Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa

May 4, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Schlesische Nachrichten G 9638

Zeitung für Schlesien

Herausgeber: Landsmannschaft Schlesien – Nieder- und Oberschlesien Redaktionsanschrift: Dollendorfer Str. 412, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 44) 92 59-0 Nummer 15/16/2006

Einzelpreis 2,00 Euro

1. August 2006

Die Mär vom multikulturellen Schlesien B

is in den Festvortrag von Professor Dr. Andrzej Tomaszewski, Universität Warschau, ehemaliger polnischer Generalkonservator während der Eröffnung des Schlesischen Museums zu Görlitz hinein erklingt das Wort von einem „multikulturellen“ Schlesien. Dieses Schönschreibwort dient dazu, die 700-jährige deutsche Geschichte Schlesiens zu leugnen und in Frage zu stellen. Das hörte sich am 13. Mai 2006 in Görlitz gleich in den ersten Sätzen so an: „Seit 15 Jahren wird Schlesien wieder zu einem Land, in dem das Miteinander, die Vermittlung und der Austausch zwischen den Völkern und Nationen Mitteleuropas, nicht nur Polens und Deutschlands, auch Tschechiens, Österreichs und anderer selbstverständlich ist. Schlesien bekommt damit seine historische Bedeutung als Brückenland und Schmelztiegel der verschiedenen ethnisch-kulturellen Elemente und Einflüsse wieder zurück – Eigenschaften und Phänomene, die in der Vergangenheit so mannigfaltig und reich gemacht haben“. Dieses Wort, auch von deutschen Professoren unterzeichnet, leitet jetzt den neu aufgelegten kunsthistorischen Band in Polen, Thema Schlesien, ein. Zur Begründung einer multikulturellen Geschichte Schlesiens werden die Wechsel der Souveränität angeführt: vor tausend Jahren die polnischen Piasten, dann das „böhmische Königtum“, dem folgend die „österreichischen Habsburger“, nach wieder 200 Jahren ist Schlesien dank Friedrich dem Großen Teil Preußens, gleich abwertend verurteilt aufgrund von „drei zerstörerischen Kriegen“, und schließlich 1945: „Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich der Kreis der Geschichte auf dramatische Weise geschlossen“. Die Bezeichnung deutsch fehlt in dieser bekannten, von Polen als Stereotypen immer wieder genannten Geschichtsfolge.

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s klingt ebenso pathetisch wie böswillig: „Jeder Herrschaftswechsel brachte neue kulturelle und zivilisatorische Werte mit sich“. Um diese Behauptung noch zu verstärken, erklärte Professor Tomaszewski in Görlitz, und niemand konnte seinem Monolog als Festredner widersprechen: „Die

Grundlagen für die Aufnahme der Herrschaftswechsel wurden in der Piastenzeit geschaffen“. Wohltuend ist, dass nicht geleugnet wird „die von den Neusiedlern mitgebrachte fortschrittliche Methode der Landwirtschaft“, dazu die „deutsche Hochkultur, die Wurzel schlug auch in den Klöstern und im Hause der Piasten-Herrscher, deren Frauen und Mütter in der Regel deutsche Herzoginnen waren“.

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ge „Deutschtum Schlesiens“ sei diesen Menschen (wohl ein heimlicher Vorwurf!) eigen. Darum betrachten sich diese Deutschen als „Erben“ und „Kulturträger“. Korrigiert schleunigst dieses eindimensionelle Bild von Schlesien als Teil der deutschen Geschichte, als Land jahrhunderte alter deutscher Kultur, so lautet der herausfordernde Zwischenruf. Multikulturell, europäisch ist die rechte Bezeichnung, das muss auch von den Deutschen zur Kenntnis genommen werden. Wir Polen, so ist die Görlitzer Rede zu lesen, verzichten großzügig auf die Bezeichnung

ber dann scheint sich das Deutsche unter den böhmischen Königen, unter den Habsburgern und Preußen verflüchtigt zu haben. Jedenfalls ist von einem deutschen Schlesien nirgendwo die Rede. Rathaus mit Mariensäule in Glatz Indem in dieser höchst bedenklichen Beweisführung und Argumentation zwar ein ausgesprochen „polnisches Schlesien“ in Frage gestellt wird, und dies aus vollem Recht, wird gleichzeitig ein „deutsches Schlesien“ als nicht existierend behauptet. „Es gibt nicht zwei ‚Wahrheiten’, die polnische und die deutsche, es gibt nur die eine Wahrheit über die europäische, übernationale Kunst Schlesiens, die ein wichtiges Kapitel des gemeinsamen europäischen Erbes ist“.

Bild aus der Heimat

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omaszewski fragte, mit welchem Bild von der Heimat Schlesiens die früheren Bewohner „die verlorene Heimat“ verlassen haben. Erstaunlich dabei, dass die deutschen Vertriebenen nicht so genannt werden, sondern nur für die Vertriebenen aus Ost-Polen dieses Wort gebraucht wird. Das ewi-

Foto: LM Schlesien, Neuss Auf Seite 12 lesen Sie einen Reisebericht der Neusser Schlesier.

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2 „polnisches Schlesien“, also müssen die Deutschen bereitwillig auf ein „deutsches Schlesien“ verzichten.

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berhaupt ist Schlesien kein homogenes Land Deutschlands gewesen, behauptet Tobias Weger, bis vor kurzem als Kulturreferent am Schlesischen Museum zu Görlitz zuständig, jetzt wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, in Oldenburg ansässig. In der in Breslau erscheinenden Zeitschrift „Silesia Nova“ schrieb er: „Es müssen langwierige ‚völkische’ Stereotypen von einem homogenen ‚deutschen Schlesien’ überwunden werden“. Das bedeutet nichts anderes, als dass Schlesien als Teil Deutschlands in Frage zu stellen sei, denn diese Behauptung stimmt nicht. Die Einlassung von Weger ist nichts anderes als gefällige Anpassung an Thesen des polnischen Nationalismus. enn das modische Stichwort von einem multikulturellen Schlesien gebraucht wird, dann bitte auch die Beweise

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liefern. „Böhmische Könige“ sollen doch dank dieses Hinweises bedeuten, dass tschechische Tendenzen zu entdecken seien. Habsburg und Preußen, wie undeutsch, nicht deutsch eigentlich diese Regierungen in Wien und Berlin gewirkt und gehandelt haben! Besonders sagt man dies zu Breslau, der Hauptstadt Schlesiens, dass es hier multikulturell zugegangen sei. Hoffentlich will man nicht jede ausländische Sprache, die in Breslau gesprochen wurde, als Beweis für die multikulturelle Struktur der Stadt beanspruchen. Bei all dem ist offenkundig, dass man die deutschen Bewohner zuerst aus der Heimat vertrieben hat, jetzt auch noch aus der deutschen Geschichte vertreibt, begleitet von deutschen Mitläufern, die das billigen und sogar für korrekt ausgeben wollen. Multikulturell ist ein bedenkliches, ein gefährliches Modewort. Es soll das Wort und die historisch belegte Bedeutung deutsch außer Kurs setzen. Höchste Aufmerksamkeit und deutliche Widerrede sind geboten. Herbert Hupka

Schlesische Notizen Eichendorff in Breslau durch eine Gedenktafel geehrt. „Joseph von Eichendorff und sein Bruder Wilhelm besuchten vom Oktober 1801 bis August 1803 die beiden letzten Klassen des Gymnasiums (später Matthias-Gymnasium) und wohnten noch ein weiteres Jahr im Joseph-Konvikt. Vom 19. Oktober 1803 bis zum 25. März 1805 studierten die Brüder an der Philosophischen Fakultät der Leopoldina...“ Norbert Willisch, der darüber berichtet, ist auch der Initiator einer Gedenktafel, die diese Daten aus dem Leben Eichendorffs, festhält. 2004 und 2005 liefen die Bemühungen, die nunmehr mit der Gedenktafel abgeschlossen werden konnten. Seit dem 30. November 2005 steht zu lesen (polnisch und deutsch): „Der Dichter Joseph von Eichendorff (1788 – 1857) wohnte hier von 1801 bis 1804 als Gymnasiast und Student der Leopoldina“. Das Gebäude des einstigen katholischen Joseph-Konvikts steht in der Schmiedebrücke (Kuznicza), die Gedenktafel wurde an der Fassade angebracht. Besondere Anerkennung hat sich Ministerialrat Norbert Willisch, Bayerisches Kulturministerium, mit dieser Erinnerungstafel verdient. In Berlin Ausstellung des „Zentrums gegen Vertreibungen“. In einer Verlautbarung des Bundes der Vertriebenen zur Ausstellung „Erzwungene Wege“, 11. August bis 29. Oktober, Berlin, Kurfürstenpalais, heißt es: „Gewaltsame Hegemonialansprüche, Rassismus und Antisemitismus waren unabhängig vom Nationalsozialismus eigene Motive für Vertreibung und Vernichtung“. Zehn Daten werden herausgestellt und in der Ausstellung dokumentiert: „1915/16 – der Völkermord an den Armeniern, 1922/23 – Vertreibung, Massaker und nachträgliche völkerrechtliche Legitimierung von „Bevölkerungs-

austausch“, die Folgen für Griechen und Türken, ab 1933 Vertreibung der Juden Europas, 1939/40 bis 1944/47 – die Umsiedlung der Karelier, 1939 bis 1949 – Zwangsumsiedlungen, Vertreibungen und Deportationen der Polen, Ukrainer, Deutschen und im Baltikum, 1944 bis 1946/48 – die Vertreibung und Verschleppung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges, 1945 ff – die Vertreibung der Italiener aus Jugoslawien, 1974 ff – Vertreibungen als Folge des Zypernkonflikts, 1990 ff – Kriege und Vertreibungen im ehemaligen Jugoslawien. Das Beispiel Bosnien und Herzegowina“. Gleichzeitig wird die in Bonn am 3. Dezember 2005 eröffnete Ausstellung des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Berlin, Zeughaus, Nationalmuseum, gezeigt. Diese Ausstellung „Flucht, Vertreibung, Integration“ ist auf Deutschland thematisiert. Protest gegen Angriff auf die Nationalhymne. „Jeder blamiert sich so gut er kann. Dafür hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit ihrer Behauptung, die deutsche Hymne transportiere eine Stimmung des Nationalismus, den besten Beweis geliefert. Diese Einlassung ist töricht und geradezu geschichtsblind. ,Einigkeit und Recht und Freiheit’ – dieser Dreiklang steht für die erfolgreiche Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von Nationalismus kann keine Rede sein“. Diese Erklärung gab Hartmut Koschyk als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundesfraktion des Deutschen Bundestages zurecht ab. Selbstverständlich war auch gleich wieder als professioneller Besserwisser der emeritierte Tübinger Professor Walter Jens zur Stelle, denn die Hymne enthalte versunkenes Deutsch, indem darin vom

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 „Unterpfand“ die Rede sei. Wie inzwischen verbreitet wurde, sei die Attacke von GEW gegen die Nationalhymner von der Gewerkschaft nicht autorisiert gewesen. Ein versunkenes Dorf im Isergebirge in die Erinnerung zurückgeholt. Es ist das Gebirgsdorf Groß Iser, unweit des Kur- und Badeorts Bad Flinsberg (Swieraddow Zdroi). Groß Iser gibt es in der Folge des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. In der „Sächsischen Zeitung“ war jetzt zu lesen: „Nach der Vertreibung der Bewohner wurde Groß Iser von der Roten Armee in Brand gesteckt und all das was noch übrig blieb, wurde Anfang der 50 er Jahre bei einem Manöver der polnischen Armee restlos in Trümmer gelegt“. Nach einem Heimattreffen der Bad Flinsberger wurde die Deutschlehrerin und Dolmetscherin Arieta Wolanin auf Groß Iser, von dem niemand mehr etwas wusste, aufmerksam. Jetzt stehen Schilder mit Hausnummern in dem untergegangen Dorf Groß Iser. Zusammen mit den Schülern des Bad Flinsberger Gymnasiums, unterstützt vom ortskundigen, aus der Heimat vertriebenen Günter Möhwald wurde die „Auferstehung“ des Gebirgsdorfes im Isergebirge möglich. Eichendorff-Konversatorium feiert „Abraham“. In Oberschlesien wurde und wird der 50. Geburtstag als „Abraham“ gefeiert. Diese Bezeichnung „Abraham“ stammt von einem Psalm her und macht sich jetzt auch die Vierteljahresschrift „Eichendorff-Konversatorium“ zu eigen. Die Zeitschrift, die in deutsch und polnisch erscheint, wird von Dr. Adolf Kühnemann hervorragend redigiert. Man wünscht sich, dass möglichst viele Leser die Zeitschrift in die Hand bekommen und sie auch lesen. Die deutsche Kultur Schlesiens, immer auch gegenwartsbezogen, wird dargestellt, man muss wohl sagen endlich nachgeholt, nach den Jahrzehnten der kommunistischen und nationalistischen Diktatur. Die Zeitschrift zeichnet aus, dass die Vergangenheit ins Gedächtnis gerufen und die Gegenwart in deren Fortsetzung dargestellt wird. Im jüngsten Heft ist auch ein ausführliches Wort von Ministerpräsident Christian Wulff, dem „Patenonkel“ der Schlesier, abgedruckt. Bischof Rudolf Müller, Bistum Görlitz, geht in den Ruhestand. Am 24. Juni konnte Bischof Müller seinen 75. Geburtstag feiern. Papst Benedikt XVI. hat den Amtsverzicht, der vom Alter geboten ist, angenommen. 2004 war das Bistum errichtet worden, ein Erbstück des einst so umfangreichen Bistums, später Erzbistums Breslau. Bischof Rudolf Müller stammt aus Schmottseiffen, Kreis Löwenberg. Das Görlitzer Bistum ist unter den deutschen Bistümern das kleinste, es zählt noch nicht ganz 40 000 Gläubige. Unter dem Päpstlichen Administrator Bischof Huhn war Müller seit 1987 bereits Weihbischof. Der gebürtige Schlesier hat sich als heimatbewusster und heimattreuer Schlesier behauptet und bewährt. SN

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

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Gedankenaustausch mit Staatsministerin Christa Stewens Seitdem die Deutschlandtreffen nach Nürnberg verlegt wurden, finden auch regelmäßige Kontakte zwischen der Bayerischen Staatsregierung und der Landsmannschaft Schlesien statt. Für die Schlesier ist es wichtig, mit dem Gastland Informationen auszutauschen, vor allem um die wichtigsten Anliegen und Planungen der Landsmannschaft vorzustellen und Wünsche der Landesregierung entgegenzunehmen. Bei einem Gespräch am 4. 7. 2006 in München mit der Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Frau Christa Stewens MdL, wurden seitens der Landsmannschaft die Deutschlandtreffen 2005 und 2007, die Kulturarbeit in der Bundesrepublik und in Schlesien, die deutsche Volksgruppe in

Eigentor Schon einmal, in der jüngsten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, wollte es ein Politiker der Regierungspartei nicht verstehen, dass zwei Mitglieder der Opposition im Deutschen Bundestag so eifrig für die Existenz einer deutschen Minderheit in Schlesien stritten und ständig die Möglichkeit zur Aussiedlung einforderten. Mit einem gerüttelten Maße Häme hieß es in der Einlassung von Heinrich Albertz: „Die Herren Hupka und Czaja mit ihren typisch deutschen Namen, …“ Die Behauptung ist übrigens richtig, die Namen beider Politiker sind slawischen Ursprungs, polnisch und tschechisch. Jetzt angesichts der deutschen Nationalmannschaft während der Weltmeisterschaftskämpfe im Fußball tragen ausgerechnet zwei Fußballer slawische, polnische Namen. Der eine führt einen polnischen Vornamen, Miroslav Klose, der andere hat einen polnischen Nachnahmen, Lukas Podolski. Was liegt also näher, als diese beiden erfolgreichen Torschützen nicht zu Polen zu erklären! Beide sind indes Deutsche, sie stammen aus der deutschen Minderheit im heutigen Polen. Beide sind sogar noch vor der Wende mit ihren Eltern in der Bundesrepublik Deutschland angekommen. Miroslav Klose ist 1978 in Oppeln geboren, Lukas Podolski 1985 in Gleiwitz. Die Geburtsorte hießen im Polnischen nicht mehr Oppeln und Gleiwitz, sondern Opole und Gliwice, aber der Herkunft nach waren und sind es geborene Deutsche. In den Medien gab es bis in angesehene Redaktionen überregionaler Zeitungen viel Verwirrung. Miroslav Klose wurde vor dem Spiel Deutschland gegen Polen sogar gefragt, ob er auch die polnische Nationalhymne, die er doch kennen müsse, mitsingen werde. Polnischerseits bekundete man da

Schlesien, die Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter und weitere offene Fragen aus der Vertreibung (z.B. die Beutekunst, das Recht auf die Heimat, die Eigentumsfrage) als Themen eingebracht. Die Ministerin versicherte ihr Interesse an Deutschlandtreffen der Schlesier in Nürnberg und sprach sich für eine weitere Unterstützung der Veranstaltung aus. Hervorzuheben ist wiederum die sehr vertrauensvolle Atmosphäre, in der der Dialog stattfand. Neben der Ministerin nahmen von Seiten des Ministeriums die Ltd. Ministerialräte Dr. Walter Rösner-Kraus und Eugen Turi und von der Landsmannschaft Schlesien der Bundesvorsitzende Rudi Pawelka sowie der stellvertretende Bundesvorsitzende Christian Kuznik teil. SN

und dort Unbehagen und Unwillen, weil man glaubte behaupten zu können, dass diese Deutschen nur um des Geldverdienens Polen verlassen hätten. 1987 war man in die Bundesrepublik Deutschland gekommen, Miroslav Klose mit 9 Jahren und Lukas Podolski mit 2 Jahren. In der Republik Polen geboren soll heißen: Pole und nicht Deutscher. Aber auch hierzulande wurden seltsame Kapriolen ge-

schlagen. Wenn man mit Vornamen Miroslav und mit Nachnamen Podolski heißt, spricht doch alles für eine polnische Nationalität. Leider blieb in der deutschen Öffentlichkeit unbekannt, und dies schon seit Jahrzehnten, dass es eine gar nicht unbeträchtliche deutsche Minderheit in der Republik Polen gibt, vornehmlich in Oberschlesien, woher ja auch Klose und Podolski kommen. Es kommt daher einem Eigentor gleich, wenn diese beiden deutschen Fußballer zu Polen erklärt werden. Eigentore sind im Fußball höchst abträglich, meistens durch persönliches Ungeschick verschuldet. Aber im Politischen sollte man den Fehler, ein Eigentor zu schießen, meiden können. Dazu ist nur ein wenig bessere Kenntnis der politischen Verhältnisse notwendig. Man solle sich eben davor hüten, oberflächlich begründet jemandem die nationale Zugehörigkeit zuzuerkennen oder abzusprechen. Miroslav Klose und Lukas Podolski können schon deswegen keine Deutsche sein, weil sie wohl wiederholt zu Angehörigen der Familie in der oberschlesischen Heimat fahren. Dümmer kann man es nicht anstellen, wenn man solches, wie geschehen, behauptet. Falsche Schlüsse aus polnisch geprägten Namen zu schließen, ist genau so töricht wie das Eigentor im Fußball, und vor Eigentoren, dies eine gute Regel, sollte man sich hüten. Herbert Hupka

Mein Testament und Schlesien Liebe heimattreue Schlesier, immer wieder kommt es vor, dass schlesische Landsleute ihre Erbschaft nicht geregelt haben und später der Fiskus als Erbe auftritt. Bitte denken Sie daran. dass unsere Landsmannschaft dringend auf die notwendige Unterstützung unserer schlesischen Landsleute angewiesen ist und dass Sie sie für den Fall einer letztwilligen Verfügung bedenken können. Deshalb teilen wir Ihnen mit, wie ein Testament zugunsten der Landsmannschaft Schlesien lauten könnte. Dabei sollten Sie beachten, dass dieses Testament in allen seinen Teilen handschriftlich gefertigt werden muss. Daneben kommt auch noch eine notarielle Beurkundung in Betracht. Der Text für das Testament könnte lauten:

,,Testament Hiermit setze ich die Landsmannschaft Schlesien – Nieder- und Oberschlesien – e.V. , Dollendorfer Str. 412, 53639 Königswinter, zu meiner Erbin ein. Ort, Datum, Unterschrift“ Selbstverständlich können Sie auch in einem Testament verfügen, dass die Landsmannschaft bezüglich einzelner Vermögensgegenstände bedacht werden soll. Soweit andere Erben vorhanden sind, würde dies der Landsmannschaft dann einen entsprechenden Herausgabeanspruch begründen. Sie können das Testament bei sich verwahren – und es jederzeit ändern. Sie können auch ein bereits bestehendes Testament jederzeit ändern, soweit Sie keinen Erbvertrag abgeschlossen haben. Das geschriebene Testament können Sie bei sich verwahren oder es beim Amtsgericht hinterlegen. In diesem Fall hätten Sie die Gewähr, dass Ihr Testament von Amts wegen berücksichtigt wird und nicht verloren gehen kann. Selbst dann, wenn Sie das Testament beim Amtsgericht hinterlegt haben, können Sie jederzeit neu testieren. Wir danken Ihnen im Voraus! Ihre Landsmannschaft Schlesien, Ihre Landsmannschaft für Schlesien!

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Polnisches „Zwillingsspitze in Polen“, „Warschauer Königsdrama“, Überschriften deutscher Zeitungen über die jüngsten Ereignisse in Polen. Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz ist nach nur neun Monaten Amtszeit zurückgetreten. Sein Nachfolger heißt Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der Partei „Recht und Gerechtigkeit“. Vor der Wahl seines Zwillingsbruders Lech Kaczynski zum Präsidenten, verzichtete er auf den Posten des Ministerpräsidenten, denn es sollten nicht die beiden Brüder Kaczynski die beiden höchsten Ämter in Polen einnehmen. Das war eine Entscheidung aus Gefälligkeit gegenüber dem Wähler. Jetzt bedarf es offenbar nicht mehr eines solchen Manövrierens. Ohnehin war Jaroslaw Kaczynski bereits die ganze Zeit der mächtige Mann im Hintergrund. Kazimierz Marcinkiewcz hatte als polnischer Ministerpräsident bei Umfragen bis zu 69 Prozent eine positive Zustimmung erhalten. Seine jüngsten Personalentscheidungen wollten Jaroslaw Kaczynski nicht gefallen. Schließlich habe Marcinkiewicz gerade ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Konkurrenzpartei „Bürgerplattform“, Donald Tusk, geführt, was offenbar nach dem Willen der Zwillingsbrüder nicht sein dürfte. Ein „autoritäres Regime der Zwillinge“ steht ins Haus, wie in der polnischen Presse zu lesen ist. Beleidigter Staatspräsident reagiert außenpolitisch bedenklich. Die jüngste fest ausgemachte Zusammenkunft im so genannten Weimarer Dreieck wurde kurzfristig abgesagt. Jacques Chirac, Angela Merkel und Lech Kaczynski hätten sich treffen sollen, aber der Pole nannte eine gesundheitliche Unpässlichkeit als Grund für seine plötzliche Absage. Inzwischen wurde jedoch bekannt, dass er wegen eines zynischen Artikels über ihn in der „tageszeitung“ in Berlin so reagiert habe, da er, als „Polens neue Kartoffel“ unter der Rubrik „Schurken, die die Welt beherrschen“ porträtiert worden sei. Die acht früheren polnischen Außenminister meldeten sich in der Öffentlichkeit zu Wort. Man dürfe die Außenpolitik nicht aus persönlicher Gekränktheit stören. Das Außenministerium in Warschau schoss hingegen lautstark, indem das antisemitische Blatt „Der Stürmer“ aus der NS-Zeit zum Vergleich gegen die „tageszeitung“ herangezogen wurde. Die Verbrechen in Lamsdorf bleiben ungesühnt. Czeslaw Gemborski, Leiter des Lagers Lamsdorf 1945/46, ist am 14. Juni 2006 gestorben. Das hat zur Folge, dass der ehemalige Lagerleiter und Angeklagte nicht mehr wegen seiner Verbrechen verurteilt werden kann. Zweimal stand Gemborski vor Gericht. 1959, unter kommunistischer Justiz, wurde er sogar freigesprochen. Nach der Wende wurde er erneut vor Gericht zitiert. Dies war juristisch

nur möglich, weil beim ersten Prozess seine Verantwortung und Schuld für die Ermordung von 48 Deutschen und Insassen des Lamsdorfer Konzentrationslagers nicht Gegenstand der Anklage gewesen war. Seit 2001 lief der Prozess gegen ihn. Es gab einerseits prozessuale Schwierigkeiten, zum anderen begründete der Angeklagte seine oft wiederholte Abwesenheit mit seiner altersbedingten Herzerkrankung. Während der Prozessführung kam dann noch hinzu, dass an der Glaubwürdigkeit der Zeugen des Oktobers 1945 richterlich Anstoß genommen wurde. Begründung: die Zeugen seien damals Kinder und Jugendliche gewesen und hätten über das Faktum der Erschießung vor 48 Menschen nur durch die Erzählung anderer Kunde erhalten. Kritisch muss ausdrücklich angemerkt werden, dass der Prozess bewusst auf lange Dauer und vordergründige Entlastung des Angeklagten angelegt war. Der polnische Historiker, Edmund Nowak hat sich gegen die Verschleppung des Gerichtsverfahrens gewandt und sogar vor einem möglichen Freispruch begründete Bedenken geäußert. Nur ein gerechtes Urteil könne heilsam für das deutsch-polnische Verhältnis wirken. Lamsdorf bleibt jetzt weiterhin eine offene Wunde. Polens Finanzministerin musste zurücktreten. Zyta Gilowska galt im Kabinett von Kazimierz Marcinkiewicz als hochgeschätzte Fachministerin der Finanzen, sie nahm auch die Position einer stellvertretenden Ministerpräsidentin ein. Zuvor hatte sie in der Führung der „Bürgerplattform“ eine gehobene Stellung, aber sie schwenkte nach der Wahl im Herbst 2005 zu „Recht und Gerechtigkeit“ der Zwillingsbrüder Kaczynski, wohl auch aus persönlichem Ehrgeiz. Jetzt wurde offen gelegt, dass Zyta Gilowska die Unwahrheit gesagt habe, als sie im Zusammenhang mit dem „Lustrationsgesetz“ gewissenhafte Auskunft erteilen musste. Sie hatte ausgesagt, keinerlei Beziehungen zum kommunistischen Geheimdienst gehabt zu haben. Jetzt droht ihr ein Verfahren der Falschaussage. Allerdings bestreitet die jetzt entlassene Ministerin, Verbindungen zum kommunistischen Geheimdienst gehabt zu haben. Nationalistisches Gehabe gebremst? Zu den radikalen Flügelkämpfern in der gegenwärtigen polnischen Regierung gehören die radikale Bauernpartei „Selbstverteidigung“ und die Nationalisten der „Liga Polnischer Familien“. Ihr Wortführer ist Roman Giertych, jetzt stellvertretender Ministerpräsident und Erziehungsminister. Der Warschauer Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Konrad Schuller berichtete in einem vierspaltigen Artikel: „Die ‚Liga Polnischer Familien’ gibt sich ungewohnt zahm“. Öffent-

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 liche Anklagen, dass Polen nicht die Menschenrechte gewähre, die den Bürgern zustehen, habe den polnischen Ministerpräsidenten veranlasst, „dass Polens außenpolitische Ziele in Gefahr gerieten, wenn das Land in den Ruf eines Menschenrechtsverletzers geriete. Polen erhofft sich von seinen europäischen Partnern nicht nur finanzielle Solidarität, sondern auch Schutz vor Russland, das in Warschau als gefährlich und expansiv wahrgenommen wird“. Es ist nicht nur der Druck, Regierungsloyalität zu üben, sondern auch die schlechten Umfrageergebnisse spielen mit, denn zur Zeit käme die „Liga Polnischer Familien“, da unter fünf Prozent avisiert, nicht mehr in den Sejm. „Wer in Polen in der nächsten Zeit investiert, der verliert“, ein Satz aus dem von der Zeitschrift „Das Parlament“ mit Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz geführten Interviews. „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein sehr wichtiger Wirtschaftspartner für Polen, und seit 1990 der größte Handelspartner. Deutschland steht an der Spitze der größten Auslandsinvestoren. Auch polnische Firmen investieren in Deutschland, meistens sind es Einpersonenunternehmen. Wesentlich für unsere Wirtschaftsbeziehungen ist die Zusammenarbeit in den Regionen und auf beiden Seiten der Grenze“. „Museum der verlorenen Gebiete“, so titelt die große Warschauer Zeitung „Rzeczpospolita“ ihren Bericht über das Schlesische Museum zu Görlitz. Darin gleich die Falschmeldung: „Initiator des Museums ist der Bund der Vertriebenen“, in Wahrheit ist es aber die Landsmannschaft Schlesien. Es folgen Einwände, die Irena Lipowicz, bis zu ihrem Rücktritt polnische Bevollmächtigte für die deutschpolnischen Beziehungen: „An Stelle eines deutschen Schlesien-Museums hätte man eine gemeinsame deutsch-polnische Einrichtung zur Erinnerung an die Region schaffen sollen. Auch der Standort Görlitz sei nicht der beste“. Der Berichterstatter in der Zeitung rühmt Görlitz, als „eine der schönsten deutschen Städte“ und greift besonders und anerkennend heraus „die Präsenz der polnischen Sprache im Museum. Alle Schautafeln, Beschreibungen der Exponate und der umfangreiche Ausstellungskatalog sind zweisprachig.“ Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen und der Europäischen Jugend halten am 29. und 30. September 2006 ihren Jahreskongress in Oppeln ab. In Bautzen wurde bereits eine neue „Charta der autochthonen, nationalen Minderheiten in Europa“ vorbereitend beschlossen. In 45 europäischen Ländern leben gut 300 Minderheiten. „Wir sind etwa 100 Millionen Menschen als Minderheiten in Europa“, so Richard Donitza, Delegierter aus dem Oppelner Schlesien in der Europäischen Union der Volksgruppen. SN

POLITIK / FUßBALL-WM 2006

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

Der Miro- und der Poldi-Zirkus Bei den letzten FIFA-Weltmeisterschaften trompetete von der Oder die „Nowa Trybuna Opolska“, dass Miroslav Klose „unserer (polnischer) Junge“ sei. Das war 2002 und im gleichen Jahr war in der „Enzyklopedia Polska“ nachzulesen, dass der Oppelner Klose sich als Deutscher fühle. Die Redaktion der „Trybuna“ wiederum erhielt aus ihrem Verbreitungsgebiet Protestbriefe, wo man ihr eine Zweitpolonisierung der „deutschen Familie Klose“ vorhielt, ungeachtet dessen, dass Mutter Klose „Französin“ ist, wie man in Schlesien nach dem Krieg Polinnen aus Frankreich bezeichnete, die dort angesiedelt wurden. Jetzt bei diesem FIFA-Event ging das Theater von Neuem los, wobei sich noch der Gleiwitzer Jungstürmer Lukas Podolski hinzugesellte. Diesmal jedoch betrieben deutsche Medien Ahnenforschung. Wobei die Düsseldorfer „Rheinische Post“, in deren Verbreitungsgebiet die meisten Oberschlesier leben und sich in Ratingen das Oberschlesische Kulturzentrum befindet, den Vogel abschoss. Zuerst konnte der Le-

ser erfahren, dass sowohl Klose, als auch Podolski Jungpolen seien, die da gegen die eigenen Landsleute leider kämpfen müssten. Dass die Beiden nicht zu denen vielen polnischen Kickern gehören, die in deutschen Mannschaften sozusagen als gutdotierte Gastspieler jobben, ist dem verantwortlichen Sportredakteur entgangen. Auch die Tatsache, dass Beide als deutsche Spätaussiedler nach Deutschland kamen, zumindest ihre Eltern den Vertriebenenausweis ihr eigen nennen. Freilich hat einer eine polnische Mama, stammt also aus einer Mischehe. Aber wieviele solcher Menschen gibt es hierzulande, sogar in den höheren Etagen der Bundeswehr? Manche gar tragen polnische Vornamen, fühlen sich dennoch als Deutsche. Schließlich wurde in der gleichen Zeitung Lukas Podolski am 21. Juni als „Kölsche Jung“ tituliert, obwohl der Gleiwitzer schon längst in der Tasche sein Ticket nach München hatte. „Was soll der Quatsch“?, fragt man sich da. Observator Silesius

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Schlesischer Fußballsturm mit Flaggen-Ehrung

„Polnische Nationalspieler“ Erste Zeitung stellt richtig Nachdem die deutschen Nationalspieler Klose und Podolski von deutschen Medien durchgängig als Polen bezeichnet werden und Polen beide für sich reklamiert, ist es wohltuend, wenn in einer Zeitung eine Richtigstellung erfolgt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt hierzu in der Ausgabe vom 8. 7. 2006:

Der Pole Warum sich Josef Klose über seine alte Heimat ärgerte Was isser denn nun – der Miroslaw Marian Kloze. Gerade beim Spiel der Deutschen gegen die Polen stellte sich die Frage. Die Fakten: Geboren wurde der

Schlesische Gedenktage 2006 3. August 1931 – 75. Todestag von Paul Barsch – Erzähler – Roman „Von einem, Schieferstein der auszog“ 1905. 6. August 1906 – 100. Geburtstag von Peter Poelzig – einer der großen Meister Breslau des 20. Jahrhunderts im Bauwesen. 15. August 1966 – 40. Todestag von Gerhart Pohl – Erzähler und Essayist Berlin „Südöstliche Melodie“ – „Bin ich noch in meinem Haus“ – Die letzten Tage von Gerhart Hauptmann.

Stürmer im oberschlesischen Oppeln (Opole), er spricht Deutsch und Polnisch und hat beide Staatsbürgerschaften. Die Kloses sind – genauso wie die Podolskis – in den achtziger Jahren als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen. Sie hatten Anspruch auf die Aufnahme in der Bundesrepublik, weil die Großeltern vor dem Krieg Reichsbürger waren. Trotzdem ärgerte es nicht nur Vater Josef Klose, als die polnische Presse schrieb, „ohne die Polen“ wäre die deutsche Mannschaft bei weitem nicht so gut. Wie antwortete da der Papa, der nie Pole gewesen sein will: „Alles, was Mirek im Fußball erreicht hat, verdankt er deutschen Clubs und mir.“ SN

Mit Lukas Podolski (geb. am 4. Juni 1985 in Gleiwitz) und Miroslav Klose (geb. am 9. Juni 1978 in Oppeln) – beide also aus Oberschlesien gebürtig – sowie Michael Ballak ( geb. am 26. September 1976 in Görlitz -Niederschlesische Lausitz, früher Regierungsbezirk Liegnitz) hat die deutsche Fußballnationalelf einen starken und erfolgreichen „schlesischen Sturm“ bei der Fußballweltmeisterschaft. In seinem Haus am Salzgitter-See in Salzgitter-Lebenstedt ehrte der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete und BdV-Vizepräsident Helmut Sauer seine schlesischen Landsleute mit einer besonderen Beflaggung der deutschen, der oberschlesischen und der schlesischen Fahne. SN

Zur Nationalhymnen-Debatte – ein Vergleich Passend zum Start der Fußball-WM wagte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen „neuen, alten“ Vorstoß. „Alt“, weil er an vor Jahren geführte Diskussionen anschließt; „neu“, weil er mit der Neuauflage einer 15 Jahre alten Broschüre mit dem Titel „Argumente gegen das Deutschlandlied“ von Benjamin Ortmeyer zu tun hat. Auf 48 Seiten spricht diese sich gegen die Deutsche Nationalhymne aus, da sie von der deutschen Geschichte belastet sei. Sofort entstanden Diskussionen, die Broschüre zog großen Widerspruch auf sich. Am 20. Juni 2006 erklärte daraufhin der GEW-Vorsit-

zende Ulrich Thöne, man habe sich nicht für ein Verbot der Hymne aussprechen oder gar den Fußball-Fans die WM vermiesen wollen. Er bedauerte den Fehler und entschuldigte sich für den entstandenen Schaden. Hier soll nicht über die Aktion der GEW geurteilt werden, ihr Vorstoß und das Zurückrudern sprechen für sich. Vor dem Hintergrund der Äußerungen der GEW sollen vielmehr besondere Qualitäten der Deutschen Nationalhymne im Vergleich zu anderen Nationalhymnen herausgestellt werden. Der aufmerksame Fernsehzuschauer hatte nämlich die Möglichkeit bei

POLITIK / LESERBRIEFE

6 allen WM-Übertragungen im ZDF auf einer Videotext-Tafel eine deutsche Übersetzung der gespielten Nationalhymnen zu verfolgen. Dabei konnte ein sehr großes Publikum – das sonst wohl kaum internationale Hymnentexte studieren würde – feststellen, wie kampfeslustig oder sogar gewaltverherrlichend Nationalhymnen verschiedenster Herkunft sind. Einige Beispiele: Während die Ukrainer sich noch relativ bescheiden freuten „von Kosakenart zu sein und dies auch zu zeigen“, sangen die Brasilianer schon unverblümt vom „Kampf“. Überdeutlich wurden die Italiener, die betonten, daß die „Siegesgöttin eine Sklavin Roms ist“ und daß sie „bis in den Tod“ gehen. Brutal geht es in der französischen Marseillaise zur Sache, in der „die Äcker Blut saufen“ sollen. Besonders bedenklich ist die portugiesische Hymne, denn hier wird im Sinne der „Urahnen“ aufgefordert, „zur Waffe“ zu greifen, zu „marschieren“ und sich „über Meer und Land“ zu bewegen. Wer in der portugiesischen Geschichte zurückschaut, weiß, daß die Unterwerfung anderer Völker dazugehört. Und es wäre wesentlich zu milde ausgedrückt, wenn man eine Hymne, die Assoziationen an diese Zeit weckt, nur als rückschrittlich bezeichnen würde. Im Vergleich mit solchen Texten kann uns Deutschen klar werden, wie beinahe

pazifistisch und fortschrittlich die Deutsche Nationalhymne im großen und ganzen ist. In ihrem Zentrum stehen ur-demokratische, zutiefst aktuelle Werte: Recht und Freiheit. Auch der Aspekt der Einigkeit zielt aus Vertriebenensicht direkt auf gegenwärtige Fragen, wenn es z. B. um die Berücksichtigung der Deutschen, die heute noch in ihrer angestammten Heimat Schlesien leben, in der Bundespolitik geht. Das einzige, was auszusetzen wäre, ist, daß man angesichts der „Väter“ und „Brüder“ im Deutschlandlied nicht die „Mütter“ und „Schwestern“ berücksichtigt, deren Leistungen für Deutschland noch immer viel zu wenig öffentlich gewürdigt werden. Im Bezug auf die Vertriebenen zumindest werden sie nach und nach verstärkt beachtet, was das in den letzten Jahren ansteigende öffentliche Interesse an den Kriegs- und Vertreibungserlebnissen der Frauen zeigt. Letztlich hat sich bei der Fußball-WM – neben den vielen positiven Erfahrungen, die die Fans miteinander und mit Deutschland machen konnten – durch die Vergleichsmöglichkeit der Nationalhymnen ein interessanter Nebenaspekt eröffnet, der sich zusätzlich positiv auf das deutsche Selbstbewußtsein auswirken sollte. ma Quellen: www.gew.de, ZDF-Videotext, www.wikipedia.de

Leserbriefe Unser Ehrenvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien – wird am 15. August 2006 91 Jahre ! Als Bekenntnis-Schlesierin mit Herzblut ist es mir ein Anliegen, Herrn Dr. Herbert Hupka dankbar und herzlich zu gratulieren. Dr. Hupka, ein Mann der ersten Stunde, für die Vertriebenen seit 1947 äußerst aktiv und kämpferisch tätig, besonders für Schlesien und seine Menschen, hier und in der alten schlesischen Heimat, ist und bleibt er auch in seinem hohen Alter nimmermüde im Einsatz. Recht und Gerechtigkeit, Standhaftigkeit und Gradlinigkeit, getragen im christlichen Glauben und Barmherzigkeit bestimmen wohl sein segensreiches Wirken. Vorbildlich, als wahrhafter Streiter, trotz jahrelangen großen Schwierigkeiten und z. T. Beleidigungen, steht er als Patriot und als loyaler Europäer, unbeirrbar da, wenn es um das Deutsch-Polnische Verhältnis geht. Er hat wesentlichen Anteil, dass sich nach Jahrzehnten das Verhältnis entspannt. Sein Herzensanliegen waren und sind die vertriebenen Deutschen und die alt-gewordene Deutsche Minderheit im Osten. Herr Dr. Hupka und natürlich unsere Schlesische Landsmannschaft sollte nicht nur von Schlesiern, sondern auch von den Nichtvertriebenen tatkräftig unterstützt werden. Die hoch-aktuellen Schlesische Nachrichten und die vielen Dr. Hupka-Bücher mögen mehr denn je gelesen und an unsere Nachfolgegeneration weiter ge-

reicht werden. Unsere Liebe zu Schlesien darf nicht erlöschen! Helfen wir mit! Es kommt auf jeden von uns an! Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau. So gilt mein tiefer Dank auch Frau Eva Hupka, die der Rückhalt und die jahrzehnte-lange, stille Hilfe an der Seite ihres Mannes ist. Unserem lieben Dr. Hupka und seiner Ehefrau Eva, wünsche ich weiterhin eine segensreiche, gute Zeit. Schlesien Glückauf! Elfie Nieusela, Bad Neuenahr-Ahrweiler Zu „Ein festlicher Tag für Görlitz“ (SN 12/2006) Sie schreiben zurecht: „Das Schlesische Museum zu Görlitz wird immer im Spannungsfeld deutsch-polnischer Verständigung stehen...“ Sie schreiben weiter: „Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Professor Dr. Milbradt meinte: „Schlesien ist eine alte europäische Region in der Deutsche und Polen Jahrhunderte lang friedlich zusammengelebt haben“. Das ist voll ein Irrtum! Bis 1945 konnte ich aus vielen Regionen Niederschlesiens Polen nur als Saisonarbeitskräfte für die Getreideernte. Vielleicht sollte man Herrn Milbradt einmal aufklären. Mir ist die Besiedlung Schlesiens und seine Geschichte auch bekannt, aber so kann die Verständigung nicht aussehen! Anneliese Kischkat, Leonberg

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

Berichtigung zu „Ein festlicher Tag für Görlitz“, SN 12/2006, Seite 11 In diesem Artikel heißt es auf Seite 11: „So hatte ein Breslauer, der heute am Königstuhl lebt“ u.s.w.; Königstuhl ist falsch, der Breslauer lebt am Kaiserstuhl (Breisgau). Der Wein, den Gerhart Hauptmann so gern getrunken hat, wird in Jhringen abgefüllt. Die Kosten für die Weinspende haben sich der Breslauer und die Winzergenossenschaft geteilt Fritz Peter Maerker, Jhringen

Rechtswidrige Assimilierung in Schlesien „Der neue polnische Bildungsminister aus der Liga Polnischer Familien (im Sejm mit 34 Abgeordneten vertreten) Roman Giertych hat die Absicht, in den Schulunterricht ein neues Fach einzuführen: „Patriotische Erziehung“. Seinerzeit leitete der Minister den Verband „Allpolnischer Jugend“, dem die Medien Extremismus, Fremdenhass, Faschismus u.ä. vorwerfen. Den Vorschlag des Ministers lehnen viele Kreise in Polen und die gesamte parlamentarische Opposition (cirka 210 Abgeordnete) ab und machen ihm Inkompetenz, Intoleranz und den Rückfall in einen Patriotismus des 19. Jahrhunderts zum Vorwurf. Wie verhält sich dies zu dem Problem der 13 nationalen und ethnischen Minderheiten, die in Polen leben? Würde ein solches Unterrichtsfach nicht zu einem wachsenden polnischen Nationalismus führen, der alles „Fremde“ verteufelt, hasst, und bekämpft? Oder wie sähe die Anwendung des Projektes des Ministers in der Praxis aus angesichts der Tatsache, dass dieselben polnischen Schulklassen Kinder der deutschen Minderheit besuchen?! Will man sie zwangsweise zu polnischen Patrioten machen?! Wäre das nicht eine Verletzung der Rechte der nationalen Minderheiten und der Menschenrechte überhaupt? Wohl sind es nur rhetorische Fragen, denn die 3. Generation der deutschen Minderheit hat keine einzige deutsche Grundschule im Nachkriegspolen, was beweist, dass sie seit drei Generationen permanent rechtswidrig assimiliert wird! Nach dem neuen polnischen Minderheitengesetz ist „eine auf Grundlage der Zugehörigkeit zur Minderheit beruhende Diskriminierung verboten“, wobei „die öffentlichen Behörden verpflichtet sind, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die volle und wirkliche Gleichheit im Bereich des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens zwischen Personen zu unterstützen, die zu einer Minderheit und solchen die zu der Mehrheit gehören“. Charakteristisch, dass in der mit dem Projekt zusammenhängenden Debatte kein Politiker – auch nicht aus der Opposition – auch nur mit einem Wort die nationalen Minderheiten erwähnt hat“. Erhard Bastek, Beuthen

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN

Aus dem Monolog ausbrechen

Polnische Journalisten zu Gast bei der Landsmannschaft Schlesien Es ist eine gute Tradition der Landsmannschaft Schlesien in den Jahren, in denen kein Deutschlandtreffen der Schlesier stattfindet, polnische Journalisten, nicht nur aus Schlesien, zu einem Gedankenaustausch nach Königswinter (Haus Schlesien) einzuladen. Erstmalig wurde eine solche Einladung im Jahr 2002 – 2004 wiederholt – einigen polnischen Journalisten ausgesprochen. Schon damals zeugten die Aufenthalte davon, dass man im offenen Gespräch viele Missverständnisse ausräumen kann. Und somit wurde mit noch größerer Spannung die vierte Visite der polnischen Medienvertreter (Fernsehen, Funk und Presse) erwartet, da in den letzten Monaten des vergangenen Jahres das deutsch-polnische Verhältnis durch zahlreiche, teilweise nicht nachvollziehbare Irritationen, belastet war. Die Gruppe der polnischen Medienvertreter hatte auch die Möglichkeit, nicht nur das Haus Schlesien kennen zu lernen, sondern auch das neu eröffnete Schlesische Museum zu Görlitz. Die Journalisten aus unserem Nachbarland waren von der musealen Einrichtung in Görlitz sehr angetan. Sie bescheinigten dem Schlesischen Museum zu Görlitz eine Objektivität in der Darstellung der Geschichte, die man in Polen noch viel zu selten antreffen kann. Ferner waren sie von der museumspädagogischen Präsentation beeindruckt. In Görlitz wurden sie von Dr. Martina Pietsch und Dr. Michael Parak durch die Ausstellung geführt. Nicht minder intensiv haben sich die Teilnehmer mit der Problematik der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien auseinandergesetzt. Neben der Besichtigung des Parlamentes der deutschsprachigen Staatsbürger des Königreichs Belgiens wurden sie vom Vize-Ministerpräsidenten Bernd Gentges empfangen. Die friedliche Koexistenz verschiedener Sprachgruppen in Belgien, trotz ihrer Probleme, wertete die Gruppe als ein Modell des friedlichen Miteinanders im zusammenwachsenden Europa. Man versuchte auch Parallelitäten zu der Lage der deutschen Volksgruppe in Schlesien aufzuzeigen, obwohl die Ausgangs- und Istsituation unterschiedlich ist. Unbestritten gehörte die Fortsetzung der vor zwei Jahren begonnenen Diskussionsrunde „Drei Generationen im Einsatz für Schlesien“, an der erneut der Bundes-

7 sorge in der Bundesrepublik Deutschland geistig auseinandersetzen und diese in der Person des Weihbischofs Gerhard Pieschl (Beauftragter der Deutschen Bi-

vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Rudi Pawelka, der Bundesehrenvorsitzende, Dr. Herbert Hupka, und der Präsident der Bundesdelegiertenversammlung – Schlesische Landesvertretung -, Prof. Dr. Michael Pietsch, teilgenommen haben, zu den zahlreichen Höhepunkten dieses gelungenen Vorhabens. Fragen über Fragen, teilweise sehr detailliert und sehr gut journalistisch vorbereitet, kritische und auch des öfteren provokante Fragen, eine Flut von Antworten und Erklärungen, aber auch eine Viel- Bürgermeister Stefan Freitag (3.v.l.) begrüßt die Gruppe in Velzahl von Einzelinter- bert views, kennzeichneten diese mehrere Stunden andauernde Gesprächsrunde, an der auch der Präsident des Vereins Haus Schlesien, Reinhard Blaschke, im zweiten Teil dieser Gesprächrunde teilgenommen hat. Es wurde offen und ehrlich und vor allem fair miteinander umgegangen. Trotz der vielen Fragen zur Vergangenheit oder zu der mit den noch wenigen offenen Fragen belasVize-Ministerpräsident der Deutschsprachiteten Gegenwart, war die Diskussion sehr gen Gemeinschaft, Bernd Gentges (r.) beim sachlich. Man führte endlich einen ehrEmpfang der polnischen Medienvertreter in lichen Dialog, man hat sich in das GeEupen spräch als Partner und Nachbar eingefunden und so konnten auch Themen der schofskonferenz für die VertriebenenZukunft aber auch der schwierigen und Aussiedlerseelsorge) kennen lernen. Gegenwart behandelt werden. Die polniDie Thematik der Seelsorge der vertrieschen Gesprächspartner, die bereits vor benen und ausgesiedelten Deutschen war zwei Jahren an solchem Projekt teilgeden meisten polnischen Gästen vollkomnommen haben, waren der Auffassung, men unbekannt. Weihbischof Pieschl dass die diesjährige Diskussion viel ruhiwusste diese Problematik den Teilnehmern ger und vor allem emotionsloser verlaugekonnt zu erläutern, und zwar aus der fen ist. Es ist gut so, weil Deutschland und Sicht eines katholischen Priesters und eiPolen als Nachbar nur im Dialog und nicht nes Heimatvertriebenen. im Monolog, so der BundesgeschäftsDie Teilnehmer haben auch die Mögführer der Landmannschaft Schlesien, Dalichkeit wahrgenommen, den Mariendom mian Spielvogel, die Vergangenheit aufin Velbert-Neviges zu besichtigen. Die Füharbeiten können. Gottlob, man hat mit – rung durch den Mariendom hat Damian und nicht nur besserwisserisch – überSpielvogel übernommen. Er zeigte am Beieinander gesprochen, so die Meinung eines polnischen Journalisten. Der „Nestor Berichtigung zu „Landesdelegierder Schlesier“, wie Dr. Herbert Hupka von tenversammlung 2006 der Lanvielen polnischen Journalisten tituliert wird, desgruppe Hessen“ (SN 12/2006, gilt weiterhin im Gremium der polnischen Seite 7) Medienvertreter zu dem beliebVersehentlich wurde hier eine Zeile testen Interviewpartner. nicht gedruckt. Der dritte Satz des ArErstmalig konnten die Vertreter tikels beginnt korrekt: „Einstimmig zahlreicher namhafter polnischer wiedergewählt wurde der VorsitzenMedien, darunter von den großen de Joseph Pietsch (Darmstadt), die Tageszeitungen „Gazeta Wystellvertretende Vorsitzende Erna borcza“ und „Rzeczpospolita“, Peilicke (Frankfurt), der stellvertrevom 1. Programm des Polnischen tende Vorsitzende Karl-Heinz Haider Rundfunks, des Regionalrund(Wetzlar), der Landeskulturreferent funks in Oppeln oder auch von eiGerold Schmidt (Bad Arolsen), ...“ Gesprächspartner: Prof. Dr. Michael Pietsch, Dr. Herbert nem Fernsehensteam sich mit der SN Hupka und Rudi Pawelka katholischen Vertriebenenseel-

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ZEITGESCHEHEN / LM SCHLESIEN / LYRIK

spiel dieser Kirche auf, dass gerade die christlichen Werte bestens dafür prädestiniert sind, eine friedliche und unbelastete, auf Objektivität und Wahrheit, aufbauende Zukunft zu gestalten. Die Begegnung mit dem Bürgermeister der Stadt Velbert, Stefan Freitag, war ein sichtbares Zeugnis dafür, welchen wichtigen Stellenwert die zahlreichen Gruppen der Landsmannschaft Schlesien auf Ortsebene einnehmen. Bürgermeister Freitag stellte nicht nur die Stadt Velbert vor, sondern lobte die vielfältige und jahrzehntelange Arbeit der Landsmannschaft Schlesien.

Die Maßnahme, die aus Mitteln der Bundesregierung finanziert werden konnte, wurde vom Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft Schlesien, Damian Spielvogel, vorbereitet, der diese auch mit sehr viel Sachverstand und Engagement geleitet hat. Unterstützt wurde er dabei durch die in Oberschlesien wohnende freie Journalistin Teresa Kudyba. Damian Spielvogel

Wunder Abseits vom Wege, dort, wo die Stille dich streift, dich ergreift mit sanfter Gewalt, dort – durch Seine Gnade – werden die Wunder geboren, die in das lärmende Leben hineinwirken, wachsend. Lerne, stille zu werden! Dann erkennst Du die Wunder, die winzigklein, in große sich wandelnd. Vergiß nicht das Danken!

Bischof Gerhard Pieschl (Bistum Limburg) im Gespräch mit polnischen Journalisten

Aus der Sächsischen Zeitung für die schlesische Region Görlitz

Akademische Verlobung. Die Hochschule Zittau/Görlitz und die ungarische Universität Pécs haben einen Rahmenvertrag über eine Zusammenarbeit abgeschlossen. Damit sind in Zukunft Austausche für Studenten und Lehrkräften zwischen Pécs und Görlitz sowie gemeinsame Promotionsverfahren möglich. Gleichzeitig unterzeichneten der Görlitzer Studiengang Kultur und Management und die Pécser Fakultät für Kulturmanagement und Erwachsenenbildung eine konkretere Kooperationsvereinbarung. Studenten können so nicht nur eine Zeit lang an der Partnerfakultät studieren, sondern auch ihre Bachelor- und ab 2007 Masterabschlüsse in Görlitz oder Pécs absolvieren. Am Ende haben sie ein von beiden Seiten anerkanntes Zertifikat in der Hand. Siemens feierte hundert Jahre Turbinenbau in Görlitz. Dazu kam der Aufsichtsratsvorsitzende der Siemens AG Heinrich von Pierer nach Görlitz. Vor hundert Jahren rollte die erste Dampfturbine aus den Görlitzer Werkshallen. Diese Werkshallen sind allerdings abgerissen und

markt bis runter an die Neiße erstreckte sich die bunte Festmeile. Auf der Altstadtbrücke spielten 260 Aktive die „Siedler von Catan“ und der Sanierungstag zeigte die schöne Kulisse von Görlitz. Gleichzeitig wurde der Tag des Denkmals gefeiert. Als Brücke zwischen dem turbulenten Familientag und den kunstgeschichtlichen Entdeckungsreisen bot auch das Fest rund um die Muschelminna viel Abwechslung. Wer fetzige Musik liebt, war beim Campus open air am Neißeufer direkt am Hochschulcampus gut aufgehoben. Die Sonnenorgel in der Peterskirche ist fertig. Die Sanierung ist abgeschlossen und wurde jetzt durch ein Konzert der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Konzert war trotz der Fußballweltmeisterschaft gut besucht. Nach Abschluss der dritten Bauphase kann an dem Instrument jetzt die breite Palette der romantischen Musik gespielt werden. So stellten im 116. Konzert an der Sonnenorgel Kirchenmusikdirektor Reinhard Seeliger und Kirchenmusikdirektor Matthias Eisenberg die ganzen dynamischen Möglichkeiten des Instrumentes vor.

Barbara Suchner

Nachrichten aus Görlitz Durch die Kreisreform soll ein Neißekreis zwischen Zittau und Weißwasser entstehen und ein Kreis für die westliche Oberlausitz. Diese Nachricht aus Dresden überraschte in Görlitz, kommt aber dem Wunsch des Stadtrates entgegen. Danach werden Bad Muskau, Görlitz und Zittau bald in einem Kreis vereint sein, der einer Banane ähnelt.

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durch neue Hallen ersetzt worden, nur eine Halle wurde saniert. Zur Wendezeit war von Pierer Vorstandschef der Kraftwerksparte KWU. Unter seiner Regie hat der Weltkonzern das Werk zurückgekauft und seitdem 80 Millionen Euro in den Standtort investiert. In einer Feierstunde im Rathaus wurde Heinrich von Pierer mit der JakobBoehme-Ehrennadel ausgezeichnet, die zum ersten Mal verliehen wurde. Danach gab es ein großes Open-Air-Konzert mit dem Europera-Jugendorchester. Siemens-Geschichte hautnah. Die Geschichte des Görlitzer Turbinenbaus präsentiert eine Ausstellung, die zur Zeit im Kaisertrutz zu sehen ist. Nicole Werner von Siemens und die Görlitzer Werbegestalterin Gabriele Melzer bauten die Schau auf, die bis zum 30. September zu sehen ist. Sie reicht von der Firmengründung der Maschinenbauwerkstätten im Jahre 1847 über die Auslieferung der ersten Dampfturbine vor hundert Jahren bis hin zur Gegenwart. Die Parkeisenbahner feierten mit einem bunten Programm den 30. Geburtstag der Parkeisenbahn. Dazu waren eine ganze Reihe kleiner Parkeisenbahnen aus den Nachbarstädten nach Görlitz gekommen, um das 5. Ostsächsische Feldbahntreffen zu begehen. Sie alle drehten ihre Runden auf der „Adlerstrecke“. Der Sächsische Familientag wurde in diesem Jahr in Görlitz gefeiert Vom Ober-

TERMINE

7. und 21. August 2006, 14.30 Uhr: Ostdeutsche Frauengruppe, Ostdeutsches Heimatmuseum, Präsidentenkloster (Stadtweg, Ecke Poststraße), LvD – Landesverband der vertriebenen Deutschen Schleswig-Flensburg 8. August 2006, 15 Uhr: Ostdeutscher Heimatnachmittag, Hohenzollern 12. August und 9. September 2006, 10.30 bis 12.30: Öffnungszeiten der Heimatstube Habelschwerdt, Medienzentrum des Märkischen Kreises, Freiheitstraße 31, 58762 Altena 18. August 2006, 12 bis ca. 17.30 Uhr: Besichtigung und Führung durch das RWEKraftwerk Niederaußen. LM Schlesien, Kreisgruppe Neuss, Anmeldung: 02131/461103 19. August 2006, 15 Uhr: Schlesier-Treffen in Diepholz, Gaststätte Laaker-Wiele, Steinstraße 33.“ Heimatkreisgemeinschaft Militsch-Trachenberg – Treffen von örtlichen Heimatkreisgruppen 2006: 26. 8. 2006, Trachenberg, Frohburg „Schützenhaus“, Lietsch, 034348/51067, 9. 9. 2006, Freyhan, Frohburg, „Schützenhaus“, Sommer, 034348/51526, 9. 9. 2006. Kraschnitz, Naunhof, Gastst. Sonnenschein, Gebauer, 03461/507492 Arbeitsgemeinschaft Ostmitteleuropa e.V., Berlin, Tel. 030/ 215 54 53 (Hanke), Fax: 030/ 2191 3077, www.ostmitteleuropa.de, [email protected] Freitag, 01. Sept. 2006, 19.00 Uhr, Polen als „Vorfeld Russlands“ Die Rolle der Wettiner und Friedrich des Großen im europäischen Mächtespiel des 18. Jahrhunderts. Referentin: Frau Dr. Christiane Knop, Berlin. Ort: Bürgertreff im S-Bahnhof Lichterfelde West, Hans Sachs-Str. 4 e, 12205 Berlin

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LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN

1946 unschuldig gestorben – 2006 unvergessen Siegburger Bunzlauer gedachten am 24. 6. 2006 mit einer Kranzniederlegung ihres Märtyrer-Priesters Paul Sauer an seinem 60. Todestag Paul Sauer, der letzte deutsche katholische Stadtpfarrer von Bunzlau in Niederschlesien, hatte beim Einmarsch der Roten Armee am 12. 2. 1945 seine Kirche vor Plünderung und Zerstörung bewahrt und in chaotischer Zeit Gotteshaus und Pfarrheim zur Zufluchtsstätte aller Verfolgten und Bedrängten gemacht. Für Deutsche beider Konfession, neu eintreffende Polen und die große Zahl von Ausländern, die in Bunzlau auf ihre Repatriierung warteten, war er ein hingebungsvoller Seelsorger. Am 24. Juni 1946, vor 60 Jahren, fiel er mit ca. 40 anderen Deutschen einer vom polnischen Geheimdienst inszenierten Verfolgung zum Opfer. Man beschuldigte ihn, Rädelsführer einer deutschen Geheimorganisation namens „Freies Deutschland“ zu sein, die Schlesien mit amerikanischer Hilfe für Deutschland zurückerobern wollte. Zeitzeugen berichten, dass Pfr. Sauer noch im Gefängnis trotz erlittener Misshandlungen den Mitgefangenen Mut gemacht hat. Er verstarb am 24. 6. 1946 nach knapp zweimonatiger Miliz-Haft. Seit

1987 erinnert Bunzlaus Paten- und Partnerstadt Siegburg mit einem Gedenkstein neben der Servatiuskirche an diesen Märtyrer der Nächstenliebe. Auch im heutigen Boleslawiec ist Paul Sauer unvergessen. Vor einem Jahr fand dort auf Initiative der Bundesheimatgruppe Bunzlau eine internationale Tagung statt, bei der sich Wissenschaftler und Zeitzeugen nachdrücklich für eine Rehabilitierung aussprachen. Der Vorsitzende der Bundesheimatgruppe Peter Börner, der mit Polen über eine Paul-Sauer-Erinnerungstafel in der Bunzlauer Marienkirche in Gesprächen steht, legte am Samstag, dem 24. Juni 2006, um 13.30 Uhr am Siegburger Gedenkstein einen Kranz nieder. Peter Börner

„Wir sehn uns wieder, mein Schlesierland! Wir sehn uns wieder am Neiße-Strand.“ In glänzender Stimmung feierten zu Pfingsten mehr als 350 Stadt- und KreisBunzlauer ihr 28. Bundesheimattreffen im niederschlesischen Görlitz. Hauptort des Geschehens war das Görlitzer Hotel Mercure, dank eifriger Vorarbeit der Bundesheimatgruppe Bunzlau zu Siegburg belegt bis auf das letzte Zimmer! Ca. 180 Gäste genossen die Stadtnähe und eine vorzügliche Unterkunft. Bequem konnte man alle wichtigen Veranstaltungen erreichen: den Ökumenischen Gottesdienst in der Hl. Kreuz-Kirche, eindringlich gestaltet durch Altbischof Dr. Christoph Demke ( Berlin / Bunzlau )und Prälat Peter Birkner ( Görlitz / Neisse ); die Führungen durch die wunderbare Altstadt und das neu eröffnete Schlesischen Museum; den Festakt am Pfingstsonntag im repräsentativen Wichernsaal. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Peter Börner trugen Görlitz‘ Oberbürgermeister Joachim Paulick, Vizelandrätin Uta Gräfin Strachwitz (RheinSieg-Kreis) und Siegburgs Vize-Bürgermeisterin Doris Römer herzliche Grußworte vor. Bemerkenswert: Die beiden Damen nebst Begleitung hatten als „Paten“ der Bunzlauer eine 700 km lange Anreise von Siegburg nach Görlitz auf sich genommen! Im Mittelpunkt des Festakts stand die Ansprache des fast noch jugendlichen Görlitzer Bundestagsabgeordeten Michael Kretschmer. Er fand klare Worte: „Eine Politik der guten Nachbarschaft (zu

Polen) bedeutet nicht, eigene Vorstellungen und Überzeugungen fallen zu lassen. Ein enger Meinungsaustausch kann auch mit dem Ergebnis enden, dass man unterschiedlicher Meinung ist. Das gilt es auszuhalten. Das geplante Zentrum gegen Vertreibung in Berlin“ wird wohl „keine ungeteilte Zustimmung [...] in Polen erhalten, dennoch sollten wir das Projekt verwirklichen. [...] Manche Kritik scheint ... an den Haaren herbeigezogen. So der Vorwurf, die Deutschen wollten die Geschichte umschreiben. Wir Deutsche sind uns unserer Geschichte und der damit verbundenen Verantwortung bewusst. Es gibt heute keine öffentliche und schon gar keine staatliche Einrichtung, in der eine Umschreibung der Geschichte stattfinden kann. [...] Es geht darum, die Vertreibungen als Unrecht darzustellen und sie zu ächten.“ Das von den Festgästen gesungene Schlesierlied und der Sektempfang am Ende waren fast schon eine Überleitung zum heiteren Kontrastpogramm des Schlesischen Abends im „Mercure“. Der große Saal war gerammelt voll. Man ließ sich von musikalischen und humoristischen Darbietungen köstlich unterhalten (Ehepaar Anders, Frau Marianne Paul / Schlesischer Heimatverein Görlitz), und es wurde sehr viel gelacht und begeistert mitgesungen. Nachmittags hatte das Plenum den Rechenschaftsbericht des Vorstands anerkennend zur Kenntnis genommen, die

9 Entlastung ausgesprochen und eine neue Leitungsgruppe gewählt. Ihr gehören wie bisher Peter Börner, Horst Lessig, Horst Tschage, Jochem Birk, Jochen Wiesner und Norbert Roth an. Ursula Burghardt, Maria Raschke und Klaus Rosenthal hatten nach Jahren verdienstvollster Vorstandsarbeit nicht mehr kandidiert und waren mit Bunzlauer Keramik ehrenvoll in die ruheständische Beratertätigkeit ( den „Senat“ ) verabschiedet worden. Nicht ganz. Frau Burghardt erklärte sich spontan zu befristeter Weiterarbeit bereit, als ein schlimmes Ereignis das Heimattreffen überschattete. Jochem Birk, der unermüdliche Mitorganisator des Treffens, erlitt beim Tagesausflug nach Bunzlau einen Herzinfarkt. Dank schneller Hilfe von Deutschen und Polen kam er sofort ins Bunzlauer Krankenhaus, gleich weiter nach Görlitz und dann mit Nothubschrauber nach Dresden. Er ist inzwischen erfolgreich operiert und auf dem Weg der Besserung. Im übrigen brachte der Bunzlau-Aufenthalt am Pfingstmontag den zahlreichen Teilnehmern – sie waren mit drei Bussen und vielen PKWs aus den benachbarten Görlitz herübergekommen - , sehr schöne Erlebnisse. Besonders zu erwähnen: die von den Siegburger Vorstandsmitgliedern persönlich und sachkundig angeführten Stadtrundgänge; die würdevoll-heitere Einweihung der Erinnerungstafel an Waisenvater und Schulgründer Gottfried Zahn im Foyer der früheren Zahnschen Schulanstalten, ermöglicht durch Direktor Stanislaw Malkowski, dessen Schule seit Jahren enge Kontakte zu einer Siegburger Partnerschule pflegt; anschließend die Eröffnung der Ausstellung zum Bunzlauer Stadtblatt, das von 1881 bis zum 11. Februar 1945 erschien. Auf Anregung der tüchtigen Leiterin des Bunzlauer Keramikmuseums, Anna BoberTubaj, waren alle in Polen (UB Breslau)und in Deutschland erhaltenen Exemplare erkundet und so weit wie möglich auf CD-ROMs kopiert worden. Die Ergebnisse wurden bei einer Vernissage im früheren Kutusow-Museum ausgetauscht, unter großer örtlicher Beachtung und Beteiligung. Auf Vermittlung der Bundesheimatgruppe Bunzlau waren bei der Veranstaltung auch Mitglieder der deutsch-jüdischen Verlegerfamilie Fernbach anwesend, Nachkommen des Stadtblatt-Gründers Louis Fernbach und der früheren Eigentümer. ( Diese Bunzlauer waren bereits während des III. Reichs ihres Besitzes beraubt worden ...) So konnte durch die deutsch-polnische StadtblattInitiative, gesponsert durch die Bosch-Stiftung und praktisch ermöglicht durch sehr viel Eigenleistung, nicht nur ein für deutsche und polnische Bunzlauer einzigartiger lokalhistorischer Schatz gehoben werden. Es gelang auch ein Stück innerdeutscher Versöhnung! Die deutsch-polnische Zusammenarbeit ist bis heute keineswegs problemlos und selbstverständlich. Um so erfreulicher, dass hatte sie sich nicht nur bei der og. Rettungsaktion in Bunzlau bewährte,

LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN

10 sondern bereits vorher bei der nicht einfachen Vorbereitung der Veranstaltungen zu Gottfried Zahn und zum Stadtblatt. Görlitzer Höhepunkt deutsch-polnischer Kooperation am Rande des Heimattreffens war zweifellos die von der Bundesheimatgruppe initiierte und konzipierte Tagung deutscher und polnischer Heimatforscher aus Stadt und Kreis Bunzlau, gefördert vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien durch den Kulturreferenten des Schlesischen Museums. Die Moderation hatte mit Professor Dr. Alexander Bolz (Leipzig) ein ehemaligen Schüler der Zahnschen Schulanstalten in Bunzlau übernommen. Am lokalhistorischen Gespräch zu Bunzlauer Themen, das bis in die Nacht zwanglos fortgesetzt wurde, beteiligten sich fast 20 Liebhaber und Kenner der Materie, mehrheitlich Polen (!), insbesondere vom Verein der Freunde Bunzlaus, von der Vereinigung für Stadtgeschichte, vom Keramikmuseum und von Schulen aus Stadt und Kreis. Umrahmt wurde die Kennenlern-Tagung von zwei Grundsatzreferaten mit viel Realitätsbezug: Peter Börner sprach über „Chancen und Grenzen nationenübergreifender Zusammenarbeit im Bereich der Bunzlauer Lokalgeschichte“, Anna Bober-Tubaj antwortete aus polnischer Sicht und stellte höchst anschaulich „Neue lokalhistorische Projekte in Bunzlau“ vor. Damit verband sie auf Wunsch der Bundesheimatgruppe eine Präsentation neuerer polnischer Fachliteratur. Diese ist leider, bedingt durch die Sprachbarriere, bei uns in Deutschland viel zu wenig rezipiert – und umgekehrt. Das gilt nicht für die Berliner Diplomarbeit (TU) von Ewa Matyjewicz über „Rettungsmaßnahmen für historische Gutsparks im Kreis Bunzlau.“ Die junge Wissenschaftlerin referierte über ihr Forschungsprojekt – zugleich ihr großes persönliches Anliegen! – auch beim Festakt, als sie mit Rudolf Rückert (Naumburg / Salzgitter), die Heimatforschertagung vorstellte. Prof. Dr. Bolz sorgte am Ende dafür, dass die Tagung nicht bei der Aufnahme wertvoller persönlicher Kontakte und dem Austausch nützlicher fachlicher Informationen stehen blieb, sondern einmündete in die Gründung dreier deutsch-polnischer Arbeitsgruppen zu den Themen „Naumburg und Umgebung“, „Architektur- und Gartenbaudenkmälern im Kreis Bunzlau“ und „Schulen im Landkreis Bunzlau“. – Weitere InteresBerichtigung zu „Neuwahl des Vorstandes der Kreisgruppe Darmstadt-Dieburg“, SN 12/2006 Seite 10 Richtig ist, dass anlässlich der Jahreshauptversammlung der Landsmannschaft Schlesien, Kreisgruppe Darmstadt-Dieburg, bei der Vorstandswahl die Vorsitzende, Eva-Maria Pietsch und die stellvertretende Vorsitzende Friedel Gärtner, einstimmig wiedergewählt wurden. Joseph Pietsch, Darmstadt

senten sind herzlich eingeladen! Einige der deutschen Lokalhistoriker waren auch bei den Bunzlauer Ortsbetreuerinnen engagiert, die gleichzeitig tagten (Leitung Heinz Vater (Neuhammer / Potsdam) und Horst Tschage (Mühlredlitz / Siegburg). Als besonders anregend erwies sich Horst Tschages Bericht über die bundesweite Umfrage der Siegburger zur Situation Bunzlauer Heimatgruppenarbeit. Wichtiges Resultat dieser Bestandsaufnahme: Um erfolgreich weiterarbeiten zu können und das kulturelle Erbe der Heimat - zugleich ein Stück deutscher Nationalkultur! - für die Zukunft zu bewahren, sollten sich Heimatkreise benachbarter Orte zusammenschließen (vorbildlich: Naumburg und Umgebung!)und überhaupt bisher ungenutztes Potential auswerten (z.B. durch Hinweise auf Quellen, die anderswo zu finden sind, z.B. im reichen Archiv der Bundesheimatgruppe oder in Polen). Während all dieser Beratungen ging draußen das große Fest des Wiedersehens weiter. Eine Reihe von Schicksalsgefährten, vor allem aus den östlichen Bundesländern, war erstmalig dabei. Werden einige von ihnen in Zukunft die Heimatar-

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 beit mittragen? Wird es mehr jüngere Mitstreiter wie Jochen Wiesner (Siegburg), Dietmar Plate (Peine) und Wolfgang Langer (Stuttgart) geben? Können prachtvolle Einzelkämpfer wie Kurt Basler (Erfurt) Verantwortung für Projekte übernehmen, die die Kapazität des „Siegburger Vorstands“ übersteigen? Verwundert und fast ein wenig enttäuscht registrierten die polnische Gäste des Heimattreffens die Alterstruktur der Teilnehmer, – erhoffen sie sich doch eine langfristige und ergiebige Zusammenarbeit mit den deutschen Bunzlauern! Zu diesem positiven Signal aus Polen passt: Landrat Krzysztof Konopka hat den Teilnehmern des Heimattreffens in Bunzlau öffentlich zugesagt, sich für die baldige Anbringung der Gedenktafel für den bedeutenden Seelsorger an der Bunzlauer Marienkirche Pfarrer Paul Sauer einzusetzen. Er verstarb vor 60 Jahren, am 24.6.1946. Wird es in zwei Jahren noch einmal ein großes Bunzlauer Treffen geben? - In Siegburg? – Vielleicht in Görlitz? – Das ist ungewiss. Es liegt sehr an Ihrem Willen und an Ihrer Mitwirkung, verehrte, liebe schlesische Heimatfreunde! Peter Börner

Ursula Olschak 70 Jahre Ursula Olschak wurde am 10. Juli 1936 in Wandritsch im schlesischen Kreis Wohlau geboren. Ihre Eltern, Margarete und Hermann trugen die typischen schlesischen Namen, und zwar Schwarz und Pietsch. Trotz der Kriegsjahre konnte sie bis zu ihrem 9. Lebensjahr eine unbeschwerte und wunderschöne Kindheit in Schlesien verleben. Das Jahr 1945 bildete einen Wendepunkt in ihrem Leben. Im Januar 1945 flüchtete die Familie zusammen mit anderen Dorfbewohnern vor der anrückenden Roten Armee. Die Neunjährige musste zusehen, wie ihre Mutter zusammen mit anderen Frauen verschleppt wurde. Es war eine glückliche Fügung, dass nach wenigen Tagen die verschleppte Mutter sich wieder an den zurückkehrenden Flüchtlingstreck anschließen konnte. Sie kehrten zurück nach Deichslau. Im November 1946 kam der polnische Befehl zur Vertreibung der deutschen Bevölkerung. In Viehwaggons verladen unter menschenverachtenden und unwürdigsten Zuständen wurde die gesamte deutsche Bevölkerung dieses schlesischen Dorfes vertrieben. Die erste Station der Vertriebenen war AnnabergBuchholz im Erzgebirge. Zusammen mit anderen Flüchtlingen und Vertriebenen wurde Ursula Olschak in ein dort eingerichtetes Lager einquartiert. Der zwischenzeitlich aus der Gefangenschaft entlassene Vater von Ursula Olschak wurde im Bayrischen Wald sesshaft. Mit Hilfe eines Verwandten konnte sie zusammen mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder im Jahre 1949 zu ihrem Vater kommen. Auch das Leben im Bayrischen Wald war keine einfache Angelegenheit. Noch vor ihrem Umzug – im Jahr 1959 – nach Velbert

hat sie geheiratet. Ursula Olschak ist Mutter von drei Kindern. Obwohl sie 1997 in Rente gegangen ist, kann von Ruhestand keine Rede sein. Ihre Eltern waren es gewesen, die sie bereits vor Jahrzehnten zu einer Mitgliedschaft in der Landsmannschaft Schlesien bewogen haben. Bereits seit 1978 leitet sie ununterbrochen die Schlesische Frauengruppe der Landsmannschaft Schlesien in Velbert. Seit fünf Jahren bekleidet sie auch das Amt der stellvertretenden Vorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien in der niederbergischen Schlossstadt. Neben der Leitung der Schlesischen Frauengruppe widmet sich Ursula Olschak der Erhaltung und Pflege der schlesischen Tracht. Sehr oft ist sie bei zahlreichen Veranstaltungen Trotz der schrecklichen Kindheitserinnerungen sind ihr Hass oder gar Vergeltung fremd. Jede sich bietende Möglichkeit nimmt sie wahr, um nach Schlesien zu reisen. Dort konnte sie auch Kontakte zu der jetzigen Bevölkerung in ihrem Heimatdorf knüpfen. Trotz der bestehenden Sprachbarrieren konnten die Kontakte in eine wahre Freundschaft umgewandelt werden. Ursula Olschak hat auch in der Vergangenheit jungen polnischen Germanistikstudenten in einer offenen und ehrlichen Diskussionsrunde über ihr Schicksal berichten können. Dabei ging es nicht um irgendwelche Schuldzuweisungen, sondern um die Sorge um eine friedliche Zukunft in Europa, damit sich das Leid und das Unrecht der Vertreibung nie mehr wiederholen sollen. Ursula Olschak wurde in Anerkennung ihrer Verdienste um die Landsmannschaft Schlesien vor zwei Jahren mit dem Schlesierkreuz geehrt. Damian Spielvogel

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN / MUNDART

Die Schlesische Jugend bei der Bundesdelegiertenversammlung nika Schultze, Renate Sappelt und Gernod Kresse. Der von der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen der Schlesischen Jugend kommende Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft Schlesien, Damian Spielvogel, hat in seiner Eigenschaft als Organisationsleiter der Deutschlandtreffen der Schlesier eine Anerkennungsurkunde (und einige Flaschen Frankenwein) verliehen bekommen. Der

Acht Mitglieder der Schlesischen Jugend haben an der diesjährigen Bundesdelegiertenversammlung – Schlesische Landesvertretung – der Landsmannschaft Schlesien, Nieder- und Oberschlesien e.V., die am 27. Mai 2006 in Görlitz / Schlesien stattgefunden hat, teilgenommen. Somit hat die Schlesische Jugend unmissverständlich bewiesen, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes die Nachwuchsorganisation der Landsmannschaft Schlesien ist. Zu sehen sind (v.l.n.r.): Adam Stein, Christiane Webert, Karl Biedermann, Daniel Breutmann, Damian Spielvogel, Mo-

Bundesvorsitzende der Schlesischen Jugend, Adam Stein, nutzte die Gelegenheit, um die aktuellen Anliegen des Jugendverbandes dem höchsten Gremium der Landsmannschaft Schlesien in Wortbeiträgen vorzustellen. SN

Heimatnachmittag des Ortsverbandes Pfaffenhofen / Ilm im Bezirksverband Oberbayern, Landesverband Bayern Am Sonnabend, 27. Mai 2006, trafen sich die in Pfaffenhofen an der Ilm und Umgebung lebenden Schlesier zu ihrem Heimatnachmittag unter der Leitung des Vorsitzenden Friedrich Huntscha im Müllerbräu am Stadtplatz. Der Ortsverband Pfaffenhofen ist ein kleinerer Verband, aber er ist sehr aktiv. Das reichhaltige Programm sorgte für Abwechslung und Unterhaltung. Sangesfreudig stimmten die anwesenden Landsleute und auch die Nichtschlesier, die im Ortsverband Mitglied sind, Frühlingslieder an. Herr Huntscha ist Gesangspädagoge und leitet noch andere Gesangsgruppen. Ein 90-jähriges Mitglied – Nichtschlesier – wurde geehrt. Ein Landsmann aus Hirschberg kam an diesem Sonnabend zum ersten Mal. Sicherlich wird er sich eines Tages dem Ortsverband anschließen. Frau Huntscha, Kulturreferentin, las aus den „Schlesischen Nachrichten“ den Artikel „Zweimal ausgegrenzt“ vor (Ausgabe 6/2006, Seite 3). Der Schatzmeister, Herr Böhm, gab aus dem „Friedländer Wochenblatt“ vom 31. Januar 1929 einige interessante Artikel zum Besten, die auch in die heutige Zeit

gut passen würden. So wurde u. a. von einem Lawinenunglück bei Rosenheim in Oberbayern berichtet, von Unruhen in Afghanistan, von Raufereien zwischen Kommunisten und Stahlhelmern in Breslau, von einem Amoklauf in Gleiwitz mit vier Verletzten. Mundartgedichte in schlesisch und bayerisch folgten, und zwischendurch wurde wieder gesungen. Einige „salonfähige“ Witze fehlten auch nicht, u. a.: Sagt der Herr Pfarrer zum Brautpaar: „Jetzt seid ihr Mann und Frau.“ Der Bräutigam: „Herr Pfarrer, was waren wir vorher?“ Frau Huntscha überreichte dem stv. Bezirksvorsitzenden R. Maywald zwei „ADO – Aktion deutsche Ortsnamen“-Unterschriftslisten. Er fügte noch einige Erklärungen bezüglich Absicht dieser Aktion an und nannte die Personen und Organisationen, welche die Aktion unterstützen. Zum Abschluss verteilte Landsmann Kaleta das Faltblatt „Das Erzbistum Breslau“ (1920 zum Erzbistum erhoben). 1940 zählte es 2,324 Mill. Katholiken, 810 Pfarreien mit 1600 Priester. R. Maywald

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Laabt gesund und schloaft gesund Laabt gesund und schlaft gesund. Doas winschta sich die Leute oals mer nooch derheeme woarn, und woas, woas soagn se heute: Tschüß oam Oabend, tschüß oam Tage, äbend tschüß ei jeder Lage. Laab gesund, doas hieß: mach’s gut. Und tu beim guda Assa immer au dei Wohlergiehn uf keenen Foall vergassa. Vor’ m Heemgiehn hieß es: Schlaf gesund! Und dieser Wunsch woar ehrlich. Stup ei’s Wambla ne zuviel, denn oabends ist’ s gefährlich. Wenn der Maga packevuul, koan ma gesund ne schloafa. Trink au oabends ne zuviel, sust mußte zu uft ,,loofa“. Groade jitz, wu mer su aalt, miss mer dodroan denka dam LAABGESUND und SCHLOAFGESUND viel Beachtung schenka. Laabste krank und schläfste schlecht machts mit dir baal „olle“. Denk oan Ernst Schenkes ,,Biesa Traum“. Und wie’s erging dam Kolle. Vuul gesackt sei Bäuchla woar. Is koam a Traum, a schlimmer. Laabt gesund und schloaft gesund. Denkt heute droan und immer! Helmut Nitzsche

Hermann Kopke erneut Vorsitzender der Landsmannschaft in Eschweiler Nach bereits 26-jähriger Arbeit für die Eschweiler Schlesier ist Hermann Kopke für zwei Jahre im Amt bestätigt worden. Zu den Aktivitäten des Ortsverbandes gehörten ein Besuch des Deutschlandtreffens, des Tags der Heimat, das Oberschlesiertreffen am Niederrhein und das Bauden- und Schlachtefest. Ein vielfältiges und hervorragendes Programm, wie die Mitglieder feststellten, die sich neben dem Protokoll der Schriftführerin Eva Kotzur den positiven Kassenbericht von Ursel Dylong anhörten. Hermann Kopke ist nicht nur Vorsitzender, sondern auch Kulturwart. Sein Stellvertreter ist Kurt Heinrich Mentzel, auch Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen im Ortsverband Eschweiler sowie Beisitzer der Landsmannschaft im Kreis. Die Kasse verwalten Ursel Dylong und Steffi Wiehle, sie werden von Tibor Egerszegi und Elisabeth Anging überprüft. Christel Wagner sammelt die Beiträge bei den Mitgliedern. Schriftführerin ist Eva Kotzur. SN

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LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

Reisebericht:

„Über Dresden nach Schlesien“ Ins 800-jährige Dresden führte in diesem Jahr zunächst die Sachsen-Schlesien-Reise der Kreisgruppe Neuss der Landsmannschaft Schlesien. „Kaiserwetter“ begleitete die ganzen acht Tage eine erwartungsfrohe Busgesellschaft. Das „Elbflorenz“ ist wieder erstanden und seine großartigen Kulturdenkmäler erstaunten die Besucher, denn in einer exzellent geführten Stadtrundfahrt erlebte man eine Kunst- und Kulturstadt, die seinesgleichen sucht. Auch die nähere Umgebung bildet einen goldenen Kranz von unvergleichlich landschaftlicher Schönheit. Natürlich war der Besuch der Frauenkirche ein besonderer Höhepunkt des Tages. Jedoch das ganze Ensemble von der Brühl’schen Terrasse bis hin zur kath. Hofkirche, Semperoper, Zwinger und Schloss beeindruckten in hohem Maße. Durch das wieder schöne Bautzen an der jungen Spree ging die Reise über Löbau durch die wunderbare Oberlausitz nach Zittau am heutigen Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien. Es folgte ein Stadtrundgang, wo u.a. die gewaltige Johanneskirche, ein mächtiger Schinkelbau beeindruckte. Die größte Einmaligkeit deutschlandweit stellt die Dauerausstellung des „Großen Zittauer Fastentuches 1472“ in der Museums-Kirche zum Hl. Kreuz dar.

Dorfkirche in Wilhelmstahl unterhalb des Glatzer Schneeberges (1225 m)

Nun galt es drei Grenzen zu überqueren: von Zittau über die Lausitzer Neiße auf die heute polnische Seite, die bis 1945 zu Sachsen gehörte mit dem Städtchen Reichenau und weiter nach Tschechien/Sudetenland mit der WallensteinStadt Friedland, um dann über die dritte Grenze nach Bad Flinsberg im Isergebirge zu gelangen und damit in Schlesien anzukommen. Das Tagesziel Krummhübel im Riesengebirge wurde dann mit der Reise über einen Teil der Sudetenstraße mit der berüchtigten Teufelskurve (fantastischer Blick auf das Riesengebirgspanorama mit der Schneekoppe/1603 m), Schreiberhau und Petersdorf planmäßig erreicht. Während des zweitägigen Aufenthalts wurde die berühmte Stabholzkirche Wang besichtigt und anschließend dem Gerhart-Hauptmann-Haus, dem Wiesenstein, in Agnetendorf ein ausführlicher Besuch abgestattet. Hier starb der Nobel-

preisträger für Literatur im Juni 1946 unter schwierigsten Bedingungen. Polen verweigerte die Beisetzung in seiner schlesischen Heimat und so gelangte sein Leichnam nach Hiddensee, wo er auf dem dortigen Inselfriedhof seine letzte Ruhe fand. Der Besuch der Stadt Hirschberg gestaltete sich zu einer frohen Mittagszeit mit Stadtbummel über den schönen Ring, so nennt man in Schlesien auch heute noch den Markplatz, zur berühmten Gnadenkirche, die nach dem Vorbild der Stockholmer Katharinenkirche erbaut wurde. Den Tagesabschluss bildete schließlich die kurze Fahrt zum Schloss Lomnitz, eine Neusser Schlesiergruppe vor dem Gerhart-HauptmannPerle des Hirschberger Ta- Haus in Agnetendorf/Riesenles. gebirge im Juni 2006 Die Weiterreise ging zunächst nach Grüssau mit dem mächtiNatur- und Kulturlandschaft. Allein die gen barocken Marienmünster und über stattlichen Bäder u.a. Bad Landeck, Bad Gottesberg und Waldenburg gelangte man Altheide und Bad Kudowa sind auch heuins Zielgebiet, der Grafschaft Glatz. te wieder voller Leben auch mit Gästen aus Hier traten bei einigen Mitreisenden ganz Deutschland. Eine Tagestour über schmerzliche Erinnerungen an Heimat und den Bereich der Grafschaft hinaus führte Elternhaus Hervor, die alle sehr bewegten. über Reichenstein ein Stück ins OberIn Glatz selbst kam es schließlich zu eischlesische nach Patschkau, auch das ner Begegnung mit einer Abordnung des „schlesische Rothenburg“ genannt, wedortigen deutschen Freundschafskreises gen seiner erhaltenen Stadtmauern und (DFK), dem etwa hundert Personen verschönen Jugendstilhäusern. Voran die streut im ganzen Glatzer Land angehören. dreischiffige Hallenkirche aus dem 14. Erschütternd die Tatsache, zu einer kleiJahrhundert. nen Minderheit zu gehören in einem einst Ein Höhepunkt war anschließend der rein deutschen Gebiet. Dies kam auch bei Besuch der Stadt Jauernig im heutigen der gemütlichen schlesischen KaffeeTschechien, dem ehemaligen Sommersitz stunde zum Ausdruck. Eine Spende der der Breslauer Bischöfe. Hier verstarb im Landsmannschaft und eine Geldsammlung Juni 1945 der letzte Domherr von Bressoll eine materielle aber auch moralische lau, Erzbischof Kardinal Bertram, Unterstützung sein für Menschen, die abwährend kurz zuvor die Festung Breslau seits unserer wohlhabenden Gesellschaft kapitulierte. Erst 1991 konnten seine leben müssen und der Heimat dennoch sterblichen Überreste in den Breslauer Jodie Treue halten. hannesdom überführt werden. Unterhalb des Glatzer Schneeberges Fortgesetzt wurde die Fahrt zum (1225 m), der größten Erhebung in der Schloss Kamenz, einem von Plänen nach Grafschaft, in einer gastfreundlichen FaKarl-Friedrich Schinkel repräsentativ ermilienpension, fand die Reisegruppe aus richteten Monumentalbau, der 1945/46 Neuss beste Unterkunft. ausgeraubt und in Flammen aufging. LetzSo wurden zwei Tage zu einer Erlebniter Besitzer war Prinz Friedrich Heinrich stour in einer grandiosen unvergleichlichen von Preußen. Leider verweigerte man der Gruppe eine Führung in deutscher Sprache. Letzter Tagesbesuch galt dem Marien-Wallfahrtsort Wartha im Durchbruchtal in die Grafschaft zwischen Eulen- und Reichensteiner Gebirge. Die zweite Tagestour führte in die alte FeSchloß stungsstadt Glatz, Mittelpunkt Johannesberg des Glatzer Bergkessels, beiderin Jauernig/ seits der Neiße. Hier fand die BeTschechische Republik sichtigung der Dekanats- und Mi-

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 noritenkirche ein großes Echo. Ebenso das wuchtige Rathaus am Ring, sowie die wiederhergestellten Anlage der Mariensäule mit ihren deutschen Inschriften. Schlesiens berühmtester Wallfahrtsort Albendorf, genannt das „Schlesische Jerusalem“ war ebenfalls Station dieser kleinen Pilgerreise, die dann über ein weiteres Stück Sudetenstraße entlang des Grenzflusses Erlitz hinauf auf die Höhen des Habelschwerther Gebirges führte und eine atemberaubende Sicht bot bis hinüber zum Schneegebirge mit dem Bergkirchlein Maria Schnee. Im „Heemte Häusla“ auf dem Lerchenfeld, fand die schöne Tagestour bei schlesischen Kuchen und Kaffee mit Musik und Gesang einen erholsamen Abschluss. Der Abschied von dieser gesegneten Landschaft fiel allen sehr schwer, denn es galt einen weiteren langen Reisetag zu bestreiten mit dem ersten Ziel Breslau, welches man nach einer Umleitung über Langenbielau/Reichenbach verspätet erreichte, so dass der Besuch von Trebnitz, der Stadt der Hl. Hedwig entfallen mus-

LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN ste. Jahrhunderthalle und Dominsel wurde angesteuert und am prächtigen Breslauer Ring mit dem herrlichen gotischen Rathaus endet auch schon der Kurzbesuch, denn das Tagesendziel war die schlesische Stadt Görlitz an der Lausitzer Neiße, wo am Rande der Stadt noch einmal Quartier bezogen wurde. Rund 700 km bis Neuss mussten am letzten Tag noch bewältigt werden und bildeten den Abschluss einer inhaltsreichen Bildungs- und Informationsreise, die auch die zahlreichen Nichtschlesier begeisterte. Erstaunt berichten sie, welchen großen kulturellen Schatz und welche Bodenschätze als Jahrhunderterbe in einer überwältigen Landschaft Schlesien besitzt. Eine Frage blieb unbeantwortet, hat sich die Vertreibung seiner friedliebenden Menschen gelohnt? Dank an die Organisatoren, besonders Herrn Dr. Horst Stephan für sein umfassendes Wissen und die kluge Reisebegleitung, sowie dem umsichtigen Busfahrer. Theo Jantosch Fotos: LM Schlesien, Neuss

Schlesien im Herzen Ursula Stephan feierte ihren 85. Geburtstag Neben ihrer Sorge um die Familie engagierte sich die Ursula Stephan ihr Leben lang für Schlesien und die Belange der Landsmannschaft der Schlesier. Mit Blick auf ihre Heimat Schlesien gibt es für sie kein Ruhen, Rasten oder gar Amen, sondern nur tatkräftiges Eintreten zum Bewahren und Gedenken an das geschichtlich deutsche Schlesien, im Besonderen jedoch dessen Fortleben in gesundem Patriotismus. Ursula Stephan, geborene Karte, wurde 1921 in Breslau geboren, besuchte dort das Pawelsche-Lyceum. Mit 20 Jahren heiratete sie im Juni 1941 den Studienrat Herbert Stephan, dieser ist jedoch 1942 auf der Krim gefallen und konnte so die Geburt des Sohnes Michael nicht mehr erleben. Am 21. Jan. 1945 musste Ursula Stephan mit Mutter und Sohn im großen Treck ihre irrsinnigerweise zur „Festung“ erklärte Heimatstadt Breslau verlassen und kam während der Flucht über das Erzgebirge und Zwischenstation in Ahrain nach Landshut, wo auch ihr Sohn mit Familie lebt. In Landshut baute sie für sich, Sohn Michael und ihre Mutter eine neue Existenz auf und war als selbständige Handelsvertreterin sowie Verwaltungsangestellte tätig. „Landshut ist mein heutiges Zuhause geworden, meine Liebe gilt aber immer noch meiner Heimat Schlesien", so Ursula Stephan, die über die deutschen Freundeskreise im heutigen Schlesien weiterhin aktiv Kontakte nach Breslau pflegt so-

wie Unterstützung gewährt. Trotz des damaligen Überlebenskampfes vergaß sie ihre Heimat nicht und war 1948 Gründungsmitglied der Landsmannschaft Schlesien, Landshut. In der Verbandsarbeit brachte sie sich vom ersten Tage bis heute aktiv und unermüdlich ein. Sie gründete 1948 die Kindergruppe in der Landsmannschaft, führte die Frauengruppe, fungierte als Frauenreferentin im Bezirks- und Landesverband, wurde Mitglied in der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg. Ab 1987 war Ursula Stephan bis 2002 erste Vorsitzende des Orts- und Kreisverbandes der Landshuter Schlesier, zu deren Ehrenvorsitzenden sie ernannt worden ist. Neben ihrem aus Liebe zur Heimat geprägten Engagement in der Landsmannschaft entschied sie sich sehr früh auch zum sozialen Wirken und war als Vertreterin der Landsmannschaft von 1967 bis Ende 1999 als Aussiedlerbetreuerin in Landshut tätig. Für das überaus große Engagement dankte die Landsmannschaft Schlesien unter anderem mit der Verleihung des Schlesierkreuzes im Jahre 1990. Eine besondere Auszeichnung erfuhr sie aber durch den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber, als sie 2001 mit der Verleihung der Medaille für besondere Verdienste für im Ehrenamt tätige Frauen und Männer geehrt worden ist. Die große Familie der Schlesier dankt Ursula Stephan für ihren unermüdlichen Einsatz zur Erhaltung sowie das Weiterleben des kulturellen Erbes der schlesischen und ostdeutschen Heimat, wünscht ihr für viele weitere Jahre Schaffenskraft und stets bestes Wohlergeben. Hans J. Kupke

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Vertriebenendenkmal in Holzhausen bei Kassel vom Sturm zerstört

Am 17. Mai 2006 wurde das Heimatvertriebenenkreuz vom Sturm zerstört. Eine extreme Windböe stürzte drei stattliche Laubbäume auf das Denkmal. Dabei wurde der Querbalken des Kreuzes abgerissen. Das nicht gerade kleine, von einer Mauer eingefasste Areal der Gedenkstätte, wurde von den Baumkronen zugedeckt. Wir wollen dankbar sein, dass sich am Denkmal zu dem Zeitpunkt des Unglücks keine Menschen aufhielten. Das Denkmal wurde 1958 vom Bund der Vertriebenen errichtet und wird von Mitgliedern der Landsmannschaft Schlesien, Kreisgruppe Kassel Stadt und Land, sorgfältig gepflegt. Das Denkmal ist aber auch ein schöner Anblick für Spaziergänger und Wanderer und lädt zum Verweilen ein. Jedes Jahr finden Andachten und Gedenkstunden für die verstorbenen Landsleute aus den Vertreibungsgebieten statt. Deshalb ist es nicht nur ein materieller Schaden, sondern berührt besonders die Herzen der Heimatvertriebenen. Der Bund der Vertriebenen und besonders die Landsmannschaft Schlesien bitten und hoffen auf Unterstützung beim Wiederaufbau. Klaus-Dieter Leder

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LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN

Landestreffen der Schlesier BadenWürttembergs in Balingen

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 fächerten Programm von Kompositionen der schlesischen Saloniker um Michael Jary auf, der übrigens vor 100 Jahren im oberschlesischen Laurahütte geboren wurde. Der Dirigent Patrick Siben lieferte dazu interessante musikgeschichtliche Darstellungen. Viel Anklang fand ferner die jugendliche Tanzgruppe des Sportverbandes Reutlingen-Rommelsbach, die mit 18 Mädchen in zumeist schlesischen Trachten „tanzend durch Europa“ zog und vor allem durch das noch sehr ursprüngliche, aber schon sehr engagierte Auftreten der Jüngsten spontanen Beifall auslöste. Wolfgang Prahl steuerte wiederum besinnliche und humorvolle Wortbeiträge in schlesischer Mundart bei und berichtete kurz über den nach wie vor existierenden „Arbeitskreis schlesische Mundart Baden-Württemberg“ in Wangen/Allgäu. Im Beiprogramm wurde erstmals ein „Schlesischer Flohmarkt“ veranstaltet, der mit echt schlesischem Porzellan, antiquarischen Büchern, Landkarten und Bildern hervorragend beschickt war. Ständig umlagert waren die Ausstellungen der Landesgruppe, nämlich die „Schlesischen Zeitgenossen“, eine Auswahl von 17 Fotos großer Schlesier unserer Zeit, unter denen freilich unsere schlesischen Fußballer Michael Ballack, Miroslaw Klose und Lukas Podolski das größte Interesse fanden, die sogar der Minister in seiner Festansprache mit der Bemerkung „Schlesien hat Schweden geschlagen“ gewürdigt hatte. Diese Ausstellung wird im August in einer größeren Ausführung im Schaufenster im „Haus der Heimat“ in Stuttgart zu sehen sein und anschließend den Kreis- und Ortsgruppen angeboten. Die andere Ausstellung „Schlesisches Himmelreich“, die im Schaufenster im „Haus der Heimat“ in Stuttgart schon gezeigt wurde, stieß auch hier auf großes Interesse. Der von der Landesgruppe Baden-Württemberg geplante „Förderverein für den Wiederaufbau des Eichendorff-Schlosses in Lubowitz“ präsentierte ein Modell des neuen, alten Eichendorff-Schlosses, das erhebliches Interesse fand. Günther Zimmermann

In der prächtigen Stadthalle in Balingen veranstaltete die Landesgruppe Baden-Württemberg am 25. Juni ihr Landestreffen, mit dem der Landesvorstand zusammen mit der rührigen Ortsgruppe Albstadt/Zollernalb den baden-württembergischen Schlesiern ein reichhaltiges Programm, mehrere interessante Ausstellungen, erstmals einen „Schlesischen Flohmarkt“ und viel schlesische Stimmung bieten konnte.. Das Treffen begann mit einem Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech in der Ausstellung „Schlesisches Himmelreich“ mit Produkten ökumenischen Gottesdienst, ge- unserer Zeit mit schlesischer Herkunft auf dem Landesstaltet von Pfarrer Dr. Paul Ger- treffen in Balingen Fotos: Bernhard Bochynek hard Eberlein mit der Landeskulturreferentin Gudrin Lintzel und Frau Evaund Spätaussiedler, Heribert Rech, der Charlotte Katzer. Die anschließende sehr eindrucksvoll die Rolle der Flüchtlinge Kundgebung eröffnete Landesvorsitzenund Vertriebenen beim Aufbau des Lander Günther Zimmermann mit einer Bedes Baden-Württemberg schilderte und grüßung der mehrere hundert Teilnehmer das Bekenntnis der Landesregierung vorund Ehrengäste, angeführt vom badentrug, zu den Vertriebenen und ihren Verwürttembergischen Innenminister Herbänden auch künftig intensive Beziehunibert Rech. Balingens Oberbürgermeister gen zu unterhalten und ihre kulturelle BreiDr. Edmund Merkel zeigte sich in seinem tenarbeit finanziell zu fördern. Grußwort sichtlich beeindruckt von der zahlenmäßigen Größe der baden-württembergischen Schlesiergemeinde und von der deutlich spürbaren familiären Stimmung in der Halle. Den vom Landesvorsitzenden Zimmermann zum Ausdruck gebrachten Vorschlag, die Bedeutung der Stadt Balingen durch die Gründung einer kommunalen Partnerschaft mit einer schlesischen Stadt zu krönen, wurde vom Oberbürgermeister positiv aufgenomEine der Bildtafeln der Ausstellung „Schlemen. Arnold Tölg, Landesvorsitzender des sische Zeitgenossen“ der Landesgruppe BdV, stellte in seinem Grußwort die vom Baden-Württemberg Bund der Vertriebenen und den Landsmannschaften auch 60 Jahre nach Flucht Das nachmittägliche Kulturprogramm und Vertreibung noch oder wieder gewurde von Landeskulturreferentin Gudrun pflegten Verbindungen zu den HeimatLintzel gemanagt und konnte aufgrund seiländern heraus. Er erinnerte an die Benes kontrastierenden professionellen und deutung des Zentrums gegen Vertreiauch Laien-Programms nichts anderes als bungen in Berlin und lobte auch die AkBegeisterung auslösen. Das mit 13 Mutivitäten der schlesischen Landesgruppe sikern bestückte Orchester der Stuttgaram Beispiel des Jugendseminars in Kreiter Saloniker wartete mit einem breit gesau, an dem er selbst mitgewirkt hatte. Der Höhepunkt des Vormittagsprogramms war die Festansprache des baden-würtWie schon seit Jahren wurde auch tembergischen Innenministers und Landas diesjährige Pilzendorfer Trefdesbeauftragen für Flüchtlinge, Vertriebene fen unter dem Motto: „Fröhliche Menschen und guter Wein sollen immer beisammen sein“ am schönen „Vater- Rhein“ im Gasthof-Hotel „Erholung“ in St. Goarshausen gefeiert. Die Begegnung begann mit einem Stadtrundgang und einem Heimatabend am Freitag, den 26. Mai. Am Samstag folgte eine Schifffahrt nach Bacharach, die Heimatmesse und ein Bunter Abend mit Die Pilzendorfer Heimatgruppe nach der Hl. Messe in St. Gespräch am Rande des Landestreffens mit dem Hannes aus Bayern. Das Goarshausen. (v.l.n.r.) dem Landesvorsitzenden Günther siert und mit Unterstützung des Ehepaars Treffen endete am Sonntag den 28. Mai Zimmermann, Landesschatzmeister KarlKoziol zur großer Zufriedenheit aller Teilnach dem musikalischen Frühschoppen. Heinz Tschirner und dem baden-württemnehmer gestaltet. SN Es wurde vom Ehepaar Golawski organibergischen Innenminister Heribert Rech

Pilzendorfer Treffen 2006 in St. Goarshausen

LANDSLEUTE

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

Blumen für die Bundeskanzlerin in ihrer Geburtsstadt Hamburg Die Jugend der Ost- und Mitteldeutschen der Hansestadt beim 60. Jubiläum der CDU Hamburg Es war alles vorbereitet. Aufgeregt warteten unsere jungen Vertreter, der 8 jährige Alexander (Deutscher aus Russland), seine Schwester Christina und der 10 jährige Lukas (LM der Oberschlesier/LM Schlesien), um den eintreffenden Ehrengästen, Frau Dr. Angela Merkel, erste Bundeskanzlerin in Deutschland, Bürgermeister Ole von Beust und dem Jubilar Dirk Fischer, MdB (Landesvorsitzender) an diesem schönen 12. Maiabend am Eingang der Fischauktionshalle Blumengrüße zu überreichen. Nur der Jubilar, Landesvorsitzender Dirk Fischer MdB, ging leider leer aus. Wir werden dies jedoch nachholen. Schade, dass ‚Petrus’ uns ein ‚Schnippchen’ schlug. Im folgenden Jubiläumsprogramm – wobei ein Blitz auch noch die Mikrofone kurz verstummen ließ und von Beust meinte: „Sogar der Himmel gratuliert“ – berichtete Dirk Fischer über die Anfänge 1949 und die Kanzlerin dankte mit anerkennenden Worten für die gute Verbandsarbeit in der Hansestadt. Besonders stolz waren aber unsere drei jungen Gratulanten Alexander,, seine Schwester Christina und Lukas, die allen Widerständen erfolgreich getrotzt und ein großartiges Erlebnis gehabt hatten. Willibald J.C.Piesch

Die Jugend der Ost- und Mitteldeutschen Landsmannschaften der Hansestadt gratulierte Frau Dr. Angela Merkel gleich mit zwei Blumensträußen ... Aber auch dem Ersten Bürgermeister Ole von Beust und Landeschef Dirk Fischer wurde zum 60. Geburtstag der CDU Hamburg gratuliert. V.l. Lukas Lücking, 10 Jahre, Bundeskanzlerin Dr. Merkel, dahinter Bundespressechef Leindsner und Bürgermeister Ole von Beust vor dem Festprogramm in der Fischauktionshalle am 12. Mai 2006 in Hamburg-Altona.

90. Geburtstag von Sophie Freifrau von Aretin Bei einem Stehempfang im Hof des Ellinger Deutschordensschlosses hatte die Bevölkerung der Stadt sowie die Vertreter der Ellinger Vereine Gelegenheit, Sophie Freifrau von Aretin bei bester Gesundheit zu ihrem 90. Geburtstag zu gratulieren. Zahlreiche Gäste, vor allem aus den Familien von Aretin und von Wrede, darunter ihren zehn Urenkeln, sowie aus dem örtlichen Wirtschaftsleben und der Politik wohnten dem vorangegangenen Festgottesdienst in der Schlosskirche bei, den Dekan Ludwig Romstöck, Pfarrer Josef Kreuzer und Pfarradministrator Dr. Michael Klersy hielten. Nach dem Gottesdienst empfing eine kirchliche Familiengruppe die Jubilarin auf dem Hof mit Liedern und die Kinder der Gruppe erfreuten sie mit Blumengebinden, bevor sich eine lange Schlange von Gratulanten bildete, die der in Ellingen als sehr volksnah bekannten, im schlesischen Bad Warmbrunn als Reichsgräfin von Schaffgotsch geborene

Sophie von Aretin ihre Glückwünsche aussprachen. Die Deutschordenskapelle intonierte einige Stücke, darunter auch auf Aretins besonderen Wunsch den Gospelsong „Amazing Grace“. Von Aretin ist seit 1953 in zweiter Ehe mit Erwein Freiherr von Aretin verheiratet, nachdem ihr erster Mann Dr. Carl Joseph von Wrede in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges gefallen war. Sophie von Aretin engagierte sich in Ellingen als Vorsitzende des Katholischen Frauenbundes und des Pfarrgemeinderates und führt nach wie vor ihren Haushalt im Nebengebäude des Ellinger Schlosses selbst. Manfred E. Fritsche

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Ein treuer Schlesier, Klaus Goldmann, starb am 25. Juni 2006 in Gauting Am 25. Juni 2006 starb Klaus Goldmann in Gauting bei München. Geboren 1928 in Schweidnitz als Sohn des Kaufmanns Oskar Goldmann, gehörte er bei Kriegsende zu der Generation, die als Luftwaffenhelfer in Breslau die Festungszeit erlebte und danach bis 1948 in russische Gefangenschaft nach Usbekistan verschleppt wurde. Nach seiner Entlassung war es für den Abschluss seiner Schulausbildung zu spät. So erlernte er erst den Beruf des Maurers und später den des Handschuhmachers. Zum Schluss war er Abteilungsleiter der bekannten deutschen Handschuhfabrik Roeckl in München. Nach seinem Berufsleben aber setzte er sich mit viel Schwung für seine Heimat Schlesien ein. Sein Leitmotiv war dabei „Annäherung, Verständigung, Versöhnung“ Er half in Bolkenhain eine Handschuhfabrik aufzubauen, die viele Jahre für die Firma Roeckl arbeitete. Auch anderen polnischen Firmen vermittelte er geschäftliche Verbindungen mit dem Westen. Viele Jahre im Vorstand der „Veeso“ (Verein zur Erforschung und Erhaltung schlesischer Orgeln) gelang es, wertvolle Orgeln in Schlesien durch mühsames Sammeln von Spenden vor dem Verfall zu retten. Eines der ersten Projekte der „Veeso“ war die Sanierung der kleinen Altarorgel der Friedenskirche seiner Heimatstadt Schweidnitz. Die Aktion „eine Glocke für die Schlosskapelle von Kreisau“ verwirklichte Klaus Goldmann zusammen mit seiner Frau durch engagierten persönlichen Einsatz. Mit der Heimatgruppe Striegau zusammen engagierte er sich für die Restaurierung der wertvollen Orgel in Striegau. Sein letztes großes Projekt, trotz langer und schwerer Krankheit, war die geplante Sanierung des Friedhofes rund um die Schweidnitzer Friedenskirche. Diese selbstgewählte Aufgabe konnte er nicht mehr zu Ende führen, doch anstelle von Blumenspenden zu seiner Beerdigung bat die Familie um eine Spende für dieses Projekt an die „Gemeinschaft evangelischer Schlesier“ für den Friedhof in Schweidnitz, Kontonummer 26997, BLZ 490 519 90 bei der Stadtsparkasse Porta Westfalica unter dem Stichwort „Klaus Goldmann“. Viele Schlesier verlieren mit Klaus Goldmann einen Landsmann, der mit der ganzen, ihm zur Verfügung stehenden Kraft versuchte, eine Brücke zwischen den deutschen Schlesiern und der heute in Schlesien wohnenden polnischen Bevölkerung zu schlagen. Sein Tod hinterlässt eine große Lücke. Jutta Graeve

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HEIMAT SCHLESIEN / ANZEIGEN

650 Kilometer in 33 Etappen nach Breslau Die Geschichtswandergruppe der Wanderfreunde Mistelbach/Bayreuth, die zur Hälfte aus gebürtigen Schlesiern und Franken bestand, hat ihre 650 Kilometer lange Wanderung auf den Spuren vieler heimatvertriebener Schlesier nach Breslau kürzlich erfolgreich abgeschlossen. Mit den letzten vier Etappen und einer nochmaligen Besteigung der Schneekoppe und des heiligen Berges der Schlesier, dem Zobten, hat die Gruppe die letzten 70 Kilometer zurückgelegt. Um das Ziel Breslau zu erreichen mussten jedoch 33 Etappen zu je ca. 20 Kilometer durch Fich-

tel-, Elster-, Erz-, Elbsandsteingebirge, die Böhmische Schweiz, das Zittauer-, Iser-, Riesen-, Überschar- und Waldenburger Gebirge bewältigt werden. Zum krönenden Abschluss wurden die Wanderer im historischen Breslauer Rathaus vom Vorsitzenden des Stadtrates Peter Stopnicki empfangen. Anfangs entwickelte sich die Begegnung sehr kühl, doch nach der versöhnend gehaltenen Antrittsrede des Vorsitzenden Rudi Leitz, die in deutscher und polnischer Sprache verfasst war, lockerte sich das Verhältnis zu einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre, dem sich

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 sogar noch der sehr gut deutsch sprechende Oberbürgermeister Rafael Dutkiewicz hinzugesellte. Bereits am nächsten Tag wurde dieses Unternehmen im dortigen Regional-Fernsehen veröffentlicht. Für die Vorbereitung und Bewältigung der Wanderstrecken zeichnete in erster Linie Wanderführer Walter Heidenreich verantwortlich. Über Geschichtliches entlang der Strecke informierte immer umfangreich Wanderführer Gerhard Zimmermann. Im Rahmen dieses Abschlusses wurden auch Ausflüge genutzt, um über die Geschichte Breslaus und Schlesiens weiteres in Erfahrung zu bringen. Auf der Heimreise hat die Gruppe dem weltbekannten Fürst Pückler Park Bad Muskau noch einen Besuch abgestattet. Rudi Leitz

TERMINE 29. 7. bis 1. 10. 2006: Sonderausstellung „Dioramen – 3D-Schaubilder des 19. Jahrhunderts aus Schlesien und Böhmen“ im Schlesischen Museum zu Görlitz, Brüderstr. 8, Di bis So: 10 bis 17 Uhr 27. August 2006, 11 Uhr: Matinée-Klavierkonzert Frédéric Chopin, gespielt von Junko Shioda, anläßlich des 180. Jahrestages des ersten Konzertauftritts des jungen Chopins am 26. August 1826 im schlesischen Bad Reinerz. Haus Schlesien. Dollendorfer Str. 412, Königswinter.

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

HISTORISCHES

Gründung von Neumarkt und das Neumarkter Recht – von Ursula Lange – Piastenherzog Heinrich I. wollte sein selbständig gewordenes Land Schlesien, das bis 1163 meist unter polnischer Herrschaft gestanden hatte, eng mit dem deutschen Reich verbinden. Vermählt mit einer Tochter des bayerischen Grafen Berthold IV. von Andechs und Meran, Hedwig, die später zur Schutzheiligen von Schlesien wurde, holte er deutsche Siedler ins Land. Um 1210 gründete Herzog Heinrich den Marktort Neumarkt. Schon bald darauf spielte der Ort eine führende Rolle im Land, und bereits 1235 wurde Neumarkt zur Stadt mit Halle’schem Recht erhoben. Dass die Neumarkter ihre Rechtsnormen nicht von den Schöffen in Magdeburg, wie damals üblich, sondern von denen in Halle einholten, hatte seinen Grund vermutlich in den Handelsbeziehungen zu Halle. Dabei wurde das Halle’sche Recht in Neumarkt nicht streng wörtlich angewandt, sondern den örtlichen Verhältnissen angepasst. Damit war das in der Stadt Neumarkt exemplarisch vorgelebte „Neumarkter Recht“ entstanden. In der Folgezeit wurde es an über 500 Orte in Schlesien und bis zur Ukraine, zum Bug und an die untere Weichsel verliehen. Dieses Neumarkter Recht garantierte den frühen Siedlern, dass sie als freie Männer unter gleichen Verhältnissen wie in ihrer alten Heimat zu leben berechtigt waren. Johann von Neumarkt Einhundert Jahre nach Gründung des Marktortes Neumarkt erblickte einer der bedeutendsten Staatsmänner seiner Epoche – der Begründer und Schöpfer der neuhochdeutschen Schriftsprache und erster Humanist Deutschlands – das Licht der Welt: Der aus einer deutschen Familie in Hohenmauth in Böhmen stammende Johann von Neumarkt. In Prag erhielt er seine Ausbildung zum Geistlichen und Juristen. Als Kanzler Kaiser Karls IV. hatte er wesentlichen Anteil am Zustandekommen der „Goldenen Bulle“, die u. a. die Sonderstellung der Kurfürsten festlegte. Sie blieb bis 1806 eine der wichtigsten Grundgesetze des Deutschen Reiches. Johann von Neumarkt war zunächst Pfarrer in Neumarkt, dann Kanonikus am Breslauer Dom, in Olmütz und Oberglogau, schließlich Bischof von Leitomischl. Als enger Vertrauter des hochgebildeten Monarchen Karl IV. nahm er zweimal an dessen Italienzügen teil. Er stand in brieflicher Verbindung mit Petrarca, übersetzte viele lateinische Bücher ins Deutsche, verfasste zahlreiche Schriften, verbreitete Proben deutscher Dichtkunst und führte eine Reform der Prager Kanzleisprache durch. Johann von Neumarkt gilt als die Verkörperung der deutsch-böhmisch-schlesischen Kultureinheit im 14. Jahrhundert. Neben der deutschen und lateinischen Sprache beherrschte er die böhmische, französische und italienische. Neumarkt, das ihm zeitlebens viel bedeutete, hat er als Träger dieses Namens weithin bekannt gemacht.

Neumarkts Gang durch die Jahrhunderte Die günstige Lage zwischen Breslau und Liegnitz ermöglichte der Stadt einen schnellen wirtschaftlichen Aufschwung. Ihr Reichtum Neumarkt – Ober- und Unterring mit Rathaus wurde jedoch durch viele Brände, Mongoleneinfälle, die Hussitenkriege, war die Wirtschaftsstruktur des Kreises Neudurch Hungersnöte und Pest, durch die Leimarkt überwiegend von der Landwirtschaft den von Reformation und Gegenreformaund ihren Nebenzweigen, hier vor allem die tion und besonders durch den 30-jährigen Pferdezucht, geprägt. An größeren geKrieg vernichtet. Die Stadt, die im Zeitraum werblichen Anlagen sind zu nennen: Zuzuvor schon 6000 Einwohner hatte, zählte ckerfabriken, Sägewerke, Mühlenwerke, 1683 nur noch 165 wehrhafte Bürger. Ziegeleien, Elektrizitätswerke, KartoffelSeit dem Vertrag von Trentschin im Jahr flockenfabriken, Gerbereien, eine Zellulo1335 war Schlesien losgelöst aus dem polnisefabrik, ein Eisenwerk, Likör-, Malz-, schen Staatsverband und war böhmisch. Zigarren- und Lehrmittelfabriken, eine Damit gehörte Schlesien zum Deutschen Ofenfabrik. Reich. Aufgrund fragwürdiger, unsicherer Eine Sonderstellung unter den GeRechtsansprüche auf das unter Habsburmeinden im Neumarkter Kreisgebiet nimmt gischer Herrschaft stehende Schlesien Maltsch an der Oder mit seinen Hafenanlamarschierten 1740 preußische Truppen in gen ein. Der Maltscher Oderhafen war der Schlesien ein – die drei sogenannten einzige reichsbahneigene Hafen in ganz Schlesischen Kriege nahmen ihren Anfang. Schlesien. 1941 belief sich der JahresumIm zweiten Jahr des Siebenjährigen Krieschlag auf etwa 1 Mio. Tonnen, das war ges, dem letzten der Schlesischen Kriege, mehr als der des Breslauer Oderhafens. Fer1757, tobte die berühmte Schlacht von Leuner sind zu erwähnen: die Maltscher Werftthen, einem Dorf nahe Neumarkt. Sie brachanlagen, in denen zunächst auch Schiffste Friedrich dem Großen einen glanzvollen neubauten, später nur noch SchiffsreparaSieg über die Österreicher, den Menschen turen ausgeführt wurden. in und um Neumarkt jedoch neue Lasten und Wunden. Kaum hatte sich die Stadt und ihr Umland unter preußischer Herrschaft erholt, da brachen wieder Not und Bedrängnis über die gequälte Bevölkerung herein – in Gestalt von Truppen der französischen Eroberungsarmee. Für eine Woche im Juni 1813 lag der Schwerpunkt der Weltgeschichte in Neumarkt. Dort hatte Napoleon auf seinem Unterwerfungsfeldzug durch Europa sein Hauptquartier aufgeschlagen. Noch Generationen danach erMaltsch an der Oder – Blick auf beide Hafenbecken innerte man sich in Neumarkt schaudernd an die Franzosenzeit, an Truppendurchzüge, Plünderung, Verwüstung und BrandFlucht und Vertreibung schatzung, Einquartierung und RequirieVon Mitte Januar 1945 an strömten stänrung. Doch das alles war nichts im Vergleich dig wachsende Flüchtlingstrecks aus Richzur Russenzeit nach 1945 und der tung Osten durch die Straßen Neumarkts, anschließenden Vertreibung. In den Befreiund auch die Neumarkter verließen am 27. ungskriegen wurde auch Neumarkt befreit. Januar auf Anordnung der Behörden bei klirAber ihre einstige Bedeutung, Kraft und Ausrender Kälte und Schneetreiben die Heimat. strahlung hat die Stadt nach den SchreckDas Elend auf den Fluchtstraßen entzieht nissen und Aderlässen der voraufgegansich jedem Beschreibungsversuch. Als dann genen Jahrhunderte trotz aller Anstrendie Waffen schwiegen, kehrten viele der vor gungen nie wieder erreichen können. der Kriegswalze Geflohenen wieder in ihre inzwischen von Polen und Russen beDie moderne Kreisstadt und der Landsetzten Heimatorte zurück. Nun nahmen Not kreis Neumarkt und Krankheit in dem Maße zu wie NahIm Herzen Niederschlesiens gelegen, rungsmittel und die Möglichkeit, den Krangrenzt der Kreis Neumarkt westlich an ken Hilfe zu leisten, abnahmen. Ruhr und Stadt- und Landkreis Breslau. Im Norden Typhus rafften die halb Verhungerten dabildet überwiegend die Oder die Kreishin. – Am 26. Juni 1945 frühmorgens kurz grenze. vor fünf Uhr hallten Schüsse und Schreie Die gesamte Einwohnerzahl des Kreises durch die Straßen: „Alle Deutschen innermit der Stadt Neumarkt und den 114 Landhalb einer halben Stunde raus! Wer nicht gemeinden betrug nach der Volkszählung geht, wird erschossen!" Die Vertreibung der des Jahres 1939 rund 57 000. Deutschen aus der Heimat ihrer Väter hatMit 3571 landwirtschaftlichen Betrieben te begonnen.

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HISTORISCHES

Kardinal Bertram – die Seele Schlesiens Vor 100 Jahren erhielt Kardinal Bertram die Bischofsweihe Am 15. August 2006 jährt sich zum 100. Mal der Tag der Bischofsweihe des letzten Bischofs von Breslau. Adolf Bertram wurde von Georg Kardinal Kopp im Hildesheimer Dom am 15. August 1906 zum Bischof konsekriert. Adolf Bertram wurde am 14. März 1859 in Hildesheim geboren. Dort verbrachte er auch seine Kindheit und Jugendzeit. 1877 bestand er das Abitur. Da die philosophisch-theologische Lehranstalt in Hildesheim durch den Kulturkampf geschlossen war, musste er die Vorlesungen in Würzburg und München besuchen. Nach der Priesterweihe, die er am 31. Juli 1881 in Würzburg empfing, studierte er ein Jahr an der Universität in Innsbruck. Zwei Jahre lang (1882 – 1884) studierte er in Rom. In Würzburg erwarb er am 23. Juli 1883 den theologischen Doktorgrad. Nur ein Jahr später promovierte er erneut in Rom zum Doktor des kanonischen Rechtes. Adolf Bertram war erst 47 Jahre alt, als er zum Bischof konsekriert wurde. In wenigen Jahren nach seiner Bischofsweihe entwickelte er sich zu einem echten „Volksbischof“. Nach dem Tod des Kardinals Georg Kopp (gestorben am 04. März 1914) wurde er am 24. Mai 1914 durch den Breslauer Domkapitel zu dessen Nachfolger gewählt. Papst Benedikt XV. erteilte am 08. September des gleichen Jahres die Bestätigung. Fürst Bischof Adolf Bertram wurde am 28. Oktober 1914 im Breslauer Dom inthronisiert. Seit diesem Zeitpunkt stand er an der Spitze der größten deutschen Diözese. Am 04. Dezember 1916 kreierte Papst Benedikt XV. den Fürst Bischof Adolf Bertram zum Kardinal. Seine Ernennung konnte erst am 15.12.1919 infolge der Wirren des Ersten Weltkrieges publiziert werden. Die nationalen Spannungen in Oberschlesien, die dortigen kämpferischen Auseinandersetzungen, die Abstimmung und Teilung Oberschlesiens, die Zeit der Weimarer Republik, die Machtergreifung der Nationalsozialisten, die antikirchliche Propaganda des Dritten Reiches, der Zweite Weltkrieg und der Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 bildeten den zeitgeschichtlichen Hintergrund, vor dem er sich als Oberhirte Breslaus und Metropolit der ostdeutschen Kirchenprovinz bewahren musste und zu einer der markantesten Bischofsgestalten der katholischen Kirche in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts herangewachsen ist. Als Fürst Bischof von Breslau war er von 1914 bis 1918 Mitglied des Preußischen und Österreichischen Herrenhauses in Berlin und Wien. Gleichzeitig präsidierte er dem Österreichischen Landtag. Er setzte sich auch ein für die Sicherstellung der kirchlichen Seelsorge der polnisch sprechenden Katholiken in Oberschlesien, vor allem in den kritischen Jahren zwischen

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 schlag, der am Nachmittag des gleichen Tages seinen Tod herbeiführte. Er wurde am 11. Juli 1945 auf dem Friedhof in Jauernig beigesetzt. Erst 46 Jahre später – im November 1991 – wurden die sterblichen Überreste des Kardinals in den Dom zu Breslau überführt. Leider wird sehr oft die Person des Kardinals Bertram in böswilliger Weise verzerrt und falsch dargestellt. Er wollte durch seine sogenannte „Eingabepolitik“ nur das Beste für die damalige katholische Kirche in Deutschland erreichen. Das ist ihm auch zum Teil gelungen. Professor Werner Marschall schreibt in seinem Buch „Geschichte des Bistums Breslau“: „Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Bertram mit ganzer Seele dem schlesischen Volk verbunden war“. In diesem Sinne wollen wir des großen Würdeträgers der römisch-katholischen Kirche Schlesiens in ehrwürdiger Weise gedenken! Damian Spielvogel

Sonderstempel 1918 und 1920. Schmerzlich für ihn war die Abtretung Ostoberschlesiens an Polen, da dadurch die Diözese Breslau rund eine Million Katholiken verloren hatte. Es ist erstaunlich auch aus der Zeitperspektive betrachtend, wie Adolf Kardinal Bertram durch seine Erfahrungen in der kirchlichen Verwaltung, seine Ansprachen bei großen kirchlichen Veranstaltungen sowie seine Hirtenbriefe die angedeuteten Schwierigkeiten meisterte. Es soll nicht vergessen werden, dass der Breslauer Kardinal den Stimmenzuwachs der extremen Parteien bei den Reichstagswahlen mit großer Besorgnis beobachtete. Schon Ende 1930 warnte er vor den Nationalsozialisten. Als die Konkordatsbestimmungen von den braunen Machthabern verletzt wurden, wandte er sich als Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenzen fortwährend an die zuständigen Parteiinstanzen und Ministerien, um Beschwerden vorzutragen und Abhilfe zu fordern. Im Herbst 1939 konnte das 25jährige Jubiläum seiner Amtszeit als Breslauer Ordinarius nicht gebührend gefeiert werden, da der Zweite Weltkrieg seine Schatten auf den vom Alter gebeugten Kardinal, der stets die politische und kirchliche Situation nüchtern und ohne Illusion beurteilte, warf. Nach dem raschen Vorstoß der Einheiten der Roten Armee in Richtung Breslau hatte er sich auf Anraten seiner Umgebung am 21. Januar 1945 auf das Schloss Johannesberg bei Jauernig begeben. Am 08. Mai zogen die russischen Einheiten auch in Johannesberg ein. Als „Patriarchen von Deutschland“, wie ihn einige sowjetische Offiziere tituliert haben, erlitt er am 06. Juli 1945 einen Gehirn-

und Briefmarken zu den Themenbereichen Vertreibung, Schlesien, berühmte Schlesier und Ostdeutschland

Heute: Heute: Tag der Deutschen Einheit 17. Juni 1978 In der nächsten Ausgabe: 30. Tag der Heimat 1979 Aus der Sammlung Michael Ferber

Schlesische Firmen Teil 54 Rauschert Technische Keramik, europäischer Marktführer für Elektrokeramik, gegründet am 01.07.1898 in Hüttengrund / Thüringen, 1912 erwirbt die Rauschert-Gruppe u.a. die Porzellanfabriken Gebr. Pohl in Schmiedeberg und Erdmannsdorf, mit Ende des 2. Weltkrieges 1945 verliert Rauschert die schlesischen Werke, 1997 übernimmt Rauschert das frühere Rauschertwerk Erdmannsdorf, Hauptsitz in Judenbach - Heinersdorf / Thüringen

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KULTUR

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Von Gerhart Hauptmann bis Siegfried Lenz Ostdeutsches auf der Leipziger Buchmesse Den umfassendsten Beitrag zur ostdeutschen Literatur auf der Leipziger Buchmesse lieferten die Schlesier. So hat der unermüdliche Herbert Hupka, der im Sommer 2005 seinen 90. Geburtstag feiern konnte, auf 236 Seiten unter dem Titel „Schlesien lebt. Offene Fragen – kritische Antworten“ (Langen-Müller) seine Aufsätze zur Geschichte und Kultur Schlesiens gesammelt. Die eine Generation jüngere Monika Taubitz, geboren 1937 in Breslau, aufgewachsen in der Grafschaft Glatz, heute als pensionierte Lehrerin in Meersburg/Bodensee lebend, hat im Neisse-Verlag, der merkwürdigerweise nicht in Görlitz, sondern in Dresden ansässig ist, unter dem Titel „Ein Land gab mir sein Wort“ ein Bändchen mit Gedichten über Schlesien veröffentlicht. Es ist eine zweisprachige Ausgabe, die polnische Übersetzung stammt von Justyna Kubocz, die an der Breslauer Universität an einer Dissertation über Monika Taubitz arbeitet und die während der Lesung der Autorin am 17. März 2006 anwesend war und mehrere übersetzte Gedicht vortrug. In der am Stand des Verlages ausliegenden Zeitschrift „Silesia Nova“ (Heft 4/2005) konnte man ein aufschlussreiches Interview mit der Schriftstellerin Monika Taubitz nachlesen (sieben Seiten). Das Heft enthält noch weitere Aufsätze zu Schlesiens Literatur, wie den von Antje Johanning zum „Bild Polens im Werk Gustav Freytags“ und den der 1926 in Breslau geborenen Maria Frisé „Wiedersehen mit Breslau“. Sie ist am 19. Januar 1945 aus ihrer Heimatstadt geflohen. Über den Einmarsch der „Roten Armee“ in Schlesien und die Flucht der Schlesier schrieb der 1926 in Hindenburg/Oberschlesien geborene Schriftsteller Werner Heiduczek in seinem DDR-Roman „Tod am Meer“ (1977), der nach der ersten Auflage nach Einspruch des Sowjetbotschafters Pjotr Abrassimow verboten wurde. Dieser Roman war einer der vergeblichen Versuche in der DDR-Literatur, Flucht und Vertreibung ohne ideologische Vorbehalte aufzuarbeiten. Aber die Zeit, offen über Vergewaltigungen, Plünderungen und Morde an Zivilisten zu schreiben, war damals noch nicht gekommen! Jetzt kann man in Werner Heiduczeks Autobiografie „Die Schatten meiner Toten“ (Faber und Faber), im Sommer 2005 in Leipzig erschienen, ausführlich nachlesen, wie ein Schriftsteller behandelt wurde, der angeblich die „ruhmreiche Sowjetarmee“ beleidigt hatte. Das Buch ist aber weit mehr als eine nachgeholte Auseinandersetzung mit Staat und Partei, es ist die Lebensbeschreibung eines katholischen Oberschlesiers, der ins protestantisch geprägte Sachsen verschlagen wurde. Werner Heiduczek war Luftwaffenhelfer in den letz-

3. und letzter Teil, von Jörg Bernhard Bilke

ten Kriegsjahren, geriet dann in russische Gefangenschaft, wurde Neulehrer, Schulinspektor und Kreisschulrat, war 1961/64 Dozent in Bulgarien und lebt seit 1965 als Schriftsteller in Halle, heute in Leipzig. Nicht vergessen werden darf bei den Schlesiern der Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer. Geboren am 4. Februar 1906 in Breslau und, nach zweijähriger Haft in Berlin-Tegel und Buchenwald, erhängt am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg/Oberpfalz. Sein Tod liegt mehr als 60 Jahre zurück, aber sein Ansehen als Glaubenszeuge der „Bekennenden Kirche“ 1933/45 und der Zuspruch, den sein theologisches und literarisches Werk, beispielsweise die von Eberhard Bethge erarbeitete Textsammlung „Widerstand und Ergebung, Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft“ (1951), findet, wachsen von Jahr zu Jahr. Das Gütersloher Verlagshaus betreut Werk und Sekundärliteratur, zum 100. Geburtstag erschienen mehrere Biografien und eine sechsbändige Werkauswahl im Taschenbuch. Im neugegründeten Antaios-Verlag, der in Albertsroda/Sachsen-Anhalt ansässig ist, wird von Götz Kubitschek eine Reihe „Die vergessene Bibliothek“ betreut, wo nach dem Jahrhundertroman des Baltendeutschen Siegfried von Vegesack (1888 – 1974) „Baltische Tragödie“ (1933/35) jetzt auch der verschollene Roman „Schwarze Weide“ (1937) des Schlesiers Horst Lange (1904 – 1971) ediert wurde. Dieser Roman, der in den fünfziger Jahren an den Höheren Schulen noch gelesen wurde, war seit 1979 nicht mehr greifbar. Auch der Lusatia-Verlag in Bautzen bietet Schlesisches: Dort erscheinen, in erweiterter Auflage, Michael Guggenheimers Buch „Görlitz. Schicht um Schicht. Spuren einer Zukunft“ und Hannelore Lauerwalds Erzählung „Goethes Minchen in Görlitz“ über Goethes Geliebte Minna Herzlieb (1789-1865) , die in einer Görlitzer Nervenklinik starb. Über den fast vergessenen Oberschlesier Hans Niekrawietz (1896-1983), den „Sänger der Oder“, gibt es inzwischen eine polnische Dissertation, ausgefertigt 2005 von Joanna Bzdok an der Universität Breslau, über seine nahezu vier Jahrzehnte „Exil“ in Westdeutschland. Auch dieses Buch ist ein weiterer Beweis dafür, wie intensiv die polnische Germanistik die schlesische Literatur wissenschaftlich erschließt und aufarbeitet, während die deutsche Germanistik hier weitgehend abseits steht, weil sie offensichtlich die Beschäftigung mit dieser Thematik für „Revanchismus“ hält. Seltene Ausnahme ist vielleicht der von dem Berliner Germanisten Hans-Joachim Hahn edierte Sammelband von Vorträgen über Gerhart Hauptmanns Stellung

zum Judentum, die im Sommer 2004 im „Gerhart-Hauptmann-Haus“ im schlesischen Agnetendorf gehalten wurden, zum 70. Jahrestag der Totenfeier für Max Pinkus (1857 – 1934). Eröffnet wird der Band mit einem Beitrag Peter Sprengels, der die von Hans Egon Hass 1962 begonnene und von Martin Machatzke fortgeführte Centenar-Ausgabe vollendet hat. Sollte das der einzige Beitrag zum 60. Todestag des schlesischen Dichters (1862 – 1946), der auf der Insel Hiddensee in Vorpommern begraben liegt, am 6. Juni 2006 gewesen sein? Der Berliner Propyläen-Verlag, der das Gesamtwerk betreut, vermag keine Auskunft zu geben! Immerhin gibt es im Stuttgarter ReclamVerlag, der auch die „Liebesgedichte“ des in Breslau geborenen Dramatikers Peter Hacks (1928 – 2003) verlegt hat, zahlreiche Einzelausgaben von Dramen und Prosawerken des Dichters und zwei Monografien von Friedhelm Marx (403 Seiten) und von Franz-Josef Payrhuber (104 Seiten). In den Wochen vor der Leipziger Buchmesse wurde bekannt, dass der Leipziger Stamm-Verlag, anderthalb Jahrzehnte nach der Fusion mit der nach 1945 in Stuttgart gegründeten Filiale, aufgelöst und seine Bestände ins Stuttgarter Archiv eingegliedert werden sollen. Das ist ein höchst bedauerlicher Vorgang, wie sich an einem Beispiel erklären lässt: Während die Leipziger seit 1945 die „linken Traditionen“ deutscher Literaturgeschichte gepflegt haben, setzten sich die Stuttgarter mehr für das „bürgerliche Erbe“ ein. So erschien 1973 in Leipzig der Band „Revolutionsbriefe 1848/49“, der in Stuttgart nie hätte erscheinen können! Hier sind 159 Briefe deutscher Intellektueller abgedruckt, darunter auch solche, die in den preußischen Ostprovinzen geschrieben wurden, wie die von Rudolf Virchow (1821 – 1902) aus Pommern, Adolf Menzel (1815 – 1905) aus Schlesien, Ernst Moritz Arndt (1769 – 1860) aus Pommern und, aus der Habsburger Monarchie, von Hans Kudlich (1823 – 1917) aus Böhmen! Der verdienstvolle Westkreuz-Verlag in Bad Münstereifel, der seit Jahrzehnten ostdeutsche Literatur verlegt, bietet 2006 zwei neue Bücher an, die zu lesen lohnt: zunächst ein Erinnerungsbuch über Schlesien, über Flucht und Vertreibung, beschrieben von Joachim Otto aus Lauban, der seit 1972 in Ludwigsburg bei Stuttgart lebt, und veröffentlicht unter dem Titel „Meine Wurzeln in deiner Heimat“ (160 Seiten); das zweite Buch heißt „Kosmonaut in Kaliningrad“ (352 Seiten) und stammt von Andreas Metz, der Russisch Ostpreußen bereist und die Verwandlung des preußischen Königsberg in eine russische Provinzstadt beobachtet hat.

20 Bei der Fülle der Verlage, die in Leipzig vertreten waren, wird man sich schwerlich der Mühe unterziehen können, alle Kataloge nach ostdeutschen Spuren zu durchforschen. Mitunter aber ist der Zufall hilfreich: So erschien im Berliner KarlDietz-Verlag, dem einstigen SED-Parteiverlag, ein dickleibiges Werk (1250 Seiten) über „Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000“ (2005) mit einem Aufsatz Alexander von Platos/Hagen „Flüchtlinge und Fluchtverarbeitung in Ost und West“ (Seite 1211 – 1233). Von dem seit Jahren in Genf lebenden Historiker Alfred Maurice de Zayas (1945), einem gebürtigen Amerikaner, gibt es die fünfte Auflage seines Buches „Die deutschen Vertriebenen – Keine Täter, sondern Opfer“ (AresVerlag/Graz) mit einem Vorwort Erika Steinbachs, der Präsidentin des „Bundes der Vertriebenen“. Bei der in Bonn ansässigen „Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen“ erschienen im Herbst 2005 ein neuer Band (Jahre 2003/04) des unverzichtbaren Kompendiums „Ostdeutsche Gedenktage“. Und schließlich sollte noch auf die Lebenserinnerungen zweier Frauen hingewiesen werden, die keine geborenen Ostpreußinnen sind, aber einige Jahre in der Hauptstadt Königsberg gelebt und darüber auch geschrieben haben: Marie Luise Kaschnitz (1901 – 1974) und Hanna Arendt (1906 – 1969). Die Lyrikerin und Erzählerin Marie Luise Freifrau von Kaschnitz-Weinberg wurde im badischen Karlsruhe geboren, wuchs in Potsdam und Berlin auf und lebte mit ihrem Mann, der Archäologe war, in den Jahren 1932/37 in Königsberg. Er gibt Aufzeichnungen von ihr, worin sie über diese Jahre berichtet. Die deutsch-jüdische Philosophien Hanna Arendt, bis 1933 Studentin bei Karl Jaspers in Heidelberg, über die der 2005 verstorbene Politologe Kurt Sontheimer noch in seinem Todesjahr das Buch „Der Weg einer großen Denkerin“ (Piper) abschließen konnte, ist in Hannover geboren, aber in Königsberg aufgewachsen. Sie musste 1933 über Frankreich in die Vereinigten Staaten emigrieren, wo sie mit dem Buch „Ursprünge und Elemente totaler Herrschaft“ ihre wissenschaftliche Laufbahn begründete. Auch von ihr gibt es Aufzeichnungen über die Königsberger Jahre, die es zu entdecken gilt!

KULTUR

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

Noch einmal Schlesiertreffen 2005 – Förderverein Petersgrätz e.V. gegründet Die Oberschlesier und ihre Nachkommen aus der Gemeinde Himmelwitz, dem Ort Petersgrätz, trafen sich, wie viele andere auch, unter ihrem Transparent „Groß Strehlitz“. Das besondere, das sich diesmal unter diesem Heimatnamen vollzog, war die Gründung eines „Verein zur Förderung der deutsch-polnischen Verständigung und Zusammenarbeit mitPetersgrätz; Kurzform: „Förderverein Petersgrätz e.V.“ Die Nachfahren der Dorfgründer von Petersgrätz und deren heutige Bewohner wollten im Jahre 2005/2006, dem „Jahr der deutsch-polnischen Zusammenarbeit“ ein deutliches Zeichen setzen. Mit der Gründung dieses Fördervereins wollten die 16 Gründungsmitglieder ein Signal zur Völkerverständigung geben. Der Verein möchte u.a. die Kultur, die Bildung und Begegnung durch Schul-, Stadt- und Gemeindepartnerschaften, die Kommunikation und Vernetzung im deutsch-polnischen Jugendbereich, die Sammlung und Pflege des heimatlichschlesischen-böhmischen Kulturgutes und Brauchtums und die Kontaktpflege zu den Zeitzeugen und Nachfahren fördern. Der Ort Petersgrätz, der 1832 von böhmischen Einwanderern gegründet worden war, entstand aus der Muttergemeinde Friedrichsgrätz. Die Leser der „Schlesi-

schen Nachrichten“ Nr. 22/2002, Seite 11, waren von den Organisatoren umfangreich über die Dorfgründungsfeier informiert worden. Letztmals fand der Leser in den „SN“ Nr.19/05, S. 14, einen Beitrag über Petersgrätz: Ein gemeinsames Foto von deutschen und polnischen Schülerinnen und Lehrerinnen, die am bayerischen Schülerwettbewerb teilgenommen hatten und in Furth i.W. als eine der Siegerschulen prämiert worden waren. Die Organisatoren der bisherigen Aktionen in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit, vor allem mit den heutigen Bewohnern von Petersgrätz, – Utikal Dieter und Neubert Andreas – wurden einstimmig zu den Vorsitzenden dieses Vereins gewählt. Parallel zur Gründungsversammlung liefen die Vorbereitungen zu einem bisher einmaligen Begegnungsprogramm, einem Schüleraustausch der Grundschulen von Petersgrätz mit Würzburg/HeuchelhofRottenbauer. Wie es dazu kam und was dort alles los war, erfahren die interessierten Leser in eine der nächsten Ausgaben der „Schlesischen Nachrichten“. Der Förderverein Petersgrätz e.V. ist auch im Internet unter www.fv-petersgraetz.de präsent. Dieter Utikal

Die Gründungsmitglieder des Förderverein Petersgrätz e.V. v.l.n.r.: Klaus Wycislo (Kassenprüfer), Wolfgang Sterzik, Barbara Utikal, Reinhold Sterzik, Andreas Neubert (2. Vorsitzender u. Kassier), Marie Proxa, Reinhold Proxa, Alina Sereda (Beisitzerin u. Ortsvorsteherin von Piotrówka), Norbert Utikal (Schriftführer), Beata Nowak (Beisitzerin u. Elternratsvorsitzende Grundschule P.), Horst Proxa (Kassenprüfer), IlseZintl.

Kulturhistorische Sammlung „Eisenbahnen Schlesiens“ in Schwelm Öffentlichkeit, vor allem in den neuen sentiert und mit einem Diavortrag im groDie von Rudolf Wuttke 1985 in Schwelm gegründete Sammlung zur Entwicklung der schlesischen Eisenbahnen von 1842 – 1945 in technischer, kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung, wurde am 17. August 2005 von Manfred Wielsch aus Berlin übernommen. Insbesondere will Herr Wielsch mit interessierten Eisenbahnfreunden die umfangreiche Ausstellung erweitern und der

Bundesländern, präsentieren. Die Ausstellung wurde von 1987 – 2000 in 14 Orten im Norden, Westen und Süden mit guter Resonanz präsentiert. Das Rahmenprogramm beinhaltete Eröffnungsvorträge zur Geschichte der schlesischen Eisenbahnen, Diavorträge mit historischen Eisenbahnbildern und anderes. Im Deutschlandhaus in Berlin wurde die Ausstellung vom 26.03. – 08.05.1994 prä-

ßen Saal eröffnet. Der ehemalige Eisenbahnknotenpunkt Treuchtlingen/Altmühltal war 2000 die letzte Station der Ausstellung, die als Sonderausstellung im Volkskundemuseum, organisiert von der dortigen Landsmannschaft, präsentiert wurde. Die neue Anschrift: Dipl. Ing. Manfred Wielsch, Hallberger Zeile 10, 12437 Berlin, Tel.: 030/5 32 43 25 SN

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

KULTUR / DE LIBRIS

Eine Goldberg-Vitrine in der Ostdeutschen Heimatstube Die Ostdeutsche Heimatstube in Solingen besteht schon länger, doch im letzten Jahr wurden die „Patenkinder“ der Stadt Solingen, die Heimatkreisgruppe Goldberg vom Spätaussiedlerbeirat aufgefordert, eine Vitrine in der Ostdeutschen Heimatstube zu gestalten, in der aus dem Kreis Goldberg mit Haynau und Schönau und den verschiedenen Dörfern des Kreises berichtet wird. In der Ostdeutschen Heimatstube gibt es schon sechs Vitrinen, in denen Ausstellungsgut aus Oberschlesien und Gesamtschlesien, aus Ostpreußen, Danzig, Pommern und von Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion berichtet wird. Nun lud der der Vorsitzende des Aussiedlerbeirates der Stadt Solingen, Peter Märkel, auch die Goldberger ein, über ihre Heimat zu informieren. Im Vorfeld des 26. Goldberger Heimattreffens in Solingen am 20. und 21. Mai gestalteten Ulrich Kabel und Martin Schubert diese Vitrine mit viel Liebe und Sachverstand. Zur Einweihung der so erweiterten Ostdeutschen Heimatstube waren Gäste aus ganz Deutschland gekommen. Der Integrationsbeauftragte der Nordrhein-Westfälischen Landesregierung, Thomas Kufen, begrüßte diese Initiative in Solingen, sie sei ein gutes Beispiel zukunftsorientierter Arbeit und ein Beitrag zur Verständigung im Rahmen der erweiterten EU. Es sei wichtig, dass die Menschen wissen, wo sie herkommen. Das betonte auch die Vorsitzende des BdV in Nordrhein-Westfalen, Marina Gräfin zu Dohna, die aus Bonn zu der Feierstunde gekommen war. Peter Märkel freute sich, dass nun auch

die Goldberger im Kreis der „Aussteller“ vertreten sind. Die Ostdeutsche Heimatstube ist der Tagungsort der Solinger Heimatgruppen im BdV, sie befindet sich in den Räumen der Beratungsstelle für Spätaussiedler der Stadt Solingen. Die Heimatkreisvorsitzende Renate Boomgaarden dankte den Solingern für die Möglichkeit, über den Kreis Goldberg, den Patenkreis der Stadt Solingen, informieren zu können. Sie wies in ihrem Grußwort darauf hin, dass Goldberg die älteste Stadt Schlesiens ist, die schon 1211 das Magdeburger Stadtrecht, und damit deutsches Stadtrecht verliehen bekam, noch bevor der Metropole Breslau dieses Recht verliehen wurde. Sie überreichte als Gastgeschenk eine Abschrift der Chronik der Stadt Goldberg aus den Jahren 1916 bis 1930. Diese handgeschriebenen Chroniken gingen erst in den Kriegswirren verloren, tauchten dann aber bei einer Altpapiersammlung wieder auf und konnten so gerettet werden. Ein Teil dieser mehrbändigen, handgeschriebenen Chroniken wird heute im Zentrum für Stadtgeschichte in Goldberg, ein Teil im Museum in Liegnitz und ein weiterer Teil im Stadtarchiv in Solingen aufbewahrt. Bürgermeister Heinz Eugen Bertenburg begrüßte die Erweiterung der Heimatstube durch die Goldberg-Vitrine. Das Goldberger 800-jährigen Stadtjubiläum werde auch beim Heimattreffen der Goldberger in den nächsten Jahren ein wichtiges Thema sein. Er wünschte sich, dass die Ostdeutsche Heimatstube durch die Aktivitäten der Heimatgruppen viele Besucher haben soll. Jutta Graeve

Gespräche mit Gerhart Hauptmann Dr. Joseph Chapiro, 1893 in Kiew geboren, russischer Staatsbürger, hebräisches Gymnasium in Jaffa, studierte in Genf, Paris und Berlin, wo er zum Doktor der Philosophie promovierte, Mitarbeiter an deutschen und internationalen Zeitungen, wird in der Verlagsanzeige „Theatermann, Schriftsteller, Kritiker, Politiker“ genannt. Die ehrlichere Bezeichnung Journalist wird übrigens auch im Vorwort des Herausgebers dieses Briefwechsels, H. D. Tschörner, verschwiegen. Um 31 Jahre jünger als Gerhart Hauptmann hatte er als Journalist 1920, 28 Jahre alt, die Verbindung mit Gerhart Hauptmann aufgenommen und seit 1922 wiederholt in gewissen Abständen Gespräche mit dem Dichter geführt, in der Absicht diese zu veröffentlichen. Das geschah seit 1924, und im Jahre 1932, zum 70. Geburtstag des Dichters, wurden all diese Gespräche als Buch im Verlag von Samuel Fischer, dem Verlag der Werke von Gerhart Hauptmann, publiziert. Die Gespräche wurden nicht steno-

graphisch oder gar elektronisch, damals ohnehin noch nicht möglich, aufgezeichnet, sondern am Tag nach dem Gespräch setzte die Nachschrift ein. Zum Gegenlesen und zum Korrigieren wurden die Gespräche Gerhart Hauptmann vorgelegt, um ein Imprimatur zu erhalten. Und noch eine Besonderheit: Joseph Chapiro ordnete die Gespräche thematisch, um eine chronologische Folge war es ihm nicht zu tun. Angesichts der vielen Gespräche, die nicht nur geführt, sondern gedruckt vorgelegt wurden, fand sich das Wort ein: Joseph Chapiro im Vergleich zu den Gesprächen von Johann Wolfgang von Goethe mit Johann Peter Eckmann „Gerhart Hauptmanns Eckermann“ zu nennen. H. D. Tschörner macht in seinem Vorwort diese Bezeichnung Joseph Chapiro zwar nicht streitig, aber versäumt auch nicht, Hans von Hülsen und C. F. W. Behl zu nennen, weil sie den Titel „Eckermann Hauptmanns“ zu sein, in Anspruch nehmen könnten. Im Briefwechsel zwischen dem Dich-

21 ter und dem Journalisten, datiert Rappallo 24. Dezember 1929, wird auf Eckermann verwiesen. „Sie werden die Gespräche eines Tages veröffentlichen, dagegen bin ich nicht. Eckermann hat solche mit Goethe geschrieben, aber sie erst nach seinem Tode herausgegeben und wieder und wieder redigiert. Die Sache wurde, solange Goethe lebte, von beiden Herren oft durchgesprochen, und das werden wir, denke ich, auch tun, und darauf freue ich mich“. Gerhart Hauptmann hat wohl gern, eine ausdrückliche Widerrede finde sich nicht in diesem Briefwechsel, die Gespräche geführt und sicherlich das zu erwartende neugierige Echo zustimmend vorausgesehen. Aber trotzdem steckt viel Skepsis, wenn nicht sogar ängstliche Zurückhaltung in der Bearbeitung dieser Gespräche. In demselben Brief von Heiligabend 1929 stehen die Sätze: „Ich bitte, mir Ihr letztes Manuskript einige Zeit hierzulassen, ich werde durchgehen und Ihnen vorschlagsweise eine Form daneben legen, die ich gelten lassen könnte“. Immer wieder drängt Joseph Chapiro, denn ihm ging es vor allem, und das sei keine Abwertung, um den journalistischen Erfolg, um das Sensationelle (ein im Briefwechsel oft wiederkehrendes Wort in anderen Fragen) im Bekanntmachen der Gespräche, die bis jetzt niemand anderes der Öffentlichkeit vermitteln konnte. Kurz vor dem Erscheinen aller „Gespräche mit Gerhart Hauptmann“ schrieb der Dichter am 13. August 1932 in Klosters auf Hiddensee: „Ihre Gespräche machen mir Kopfschmerzen. Zwei, das eine über Religion und das ‚Gespräch der Menschheit’ sind an Fischer abgegangen. Das letzte habe ich mit viel Mühe durchgearbeitet und geklärt: in Ihrer Form war die Veröffentlichung unmöglich....“ Als das Buch zum Ende des Jahres 1932 erschienen war, gab es viel Beifall, so auch von Thomas Mann und Stefan Zweig. Die „Gespräche mit Gerhart Hauptmann“ sind zwar 1996 neu aufgelegt worden, aber in der Literatur über Gerhart Hauptmann spielen sie keine Rolle. Allerdings in dem Buch „Gerhart Hauptmann oder der letzte Klassiker“, von Hans Daiber, 1971 erschienen, finden sich mehrere Zitate aus diesen Gesprächen, jedoch mit abfälligen Bemerkungen über Joseph Chapiro wie „Hofberichter“, „Hauptpropagandist“, „unzuverlässige Gespräche“. Es versteht sich, dass die freundschaftliche Bekanntschaft mit Gerhart Hauptmann die Reputation des Journalisten großartig aufgewertet hat. Und Joseph Chapiro bot auch gleichzeitig seine Dienste wie ein Impresario an, mit Verbindungen nach Frankreich, England und in die USA, immer das Werk im Auge und dies international bekannt zu machen und zu rühmen. 1933 musste Joseph Chapiro in die Emigration gehen, zuerst nach Spanien und 1941 in die USA. Auch finanziell mit einer Summe von 5 000 Mark hat Gerhart Hauptmann zu helfen versucht. 1949 hat Joseph Chapiro in einem (leider nicht ver-

22 öffentlichten) Leserbrief an die amerikanische Zeitschrift „Saturday Review of Literature“ gegen Angriffe und Verdächtigungen von Gerhart Hauptmann, er sei Antisemit gewesen, persönlich engagiert Stellung bezogen wie übrigens bereits im Herbst 1933, als Alfred Kerr Gerhart Hauptmann alttestamentarisch verurteilte und verdammte. Nach der Wende hat H. D. Tschörner seinen guten Namen als hervorragender Kenner des Lebens und Werkens von Gerhart Hauptmann in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht. Die lesenswerte Briefedition ermangelt leider eines gediegenen Anmerkungsapparates und trägt die Schuld für ein nicht stimmiges Register,

DE LIBRIS so dass man leider gänzlich darauf verzichten muss. In kurzem Abstand sind zwei Briefeditionen erschienen, der Briefwechsel mit Oskar Loerke und der mit Joseph Chapiro. Hoffentlich sind dies keine Anzeichen dafür, dass ein leider nicht mehr so bekannter Autor und Dichter, auf dem Umweg über archivierte Korrespondenz erst wieder bekannt gemacht werden soll. Herbert Hupka Joseph Chapiro – Gerhart Hauptmann Briefwechsel 1920 – 1936, herausgegeben von H. D. Tschörner, 256 Seiten, Wallenstein Verlag Göttingen 2006, 24,00 Euro

Günter Gerstmann

„Fahre hin, fahre hin, altes Elternhaus ...“ Gerhart Hauptmann schrieb „Die Spitzhacke" in Ahrenshoop Leben und Werk Gerhart Hauptmanns sind unlöslich mit der Insel Hiddensee verbunden: Am 29. Juli 1885 betrat der Zweiundzwanzigjährige die kleine Ostseeinsel, wobei er das Gedicht „Mondscheinlerche“ geschrieben hat. Im Jahre 1935 bekannte der Dichten „Von diesem Jahre ab verflocht sich Hiddensee unlöslich in mein Schicksal. Aber erst nach einem halben Jahrhundert gegenseitiger Treue kam der Augenblick, auf dem Eiland ein kleines Anwesen zu erwerben und also dort wirklich Fuß zu fassen.“ Im Juni 1930 kaufte der Dichter von der Gemeinde Kloster das Haus „Seedom“, und er ließ es noch im gleichen Jahr durch einen Anbau erweitern. Daher wählte Hauptmann Ahrenshoop auf dem Fischland im Sommer 1930 als Urlaubsort. Landschaftsmaler haben gegen Ende des 19. Jahrhunderts das Dünendorf entdeckt. Der Blick vom Hohen Ufer über den Weststrand der Ostsee zählt zu den schönsten der mecklenburgischen Küste. „Das war ein Studienplatz, wie ich ihn mir immer gewünscht hatte“, erklärte der Maler Paul Müller-Kaempff (1861 – 1941), der mit seinen „Erinnerungen an Ahrenshoop“ ein bedeutsames Zeitdokument hinterlassen hat Es folgten auch Schriftsteller, die von der Urgewalt des Meeres, dem weiten Blick über die Ostsee und dem berauschend schönen Spiel der Sonnenuntergänge gefesselt wurden – was wohl auch für Gerhart Hauptmann und seine Frau Margarete zutraf. „Mit tiefer Verbeu-

Ahrenshoop 1930. Letzter Ostseeaufenthalt vor dem Erwerb von Haus Seedorn in Kloster auf Hiddensee.

Gerhart Hauptmann

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 verloren. Es galt, Ordnung zu schaffen: Das Resultat entpuppte sich als „ein phantastisches“ als „das wunderbare Erlebnis“ als – „Die Spitzhacke“. Ausgelöst wurde das kleine Werk durch das folgende Schreiben der Badedirektion von Bad Salzbrunn vom 31. Dezember 1929 an den Dichter. Sehr verehrter Herr Doktor! Da es nicht ausgeschlossen erscheint, dass im Laufe der nächsten Jahre das Hotel zur Krone in Bad Salzbrunn der Spitzhacke zum Opfer fällt, hat die Badedirektion eine photographische Aufnahme des Hauses machen lassen und erlaubt sich. Euer Hochwohlgeboren einen Abzug dieses Bildes zu überreichen mit der Bitte, demselben in Ihrem Heim ein bescheidenes Plätzchen zu gönnen. Mit vorzüglicher Hochachtung Euer Hochwohlgeboren Ganz ergebener Dr. Wagner Ich bleibe dem Verfasser dieses Briefes zu Dank verpflichtet Gerhart Hauptmann Als Kompass für einen Gang durch die Traumlandschaft der „Spitzhacke“ mag Hauptmanns Motto die hilfreiche Orientierung bieten: „Entbinden wir nur unsere Phantasie und machen sie zum Erkenntnisorgan: das ist der höchste und letzte Sinn unsres Lebens.“ Die Mitteilung aus Bad Salzbrunn, dass sein Geburts- und Elternhaus womöglich in Bälde abgebrochen, verschwinden werde, und somit ein Stück heimatlicher Erde, dem Bergland um den Hochwald, dem malerischen Fürstensteiner Grund mit dem wohl bedeutendsten Schloss Schlesiens des Fürsten Pieß, schließlich den verträumten Blumengärten, die im Kurpark zum Verweilen einluden, die Glockenschläge, die vom Annaturm erklangen und vieles mehr, - - es würde damit ein Stück seines Ichs niedergerissen. „Ist es denn wirklich wahr, dass ich seit mehr als einem halben Jahrhundert eine Nacht wieder einmal in dem alten Gasthof zur Preußischen Krone zubringe? Ich habe aber die Geste doch für unumgänglich gehalten, da dieses aus Ziegeln, Mörtel, morschen Balken und Brettern bestehende Inventar meiner Seele der Spitz-

gung“ – so wird berichtet – „grüßte er den scheidenden Feuerball, wenn er den Meereshorizont berührte, mit tiefer Verbeugung, wenn er zur Hälfte versunken war, mit tiefer Verbeugung, wenn er ganz hinuntergetaucht war.“ Gerhart Hauptmann spricht in seinen Meditationen „Sonnen“ davon, dass jede neue Sonne eine Bewußtseinsbereicherung sei. In seinem poetischen Refugium, das Hauptmann am Ortsausgang von Ahrenshoop in Richtung Vordarß wählte, schrieb er sich frei von allerlei bedrängenden Traumgespinsten, beklemmenden Ängsten, die wohl gar in „reine Phantasmagorie“ umschlagen sich Kurplatz mit Blick auf den Hochwald

Schlesische Nachrichten 15/16/2006 hacke verfallen ist. Ich wollte noch einmal in die Hut der steinernen Mutter meiner Seele zurücktreten, bevor sie von der Erde verschwand.“ Doch die „Preußische Krone“ ist unsterblich geworden, wie es gleich am Beginn der Erzählung heißt. Denn die Herrscher der intelligiblen Welt haben diese Stunde in Deine wahre Geburtsstunde auslaufen lassen. Man mag Dir nun die Mütze vom Kopf schlagen, die Fensteraugen eindrücken, die Türverschalungen absprengen, das goldene Kronensymbol von der Stirn reißen: Du bist. Du bleibst. Du erstehst schöner, als Du gewesen bist!“ Vertreter berühmter Gasthäuser finden sich ein vor der alten „Krone“, vielfach „in Blutsverwandtschaft verbunden“, um mit allegorischen Fabelwesen weinbeflügelt in einer Himmelfahrt zu entschwinden - „in Richtung des Berges Hochwald... Die Tiere, vom Elefanten bis zur Meerkatze, hatten ein sonderbares Trillern angestimmt... Der Störrische Engel funkelte mit einem

DE LIBRIS / VERMISCHTES goldenen Lorbeerkranz in der hohen Hand jubilierend voran... Lebe wohl, alte Krone! weinte ich. Ich leerte mein Glas auf ihre göttliche Seele und zerdrückte es dann, damit es nicht mehr entweiht werden konnte.“ Aus Anlass des 70. Geburtstages Gerhart Hauptmanns wurde vor seinem Geburtshaus in Bad Salzbrunn ein Gedenkstein errichtet, der ein Medaillon des Dichters einschloss. Hauptmann wandte sich bei der Enthüllung des Findlingsblocks aus derselben Gesteinsformation, der Bad Salzbrunns Heilquellen entspringen, bewegt der altehrwürdigen Fassade seines Elternhauses zu und bekannte: „Glauben Sie, das Haus an meiner Seite ist für mich kein Gebilde aus Stein, sondern ein lebendiges Wesen.“ Und in einem Gedicht, das am 9.9.1932 in Agnetendorf geschrieben wurde, heißt es: „Ein armes Gemäuer,/ der Seele bar,/ ein Herd ohne Feuer,/ ein Antlitz,/ das teuer mir ist und war.“

Des Jahres und des Lebens Lauf Jochen Hoffbauer: Winterstrophen, Gedichte letzter Hand, Bergstadt-Verlag Wilhelm Gottlieb Korn Würzburg, 52 Seiten 2001 hatte Jochen Hoffbauer, zwei Jahre vor seinem 80. Geburtstag, den Gedichtband „Stationen“ vorgelegt. Das war nach 20 Jahren des Schweigens als Lyriker. Das jetzt erschienene Buch mit 23 Gedichten hat vom Autor den Untertitel „Gedichte letzter Hand“ erhalten. Mit diesen Versen, gereimt oder rythmisiert vorgetragen, hat sich Hoffbauer als Lyriker verabschiedet. Die Gliederung ergibt sich aus dem Jahreslauf und dem biographischen Lebenslauf. Die ersten beiden Gedichte „Im März“ und „In der Rödermark“ schließen mit einem Fragezeichen. „Was ist die Wirklichkeit – / was ist der Traum?“, heißt es in dem ersten Gedicht und im zweiten: „Meisen und Spatzen / fliegen / dem Frühling entgegen - / ihrem letzten / vielleicht?“ Solche Fragen stimmen den Grundakkord an. In den jahreszeitlich bestimmten Gedichten, zu denen angemerkt wird, der Winter sei dem Dichter die liebste Zeit, finden der sprachliche Ausdruck, das poetische Vermögen am leuchtendsten ihren Widerhall. Vor allem dann, wenn das Individuelle, das Subjektive den Ton bestimmen. Das Gedicht „Bauerngarten“ wünschte man sich in die Anthologien aufgenommen. Die ersten beiden Strophen seien zitiert: „Roter gefüllter Mohn, / Stockrosen stolz wie Spanier, / Glockenblumen, Margariten, / Erdbeergesträuch um die Füße gewickelt. / Dazwischen schlängeln sich / Tomatenpflanzen in die Höhe. / Kohlrabi und Salat / ducken sich bescheiden. / Brennesseln strafen den Dieb“. Und zum Schluss wird die Unordnung gerühmt: „Der ungehobelte Bauerngarten / Den Nachbarn ein Greuel.... / und mir eine Freude“. Aber nicht diese Freude bestimmen das Heute mit dem Blick in ein bedrückendes, ungewisses Morgen, das jedoch ein Ende sein wird. Die Bezeichnung „Gedichte letz-

ter Hand“ ist kein Wortspiel, sondern wörtlich und ganz ernst gemeint. Im letzten Gedicht „Abschieds-Impressionen“ ist Atmosphäre und Stimmung von Augenblick und Gegenwart in rythmische Prosa gefasst. „Das Buch und die Brille / auf dem ovalen Tisch / sind mein Leben... / Von meinem Fenster - / vom Krankenbette aus - / sehe ich die agilen Flugschwalben / davonziehen / in eine unendliche Weite - / ...Tausend Worte in den Wind geschrieben, / und die bange Frage, / was davon geblieben. / Töricht diese Frage, / töricht wie der Rauch, / der im Nichts verweht, / wie ich auch“. Zuvor stehen noch einige Gedichte, die aus der Erinnerung schöpfen, Gedichte des Lobpreises und der Huldigung, „An Christel“, seine Frau, mit der er, wie wir wissen, seit über sechzig Jahren verheiratet ist. „Meine Stadt“, das ist Greiffenberg am Rande des Iser-Gebirges, „Mein Dorf“, das ist der im Kreise Löwenberg liegende Geburtsort Geppersdorf/Liebenthal“, „Heimatsuchen“, so lauten die Überschriften zu den gleichsam heimatlichen Gedichten. Es ist inzwischen der sechste Gedichtband im schriftstellerischen Werk von Jochen Hoffbauer. Man muss aber gleichzeitig auch an den Essayisten, den mit der Literatur Schlesiens liebevoll Vertrauten, man denke nur an die Anthologie „Sommer gab es nur in Schlesien“, an den großartigen Kenner der schlesischen Dichter der Gegenwart, erinnern. Die Anzeige des neuen, aber hoffentlich nicht letzten Bandes mit Gedichten soll anregen und hinweisen, dass immer von neuem Gedichte schlesischer Prägung erscheinen. Aber auch darauf sei dankbar gezeigt, dass es einen schlesischen Verlag gibt, der mutig genug ist, Lyrik in sein Programm aufzunehmen. Herbert Hupka

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Gedenkstätte gegen Gewalt und Vertreibung in Markt Schwaben / Oberbayern

Einweihung einer Gedenktafel

Auf Anregung des ersten Bürgermeisters von Markt Schwaben, Bernhard Winter, wurde die Gedenkstätte auf dem Friedhof restauriert. Eine Tafel, deren Inschrift an die Opfer von Flucht und Vertreibung erinnert, wurde zusätzlich angebracht. Bei einem feierlichen ökumenischen Gottesdienst in der dortigen Stadtpfarrkirche Pfarrkirche St. Margaret am 25. Juni 2006, gehalten vom kath. Pfarrer Herbert Walter, wurde die Gedenktafel geweiht. Am Gottesdienst nahmen der evangelische Pfarrer Karl-Heinz Fuchs, der die Predigt hielt, sowie eine Fahnenabordnung der Sudetendeutschen Landsmannschaft teil. Die Ortsvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft von Markt Schwaben, Monika Schützeichel, hat die feierliche Einweihung der neuen Gedenktafel veranlasst und die Gedenkstunde am Mahnmal zusammen mit Ernst Heidenreich, Kreisvorsitzender des BdV und der SL im Kreis Ebersberg, abgehalten. Der erste Bürgermeister, Bernhard Winter, überbrachte Grußworte. Rudolf Maywald

Wer Erbe verwaltet, der verwaltet eine abgeschlossene Vergangenheit, einen Nachlaß. Wer Tradition pflegt, der verwaltet kein Erbe. Wer Tradition pflegt, der pflegt die Werte der Vergangenheit in der Gegenwart bi# hin in die Zukunft.

VERMISCHTES/ANZEIGEN

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Bistum Görlitz ohne Bischof Das Bistum Görlitz sucht einen Nachfolger. Der bisherige katholische Bischof Rudolf Müller ist in den wohl verdienten Ruhestand gegangen. Bei dem Gottesdienst an seinem 75. Geburtstag wurde zugleich offiziell bekannt gegeben, dass Papst Benedikt XVI. dem Rücktrittsgesuch des Geistlichen zugestimmt habe, teilte das Bistum mit. Das katholische Kirchenoberhaupt legt letztlich auch fest, wer Müller im Amt folgen soll. Es kann jedoch etwa ein Jahr vergehen, bis ein neuer Bischof für das mit rund 32 000 Katholiken kleinste deutsche Bistum ernannt ist, sagt Pressesprecher Andreas Schuppert. Führungslos ist das Bistum im Osten Sachsens und im Süden Brandenburgs dennoch nicht. Bis zur Ernennung eines neuen Bischofs wird das Kirchengebiet vom bisherigen Generalvikar Hubertus Zomack (64) geleitet, der zum Diözesan-Administrator gewählt wurde. Das Domkapitel, dem fünf Geistliche angehören, benennt auch einen Kandidaten für das Amt des Bischofs und schickt seine Vorschläge nach Rom. „Über Namen spekulieren wir nicht“, sagt Schuppert. Ähnlich wie beim Konklave, das den Papst wählt, gilt allerhöchste Geheimhaltungsstufe. Die Domkapitulare sind zum Schweigen verpflichtet. Sonst drohen kirchliche Konsequenzen. Hubertus Zomack wurde nach dem Studium der Theologie in Erfurt 1970 in Görlitz zum Priester geweiht. Nach Kaplansjahren in Finsterwalde, Senftenberg und Lübbenau, wurde er 1976 Pfarrer in Lübbenau. Von 1979 bis 1981 war Zomack zudem Ehebandverteidiger, ab 1981 Richter beim Interdiözesanen Offizialat Bautzen (kirchliches Ehegericht), ab 1993 Vizeoffizial beim Interdiözesanen Offizialat in Berlin. Seit 1996 bekleidete er das Amt des Generalvikars für das Bistum Görlitz. Hubertus Zomack ist päpstlicher Ehrenprälat, Domkapitular und Erster Vorsitzende des Caritasverbandes der Diözese Schlesisches Verkaufsstübel Görlitz. der Landsmannschaft Schlesien Bischof Müller wurde im Haus Schlesien 1931 in SchmottseifPostfach 10 01 32, 53040 Bonn, fen im Kreis LöwenTel.: 02 28/23 51 54 (AB/24 Std.) berg geboren, erhielt am 17. Juli 1955 in Öffnungszeiten: Neuzelle die PriesDienstag bis Freitag: 15.00 bis 17.00 Uhr Sonnabend und Sonntag: 13.00 bis 17.00 Uhr terweihe, war 1955 – Montag: Ruhetag 1964 Kaplan in Besuchergruppen werden um rechtzeitige Anmeldung gebeten. Wittichenau, Hoyerswerda und GörUnsere Buchempfehlungen für Sommer 2006: litz, 1964 – 1972 Herbert Hupka Rektor des Görlitzer NEU KatechetensemiSchlesien lebt nars und 1972 – 1987 Ordinariatsrat Offene Fragen – kritische Antworten und Leiter des Seelsorgeamtes. mit einem Geleitwort Am 1. Juli 1987 ervon Christian Wulff. hielt er die Bi13,5 x 21 cm, 236 Seiten mit Schutzumschlag schofsweihe, war nur 19,90 Euro 1987 – 1994 WeihIdis B. Hartmann bischof und wurde Friedrich Wilhelm Graf am 27. Juni 1994 von Reden und der zum Bischof von schlesische Eisenkunstguss Görlitz ernannt, das Amt übte er Ausstellungskatalog 150 Seiten mit zahlreichen vom 3. September Abbildungen 1994 – 24. Juni Preis: 15,00 Euro 2006 aus. Sein Fragen Sie nach weiteren Angeboten und anderen Artikeln Wahlspruch lautet: (u.a. Landkarten, Stadtpläne, Aufkleber, Bücher, Ihr seid in Gnade, Bunzlauer Keramik, CD und MC u.v.m.). Wir beraten Sie gern und fachmännisch !!! darum singet Gott.

Silesia –

Schlesische Nachrichten 15/16/2006

Landsmannschaft Schlesien, Dollendorfer Str. 412, 53639 Königswinter Postvertriebsstück, DPAG, Entgelt bezahlt, G 9638

Impressum: Schlesische Nachrichten, Zeitung für Schlesien, vereint mit Oberschlesischer Kurier · Herausgeber: Landsmannschaft Schlesien – Nieder- und Oberschlesien e. V., vertreten durch den Bundesvorsitzenden Rudi Pawelka, Dollendorfer Straße 412, 53639 Königswinter, Telefon (0 22 44) 92 59-0, Fax (0 22 44) 92 59-290. Redaktion: Michaela S. Ast – ma – (Chefredakteurin). Die Redaktion behält sich das Recht vor, Beiträge redaktionell zu kürzen. Telefon (0 22 44) 92 59-0, Fax (0 22 44) 92 59-190, E-Mail: [email protected]. Nachdruck: Der Nachdruck von redaktionellen Beiträgen der Schlesischen Nachrichten ist bei Quellenangabe und Zusendung eines Belegexemplars gestattet. Texte und Anzeigen: Gertrud Bunzel, Telefon (0 22 44) 92 59-295, Fax (0 22 44) 92 59-190, E-Mail: [email protected]. Bestellungen bei der Bundesgeschäftsstelle der Landsmannschaft Schlesien · Bezugspreis: Einzelexemplar 2,00 Euro, 3,00 Zloty; Jahresabonnement 40,00 Euro · Erscheinungsweise: zweimal im Monat; Abonnementskündigung nur bis zum 30. November eines laufenden Jahres für das kommende Jahr möglich. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Haftung übernommen. Unverlangt eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher können nur zurückgeschickt werden und Zuschriften sowie Anfragen können nur beantwortet werden, wenn ausreichend Rückporto beiliegt. Die mit Namen oder Chiffre gezeichneten Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wieder. Bankkonto: Volksbank Bonn Rhein-Sieg eG., BLZ 380 601 86, Kto.-Nr. 260 089 3036. Herstellung: Brinkmann Henrich Medien GmbH, Meinerzhagen

Die Leitung des damals gegründeten Bistums Görlitz hatte Bischof Müller 1994 übernommen. Der Nuntius des Apostolischen Stuhles in Deutschland, Erzbischof Erwin Josef Ender, würdigte das Wirken von Bischof Müller in schwieriger Zeit. Seit der Priesterweihe 1955 habe er sich mit großem Eifer für die Görlitzer Ortskirche eingesetzt und den Aufbau der zum Bistum erhobenen Diözese Görlitz maßgeblich mit geprägt. Nachdem 1815 ein großer Teil der Lausitz an Preußen gefallen war, wurde das Gebiet der heutigen Diözese dem Bistum Breslau angegliedert. Die politische Grenzziehung entlang von Oder und Neiße machte Kontakte zur Bistumsleitung in Breslau nach 1945 nahezu unmöglich. Görlitz bekam daraufhin ein Erzbischöfliches Amt. 1972 wurde das Diözesangebiet Görlitz/Cottbus vom Erzbistum Breslau abgetrennt und zur Apostolischen Administratur umgewandelt. Mit etwa 9700 Quadratkilometern ist es eine recht große Diözese. Der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung liegt allerdings nur bei rund fünf Prozent. Michael Ferber

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Dipl.-Ing. Damian Spielvogel Mit staatlicher Anerkennung geprüfter Dolmetscher und Übersetzer für die polnische Sprache

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