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March 13, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen

Universität Augsburg Philosophische Fakultät I Lehrstuhl für Musikwissenschaft

Die europäischen Streich- und Zupfinstrumente im Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen

– MAGISTERARBEIT IM FACH MUSIKWISSENSCHAFT –

Vorgelegt von:

Mareike Roosen Steingadener Str. 12 86199 Augsburg

Erstkorrektor: Frau Prof. Dr. Marianne Danckwardt Zweitkorrektor: Herr Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim

Abgabetermin: 21. Mai 2001 Verlängert bis: 11. Juni 2001

INHALTSVERZEICHNIS

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...................................................................................................................................... 4

Zur Geschichte der Städtischen Sammlung alter Musikinstrumente im Richard-WagnerMuseum, Luzern-Tribschen ...................................................................................................... 5

Einleitung zum Katalog Allgemeine Hinweise ................................................................................................... 15 Abkürzungen ................................................................................................................ 16 Beschreibungs- und Katalogisierungsaspekte ............................................................. 17

Verzeichnis aller im Katalog behandelten Instrumente (Checklist) ........................................ 25

Beschreibender Katalog Streichinstrumente ....................................................................................................... 30

Zupfinstrumente ......................................................................................................... 135

Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 255

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VORWORT

Vorwort Die Städtische Sammlung alter Musikinstrumente im Richard-Wagner-Museum, LuzernTribschen, verfügt über einen an die 200 Objekte umfassenden Bestand europäischer sowie außereuropäischer historischer Musikinstrumente der verschiedensten Gattungen. Grundstock der heutigen Ausstellung bildet die beachtliche Kollektion des Luzerner Instrumentensammlers Heinrich Schumacher, der durch seine intensive Sammlertätigkeit im Zeitraum von 1881 bis 1906 zahlreiche Tonwerkzeuge im In- und Ausland erwarb. Durch Schenkungen, Ankäufe, Leihgaben und Tauschvorgänge ist die seit 1943 in den Räumlichkeiten des Richard-Wagner-Museums untergebrachte Sammlung zu einer interessanten und sehenswerten Instrumentenkollektion angewachsen. Es ist daher um so verwunderlicher, daß die Sammlung bis vor einigen Jahren kaum instrumentenkundliches Interesse auf sich gezogen hat und keine vollständige Erfassung auf wissenschaftlicher Basis erfuhr, zumal der bereits 1956 von René Vannes verfaßte, nicht sehr detaillierte Katalog zur Sammlung eine Reihe von Falschinformationen enthält. Nachdem eine ausführliche Inventarisierung der Blasinstrumente im Jahre 1995 von Eckhard Böhringer als Magisterarbeit am Lehrstuhl für Musikwissenschaft der Universität Augsburg eingereicht wurde, soll mit vorliegender Arbeit die wissenschaftliche Auswertung der europäischen Streich- und Zupfinstrumente folgen. Auf die Aufnahme der außereuropäischen Streich- und Zupfinstrumente mußte aus Umfangsgründen verzichtet werden. Diese Arbeit wäre nicht zustande gekommen ohne die Unterstützung und Aufgeschlossenheit, die mir von allen Seiten entgegengebracht wurde: Mein ganz besonderer Dank gilt Prof. Dr. Marianne Danckwardt für die stets wohlwollende Begleitung meiner Arbeit und die konstruktiven Verbesserungsvorschläge, Dr. Erich Tremmel für vielfältige Anregungen und seine allumfassende Hilfe und Eckhard Böhringer für den Anstoß zur Bearbeitung vorliegenden Themas, die großzügige Überlassung vieler Materialien und technischer Meßgeräte und die zahlreichen wertvollen, fachkundigen Gespräche. Bedanken möchte ich mich weiterhin bei Dr. Ueli Habegger, der in seiner Funktion als Kulturbeauftragter der Stadt Luzern das Vorhaben ermöglichte und unterstützte, und bei Frau Esther Jaeger, der Kustodin des Richard-Wagner-Museums, für ihre herzliche Aufnahme und die sehr guten Arbeitsbedingungen im Museum. Großer Dank gebührt auch jenen Personen, die jederzeit ein geduldiges, offenes Ohr für die vielen anfallenden Fragen hatten und zur Klärung zahlreicher Probleme beitrugen: Hildegard Dodel (Geigenbauerin, Cremona), Dr. Thomas Drescher (Basel), Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim (München), Paul Hess (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern), Urs Langenbacher (Zupfinstrumentenmacher, Füssen), Enrico Liemacher (Geigenbauwerkstatt Luzern), Marcel Renggli (Restaurator, Hergiswil), Christiane Rieche (Händelhaus Halle), Roswitha Schwarz (Konservatorin, Bayerisches Nationalmuseum München). Nicht zuletzt möchte ich meinen Eltern, die den Fortgang der Magisterarbeit stets mit Interesse verfolgt haben, und den zahlreichen Freunden, die mir viel Verständnis und besonders hinsichtlich computertechnischer Probleme - jederzeit tatkräftige Unterstützung entgegenbrachten, Dank sagen.

Augsburg, im Juni 2001

Mareike Roosen

ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN

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Zur Geschichte der Städtischen Sammlung alter Musikinstrumente im Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen Fast alle größeren öffentlichen Musikinstrumentenmuseen sind einst aus einer Privatsammlung entstanden oder durch sie erst zu dem geworden, was sie heute sind. So ist auch die Reichhaltigkeit und Bedeutsamkeit vorliegender Sammlung dem Engagement und der Sammelleidenschaft einer Einzelperson zu verdanken, die seinerzeit keine Kosten und Mühen scheute, die beachtliche Anzahl von über 300 historischen Musikinstrumenten zusammenzutragen: Heinrich Schumacher, geboren 1858, stammte aus einer angesehenen Luzerner Familie. Zusammen mit seinem Bruder Dagobert übernahm er nach dem Besuch der Realschule in Luzern und einer Ausbildungszeit in den chemischen Fabriken von Leverkusen die Farbenfabrik Schumacher & Co in Luzern. Schon relativ früh zog er sich aus diesen Geschäften zurück, um sich vermehrt dem Sammeln alter Musikinstrumente zuzuwenden.1 Wie aus den Angaben in Schumachers Fundortkatalog2 zu ersehen ist, konzentrierte sich seine Suche nach geeigneten Instrumenten für seine Sammlung vor allem auf sein Heimatland, die Schweiz: Hier erwiesen sich, neben den vielen Händlern, Geigenbauern und Privatpersonen, von denen er einen Großteil der volkstümlichen Streich- und Zupfinstrumente erstehen konnte, insbesondere die Klöster des Landes als wahre Fundgruben historischer Musikinstrumente. Von dort stammen beispielsweise sämtliche Trombe marine, die Mehrzahl der Klavichorde, viele Narren- und Schnabelflöten, zwei Viole d’amore, eine AltViola da gamba, eine Pochette und das wertvolle Regal von Johannes Pfleger. Doch dehnte sich Schumachers Suche auch auf das Ausland aus, wobei er auf seinen Streifzügen hauptsächlich in Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich und Italien fündig wurde. In der Zeit um die Jahrhundertwende, in der sich die instrumentenkundliche Forschung innerhalb der Musikwissenschaft erst zu entwickeln begann und das Sammeln alter Tonwerkzeuge meist noch als sonderliche Liebhaberei abgetan wurde, war der Kontakt und Austausch mit Gleichgesinnten sehr wichtig. Schumacher pflegte regelmäßigen persönlichen und schriftlichen Kontakt mit bekannten Sammlern und Fachleuten des Auslandes wie Otto Lobeck (Herisau), Paul de Wit (Leipzig), Wilhelm Heyer (Köln), A. Kraus (Florenz), Carl Claudius (Malmö) und Angul Hammerich (Kopenhagen).3 Eine intensivere freundschaftliche Beziehung verband ihn mit Otto Lobeck aus Herisau (Kanton Appenzell), der zu damaliger Zeit die größte private Instrumentensammlung der Schweiz besaß. Aus Schumachers Besitz wechselten nachweislich zwei Instrumente in diese seit 1935 in der Schola Cantorum Basiliensis in Basel aufbewahrte Appenzeller Sammlung hinüber (eine Viola da gamba und die Tromba marina von Johann Balthasar Beeler aus Schwyz mit der Jahreszahl 1689).4 Ein weiteres Zeugnis ihres fachlichen Austausches ist in Schumachers Handschriftlichem Katalog5 zu finden, der auf Seite 68 die Randbemerkung „von Lobeck“ 1

Dreyer 1955, S. 1. Schumachers Fundortkatalog (Luzern o.J., heute Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern) besteht aus 23 handgeschriebenen Blättern, auf denen er sämtliche europäischen und einen Teil der außereuropäischen Instrumente seiner Sammlung mit eigenen Inventar- und Fotonummern aufführt. Die Zuordnung der Fundorte ist lückenhaft und auf die Nennung von Städte- oder Ortsnamen beschränkt, so daß im folgenden Katalogteil dieser Arbeit nur in wenigen Fällen Aussagen über die früheren Besitzverhältnisse der Instrumente gemacht werden können. 3 Dreyer 1955, S. 2. 4 Nef 1983, S. 97. 5 Schumachers Handschriftlicher Katalog, der um 1900 in Luzern verfaßt worden ist, bestand ursprünglich aus vier Heften von durchschnittlich etwa 75 Blättern (heute in zwei Bänden zusammengefaßt; Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern). Neben sorgfältig ausformulierten Einzelbeschreibungen der Instrumente seiner Sammlung beinhaltet dieser Katalog kleinere geschichtliche Einführungen zu jeder Instrumentengattung. 2

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und auf Seite 70 die Notiz „Sollten Sie Interesse a/Monochord haben, so kann ich Ihnen ein Buch mit Abbildungen senden“ aufweist. Die Seiten 68 bis 71 seines Katalogs sind doppelt vorhanden, und es ist anzunehmen, daß Schumacher jenes beschriftete Exemplar für Lobeck abgeschrieben und nach deren Rückgabe mit der Anmerkung „von Lobeck“ versehen hat. Bei dem in der Notiz erwähnten Buch, das Schumacher Lobeck zukommen lassen wollte, handelt es sich möglicherweise um den zweiten Band des Syntagma musicum6 von Michael Praetorius, da ein solcher Band im Nachlaß Lobecks existiert, in dem sich zweimalig der Stempel „Hch. Schumacher/Hptm.“ und auf einer anderen Seite der handschriftliche Vermerk „Henry Schumacher/Luzern“ befindet.7 Eine zweite Person, mit der Schumacher in näherem Kontakt gestanden zu haben scheint, war Paul de Wit aus Leipzig. Im Jahre 1910 bringt de Wit einen Katalog mit „Geigenzetteln alter Meister vom 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“ heraus, in dem zwei Zettel abgebildet sind, deren Originale eindeutig von Instrumenten aus Schumachers Sammlung stammen (Inv.Nr. 5 und Inv.Nr. 6).8 Da das Fotografieren der Zettel durch die Schallöcher eines geschlossenen Instruments zu damaliger Zeit technisch noch nicht möglich war, mußte das Corpus zu diesem Zwecke geöffnet werden, was für das Instrument einen erheblichen Eingriff darstellt. Im Falle der vorliegenden beiden Instrumente geschah dies jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit im Rahmen von Restaurationsvorgängen, die von Hermann Seyffarth aus Leipzig, dem Restaurator von Paul de Wit, ausgeführt wurden.9 Dieser Restaurator wurde in den Jahren 1903 und 1904 (auf Empfehlung de Wits?) von Schumacher nach Luzern berufen, um mehrere Streich- und Tasteninstrumente spielbar zu machen.10 Schumachers Sammlertätigkeit begann im Jahre 1881. Schon nach sieben Jahren hatte er so viele Instrumente zusammengetragen, daß im April des Jahres 1888 eine Ausstellung und ein Konzert auf ausgewählten historischen Musikinstrumenten im Hotel du Lac in Luzern stattfinden konnten. Zu diesem für die Schweiz in dieser Art erstmaligen Ereignis - wie auch zu den folgenden Aktivitäten rund um die Sammlung - sind zahlreiche Dokumente überliefert (Fotografien, von Schumacher verfaßte Ausstellungsführer, Konzertprogramme, -plakate, Zeitungsartikel, -kritiken).11 So existieren von der Ausstellung 1888 im Hotel du Lac Originalfotografien, die in vorliegendem Falle aus Schumachers Fotoalbum12 stammen:

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Praetorius Michael: Syntagma musicum. Bd. II: De organographia. Wolfenbüttel 1619 und 1620. Nef 1983, S. 97/98. 8 de Wit 1910, Bd. II, Taf. 34, Nr. 395 und Taf. 6, Nr. 56. 9 Während die Alt-Viola da gamba Inv.Nr. 5 einen entsprechenden Vermerk Seyffarths über dessen Arbeit im Corpus aufweist, kann bei dem Pardessus de viole Inv.Nr. 6 nur aufgrund der Tatsache, daß er in den von Schumacher organisierten Konzerten verwendet wurde und dazu in einem spielbaren Zustand sein mußte, eine vorausgehende Restauration Seyffarths angenommen werden. 10 Dreyer 1955, S. 2. 11 Die Dokumente zu den Ausstellungen und Konzerten liegen in gesammelten Zustand in der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern vor. 12 Heinrich Schumacher: Fotoalbum: Sammlung alter Musik-Instrumente v. 17, 18 & Anfang des 19. Jahrhunderts von Hch. Schumacher, Luzern. Luzern, 1. Juni 1909. Aufbewahrt im Richard-WagnerMuseum, Luzern-Tribschen. Das gesamte Album wurde abfotografiert; die Negative befinden sich im Bildarchiv des Lehrstuhls für Musikwissenschaft der Universität Augsburg. 7

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Den nächsten Höhepunkt erreichte die Sammlung im Juni des Jahres 1904 mit einer Ausstellung und einem anschließenden Konzert im Kursaal von Luzern. Von diesem Ereignis ist eine Konzertankündigung in Form eines Plakates erhalten:13

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Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern.

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Im Januar 1906 folgte eine weitere Ausstellung mit einem Konzert in der Tonhalle in Zürich. Das erhaltene Konzertprogramm14 führt im Detail auf, welche Instrumente der Sammlung zum Einsatz kamen:

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Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern.

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Sowohl das oben abgebildete Pogramm als auch die erhaltenen Dokumente zu den anderen Konzerten zeigen, daß in den Veranstaltungen, neben Tasteninstrumenten, hauptsächlich Streichinstrumente zum Klingen gebracht wurden: Zu diesen regelmäßig eingesetzten Instrumenten gehören die Baß-Viola da gamba von Joachim Tielke aus dem Jahre 1693, Inv.Nr. 1, die Baß-Viola da gamba mit barock-geschweiftem Corpusumriß, Inv.Nr. 2 (im Programm Ernst Busch zugeschrieben), die Alt-Viola da gamba von Hermann Joseph Stoß mit der Jahreszahl 1718, Inv.Nr. 5, der Pardessus de viole von Jean Christophe Cousin 1741, Inv.Nr. 6, die Viola d’amore von Sebastian Klo(t)z aus dem Jahre 1734 (befindet sich heute nicht mehr in der Sammlung), die 1763 von Pietro Giovanni Mantegazza gebaute Viola d’amore Inv.Nr. 9 und die Pochetten Inv.Nr. 13 und 14 (auf oben abgebildetem Programm nicht erwähnt). Für die Spielbarmachung sorgte, wie schon erwähnt, Hermann Seyffarth aus Leipzig, der die Instrumente 1903 (Streichinstrumente) und 1904 (Tasteninstrumente) einer Restauration unterzog. Wie wichtig für Schumacher der Aspekt der Spielbarkeit seiner Klangwerkzeuge war, läßt sich aus den Eintragungen in seinem Handschriftlichen Katalog ersehen: Im Rahmen der Einzelbeschreibungen der Instrumente werden nicht nur Informationen zu den einzelnen Konzerteinsätzen mit zum Teil detaillierter Aufzählung der dort gespielten Werke gegeben, sondern es erhält auch jedes beschriebene Objekt den Zusatz „defect“, „intakt“ oder „spielbar“. Darüberhinaus legte Schumacher zumindest hinsichtlich seiner Viole da gamba - gesteigerten Wert auf die Präsentation seiner Instrumente in einem möglichst authentischen Zustand. So ließ er - wahrscheinlich auch im Zuge der Restaurationsmaßnahmen an den Streichinstrumenten von Hermann Seyffarth im Jahre 1903 - die Baß-Viola da gamba von Tielke Inv.Nr. 1 und die Baß-Viola da gamba von Imber Inv.Nr. 3, die zwischenzeitlich zu viersaitigen Violoncelli umgebaut waren, wieder in ihren ursprünglichen Zustand als sechs- bzw. siebensaitige Gambeninstrumente zurückversetzen. Bildlich dokumentiert ist dieser Vorgang in Schumachers Fotoalbum, das zwei Abbildungen enthält, die die Instrumente jeweils vor und nach der Restauration zeigen:

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Bis auf ein Konzert im März 1907 im Casino Luzern und einige Einsätze in auswärtigen Aufführungen, für die Schumacher immer wieder ausgewählte Stücke seiner Sammlung zur Verfügung stellte, war es in den letzten Lebensjahren des Sammlers still um die Instrumente geworden. Nach Schumachers Tod 1923 versuchten die Erben, die die Sammelleidenschaft des Verstorbenen nicht teilten, vergeblich das große Sammelgut von über 300 Musikinstrumenten als Ganzes zu veräußern. Es folgte die allmähliche Auflösung der Sammlung mit dem Verkauf einzelner Stücke ins In- und Ausland. Folgende Abbildung1 zeigt einen Ausschnitt der von den Nachkommen Schumachers erstellten Preisliste der Instrumente:

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Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern.

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Erst in den Jahren 1941 bis 19432, als schon ein großer Teil der historischen Musikinstrumente der Liquidation durch die Nachkommen Schumachers zum Opfer gefallen war, entschloß sich - auf Initiative des Luzerner Architekten Otto Dreyer - die Stadt Luzern, den restlichen Bestand von 180 Objekten käuflich zu erwerben. Dieses ab 1943 in den Räumlichkeiten des ersten Stockwerks des Richard-Wagner-Museums zu Tribschen untergebrachte Kulturgut bildet den Grundstock der heutigen städtischen Sammlung alter Musikinstrumente in Luzern, die sich im Verlauf der Jahre durch Schenkungen, Ankäufe, Leihgaben und Tauschvorgänge auf über 200 Klangwerkzeuge vergrößern konnte. Dank der abermaligen Bemühungen Otto Dreyers, der die Instrumentensammlung ab 1943 als Konservator betreute, finanzierte die Stadt Luzern 1966 eine gründliche Renovierung der Ausstellungsräume.3 In demselben Jahr fand unter Mitarbeit von Gertrud Kappeler, der damaligen Kustodin des Museums,4 und Josef Hiestand eine Inventarisierung aller vorhandenen Instrumente statt, im Zuge derer jedes Objekt in Form einer kurzen Beschreibung der wichtigsten Merkmale und Maße sowie fotografisch erfaßt wurde.5 Zusammen mit dem 1956 entstandenen, sehr oberflächlich und ungenau gearbeiteten Ausstellungskatalog von René Vannes bilden diese Inventarisierungsbögen die einzige nach Heinrich Schumachers Tod entstandene Informationsquelle zu den Instrumenten. Im Jahre 1983 folgte eine weitere Renovierung der Museumsräume, bei der durch den Einbau von zusätzlichen Vitrinen nun nahezu alle der zuvor frei im Raum aufgestellten bzw. aufgehängten Instrumente hinter Glas ausgestellt wurden.6 Wurde die zwischen 1943 und 1983 bestehende Möglichkeit des freien Publikumszugangs zu den Exponaten damals als positive museumspädagogische Maßnahme bewertet, da sie „eine viel lebendigere Beziehung zwischen Beschauer und Musikinstrument“7 entstehen läßt, muß heute rückblickend aus konservatorischer Sicht festgestellt werden, daß diese Ausstellungsbedingungen für die alten Instrumente sehr belastend waren. Vergleicht man den gegenwärtigen, teilweise ziemlich desolaten Zustand der Sammlungsstücke mit den entsprechenden Angaben bei Kappeler/Hiestand 1966, die die meisten Instrumente noch als „intakt“ oder gar „spielbar“ beschreiben konnten, wird deutlich, wie sehr die Instrumente in dieser vergleichsweise kurzen Zeit gelitten haben müssen.

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In der Literatur werden in diesem Zusammenhang sowohl das Jahr 1941 (Dreyer 1955, S. 3) als auch das Jahr 1943 (Dreyer 1966, S. 6) erwähnt. 3 Dreyer 1966, S. 6. 4 Nachfolgerin von Gertrud Kappeler wurde 1990 Esther Jaeger. 5 Die Inventarisierungsbögen von G. Kappeler und J. Hiestand sind in einem Ordner zusammengefaßt, der im Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen, aufbewahrt wird. 6 Böhringer 1995, S. 4. 7 Vannes 1956, S. 4.

EINLEITUNG ZUM KATALOG: ALLGEMEINE HINWEISE

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Einleitung zum Katalog Allgemeine Hinweise Die Zielsetzung des Katalogs besteht darin, die insgesamt 66 Objekte des für diese Arbeit relevanten Sammlungsbestands in technischer und stilistischer Hinsicht derart ausreichend zu charakterisieren, daß sich die individuellen Arbeitstechniken des Herstellers herausarbeiten lassen, um bei Bedarf Vergleichsinformationen zur Verfügung zu haben oder Hilfen für Zuordnungen und Zuschreibungen von unsigniert überlieferten Instrumenten bzw. Streichbögen1 zu erhalten. Dabei stellen die neben den möglichst ausführlichen Einzelbeschreibungen angegebenen Meßdaten eine Auswahl dar und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aus Kostengründen mußte im Rahmen dieser Arbeit leider auf einige wissenschaftliche Untersuchungsmethoden wie die Erstellung von Röntgenbildern oder dendrochronologischen Analysen des Holzes verzichtet werden, und damit müssen in einigen Fällen - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt - schwierige Fragen zur Datierung bzw. Einordnung oder zur Beurteilung von nachträglich vollzogenen Umbauten der Instrumente offenbleiben. Bei der systematischen Gruppierung der Klangwerkzeuge wurde typologisch zunächst zwischen Streich- und Zupfinstrumenten unterschieden, um diesen zwei Großgruppen dann die einzelnen Instrumentengattungen zuzuweisen.2 Innerhalb der jeweiligen Gattungen sind die Instrumente schließlich nach Stimmgröße und chronologisch nach der unterstellten Herstellungszeit geordnet. Auf eine separate geschichtliche Einführung der Instrumententypen wurde verzichtet. Wenn aber allgemeine gattungsspezifische Erklärungen eine sinnvolle Ergänzung zu den Instrumentenbeschreibungen darstellen oder der technologische Befund eine Interpretation der Ergebnisse auf entwicklungshistorischer Ebene verlangt, fließen diese Informationen direkt in die Diskussion der Instrumente mit ein. Die vorgenommenen Instrumentenbeschreibungen folgen prinzipiell einem bestimmten Katalogisierungsschema, welches im nächsten Abschnitt ausführlich vorgestellt werden soll. Zur besseren Orientierung wurde angestrebt, das Katalogisierungsschema unabhängig von den unterschiedlichen Instrumententypen möglichst einheitlich zu gestalten. Aufgrund der großen bautechnischen Unterschiede der im vorliegenden Bestand vertretenen Gruppierungen war es jedoch stellenweise nötig, spezifische Modifizierungen des Schemas vorzunehmen. Außerdem schien es wenig sinnvoll, jedes Instrument mit der gleichen vollständigen, ausführlichen Beschreibung zu bedenken, da insbesondere bei neuzeitlichen Modellen aus industriellen Massenproduktionen, die instrumentenbaulich und historisch von geringerer Bedeutung sind, summarische Erfassungen genügen. Der Verfasserin dieser Arbeit standen zur Beschreibung und Vermessung der Instrumente unter anderem folgende technische Hilfsmittel zur Verfügung: Hacklinger Dickenmeßgerät, Wölbungskurvenmesser, Endoskop, verschiedene Lichtquellen (Inspektionslampe, Taschenlampe, UV-Lampe), Inspektionsspiegel, Schublehren in verschiedenen Größen, flexibles Maßband, Winkelmesser, Lupen mit unterschiedlichem Vergrößerungsfaktor. Fotografiert wurde mit einer auf einem Stativ befestigten Spiegelreflexkamera, wobei die Instrumente mit zwei Halogen-Strahlern à 500 Watt ausgeleuchtet wurden. Zusätzlich wurde für die nötige Helligkeit bei den Gesamtaufnahmen überwiegend ein interner Blitz dazugeschaltet. In diesen Fällen war eine geringe Schattenbildung im Randbereich der Instrumente und eine mehr oder weniger starke Reflexion auf den Corpora nicht zu vermeiden. 1 Im Fortlauf dieses Kapitels wird die Gruppe der Streichbögen nicht mehr separat erwähnt. Die hier angeführten allgemeinen Hinweise gelten jedoch selbstverständlich auch für diese Gruppe. 2 Ist von einer Gattung nur ein einzelnes Instrument vorhanden, wurde auf die Nennung einer übergeordneten Instrumentenfamilie verzichtet (Inv.Nr. 10, 11, 12, 22, 32, 33, 57).

ABKÜRZUNGEN

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Abkürzungen A Abb. B Bd./Bde. Bl. bzw. ca. d.h. Faks.-Ausg. fl. geb. GEFAM gest. H hrg. hs. incl. Inv.Nr. Jg. Jhdt. k.M. L li. max. MGG min. o.ä. o.J. re. s. S s.o. s.u. T Taf. u. u.a. ü.d.W. vgl. v.o. v.u. z.B. zit. nach ‡

=Abstand =Abbildung =Breite =Band/Bände =Blatt =beziehungsweise =circa =das heißt =Faksimile-Ausgabe =lat. “floruit“, nachgewiesen von/bis =geboren =Gesellschaft der Freunde alter Musikinstrumente =gestorben =Höhe =herausgegeben =handgeschrieben =inclusive =Inventarnummer =Jahrgang =Jahrhundert =keine Messung =Länge =links =maximal =Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite neubearbeitete Ausgabe hrg. von Ludwig Finscher, Kassel u.a. 1998 =minimal =oder ähnliches =ohne Jahresangabe =rechts =siehe =Stärke =siehe oben =siehe unten =Tiefe =Tafel =und =unter anderem =über die Wölbung =vergleiche =von oben =von unten =zum Beispiel =zitiert nach =Durchmesser

EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE

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Beschreibungs- und Katalogisierungsaspekte Dem verwendeten Katalogisierungsschema liegen folgende Festsetzungen und Richtlinien zugrunde: x Sämtliche Maße sind in Millimetern angegeben. Sie verstehen sich mit einer Toleranz von r 0,1 mm bei Maßangaben mit einer Kommastelle, von r 1 mm bei Maßen zwischen 10 mm und 1000 mm, von r 5 mm bei Maßen größer als 1000 mm. x Da stets am geschlossenen Instrument gemessen wurde, sind mit den Corpusgrößenangaben immer die äußeren Maße gemeint. x Aus technischen Gründen war es oftmals nicht möglich, direkte Maße beispielsweise mittels einer Schublehre zu nehmen. Aus diesem Grunde wird in solchen Fällen in der Regel das Maß über die Wölbung (im folgenden abgekürzt: ü.d.W.) angegeben, welches mit einem über die Wölbung gelegten flexiblen Maßband gewonnen wurde. Der sich daraus ergebende Unterschied zur direkten Messung muß einkalkuliert werden. x Die meßtechnischen Daten eines Instruments werden jeweils im Anschluß an die Einzelteilbeschreibungen aufgeführt, damit dem Leser diese weiterreichenden Informationen direkt zur Verfügung stehen. x Die Bestimmung der Hölzer und sonstigen Materialien beruht auf makroskopischen Beobachtungen und ist daher nicht verbindlich, sondern nur als Anhaltspunkt zu verstehen. So läßt sich beispielsweise Fichten- von Tannenholz nur mikroskopisch, aber nicht makroskopisch voneinander unterscheiden. Da jedoch Tanne im Streich- und Zupfinstrumentenbau erwiesenermaßen nur eine untergeordnete Rolle spielt, wird bei der Bestimmung der entsprechenden Hölzer immer die Bezeichnung Fichte verwendet. Schwer bestimmbare Materialien sind entweder gar nicht aufgeführt oder mit einem Fragezeichen versehen. x Die Beschreibung und Vermessung der Instrumente orientiert sich am heute vorliegenden Ist-Zustand der Objekte. Es werden daher alle Teile eines Instruments - unabhängig von ihrer historischen Authentizität und Zugehörigkeit - gleichwertig erfaßt. An entsprechenden Stellen des Katalogisierungsschemas wird aber durchaus auf Probleme hinsichtlich des Vorliegens nachträglicher Umbauten und Veränderungen eingegangen, und es werden - falls ein eindeutiger Befund vorliegt - Antworten auf die oft sehr schwierigen Einordnungsfragen des Instruments sowie seiner Einzelteile gegeben. x Es wird angestrebt, die mittels des verwendeten Katalogisierungsschemas durchgeführten Instrumentenerfassungen möglichst einheitlich und konsequent zu gestalten. Um eine optimale Anpassung an die spezifischen Charakteristika der im Sammlungsbestand zahlreich vertretenen Instrumententypen zu gewährleisten, wird eine Abänderung des Schemas jedoch des öfteren unumgänglich sein. Diese Modifizierungen sind nur bei näherem Erklärungsbedarf in den folgenden Detailbeschreibungen des Schemas vermerkt. x Die Meßparameter Länge, Breite, Höhe, Stärke etc. beziehen sich in ihren Ausrichtungen stets auf die normale Betrachtungshaltung in Frontalansicht (im Unterschied zur Spielhaltung), wobei die obere Saitenbefestigung des Instruments mit Stimmfunktion nach oben zeigt.

EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE

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x Die bei den Instrumentenbeschreibungen verwendete Terminologie richtet sich bei den Streichinstrumenten und Streichbögen nach Otto/Adelmann 1975 und bei den Zupfinstrumenten meist nach Hellwig, F. 1974 und Wackernagel 1997. x Die Bezeichnungen „Halsstock“ und „Halsfuß“ werden in vorliegender Arbeit synonym verwendet. x Der Hinweis „keine Messung“ (k.M.) wird verwendet, wenn die Messung aus technischen oder logischen1 Gründen nicht durchgeführt werden konnte. x Die mißverständlichen Bezeichnungen „rechts“ bzw. „links“ sind bei allen entsprechend besaiteten Instrumenten (die Harfen ausgeschlossen) - unabhängig von ihrer Größe und Stimmlage - durch die Begriffe „baßseitig“ bzw. „diskantseitig“ ersetzt. Mit Lokalisierungen wie „vorn/hinten“ ist stets die Deckenebene/Bodenebene gemeint. Die Begriffe „oben/unten“ beziehen sich ebenfalls auf Corpusdecke und -boden, können aber auch Orte in Längsrichtung (Richtung Kopf/Unterklotz) näher bestimmen. Dabei wird - unabhängig von den verschiedenen Spielhaltungen - stets von der normalen, vor den Augen des Betrachters senkrecht erscheinenden Betrachtungshaltung der Instrumente ausgegangen. Dieser Umstand gilt ebenfalls für die Zithern, deren obere, stimmbare Saitenaufhängung, analog den Saiteninstrumenten mit Hälsen, als oberer Bereich, die untere Saitenaufhängung als unterer Bereich definiert wird. x Maße, die an Maxima- und Minimastellen ungleichmäßig verlaufender Größen abgenommen wurden, sind durch einen Schrägstrich getrennt. Punkte zwischen zwei Maßangaben weisen auf gleichmäßig zu- oder abnehmende Größen hin, wobei die Zahl des weiter oben liegenden Meßortes zuerst genannt wird; die Zahlen geben Minima- und Maximawerte an. Maßangaben, die mit dem Wort „um“ gekoppelt sind, konnten nicht genau ermittelt werden oder differieren in ihren Ergebnissen zu stark.

1

Logische Gründe liegen beispielsweise dann vor, wenn die Boden- und Deckenstärkemessungen an einem bestimmten Meßort aufgrund vorhandener Innenteile (Stimmstockfutter, Stimmstockbrett etc.) stark verfälscht werden würden.

EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE

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Das Katalogisierungsschema für die Streichinstrumente schlüsselt sich im einzelnen folgendermaßen auf:

- Inventarnummer - Bezeichnung des Instruments und Angabe der Saitenzahl - Instrumentenbauer, Herstellungsort und -zeit - Signatur - Beschreibung des Corpus Gesamtcharakterisierung Decke Zargen Boden Innenkonstruktion Maße - Beschreibung der Monturteile Hals und Wirbelkasten, Maße Griffbrett und Obersattel, Maße Steg, Maße Untere Saitenbefestigung, Maße Besaitung, Maße - Überzug - Erhaltungszustand und Umbauten - Provenienz - Literaturangaben - Bildnachweis

INVENTARNUMMER: In vorliegender Arbeit wurden den Sammlungsobjekten neue Inventarnummern zugeteilt. Diese Vorgehensweise schien insofern berechtigt, als Schumacher und Vannes 1956 bzw. Kappeler/Hiestand 1966 keine einheitliche Numerierung verwenden. Außerdem lassen sich die nach 1966 in die Sammlung gekommenen Instrumente schlecht in die bestehenden Numerierungen eingliedern. Die Inventarnummern von Schumacher und Vannes 1956 sind bei den entsprechenden Literaturangaben genannt. BEZEICHNUNG DES INSTRUMENTS UND ANGABE DER SAITENZAHL: Falls nötig, ist die Benennung des Instrumententyps durch die Angabe der Stimmgröße erweitert. INSTRUMENTENBAUER, HERSTELLUNGSORT UND -ZEIT: Die regionale und zeitliche Einordnung wird anhand der Signatur (bzw. Lebensdaten) des Erbauers oder anhand typologischer Merkmale ermittelt. Ist das Instrument unsigniert überliefert, kann die stilistische Analyse meist nur eine grobe Einordnung leisten; diese darf aber nicht als verbindliche Information angesehen werden. Datierungsschwierigkeiten können beispielsweise dann auftreten, wenn die Instrumente in ihrer Konstruktion einer bestimmten Bautradition nachempfunden sind und damit einen bestimmten Herstellungsraum vorgeben, in Wirklichkeit aber später entstanden sind (vgl. beispielsweise Inv.Nr. 10 u. 11). SIGNATUR: Die Wiedergabe der Signatur erfolgt im genauen Wortlaut mit Angabe von Ort (nur bei ungewöhnlicher Anbringung vermerkt) und Art der Signierung. Der Zeilenwechsel ist durch einen doppelten Schrägstrich gekennzeichnet. Sonstige Interpunktionszeichen entsprechen dem Original. Da die fotografische Reproduktion der Zettel technisch nur

EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE

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vereinzelt zu realisieren war, sind die in einigen Fällen in der Literatur vorhandenen Abbildungen der originalen oder ähnlicher Zettel um so wertvoller. BESCHREIBUNG DES CORPUS: Gesamtcharakterisierung: Neben der Umrißform des Corpus in Frontalansicht werden an dieser Stelle auch bauliche, zuweilen das gesamte Instrument betreffende Besonderheiten mitgeteilt. Decke, Zargen, Boden: An dieser Stelle erfolgt eine ausführliche verbale Beschreibung der Corpusteile. Innenkonstruktion: Soweit es die Sicht durch die Schallöffnungen zuläßt, wird hier auf das Vorhandensein von Innenteilen und Stützelementen, deren Aussehen und die Art der Verarbeitung eingegangen. Da die Teile der Innenkonstruktion üblicherweise aus Fichte bestehen, ist das Material nur im Falle einer Abweichung vermerkt. Maße: (Es sind im folgenden nur die Maße aufgeführt, die einer Erklärung bedürfen.) Gesamtlänge: Oberkante Schnecke (Kopf etc.) bis Unterrand Corpus. Der Wert in Klammern gibt die Gesamtlänge inklusive Knopf für Saitenhalter, Stachel etc. wieder. Deckenlänge: ü.d.W. gemessen. Bodenlänge: ü.d.W. gemessen, das auf den Halsfuß reichende Blatt mit eingeschlossen; bei Viola da gamba-Typen wird zusätzlich die Länge vom unteren Rand bis zum Knick angegeben. Breite: an Decke und ü.d.W. gemessen; in der Regel drei Maße (größte Breite am Ober- und Unterbügel, geringste am Mittelbügel), bei geschweiften Corpusumrissen auch mehrere Maße angegeben. Zargenhöhe: am Oberklotz, Oberbügel, Mittelbügel und Unterklotz (Knopf) gemessen; die Maße verstehen sich jeweils ohne Decke und Boden. Zargenstärke: bei Stärken unter 1 Millimeter konnte mit dem Hacklinger Dickenmeßgerät kein genauer Meßwert mehr ermittelt werden. Deckenstärke: Meßorte: I) beim Stimmstock; II) an den oberen Backenteilen; III) an den unteren Backenteilen; IV) in der unmittelbaren Nähe der Ränder / an der Hohlkehle; V) in der Nähe der Schallöcher. Bodenstärke: Meßorte: I) beim Stimmstock; II) an den oberen Backenteilen; III) an den unteren Backenteilen; IV) in der unmittelbaren Nähe der Ränder / an der Hohlkehle. Randüberstand an Decke und Boden: aufgrund häufiger Unregelmäßigkeiten (z.B. durch Beschädigungen) ist hier jeweils ein Mittelwert angegeben. Wölbungshöhe: angegeben wird der maximale Wert, der mit Hilfe eines Wölbungskurvenmessers ermittelt wurde. Deckenmensur: Abstand vom oberen Deckenrand bis zur Verbindungslinie zwischen den inneren F-Loch-Kerben; wenn keine Kerben vorhanden sind, ist bis zur Mitte der Stegstelle gemessen worden, wobei sich die Steglage meist nicht mehr exakt ermitteln läßt. In diesen Fällen wurde ein intendierter Wert festgestellt, der sich an den Eindrücken bzw. den Abnutzungsspuren an der Decke orientiert. Jene Variabilität ist bei der Angabe der Meßwerte zu berücksichtigen. Länge der Schallöcher: in der Diagonalen gemessen. Abstand der Schallöcher: gemessen wurde der innere Abstand zwischen den oberen Punkten (bzw. Schallochenden) und der Abstand zwischen den Außenkanten der unteren Punkte (bzw. Schallochenden). Bei zusätzlichen Schallöffnungen ist der Abstand vom oberen Deckenrand bis zur Oberkante des Schallochs wiedergegeben.

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BESCHREIBUNG DER MONTURTEILE: Auf die beschreibende Darstellung der Monturteile (von oben nach unten) folgen stets die Maßangaben. Hals und Wirbelkasten: Die Beschreibung der äußeren Form der Wirbel bezieht sich immer auf den Wirbelkopf, obwohl in der Beschreibung nicht gesondert auf diesen Teil des Wirbels hingewiesen, sondern lediglich der allgemeine Begriff „Wirbel“ verwendet wird. Maße: Halsmensur: Abstand zwischen Obersattel und oberem Deckenrand; der Wert in Klammern gibt die Halsmensur einschließlich des Überhangs über die Decke bei eingesetzten Hälsen wieder. Halsstärke: die Werte gelten inklusive Griffbrett; am Obersattel, im mittleren Bereich und am Übergang zum Halsstock gemessen, mit der Schublehre abgenommen. Wirbelkastenlänge: von Oberkante Schnecke (Kopf etc.) bis zur Verbindungslinie ObersattelUnterkante und Wirbelkastenhinterwandende gemessen. Wirbelkastenbreiten: jeweils innen und außen von oben nach unten (mit Schublehre) gemessen. Schnecken-(Kopf-)breite: mit Schublehre gemessen. Griffbrett und Obersattel: Maße: Griffbrettlänge: von Unterkante Obersattel bis unterer Griffbrettabschluß gemessen; bei deutlichem Überhang auf die Wirbelkastenvorderkanten ist (in Klammern) zusätzlich die Gesamtlänge angegeben. Griffbrettbreite: vom Obersattel bis zum unteren Griffbrettabschluß, ohne Wölbung und mit Schublehre gemessen. Steg: Maße: Stegstärke: am unteren Fußende gemessen. Untere Saitenbefestigung: Maße: Saitenhalterbreite: obere und geringste Breite mittels Schublehre gemessen. Besaitung: Angaben zum Saitenbezug bzw. Saitenmaterial beziehen sich auf den gegenwärtig vorgefundenen Zustand. Soweit sinnvoll, beruhen die Aussagen bezüglich der Stimmung der Instrumente auf zeitgenössischen Quellen, die bei uneinheitlicher Überlieferungssituation im Text angegeben sind. Maße: Schwingende Saitenlänge: Abstand zwischen Unterkante Obersattel und Stegkante. Wie bei den Deckenmensurangaben muß aufgrund des nicht fest fixierten Steges mit geringen Maßabweichungen nach oben oder unten gerechnet werden. ÜBERZUG: In dieser Rubrik sind Informationen zur Präparierung des Holzes und zu deren Beschädigungen sowie zu etwaigen Retuschen infolge von Reparaturen verzeichnet. Die Beschreibung der Farbe des Überzugs beruht auf subjektiver Beurteilung; dabei konnte in den meisten Fällen nicht eruiert werden, ob jene Farbe nur Bestandteil des Lackes ist, ob sie durch das Beizen des Holzes zustande kam oder ob sie das Ergebnis beider Präparierungsarten darstellt. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Neben einer Darstellung des Zustands samt Registrierung von Fehlteilen oder Beschädigungen wird hier auch auf etwaige Umbauten, nachträgliche Veränderungen und Reparaturen bzw. Restaurierungen eingegangen, wobei Aussagen hinsichtlich der Originalität von Instrumententeilen nur in einigermaßen klaren Fällen gemacht werden. PROVENIENZ: An dieser Stelle steht die Erschließung der Individualgeschichte des Instruments von seiner Herkunft bis zur Eingliederung in die Schumachersche Sammlung im Vordergrund. Wenn der Erbauer bekannt ist, werden grobe biographische Daten vermerkt.

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Bei unsigniert oder unsicher überlieferten Instrumenten wird eine zeitliche und regionale Zuordnung versucht. Aufgrund der leider sehr ungenauen Angaben in Schumachers Fundortkatalog mußten Bemühungen, die Biographie der einzelnen Instrumente näher zu erschließen, oft ergebnislos bleiben. Falls es angebracht erscheint, wird in diesem Abschnitt auch über geschichtliche Aspekte zum Instrumententyp oder über technologische Details Auskunft gegeben. LITERATURANGABEN: Es ist nur diejenige Literatur genannt, in der explizit Informationen zu dem jeweiligen Instrument enthalten oder ausführliche Angaben über den Erbauer nachzulesen sind. BILDNACHWEIS: Neben den in Originalgröße wiedergegebenen, abgepausten Schallochumrissen (nur Streichinstrumente; jeweils baßseitiges, bei der Streichzither diskantseitiges Schalloch) sind sämtliche Instrumente fotografisch dokumentiert. Dabei ist das Objekt meist zum einen in Vorder-, Seiten- und Rückgesamtansicht dargestellt; zum anderen sind, je nach empfundener Erfordernis der Verfasserin, Fotografien von Signaturen (falls technisch realisierbar), Köpfen bzw. Schnecken, Rosetten oder anderen charakteristischen Besonderheiten beigegeben.

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Den verwendeten Meß- und Beschreibungsparametern der Streichbögen liegen folgende Richtlinien zugrunde:

x Da die vorliegenden Objekte bis auf eine Ausnahme keine Bogensignierungen aufweisen (das Stempeln der Bögen kam erst ab etwa 1800 und auch dann nur vereinzelt in Gebrauch), kann die Datierung und Lokalisierung nur anhand stilistischer Eigenheiten erfolgen (Gestaltungsmerkmale von Stange, Kopf, Frosch und Froschführung). Die zeitliche und nur in wenigen Fällen vorgenommene räumliche Zuordnung sowie die Zuweisung zu einer bestimmten Instrumentenfamilie orientieren sich für Bögen des 18. Jahrhunderts an den bei Leeuwen-Boomkamp/van der Meer 1971 tabellarisch aufbereiteten Kriterien und für Bögen des 19. Jahrhunderts an den detaillierten Ausführungen bei Apian-Bennewitz 1892. Dabei ist anzumerken, daß die an sich schon heikle Zuordnung der Bögen zusätzlich durch nachträgliche Eingriffe und durch das Auswechseln von Teilen, die einer starken Abnutzung unterlegen sind (Frosch, Schraube mit Schraubenkopf, Wicklung), erschwert und verfälscht werden kann. Auf die Identifizierung nicht mehr im Originalzustand vorliegender Teile wurde aufgrund fehlender Anhaltspunkte weitestgehend verzichtet. Da Vannes 1956 nur einen der insgesamt acht heute in der Sammlung vorliegenden Bögen separat aufführt und grob beschreibt (Inv.Nr. B5) und auch Schumacher diese in seinem Handschriftlichen Katalog lediglich sporadisch erwähnt, ihnen in ihrer Funktion als bloße Zubehörteile aber keine weitere Beachtung schenkt, können die vorliegenden Quellen bei Fragen zur Provenienz nicht herangezogen werden. x Die Bestimmung der Stangenhölzer muß meist auf die Angabe „außereuropäisches Hartholz“ beschränkt bleiben. So läßt sich beispielsweise das aufgrund seiner günstigen Eigenschaften im Bogenbau häufig verwendete Fernambukholz in seinen vielfältigen Färbungen und zusätzlichen Behandlungen durch Beizen und Lackieren nur schwer von anderen verwandten Hölzern (z.B. Brasilholz) unterscheiden. Auch die genauere Bestimmung der im Froschbereich verwendeten Metalle konnte des öfteren nicht vorgenommen werden (z.B. Inv.Nr. B7). x Sämtliche hier behandelte Bögen besitzen einen beweglichen Frosch, dessen Stellung durch eine Schraubmechanik reguliert wird. Es wird daher im Text nicht weiter auf die Spannvorrichtung eingegangen. x Innerhalb des beschreibenden Textes verwendete Ortsbegriffe: hinten = Griffende vorne = Kopfende links = spielerseitig rechts = spielerabgewandt x Die Stangenlänge (einschließlich Kopf) wurde im entspannten Zustand und als Sehne, also nicht entlang der Krümmung, gemessen. Ebenso wurde der Verlauf der Stange im entspannten Zustand erfaßt. x Die Länge des Haarbezugs entspricht der Streichlänge und ist demnach ohne die Haarauflage an Kopf und Frosch gemessen. x Die Ermittlung des Schwerpunktes erfolgt samt Frosch und Schraubenkopf und ist vom Griffende aus gemessen (einschließlich Schraubenkopf).

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Die oben festgelegten Kriterien für die Streichinstrumentenbeschreibungen lassen sich weitestgehend auf das Zupfinstrumentarium übertragen. Folgende Punkte bedürfen dennoch einer vorausgehenden Klärung: x Die Decken- bzw. Bodenstärkeangaben bei den Zupfinstrumenten (sowie bei den Trumscheiten und der Drehleier) sind nicht mit einer bestimmten Ortsangabe verbunden, sondern geben lediglich eine Wertspanne wieder, die aus mehreren, gut verteilten Einzelmessungen an den betreffenden Corpusteilen gewonnen wurde. Dieses zusammenfassende Verfahren wurde hier als ausreichend empfunden, da die meist flachen Decken und Böden im Gegensatz zu den gewölbten Pendants der Streichinstrumente in ihren Werten nur geringfügig differieren. Zudem sind einige Meßorte aufgrund komplexer Innenbebalkung mit dem Meßgerät schwer oder gar nicht erreichbar, so daß auf eine Einzelaufstellung der Werte auch aus meßtechnischen Gründen verzichtet werden mußte. x Wenn nicht anders vermerkt, ist die Bundanordnung stets chromatisch. Bundabstände sind nur dann angegeben, wenn die Bünde in das Griffbrett eingelegt sind. Gemessen wurde dabei der Abstand von der Unterkante des Obersattels bis zum Beginn der einzelnen Bundstäbchen (bei den Trombe marine bis zur Mitte der Tonmarkierungen). Bei Instrumenten mit nicht eindeutig erkennbarer Stegposition wurde die schwingende Saitenlänge - falls möglich - aus der Mensur des Oktavbundes (12. Bund bei chromatischer Anordnung) errechnet. Dabei wurde vorausgesetzt, daß dieser als reine Oktave intendiert war. x Angaben zur Innenkonstruktion können nur insoweit gemacht werden, als es die oft stark eingeschränkte Sicht durch die enggemusterten Rosetten zuläßt. Für die Lauten wurden von den die Klangqualität wesentlich mitbestimmenden Deckenquerbalken mit Hilfe des Hacklinger Dickenmeßgeräts (Ertasten der Position mit dem Magneten) ungefähre Abstandsmaße vom oberen Deckenrand ermittelt. Die Authentizität der Bebalkung kann mit diesem Verfahren natürlich nicht beurteilt werden. x Meist konnten bei den Lauten aufgrund schlechter Sichtverhältnisse keine näheren Angaben zum Oberklotz sowie zur Hals-Oberklotzverbindung gemacht werden. Es sei hier deshalb erwähnt, daß der Hals bei Lauten gewöhnlich an den separaten Oberklotz geleimt und mit einem eingeschlagenen Nagel fixiert wurde und wird. x Die Stimmungen der Zupfinstrumente sind nur dann angegeben, wenn die aktuelle Anzahl der Saiten bzw. die Einrichtung der Saitenchöre den ursprünglichen Zustand des Saitenbezugs wiederzugeben scheinen. x Die Maße der Deckenlänge und der Deckenmensur bei den Lauten schließen den (meist auf den Hals aufliegenden) Deckenüberstand am oberen Abschluß mit ein. Der in Klammern stehende Wert bei der Angabe der Griffbrettlängen der Lauten gibt das Maß inklusive der auf die Decke reichenden Griffbrettspitzen wieder. x Da der obere Deckenabschluß bei den meisten Zithern des Salzburger Typs nicht genau zu ermitteln ist, gilt bei diesen Instrumenten als Deckenlänge das Maß zwischen der Unterkante der oberen Sattelunterlage und der Oberkante des Steges. Für die Corpusbreite sind meist zwei Maße ermittelt worden, die die kleinste und größte Ausprägung der Breite wiedergeben. Des weiteren ist die Stegbreite der Zithern nur dann ermittelt, wenn sie nicht mit derjenigen des Anhängestocks identisch ist.

VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST)

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Verzeichnis aller im Katalog behandelten Objekte (Checklist) Streichinstrumente Viole da gamba Inv.Nr. 1 Baß-Viola da gamba (6 Saiten) Inv.Nr. 2 Baß-Viola da gamba (6 Saiten) Inv.Nr. 3 Baß-Viola da gamba (7 Saiten) Inv.Nr. 4 Alt-Viola da gamba (5 Saiten) Inv.Nr. 5 Alt-Viola da gamba (5 Saiten) Inv.Nr. 6

Pardessus de Viole (6 Saiten)

Viole d’amore Inv.Nr. 7 Viola d’amore (6 Spielund 6 Resonanzsaiten) Inv.Nr. 8 Viola d’amore (6 Spielund 6 Resonanzsaiten) Inv.Nr. 9 Viola d’amore (7 Spielund 7 Resonanzsaiten)

Joachim Tielke, Hamburg, 1693 Süddeutschland, 17./18. Jhdt. René Imber, Lyon, 1707 Georg Aman, Augsburg, 1705 Hermann Joseph Stoß (?), Augsburg, 1718 Jean Christoph Cousin / Johann Christoph Vetter, Straßburg, 1741

Deutschland, 18. Jhdt.

S. 30 S. 35 S. 39 S. 44 S. 49 S. 54

S. 57

Sebastian Klo(t)z, S. 61 Mittenwald, 1740 Pietro Giovanni (Petrus Joannes) S. 65 Mantegazza, Mailand, 1763

Inv.Nr. 10

Viola (5 Griffbrettund 2 Bordunsaiten)

Provenienz unbestimmt; Ende 18. Jhdt./19. Jhdt.

S. 69

Inv.Nr. 11

Violine (4 Saiten)

Provenienz unbestimmt; Deutschland, um 1900 (?)

S. 73

Inv.Nr. 12

Philomele (4 Saiten)

Deutschland, um 1900

S. 76

Pochetten Inv.Nr. 13 Inv.Nr. 14 Inv.Nr. 15

Pochette (4 Saiten) Pochette (4 Saiten) Pochette (4 Saiten)

17./18. Jhdt. 18. Jhdt. Anfang 19. Jhdt.

S. 79 S. 82 S. 85

1. Hälfte 18. Jhdt. um 1700

S. 88 S. 93

Mitte 18. Jhdt. Mitte 18. Jhdt.

S. 97 S. 101

Trombe marine Inv.Nr. 16 Tromba marina (1 Spielsaite) Inv.Nr. 17 Tromba marina (1 Spielund 4 Resonanzsaiten) Inv.Nr. 18 Tromba marina (1 Spielsaite) Inv.Nr. 19 Tromba marina (1 Spielsaite)

VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST)

Streichzithern Inv.Nr. 20 Streichzither (4 Saiten) Inv.Nr. 21 Streichmelodion (4 Saiten)

Inv.Nr. 22

Drehleier (2 Melodieund 4 Bordunsaiten)

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Deutschland, um 1900 Deutschland, um 1900

S. 104 S. 107

Henry Thouvenel, Mirecourt, 2. Hälfte 19. Jhdt.

S. 110

Streichbögen Inv.Nr. B1 Inv.Nr. B2 Inv.Nr. B3 Inv.Nr. B4

Inv.Nr. B5 Inv.Nr. B6 Inv.Nr. B7 Inv.Nr. B8 Inv.Nr. B9

Streichbogen für Tromba marina Streichbogen für Violoncello Streichbogen für Viola Streichbogen für Diskantinstrument aus dem Bereich der Volksmusik Streichbogen für Viola d’amore Streichbogen für Violine Streichbogen für Violine Streichbogen für Pochette Streichbogen für Pochette

18. Jhdt. Frankreich, um 1800 2. Hälfte 18. Jhdt. um 1800

S. 115 S. 117 S. 119 S. 121

1. Hälfte 18. Jhdt. um 1800 Wolff, Mitte 19. Jhdt. 1. Hälfte 19. Jhdt. 1. Hälfte 19. Jhdt.

S. 123 S. 125 S. 128 S. 131 S. 133

Zupfinstrumente Lauten Inv.Nr. 23 Inv.Nr. 24 Inv.Nr. 25 Inv.Nr. 26 Inv.Nr. 27

Inv.Nr. 28

Gitarren Inv.Nr. 29 Inv.Nr. 30 Inv.Nr. 31

Chitarrone (17 Saiten, 12 Chöre) Theorbe (15 Saiten, 10 Chöre) Theorbe (22 Saiten, 12 Chöre) Theorbe (17 Saiten, 12 Chöre) Theorbierte Laute (21 Saiten, 15 Chöre) Mandora (11 Saiten, 6 Chöre)

Gitarre (6 Saiten) Gitarre (6 Saiten) Lyra-Gitarre (6 Saiten)

Michele Attore, Padua, 1583 (?)

S. 135

um 1700

S. 140

Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900 (?) Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900 (?) Petrus Baum, Deutschland, 18. Jhdt. (?) Franciolini, Florenz, um 1900 (?) Deutschland, 18. Jhdt.

S. 144

S. 154

Federico Peirano, Cádiz, 1830 Michel, Paris, um 1900 Joseph Pons, Paris, 1804/1805

S. 158 S. 166 S. 169

S. 148 S. 151

VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST)

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Inv.Nr. 32

Neapolitanische Mandoline (8 Saiten, 4 Chöre)

Ende 19. Jhdt.

S. 172

Inv.Nr. 33

Balalaika (3 Saiten)

Leningrad, 1. Hälfte 20. Jhdt.

S. 174

Banjos Inv.Nr. 34

Banjo (6 Saiten)

S. 177

Inv.Nr. 35

Banjo (7 Saiten)

Nordamerika oder England, 2. Hälfte 19. Jhdt. Nordamerika oder England, um 1900

Deutschland oder Schweiz, 1. Hälfte 19. Jhdt. Frankreich (?), 19. Jhdt.

S. 181

Zithern Inv.Nr. 36 Inv.Nr. 37 Inv.Nr. 38 Inv.Nr. 39 Inv.Nr. 40 Inv.Nr. 41 Inv.Nr. 42

Zistern Inv.Nr. 43 Inv.Nr. 44 Inv.Nr. 45 Inv.Nr. 46 Inv.Nr. 47 Inv.Nr. 48 Inv.Nr. 49 Inv.Nr. 50

Wende-Zither in Mittenwalder Form Zither (4 Melodieund 12 Begleitsaiten) Schlagzither (4 Griffbrettund 25 Begleitsaiten) Konzertzither (5 Griffbrettund 30 Begleitsaiten) Konzertzither (5 Griffbrettund 27 Begleitsaiten) Konzertzither (5 Griffbrettund 27 Begleitsaiten) Gitarrenzither (21 Melodieund 20 Begleitsaiten)

Theorbenzister (17 Saiten, 13 Chöre) Zister (10 Saiten, 5 Chöre) Zister (10 Saiten, 5 Chöre) Zister (10 Saiten, 6 Chöre) Zister (10 Saiten, 6 Chöre) Entlebucher Halszither (10 Saiten, 5 Chöre) Zister (10 Saiten, 6 Chöre) Emmentaler Halszither (9 Saiten, 5 Chöre)

Georg Tiefenbrunner, München, 1852 Otto Body, Innsbruck, 1895 Franz Schandl, Mittenwald, nach 1896 Hermann Bölsterli, Zürich/Mittenwald, um 1900 Deutschland, um 1900

S. 179

S. 185 S. 189 S. 192 S. 195 S. 198 S. 201

Andreas Ernst Kram, Nürnberg, 1770 Deutschland, 18. Jhdt.

S. 204 S. 208

Deutschland, 18. Jhdt.

S. 211

Deutschland oder Schweiz, 1. Hälfte 19. Jhdt. Niklaus Lötsche(r), Polen (?), 1843 Entlebuch (Kanton Luzern), 1. Hälfte 19. Jhdt. Schweiz oder England (?), vermutlich 1811 Abraham Kauer (?), Schweiz, Mitte 19. Jhdt.

S. 214 S. 217 S. 220 S. 223 S. 226

VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST)

Inv.Nr. 51 Inv.Nr. 52 Inv.Nr. 53 Inv.Nr. 54

Zister (10 Saiten, 5 Chöre) Toggenburger Halszither (13 Saiten, 5 Chöre) Toggenburger Halszither (13 Saiten, 5 Chöre) Zister (10 Saiten, 5 Chöre)

Schweiz, 1. Hälfte 19. Jhdt.

28 S. 229

Toggenburg (Kanton St. Gallen), S. 232 1. Hälfte 19. Jhdt. Toggenburg (Kanton St. Gallen), S. 235 1. Hälfte 19. Jhdt. Italien oder Schweiz, S. 238 um 1900

Harfen Inv.Nr. 55 Inv.Nr. 56

Einfachpedalharfe (35 Saiten) Neo-irische Harfe (30 Saiten)

Jean Louvet, Paris, 1776 G. Morley, London, Mitte 19. Jhdt.

S. 241 S. 246

Inv.Nr. 57

Harpe ditale (29 Saiten)

J. Pfeiffer, Paris, um 1830

S. 250

Beschreibender Katalog

VIOLE DA GAMBA - INV.NR.

1

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Streichinstrumente Viole da gamba1 Inv.Nr. 1

Baß-Viola da gamba (6 Saiten) Joachim Tielke, Hamburg, 1693 SIGNATUR: Druckzettel: JOACHIM TIELKE // in Hamburg / An. 16 [hs.:] 93 CORPUS: Kleineres Baßmodell in klassischer Gambenform mit auffallend stumpfwinkligen Ecken. Bodenwölbung vorhanden. Decke: dreiteilig; der mittlere Teil in Form eines schmalen, mit der jetzigen Halsfußbreite ungefähr übereinstimmenden, zur Corpusbasis hin etwas breiter werdenden Mittelstreifens. Decke bestehend aus mitteljähriger Fichte. Flache, ebenmäßige Wölbung ohne Hohlkehle; denkbar ist, daß die Wölbung nicht aus dem Holz gestochen wurde, sondern durch Biegung der einzelnen Streifen (hier vermutlich ausschließlich des mittleren Streifens) über einem heißen Eisen zustande kam, wie es in der osteuropäischen oder englischen Bautradition im 17. Jahrhundert vielerorts üblich war.2 Dreiteilige, jeweils doppelt geführte Randeinlage. C-Löcher. Zargen: durchgehend und teilweise sehr breit geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilte Unterzarge. Auf beiden Seiten des Halsstocks je eine keilförmige Ebenholzausfüllung im vorderen Zargenbereich. Boden: zweigeteilt. Regelmäßig waagerecht geflammter Ahorn in Radialschnitt. Mittelhohe Wölbung, die in einer geringen Hohlkehle ausschwingt; der obere Teil erscheint anstelle der Abknickung sanft abgebogen. Verrundetes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden. Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz mit abgeschrägten Kanten, der mit dem Halsstock durch eine von außen eingetriebene Schraube fixiert ist (Schraubenende innen aus dem Oberklotz ragend);3 die ebenfalls sichtbare Holzdübelspitze dürfte jedoch wie der Oberklotz ein ursprünglich zum Instrument gehöriger Bestandteil sein. Flacher, halbrunder Unterklotz, der mit dem Zapfenende des Knopfes durchsetzt ist. In der Decke je 1 Paßstift an Ober- und Unterklotz; der Boden ist durch 1 Paßstift mit dem Unterklotz und durch 3 Paßstifte am Blatt mit dem Oberklotz verbunden. Decke dubliert und mittels mehrerer Paßstifte am Rand am Zargenkranz fixiert (spätere Zutat, um die Decke nach dem Öffnen des Instruments wieder passend zu machen). Dünn und schmal geschnittene, an den Eckklötzen jeweils stumpf endende Deckenreifchen; Bodenreifchen überwiegend aus mehreren kleinen, partiell auch erneuerten Teilen zusammengestückelt und (außer an der baßseitigen Oberzarge, wo die Reifchen in den vermutlich erneuerten Eckklotz eingelassen sind) über die Eckklötze 1

Die im folgenden Abschnitt verwendete Namensgebung der einzelnen Mitglieder der Gambenfamilie folgt der bis heute auch im Deutschen weitestgehend üblichen französischen und englischen Terminologie und nicht der von Praetorius 1619 überlieferten, der beispielsweise die in dieser Arbeit als Baßgamben bezeichneten Instrumente mit der Stimmung D-G-c-e-a-d’ als Tenorgamben tituliert. Die Stimmungsangaben gehen, wenn nicht anders vermerkt, auf Rousseau 1687 und Dolmetsch 1964 zurück. 2 Martius 1987, Heft 3, S. 11ff. 3 Eine von außen durch den Halsstock ausgeführte Nagelung oder Verschraubung hat die Funktion, den Aufleimvorgang des Halses auf den Oberklotz - besonders bei einem geschlossen vorliegenden Corpus fixierend zu unterstützen, da das Anbringen einer stabilisierenden Zwinge während des Trocknungsvorganges des Leimes in diesem Bereich sehr schwierig ist. Außerdem erlaubt eine derartige Stellschraube, die Hals- und Griffbrettstellung im Verhältnis zur Deckenebene von außen zu korrigieren.

VIOLE DA GAMBA - INV.NR.

31

1

verlaufend. An der Originalität der gesamten Bodeninnenreifchen muß gezweifelt werden, da Tielke bei seinen bekannten Instrumenten niemals derartige Verstärkungen verwendete, sondern den Winkel zwischen Boden und Zargen mit Leinenbelägen zu sichern pflegte.1 Das Stimmstockbrett in annähernd viereckiger Form mit abgerundeten Ecken, das nicht bis zu den Rändern verläuft und an den Seiten abgeflacht ist, weist an jeder Ecke eine rechteckige, an den Ecken abgerundete, die Bodenfläche verstärkende, kleinere Fichtenholzauflage auf, deren Jahresringe etwa 45 Grad zur Mittelfuge nach oben bzw. unten verlaufen (s. Abb.). 2 flache, breite, nicht ganz bis zum Rand reichende Bodenquerbalken in der oberen bzw. unteren Corpuspartie. Leinenverstärkungen an Bodenfuge; die Zusammenstöße der Deckenteile sind mit Leinenbelägen und kleinen, quadratischen Holzplättchen abgesichert; der aufgedoppelte, geschweifte Baßbalken fungiert ebenfalls als Verstärkung einer Nahtstelle und muß in späterer Zeit ausgetauscht worden sein, da sich unter dem Balken Holzbeläge befinden. Zusätzlich sind die Zargeninnenwände partiell mit Laubholzzulagen bzw. weißlichen Belägen (möglicherweise stark in Leim getränktes Papier; nachträglich eingefügt) ausgekleidet. Gesamt L: 1130 (1170) Decke L: 643 B: 292 / 222 / 355 Wölbungshöhe Decke (max.): um 27 Decke S: I) 2,5-2,6 II) 2,5-3,2 III) 2,5-3,1 IV) 2,0-2,4 V) 2,0-2,8 Deckenmensur: 358 Schallöcher: L 116, A oben 170, A unten 255

Zargen H: 80 / 120 / 120 / 119 Zargen S: 0,8-1,3 Boden L: 665 Wölbungshöhe Boden (max.): um 14 Boden S: I) k.M. II) 1,7-2,5 III) 2,5-3,0 IV) 1,4-1,6

MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Ahorn. An den Wirbelkasten angeschäfteter, fein geschnitzter Frauenkopf mit charakteristischem Diadem über der hohen Stirn und breit angelegter Frisur, deren Langhaar an den Seiten in flachen Locken herabhängt und unten mit je einer vierzipfligen Schleife zusammengehalten wird; am Hinterkopf befindet sich ein aufgesetzter Haarknoten, von dem ein zweiteiliges Tuch herabfällt; den Hals ziert eine aus dem Holz geschnitzte Perlenkette. Der Kopf entspricht in allen Einzelheiten den bekannten Tielkeschen Frauenköpfen2, die er am häufigsten für seine Instrumente verwendete. Wirbelkastenvorderkanten mit kurzen, verzierenden Einstichen versehen. Der untere Wirbelkastenabschluß ist auf der Rückseite mit einem Schnitzwerk in Form einer halben Blüte verziert. 6 Wirbel aus Palisander mit Beinknöpfchen; oberstes Wirbelloch ausgebuchst. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 286 Hals S: 29 / 30 / 37 Wirbelkasten L: 227 Wirbelkasten B innen: 17...37, außen: 32...55 Kopf B: 46

Griffbrett und Obersattel: Ebenholz. Griffbrett L: 495 Griffbrett B: 53...73

Steg: Ahorn. Die starken Abnutzungsspuren um den jetzigen Stegstandort herum deuten auf verschiedene Stegorte in früherer Zeit hin. B / S / H: 102 / 10 / 90

Untere Saitenbefestigung: Einhängung des schwarz lackierten, seitlich mehrfach geschweiften und mit einem Palisandersattel versehenen Saitenhalters in einen Pflock aus Palisander, der nur zu etwa zwei Dritteln in die Unterzarge eingelassen ist; der restliche Freiraum am Zargenzusammenstoß ist mit einem Holzstreifen zugesetzt. Im Pflock befindet sich zusätzlich ein profiliert gedrechselter Hohlknopf aus Palisander. 1 2

Vgl. Hellwig 1980, S. 60. Vgl. Hellwig 1980, S. 68-76.

VIOLE DA GAMBA - INV.NR.

1

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Saitenhalter L: 230 Saitenhalter größte B / kleinste B: 80 / 35

Besaitung: Das Instrument ist für 6 Saiten konzipiert, davon sind derzeit 5 Saiten vorhanden, wobei die 2 oberen aus Darm und die 3 unteren metallumsponnen sind. Stimmung: D-G-c-e-a-d’. Wie bei den anderen Viole da gamba auch weist der Steg auf der dem Spieler zugewandten Seite eine Beschriftung bezüglich der Stimmungen der einzelnen Saiten auf (s. Abb.). Die Notierung dieser Tonbuchstaben könnte möglicherweise von Schumacher stammen; ein Vergleich mit dessen Handschrift erbrachte jedoch kein eindeutiges Ergebnis. Schwingende Saitenlänge: 650

ÜBERZUG: Dunkelbrauner, spröder Lack, der an vielen Stellen abgesprungen ist. Die restaurierten Schadstellen sind mit ähnlich gefärbtem Lack retuschiert. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Die oberste Saite (d’) fehlt. Die Corpusränder und der Wirbelkastenkopf weisen vermehrt Wurmfraßlöcher auf. Boden und Decke im Bereich der Mittelfugen und an den Rändern stark zerkratzt. Deckenrisse älteren Datums restauriert; auffällig ist der sich über nahezu die ganze Corpuslänge erstreckende Riß in der Deckenmitte, wo im Falle einer zweigeteilten Decke gewöhnlich die Mittelfuge verläuft. Offene Bodenfuge und Zargenrisse. Deckenrand weitestgehend dubliert und an der Unterzarge teilweise ersetzt. Decken- und Bodenwölbung deutlich verzogen. Die Schaftspuren am Kopfansatz und die eingelegten Ebenholzstücke am oberen Zargenrand weisen auf das Einsetzen eines neuen Halses mit Wirbelkasten hin. Der aktuell vorliegende Hals wurde erst im Rahmen eines Restaurierungsvorganges zu Schumachers Zeiten ersetzt, bei dem das zwischenzeitlich als Violoncello eingerichtete Instrument in seinen ursprünglichen Zustand als sechssaitige Viola da gamba zurückversetzt wurde.1 Dabei sind Wirbel, Griffbrett, Steg, Saitenhalter und Saitenhalterbefestigung ebenfalls erneuert worden. Sowohl die aktuell bestehende, eher ungewöhnliche Hals-Oberklotz-Verbindung, die von einer von außen durch den Halsstock eingetriebenen Schraube gesichert wird und die man ferner bei der Baß-Viola da gamba Inv.Nr. 2 findet, als auch die Tatsache, daß in beiden Instrumenten im Zuge früherer Reparaturen dasselbe auffällige, weißliche Material zur Ausfütterung im Zargen- und Bodenbereich verwendet wurde, spricht für ein und denselben Restaurator. Vermutlich war dies Hermann Seyffarth aus Leipzig, der im Jahr 1903 von Schumacher beauftragt wurde, einige der Streichinstrumente spielbar zu machen. Mit Sicherheit läßt sich seine Arbeit jedoch nur an der Alt-Gambe Inv.Nr. 5 nachweisen, die eine Signatur aus seiner Hand aufweist. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog desselben (S. 21) ist die Stadt Brüssel als Erwerbsort vermerkt. Joachim Tielke, einer der hervorragendsten und bekanntesten Lauten- und Geigenmacher seiner Zeit, wurde 1641 in Ostpreußen (vermutlich Königsberg) geboren und starb 1719 in Hamburg, wo er sich - nach einer längeren Lebens- und Schaffensphase in Italien niederließ.2 Tielke erlangte insbesondere durch die auffallend prachtvolle und aufwendige Ausstattung seiner Instrumente große Berühmtheit.

1

Dokumentiert ist dieser Vorgang durch zwei Bilder in Schumachers Fotoalbum, die jeweils den Zustand vor und nach der Restauration wiedergeben (vgl. die Abbildungen auf S. 11/12, Nr. 63 in dieser Arbeit). 2 Vgl. Kinsky 1912, S. 644ff.

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Signierung, Gestaltungs- und Konstruktionsmerkmale lassen keine Zweifel an der Authentizität des vorliegenden Instruments aufkommen. Charakteristische Merkmale wie der Umriß, die gewölbte Bodenkonstruktion, die doppelten Randeinlagen der ohne Hohlkehle auslaufenden Decke, die Bekrönung durch den Tielkeschen Frauenkopf und die Anlage der Innenteile stimmen mit den kennzeichnenden Kriterien vergleichbarer Instrumente von Tielke aus dieser Schaffensperiode überein.1 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 63, S. 90. Fundortkatalog Nr. 63, S. 21. - Vannes 1956, Nr. 76, S. 16. - Hellwig 1980, S. 225 Nr. 64. - Nirrnheim, S. 455 Nr. 14. - Heyer, S. 646 Nr. 37. - Hellwig 1964, S. 33. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Steg mit Stimmungsangabe, Skizze der Innenkonstruktion, Schalloch.

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Ausführliche Beschreibung dieser Instrumente in: Hellwig 1980, S. 57-62.

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Baß-Viola da gamba (6 Saiten) Süddeutschland, 17./18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden; oberhalb des linken Schallochs an der Decke Reste eines Zettels sichtbar, nicht zu identifizieren (Reparaturzettel?). CORPUS: Geschweifter Umriß mit runden, lang herausgezogenen Schultern und einer Einschnürung in der unteren, eckenlosen Hälfte. Randüberstand an Decke und Boden. Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen bis mittelbreiten, teilweise welligen Jahresringen. Hohe, rasch aufwärts steigende Wölbung, die oben einen breiten Rücken bildet und in einen breiten Rand ohne Hohlkehle ausläuft. Das Fehlen einer Gegenwölbung im Randbereich bei einer ziemlich hohen Wölbung wirkt bei vorliegendem Instrument unfertig und unvollkommen. Einfache dreispänige Randeinlage. Flammenförmige Schallöcher mit Unterpunktloch und kleinem gestielten Seitenpunkt. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit leichter, regelmäßiger Flammung. Unterzarge zweiteilig. Boden: zweiteilig. Ahorn, nach der Schwarte geschnitten. Flach, mit hoch sitzender Abknickung. Verrundetes Bodenblatt. Aufgemalte dreilinige Randader, die unter dem Blatt zu einem Blütenornament zusammenläuft, an einigen Stellen schon stark verblaßt. Zur Innenkonstruktion: flacher, halbrunder Oberklotz aus neuerer Zeit, der wie bei vorigem Instrument (Inv.Nr. 1) mit einer von außen gedübelten Halskonstruktion versehen ist (runde Auskleidung auf dem Halsfuß sichtbar). Rechteckiger Unterklotz mit verrundeten Kanten, durch den der runde Zapfen des Knopfes gesteckt ist; Unterklotz möglicherweise original. Schmale Reifchen an Decke und Boden. Eckklötze und Stimmstock vorhanden. Das die ganze Bodenbreite einnehmende Stimmstockbrett verschmälert sich baßseitig und ist an den Rändern abgeflacht. 3 Bodenquerbalken, je 1 auf Höhe der Abknickung, oberhalb der Schallöcher und bei den Einschnürungen angebracht. Zwischen oberstem und unterstem Bodenbalken ist die Mittelfuge durch breitere, rechteckige Holzbeläge quer zu dieser verstärkt. An der Decke ist ein ovales Stimmstockfutter neueren Datums eingesetzt. Baßseitig neben dem eingeleimten Baßbalken sind zur Sicherung der Decke Stützklötzchen abwechselnd mit Papierstreifen aus neuerer Zeit sichtbar. Ebenso dürften die harten, weißlichen Beläge, die zur Sicherung der Rißbildungen an Boden und Zargen aufgelegt wurden, eine spätere Ergänzung eines Restaurators sein (vgl. Inv.Nr. 1). Gesamt L: 1145 (1182) Decke L: 650 B: 320 / 240 / Unterbügel zwei Maße: 380 / 340 Wölbungshöhe Decke (max.): um 30 Randüberstand Decke: 4 Decke S: I) 4,0-5,5 II) 1,4-2,0 III) 2,0 IV) 2,4-2,7 V) 3,5-3,8 Deckenmensur: 365 Schallöcher: L 130, A oben 185, A unten 305

Zargen H: 90 / 110 / 110 / 108 Zargen S: 1,1-1,7 Boden L: 665; unterer Rand bis Knick: 555 Boden: geknickt um 13° Randüberstand Boden: 3 Boden S: I) 2,5 II) 2,5 III) 2,1-2,6 IV) 2,3-2,5

MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: aus Ahorn. Der Überstand des Halsstocks auf der Decke läßt auf einen in den Oberklotz eingelassenen Hals schließen. Sorgfältig geschnitzter, rundlicher Löwenkopf mit eingesetzter Zunge aus Elfenbein (?), die aus dem mit 2 Zahnreihen zu je 10 Zähnen bestückten Maul herausragt; das Maul ist großräumig geschwärzt, und im Bereich der Zahnreihen sind Reste roter Farbe erkennbar; Kopf möglicherweise angeschäftet (obwohl keine Schaftspuren offensichtlich sind, läßt der gerade abgeschnittene Abschluß der Löwenmähne an den Wirbelkastenseitenwänden Zweifel an einer Einheit von Wirbelkasten

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und Kopf aufkommen). Wirbelkastenwände aufgedoppelt. 1 Wirbelloch ausgebuchst und neu gebohrt. 6 Wirbel aus Palisander. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 295 (305) Hals S: 30 / 32 / 35 Wirbelkasten L: 226 Wirbelkasten B innen: 17...34, außen: 36...47 Kopf B: 46

Griffbrett und Obersattel: Ebenholz. Griffbrett L: 552 Griffbrett B: 50...60

Steg: Ahorn. B / S / H: 90 / 10 / 87

Untere Saitenbefestigung: schwarz lackierter, geschweifter Saitenhalter, der mit einer Darmschlinge an einem Hohlknopf aus Palisander befestigt ist. Weit in die Unterzarge hineinreichender Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter L: 220 Saitenhalter größte B / kleinste B: 75 / 29 Untersattel B: 68

Besaitung: 6 Saiten, davon derzeit die fünf oberen aus Darm und die unterste metallumsponnen. Stimmung: D-G-c-e-a-d’. Mit Bleistift ist diese Stimmung auf der dem Spieler zugewandten Seite des Steges unterhalb der jeweiligen Saiten vermerkt (vgl. Inv.Nr. 1); der Tonbuchstabe für die oberste Saite (d’) fehlt. Schwingende Saitenlänge: 672

ÜBERZUG: Mittelbrauner Öllack mit großflächigen, dunkelbraunen Retuschen an Decke, Boden und Zargen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Starker Wurmbefall besonders an Boden und Kopf; teilweise sind die Wurmlöcher ausgekittet. Mehrere Rißreparaturen an Decke, Boden und Zargen; offene Risse an Boden und Zargen. Eingesetztes Zargenstück an baßseitiger Unterzarge. Baßseitig neben dem Saitenhalter ist die Decke mit einem Holzspan aus grobjähriger Fichte ausgeflickt; in diesem Bereich wurde auch die Randeinlage der Decke erneuert. Die Deckenwölbung ist im Bereich des Steges weiträumig deformiert. Hals, Wirbel, Griffbrett, Steg, Knopf und Saitenhalter neuzeitlich ergänzt; Kopf wahrscheinlich ebenfalls nicht original zugehörig. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut den Angaben in seinem Fundortkatalog (S. 21) hat Schumacher diese Viola da gamba im „Ausland“ erworben. Die Zuschreibung des vorliegenden Instruments an Ernst Busch (um 1590 - 1648) in Nürnberg1 muß als sehr zweifelhaft angesehen werden, da weder die äußerlichen Merkmale wie Umriß, Löwenkopf und Schallochform noch die Innenkonstruktion mit Buschs Instrumenten übereinstimmt.2 Das augenfälligste Merkmal dieser Baß-Viola da gamba ist sicherlich ihr geschweifter Umriß. Derartige barocke Umrißformen mit ein oder mehreren Einschnürungen lassen sich im 17. und 18. Jahrhundert vor allem sowohl in Süddeutschland bzw. Italien als auch in Norddeutschland und England nachweisen. Die vorliegende Schallochform mit der unteren 1 2

Vgl. H. Schumacher: Handschriftlicher Katalog, S. 89 und Vannes 1956, S. 16. Zur weiteren Abgrenzung vgl. Martius/Schulze 1991, S. 145-183.

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F-Lochmündung scheint jedoch nicht typisch englisch zu sein, sondern eher aus dem kontinentalen, mitteleuropäischen traditionellen Gambenbau zu stammen.1 Diese Annahme wird durch die Existenz einer Baß-Viola da gamba2 von Thomas Edlinger (Augsburg) aus dem Jahre 1673 gestützt, die nicht nur dieselbe Schallochform wie vorliegende, anonym überlieferte Gambe, sondern auch den gleichen geschweiften Corpusumriß aufweist. Zusammen mit den ebenfalls grob übereinstimmenden Corpusmaßen sprechen diese Analogien für eine Herkunft des fraglichen Instruments aus dem süddeutschen Raum und machen eine Einordnung in das Umfeld Thomas Edlingers aus Augsburg wahrscheinlich. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 62, S. 89. Fundortkatalog Nr. 62, S. 21. - Vannes 1956, Nr. 77, S. 16. - Martius/Schulze 1991, S. 163 bzw. S. 170f. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch.

1

Freundliche mündliche Auskunft von Thomas Drescher (Basel) am 23.09.00. Ausgestellt in der Ueno Gakuen collection in Tokio, Inv.Nr. 3. Vgl. Catalogue of the european musical instruments of the XVIIth, XVIIIth and XIXth centuries in the Ueno Gakuen collection, S. 21f. u. 151. 2

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Inv.Nr. 3

Baß-Viola da gamba (7 Saiten) René Imber, Lyon, 1707 SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel: René Imber a Lyon // 1707. CORPUS: Gambencorpus standardisierter Form. Decke: obere Corpuspartie aus 5, die untere aus 7 Spänen zusammengesetzt. Späne aus Fichte mit mittelbreiten, teilweise welligen Jahresringen. Flache, durch Biegen der Späne entstandene Wölbung mit breitem Rücken, ohne Hohlkehle. Einfache dreispänige Randeinlage, die an einigen Stellen nachgebessert wurde und am baßseitigen Unterbügel ganz fehlt. C-Löcher. Zargen: eng- bis weitgeflammter Ahorn in Radialschnitt. Unterzarge zweiteilig. Boden: zweiteilig. Enggeflammter Ahorn in Radialschnitt. Flach, im oberen Teil abgeknickt. Keine Randeinlage vorhanden. Blatt mit dachartigem Abschluß. Zur Innenkonstruktion: Flacher, halbrunder Oberklotz, an den Seiten mit Leinenstreifen verklebt. Hals-Oberklotz-Verbindung doppelt genagelt. Ungewöhnlich kleiner, aber originaler Unterklotz, eckig und an den Kanten abgeschrägt. Im Boden je 1 Paßstift am Ober- bzw. Unterklotz. Bodenfuge mit einem in den Oberklotz eingesetzten und am Unterklotz stumpf endenden Längsbalken belegt, der für das die ganze Corpusbreite einnehmende Stimmstockbrett unterbrochen ist. Bodenquerbalken auf Knickhöhe, für den Längsbalken eine Auslassung aufweisend. Dünne, abgerundete Deckenreifchen. Anstelle von Bodenreifchen und Eckverstärkungen sind Leinenbeläge eingeklebt. Deckenfugen mit Pergamentstreifen gesichert. Risse in Decke und Boden ebenfalls mit Pergament bzw. in einem Fall mit rechteckigem Klötzchen belegt. Neuer, großer Baßbalken eingeleimt. Gesamt L: 1240 (1280) Decke L: 690 B: 322 / 240 / 390 Wölbungshöhe Decke (max.): um 26 Decke S: I) 2,5 II) 1,5-1,8 III) 2,5-3,2 IV) 1,3-1,9 V) 2,2-2,6 Deckenmensur: 375 Schallöcher: L 110, A oben 167, A unten 280

Zargen H: 90 / 130 / 133 / 134 Zargen S: 0,9-1,4 Boden L: 735; unterer Rand bis Knick: 580 Boden: geknickt um 26° Boden S: I) 1,5 II) 1,2 III) 1,2 IV) 1,2-1,4

MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: sehr flacher Hals aus Hartholz, der an beiden Seiten mittels zweier Ansätze verbreitert worden ist. Zwischen Bodenblatt und vorderem Halsstock ist ein Zwischenstück eingesetzt (s. Abb.). Sorgfältig geschnitzter Greisenkopf mit dickkrempiger Mütze; die Gesichtszüge sind charaktervoll herausgearbeitet. Wirbelkastenvorderkanten mit Flachschnitzerei (Wappenmusterband ) versehen. 7 Wirbel aus Palisander, von denen 5 in ausgebuchsten Wirbellöchern stecken. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 325 Hals S: 22 / 24 / 27 Wirbelkasten L: 205 Wirbelkasten B innen: 17...40, außen: 35...58 Kopf B: 51

Griffbrett und Obersattel: geschwärztes Griffbrett, das durch einen Ansatz auf jeder Seite verbreitert wurde. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 460 Griffbrett B: 51...78

Steg: Ahorn. Angesetzte Fußstücke zur Erhöhung des Steges aus Ahorn. Auf Stegrückseite mit Bleistift „Saitenhalter“ notiert.

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B / S / H: 102 / 10 / 90

Untere Saitenbefestigung: Einhängung des schwarz lackierten Saitenhalters in einen ebenfalls geschwärzten Pflock, der mit zwei Nägeln am Unterklotz fixiert wurde, Nägelköpfe abgezwickt. Der Saitenhalter weist 9 Löcher (in 2 Reihen angeordnet) zur Saitenbefestigung auf. Im Pflock bzw. im Unterklotz befindet sich eine Öffnung, die zu Zeiten der Nutzung des Instruments als Violoncello einem Hohlknopf Raum bot. Saitenhalter L: 270 Saitenhalter größte B / kleinste B: 67 / 42

Besaitung: Das Instrument ist mit 3 Darmsaiten und 4 umsponnenen Saiten ausgestattet. Stimmung: A-D-G-c-e-a-d’. Beschriftung des Steges nach oben genannter Stimmung (vgl. Inv.Nr. 1); Buchstabe für die A-Saite nicht notiert. Schwingende Saitenlänge: 705

ÜBERZUG: Dunkelbraun-rötlicher Lack; dieser an der Decke krakeliert und an den Fugen- und Rißreparaturstellen streifenförmig abgewaschen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument ist stark renovierungsbedürftig. Der Stimmstock hat sich gelöst und liegt dem Instrument als externes Teil bei. Kleinere, offene Risse an Decke und Zargen; massivere, zum Teil schon restaurierte Beschädigungen im unteren Corpusteil des Bodens, im Bereich der Bodenfuge und der Abknickung. Das Instrument zeigt deutliche Spuren mehrerer Um- bzw. Rückbauten. Es wurde zwischenzeitlich als Violoncello verwendet,1 worauf heute noch das Vorhandensein eines Hohlknopfloches im Pflock, die Verbreiterung des Griffbretts sowie des Halses und das Ausbuchsen der meisten Wirbellöcher hinweist. Beim Wiedereinrichten zur Viola da gamba wurde nicht nur der Hals samt Wirbelkasten und das Griffbrett beibehalten, sondern auch der Saitenhalter wiederverwendet, indem in diesen lediglich weitere Löcher zur Saitenaufhängung eingebohrt wurden. Trotz eingreifender Veränderungen könnte der Hals (ohne die Seitenansätze) mit dem verkanteten Halsstock original zum Instrument gehörig gewesen sein. Aus welchem Stadium die Verlängerung des Halsstockes durch ein Zwischenstück stammt und welche Funktion dieser Eingriff hatte, läßt sich heute nicht mehr eindeutig rekonstruieren. Vermutlich sollte auf diese Weise der Halsüberstand über der Decke nach vorne vergrößert werden. Nicht erklärbar ist allerdings, daß das Zwischenstück dem Aussehen nach ursprünglich zum Halsstock gehörig erscheint (s. Abb.). PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 21) desselben ist die Stadt St. Gallen als Erwerbsort vermerkt. René Imber wirkte Anfang des 18. Jahrhunderts in Lyon und ist wohl mit dem bei Vannes2 genannten René Inbert bzw. René Inber identisch. Nähere Angaben über das Leben und Wirken des Geigenbauers können an dieser Stelle nicht gegeben werden, da bis auf die vorliegende Baß-Viola da gamba und eine Tromba marina aus dem Jahre 1715 (Paris,

1

Vgl. Schumacher: Handschriftlicher Katalog, S. 88; Fotoalbum (vgl. Abbildungen S. 11/12, Nr. 61 in dieser Arbeit). 2 Vannes 1951, Bd. I, S. 172, Bd. II, S. 26 u. 125.

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Sammlung Stephané Dervillé, Nr. 81)1 kein weiteres Instrument erhalten zu sein scheint und auch sonst keine Angaben in den einschlägigen Quellen zu finden waren. Man kann aufgrund der fachmännischen Arbeit, die vorliegende Viola da gamba aufweist, nur vermuten, daß Imber professioneller Geigenbauer war und weitere Instrumente verfertigt hat. Die bautechnischen Elemente des Instruments stimmen mit der charakteristischen französischen, teilweise von den Engländern übernommenen Bauweise im 17./18. Jahrhundert überein: Typisch für französische Gamben ist nicht nur das Hinzufügen einer siebten Saite,2 um den Tonumfang nach unten zu erweitern, sondern auch der Bau mit Pergamentversteifungen an den Fugenverbindungen und auf Gehrung geleimte Zargen anstatt dem Einsetzen von Innenreifchen und Eckklötzen. Einer zeitsparenden, produktiven Bauweise, die aufgrund der steigenden Nachfrage ab dem 17. Jahrhundert, als die englische Gambenmode auch auf Frankreich überzugreifen begann, vielfach praktiziert wurde, war weiterhin die auch hier angewandte Deckenkonstruktion aus mehreren gebogenen Streifen zuträglich. Derartig gefertigte Decken findet man gehäuft bei Zeitgenossen Imbers wieder, wie beispielsweise bei dem Pariser Geigenbauer Michel Collichon (fl. 1666-1693).3 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 61, S. 88. Fundortkatalog Nr. 61, S. 21. - Vannes 1956, Nr. 78, S. 17. - Vannes 1951, Bd. II, S. 26. - König 1985, S. 67/68 u. S. 84-87.

1

Genannt in Adkins/Dickinson 1991, Bd. 1, S. 125. Dort ist der Name René Imbert angegeben. Vannes 1951 (Bd. I, S. 172) ordnet die fragliche Tromba marina jedoch zeitlich ins 16. bis Anfang des 17. Jahrhunderts ein und beschreibt einen zugehörigen Brandstempel, der die Inschrift „Inber, Lyon“ wiedergibt. In einer der frühesten bekannten Quellen über das Instrument (F. Galpin: Mr. Prin and His Trompette Marine. In: Music and Letters XIV, 1933, S. 27), aus der sowohl Adkins/Dickinson als auch Vannes ihre Informationen gezogen zu haben scheinen, taucht der Name Imber Lyon sowie Imbert auf. Weitere klärende Forschungen bezüglich der Namensgebung und des Wirkens dieses Geigenbauers wären wünschenswert, lassen sich in dieser Arbeit jedoch nicht weiter intensivieren. 2 Es wird davon ausgegangen, daß das Instrument schon vor seinem Umbau zum Violoncello mit 7 Saiten ausgestattet war. 3 Vgl. Otterstedt 1994, S. 146ff.

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BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Signaturausschnitt, Halsstockkonstruktion, Schalloch.

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Alt-Viola da gamba (5 Saiten) Georg Aman, Augsburg, 1705 SIGNATUR: Druckzettel: Georg Aman, Lauten- // und Geigen-Macher, in // Augspurg, 17 [hs.:] 05 Auf dem Stimmstock ist handschriftlich mit Bleistift der Name „Aman“ vermerkt. CORPUS: Kleineres Altmodell in klassischer Gambenform mit annähernd rechtwinkligen Ecken. Decke: zweiteilig. Fichte mit fein- bis mittelbreiten, sehr regelmäßig verlaufenden Jahresringen. Mittelhohe Wölbung mit deutlich ausgeprägter Hohlkehle. Einfache dreispänige Randeinlage. Wenig geneigte, eng zueinander geschnittene, flammenförmige Schallöcher mit gestieltem Seitenpunkt. Unter dem Griffbrettende ist eine kleine Schallöffnung in Herzform ausgestochen. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit kurzen, unregelmäßigen, überwiegend abgesetzten Flammen. Durchgehender Verlauf der Unterzarge. Eingesetzte Zargenstücke im Unter- bzw. Oberbügel. Boden: aus einem Stück bestehend. Ahorn in Schwartenschnitt mit zu den Rändern hin deutlicher Flammung. Flach und im oberen Corpusbereich schwach abgeknickt. Keine Randader vorhanden. Gekantetes Bodenblatt. Im unteren Corpusteil an beiden Seiten jeweils ein schmaler Streifen angesetzt. Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz, darin ein altes Nagelloch mit einem Holzdübel zugesetzt; baßseitig neben dem Oberklotz ist ein Eckklötzchen in voller Zargenhöhe eingesetzt, das zusammen mit einem Paßstift der Ausflickung an der Oberzarge mehr Halt bietet. Trapezförmiger Unterklotz. Im Boden am Oberklotz weiterer Paßstift. Stimmstockbrett, Stimmstockfutter, Eckklötze, eingesetzter, vermutlich originaler Baßbalken, Stimmstock und Innenreifchen vorhanden. Um den Stimmstock ist eine schwarze Schnur mit 2 langen Enden gebunden, die höchstwahrscheinlich im Rahmen einer späteren Restaurierung zur Stimmstockpositionierung im Corpus belassen wurde. Je ein sich an den Enden verjüngender und stumpf an die Bodenreifchen anstoßender Bodenquerbalken im oberen Corpusteil unterhalb der Abknickung und etwa in der Mitte der unteren Corpuspartie. An der Decke im Bereich der Schallöcher, der Stegstelle und des Baßbalkens Verstärkungen durch Pergament- und Holzklötzchenbeläge sichtbar. Partielle Auskleidung der Zargen mit Holzbelägen. Gesamt L: 770 (777) Decke L: 420 B: 210 / 152 / 250 Wölbungshöhe Decke (max.): um 18 Decke S: I) 2,2-2,4 II) 2,2-2,5 III) 1,5-2,0 IV) 1,6-2,1 V) 1,7-3,1 Deckenmensur: 220 Schallöcher: L 100, A oben 95, A unten 158

Zargen H: 46 / 67 / 67 / 68 Zargen S: 1,1-2,1 Boden L: 440; unterer Rand bis Knick: 345 Boden: geknickt um 9° Boden S: I) 3,0 II) 1,9-2,1 III) 2,1-2,2 IV) 1,6-1,7 Herz: 13 x 12; Schallochlage v. o.: 100

MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Kopf aus Birne. Der Halsfuß ist durch einen etwa 15 mm hohen Sockel erhöht worden; der übrige Hals zeigt sich heute aus mehreren Teilen zusammengestückelt, so daß sich kaum Aussagen über seine ursprüngliche Grundgestalt machen lassen. Zum Wirbelkasten gehörender Löwenkopf mit gescheitelter, langer Mähne, faltigen Gesichtszügen, kräftig ausgeprägter Oberlippe und aus weit geöffnetem Maul herausragender, eingesetzter Zunge. Vorliegender Kopf ähnelt in seiner Gestalt den Löwenköpfen Jacobus Stainers (um 1617-1683). Dieser Zusammenhang ist

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insofern nicht verwunderlich, als Aman bekannterweise nach einem Stainer-Modell arbeitete1 und daher auch hinsichtlich der Wirbelkastenabschlüsse sein Vorbild nachgeahmt haben kann. In diskantseitiger Wirbelkastenwand keilförmige Ausflickung. 5 Wirbel aus Obstholz (Zwetschge?), wobei der oberste Wirbel dem übrigen Wirbelsatz nicht zugehörig ist. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 185 Hals S: 23 / 28 / 34 Wirbelkasten L: 160 Wirbelkasten B innen: 8...27, außen: 22...38 Kopf B: 40

Griffbrett und Obersattel: dunkel lackiertes Griffbrett, das eine keilförmige Kontur besitzt und an seiner Unterseite über der Decke 2 Einkerbungen aufweist. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 280 Griffbrett B: 27...54

Steg: Ahorn. B / S / H: 54 / 7 / 50

Untere Saitenbefestigung: Der geschwärzte, seitlich geschweifte Saitenhalter ist in einen ebenfalls geschwärzten Pflock eingehängt, der oberhalb des Unterrandes durch die Decke geführt und in den Unterklotz eingelassen ist. Saitenhalter L: 160 Saitenhalter größte B / kleinste B: 53 / 25

Besaitung: Das Instrument ist für 5 Saiten konzipiert; zur Zeit nur 3 Darmsaiten und 1 umsponnene Saite vorhanden. Stimmung: uneinheitlich. Schumacher gibt in seinem handschriftlichen Katalog (S. 91/92) sowohl für vorliegendes Instrument als auch für Inv.Nr. 5 die Stimmung d/c-g-c’-e’-a’ an, und man findet diese ebenfalls mit Bleistift auf den Stegen notiert wieder (vgl. Inv.Nr. 1). Diese Stimmungsangabe sollte jedoch mit Vorsicht betrachtet und nicht als die alleinig gültige angesehen werden, da Entstehung und Verwendungsgewohnheiten der fünfsaitigen Viole da gamba in dieser Formgestalt bis heute nicht geklärt werden konnten (s.u.) und jene Stimmung in keiner der von der Verfasserin verwendeten Quellen zu finden war. Schwingende Saitenlänge: 408

ÜBERZUG: Rotbrauner, recht spröder Lack, der an vielen Stellen leicht geronnen ist. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Oberste Saite fehlend. Geringer Wurmbefall an Wirbelkasten und Kopf, teilweise ausgekittet. Der Boden ist im Bereich der unteren Corpuspartie geringfügig eingesunken. Die Ausflickungen an Boden, Zargen und Wirbelkasten und die einschneidenden Arbeiten im Halsbereich lassen auf mindestens einen Restaurationsvorgang schließen, im Zuge dessen vermutlich auch Griffbrett und Saitenhalter neu nachgebildet wurden. Möglicherweise wurde das oberste Wirbelloch erst in neuerer Zeit gebohrt. Indizien dafür bieten der von dem übrigen Wirbelsatz in seiner Gestalt abweichende, oberste Wirbel und die unten auffallend gerade endende Mähne des Löwenkopfes, die möglicherweise nachträglich gestutzt wurde, um für einen neuen Wirbel Platz zu schaffen. Das Instrument zeigt sich bis auf kleinere Risse in Boden und Zargen in einem guten Zustand. PROVENIENZ: Das nach Schumachers Tode in den Besitz seiner Geschwister übergegangene Instrument wurde dem Richard-Wagner-Museum von diesen als Leihgabe zur Verfügung gestellt. In 1

Hamma 1986, Bd. I, S. 25.

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Schumachers Fundortkatalog (S. 8) ist die vorliegende Alt-Gambe in der Kategorie „Privaten, Händlern“ genannt und - wie einige andere Streichinstrumente auch - mit dem Namen „Züst“ versehen. Ob dieser Name Auskunft über den früheren Besitzer des Instruments gibt oder ob hinter dieser Notiz nicht eher ein damals geplanter oder bereits ausgeführter Restaurationsvorgang bei dem Geigenbauer mit diesem Namen steht (vgl. Signatur am Oberklotz von Inv.Nr. 5), muß wohl offen bleiben. Georg Aman ist 1671 in Vils (Tirol) geboren und übernahm die Werkstatt von Georg und Mathias Wörle in Augsburg, wo er zahlreiche Instrumente aller Gattungen schuf. Zum Todesdatum in Augsburg sind in den Quellen keine einheitlichen Angaben zu finden. Die Daten schwanken zwischen 1723 (Vannes 1956, S. 39), 1731 bzw. nach 1731 (Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 8; Hamma 1986, Bd. 1, S. 25; Layer 1978, S. 111) und 1734 (Bletschacher 1978, S. 189). Das vorliegende Instrument entspricht mit seiner einteiligen Bodenkonstruktion, der Verwendung von Birnbaumholz im Halsbereich und in seinen Dimensionen den Gewohnheiten Amans.1 Ebenso läßt die Tatsache, daß der Zettel einem Vergleich mit anderen Signierungen standhält,2 kaum Zweifel bezüglich der Authentizität aufkommen. Problematisch allerdings erscheint die Einordnung der vorliegenden fünfsaitigen Alt-Viola da gamba hinsichtlich anderer Gestaltungsmerkmale: Während die Länge des Halses auf die übliche Spielweise der Viole da gamba in Beinhaltung abgestimmt ist, schließt die Formgebung und die relativ niedrige Zargenhöhe ein Spiel auf dem Arm nicht aus. Des weiteren fällt - wie auch bei Inv.Nr. 5 - die runde, violinähnliche Ausarbeitung des Halses auf, die für das Anbringen von Darmbünden doch eher ungeeignet erscheint, da diese sofort rutschen würden. Ähnliche Merkmale weisen acht Instrumente Joachim Tielkes auf (lediglich insgesamt etwas kleiner mensuriert), dessen Einordnung von Kinsky 1912 (S. 429ff.) und van der Meer 1972 (S. 547-555) als eine frühe Form der Viola d’amore ohne Resonanzsaiten vorgeschlagen wurde. Van der Meer ordnet, nach einem intensiven Studium verschiedener Schriften zwischen 1679 und 1738, auch andere fünf- bis sechssaitige gambenartige Instrumente in dieser Größe mit relativ niedrigen Zargen aus dem Zeitraum von Mitte des 17. bis Mitte des 18. Jahrhunderts diesem Typ zu. Jene Vermutung impliziert jedoch, daß die fraglichen Instrumente auf dem Arm gespielt wurden und mit überwiegend metallenen Saiten bezogen waren. Für die von Kinsky und van der Meer angebrachte These würden bei den vorliegenden Instrumenten der bundfreie Hals und die für Alt-Gamben eher niedrige Zargenhöhe sprechen. Die Metallsaiten könnten im Laufe der Jahrhunderte gegen Darmsaiten ausgewechselt worden sein. Dennoch sei an dieser Stelle mitgeteilt, daß sowohl Inv.Nr. 4 als auch Inv.Nr. 5, aufgrund ihrer Ausmaße, auf dem Arm sehr unbequem zu handhaben sind,3 was zwar keinen endgültigen Beweis für die Viole da gamba-Spielweise zwischen den Knien darstellt, die Ergebnisse van der Meers bezogen auf vorliegenden Fall aber eher zweifelhaft erscheinen läßt. Wie einige erhaltene Instrumente beweisen (darunter auch die beiden vorliegenden Exemplare), war die Herstellungsweise derartiger fünfsaitiger Gamben auch im süddeutschen Raum nicht unbekannt. Es sei hier zusätzlich auf zwei weitere Instrumente verwiesen, die in ihren Größenverhältnissen mit den besprochenen Objekten vergleichbar sind und hinsichtlich ihrer richtigen Benennung auch einige Schwierigkeiten aufgeben dürften: Zum einen ist das das vermutlich in Augsburg entstandene Instrument von Mathias Hummel (fl. 1681-1715) aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, welches im Katalog4 als Diskant-Viola da gamba

1

Vgl. Piegendörfer 1895, S. 8/9. Vgl. Hamma 1986, Bd. 1, S. 26; Layer 1978, S. 184; de Wit 1910, Bd. 1, Tafel 1; Lütgendorff 1904, S. 11. 3 Auch Schumacher, der die Instrumente in Konzerten eingesetzt hat, bemerkt in seinem Fotoalbum, daß Inv.Nr. 4 u. 5 in Beinhaltung gespielt wurden. 4 Brenner 1989, S. 14, Inv.Nr. 370. 2

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aufgenommen ist; zum anderen die auf das Jahr 1696 datierte Alt-Gambe des Münchner Instrumentenmachers Rudolph Höß (um 1650-um 1710).1 Um die hier angesprochenen Fragen bezüglich Funktion, Benennung und Spielweise der fünfsaitigen Alt-Viole da gamba zu klären, wird in Zukunft noch gründliche Forschungsarbeit zu leisten sein. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 64, S. 91. Fundortkatalog Nr. 64, S. 8. - Vannes 1956, Nr. L4, S. 39. - Piegendörfer, S. 8f. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schallöcher.

1

Otto/Adelmann 1975, S. 109, Inv.Nr. 4524.

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Inv.Nr. 5

Alt-Viola da gamba (5 Saiten) vermutlich Hermann Joseph Stoß, Augsburg, 1718 SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel1: Joseph Stoß laude, // und geig Macher zu // Augsburg ao 1718 Am Oberklotz gedruckter Reparaturzettel: J. K. ZÜST jun. ST. GALLEN // Geigenmacher und Reparateur // 26 AUG. 92 // Specialität: ächt ital. Saiten & // Alte ächt ital. Instrumente Auf der diskantseitigen Innenseite der Decke ist eine weitestgehend unleserliche Signierung mit Bleistift vorgenommen worden, bei der es sich aber, dem zu entziffernden Wortlaut nach zu urteilen [...Züst...St. Gallen...1892...], ebenfalls um einen Vermerk des oben genannten Geigenbauers Züst handeln muß. Handgeschriebener Reparaturvermerk mit Bleistift an baßseitiger Unterzarge: Repariert Hermann Seyffarth // Leipzig - Gohlis 1903 CORPUS: Gambencorpus klassischer Formgebung mit vollem Unterbügel, oben und unten annähernd rechtwinkligen Ecken und lang herausgezogenem Blatt. Ungewöhnlich kurzer Hals. Decke: zweiteilig. Fichte mit sehr feinen, nur baßseitig zum Rand hin breiter werdenden Jahresringen. Nach ausgeprägter Hohlkehle steigt die Wölbung rasch aufwärts und bildet oben einen breiten Rücken. Gemalte einlinige Randader. Flammenförmige Schallöcher mit gestieltem Seitenpunkt. Unterhalb des Griffbrettendes befindet sich eine sorgfältig geschnitzte, eingesetzte Holzrosette, die ein symmetrisch angelegtes Gittermuster darstellt, das in der Mitte einen Stern bildet und zu den Rändern hin von einem Rankenornament durchzogen ist. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit kurzer, unregelmäßiger und überwiegend abgesetzter Flammung. Unterzargenverlauf durchgehend. Boden: zweiteilig. Ahorn in Radialschnitt mit regelmäßigen, von der Mitte aus schräg abwärts verlaufenden Flammen. Flach, mit hochsitzender Abknickung. Keine Randeinlage vorhanden. Der Boden läuft in ein langes, annähernd verrundetes Blatt aus. Zur Innenkonstruktion: Eckiger, an den Kanten abgeschrägter Oberklotz, auf dem das Etikett von Züst geklebt ist (s. Signatur); Oberklotz als separates Teil mit dem Halsstock verbunden. Halbrunder Unterklotz, der mit dem Knopf verdübelt ist. Die Decke ist mit je 1 Paßstift am Ober- und Unterklotz, der Boden mit 2 Stiften auf der Höhe des Blattes fixiert; ebenso sind die Zargen baß- und diskantseitig durch Paßstifte mit dem Oberklotz verbunden. Stimmstockbrett, Baßbalken, Innenreifchen, Eckklötze und Stimmstock vorhanden. Die Bodenfuge ist mit 8 quadratisch zugeschnittenen, kleinen Fichtenbelägen gesichert. Je ein Bodenquerbalken im oberen bzw. unteren Corpusteil sowie auf Höhe der Rosette, wobei der mittlere Balken wahrscheinlich original ist, die äußeren, sich an den Enden verjüngenden Verstärkungen jedoch nachträglich eingesetzt wurden. Gesamt L: 768 (780) Decke L: 460 B: 215 / 150 / 275 Wölbungshöhe Decke (max.): um 18 Decke S: I) 2,5 II) 2,7-3,2 III) 2,7-3,2 IV) 2,0-2,7 V) 2,4-2,6 Deckenmensur: 241 Schallöcher: L 92, A oben 94, A unten 180

1

Zargen H: 55 / 77 / 75 / 76 Zargen S: 0,8-1,4 Boden L: 474; unterer Rand bis Knick: 390 Boden: geknickt um 15° Boden S: I) k.M. II) 2,2-2,6 III) 2,4-2,5 IV) 2,3-2,5 Rosette: ‡ 45; Schallochlage v. o.: 122

Abgebildet bei de Wit 1910, Bd. II, Taf. 34, Nr.395. Anstatt „Augsburg“ hier jedoch „Günzburg“ gelesen.

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MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: auffallend kurzer Hals mit Wirbelkasten und Schnecke sowie die Wirbel aus Obstbaumholz gefertigt. Den Wirbelkasten krönt ein mit üppig-lockigem Langhaar ausgestatteter Frauenkopf, dessen Augen mit einem Tuch oder einer Haarsträhne verbunden sind. Der Frauenhals ist mit einer mehrgliedrigen Kette geschmückt. Unmittelbar unterhalb des Kopfes auf der Wirbelkastenhinterwand ist ein muschelartiges Schnitzwerk sichtbar. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 152 Hals S: 23 / 29 / 36 Wirbelkasten L: 167 Wirbelkasten B innen: 11...28, außen: 23...40 Kopf B: 40

Griffbrett und Obersattel: keilförmig geschnittenes, über der Decke einfach geschwungenes Griffbrett aus Laubholz, dem unter Wiederverwendung eines alten, schwarz lackierten Mittelteils schmale Ebenholzansätze an den Längsseiten angefügt wurden. Zwischen Hals und Griffbrett 2 Keile aus Ebenholz geschoben. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 280 Griffbrett B: 30...57

Steg: Ahorn. B / S / H: 59 / 6 / 42

Untere Saitenbefestigung: Saitenhalteraufhängung mittels Darmsaitendurchzug an einem Sattelknopf. Saitenhalter geschwärzt und seitlich geschweift. Saitenhalter L: 155 Saitenhalter größte B / kleinste B: 52 / 25 Untersattel B: 50

Besaitung: 5 Saiten, davon 4 aus Darm und 1 metallumsponnen. Stimmung: uneinheitlich. Auch hier soll auf eine Stimmungsangabe verzichtet werden (vgl. Inv.Nr. 4), da in den überlieferten Quellen stark differierende Angaben vorzufinden sind. Ferner sind des öfteren mehrere Möglichkeiten der Stimmung angegeben, so daß zu vermuten ist, daß damals noch keine feste Stimmung (und wohl auch keine feste Stegposition) existiert hat und das Instrument jeweils den musikalischen Erfordernissen angepaßt worden ist. Es sei hier lediglich auf die Stimmung d/c-g-c’-e’-a’ verwiesen, die wiederum mit Bleistift auf der Oberseite des Steges festgehalten ist (vgl. Inv.Nr. 1), allerdings wohl eher einen Stimmvorschlag aus neuerer Zeit darstellt. Da diese Stimmung praktikabel erscheint, ist anzunehmen, daß sie auch in den von Schumacher erwähnten musikhistorischen Konzerten Verwendung fand und sich dort bewähren konnte.1 Bemerkenswert erscheint an diesem Instrument der kurze, stark gerundete Hals (ebenfalls zu rund, um sinnvoll Bünde ansetzen zu können; vgl. Inv.Nr. 4), der mit seiner geringen Länge eventuell die für eine Alt-Gambe recht große Corpusmensur kompensieren sollte, damit eine bestimmte Saitenlänge nicht überschritten wird und eine höhere Stimmung beibehalten werden konnte. Aufgrund dieser Merkmale (kurzer violinartiger Hals; moderate Zargenhöhe) kann auch hier eine intendierte Armhaltung und damit eine Zuordnung zu den Armviolen und speziell zu den Viole d’amore des alten Typs (vgl. Inv.Nr. 4) nicht ausgeschlossen werden. Schwingende Saitenlänge: 398

ÜBERZUG: Zargen und Boden mit rötlich-braunem Lack überzogen; die Decke ist hellbraun lackiert.

1

Vgl. S. 6ff. in dieser Arbeit.

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ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument weist an Zargen und Kopf Risse auf. Bodenfuge teilweise offen; Boden zusätzlich leicht eingesunken. Retuschen an früheren Schadstellen sichtbar. Deutliche Restaurierungsmaßnahmen am ganzen Instrument (besonders im Bereich des Halses, der Saitenhalteraufhängung und des Steges; die Lackabnutzung im Stegbereich läßt auf einen häufigen Positionswechsel des Steges schließen). Der Hals könnte original sein, alle anderen Monturteile sind jedoch mit Sicherheit im Laufe der Zeit ersetzt worden. Die 5 Wirbel aus Zwetschge (?) gleichen in Form und Material exakt dem obersten, ersetzten Wirbel der Alt-Gambe von Georg Aman (Inv.Nr. 4). Dieser Befund legt trotz der ab dem 19. Jahrhundert einsetzenden Verbreitung von maschinell gefertigten Einheitsersatzteilen nahe, daß der gleiche Restaurator (in diesem Fall aufgrund vorhandener Signierungen J.K. Züst oder H. Seyffarth) an beiden Alt-Gamben gearbeitet hat. Die Rosette paßt ihrem Aussehen nach eher ins 19. oder 20. Jahrhundert und könnte demnach ausgetauscht worden sein. Griffbrett in den unteren Lagen deutlich abgenutzt. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut Fundortkatalog (S. 3) hat Schumacher dieses Instrument im Kapuzinerkloster St. Maria in Wattwil erstanden. Das Instrument dürfte dem Füssener Instrumentenbauer Hermann Joseph Stoß (geb. um 1682 in Bernbeuren, gest. 1765 in Füssen) zuzuschreiben sein, mit dem die Füssener Linie der berühmten Geigenbauerfamilie Stoß beginnt. Schumacher gibt in seinem Handschriftlichen Katalog (S. 92) den Namen „Joseph Stoßländer“ an, was wohl auf einen Lesefehler seinerseits zurückzuführen ist, der in der Literatur aber leider weitläufig übernommen wurde. Ebenso hartnäckig scheint sich die Annahme zu halten, daß neben der vorliegenden, in Augsburg geschaffenen Viola da gamba aus dem Jahre 1718 ein weiteres Instrument des oben genannten Meisters existiert, das im gleichen Jahre in Günzburg bzw. Obergünzburg1 entstanden sein soll. Ursache dieser Fehlannahme ist die de Witsche Veröffentlichung des Augsburger Zettels, aus dem versehentlich die Ortsangabe „Günzburg“ gelesen wurde. Seitdem wird H. J. Stoß ein vorübergehender Aufenthalt in Günzburg/Obergünzburg zugeschrieben, obwohl dort sonst nichts über ihn auszumachen ist. Allerdings konnte bisher auch für Augsburg nicht belegt werden, daß Stoß dort jemals tätig war.2 Da Stoß im Jahre 1705 das Füssener Bürgerrecht erwarb, ist es zudem unwahrscheinlich, daß er sich für längere Zeit in Augsburg aufgehalten hat. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß es sich bei dem fraglichen Zettel um eine Fälschung handelt. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 65, S. 92. Fundortkatalog Nr. 65, S. 3. - Vannes 1956, Nr. 79, S. 17. - de Wit, Bd. II, Taf. 34, Nr. 395.

1

Beide Ortsangaben sind zu finden, wobei eine Analogie nicht vorausgesetzt werden kann, da Obergünzburg nicht unbedingt zu Günzburg a. d. D. gehört, sondern eine eigenständige kleine Stadt im Ostallgäu zwischen Kempten und Kaufbeuren ist. 2 Die Suche im Stadtarchiv Augsburg in den Steuerbüchern der Jahre vor 1718 (die Bücher ab 1718 sind leider verschollen), in den Beisitz-Aufnahme-Verzeichnissen, den Bürgeraufnahme-Büchern und in den Aufenthaltsconsens-Listen blieb bisher erfolglos. Ebenso war im fraglichen Zeitraum kein bischöfliches Dienstverhältnis in Augsburg nachzuweisen.

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BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Rosette, Schalloch.

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Inv.Nr. 6

Pardessus de viole (6 Saiten) Jean Christophe Cousin / Johann Christoph Vetter, Straßburg, 1741 SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel1: Jean Christophe Cousin // à Strasbourg 1741 // Johañ Christoph Vetter // in Straßburg CORPUS: Gambenförmiges Corpus mit hohen Zargen und breitem Hals. Decke: zweiteilig. Feinjährige Fichte. Mittelhohe Wölbung, im Mittelbügel leichte Hohlkehlung aufweisend. Einspänige Randeinlage. Weiträumige C-Löcher. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit leichten, regelmäßigen Flammen. Unterzarge aus 2 Teilen bestehend. Boden: zweiteilig, mit einfacher Trennungsader aus Ebenholz in der Bodenmitte. Ahorn mit schwacher und unregelmäßiger Flammung. Flach, mit Abknickung im oberen Teil. Keine Randeinlage vorhanden. Blatt mit dachartigem Abschluß. Zur Innenkonstruktion: eckiger, an den Kanten abgeschrägter Oberklotz. Halbrunder Unterklotz. Beide Klötze sind an den Unterkanten mit Leinenstreifen verstärkt. Stimmstock, Baßbalken, Eckklötze, Innenreifchen und Stimmstockbrett vorhanden. Aus den Bodenreifchen ist ein Stück herausgebrochen. Bodenfuge mit einer Holzleiste verstärkt. Deckenfuge und Kante bei der Abknickung mit Leinenverstärkungen geschützt. Stimmstockfutter aus weißlichem, harten Belag (vgl. Inv.Nr. 1 u. 2). Gesamt L: 570 (585) Decke L: 317 B: 148 / 111 / 189 Wölbungshöhe Decke (max.): um 15 Decke S: I) 1,6-1,8 II) 1,3 III) 1,5-1,7 IV) 1,2-1,5 V) 1,2-1,7 Deckenmensur: 165 Schallöcher: L 70, A oben 68, A unten 130

Zargen H: 50 / 67 / 67 / 68 Zargen S: 0,8-1,1 Boden L: 330; unterer Rand bis Knick: 270 Boden: geknickt um 15° Boden S: I) k.M. II) 1,6-1,7 III) 1,5-1,7 IV) 1,5

MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: flacher Hals mit Wirbelkasten und Schnecke aus einem Stück Obstholz. Der gekantete Halsfuß wurde dem Hals separat angesetzt, im vorderen Bereich ist er unter dem Griffbrett mit einem halbrunden Klötzchen, das mit einem Paßstift gesichert wurde, versehen. Sorgfältig gestochene Schnecke mit hohem Scheitel und gekehlten Windungen; Hohlkehlung auch an der Wirbelkastenrückseite. 6 Wirbel aus Palisander. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 130 Hals S: 15 / 17 / 20 Wirbelkasten L: 113 Wirbelkasten B innen: 11...36, außen: 20...41 Schnecke B: 35

Griffbrett und Obersattel: Griffbrett mit einem Furnier aus Birne (?) überzogen. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 227 Griffbrett B: 41...58

Steg: Ahorn. B / S / H: 55 / 7 / 48

Untere Saitenbefestigung: Über die gesamte Unterzarge in den Unterklotz ist ein geschwärzter Pflock eingesetzt, der mit dem Saitenhalter aus Ebenholz verbunden ist. 1

Abgebildet bei de Wit 1910, Bd. II, Taf. 6, Nr. 56.

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Saitenhalter L: 120 Saitenhalter größte B / kleinste B: 57 / 19

Besaitung: 6 Saiten vorgesehen, davon derzeit 4 Darmsaiten und 1 metallumsponnene Saite vorhanden. Stimmung: g-c’-e’-a’-d’-g’’ (nach Dolmetsch 1964, S. 27) Schumacher zieht in seinem Handschriftlichen Katalog (S. 95) die Stimmung d-g-c’-e’-a’-d’’ in Betracht, die für das Pardessus de viole jedoch nicht in Frage kommt. Die Stimmung Schumachers ist bei diesem Instrument ebenfalls mit Bleistift auf dem Steg festgehalten (vgl. Inv.Nr. 1). Schwingende Saitenlänge: 298

ÜBERZUG: Gut erhaltener Firnis in braungelber Farbe. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Die unterste Saite fehlt. Das Instrument ist bis auf einen kleinen Riß am diskantseitigen Schalloch und eine geringfügige Deformation des Bodens im Bereich der Stimmstockposition gut erhalten. Das Griffbrett ist besonders diskantseitig sichtbar abgegriffen. ZUBEHÖR: Laut Vannes 1956 (S. 17) ist dem Instrument ein Bogen zugehörig. Leider läßt sich heute nicht mehr ermitteln, welcher Bogen aus der Sammlung Schumachers gemeint ist, da auch die Ausstellungsanordnung im Museum in dieser Hinsicht keine Rückschlüsse zuläßt. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit diesem Instrument nennt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 8) die Stadt St. Gallen als Erwerbsort. Der in Straßburg lebende Geigenbauer Jean Christophe Cousin wurde gegen Ende des 17. Jahrhunderts geboren und starb dort 1761. Er war als guter Lauten- und Geigenmacher bekannt und nannte sich in deutscher Sprache Johann Christoph Vetter. Auf seinen handgeschriebenen Zetteln sind stets beide Namen verzeichnet.1 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 66, S. 94/95. Fundortkatalog Nr. 66, S. 8. - Vannes 1956, Nr. 80, S. 17.

1

Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 378.

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BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Schnecke, Schalloch.

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Viole d’amore Inv.Nr. 7

Viola d’amore (6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten) Deutschland, 18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Klassisches Gambencorpus mit ebenmäßig gerundeten Umrißlinien in feiner Ausführung. Zierlicher oberer und voller unterer Teil, am Mittelbügel fast rechtwinklige Ecken. Decke: zweiteilig. Fichte mit überwiegend mittelbreiten Jahresringen. Mittelhoch gewölbte Decke mit geringer, in den Mittelbügeln deutlich verstärkter Hohlkehle, von da aus steigt die Wölbung rasch aufwärts und bildet oben einen breiten Rücken. Einfache dreispänige Randeinlage. Steil gesetzte flammenförmige Schallöcher mit kleinem, gestieltem Seitenpunkt. Zargen: schwach geflammter Ahorn in Radialschnitt, die Zargenstücke des Mittelbügels aus Ahorn in Schwartenschnitt. Unterzarge einteilig. Boden: einteilig. Ahorn mit schwacher, schräg aufwärts verlaufender Flammung. Flach, im oberen Corpusteil abgeknickt. Rundes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden. Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz, an dem keine Nagelung sichtbar ist. Unterklotz halbrund; Knopf durch Unterklotz getrieben, so daß das Ende innen sichtbar ist. Decke mit 1 Paßstift am Unterklotz fixiert. Eckklötze, Baßbalken, Stimmstockbrett, Innenreifchen vorhanden. Bodenbebalkung in Form von einem Balken unterhalb der Abknickung und einem im unteren Corpusteil. Bodenknick mit einem Pergamentstreifen stabilisiert. Belag der Deckenfuge mit Klötzchen in Rautenform. Gesamt L: 765 (778) Decke L: 390 B: 192 / 127 / 242 Wölbungshöhe Decke (max.): um 16 Decke S: I) 2,5-2,7 II) 1,0-1,5 III) 1,2-1,7 IV) 1,7-2,4 V) 2,2-2,8 Deckenmensur: 200 Schallöcher: L 91, A oben 74, A unten 134

Zargen H: 43 / 57 / 57 / 59 Zargen S: um 1 Boden L: 405; unterer Rand bis Knick: 310 Boden: geknickt um 10° Boden S: I) k.M. II) 2,5 III) 2,7-2,8 IV) 2,5

MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Schnecke aus Ahorn. Sorgfältig gestochene, auffallend breite Schnecke. Offener Wirbelkasten, in dem 12 geschwärzte Wirbel stecken. Wirbelsatz nicht einheitlich. Die Resonanzsaiten erreichen über einen knöchernen, in die offene Rückwand des Wirbelkastens eingelegten Führungssattel hinterzügig ihre Wirbel im oberen Teil des Wirbelkastens. Halsmensur: 156 Hals S: 24 / 29 / 36 Wirbelkasten L: 230 Wirbelkasten B innen: 9...25, außen: 19...31 Schnecke B: 47

Griffbrett und Obersattel: beide aus Ebenholz. Zwischen Hals und Griffbrett sind 2 Keile geschoben, um das Griffbrett der Höhe des neuen Steges anzupassen. Die Resonanzsaiten laufen in der verdeckten Ausnehmung des Halses über einen eigenen Obersattel in den Wirbelkasten. Griffbrett L: 272 Griffbrett B: 32...57

VIOLE D’AMORE - INV.NR.

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Steg: Ahorn. B / S / H: 55 / 5 / 43

Untere Saitenbefestigung: Knopf aus Ebenholz mit Perlmuttauge, an dem der ebenholzfurnierte Saitenhalter mittels einer Bundsaite befestigt ist. Saitenhalter zur Baßseite hin nach unten abgeschrägt. Resonanzsaiten mit eisernen Doppelhaken im Saitenhalter eingehängt. Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter L: 145 Saitenhalter größte B / kleinste B: 48 / 25 Untersattel B: 25

Besaitung: Das Instrument ist mit 6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten ausgestattet; davon bestehen zur Zeit 3 Spielsaiten aus Darm und 3 Spielsaiten sind metallumsponnen. Resonanzsaiten aus Metall. Stimmung: Variierende Stimmung; Spielsaiten meist im Dur-Dreiklang, Resonanzsaiten skalenmäßig auf die Töne der gespielten Tonart bzw. nach der Stimmung der Spielsaiten im Einklang oder in der höheren Oktave zu diesen gestimmt. Für die Spielsaiten sei hier exemplarisch die von Schumacher vorgeschlagene Stimmung mit d-fis-a-d’-fis’-a’ (Handschriftlicher Katalog, S. 99f.), eine Stimmung nach Koch 1802 (S. 1693) mit c-e-g-c’-e’-g’ und eine weitere Stimmung nach van der Meer 1983 (S. 111) mit d-a-d’-fis’-a’-d’’ wiedergegeben. Schwingende Saitenlänge: 355

ÜBERZUG: Rötlich-brauner Lack, der besonders am Unterrand des Bodens und im Bereich der Deckenmittelfuge großflächig abgesprungen ist. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 3 von 12 Wirbeln sind durch Absplitterung stark beschädigt. Stimmstock umgefallen, befindet sich als loses Teil im Corpusinnern. Ein großer Bodenriß erstreckt sich über den ganzen diskantseitigen Unterbügel (s. Abb.). Des weiteren kleine Zargenrisse und Wurmfraßlöcher an Boden, Zargen, Hals und Wirbelkasten. Lackabnutzungen besonders bei den Berührungspunkten des Steges mit der Decke und rückwärtig am unteren Rand. Griffbrett, Steg, Saitenbefestigung und Wirbel1 in neuerer Zeit ergänzt. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Aufgrund einer Randbemerkung im Handschriftlichen Katalog Schumachers (S. 103) könnte das Instrument von dem Kaplan der Kapellkirche in Luzern erworben worden sein. Die hier aufgeführte Viola d’amore stammt aus deutscher Schule und dürfte der süddeutschen Gegend zuzuordnen sein. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 71, S. 103. Fundortkatalog Nr. 71, S. 8. - Vannes 1956, Nr. 82, S. 18.

1

Auskunft von Schumacher im Handschriftlichem Katalog, S. 103.

VIOLE D’AMORE - INV.NR.

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BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Schnecke, Bodenriß am diskantseitigen Unterbügel, Schalloch.

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Inv.Nr. 8

Viola d’amore (6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten) Sebastian Klo(t)z, Mittenwald, 1740 SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel: Sebastian Kloz in // Mittenwald :A: 1740 CORPUS: Corpus in klassischer Gambenform, überaus sorgfältig, in jeder Beziehung harmonisch und elegant gearbeitet. Decke: zweiteilig. Fichte mit sehr regelmäßig verlaufenden, in der Mitte engen, zum Rand hin breiter werdenden Jahresringen. Mittelhohe Wölbung, die in einer leichten Hohlkehle ausläuft. Einfache dreispänige Randeinlage. Flammenförmige Schallöcher mit kleinem, gestieltem Seitenpunkt. Unterhalb des Griffbrettendes ist eine geschnitzte, runde Rosette aus Bein eingelegt: symmetrisch angelegtes Ornament in Blütenform, eingefaßt von einer schwarzen, gemalten Randlinie. Zargen: Vogelaugenahorn. Unterzargenverlauf durchgehend. Boden: zweiteilig, mit brauner dreispäniger Trennungsader in der Bodenmitte. Vogelaugenahorn. Flach, im oberen Corpusteil schwach abgeknickt. Großes, rundes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden. Zur Innenkonstruktion: Separater, nicht genagelter Oberklotz. Flachrunder Unterklotz, durch den der Knopf getrieben ist, so daß das Ende innen sichtbar ist. Paßstifte befinden sich beidseitig an den Zargen auf Höhe des Oberklotzes und auf der Decke am Unterklotz. Eckklötze, Baßbalken, Stimmstockbrett, Stimmstock und Innenreifchen vorhanden. Auf Höhe der Abknickung ist deutlich eine Kerbe erkennbar, die in den Boden geschnitten wird, um dessen Oberteil manuell besser biegen zu können. Je ein Bodenbalken unterhalb der Abknickung und im unteren Corpusteil. Bodenfuge mit einem Leinenstreifen belegt. Gesamt L: 772 (784) Decke L: 388 B: 182 / 122 / 228 Wölbungshöhe Decke (max.): um 15 Decke S: I) 2,5 II) 2,2 III) 2,1-1,4 IV) 1,8-2,8 V) 2,1-2,7 Deckenmensur: 198 Schallöcher: L 85, A oben 93, A unten 145

Zargen H: 45 / 56 / 55 / 55 Zargen S:
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