „Allein die Infrastruktur schlägt mit einem dreistelligen Millionenbetrag zu Buche. In Turin (Winterspiele 2006; Anmerkung der Red.) waren wir mit 200 Leuten und 50 Tonnen Material präsent“, sagt Hayek, „es gibt keine Firma, die so ein komplettes Paket liefern kann.“ Die OlympiaNummer gehört zum werbeträchtigsten Mittel

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Pekinger Fabelzeit

Dem ersten Rekordlauf des Usain Bolt über 100 Meter folgte ein erneuter Weltrekord in diesem Jahr bei der Weltmeisterschaft in Berlin

Vorfreude Swatch-Group-Chef Nick Hayek

läutet ein Jahr vor den Winterspielen in Vancouver 2010 den Countdown ein

FOCUS SPEZIAL/2009

Fotos: imago, Omega (3)

OMEGA SEAMASTER Aqua Terra Co-Axial GMT Chronograph, mit Stoppfunktion und zweiter Zeitzone 5760 Euro

Funk am Fuß Transponder am Gelenk der Eisschnellläufer senden die Zeit

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uhren SPEZIAL

Muster-Athlet

Mit achtmal Gold übertraf Phelps in Peking den 72er-Rekord von Mark Spitz

Um Haaresbreite

Milorad Cavic aus Serbien (rechts innen) lag im olympischen 100-MeterSchmetterlings-Finale in Peking 2008 um eine Hundertstelsekunde hinter dem US-Amerikaner Phelps

STRAHLEMANN Phelps ist der erfolgreichste Schwimmer aller Zeiten

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aller Markenstrategen. Kein Ereignis hat weltweit mehr Zuschauer im Fernsehen. Die Fußball-WM bleibt in diesem Wettbewerb klarer zweiter Sieger. Und vor allem erreicht Omega hohe Aufmerksamkeit in Ländern, in denen Fußball über den Status einer Randsportart nicht hinauskommt. Allen voran die USA, aber auch im Zukunftsmarkt Indien. Der oberste Zeitnehmer der Operation Olympia heißt Christophe Berthaud. Der asketische Mitfünfziger aus dem schweizerischen Biel kommandiert eine Truppe, die ihre Aufgabe generalstabsmäßig erledigt. So stoppen die Schweizer Spezialisten bereits exakt ein Jahr vor den im Februar 2010 startenden Winterspielen im kanadischen Vancouver und an den Hängen des Mount Whistler bei nationalen und internationalen Wettbewerben. Die Zeiten der Bobfahrer und Rodler erfassen die Swiss-Timing-Teams auf die tausendstel Sekunde. Von den Pionierzeiten der mechanischen Handmessung sind die Schweizer meilenweit entfernt. Die Transponder an Bobs, Schlitten oder an den Fußgelenken der Eisschnellläufer übermitteln permanent Tausende Daten in die Rechenzentralen. Doppelte, voneinander unabhängige Systeme berechnen jeden zurückgelegten Meter Rennstrecke. Berthauds Mannschaft zeichnet sich durch ein gesundes Selbstvertrauen aus, begründet durch das Wissen um die absolute Unverzichtbarkeit ihres Tuns. Die Eidgenossen hören es daher auch nicht gern, wenn man sie als profanen „Sponsor“ tituliert. „Offizieller Zeitnehmer“ gefällt den Männern und Frauen in den roten Anoraks

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Fotos: Omega

und Windjacken weitaus besser. Im olympischen Alltag halten sich die Hüter aller Zeiten vornehm zurück. Wenn sich Swatch-Group-Boss Hayek mit OmegaChef Stephen Urquhart und IOC-Präsident Jacques Rogge beim Einjahres-Countdown in Vancouver zum Gaudium der Fotografen in einen Bob zwängt, steht Berthaud bescheiden im Hintergrund. Zur Rolle der Zeitnahme und zum Verhältnis zu anderen Sponsoren hat er allerdings eine ganz klare Meinung: „Es ist für die Athleten und Zuschauer egal, ob es bei den Olympischen Spielen eine bestimmte Limonade gibt oder eben auch nicht. Bei uns sieht die Sache anders aus. Ohne uns gibt es keinen Wettkampf.“ Und ohne die Kompetenz der sprichwörtlichen Schweizer Präzision gäbe es Rennen, die für alle Zeiten mit dem Vorwurf der Manipulation behaftet wären. In den Zeiten des ständig mitlaufenden oder mitschwimmenden Dopingverdachts stehen die Omega-Stopper außerhalb jeden Zweifels. Kitzlig-knappstes Ergebnis von Christophe Berthaud war das 100-Meter-Schmetterlings-Schwimmen bei den Olympischen Spielen in Peking. Laut elektronischer Anzeigetafel schlug Superstar Michael Phelps genau eine Hundertstelsekunde vor dem Serben Milorad Cavic im Finale an. Dabei hatten Beobachter des denkwürdigen Wettschwimmens die Hände des Serben nach eigenem Empfinden deutlich vor Phelps an der Beckenwand anschlagen gesehen. Mit dem Gefühl, dass sein Schützling gerade um die verdiente Goldmedaille betrogen worden war, stürmte Cavic’ Trainer mit grimmigem Gesicht auf Berthaud zu. Die Geschichte hatte das Zeug für eine sagenhafte Verschwörungstheorie. Amerikaner gegen Serbe. Superstar versus Underdog. In einem Vorrennen hatte Cavic den US-Boy noch klar besiegt und diesen anschließend mit einer fragwürdigen Geste, einem angedeuteten Pistolenschuss, bedacht. Zudem ist Phelps auch prominenter und hochdotierter Träger von Omega-Uhren. Doch der Franzose konnte den Haaresbreiten-Sieg des Amerikaners anhand einer Hochgeschwindigkeitskamera zweifelfrei belegen. Die Exklusivvorführung für den erzürnten Coach geriet zur Demonstration der dem menschlichen Auge überlegenen Technik. Der Mensch vermag nur maximal Bewegungsabläufe in Zehntelsekunden-Abständen zu unterscheiden. Dagegen liefert das Gerät der Swatch-Group-Tochter Swiss Timing 2000 Bilder pro Sekunde – sogenannte Scans. Cavic hatte es demnach nicht geschafft, mit dem vermeintlich letzten Armschwung die Anschlagmatte

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zu erreichen. Denn erst ein Druck von drei Kilogramm auf die „touch pads“ löst den Stoppmechanismus des zwischen Matte und Kachelwand installierten Chronographen aus. Cavic hatte die Anschlagmatte aber höchstens mit seinen Fingerspitzen gestreift – und damit zu wenig Druck auf die Matte ausgeübt. Eine anschließende halbe und daher schnellere Armbewegung von Phelps brachte diesem den Siegerlorbeer. „Nachdem Cavic’ Trainer die Bilder gesehen hatte, verabschiedete er sich freundlich von mir und konnte sich dann auch über die Silbermedaille freuen“, erinnert sich Berthaud. Warum eigentlich nicht – wie beispielsweise beim Bobfahren – in Tausendstelsekunden messen, wird der Zeitmeister immer wieder gefragt. „Niemand kann beim Bau eines Schwimmbeckens eine derart exakt gleichmäßige Länge der Bahnen garantieren“, so die durchaus verblüffende Antwort. Der wahre GAU wäre für den CEO von Swiss Timing allerdings ein Totalausfall der Zeitnahme während eines Wettbewerbs. Der komplette Black-out blieb den Schweizern bislang erspart. Für Berthaud wäre dieser zeitlose Zustand weniger eine professionelle als vielmehr eine menschliche Katastrophe: „Wir können einem Sportler, der sich 15 Jahre auf dieses eine Rennen vorbereitet hat, doch nicht sagen: ,Sorry, wir haben keine Zeit gestoppt. Mach’s einfach noch einmal.‘“ ■

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„ Einem Sportler, der sich 15 Jahre vorbereitet hat, kann ich nicht sagen: Sorry, wir haben keine Zeit von dir gemessen. Mach’s noch einmal“ Chr istophe Ber thaud, Swiss Timing

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Die legendären Markantes Markenzeichen

Eine frühe Tank mit den typischen römischen Ziffern und dem CabochonStein an der Aufzugskrone aus blauem Saphir

Juweliere von der Rue de la Paix 13 Für die Franzosen ist Cartier eine nationale Ikone, auf der ganzen Welt begeistert die erfolgreichste Luxusmarke die Kunden mit mythenreichen Klassikern

b drücken, ziehen oder rütteln. Es hilft alles nichts. Die schmiedeeiserne Türe bleibt versperrt. Erst das Betätigen eines dezent an der Wand angebrachten Klingelknopfs verschafft dem Besucher Zugang – nach einer als durchaus unangenehm lang empfundenen Wartezeit. Die Adresse:13, Rue de la Paix, Paris. Der Hausherr: Cartier. Seit 110 Jahren residiert der Juwelier hier im vornehmsten Quartier der Metropole, nur einen Steinwurf vom „Hotel Ritz“ entfernt. Das Interieur dezent, geradezu gediegen. An zierlichen Tischchen erfolgt die Präsentation von Steinen, Perlen, Ringen, Uhren. Die Szenerie erinnert an ein altehrwürdiges Bankhaus. Alle waren sie hier. Grace Kelly und Fürst Rainier von Monaco vor ihrer Verlobung. Prinzessin Diana und Dodi kurz vor ihrem tragischen Unfall. Die Scheichs, die russischen Oligarchen, die fashion-süchtigen Japanerinnen. Cartier verkauft mehr als Schmuck, Cartier schmückt die Menschen mit einem Mythos. Die Kunden mit den roten Tüten, auf denen der golden-geschwungene Schriftzug prangt, scheinen glücklicher nach ihrem Besuch. Als fühlten sie sich weniger um – meist – viel Geld erleichtert, sondern selbst reich beschenkt. Juwelier der Könige. König der Juweliere. Vom englischen König Edward VII. soll dieser Spruch stammen. Mit der Nichte von Kaiser Napoleon Bonaparte fing alles an. 1855 orderte Prinzessin Mathilde bei dem noch jungen Juwelier Louis-François Cartier ausgefallenes Geschmeide. Die Französin fand schnell Nachahmerinnen bei den europäischen Herrscherhäusern. Cartier erkannte früh, dass der Heimatmarkt viel zu klein für seine ambitionierten Pläne war. Mit der Internationalisierung seines Geschäfts vor mehr als 100 Jahren legte die zweite Cartier-Generation den Grundstein zum heute weltweit umsatzstärksten Juwelier. Den Status des Hoflieferanten erreicht Cartier in England und Spanien oder auch bei inzwischen

Fotos: aus Buch: „Cartier - Die Tank Uhr“

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Frühes Product-Placement

Stummfilmstar Rudolph Valentino bestand 1926 darauf, während der Dreharbeiten zu „Der Sohn des Scheichs“ seine Tank zu tragen

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Santos-Dumont Brasiliens Flugpionier ließ sich

von Cartier eine flugtaugliche Armbanduhr bauen

Santos

Maskuliner Auftritt in Gold- oder Stahlvarianten ab 4600 Euro

Trinity

Drei ineinander verwobene Ringe bilden das ideale Schmuckstück für ewige Liebesschwüre

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längst untergegangenen Geschlechtern. Der Glanz strahlte von Europa schnell in die weite Welt. Kronen, Diademe, Szepter fertigten die Franzosen für die exotischsten Herrscher, darunter der König von Siam und den Zaren Nikolaus. Geradezu maßlos mutet heute der Schmuck der Maharadschas an. Die Brust kiloschwer mit mehrlagigen Konstruktionen aus Edelsteinen behangen. Bald legt die Familie Cartier den Grundstein für ihren weltweiten Erfolg. Neben der Kreativität der Goldschmiede und Juweliere, die Innovationskraft des Hauses. So wagt sich Cartier als Erster an das bis dahin kaum beachtete Material Platin, das, deutlich stabiler als Gold, sich hervorragend für Fassungen von Edelsteinen eignet. Mit eigenen Geschäften an den Top-Adressen New Bond Street in London und Fifth Avenue in New York sichern sich die Franzosen früh die Gunst des reichen aufstrebenden Bürgertums. Auf den aufkommenden Geldadel zu setzen war sicher eine der weisesten Entscheidungen des Unternehmens. Viele Königshäuser des alten Europa waren nach dem Ersten Weltkrieg von Revolutionen hinweggefegt worden, allen voran das Haus Romanow mit der gesamten Zarenfamilie. Ironie der Geschichte: 90 Jahre später gestattet Russlands Regierung eine ausschließlich Cartier gewidmete Ausstellung – mitten im Kreml. Die schlagzeilenträchtigste Story für Cartier lieferte allerdings Richard Burton vor 40 Jahren, der als fünfter Ehemann von Liz Taylor dieser einen 69-Karat-Diamanten schenkte. Der Eigentümer, die Cartier-Stiftung,

Fotos: Cartier (3), aus Buch: „Cartier - Die Tank Uhr“ (5)

Cocteau Frankreichs Kultur-Diva trug am kleinen Finger den Trinity-Ring

hatte den Stein nur wenige Tage zuvor auf einer Auktion für die eigene Sammlung ersteigert, um ihn dann an Burton weiterzureichen. Einzige Bedingung: Der Stein musste, bevor er Liz Taylor schmückt, für einige Tage in New York in der Cartier-Vitrine liegen. Tausende drängelten sich am Schaufenster, um den Burton-Taylor zu sehen. Der Krieg als Vater aller Dinge zeugt nach dem Ende des Völkerschlachtens im Jahr 1919 einen Klassiker namens Tank. Von der Architektur des Ketten-

Tank Francaise Das Design

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Jackie Kennedy Amerikas Stil-Ikone zeigte sich Cartier-like mit der Tank am Handgelenk

Yves Montand mit Tank und Marilyn Monroe Die

panzers inspiriert entwirft Cartier eine Uhr, die sich zur Ikone des Art déco emporschwingt. Trotz ihrer martialischen Vorgeschichte erscheint die Tank ziemlich zivil an den Armen ihrer Verehrer: Yves Montand, Alain Delon, Andy Warhol, Yves Saint Laurent, Jackie Kennedy. Die Liste der Tank-Träger liest sich wie das Who’s who der Prominenz des 20. Jahrhunderts. Bereits zehn Jahre vor dem Ersten Weltkrieg entwickelt Louis Cartier für seinen Freund Alberto Santos-Dumont eine individuelle Uhr. Der brasilianische

Kunstflieger hatte es satt, an Bord seiner Maschinen umständlich seine Taschenuhr aus der Weste zu fummeln. Louis schnallte Alberto die von einem Lederband gehaltene Uhr ans Handgelenk und läutete somit die Geburtsstunde der Santos ein, dem bis heute maskulinsten Modell der gesamten Cartier-Kollektion. Der Start der Santos bedeutete zugleich den Anfang vom Ende des Taschenuhren-Zeitalters. Die Schöpfer der Preziosen werkeln unweit der Rue de la Paix. Um einen Innenhof – fünf

Schauspielerin besang Cartier sogar in einem Lied

Tank Solo

Einstiegsmodell des Klassikers in der Stahlgehäuse-Variante mit Quarzwerk

unübersehbar inspiriert durch einen Kettenpanzer

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Panthere-Ring

Schmuckes Kätzchen

Cartier ließ seinen Werbeträger 1999 aus dem Käfig und an der aktuellen Kollektion schnuppern

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Gehminuten von der Oper – erstreckt sich ein modernistisches Glasensemble des Stararchitekten Jean Nouvel. Über tausend kreative Köpfe beschäftigt Cartier in seiner Zentrale. Auffallend viele Frauen bevölkern die Chefetagen, die Institution der französischen Kinderkrippe eröffnet gleichberechtigt Karrierechancen. Oberster Lenker des Cartier-Imperiums ist allerdings Bernard Fornas, ein Manager-Mannsbild der Extraklasse, das keinen Zweifel daran lässt, wer die letzte Entscheidung trifft. „Wenn Sie auf zu viel Menschen hören, schaffen Sie am Schluss Tiere mit fünf Beinen.“ Fornas’ Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr. Immerhin trotzt der Luxusriese der Rezession. Man liege deutlich besser als die gebeutelte Branche und auch über dem Durchschnitt des eigenen Hauses, heißt es. Der Cartier-Mutterkonzern Richemont musste von April bis August dieses Jahres ein Minus von 16 Prozent verkraften. Bei weniger standfesten Konzerntöchtern wie dem sächsischen Uhren-Manufakturbetrieb A. Lange & Söhne purzelte bereits der Chef vom CEO-Sessel. Eine besonders forsche Dame hat Fornas damit beauftragt, Cartiers Uhrenkollektion den Nimbus einer echten Manufaktur zu verschaffen. Carole Forestier-Kasapi pendelt unermüdlich zwischen dem Sitz der Uhrenproduktion im schweizerischen La Chauxde-Fonds und der Zentrale in Paris. Mit eigenen Kalibern, darunter einem vollkommen neuen Chronographenwerk, tilgt Forestier-Kasapi ein landläufiges

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Fotos: aus Buch: „Cartier - Die Tank Uhr“ (2), Amazing Cartier (2)

In 18 Karat Gelbgold und mit den typischen Smaragd-Augen

Schlangen-Schmuck

Die Tierwelt ist reichlich vertreten – in diesem Fall haben die großen Steine 200 Karat

Liz Taylor Die Diva trägt den Burton-Taylor-

Diamanten am Hals und einen „Love“-Armreif

Vorurteil. Cartier stelle doch ganz überwiegend nur Schmuckuhren mit Batterie-Antrieb her, so der Vorwurf der meist männlichen Mechanik-Freaks. Zwar ist das Gros der Uhren mit einem Quarzwerk versehen, doch der Trend geht eindeutig zur (auch teureren) Mechanik. Die Modelle mit den in-house entwickelten Kalibern sollen bald 20 Prozent des Uhrenumsatzes erzielen. Den Kunden mit schmalerem Budget hat Cartier dabei immer noch im Visier. Wer sich nicht traut, an

der Tür im Stammhaus an der Rue de la Paix zu rütteln, sollte sich auf die Champs-Élysées begeben. Der dortige Flagship-Store steht, so das Kalkül der Marketingstrategen, jedermann schwellenangstfrei offen. So manch Bermudahosen- oder gar Jogginghosen-Träger hat im einladenden Ambiente schmucke Souvenirs für fünf- bis sechsstellige Beträge eingekauft. ■

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Oft kopiert, nie erreicht. Sein Dreikreiszifferblatt konzentriert sich auf das Wesentliche: Stunden, Minuten und Sekunden sind mit perfekt proportionierten Poire-Zeigern präzise abzulesen. Auch für Frauen, die wahre Werte schätzen.

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Trockenübung Rothschild prüft im Hafen von San Francisco ein Modell der „Plastiki“

Bedrohtes Welterbe Die Wasserwelt der Ozeane (Bild: vor den Galapagosinseln) leidet unter Vermüllung

Der junge Mann und das Boot Der Öko-Abenteurer David de Rothschild wagt eine Ozeanüberquerung mit einem Schiff aus Plastikflaschen und einer die Meere rettenden Botschaft

ie Piers von San Francisco haben schon so allerhand erlebt. Den von Jack London beschriebenen Goldrausch, die Angst vor einem japanischen Angriff im Zweiten Weltkrieg, die Hippies in den 60erJahren, die Schwulenbewegung. Doch ein Typ, der mit einem aus alten Plastikflaschen zusammengebauten Boot von diesem Hafen aus über den Pazifik segeln will? Seit Monaten bastelt David de Rothschild mit seinem Team an dem Schiff. Solar- und windangetrieben soll es eine Hand voll Öko-Aktivisten über den Stillen Ozean bringen. „Plastiki“ haben die Aktivisten von Adventure Ecology ihr Boot getauft und sehen sich damit in der Nachfolge des legendären Forschers Thor Heyerdahl. Der Norweger hatte vor über 60 Jahren mit dem aus Balsa-Holz gebauten Boot „Kon-Tiki“ den Beweis erbracht, dass es den Völkern bereits vor vielen Jahrhunderten möglich war, den Pazifik von Amerika nach Polynesien zu überqueren. Die Reiseberichte Heyerdahls schwärmen von dem fischreichen Ozean, einer paradiesischen Welt. Millionen Tonnen von Müll bedrohen diese Welt, so die Anklage Rothschilds. Vor allem im Pazifik treiben Strömungen den Wohlstandsdreck zu gigantischen Teppichen zusammen. Weite Flächen der Meere sind bedeckt mit den Plastikabfällen, die sich in Kleinstteile zersetzend über Fische und Vögel in der Nahrungskette bis zum Menschen gelangen. Die Folgen dieser Vergiftung sind noch überhaupt nicht abzusehen. Rothschild will das Desaster unterwegs dokumentieren. Die Route führt über Hawaii, das Bikini-Atoll, Tuvalu und Neukaledonien bis ins australische Sydney. Das Ende des Wegwerf-Zeitalters will der junge Adelsspross mit seiner Expedition also einläuten. Kein Marketing-Gag, sondern eine globale Mission treibt den Briten nun zum wiederholten Male um.

Fotos: IWC

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Unsere Lebensgrundlagen Klima, Trinkwasser, Nahrung hat Rothschild als seine Themen schon vor Jahren identifiziert. Bevor sich Politiker werbewirksam im Anorak im Polarmeer ablichten ließen, hatte der junge David den Nordpol erreicht und auf die Gefahren der Eisschmelze hingewiesen. Im Amazonas-Regenwald prangerte er die Bodenverseuchung durch Erdölförderfirmen an und die daraus resultierende Zerstörung des Lebensraums von Ureinwohnern. Das von IWC geförderte „Plastiki“-Projekt übertrifft allerdings bei Weitem die bisherigen Expeditionen. 12 000 PET-Flaschen – mit Trockeneis aufgefüllt – bilden die zwei Rümpfe des Katamarans und tragen die 17 Meter lange „Plastiki“. Das Boot ist gespickt mit High-Tech-Kommunikation. Webcams dokumentieren das Öko-Abenteuer rund um die Uhr. Bereits seit Monaten berichtet ein Blog über die Fortschritte der Bootsbauer und die Hindernisse auf dem Weg zum längst überfälligen Stapellauf. Rothschild, der sich selbst als „Geschichtenerzähler“ beschreibt, ist vor allem ein geschickter Vermarkter seiner Ideen und Projekte. Wenn der 31-Jährige wie vor zwei Jahren zur Vernissage einer Fotoausstellung seiner Südamerika-Expedition nach London einlädt, gibt sich die High Society die Ehre. Der sparsame Einsatz von Ressourcen bildet das Leitmotiv der Mission. Als Selbstversorger wollen sich die maritimen Ökos versuchen. Biologen der Universität San Francisco versorgen die Crew mit Gemüsesetzlingen für genügend Vitamine an Bord. Ein Solardach übernimmt die Stromversorgung. „Unser Projekt ist eine Mischung aus Innovationen und Abenteuer“, sagt Rothschild. „Wenn am Schluss nur meine Fahrt über den Pazifik stehen würde, hätte ich versagt“, sagt Rothschild, obwohl er einräumt: „Jeder will natürlich zuerst sehen, ob es der Typ mit seinem komischen Boot über den Pazifik schafft.“ ■

IWC INGENIEUR Automatic Edition „Adventure Ecology“, 46 Millimeter Edelstahlgehäuse, Kautschukband 6600 Euro

IWC AQUATIMER „Deep Two“, mit mechanischem Tiefenmesser mit Schleppzeiger 12 600 Euro

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GROSSE FLIEGERUHR der Edition „Antoine de Saint Exupéry“, Edelstahlgehäuse, 46 Millimeter Durchmesser 12 900 EURO

Wüstenflieger Dem Schriftsteller und Piloten Saint-Exupéry widmet IWC eine Kollektion

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INTERVIEW

„Gutes tun und gleichzeitig ein gutes Leben führen“

Fotos: IWC

Georges Kern fördert mit Herzblut ökologische Projekte und möchte trotzdem IWC den Ruf einer „Testosteron-Marke“ bewahren

FOCUS: Herr Kern, früher war IWC für seine flotten Sprüche à la „Fast so kompliziert wie eine Frau. Aber pünktlich“ bekannt. Heute wollen Sie die Weltmeere retten, spenden für den Erhalt der Galapagosinseln und wollen in Schaffhausen CO2-neutral Uhren produzieren. Mutiert der Macho zum Öko? Kern: Damit eines gleich klar ist. Wir sind und bleiben eine Männermarke. Das ist kein Widerspruch zu unseren Umweltschutz-Aktivitäten. FOCUS: Wirklich nicht? Immerhin verkaufen Sie ein reinrassiges Luxusprodukt an eine Zielgruppe, die mutmaßlich in der ganzen Welt herumjettet und kaum im verbrauchsarmen Kleinwagen fährt. Kern: Niemand will in einer Grotte leben . . . FOCUS: Grotte? Zwischen dem Leben eines Höhlenmenschen und dem Lifestyle der Luxusklientel ist aber noch reichlich Platz auf der Verhaltensskala. Kern: Das war auch nur bildhaft gemeint. Wir wollen zeigen, dass ökologisches Denken und Handeln cool sein können. Man kann Gutes tun und gleichzeitig ein gutes Leben führen. Im Umweltschutz sind wir schon seit vielen Jahren aktiv. So unterstützen wir seit 2004 die Cousteau Society. Die von Jacques-Yves Cousteau gegründete Non-Profit-Organisation nahm uns damals als Partner auf eine Forschungsreise ins Rote Meer mit an Bord der „Alcyone“ – der Nachfolgerin der legendären „Calypso“. An diesem Beispiel sehen Sie auch, dass unser Engagement stimmig ist. Immerhin sind wir Hersteller von Taucheruhren, die bei dieser Expedition im Einsatz waren. Das Gleiche gilt für unser Fliegeruhrenmodell „Edition Antoine de Saint Exupéry“, das an den legendären französischen Piloten und Schriftsteller erinnert. Ein großer Teil der Verkaufserlöse kommt benachteiligten Kindern in Argentinien zugute. FOCUS: Ihr aktueller Hausheiliger ist David de Rothschild, ein Spross der Bankiersdynastie, der mit einem aus Plastikflaschen gebauten Katamaran über den Pazifik segeln will.

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Kern: David de Rothschild ist ein großartiger junger Mann, der aus einer der bekanntesten Familien stammt. Er könnte auch in London jeden Abend durch die Diskotheken ziehen, wenn er es wollte. Tatsächlich setzt er sich seit Jahren weltweit für die bedrohte Umwelt ein. FOCUS: Also ein stimmiges Engagement im Sinne von: Was nützt mir meine IWC-Aquatimer, wenn ich damit nur zwischen Plastikmüll herumtauchen kann? ■ Kern: Richtig.

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I NTER VIEW : F RITZ S CHWAB

„ Niemand möchte in einer Grotte leben“ Georges Ker n, IWC Schaffhausen

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Sieger-Strahlen

Glückliche Gewinner beim Festakt zur Goldenen Unruh 2009 mit Laudator und FOCUS-Chef Uli Baur (l.) im Porsche-Museum in Stuttgart-Zuffenhausen

Leserwahl

Goldene Unruh 2010

ie Uhr tickt. Am 1.12.2009 startet die Leser-Abstimmung bei FOCUS-Online zur weltweit größten Wahl der beliebtesten mechanischen Zeitmesser. In fünf Kategorien stellt sich ein Rekordteilnehmerfeld mit insgesamt 113 Marken vor. Eine Vorauswahl treffen bereits in diesem November die Leser des „Uhren-Magazins“. Zehn Modelle in jeder Kategorie präsentieren sich dann für die Abstimmung bei FOCUS-Online. Als Favoriten gelten vor allem in der höchsten Kategorie, über 25 000 Euro, auch in diesem Jahr wieder die Edelmanufakturen aus dem sächsischen Glashütte. Der Siegerlorbeer wird am 25. Februar 2010 überreicht. Sämtliche Details zur Wahl bietet wie immer die Startseite unter www.focus.de/uhrenwahl. ■

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Goldene Unruh 2010 Die weltweit größte Online-Leserwahl von FOCUS und „Uhren-Magazin“ lockt mit Rekordgewinnen

1. Preis

2. Preis

Fortis B-42 Official Cosmonauts Chronograph 7500 Euro

Delance Orchidee 7330 Euro

3. Preis s

4. Preis

Maurice Lacroix Masterpiece 6600 Euro

Cuervo y Sobrinos Prominente Dualtime 3700 Euro

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5. Preis

6. Preis

7. Preis

Baume & Mercier Classima Executives 3570 Euro

Thomas Ninchritz Grand Second 2550 Euro

Seiko Veletura Automatik Chronograph 2500 Euro

8. Preis UTS Diver 1000 PVD, Taucheruhr mit kratzfestem Gehäuse 2350 Euro

9. Preis Jörg Schauer Einzeiger Schwarz Artus, Metallband 2200 Euro

10. Preis

Foto: K. Alt/FOCUS-Magazin

Montblanc TimeWalker Large Automatik 2180 Euro

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Prominente Nummer

Nelson Mandela war 18 Jahre auf Robben Island inhaftiert. Der Wempe-Silber-Armreif mit Häftlingsnummer kostet 185 EURO

Tipps & Trends Herren-Geschmeide hat hierzulande einen schweren Stand – doch diskrete Schmuckstücke bestehen neben der Uhr

er eine Uhr für 5000 Euro kauft, um damit die Zeit abzulesen, ist ein Idiot“, sagt Jean-Claude Biver. Der wortgewaltige Boss von Hublot sieht die Zeitfunktion als „reines Alibi“ für den Mann, um sich mit einer Uhr zu schmücken. Konsequenterweise gelingt es Biver, seine Modelle beinah unleserlich zu gestalten. Dezenter schmücken sich vorwiegend die sogenannten Kreativen wie Werber und Architekten. Da scheint die Gletscherkuppe des MontblancSchreibers aus der Hemdentasche heraus. Wer für die Mandela-Foundation Gutes tun will, streift sich dagegen den Wempe-Silberreif über. ■

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Für Schwarzseher

Die Big Bang All Black II von Hublot mit Keramikgehäuse 13 500 EURO

Hemdenverschluss

Schweizer Uhrwerke als Manschettenknöpfe von Kunst am Werk ab 129 EURO

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Das aus der Hemdentasche blitzende Montblanc-Signet gilt als dezenter Ausweis von Luxus

Fotos: Playboy, MontBlanc

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Chrono-Matic Eine Hommage an den ersten Automatik-Chronographen der Geschichte (1969) von Breitling. Offiziell COSC-zertifizierter Chronometer.

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