q – querschnitt spezial

March 25, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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27. Jahrgang

1/ 2009

PARA plegiker Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung

Jetzt vereint mit Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070

editorial

Von Menschen gemacht Liebe Leserin, lieber Leser, vor Ihnen liegt das erste Heft des paraplegikers, das im HUMANIS Verlag erscheint. Letzterer gehört seit fast drei Jahren zur Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten – die von Anfang an (1982 !) Herausgeber der seinerzeit ersten professionell gemachten Behindertenzeitschrift in Deutschland gewesen ist. Lange hat es gedauert, doch jetzt ist alles so beieinander, wie wir es uns schon immer gewünscht haben. Jetzt gilt es nach vorn zu schauen, ein gutes Heft zu machen, das die Interessen der Betroffenen darstellt und angenehm zu lesen ist. Wir hoffen mit der vorliegenden Ausgabe auf dem richtigen Weg zu sein. Über Bestätigung und Kritik freuen wir uns, denn der „neue para“ soll wieder ganz dicht am Ohr seiner Leserinnen und Leser sein, auch derjenigen, die bisher die Zeitschrift „B“ bezogen haben. Unser Herausgeber, die Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten (FGQ) ist ein Selbsthilfeverein, der jenseits großer Verbände und aufgeblasener Strukturen seinen Weg in die Jetztzeit gemacht hat. Schon immer war neben der Information der Mitglieder die soziale Arbeit seine wichtigste Aufgabe: Mitglieder zu beraten und in Not geratenen Menschen mit einer Querschnittlähmung nach Möglichkeit mit den begrenzten Mitteln der FGQ auch dann zu helfen, wenn sie durch die Maschen des immer löchriger werdenden sozialen Netzes fallen. Es lässt doch tief blicken, dass in letzter Zeit tatsächlich von Not leidenden Banken die Rede war, aber selten von Menschen. Ist doch nicht zu fassen… Diese Art von Zynismus ist unsere Sache nicht. Klar lässt sich aus der Betroffenensituation heraus auch schon einmal ein wenig spötteln, das gehört dazu. Bei uns finden Sie das z.B. unter Glosse, Karikatur, aber auch Kultur-Berichten. So nimmt z.B. der querschnittgelähmte Rockmusiker Mike Al Becker (S.60) kein Blatt vor den Mund. Mit behindertem Leben und Alltag werden wir uns schwerpunktmäßig befassen, das ist es doch, worum es eigentlich geht. Der Bestandsaufnahme folgt natürlich der Service.

Welches Auto, welches Hilfsmittel, welche rechtliche Vorschrift oder gerichtliche Entscheidung hilft bei einem bestimmten Problem weiter. Gelegentlich wird es nicht bei Tipps bleiben. Kritik muss schon mal sein, gerade in unseren LarifariZeiten, in denen alle immer nur spitzenmäßig drauf sein sollen und „Problem“ zum Unwort geworden ist. Das bringt uns nichts. Konflikte verschweigen ist falsch, Missstände müssen beim Namen genannt werden (z.B. im „Silbernen Sparschwein“, S.41). Menschen müssen lernen was ihre Rechte sind und wie sie dazu kommen, deshalb werden sozialrechtliche Infos immer ihren Platz im Heft haben.

Hinweis in eigenerSache: Humanisverlag ist auf der REHAB-Karlsruhe vom 7. – 9. Mai Halle 1 • Stand A52 vertreten.

Existentiell für eine Zeitschrift ist die Qualität ihrer Autoren/innen. Wir freuen uns sehr, dass wir so viele qualifizierte von ihnen für die Mitarbeit an diesem Projekt gewinnen konnten. Die meisten von ihnen werden Ihnen bekannt vorkommen, der eine oder die andere wird immer mal wieder frischen Wind hereinbringen. Zwei Menschen möchte ich mit Namen nennen: Klaus Schwarz hat bereits für die erste Ausgabe 1982 geschrieben und ich bin besonders stolz, dass er auch in dieser Ausgabe wieder vertreten ist (S.20). Mein Freund und Kollege Arndt Krödel hat lange Jahre den para redaktionell betreut und wird uns ab sofort regelmäßig mit Nachrichten aus Forschung und Medizin versorgen (S.46). Die Beiträge der Leserinnen und Leser sind uns sehr wichtig, deshalb wird das Heft ab dieser Ausgabe mit ihnen beginnen. Wenn Sie etwas zu sagen haben, lassen Sie es uns alle wissen. Wir brauchen dieses Sprachrohr und wollen es immer wieder neu lebendig gestalten. Es wäre schön, wenn Sie uns dabei helfen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ihr

ABOTELEFON (0 62 43) 900 704 PARAPLEGIKER 1/09

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inhalt menschen

editorial

3 Von Menschen gemacht 6

leserforum bericht

16 32

meinung

40

Kapuzineraffen als Assistenten

q – querschnitt spezial

Studentenwohnanlage in Regensburg:

Urlaub mit dem E-Rolli Flug nach Berlin:

Abenteuerreise

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Weserradweg mit dem E-Handbike:

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Werdum:

Von Bad Karlshafen nach Bremerhaven

Nordseewind

41

Das silberne Sparschwein:

42

Stimmungsbilder aus der Unfallklinik:

46

Medizin & Forschung:

52

Patientenaufruf für klinische Studie:

Genießerland für alle:

Baden-Württemberg

72

REHAB 2009 in Karlsruhe:

87

Neue Beschichtung für hydrophile Kathetersysteme

87

Cranberry + Kürbis + Vitamin C für eine gesunde Blase

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Urlaub ohne Hindernisse im Dünenhof Ferienhotel

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Individueller Bungalow von Haas Fertigbau

90

Wohngemeinschaft für beatmete Menschen in Düsseldorf

91

ALTEC-Rollstuhlrampe überwindet Schwellen

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Inkontinenzaufklärung für Kinder und Jugendliche

PARAPLEGIKER 1/09

Der ganz normale Beziehungsstress

„ReWalkTM“-Gehapparat – Alternative zum Rollstuhl?

13. bis 16. Mai in Halle:

DMGP-Kongress

55 56

Umfrage „Barrierefreier Tourismus“

57

Zusammenarbeit beschlossen:

Marktplatz der Neuheiten

88

Helfen Stoma-Patienten Deutschland „aus der Krise“?

Motorisches Training für inkomplett Querschnittgelähmte

markt

91

Arrogantes Klassendenken:

Seien wir doch mal ehrlich!

unterwegs

33

Speedy-Chef Rolf Kuhlmann tödlich verunglückt

„Helping Hands“ in den USA:

Barrierefrei wohnen und studieren

20 24

38

Neues aus „Meck-Pomm“:

Querschnittgelähmtenzentrum BDH-Klinik Greifswald „Paraplegiker“ und „Radio4Handicaps“

58 59

Neues Zeitschriften-Archiv Bundesverdienstkreuz für Winfried Kolibius

kultur

45 60

Karikaturen von Barbara Früchtel

62

Kunst kennt keine Behinderung

Rolli-Rocker Mike Al Becker live:

Normal ist das nicht

bauen & wohnen

69

Barrierefrei Planen – Bauen – Wohnen

Neue Messe und professionelle Beratungsangebote

inhalt sport

Seite

16

64

Querschnittgelähmter Gewichtheber:

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Eine Patientin berichtet:

Marios persönlicher Rekord Rollstuhlbasketballturnier in Herdecke

freizeit Seite

74

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Ferngelenkte Modelle (1):

Flugzeug, Auto oder Schiff?

glosse

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Selbst und Ständig

80 kleinanzeigen technik Seite

74

82

Infrarotplatte:

84

Mercedes E 220 CDI:

Sonne unterm Schreibtisch Praktisch, sparsam, sicher

info

Seite

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Bundessozialgericht:

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HUMANIS Zeitschriften umweltfreundlicher:

46 Seite

84

Urteile zum „Kraftknoten“

Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft

93 abo 94 impressum

Seite

In dieser Ausgabe finden Sie eine Beilage der Firma:

60

media medizintechnik, Seite

64

sowie eine Beilage der Firma: Heimberatungsservice

Titelfoto: www.handicapbildagentur.de

PARAPLEGIKER 1/09

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leserforum Clemens Schwan, Cölbe:

Vom Bachelor zum Master trotz Reformen-Chaos! Der Beitrag „Im Reformen-Chaos stecken bleiben?“ (paraplegiker 3/08, S. 34-35) befasst sich mit einem brisanten Thema. Der BolognaProzess ist zunächst unumkehrbar, gleichwohl ist er an den Belangen der behinderten wie auch der nicht behinderten Studierenden vorbei strukturiert – der vehement zunehmende Beratungs- und Unterstützungsbedarf belegt das mit dramatisch steigenden Zahlen: 25 % aller Studierenden fühlen sich überfordert!

Für viele ist ein Studium nur mit „Nachteilsausgleich“ möglich.

Der Weg aus dem Chaos ist für den behinderten Studenten so schmal wie mühsam. Nicht unbedingt Voraussetzung, aber außerordentlich hilfreich ist der – immer noch wenig geliebte – Schwerbehindertenausweis, mindestens mit einem GdB von 50 % und/oder ein studienbezogenes fachärztliches Attest, aus dem nachvollziehbar sein muss, in welcher Weise die Auswirkungen der jeweiligen Behinderung benachteiligende Folgen auf den Studienverlauf haben (größerer Zeitaufwand für Pflege, schnelle Ermüdung, Notwendigkeit von Ruhephasen, Erfordernis von Studienhelfern, Einfluss von Medikamenten). Sie öffnen das Tor zu einem „Nachteilsausgleich“ aus dem Spektrum der so genannten „nachteilsausgleichenden Modifikationen bestehender Studien- und Prüfungsordnungen“. Der Nachteilsausgleich ist die derzeit wirksamste Mehrzweckwaffe zur Sprengung des Panzers, den die modularisierte Studiengangstruktur in ihrer dichten, stundenplanartigen Gestaltung und Abfolge von Leistungseinheiten darstellt. Die „Schlagkraft“ des Nachteilsausgleichs erklärt sich aus der langen Zeitspanne, in der er sich inhaltlich entwickelt und differenziert hat, basierend auf dem Grundgesetz sowie

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PARAPLEGIKER 1/09

dem erstmals im Hochschulrahmengesetzes formulierten Auftrag, „dass behinderte Studierende in ihrem Studium nicht benachteiligt werden“ (§ 2 Abs. 4) und „dass die Prüfungsordnungen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung der Chancengleichheit berücksichtigen. (§ 16). Mit Beschluss des Akkreditierungsrats am 8.10.2007, der damit Empfehlungen des „Bündnisses Barrierefreies Studium“ aufgreift, und mit Zustimmung der KMK am 13.12.2007 gilt nun seit Januar 2008, dass Studiengänge nur dann akkreditiert werden, wenn die Prüfungsordnungen die besonderen Belange behinderter Studierender im Studium und bei Prüfungen explizit berücksichtigen. Der Kriterienkatalog regelt für die Durchführung des Studiengangs (Kriterium 5): „Die Belange von Studierenden mit Behinderung werden berücksichtigt.“ Für das „Prüfungssystem“ (Kriterium 6) wird festgelegt: „Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich für behinderte Studierende hinsichtlich zeitlicher und formaler Vorgaben im Studium sowie bei allen abschließenden oder studienbegleitenden Leistungsnachweisen und im Rahmen von Eignungsfeststellungsverfahren ist sichergestellt.“

Verbindliche Vereinbarungen Der „Nachteilsausgleich“ kommt einem Rechtsanspruch des behinderten Studierenden gleich, der nicht auf den „good

leserforum will“ seines Dozenten hoffen muss, sondern eine klare Regelung einfordern und vereinbaren kann bzw. muss. Die Gestaltung des Nachteilsausgleichs ist absichtlich offen gehalten. Sie ist, in gegenseitiger Absprache, eine individuelle, verbindliche vertragliche Vereinbarung zwischen dem Studierenden und dem Leiter der jeweiligen Veranstaltung. Wirksam ist dieser „Vertrag“ nur mit Unterschriften der Vertragspartner und dem Stempel des Prüfungsamtes des zugehörigen Fachbereichs. Bleibt noch das Dekanat des Fachbereichs zu nennen, das im Zweifelsfall in eine Lösung einzubeziehen ist oder diese auch befördern kann. Jede „andere“ Form einer Prüfung ist gültig, auf die sich der Studierende und sein Dozent oder der Prüfungsausschussvorsitzende sich in gegenseitigem Einverständnis einigen. Eine derartige Regelung darf nicht zur Bevorzugung des behinderten, aber auch nicht zur Benachteiligung des nicht behinderten Kommilitonen führen. Die Grenzlinie, die es zu wahren gilt, ist die Gleichwertigkeit der Prüfung. Nachteilsausgleichende Modifikationen gewährleisten die Chancengleichheit behinderter Studierender und sie sind in keinem Fall Prüfungserleichterungen!

Frühzeitig und hartnäckig Sobald erkennbar ist, welche Neigungen und Interessen eine mögliche Studienausrichtung andeuten – das kann also schon lange vor dem Ende der Schulzeit der Fall sein – ist die erste Informationsplattform das Internet, und da sind es die Homepages der einzelnen Hochschulen und der Fachbereiche, aus deren Angaben sich entnehmen lässt, an welcher Uni entsprechende Studiengänge angeboten werden. Neben den meistens sehr ausführlichen Modul-Katalogen, in denen sehr kompakt Inhalte, Voraussetzungen und Ziele der einzelnen Module beschrieben werden, sind die Studienordnung und die jeweilige Prüfungsordnung die wichtigste Pflichtlektüre, weil nur sie wie eine detaillierte Wanderkarte den direkten und risikofreien Weg zum Ziel beschreiben. Es liegt einmal mehr am behinderten Studenten, die Kontakte so früh wie möglich herzustellen, zuerst zum Behindertenbeauftragten der Hochschule, Der Kontakt zum Dozenten einer Veranstaltung sollte erfolgen, sobald abzusehen ist, wer welche Veranstaltung betreut, also schon beim Durcharbeiten des Modulkatalogs oder seiner Kommentierung vor dem Semes-

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leserforum terbeginn, dann bei der Strukturierung des Stundenplans, in der Fachstudienberatung oder in den vor dem Semesterbeginn laufenden Orientierungseinheiten der Fachbereiche, spätestens aber vor oder nach der ersten Veranstaltung des ersten oder des neuen Semesters. Hierbei ist erbarmungslose Hartnäckigkeit gefordert. Wer zaudert, hat schon verloren.

Clemens Schwan, Beauftragter für behinderte Studierende an der Uni Marburg.

Im Gespräch sollte der behinderte Studierende so offen wie ihm möglich seine Situation aufzeigen, die Probleme benennen, die sich daraus für seine Studienorganisation und die praktische Durchführung des Studiums ergeben, und dann weitestgehend Alternativen aufzeigen, die im Rahmen des Nachteilsausgleichs seine Chancengleichheit im Studium sicherstellen und das Ablegen gleichwertiger Prüfungsleistungen in anderer als der vorgesehenen Form ermöglichen. Jeder Behindertenbeauftragte wird eine solche Vorgehensweise unterstützen und bei Schwierigkeiten die Anliegen des behinderten Studierenden moderieren und vermitteln. Wenn alle Stricke reißen sollten, bleibt nur die Einbeziehung des Verwaltungs- oder des Sozialgerichts.

Grenzen des Entgegenkommens Wenn, wie im „paraplegiker“ 3/2008 beschrieben, ein Prüfungsamt es ablehnt, „einen Teil der vier Prüfungen zu verschieben“, dann ist das in der Regel ein Sachproblem und keine Willkür. Was bedeutet das „Verschieben einer Prüfung“ für die Organisation einer Uni? Für jede verschobene Prüfung muss der Dozent eine zweite und gleichwertige Klausur konzipieren, es muss ein freier Raum vorhanden sein und es muss eine Aufsichtsperson für die Nachfrist frei sein. Das Gleiche gilt für das Teilen einer Prüfung oder beim Tausch einer schriftlichen in eine mündliche Prüfung und umgekehrt oder bei einer Zeit-

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PARAPLEGIKER 1/09

zugabe von 50 % oder bei der Zulassung eines (fachfremden) Schreibhelfers. Kurzfristig können diese Nachteilsausgleiche nur ganz vereinzelt eingelöst werden, weil es durch die Mehrzahl der Veranstaltungen weder freie Räume noch freies Personal gibt. Die Macht des Faktischen erfordert auch hier ein möglichst frühzeitiges Aktivwerden des behinderten Studierenden – an einer Uni wie Marburg ist dies so offensichtlich wie unumgänglich: wenn von 30 schwerstbehinderten Rolli-Studenten und 150 blinden Kommilitonen nur jeder dritte eine nachteilsausgleichende Modifikation einfordert, geht das nicht ohne generalstabsmäßige Vorausplanung und Abstimmung. Die räumliche Aus- und Überlastung der meisten Hochschulen macht es in vergleichbarer Weise unmöglich, eine ganze Veranstaltung nach Semesterbeginn noch in barrierefreie Räumlichkeiten zu verlegen.

Teilzeitstudium? Die Fülle der in einem Studiensemester zu belegenden und mit Prüfung oder Testat abzuschließenden Module können die wenigsten behinderten Studierenden bewältigen. Inzwischen haben sie auch leider schon viel zu viele Leidensgenossen unter den nicht behinderten Kommilitonen. Ein Teilzeitstudium aber ist für den behinderten Studierenden wegen seines Anspruchs auf Nachteilsausgleich nicht wirklich vorgesehen. Gleichwohl gibt es vom „Hessischen Wissenschaftsministerium“ Bestrebungen, das Teilzeitstudium zu stärken. In konkreten mehrjährigen Modellversuchen an hessischen Hochschulen soll erprobt werden, wie die Studiensituation der Teilzeitstudierenden so verbessert werden kann, dass das Studium zum Beispiel auch mit einer Krankheit oder Behinderung gut und zeitnah abgeschlossen werden kann. So positiv sich dieses Projekt anhört, so penibel ist im Interesse der schwer behinderten Studierenden darauf zu achten, dass nicht etwa ein „Behinderten-Studium“ entsteht,

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leserforum das schnell die Abwertung „zweite Wahl“ riskiert, weil „die gleichwertigen Leistungen in anderer Form“ aus dem „Nachteilsausgleich“ vielleicht doch als „Erleichterungen im Studium“ interpretiert werden könnten.

Zielvereinbarungen und Individuallösungen

Auch die Notrutsche im Marburger Konrad-Biesalski-Haus ist „behindertengerecht“.

Was bleibt und an der Uni Marburg ebenfalls praktiziert wird, ist die individuelle Strukturierung des betreffenden BA-Studienganges in einer oder mehreren Zielvereinbarungen, die in mehreren Gesprächsrunden und im Zusammenwirken von Professoren, behindertem Studenten und den Behindertenbeauftragten entwickelt werden. So sieht beispielsweise der BAStudiengang BWL vor, dass nach dem 2. Fachsemester 30 Leistungspunkte (ECTS) und nach dem 3. Fachsemester 60 Punkte erreicht sein müssen. Die Zielvereinbarung erlaubt nun 30 Punkte erst nach dem 3. Fachsemester und 60 Punkte nach dem 5. Fachsemester oder auch früher. Über die Ausgestaltung der Zielvereinbarungen für die zweite Hälfte des BWL-Studiums BA wird rechtzeitig in einer zweiten Gesprächsrunde diskutiert werden. Der Preis solcher Zeitregelungen ist für den behinderten Studierenden leider oft der Verlust zur Studien-Bezugsgruppe wie zu Kommilitonen der ersten beiden Semester. Eine sehr viel weitergehende Anwendung des Nachteilsausgleichs haben das Dekanat und der Fachbereich „Chemie“ realisiert, indem sie für einen E-Rolli fahrenden Kommilitonen den Diplom-Studiengang (alte Version) als „Zuguckikum“ organisieren (vgl. paraplegiker 4/07): der Rolli-Chemiker war in den ersten beiden Semestern in eine Arbeitsgruppe aus vier ausgesuchten Kommilitonen integriert, die sämtliche praktischen Arbeitsanteile

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auf Anweisungen hin ausführen. Sie bilden zugleich eine aus Mitteln der Hochschulhilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 2. SGB XII bezahlte Studienhelfer-Gruppe, so dass dem Fachbereich – das war die Bedingung – keine zusätzliche Kosten für Arbeitsplatzassistenz entstehen und die Fußgänger-Chemiker am Monatsende bis zu 240 € mehr in der Tasche haben. Eine zweite Augen-Dusche auf E-Rolli-Augenhöhe und eine labornahe Toilette mit Schiebetür waren die baulichen Erfordernisse. Die ersten Kontakte zum Behindertenbeauftragten gehen auch bei diesem Beispiel zurück in die Zeit des letzten Schuljahrs.

Verlängerte Studienzeiten und BAföG Die Studienförderungshöchstdauer nach BAföG liegt für den BA-Abschluss bei sechs Semester, weitere vier Semester Förderung stehen bis zum Studienabschluss durch den Master zur Verfügung. Nicht wenige BAföG-Ämter blasen zu einer regelrechten Teufelsaustreibung, wenn diese Studienzeiten überschritten werden. Hier hilft nur eines: Ruhe bewahren und Verbündete aktivieren. Der stärkste Verbündete ist das Gesetz selbst mit seinem dafür maßgeblichen § 15 Abs. 3, Nr.5 BAföG und der dazu gehörenden Verwaltungsrichtlinie: § 15 Abs: 3 Nr. 5 BAföG legt eindeutig fest: „Über die Förderungshöchstdauer hinaus wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie (…) 5. infolge einer Behinderung (…) überschritten worden ist. Die zugehörige Verwaltungsrichtlinie klärt den Begriff „einer angemessenen Zeit“ ganz exakt: „Angemessen ist eine Zeit, wenn sie dem Zeitverlust entspricht, der durch den die Überschreitung der Förderungs-Höchstdauer rechtfertigenden Grund entstanden ist.“ Und zwei Beispiele liefert sie für ganz begriffsstutzige Sachbearbeiter auch noch: „Angemessen ist immer die Zeit der Überschreitung, die von einer zuständigen Stelle vorgeschrieben wird, z. B. die Anordnung eines Prüfungsgremiums, (oder) nach nicht bestan-

leserforum dener Abschlussprüfung eine festgesetzte Anzahl von Studienhalbjahren zu wiederholen.“ Dazu zählen selbstverständlich auch alle Zusatzzeiten und/oder Zeitverlängerungen, die in einem Nachteilsausgleich vereinbart wurden oder enthalten sind ebenso wie Studienzeiten oder Studienverlaufserweiterungen, wie sie in einer individuellen Zielvereinbarung formuliert und genehmigt worden sind. Alle diese Zeiten, die „ursächlich“ sind für eine Studienzeitverlängerung, sind „behinderungsbedingt zusätzliche Studienzeiten“, die – ganz wichtig - als „Voll“-Darlehen zu fördern sind. Dass das jeweils zuständige Amt für Ausbildung wenig erfreut bis sehr unfreundlich auf deren Beantragung reagiert, gehört leider immer noch zum Tagesgeschäft der Mehrzahl der behinderten BAföG-Bezieher. (Siehe hierzu „Studenten rechnen mit Bafög-Ämtern ab“ in SPIEGEL ONLINE vom 6.2.09; www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,druck-603528,00).

Das „Logbuch“ Sehr hilfreich ist das Führen eines „Logbuchs“ der behinderungsbedingt auftretenden Zeiten von Anfang des Studiums an. Darin hält der behinderte Studierende

alle Zeiten fest, die sein Studium ursächlich verlängern: Erkrankungstage, die vom Arzt verschrieben worden sind, zwischenzeitliche Kliniks- oder Reha-Aufenthalte, attestierte Erholungszeiten, Kuren und Aufenthalte zum Auftrainieren, jede vom Dozenten autorisierte Verlängerung einer Vor- oder Bearbeitungszeit von Testaten, schriftlichen oder mündlichen Prüfungen, Wiederholungsprüfungen, Verlängerungszeiten der schriftlichen Examensarbeiten und der Vorbereitungszeiten auf mündliche Prüfungen, zusätzlich gewährte Zeiten zwischen einer Abfolge von Prüfungen. Ergänzen lässt sich dieses Logbuch über ein Rund um die Uhr Pflege-Stundenbuch, in dem minutiös aufgeführt wird, welche personellen Hilfen im Bereich der Pflege, der Alltagsgestaltung und der Studienhilfe erforderlich sind. In einer Dokumentation von zwei bis drei Wochen lassen sich dann sehr genau die Zeiten nachvollziehen, die durchschnittlich pro Woche ebenfalls ursächlich sind für eine verlängerte Studienzeit.

Die überörtlichen Sozialhilfeträger Ebenfalls wenig freundlich fallen oft die Reaktionen des jeweils zuständigen

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7. – 9. Mai 2009 • Messe Karlsruhe

leserforum überörtlichen Sozialhilfeträgers aus, der Hochschulhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe leistet, wenn der behinderte Studierende für diese behinderungsbedingt zusätzlichen Monate oder Semester die Übernahme der Kosten beantragt, nicht ganz unverständlich, wenn man berücksichtigt, dass da sehr schnell Beträge jenseits von 20 000 € pro Semester anfallen.

Bevorzugtes Beratungsthema: Kfz-Hilfe bis hin zum eigenen Pkw.

Dabei ist es heute schon schwer genug, den jeweiligen überörtlichen Kostenträger zu motivieren, nach erfolgreichem „Bachelor“ (Note: befriedigend) die weiteren Semester für den anschließenden „Master“ zu finanzieren, zumal die Reformer etwas übereifrig das Fähnchen des „berufsqualifizierenden ersten Abschlusses“ an den BA geheftet haben, womit aus Kostenträgersicht dem Gesetz zur Finanzierung einer angemessenen Ausbildung Genüge getan ist. Zum Glück siegt letztlich oft die Einsicht, dass die bestmögliche Ausbildung gleichermaßen auch die größte Aussicht für eine spätere berufliche Tätigkeit eines schwer behinderten Absolventen bedeutet.

Ergebnis und Ausblick „Bachelor und Master. Das neue Studium – flexibel und international.“ Das war der Titel einer Broschüre der Hochschulrektorenkonferenz für die Hochschulreform. Viel zu viele Studierende hat die schöne neue Studienwelt bereits ins Straucheln gebracht. Der Apparat reagiert träge. Bei der Akkreditierung neuer Studiengänge werden die Bedürfnisse aller Studierenden sehr viel mehr berücksichtigt werden müssen.

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Die Mitarbeiter vieler Studiengänge ahnen nicht, welche „Knüppel“ die drei Kriterien des Akkreditierungsrates sein könnten, wenn sie konsequent eingesetzt werden. Die Konsequenzen reichen schließlich bis zu „roten Karte“ für nicht wenige Studiengänge. Die Umsetzung liegt ganz entscheidend in der Initiative des behinderten Studierenden. Er muss sich der Schlagkraft dieses „Knüppels“ bewusst sein. Trotz allem hilft auch hier die Formel „Kompromiss statt Konfrontation“ meistens weiter. Viele Studiengänge, die in alten, gar denkmalgeschützten Institutsgebäuden zum Teil seit Jahrhunderten festgewachsen sind, lassen sich nicht „mal so auf die Schnelle“ in barrierefreie Institute verlegen. In dieser Umbruchphase heute sind die Behindertenbeauftragten der einzelnen Hochschulen einmal mehr die zentralen Ansprech-Partner und Wegbegleiter des behinderten Studenten. Sie sind als neutrale Experten die Personen, die ohne Angst vor Repressalien mit Fachbereichen, Dozenten, Prüfungsamt, Dekanat, Kostenträgern und BAföG-Amt verhandeln können, dabei die Interessen des behinderten Studierenden moderieren und im Zusammenwirken mit ihm durchsetzen. Der möglichst frühzeitige Kontakt zu ihnen wie zu den Hochschulangehörigen und den Hochschulorganen sollte verhindern können, dass behinderte Studierende – besonders die mit hohem Assistenzbedarf für Pflege und Studienhilfe – im Reform-Chaos stecken bleiben. Der Weg vom Bachelor zum Master ist beschwerlich. Die Anstrengungen aber lohnen sich, denn je hochgradiger die Ausbildung ist und je besser die Noten der Abschlussbewertung ausfallen umso größer sind die Aussichten für eine angemessene und gut bezahlte Berufstätigkeit. Kontakt: Clemens Schwan, Dipl.-Päd. Beauftragter für behinderte Studierende an der Philipps-Universität Marburg SBS - Servicestelle für behinderte Studierende Biegenstr. 12, 35032 Marburg

Text: Clemens Schwan Fotos: M. Ali-Tani, C. Schwan

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ParkProbleme Unser Leser hat Probleme mit dem Ordnungsamt, das nicht akzeptieren will, dass er bei Winterwetter auf dem geräumigen Gehsteig direkt vor seinem Friseur parkt, wozu es seiner Ansicht nach keine Alternative gibt: „Anliegend einige Ausdrucke der EU- Bestimmungen bezüglich Parkerleichterung für Behinderte. Hier gibt es aber eine „schwammige“ Formulierung in Punkt 1: ‚…auf Straßen und Zonen parken wo sonst Parken verboten ist’.

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Darf man als Rollstuhlfahrer hier parken? Ich gehe davon aus, dass ich dann auch auf einem Gehsteig parken darf, wenn ich niemand behindere. Das Ordnungsamt sagt jedoch Nein, grundsätzlich sei Parken auf Gehsteigen verboten.

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leserforum Hier geht es nicht um ein „Knöllchen„ sondern um Grundsätzliches. Denn wenn ich das Knöllchen bezahle und das nächste Mal wieder an der gleichen Stelle parke um zum Friseur zu gelangen, trete ich eine Lawine los: Erhöhtes Bußgeld, Idiotentest beim MPI, möglicherweise Punkte in Flensburg, weil Wiederholungstäter, usw. Andererseits gibt es im Umkreis von 300 Metern, am Berg und im Winter (!), keine Parkmöglichkeit für Behinderte. Beim drit-

ten Mal bin ich dann den Führerschein los. Kann mir jemand sagen, ob es dazu evtl. Urteile gibt? Dann bitte ich um Auskunft. Mit freundlichen Grüßen. Kontakt: Peter Hartmann Dipl. Ing. (FH) Pechmannstraße 5 82418 Murnau tel 0 88 41-82 02 eMail [email protected]

Christian Holz, Kissingen:

Wasser! Oder: Der Feuerwehrmann Vorbemerkung der Redaktion: Wir glauben, dass der Alltag behinderter Menschen viel bunter ist als eine Sammlung von Tipps aus Medizin und Sozialrecht. Dazu gehören auch schräge Erfahrungen, wie sie unser Leser hier schildert…

Auch unterwegs – immer cool bleiben!

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Als Mitglied des Städtischen Behindertenbeirats und dessen Fraktion Mobilität interessierte mich der Umbau des Kissinger Bahnhofs bei Augsburg enorm. Im Vorbeifahren war mir an diesem Bahnhof schon mehrmals eine zur Benutzung einladende Rampe aufgefallen und der Bahnsteig selbst war 96 cm hoch. Jahrzehnte lang hatten wir uns mit den höchsten BAHN-Menschen bis hinauf zu Ministern um barrierenfreie BAHNAnlagen gekloppt. Jetzt endlich wurden diese Realität. Und diese Realität wollte ich unbedingt erleben. Außerdem malte ich mir das Verlassen des Zugs ohne das umständliche Heranfahren eines Affenkäfigs von Hydraulikeinsteighilfe und ohne dass ich beim Hinausheben aus der Karre stürzte schier wie eine Erfahrung der dritten Art aus.

und zudem ein Naturschutzgebiet mit halsbrecherischen Wegen erkundet hatte, dachte ich ans Antreten des Heimwegs, allerdings von einem weiteren Bahnhof, und zwar Althegnenberg, denn den Kissinger hatte ich nun ja schon gesehen. Damit jedoch begann meine Erkundungstour, sich zu einem weiteren Stunt zu entwickeln: Um auf die Bundesstraße nach Althegnenberg zu gelangen, musste ich nämlich auf die Südseite des Bahnkörpers wechseln. Eine aus der Ferne erspähte Unterführung schien das zunächst sogar zu gestatten, doch als ich vor dieser stand, wurde mir mulmig: Sie stand voll Regenwasser und bei Durchfahren hätten die Motoren Wasser geschluckt. Die Folge wäre ein Kurzschluss mit dem Ausfall aller Fahrfunktionen gewesen – Ende eines Traums.

Nachdem ich nach dem Kissinger Bahnhof auch noch den pittoresken Nachbarort Mering mit Rokoko-Kirche besichtigt

Mit schwindendem Stromvorrat musste ich also auf einem x Kilometer langen Umweg zum Althegnenberger Bahnhof

Ich gurkte also weiter, die Akkuwarnlampe blinkte auf, das Warnpiepen setzte ein und die Motorleistung ließ nach, obwohl ich den Steuerhebel am Anschlag hielt und dabei wohl fast verbog. Ich kriegte die Panik, denn schon stellte ich mir eine Übernachtung im Freien vor, dass ich dabei von wabernden Mückenschwärmen zerstochen und von streunenden Dorfkötern angefallen würde, sich Fledermäuse in meinen Haaren verkrallten und ich in meinen Ausscheidungen vor mich hin stänke, danach aber noch immer nicht daheim wäre. Noch aber saß ich nicht in der K... Unter dem Druck der dräuenden Ereignisse fragte ich unerschrocken den nächstbesten Dorfbewohner, ob er bereit sei, mich mit seinem Auto zum nächsten S-Bahnhof, wo alle 20 min verlässlich barrierenfreie Züge fahren, zu bringen. Ohne zu überlegen willigte dieser Dorfbewohner ein. Der Grund: Ich war zufällig an einen Feuerwehrmann geraten und der hatte schließlich schon ganz andere Katastrophen als die nun vor ihm stehende erlebt! Mit Unterstützung seines Nachbarn verlud er meinen E-Bock in seinen Geländewagen und keine 20 min später schon befand ich mich im S-Bahnzug auf der Rückfahrt nach München!

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fahren! Hektisch gurkte ich durch mehrere aus dem Dorferneuerungsprogramm verschönerte Käffer, fraß ich mich auf einem Sportfest durch das üppige Kuchenangebot, doch alle Sorge war umsonst gewesen, der Stromvorrat hatte ausgereicht, ich gelangte nach Althegnenberg und hätte mit dem Zug heimfahren können. Bei dessen Eintreffen aber trat die vermieden geglaubte Katastrophe doch noch ein: Die Hubbühne des Zugs funktionierte nicht, der nächste Zug wäre erst am nächsten Tag gefahren, Niemand wollte meine 120-kg-Karre in den Zug heben und ich befand mich mit kläglichen Stromresten 30 km vor München!

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bericht „Helping Hands“ in den USA:

Kapuzineraffen als Assistenten Die katzengroßen Kapuzineraffen aus Südamerika gelten als sehr intelligent, robust, von Natur aus hilfsbereit, und sie benutzen Werkzeuge: Diese Eigenschaften der flinken Gesellen mit dem Greifschwanz macht sich eine Non-Profit-Organisation in Boston, USA, zunutze: Spezialistinnen der „Helping Hands Inc.“ trainieren die Affen in aufwändigen Dressurprogrammen, damit sie Querschnittgelähmten und anderen Schwerbehinderten im Alltag buchstäblich zur Hand gehen. Das Ganze ist als eine Dauerpartnerschaft von Mensch und Affe angelegt und für den Empfängerhaushalt fast kostenlos.

macht ihnen „ihr“ Mensch vor, indem er schrittweise mit einem Laserpointer z.B. auf die Tasten eines Telefons oder CD-Players zeigt. Manche dieser quicklebendigen Helferlein können sogar die Mikrowelle bedienen oder die Waschmaschine. Und wenn die Aufgabe gelöst ist, gibt’s vom Partner ein Lob mit Streicheln oder gar einen Fingerhut voll Leckeres. Die Mutter eines Epileptikers und Tetraplegikers berichtet, dass Kapuziner-Äffin „Kasey“ wild Alarm schreit, wenn ihr erwachsener Sohn einmal ohnmächtig wird.

Bei der Ausbildung: Affe mit Trainerin.

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ideo-Clips des Vereins bzw. eines Nach richtensenders zeigen die Affen mit dem graubraunen Mönchskutten-Fell beim Training und in der Wohnung ihres behinderten Partners: Mit rastlosen Bewegungen erklettern sie den Rollstuhl, den Partner, den Tisch, um auf kurze, freundliche Anweisung hin Dinge zu apportieren oder gelähmte Gliedmaßen in eine gewünschte Position zu bringen. Geschickt setzen sie ihrem Partner die Brille auf, reichen ihm eine Fernbedienung oder bereiten eine Trinkflasche vor, indem sie sie aufschrauben und einen Schlauch hineinstecken, den sie dem Durstigen an den Mund setzen. Komplexere Aufgaben an technischen Geräten

Doch längst nicht jeder Behinderten-Haushalt eignet sich dazu, einen „Monkey Helper“ aufzunehmen. So muss der Rollifahrer zumindest sprechen und Autorität als „Alphatier“ geben können, und es dürfen keine kleinen Kinder dort leben, um Unfälle durch Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden. Noch viel wichtiger als die Handreichungen ist den Empfängern die soziale Komponente, die der Kapuziner mit sich bringt. Insbesondere die gegenseitige Zuneigung und der Körperkontakt beim Streicheln und Spielen. Der Affe wird als ein Freund empfunden, der allerdings viel Aufmerksamkeit und dauernde Zuwendung braucht, wie ein dreijähriges Kind. „Kasey führt mich aus der Trostlosigkeit und Einsamkeit meiner Situation heraus und lenkt mich vom seelischen und körperlichen Schmerz ab“, lobt Ned Sullivan, Tetraplegiker aus Boston.

bericht Ein Monkey Helper kann und soll natürlich keine Pflegefachkraft ersetzen. Doch verhilft der Affe seinem Partner zu mehr Selbstständigkeit. Und: „Hilfe von einem Tier anzunehmen, nimmt auch das Konfliktpotenzial mit einer Pflegeperson“, sagt Dr. Wolfgang Neumann, Psychotherapeut in Bielefeld und selbst Rollifahrer, „dass man der Boss wird, oder dass man die Pflegeperson nicht mag und dennoch von ihr abhängig ist.“

Aufwand Für die Masse der rund 200 000 gelähmten Menschen in den USA stellt das Bostoner Modell von Helping Hands Inc. leider keine Hilfe dar, denn der Aufwand um ihre Affen ist riesig: Die Kapuziner werden von Hand aufgezogen und stammen aus einer eigenen Zuchtgruppe in einem Zoo. Noch im Kindesalter kommen die Tiere einzeln in einen normalen Pflege-Haushalt, und zwar für fünf bis zehn Jahre (!), also bis nach der Pubertät. So vermeidet man später aggressive Konflikte um die Rangordnung im Behinderten-Haushalt. Dort lernen die Affen, sich (unfall-)frei in einem Menschen-Haushalt zu bewegen. Sie sollen stubenrein werden (sie tragen aber offenbar fast immer Windeln) und sich an ein tägliches Bad gewöhnen – denn zu ihrem natürlichen Verhalten gehört, sich mit Urin einzureiben. Anzeige

Für das spezielle dreijährige Training bei Helping Hands muss der Pflegehaushalt sein Tier wieder an die Organisation abgeben – für immer. Der ausgebildete Kapuziner kommt dann auf Anfrage in einen geeigneten Behinderten-Haushalt. Für dieses „Placement“ ist eine Woche zur Eingewöhnung vorgesehen, wobei Mensch und Affe unter Aufsicht ihre individuellen Bedürfnisse aufeinander abzustimmen lernen. Zugleich wird so geprüft, ob der Affe und sein Partner zusammenpassen. Nach

bericht gen die Kosten für das eigentliche „Placement“, also die Eingewöhnungswoche im Haushalt des Behinderten, die Ausrüstung, wie z.B. der Käfig, sowie die dauerhafte Begleitung des Haushalts mittels TelefonBeratung, Hausbesuchen, Veterinärterminen u.a. mit umgerechnet ca. 11 500 € zu Buche. Der Rest bezieht sich auf die Haltung und das Training bei Helping Hands und den Pflegefamilien. Was sich erst als großer Batzen Geld ausnimmt, ist beim näheren Betrachten um ein Vielfaches billiger als bspw. ein ambulanter Pflegedienst, der morgens und abends bei der Toilette hilft und sicherlich jeden Monat 1 000 € kostet.

Affen in Deutschland?

Gehaubte Kapuziner (Cebus apella) im Allwetterzoo Münster. Am rechten Bildrand mit „Elvis-Tolle“: der Banden-Chef.

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der Helfer-Phase – im Schnitt ca. sieben bis zehn Jahre bei einer Person, insgesamt zehn bis 20 Jahre – werden die Tiere zurückgenommen und, wenn möglich, erneut als Haustiere an geeignete Interessenten abgegeben.

In Deutschland scheint es solche „AffenPartnerschaften“ nach dem Modell der Helping Hands bislang nicht zu geben. Jedenfalls war das Thema für fast alle Angesprochenen neu, ob Behinderte, Behörden oder Behindertenorganisationen. Lediglich ein paar Affenexperten aus Forschung und Zoos wussten davon.

Laut Cheftrainerin Allison Payne umfasst das Programm seit Bestehen insgesamt über 190 Kapuzineraffen. Derzeit würden 30 Affen ihr Training am „Monkey College“ abschließen. In der 30 jährigen Geschichte des Vereins haben USA-weit rund 120 Behinderte einen „Monkey Helper“ in Anspruch genommen. Der Verein lebt nach eigenen Angaben nur von Spenden und Sponsorengeldern. Die Vermittlung und Haltung der Affen sei für die Patienten kostenlos. Die Tiere würden nur an ausgewählte Haushalte bzw. Personen abgegeben. „Derzeit haben wir 43 Affen bei Behinderten und weitere 70 bei Pflegehaushalten“, bilanziert Andrea Rothfelder, die aus Bayern stammende Kommunikationschefin von Helping Hands Inc.

Anfragen beim Bundesamt für Naturschutz, beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und bei einem kommunalen Veterinäramt – all diese Stellen sind für die Haltung von „Wildtieren“ zuständig – haben die berühmte Radio Eriwan-Antwort ergeben: Ja, im Prinzip dürfen in Deutschland Kapuzineraffen aus Nachzuchten gehandelt und privat gehalten werden. Aber: Die artgerechte Haltung sieht für Kapuzineraffen je ein zimmergroßes Innen- und ein Außengehege (mind. je 16 qm) vor. Darüber hinaus müssen es mindestens drei Tiere als Sozialverband sein, und Tier und Mensch müssen bestimmte Hygienevorschriften erfüllen. Das alles würde vom örtlichen Veterinäramt kontrolliert.

Die Ausgaben für die Platzierung eines Affen belaufen sich, über dessen gesamte Lebensspanne von 30 bis 40 Jahren gesehen, auf ungefähr 35 000 US-Dollar (ca. 27 000 €), erklärt Megan Talbert, Geschäftsführerin von Helping Hands. Davon schla-

Für das amerikanische Modell der Helping Hands Inc. bedeuten diese Vorschriften das juristische Aus in Deutschland. Denn die Einzelhaltung ausschließlich in der Wohnung ist nicht artgerecht. Immerhin lässt Dr. Hans Helmut Jostmeyer vom Veterinär-

Zoologen und Tierpfleger lehnen das Bostoner Modell übrigens strikt ab. Aus ihrer Sicht ist es ethisch nicht vertretbar, ein soziales und hochmobiles Wesen wie den Kapuzineraffen so zu einem Kunstwesen zu vereinzeln: Zu diskutieren wäre also: Darf man einen Akrobaten behindern, um einem Gelähmten mehr Freiheit zu bringen? Text: Martin Bopp Fotos: Bopp (1), © 2006 by Tom Kates photography

Links und Adressen zum Thema: Affen als Begleittiere für Behinderte: Helping Hands Inc. Monkey Helpers for the Disabled, Megan Talbert, Andrea Rothfelder, 541 Cambridge Street, Boston MA O2134, [email protected], www.monkeyhelpers.org MonkeyHelpers Video aufYou Tube: http://www.youtube.com/ watch?v=jo4g2aKscaQ Paralyzed Veterans of America (PVA): Managing Personal Assistants – a Consumer Guide (Handbuch für Behinderte zur Auswahl geeigneter Helfer (engl.): ob Menschen im Pflegedienst, Hunde oder Affen…, PDF-Version (70 S.; 1 MB), ISBN 0-929819-11-X, www.pva. org/site/PageServer?pagename=pubs_main >> publications >> Advocacy and Accessibility http://www.pva.org/site/News2?page=NewsArticle&id=8115 Kapuzineraffen – die Arten, ihre Verbreitung, Lebensweise und Gefährdung: Bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Kapuzineraffen Kapuzineraffen im Zoo: Allwetterzoo Münster, Gehaubter Kapuziner, www.allwetterzoo.de Apenheul Appeldoorn (NL), mit großen Freigehegen, die Affen leben in naturnaher Umgebung: www.apenheul.nl (Gelbbrustund Weißschulter-Kapuziner) Zoo Köln; Gelbbrust-Kapuziner: www.zoo-koeln.de/index.php Wilhelm Busch: Fipps der Affe: http://gutenberg.spiegel.de/wbusch/fipps/fipps.xml

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amt Bielefeld großes Verständnis durchblicken: „Ich bin grundsätzlich sehr offen für die Tierhaltung im erweiterten Therapiebereich. Für eine Genehmigung wäre zwar die artgerechte Haltung maßgeblich, aber es wäre auch der Zweck der Haltung zu berücksichtigen, und wenn möglich, in eine Genehmigung zu bringen.“

unterwegs

Ich bin seit 58 Jahren ein „Paraplegiker“. Bis vor fünf Jahren war Reisen kein Problem. Die einzigen Voraussetzungen, die ich an eine geeignete Unterkunft stellen musste: die Türen mussten mindestens 65 cm breit und die Toilette erreichbar sein. So konnte ich mit Hilfe meiner Frau nicht nur mehrmals die drei skandinavischen Länder bis hinauf in das ganz im Norden von Norwegen gelegene Kirkenes kennen lernen, sondern auch z.B. Frankreich bis hinunter an die Mittelmeerküste. Das Suchen nach geeigneten Häusern oder Orten ist zwar mühsam, kann aber durchaus auch erfolgreich sein.

Die Bäderbrücke, auch zum Angeln geeignet.

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Dann riss bei einem Übersetzen von der Toilette in den Rolli die Sehne im rechten Schultergelenk. Damit folgte dann zwangsweise der Wechsel in den E-Stuhl. Von nun an waren die als „rollstuhlgeeignet“ bezeichneten Unterkünfte zu 99 Prozent nicht mehr geeignet. „Na und?“ werden Tetraplegiker zu recht sagen – das Problem habe ich von Anfang an. Und dessen ungeachtet: Als E-Rollstuhl fahrender „Para“ hat man doch noch in paar kleine Probleme weniger, so dass Reisen nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind.

Als besonders behindertenfreundlich empfinde ich die „neuen“ Bundesländer. Und da habe ich das Ostseebad Kühlungsborn kennen und schätzen gelernt. Eine wunderschöne, breite, dicht am Ostseestrand entlang führende kilometerlange Uferpromenade. Die weit in die Ostsee hineinragende Seebrücke hat wie selbstverständlich Rampen. Direkt von der Promenade abzweigend gibt es für Behinderte und Rolli-Fahrer einen eigenen ins Wasser hinein führenden Badesteg mit einem Seitensteg, von dem aus man den Sandstrand und mehrere Strandkörbe erreichen kann.

Gut recherchiert 2008 war in Kühlungsborn sogar ein Riesenrad aufgebaut mit zwei Kabinen für Rollstuhlnutzer. Sehr freundliches und kräftiges Personal half uns über die Schwellen. So konnten wir Kühlungsborn

unterwegs

Blick auf die Promenade in Kühlungsborn. Unser „Stammquartier“. Leider nicht ganz billig. auch einmal aus der Vogelperspektive genießen. Im Unterkunftsverzeichnis sind mehrere Hotels genannt, die das Rollstuhlsymbol in ihre Anzeige eingesetzt haben. Da beginnt dann die individuelle Suche. Wir übernachten immer im „Ringhotel Strandblick“. Es verfügt

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unterwegs dem Schwerpunkt Wellness wurde im letzten Jahr in 29549 Bad Bevensen in Niedersachsen eröffnet. (tel 0 58 21-95 90) Ein privater Anbieter in Deutschland: Otto Käser im Allgäu: tel 0 83 23-71 39, www. immenstadt.com/ kaeser/. Und unter w w w. r o l l s t u h l - u rlaub.de findet man weitere Angebote im Internet.

Direkt an einer DLRGStation: eigens für Behinderte und Rollifahrer gebauter Badesteg.

leider nur über ein spezielles Zimmer für „Rollis“, das allerdings auch weit im Voraus ausgebucht ist, hat aber auch einige andere Zimmer, die man bei einigen Einschränkungen durchaus als „geeignet“ bezeichnen kann. Der Vorteil: Hilfsmittel wie Duschstuhl, Bettgalgen und Lifter kann man sich beim Bergmann REHA-SERVICE in Rostock (tel 03 81-76 88 600) zu vertretbaren Preisen leihen. Eine gute Quelle für Infos ist wie so oft das Internet. Oder man bestellt sich Prospekte von Fremdenverkehrsverbänden, um sie auszuwerten. Besonders ausführlich ist der Prospekt von Sachsen. Achten Sie aber darauf, dass Sie den Spezialprospekt für Behinderte „Sachsen Barrierefrei“ bestellen. ich habe selten eine so gut recherchierte Arbeit gesehen. Der Hauptkatalog enthält dagegen nur wenige nützliche Hinweise. (tel 03 51-49 17 00, www.sachsen-tourismus.de)

Für Freunde organisierter Reisen für Behinderte bietet sich die „rfb-Touristik“ in Mönchengladbach mit der gesamte Palette der Reisebranche an. (tel 0 21 66-6 18 90 20, www.rfb-touristik.de) Aber warum nicht einmal mal auch im Ausland nach einem Quartier suchen? Vielleicht nicht nur für Norddeutsche interessant ist Dänemark und hier besonders Jütland mit seinen unendlich langen Sandstränden mit geräumigen und großzügig gebauten Ferienhäusern. Ein deutscher Anbieter: „Sonne und Strand“ in Flensburg, tel 04 61-1 44 20 20, oder direkt beim dänischem Vermittler im Internet unter www.Dancenter.de. Diese Daten können und sollen natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sondern zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, auch mit diesen Vorausetzungen Urlaub zu machen, einmal den Alltag zu vergessen. Wagen Sie es doch einfach auch mal. Es lohnt sich.

Weitere Angebote Die Fürst-Donnersmark-Stiftung, Berlin, hat zum Beispiel ein sehr schönes und großes Haus nur für Behinderte und deren Angehörige in Rheinsberg am See (tel 03 39 31-34 40, www.hausrheinsberg. de). Ein zweites Haus der Stiftung mit

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Text: Klaus Schwarz Fotos: Waltraud Schwarz

markt Bad Bevensen:

Wenn die Tage wieder länger werden und der Frühling kommt, wächst die Lust auf Urlaub. Die Kurstadt Bad Bevensen in der Lüneburger Heide bietet beste Voraussetzungen für einen erholsamen, aber auch abwechslungsreichen Frühlingsurlaub. Bunte Wälder, Felder und Heideflächen, grüne Wiesen- und Auetäler prägen die südlich von Lüneburg gelegene Landschaft und laden zum Entspannen und Durchatmen ein.

Barrierefrei in der Lüneburger Heide Der Kurpark von Bad Bevensen lädt zu schönen Spaziergängen ein, die Stadt mit ihren Fachwerkhäusern will entdeckt werden und auch Ausflüge in die Umgebung versprechen viel Abwechslung. Im Gästehaus Bad Bevensen der Fürst Donnersmarck-Stiftung findet man eine komfortable, barrierefreie Unterkunft, in der man es sich richtig gut gehen lassen kann. Ob es die gute Küche des Hauses ist, die ansprechenden Zimmer, die gemütlichen Aufenthaltsräume oder die Kaminbar – hier ist für einen angenehmen Urlaub alles gut vorbereitet. Das Haus ist komplett barrierefrei für Rollstuhlfahrer gestaltet und entspricht den Bedürfnissen von Menschen mit Körperbehinderung. Ganz neu ist das Vital-Zentrum mit Bio-Sauna, Sauna, Dampfbad, Entspannungsräumen und Gymnastikraum. Hier kann man in ansprechendem Ambiente entspannen und etwas für die Gesundheit tun. Dazu bietet die Physiotherapiepraxis ein fachlich fundiertes Spektrum verschiedener Gesundheitsanwendungen. Ob es eine physiotherapeutische Behandlung nach Bobath ist, eine manuelle Therapie, eine Wohlfühlmassage oder Wärmebehandlungen – hier ist man immer in guten Händen. Vielseitige Entspannungs- und Aktivitätsprogramme sorgen für Wohlbefinden. Ärztliche Versorgung

im Haus rundet das Angebot des Vital-Zentrums ab. Zu einem erholsamen Urlaub gehören auch ausgedehnte Spaziergänge und -fahrten im angrenzenden Wald. Ein rollstuhlgerechter Rundweg bietet auch den Gästen, die nicht so mobil sind, die Möglichkeit zu einem wunderschönen Naturerlebnis. Und wenn man dann vom Spaziergang zurück ins Gästehaus kommt, kann man dort in der gemütlichen Kaminbar bei einem guten Glas Wein entspannen und den Tag ausklingen lassen.

Weitere Infos unter www.gaestehaus-bad-bevensen.de oder tel. unter 0 58 21-95 90. PARAPLEGIKER 1/09

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unterwegs Flug nach Berlin:

Abenteuerreise Früher, als Bonn noch Bundeshauptstadt und Berlin nur eine große Stadt war, bin ich häufig samt Rollstuhl nach Berlin geflogen. Morgens hin und abends wieder zurück, manchmal sogar „standby“, also ganz ohne Reservierung. Damals gab es noch keine Billigflüge, aber auch noch keinen 11. September und keinen Touristenboom in der Hauptstadt. Letzten Dienstag musste ich wieder mal nach Berlin und weil ich am nächsten Tag einen Termin hatte, am gleichen Tag auch wieder zurück. Vorspiel: Im Internet zahle ich nur 109 € für Hin- und Rückflug, rund ein Drittel vom früheren Preis. Weil ich noch nie mit Air Berlin geflogen war oute ich mich vorsichtshalber per E-Mail als Rollstuhlfahrer. Etliche Mails und eine Woche später ist klar, ich bin ein „Charly“, einer der im Rollstuhl sitzt und nicht laufen kann. Eine „geänderte zweite Rechnung“ ersetzt die Bestätigung aus dem Internet. Die Hinreise: Auf dem Flughafen Köln/ Bonn wurden die Behindertenparkplätze direkt neben dem Eingang zur Abflughalle „wegen Missbrauch“ abgeschafft. Jetzt gibt es im Parkhaus auf Ebene 4 mehr Behindertenparkplätze als ich jemals vorher an einem Platz gesehen habe. Leider war von den ca. 50 bis 60 Plätzen in vier Reihen keiner frei. Nachdem ich mich auf einem normalen Parkplatz aus dem Auto gezwängt hatte bin ich durch eine der Parkreihen zum Aufzug gerollt und konnte nur ein halbes Dutzend blaue Parkausweise entdecken... Andere Rollstuhlfahrer sah ich während der ganzen Reise überhaupt nicht.

Barsche Befehle Check-in: „Sie können nicht laufen? Hier steht aber etwas anderes. Wir bestellen aber die Hilfe für Sie und sagen auch in Berlin Bescheid. Für Ihren Rückflug heute Abend ändern wir den Flug auch auf Char-

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ly“ Im Flugzeug durfte ich dann nicht – wie ausnahmslos bei allen Flügen seit meinem Unfall – am Gang sitzen bleiben. Barsch und mit Feldwebelstimme wurde mir klar gemacht, dass ich „aus versicherungsrechtlichen Gründen“ zwei Plätze weiter am Fenster sitzen müsse. Selbst das Angebot einer freundlichen Sitznachbarin, mit mir den Platz zu tauschen, wurde nicht erlaubt. Später habe ich dann erfahren, dass ich den Fensterplatz nur hatte, weil die netten Leute am Check-in mir etwas Gutes tun wollten. In Berlin-Tegel konnte ich wie gewohnt direkt am Flugzeug in meinen eigenen Rollstuhl umsteigen. Praktisch wäre es gewesen, mit einem Rollstuhltaxi ohne Umsetzen zur Besprechung zu fahren. Aber weit gefehlt. Was in Köln, Frankfurt oder Koblenz möglich ist, in der Millionenstadt blieben die Anrufe der hilfsbereiten Dame von der Flughafeninformation bei 6 großen Taxizentralen ohne Erfolg - und die Linienbusse mit Rollisymbol fuhren nicht zu meinem Ziel. (Auch bei der späteren Rückfahrt zum Flughafen blieb mir diese Bequemlichkeit verwehrt.) Die Rückreise: Überflüssig zu erwähnen, dass ich gefragt wurde „Was, Sie können nicht laufen?“ Den Tipp, mich in Zukunft direkt bei der Buchung als „Charly“ anzumelden habe ich dann gerne zur Kenntnis genommen. Mein Wunsch, meinen Rollstuhl als „Cabin Luggage“ zu befördern wurde allerdings entweder überhört oder nicht verstanden. (Nur so ist man sicher, dass später auch der eigene Rollstuhl am Flugsteig bereitsteht.) Gegen den Fensterplatz habe ich schon gar nicht mehr protestiert.

Zur Geisterstunde zuhause Laut wurde ich erst wieder als in Köln weder mein Rollstuhl da war noch das extra schmale Gegenstück, mit dem man durch die Sitzreihen gefahren wird. Fünfundzwanzig Minuten später – das Flugpersonal hätte schon längst Feierabend gehabt und die Reinigungstruppe war schon bei

unterwegs der Arbeit – ging es weiter. Mein Rollstuhl war immer noch nicht da, sondern als „Sperrgepäck“ irgendwo in der Ankunftshalle. Das sei Vorschrift erklärten mir die Zivis von DRK. Welche Vorschrift das genau war wussten sie aber auch nicht. Stattdessen saß ich dann – wieder „aus versicherungsrechtlichen Gründen“ – in einem zweiten flughafeneigenen Rollstuhl, dessen Fußstützen bei einer Körpergröße von ca. 1,60 m gepasst hätten. Nur bin ich 1,86 m. Kein Wunder, dass ich mit ausgestreckten Beinen, weißen Polsterkissen unter den Waden und total verärgerter Miene auf dem langen Weg zum eigenen Rolli alle Blicke auf mich zog. Mein Rollstuhl stand dann mutterseelenallein in der Gepäckhalle. Alle Mitreisenden aus Berlin waren schon auf dem Nachhauseweg. Ich noch lange nicht. Denn ich hatte den Hinweisschildern vertraut, dass man die Parkgebühren auch

per Kreditkarte bezahlen könnte. „Dazu müssen Sie die Karte schon bei der Einfahrt einschieben“ erfuhr ich „Aber mit dem Schwerbehindertenausweis parken Sie hier kostenlos“. Der wurde dann fotokopiert, ein Formular wurde ausgefüllt und vom Kassierer und mir unterzeichnet ehe mir ein „Ersatzticket für eine kostenlose Ausfahrt“ ausgehändigt wurde. Zur Geisterstunde war ich endlich zuhause und alles Gespenstische, das mir den Tag über widerfahren war, ließ ich draußen vor der Tür. Wäre Bonn noch Bundeshauptstadt hätte ich mich ins Auto gesetzt und eine Stunde später dort die Bundesbehindertenbeauftragte getroffen. Ihr werde ich meinen Bericht über eine Abenteuerreise in die Bundeshauptstadt auch zuschicken. Text: Herbert Müller

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unterwegs Weserradweg mit dem E-Handbike:

Seit ich im Rolli sitze, hatte ich immer schon den Wunsch, wie früher als Fußgänger wieder Mehrtagestouren mit dem Rad zu machen. Der Weserradweg ist landschaftlich sehr schön und trotzdem topographisch machbar. Einzig auf dem ersten Stück von Hannoverisch Münden nach Bad Karlshafen gibt es nennenswerte Steigungen. Deshalb hatten wir uns dazu entschlossen, unsere Tour erst in Bad Karlshafen zu beginnen. ie Rückfahrt wollten wir mit dem Zug D bewerkstelligen. Allerdings ist das vom Zielort Cuxhaven aus nicht ganz so einfach. Unser Ziel war deshalb Bremerhaven. Durch diese beiden Änderungen verkürzte sich die geplante Strecke von 520 km auf ca. 430 km, die wir in acht Fahrtagen absolvieren wollten. Eine gewissenhafte Vorbereitung einer Tour mit dem Rolli ist extrem wichtig.

Speziell auf die Übernachtungen haben wir großen Wert gelegt und ich habe mir viel Mühe bei der Auswahl der Hotels gegeben. Dies hat sich auch wirklich ausgezahlt und so hatten wir fast ausschließlich einigermaßen rollitaugliche Unterkünfte. Wie schon bei vergangenen Touren hat Gerd die Etappen im Computer geplant und die Strecken und Hotels auf ein GPS-Gerät übertragen. So entfiel das allabendliche Suchen des Hotels. Auch die teilweise doch etwas mangelhafte Beschilderung des Radwegs ließ uns dank des Navis kalt. Ich habe meinen vollgummibereiften Meyra X2 in Kombination mit dem Stricker Handbike SmartDrive (elektromotorische Unterstützung) benutzt. Zur Erweiterung der Reichweite hatten wir insgesamt drei Sätze Akkus (insgesamt also sechs Akkus a 6V/9Ah) dabei, wovon wir den dritten Satz aber nie brauchten. Um den allabendlichen Ladeprozess zu beschleunigen, haben wir uns ein zweites Ladegerät besorgt. So konnten wir vier Akkus gleichzeitig aufladen und mussten nachts nicht zum Umstöpseln aufstehen. Gerd war mit einem Mountainbike unterwegs. Den Gepäcktransport bewerk-

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unterwegs stelligten wir mit einem einspurigen Anhänger, der bis zur maximalen Zuladung von 34 kg beladen war (den Großteil des Gewichts stellten die Akkus). Verpackt war alles in einer wasserdichten Tasche. Zusätzlich hatte Gerd noch einen kleinen Rucksack für häufig benötigte Dinge (Kamera, Werkzeug, etc.) auf dem Rücken.

1) Bad Karlshafen – Holzminden (39,5 km, 61 hm, 2:11h)

(hm= Höhenmeter, h=Fahrtzeit; Anm. d.Red.) Von Bad Karlshafen aus ging es zunächst auf der rechten Seite der Weser abwärts, bei strahlendem Sonnenschein und 35°C. Vor Beverungen mussten wir die Weser überqueren. Da das per Fußgänger-Fähre mit dem Handbike und dem Fahrrad mit Anhänger ziemlich umständlich ist, haben wir uns für die Überquerung per Brücke entschieden. Über Höxter ging’s nach Holzminden und wir erreichten unser Domizil, das Gasthaus

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unterwegs „Hellers Krug“ in Holzminden, gegen 17 Uhr. Unser Zimmer war im Erdgeschoss und barrierefrei zu befahren. Die Dusche war nicht befahrbar. Haltegriffe waren ebenfalls nicht vorhanden.

2) Holzminden – Hessisch Oldendorf (68,6 km, 75 hm, 3:50h) Die Königsetappe. Noch nie zuvor hatten wir eine so lange Strecke gefahren, und so waren wir sehr gespannt, ob alles wie geplant funktionieren würde. Die Strecke verlief den ganzen Tag auf der rechten Weserseite. Ab Bodenwerder, der Heimatstadt von Baron Münchhausen, beglückte uns die Sonne wieder und so stiegen die Temperaturen schnell auf über 35°C. Weiter ging’s nach Hameln. Kurz vor Hameln stand nach 45 km der erste Akkuwechsel. Das war unser persönlicher Rekord. Noch nie hatte ein Satz Akkus so lange gehalten, und so waren wir jetzt auch sicher, die Strecke bis Hessisch Oldendorf zu schaffen. Hameln hat eine sehr schöne Altstadt, die allerdings fast komplett mit wenig rollifreundlichem Kopfsteinpflaster bestückt ist. Trotzdem ist die Innenstadt natürlich eine Besichtigung wert. Die Hilfe eines Fußgängers ist aber eine Erleichterung… Weiter ging’s dann nach Hessisch Oldendorf. Dort haben wir privat bei Verwandten übernachtet.

3) Hessisch Oldendorf – Minden (62,4 km, 94 hm, 3:35h) Auf dem Weg nach Rinteln sichteten wir entlang der Strecke einige Störche. Um die Altstadt von Rinteln zu erkunden, verschlossen wir unsere Habseligkeiten in der Fußgängerzone. Vor Uffeln entschieden wir uns für eine alternative Wegführung, die nicht über die Höhen führt, sondern im Wesertal bleibt, über eine wenig befahrene Autostraße. In Uffeln trifft diese Umgehung wieder auf den offiziellen Weserradweg. Weiter ging’s zur Porta Westfalica. Hier endet das Weserbergland und es beginnt die norddeutsche Tiefebene. Das wuchtige

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Kaiser-Wilhelm-Denkmal bewacht den Durchbruch der Weser durch den Felsriegel des Weser Berglands. In Minden machten wir uns auf zur Stadtbesichtigung. Wie immer: Kopfsteinpflaster, soweit das Auge reicht. Aber auch eine schöne Altstadt. Nach der obligatorischen Apfelschorle fuhren wir dann weiter zu unserem Hotel. Dabei kamen wir am Wassersstraßenkreuz WeserMittellandkanal vorbei, das größte seiner Art in Europa.. Hier führt der Mittellandkanal auf einer eindrucksvollen Überführung über die Weser. Die beiden Wasserstraßen sind mit einer Schacht-

schleuse miteinander verbunden und so ist es möglich die Schiffe 14 Höhenmeter von der Weser in den Mittellandkanal zu heben.

4) Minden – Nienburg (59,9 km, 47 hm, 3:28h) Der Radweg verlief zunächst direkt an der Weser entlang, bis er kurz vor Ptershagen auf eine stillgelegte Bahntrasse abbiegt. Hier führt der Weserradweg entlang des Mühlenradwegs und so kann man hier einige Windmühlen am Wegesrand entdecken. Von Petershagen führt der Radweg weiter auf der still-

unterwegs gelegten Bahntrasse. Über Felder und Wirtschaftswege mit teilweise recht übler Oberfläche fuhren wir vorbei an alten Scheunendörfern nach Nienburg, wo wir gut durchgeschüttelt ankamen. Für die Nacht hatte ich die Weserkate in Nienburg gebucht. Der hübsche Altbau befindet sich sehr zentral in der Altstadt, die Rückseite direkt am Fluss. Entgegen unserer Erwartungen kamen wir aber auch hier sehr gut zurecht. Das Zimmer war geräumig und nach etwas Möbelrücken bot es auch genügend Platz für den Rolli. Zur Dusche ging’s zwar über den Flur, aber sie war ebenfalls befahrbar und weitgehend rolligerecht. Einzig die Stufe am Hauseingang könnte man bemängeln.

5) Nienburg – Verden (56,2 km, 55 hm, 3:18h) Auch heute waren die Wege nicht besser als am Vortag, und die Einkehrmöglichkeiten auch etwas knapp. Nach Bücken wurden die Wege zunächst etwas besser. Die Hitze wurde aber immer un-

erträglicher, und so waren wir froh, als wir den Dom von Verden am Horizont auftauchen sahen. In Verden sind wir dann direkt zum Hotel gefahren, das ca. 3 km außerhalb liegt. Der Niedersachsenhof kann ebenfalls getrost als rollitauglich bezeichnet werden, ist aber relativ teuer. Verden gilt als die Stadt der Pferde und so verwundert der immer präsente Geruch nach Pferdemist, der

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unterwegs Übernachtungen: Hellers Krug, Altendorfer Str. 19, 37603 Holzminden, tel 0 55 31- 20 01

wie eine Glocke über der Stadt liegt, nur im ersten Moment.

7) Bremen – Elsfleth (43,4 km, 45 hm, 2:42h )

6) Verden – Bremen (56,2 km, 55 hm, 3:25h)

Erleichtert, die apokalyptisch anmutende Industrielandschaft um Bremen endlich hinter uns gelassen zu haben, fuhren wir dann entlang der Hunte durch langsam wieder grüner werdende Landschaften. Da in unserem Führer (Bikeline) die Eisenbahnbrücke vor Elsfleth als eng und für Gespanne unpassierbar beschreiben war, entschlossen wir uns, die Alternativroute über die Huntesperre zu nehmen. Leider ist diese allerdings nur zur vollen Stunde jeweils für ein paar Minuten passierbar, die restliche Zeit hat die Schifffahrt Vorrang. Wir kamen um kurz nach 15 Uhr dort an und sahen gerade noch, wie die Brücke hochgeklappt wurde. Nach einer Stunde endlich konnten wir die Hunte überqueren und schon ein paar Minuten später kamen wir bei einer Freundin in Elsfleth an, wo wir übernachteten.

Hessisch Oldendorf: privat PARK HOTEL INTERNATIONAL, Marienstr. 108, 32425 Minden, tel 05 71-9 45-80 Fax -82 22 Altstadt-Pension „Weserkate“, Lange Straße 1, 31582 Nienburg, tel 0 50 21-92 49 06 Hotel Niedersachsenhof, Lindhooper Straße 97, 27283 Verden, tel 0 42 31-6 66-0 Ibis Bremen Centrum, Rembertiring 51, 28203 Bremen, tel 04 21-3 69 70 Elsfleth: privat

Wir bahnten uns unseren Weg durch die vielen Baustellen in Verden bis zum Schleusenkanal. Von dem sieht man leider nicht viel, weil zwischen Kanal und Radweg ein Damm verläuft. In Baden erfuhren wir an einer kurzen aber steilen Rampe wieder mal die Traktionsgrenzen des frontgetriebenen Handbikegespanns. Mit vereinten Kräften haben wir’s dann aber doch geschafft und weiter ging’s nach Achim. Dank GPS war unser Hotel, das Ibis in Bremen, schnell gefunden. Das Zimmer war, speziell betreffend der sanitären Anlagen rollifreundlich, wenn auch relativ klein. Nach dem Duschen machten wir uns gespannt auf Entdeckungsreise in die Stadt. Rathaus, Roland und Bremer Stadtmusikanten standen auf dem Programm, bevor wir die Weserpromenade Schlachte, die bekannte Fressmeile von Bremen, direkt am Ufer der Weser aufsuchten.

8) Elsfleth – Bremerhaven (41,1 km, 38 hm, 2:33h) Zunächst ging es entlang der Weser auf ausnahmsweise recht guten Wegen nach Brake. Der Weg von Brake zur Weserfähre in Blexen gibt leider recht wenig Gelegenheit, die Weser zu sehen, da er entweder weit entfernt von der Weser verläuft oder durch einen Deich von dieser getrennt ist. Die Weserfähre in Blexen verkehrt alle 20 Minuten. Diesmal hatten wir

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Glück und konnten ohne anzuhalten auf die Fähre rollen. Gleich danach ging es auch schon los. Rollstuhlfahrer mit dem Eintrag „aG“ im Ausweis fahren übrigens gratis, genauso wie eine Begleitperson samt Fahrrad. Von der Weserfähre hat man einen schönen Blick auf das Wahrzeichen von Bremerhaven, die riesigen Verladekräne. Drüben angekommen sind wir gleich zum Bahnhof gefahren, weil unsere Rückreise noch an diesem Tag stattfinden sollte.

RL-50 Deckenlift mit Rollstuhlaufhängung

Die Rückreise

Fazit: Die Übernachtungsmöglichkeiten unterwegs waren allesamt rollifreundlich. Landschaftlich ist die Strecke bis zur Porta Westfalica sehr abwechslungsreich. In der norddeutschen Tiefebene ist das Landschaftsbild dann etwas eintönig. Die Beschilderung des Radwegs ist an manchen Abzweigen nicht vollständig und auch nicht einheitlich. Insgesamt: Eine tolle und erlebnisreiche Tour! www.wittmacher.com Text & Fotos: Britta Wittmacher

Bundesweiter Vertrieb und Service: 02 34 – 91 600 50 Dank der speziell entwickelten Fahrschiene bleibt ihre Treppe in ganzer Breite frei. Der Einbau kann in Mehrfamilienhäusern, engen Treppenhäusern, über mehrere Etagen erfolgen. Haltestellen sind frei wählbar. Die Bedienung erfolgt auch bei eingeschränkter Mobilität durch den Benutzer oder Begleitperson. Fernsteuerbar ohne Kabelmontage.

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Dreimal umsteigen war angesagt, einer der geplanten Anschlüsse war recht knapp, genug Anlass zur Sorge also. Ich hatte von zu Hause aus die Verbindungen, wo möglich, reserviert und die Umsteigehilfe der DB gebucht. Das Einsteigen hat in Bremerhaven, per mobiler Hubrampe, super geklappt. Auch in Bremen war das Umsteigen kein Problem. Ebenso ging das dann in Hannover und in Göttingen, und Gerd musste sich nur um Gepäck und Fahrrad kümmern. In Bad Karlshafen kamen wir planmäßig an. Dort gab es zwar keinen Umsteigeservice, aber der Lokführer der Bimmelbahn hat uns beim Aussteigen geholfen.

bericht Studentenwohnanlage in Regensburg:

Barrierefrei wohnen und studieren Die studentische Wohnanlage Ludwig-Thoma-Straße 15-17 liegt in unmittelbarer Nähe der Universität und Fachhochschule Regensburg (Standorte Seyboth- und Galgenbergstraße). Sie besteht aus 258 Einzelund 10 Doppelapartments; davon sind 25 Einzel- und 3 Doppelapartments für Mobilitätsbehinderte nutzbar. Das Pflege- und Assistenzangebot in der Wohnanlage macht auch für (schwer-) behinderte junge Erwachsene mit Hochschulzugangsberechtigung ein Studium realisierbar. Das Pflege- und Assistenzteam ist rund um die Uhr präsent. Hilfe ist in fünf verschiedenen Hilfebedarfsgruppen abrufbar; die Kosten betragen pro Tag zwischen 51,36 und 167,57 € inklusive Mietkosten. Um die notwenige Mobilität am Studienort zu

Regensburg bietet einiges für behinderte Studierende.

Die barrierefreien Zimmer befinden sich im Infos: Beauftragter f. beh. Studierende d. Uni Dr. Martin Gründl, tel 09 41-943-3814 eMail: [email protected] Beauftragter f. beh. Studierende d. Hochschule Dr. Wilhelm Bomke, tel 09 41-943-1068 eMail: [email protected] Sozialberatung u. Beratung beh. Studierender des Studentenwerks Niederbayern/Oberpfalz Monika Jauch, tel 09 41-943-2250 eMail [email protected]

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1976 fertig gestellten zweiten Bauabschnitt, der einschließlich Tiefgarage mit dem Rollstuhl befahrbar ist. Die Zimmer sind etwa 19 qm groß und ausgestattet mit: Bett (auf Wunsch Pflegebett), Schreibtisch, Schrank mit Schiebe- bzw. Falttür, Bücherregal, Rollschrank unter dem Schreibtisch, Telefon (auf Wunsch), Kabel-TV und Haustüröffner, Nasszelle mit Waschbecken, speziellem WC, das auch als Duschsitz dient, verstellbarem Spiegel und Rufanlage, Balkon, PCAnschluss im Zimmer mit direkter Verbindung zum Rechenzentrum der Universität (Internetanschluss). Auf jedem Stockwerk befindet sich eine mit unterfahrbaren Möbeln ausgestattete Küche, die zugleich auch als Aufenthaltsraum genutzt wird. Sie ist mit zwei Elektroherden, Spüle, Kühlschrank, Einbauschränken, Tischen und Stühlen eingerichtet. Auf Wunsch kann in der Tiefgarage, die über Lift zugänglich ist, ein KfZ-Stellplatz gemietet werden (Preis € 20,-/Monat).

gewährleisten, stehen zwei Fahrzeuge zur Verfügung. Ambulante Dienste in Regensburg bieten ergänzend Hilfen im Rahmen von Studienassistenz an. Da bei der Unterstützung der Studierenden nicht der pflegerische Aspekt im Vordergrund steht, können die Leistungen auf Antrag im Rahmen der Eingliederungshilfe übernommen werden. Kostenträger ist meist der jeweils zuständige überörtliche Sozialhilfeträger. Die Universität und die Hochschule Regensburg (Standorte Seyboth- und Galgenbergstraße) sind moderne Campus-Hochschulen. Sie sind barrierefrei gestaltet – Aufzüge und Rampen ermöglichen mobilitätsbehinderten Studierenden die Hörsäle, Seminarräume, Bibliotheken, Mensa und Cafeterien weitestgehend ohne fremde Hilfe zu nutzen. Bewerbungsschluss für das Wintersemester ist der 15. Juli, für das Sommersemester der 1. Februar; eine erste Kontaktaufnahme ca. sechs bis zwölf Monate vor Studienbeginn ist empfehlenswert!

markt Genießerland für alle:

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg barrierefrei erleben – das bedeutet unter anderem auch, verborgene Naturschätze in den Naturparks des Südwestens zu entdecken. Beispielsweise den Heilkräuterlehrpfad in Hüfingen, der entlang der rollstuhlgerechten Wege zeigt, dass gegen fast alles ein Kräutlein gewachsen ist. Oder den Teuchelwald bei Freudenstadt, in dem man – zu Fuß oder mit dem Rollstuhl – mit Schwarzwald-Guide Margot Laufer auf Entdeckungstour gehen kann. Schloss Ludwigsburg in der Abenddämmerung.

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er genauer wissen will, was der Naturpark Südschwarzwald zu bieten hat, sollte mit der Feldbergbahn auf den höchsten Berg im Schwarzwald fahren. Dort erwartet ihn im Haus der Natur eine faszinierende 3D-Schau über das Naturschutzgebiet. Ein rollstuhltauglicher Holzsteg führt vom Haus der Natur direkt in den Feldberggarten. Von der Natur zur Kultur: Auch 2009 locken wieder zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen nach Baden-Württemberg. Mit Konzerten, Führungen und Musiktheater feiert zum Beispiel die Barockstadt Ludwigsburg ihr 300 jähriges Jubiläum und den 250 sten Geburtstag Friedrich Schillers. Im barrierefreien Mercedes-Benz Museum in Stuttgart können Fans des Motorsports die Geschichte der Silberpfeile hautnah erleben. Und im Herbst präsentiert die Kunsthalle Würth in Schwäbisch-Hall eine umfassende Werkschau des Surrealisten Max Ernst. Zum Erkunden des Genießerlandes Baden-Württemberg sollte man etwas Zeit mitbringen – für erholsame Tage und Nächte sorgen zahlreiche behinderten-

gerechte Unterkünfte: Familienfreundliche Ferienwohnungen, Jugendherbergen, Campingplätze direkt am Bodensee, Sternehotels, Pensionen und integrative Betriebe wie das Hofgut Himmelreich in Kirchzarten oder das Hotel Restaurant Anne-Sophie in Künzelsau sind ideale Ausgangspunkte für eine Entdeckungstour durch das Land.

Natur erleben im Naturpark Südschwarzwald.

Weitere Informationen und Tipps zu barrierefreien Reisen im Genießerland Baden-Württemberg finden Sie in der neuen Broschüre „Baden-Württemberg Barrierefrei erleben“ und im Internet unter www.tourismus-bw.de. Tourismus-Marketing GmbH Baden-Württemberg Esslinger Straße 8 70182 Stuttgart tel 0 18 05-55 66 90 (0,14 €/Min. Festnetz) eMail [email protected]

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unterwegs Werdum:

Es war an einem der Drei-D-Tage (Dauerregen, düster, depressiv) im Spätherbst, als ich wieder einmal am Schreibtisch in meinem warmen Büro keine Lust auf Nichts verspürte. Man kennt das ja: Erst kommt man nicht aus dem Bett, dann reicht der Kaffee noch nicht einmal um wach zu werden und schließlich regnet es auch noch auf dem Weg zum Auto; die Hose wieder total nass, da war der Tag endgültig gelaufen.

Die Nordsee liegt vor der Tür

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unterwegs Ich zwang mich wenigstens meinen Beratungstermin zu bewältigen und anschließend die Mails zu lesen. Alle wollten wieder etwas von mir. Nach dem Motto: Wenn Dir keiner hilft dann wenigstens die Beratungsstelle. Dazwischen fand ich dann auch die neusten Urlaubsgrüße von der Nordseeküste. Weihnachten an der Nordsee, da könnte ich mir auch etwas Besseres vorstellen, dachte ich. Wobei mir dabei dann doch wieder die vielen schönen Urlaube einfielen, die wir früher an der Ostfriesischen Küste mit den Kindern verbracht hatten.

was sich die Einheimischen alles einfallen lassen, um den Urlaubsgästen etwas zu bieten; vom „Gästebosseln“ über die Wattwanderungen mit Würmerpulen bis zum klassischen „Spiel ohne Grenzen“ auf dem Dorfplatz, Schmierseifenbaden garantiert. Diese Zeit war vorbei, denn wir wollten schließlich im Urlaub auch mal was an-

Werdum, der einzige Luftkurort mit dem guten Watt’n Bier aus der eigenen Küsten-Brauerei und garantiertem Familienanschluss an die 700-Seelen-Gemeinde; angefangen beim Bürgermeister bis hin zum „Kalle“ (Karl-Heinz Ockenga – der Mann für alle Fälle!). Kalle war nicht nur Hausmeister für unsere Ferienwohnung sondern auch einer der treibenden Aktivisten im Heimatverein und vor allem war er (ist er bestimmt immer noch) der Fahrer der namensgleichen Straßeneisenbahn, dem „Rasenden Kalle“. Trifft man sich nicht bei einem der zahlreichen Feste rund um die Küstenbrauerei, dann beim Brotbacken an der Mühle, beim „Moin“ auf dem Weg zum Brötchenholen oder abends im Freesenkroog bei einem Köm. Na ja, es war schon richtig schön dort. Wenn man bedenkt, Anzeige

deres sehen, obwohl es in Werdum in all den Jahren richtig schön erholsam war. Die Kinder konnte man unbedenklich laufen lassen ohne zu befürchten, dass sie sich verlaufen oder unter die Räder kommen könnten. Sie fanden auf dem Sportplatz ziemlich schnell Anschluss an

Haus Werdum.

unterwegs die Dorfjugend und freundeten sich mit anderen Urlauberkindern an.

Krabbenpulen nur mit Vertrag Und dann die vielen Fahrten mit unseren Rädern. Merlin mit seinem geliehenen Moutainbike, Valentin mit seinem Kettwiesel-Liegerad und ich mit meinem Handbike. Ausgebaute Fahrradwege ohne Steigungen sind für mich als Frei-

Die schönen Erinnerungen trösteten mich an diesem trüben Tag. Schließlich war es irgendwie Nachmittag geworden, da klingelte hoffentlich zum letzten Mal das Telefon. „Hallo hier ist Harald, wie geht es Dir denn so?“. Er merkte wohl schnell, dass ich ihn nicht gleich erkannt hatte und sagte, „Harald Vogt aus Werdum, Harry!“. Mensch, dachte ich mir, das ist ja ein Zufall. Gerade noch war ich in Gedanken in Werdum. Harald war der Vermieter unserer behindertengerechten Ferienwohnung, mit dem wir uns in den Jahren gut verstanden hatten. Nach einem längeren Gespräch über „Gott und die Welt“ kamen wir natürlich auf das Wetter und damit auf mein Stimmungstief. Harald meinte daraufhin: „Dann setz dich in dein Auto und komm morgen übers Wochenende hoch!“. Nach kurzem Zögern, sagte ich: „OK, mittags bin ich da!“.

Dialyse und Doppeldecker

Minigolf gibt’s auch.

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zeithandbiker im fortgeschrittenen Jugendalter genau das richtige, um längere Fahrten als „Letzter“ in der Kette unbeschadet zu überstehen. Mal kurz eben rüber nach Esens zum Eisessen oder nach Neuharlingersiel in den Hafen zum Matjesessen oder Krabbenpulen. Wer die Dinger wirklich fangfrisch mit Panzer vom Kutter günstig erwirbt, um ein unvergessliches Urlaubserlebnis zu genießen, sollte mit der Familie vorher vertraglich festhalten, dass auch wirklich alle anschließend mitpulen oder andernfalls gleich ein paar Meter weiter im Laden der Fischereigenossenschaft essfertige kaufen. Der Urlaub in einem Dorf wie Werdum ist für Stadtmenschen in jedem Fall interessant, aber auch die Landbevölkerung kann hier noch einige Wunder erleben. Denn wer denkt, dass man hier morgens ebenfalls vom Hahn geweckt wird, der irrt sich gewaltig. In Werdum hat diesen Job der Esel aus dem Haustierpark übernommen.

Alles war wie früher; die Windmühle, der Haustierpark, die Minigolfanlage, die Tennisplätze, die alte Wasserburg, unverändert. Eins aber war neu, das „Haus Werdum“, als größtes Projekt von Harald Vogt. Ein durch und durch rollstuhlgerechtes Haus mit Ferienwohnungen und allen Annehmlichkeiten, die man als schwerstbehinderter, pflegeabhängiger Urlaubsgast so benötigt. Neben höhenverstellbaren Betten, niedrigen Fenstergriffen, riesigem Rollibad gibt es auch eine behindertengerechte Telefonanlage mit Anschluss an einen Notdienst, eine Pflege- und Dialysestation. Im Erdgeschoss befindet sich sogar eine Praxis für Kurmittelanwendungen. Selbstverständlich auch abgestimmt auf behinderte Gäste im Elektrorolli, damit sich auch jeder einmal intensiv von Alexandra durchkneten lassen kann. Nachmittags, in der Küche von Harald und Andrea, als es draußen schon dunkel wurde, erzählten sie mir beim Kaffee, was sie sich für die nächste Saison an Gästeangeboten überlegt hatten. Nicht

unterwegs Radtouren bieten sich an.

zuletzt, um mich wieder einmal für einen Sommer in Werdum zu begeistern. Es dauerte nicht lange, da war es mir spätestens bei den ideenreichen Schwärmereien von Harald klar, dass ich in jedem Fall wieder in Werdum landen werde. Als besondere Attraktion hatte er nämlich geführte Handbiketouren ausgearbeitet und wollte meine Meinung dazu hören. Ich fand es sofort toll, insbesondere fand ich die Tour zum Jagdgeschwader Manfred von Richthofen nach Wittmund, mit Besuch des Hangars mit den alten Maschinen des „Roten Barons“ spannend. Das wirklich Schöne an diesem Haus ist es, dass sich hier nicht nur die so ge-

nannten aktiven Rollis erholen können, sondern auch diejenigen, die nicht aus eigenem Vermögen ihre Unternehmungen gestalten können. Für sie besteht sogar die Möglichkeit, sich von zu Hause abholen zu lassen. Es war schön an diesem Wochenende, der Nordseewind hatte meinen Kopf und meine Lunge wieder mal gereinigt. Zum Abschied fuhr ich noch einmal nach Neuharlingersiel, um mir die neue rolligerechte Hafenzufahrt anzusehen. Nun kann man auch bequem im Rollstuhl auf die Deichmauer und dort den Rundgang beginnen. Noch ein Grund mehr, der für einen Urlaub in Werdum spricht…

Alles über Haus Werdum: Familie Vogt Olde-Reent-Straße 10 26427 Werdum tel 0 49 74-91 47 18 eMail: [email protected] www.haus-werdum.eu

Text: Harry Baus Fotos: privat, Anbieter

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$IE ¹iÀvœ}ÀiˆV…i˜Ê , º SIND AUS  LATEXFREIEM3ILIKON ATMUNGSAKTIVUNDGERUCHLOS $AS NATàRLICHE -ATERIAL IST TRANSPARENT UND UNTERSTàTZTDIE!BHEILUNGVON)RRITATIONEN 44¹7 Ê  º]Ê ¹1/, 8 º UND 4¹*"*‡" º +ONDOM 5RINALE OHNE ,ATEX SCHàTZEN VOR !LLERGIEN UND ERHÚHEN DAS 7OHLBEFINDENDES0ATIENTEN $IE ¹iÀvœ}ÀiˆV…i˜Ê , º MIT DER 3ICHERHEITS UND+OMFORT 'ARANTIESINDSANFTZUR(AUTUND ZUVERLËSSIGINDER(AFTUNG LETZTLICHDIENATàRLICHE UNDHAUTSYMPATHISCHE,ÚSUNGBEI)NKONTINENZ "EI 2àCKSENDUNG DES #OUPONS SCHICKEN WIR )HNENGERNE-USTERUND)NFO -ATERIALZU

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menschen

Speedy-Chef Rolf Kuhlmann tödlich verunglückt Die Nachricht löste Mitte Januar bei vielen Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern tiefe Betroffenheit aus: Speedy-Gründer Rolf Kuhlmann ist tot. Man mochte zunächst nicht glauben, dass dieser präsente, quirlige und durchaus auch kantige Unternehmer aus Delbrück im östlichen Westfalen nicht mehr unter uns ist.

Der nüchterne Polizei-Bericht zum Unfall vom 16. Januar: „Rollstuhlfahrer bei Zusammenstoß mit Unimog schwer verletzt – Autofahrer hatte den Rollstuhl offenbar übersehen. Ein Rollstuhlfahrer ist am Donnerstagnachmittag bei einem Verkehrsunfall in Delbrück schwer verletzt worden. Gegen 14.20 Uhr hatte ein 39 jähriger Unimogfahrer den Bösendamm in Fahrtrichtung Lippstädter Straße befahren. Beim Abbiegen nach rechts auf die Lippstädter Straße kollidierte der Unimog mit einem Rollstuhlfahrer, der von rechts kommend, den gemeinsamen Geh- und Radweg entlang der Lippstädter Straße benutzt hatte. Durch den Zusammenstoß wurde der Rollstuhl auf die Fahrbahn der Lippstädter Straße geschoben. Der 46 jährige Rollstuhlfahrer stürzte zu Boden und zog sich schwere Verletzungen zu. Er wurde nach notärztlicher Erstversorgung mit einem Rettungswagen zunächst in ein Paderborner Krankenhaus gebracht und später in eine Spezialklinik nach Bielefeld verlegt.“ Am 18. Januar dann die schlimme Ergänzung: „Rollstuhlfahrer erliegt seinen schweren Verletzungen. Ein Rollstuhlfahrer, der am Donnerstag bei einem Unfall in Delbrück schwer verletzt worden war, ist am Samstag in einer Spezialklinik in Bielefeld verstorben.“ (Der Rest der Meldung wiederholt den Text der ersten Meldung.) Polizei-Pressesprecher Michael Biermann von der Kreispolizeibehörde Paderborn ergänzt auf unsere telefonische Anfrage, dass der Unfall von Polizei und DEKRA untersucht worden ist und der Fahrer

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Speedy-Gründer und -Chef Rolf Kuhlmann.

des Unimog mit einer Anklage wegen fahrlässiger Tötung rechnen muss.

Erfolg mit Rädern Rolf Kuhlmann war gelernter Dachdecker. Nach einem Wege-Unfall mit dem Motorrad im Jahr 1980 mit Halswirbel-Bruch und der Konsequenz hoher Lähmung konnte der damals 18 jährige seinen Beruf natürlich nicht mehr ausüben. Er schulte zum Kaufmann um, hatte dann aber keine Möglichkeit, einen qualifizierten Arbeitsplatz zu finden und machte sich deshalb selbstständig. Zunächst baute er gemeinsam mit seinem Vater Günther Kuhlmann die „Gesellschaft für Wärme-, Kälte- und Klimatechnik“ auf, die heute sein jüngerer Bruder Fred Kuhlmann führt. Nachdem er in diesem Unternehmen keine neuen Herausforderungen mehr sah, entwickelte Rolf Kuhlmann mit seinem Freund Meinolf Kersting ein Rollstuhl-Vorspann-Bike mit einer genial einfachen Verbindung zum Rollstuhl, sah damit gute Erfolgs-Chancen und gründete 1994 die „Speedy Reha-Technik GmbH“. Aus den Anfängen im Wohnzimmer und in einer Garage hat Rolf Kuhlmann mit bemerkenswerter Energie, kluger Produkt-Entwicklung, rationeller Fertigungs-Technik und einem intelligenten Marketing ein ansehnliches Unternehmen geschaffen. Inzwischen sind bei Speedy 38 Mitarbeitern/innen beschäftigt, darunter auch etliche Rollstuhlfahrer/innen. Das Unternehmen ist international präsent und wirtschaftlich sehr gesund. In einem modernen Gewerbegebiet von Delbrück mit guter Verkehrs-Anbindung sind auf einer Fläche von annähernd 2 000 Quadratmetern Ausstellung, Ent-

menschen wicklung, Produktion und Lager in einem großzügig angelegten Baukomplex zusammen gefasst. Dazu gehört auch ein geschickt angelegter Parcours mit Steigungen und Gefällen zum Testen der bei Speedy hergestellten Geräte.

Mutmacher Rolf Kuhlmann ist für sein Engagement und seinen bemerkenswerten wirtschaftlichen Erfolg vielfach ausgezeichnet worden. Zuletzt in der Aktion „Mutmacher der Nation“, in dem ihm eine Fachjury für 2008 den Sieg im Bundesland NRW und Rang drei in Deutschland zusprach. Bundespräsident Horst Köhler mit Ehefrau besuchte den erfolgreichen Unternehmer im Oktober des vergangenen Jahres und beglückwünschte ihn zusammen mit anderen Persönlichkeiten – darunter auch NRWSchulministerin Barbara Sommer –, zu seinem herausragenden Erfolg. Kuhlmann lud Köhler bei dieser Gelegenheit auch zu einer Probefahrt mit dem Speedy-Bike ein, die das Staatsoberhaupt gerne angenommen hat.

Das Unternehmen Speedy wird von Rolf Kuhlmanns Witwe Bettina Kuhlmann weitergeführt. Firmensprecher Bernhard Hoppe-Biermeyer: „Bettina Kuhlmann hat das Unternehmen von Anfang an mit aufgebaut. Die Arbeit wird so fortgesetzt, wie es von Rolf Kuhlmann für die nächsten Monate exakt und auch für die fernere Zukunft strategisch geplant war.“ Und er fügt an, dass Bettina Kuhlmann sich nach gründlicher Überlegung entschieden hat, die Geschäftsführung der Speedy-Reha-Technik GmbH zu übernehmen:„Das Unternehmen ist sehr gut positioniert, es profitiert von der Weitsicht von Rolf Kuhlmann.“ Die Geschichte von Rolf Kuhlmann ist ein Beleg dafür, dass körperliche Einschränkungen kein Hindernis für beruflichen Erfolg sind. Schwierigkeiten sind zum Überwinden da, der Mensch ist kopfgesteuert. In unserer modernen Welt kann auch ein behinderter Mensch seinen Weg erfolgreich zum angestrebten Ziel rollen. Text & Foto: Hermann Sonderhüsken

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meinung Arrogantes Klassendenken:

Seien wir doch mal ehrlich! Ein nicht behinderter Mensch dürfte das so nicht sagen: Eigentlich sind wir (nur) körperlich Behinderten arrogant und überheblich. Denn wir fühlen uns als die Krüppel erster Klasse. Wir sind nicht geistig, nicht psychisch und schon gar nicht mehrfach behindert.

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ir Körperbehinderten berufen uns gerne auf den US-Präsidenten Roosevelt, den Schauspieler Peter Radtke, unseren rollifahrenden Innenminister oder andere profilierte Persönlichkeiten mit Arm ab, Bein ab oder im Rollstuhl sitzend. Wir können nichts für unser Handikap, die „Anderen“ aber auch nicht. Im Sport hat man für sie die Bezeichnung „les autres“ – „die anderen“ – gefunden… Ja, anders sind sie. Aber sind sie deshalb schlechter oder besser? Sie können nichts dafür, dass sie bei den Paralympics nicht mit dabei sein dürfen und ihre respektablen Leistungen im Wettkampf mit ihresgleichen in eigenen „Special Games“ messen müssen. Sie können auch nichts dafür, dass sie sich nicht so artikulieren können wie wir, dass sie Sonderschulen besuchen, in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten oder manchmal selbst zur Erledigung der täglichen Dinge einen Betreuer brauchen. Natürlich ist es kein ästhetischer Genuss wenn wir einem zuschauen, der beim Essen sabbert, weil er es nicht anders kann. Aber bemisst sich der Wert eines Menschen nach seiner optischen Attraktivität? Herzensgüte Lieber ignorieren wir manches, das unser behindertes Weltbild ins Wanken bringen könnte: Stephen Hawking, unbestritten einer der intelligentesten Menschen unter den heute lebenden ist so stark behindert, dass er eine elektronische Sprachausgabe braucht. Autisten erbringen Gedächtnisleistungen, bei denen andere sprachlos sind. Musik, Bilder oder schauspielerische Leistungen behinderter Menschen rufen nicht nur Hochachtung hervor. Sie finden den Weg in unser Herz. Unsere Gesellschaft misst Menschen gerne nach einem IQ für Intelligenzleistungen. Da können viele von ihnen nicht mithalten. Aber auf einer vergleichbaren Skala für Freundlichkeit und Herzensgüte

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würden viele von denen, auf die wir hochmütig herunterschauen, einen besonders hohen „Herzensgüte-Wert“ erreichen. Was ist wichtiger, was macht einen Menschen wertvoller als den anderen? Klassifizierungen sind immer ungerecht. Dabei werden stets nur Teilaspekte eines Menschen bewertet. Gemeinsam wehren Wir benehmen uns so als wären wir die besseren Behinderten, nur weil wir trotz allem Glück gehabt haben. Dabei sind wir alle zusammen Außenseiter, weiße Pinguine unter den vielen mit dem schwarzen Frack. Wir sind alle behindert und solange die Gesellschaft uns nicht als gleichwertig akzeptiert, sollten wir nicht auch noch untereinander Unterschiede machen. Natürlich muss ich trotzdem nicht jemand mögen, nur weil er behindert ist. Ich mag aber auch nicht jeden, der keine offensichtliche Behinderung hat. Wir haben uns gemeinsam zu wehren gegen die Intoleranz der Gesellschaft gegenüber behinderten Menschen. Es reicht nicht, dass man sich manchmal gerne mit (möglichst nur körperlich) Behinderten fotografieren lässt, um zu zeigen, wie sozial man ist. (Mein Freund, dem durch einen Unfall zwei Beine und ein Arm fehlen, ist ein gefragtes Model für solche Anlässe.) Das ändert noch nichts an der Grundeinstellung in unserer Gesellschaft, die Menschen mit einem Handikap nach wie vor schief ansieht. Wir sitzen alle in einem Boot. Deshalb sollten wir nicht die Nase rümpfen und Behinderte in Klassen einteilen, sondern für die, die das selbst nicht (so gut) können wie wir, die Verantwortung mit übernehmen und mehr Toleranz und Anerkennung einfordern. In diesem Sinne! Text: Herbert Müller

q – querschnitt spezial Das silberne Sparschwein:

Helfen Stoma-Patienten Deutschland „aus der Krise“? Neuerdings werden sogar „Krisen“ benutzt, um verunsicherte Menschen unter Druck zu setzen.

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atienten, die z. B. wegen Inkontinenz oder wegen eines Stomas (künstlicher Darmausgang) regelmäßig „zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel“ benötigen waren bis dato bei Sanitätshäusern oder Homecare-Unternehmen gern gesehene Kunden. Musste doch nur alle paar Monate eine Sendung an sie ausgeliefert werden, und das bei ordentlich kalkulierten Preisen. Das hat auch der Gesetzgeber gemerkt. Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) forderte er die Kassen auf, durch Ausschreibungen oder Pauschalverträge zur Kostensenkung beizutragen. Soweit so gut. Schließlich zahlen wir alle Krankenkassenbeiträge und profitieren von Kosteneinsparungen. Aber es gibt (zum Glück) nicht nur eine Sorte Einheitskatheter oder einen Standard-Stomabeutel. Gerade wenn es um den Tabubereich „Ausscheidungen“ geht, ist es wichtig, passende, hautverträgliche und gut hantierbare Systeme zu finden, nicht zuletzt, um Folgeschäden zu vermeiden. Dieses Auswahlrecht blieb vom Gesetzgeber unangetastet. Seit einigen Jahren gibt es dafür Festbeträge, je nach System, aber für alle Anbieter gültig, unabhängig von Hersteller oder Marke. Weil es Unterschiede zwischen den Produkten gibt oder auch weil es vom Verhandlungsgeschick der Einkäufer abhängt, räumt nicht jeder Hersteller jeder Vertriebsfirma den gleichen Rabatt auf diese Einheitspreise ein. Entsprechend unterschiedlich können die Händlerspannen sein. Das kann ungeahnte Folgen haben: Weil eine Stoma-Therapeutin von einem Arbeitgeber wechselte, der an Coloplast-Produkten gut verdiente, zu einem anderen, der mit der Firma Hollister besser verhandelt hatte, setzte sie ihre Kundin massiv unter Druck und verlangte von ihr, ebenfalls zu wechseln. Aber nicht mit dem Preisargument oder weil die Produkte besser sein sollten, sondern (wörtlich) „weil die Firma

A (Coloplast) im Ausland produziert, die Firma B (Hollister) aber in Deutschland. Bei den Krisenzeiten, die uns bevorstehen, helfen Sie so mit, deutsche Arbeitsplätze zu erhalten“. Dabei ist Coloplast im Ursprung ein dänisches (EU-) Familienunternehmen und Hollister wirbt im Internet für seine Hauptproduktionsstätten in Illinois und Idaho/USA. Von angeblichen „Lieferschwierigkeiten“ für bestimmte Produkte wusste die Firma Coloplast auf Anfrage nichts... Anmerkung: Eigentlich halte ich viel von Datenschutz. Aber in diesem Fall schmerzt es mich, dass ich gebeten wurde, ausnahmsweise nicht Ross und Reiter zu nennen. Schließlich sollen alle wissen, wer – aus welchen Gründen auch immer – mehr Energie darauf verwendet, sich Argumente auszudenken, wie man Antragstellern einen berechtigten Wunsch verweigern kann statt darauf, ein durch Krankheit oder Behinderung ohnehin erschwertes Leben erträglich(er) zu machen. Manchmal ist es wohl das Gefühl, Macht ausüben zu können, manchmal vorauseilender Gehorsam gegenüber Vorgesetzten oder Karrierestreben, manchmal Unkenntnis der relevanten Gesetze und Vorschriften und manchmal auch ganz einfach Bequemlichkeit. Vielleicht erkennt er – oder besser sie – sich auch ohne Namensnennung hier wieder. Den anderen sei es eine Mahnung nicht ebenfalls mit Lügen und falschen Argumenten in das aktuelle „Krisen“- Gerede einzustimmen.

Kriterium für die „Ehrung“ ist die Kreativität der Begründung für eine Ablehnung. Je unsinniger, desto besser sind die Chancen. Ob man darüber eher schmunzelt oder sich mehr über die Ignoranz ärgert, bleibt jedem selbst überlassen. Kandidaten werden in den nächsten Jahren sicher nicht ausgehen, Vorschläge sind willkommen. Herbert Müller Rechtsbeistand im Sozialrecht der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. Freiherr-vom-Stein-Str. 47 56566 Neuwied-Engers tel 0 26 22-88 96-32; fax -36 eMail h.mueller@eng ers.de

Text: Herbert Müller PARAPLEGIKER 1/09

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q – querschnitt spezial Stimmungsbilder aus der Unfallklinik:

Der ganz normale Beziehungsstress Die Beiträge dieser Serie entstanden aus Gesprächen der Psychotherapeutin Dr. med. Astrid Bühren mit querschnittgelähmten Patientinnen und Patienten (Namen geändert) sowie deren Angehörigen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Murnau, Bayern.

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elix F., mittlerweile Ende 30, ist von Beruf Polizist. Durch einen Motorradunfall wurde er am sechsten und siebten Halswirbel verletzt; auch musste der linke Arm amputiert werden. Zu diesem Zeitpunkt war Felix 26 Jahre alt. Das erste Gespräch mit Felix fand fast ein Jahr nach dem Unfall statt, kurz vor seiner Entlassung aus der stationären Rehabilitation. (Eine solch lange Rehabilitation wäre heute in der Regel aus Sicht der gesetzlichen Kran-

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kenversicherung nicht mehr möglich.) Wenige Tage später sollte er, zunächst in Teilzeit, wieder als Polizist im Innendienst beginnen. Über manche Erfahrungen in seinem Alltag berichtet er mehr als zehn Jahre später. Fast ein Jahr nach dem Unfall, kurz vor der Entlassung aus der stationären Akutund Rehabilitationsbehandlung: „Mit dem Motorrad war ich auf dem Weg zum

q – querschnitt spezial TÜV, es war letztes Jahr im August. In einer Kurve bin ich über einen Schraubenzieher gefahren und gestürzt. Mit dem Hubschrauber hat man mich nach Murnau in die Unfallklinik geflogen. Ich bin am sechsten und siebten Halswirbel verletzt, außerdem habe ich drei Brustwirbel gebrochen. Mein linker Arm wurde amputiert, hier habe ich eine Prothese. Die hat zwar keine Greiffunktion, aber eine gute Stützfunktion. Vor meinem Unfall war ich Polizist. Ich war im Streifendienst tätig und bin mit dem Auto draußen herumgefahren, so wie der Bürger halt einen Polizisten kennt. Ich war bei der Rauschgiftfahndung. Nächste Woche fange ich wieder an, im Innendienst. Es ist geplant, dass ich den ganzen Parteienverkehr regele, mich mit den Leuten befasse, die mit einem Problem hereinkommen, sie an die richtigen Stellen verweise, vielleicht Ratschläge gebe. Ein wenig Angst habe ich schon davor.

sprecherin. Wir sind ins Reden gekommen, und da hat sie mich gefragt, ob sie mich einmal besuchen darf. Dann hat sich das so nach und nach entwickelt. Erst sind wir ab und zu mal zusammen weggegangen.

Corinna hat großartig reagiert Einmal hat mich ein Freund zu sich nach Hause eingeladen. Er ist auch querschnittgelähmt und sitzt schon seit 20 Jahren im Rollstuhl. Ich habe Georg in der Klinik kennen gelernt. Corinna und ich konnten über Nacht bei ihm bleiben. Nun brauche ich ja jemanden zum Ausziehen und auch zum Anschließen des Urinbeutels. Ich habe es mit Georg besprochen. Ich sagte: Die Corinna hat es ja noch nie gemacht, wie soll ich mich verhalten, dass ich sie nicht überfordere? Da sagte er, dass er die gleichen Probleme am Anfang gehabt hat. Er sagte: Mach

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In meiner Situation hat mir in erster Linie meine Familie geholfen. Meine Mutti und mein Bruder waren fast jeden Tag da. Auch meine Arbeitskollegen waren sehr wichtig für mich. Damals habe ich auch noch eine Freundin gehabt, die mir sehr geholfen hat – einfach, indem sie da war. Und das Wichtigste: Sie hat nicht so viel Mitleid gezeigt, sondern sie hat mir in den Hintern getreten und gesagt: Mach weiter, lass dich bloß nicht hängen! Mittlerweile habe ich diese Freundin nicht mehr. Das hat wohl an mir gelegen, weil die erste Zeit doch recht schwierig war. Das hat sie einfach nicht verkraftet. Sie hat Schluss gemacht, als ich gerade mit einer Thrombose im Bett gelegen bin. Na ja, war keine tolle Geschichte. Inzwischen habe ich wieder eine Freundin, die habe ich ein gutes halbes Jahr nach dem Unfall kennen gelernt. Meine Arbeitskollegen haben ein Benefizspiel für mich veranstaltet, ein Eishockeyspiel. Mit anderen Leuten aus der Klinik bin ich dorthin gefahren. Corinna war Stadion-



  

  



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