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March 11, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Versorgungsmanagement Der strategische Zukunftstrend im deutschen Gesundheitsmarkt Ein Working Paper von The Boston Consulting Group

Oktober 2008

Vorwort

Die "Working Papers" der Boston Consulting Group geben Einblick in die Beratungs­praxis und interne Diskussion strategischer Themen und Positionen. Sie stellen Konzepte vor, die aus unterschiedlichen Einzelprojekten mit vergleichbarer Fragestellung entwickelt wurden, um die gewonnenen Erkenntnisse aktuell auch einem weiteren Kreis von Interessierten zur Verfügung zu stellen. Die "Working Papers" verstehen sich als Zwischenberichte und Inspirationsquelle für die individuelle, konkretisierende und weiterführende Diskussion strategischer Themen in der Praxis.

The Boston Consulting Group

1

Working Paper

Inhalt 1. Einleitung: Versorgungsoptimierung – der entscheidende Ansatz zur Reform des deutschen Gesundheitssystems

3

2. Ausgangssituation: Von einem stark regulierten Gesundheitssystem zu neuen Versorgungsmodellen

5

3. Der BCG-Ansatz: Integrierter Managementkreislauf als tragende Säule der Versorgungsoptimierung

7

4. Zwischenfazit: Nachhaltige Erfolgsstorys fehlen – Versorgungsmanagement als Aufgabe für Pioniere

14

5. Konsequenzen für die Akteure – Chancen und Herausforderungen für Kostenträger und Leistungserbringer

16

6. Fazit: Versorgungsmanagement – der strategische Zukunftstrend im deutschen Gesundheitssystem

20

Fallstudien

20

Autoren

22

The Boston Consulting Group

2

Working Paper

1. Einleitung Versorgungsoptimierung – der entscheidende Ansatz zur Reform des deutschen Gesundheitssystems

D

◊ Fehlallokation der Ressourcen und daraus folgende Unter- sowie auch Überversorgung

as Gesundheitssystem ist in Deutschland seit Jahren Gegenstand zahlreicher politischer Reformen, die zum Ziel haben,

◊ Mangelnde Messbarkeit und Erfolgstransparenz innerhalb von Versorgungsstrukturen

◊ erstens eine qualitativ hochwertige Vollversorgung der Gesamtbevölkerung zu ermöglichen,

◊ Ineffektive Steuerung von Versorgung, z. B. nicht zielkonforme Anreizgestaltung oder mangelnde Verzahnung der beteiligten Akteure

◊ zweitens gleichzeitig das Wachstum der Gesundheitsausgaben vor allem in Relation zum Wachstum des BSP zu begrenzen

Das oberste Ziel einer Optimierung ist es, gleichzeitig die Qualität der Gesundheitsversorgung und die Kosteneffi­ zienz der Patientenversorgung zu verbessern. Angesichts dieses übergeordneten Ziels lassen sich vor dem Hintergrund der derzeitigen Versorgungspraxis in Deutschland folgende Teilziele ableiten:

◊ und schließlich drittens die nachhaltige Finanzierung des Gesundheitssystems sicherzustellen. Daher konzentriert sich ein Teil der politischen Anstrengungen vor allem auf die Ausgaben und Kosten des Gesundheitssystems, also darauf, die nach wie vor existierenden Optimierungspotenziale in der Gesundheitsversorgung auszuschöpfen. Trotz einer insgesamt hohen Qualität der Patientenversorgung sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich lässt sich gerade im Vergleich mit anderen Ländern eine erhebliche Fehlallokation von Ressourcen vermuten. Insbesondere im europäischen Vergleich zeigt sich, dass andere Länder für ein vergleichbares Niveau ihrer Gesundheitsversorgung weniger ausgeben.

◊ Vermeidung von Fehl- und Nichtdiagnosen ◊ Optimierung von Leistungstypen und -mengen, d. h. −− Vermeidung von Über-, aber auch Unterversorgung entlang Diagnostik, Medikation, Heil- und Hilfsmitteln usw. −− Vermeidung und Verkürzung stationärer Aufenthalte und Verlagerung in den ambulanten Bereich

Vier grundsätzliche Defizite lassen Optimierungspoten­ziale in der Gesundheitsversorgung vermuten:

−− Vermeidung unnötiger Facharztkonsultationen

◊ Fehlende Datentransparenz und Defizite im Datenaustausch zwischen Leistungserbringern

The Boston Consulting Group

◊ Steigerung der Prozesseffizienz innerhalb der Sektoren und an den Schnittstellen, z. B. durch Vermeidung von Doppeluntersuchungen

3

Working Paper

Abb. 1: Das deutsche Gesundheitssystem hat hohe Standards, aber auch hohe Ausgaben

Qualitätsindex1 (in %)

100

Optimizing

Overspending

NL F

SE

75 FIN I

HU

EU-Durchschnitt

E 50

CH € 50 Mrd. Gesamte Gesundheitsausgaben 2004

DK P

GB

Underfunded 7

D

B

8

Need to restructure 9

10

11

12

Gesundheitsausgaben (in % des BSP 2004) 1. Euro Health Consumer Index 2006 Quelle: Euro Health Consumer Index 2006; OECD Health Data 2006

Versorgungsoptimierung und -management sind der entscheidende Schlüssel für die Optimierung der Gesundheitsversorgung. Die Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität ebenso wie die effizientere Gestaltung der Versorgungsprozesse stellen alle Akteure vor erhebliche Herausforderungen, hier bieten sich aber auch attraktive strategische Optionen. Dabei wird die Optimierung einhergehen mit der Entwicklung von neuen Versorgungsansätzen, Marktstrukturen und Geschäftsmodellen, welche die Gesundheitslandschaft in Deutschland substanziell und nachhaltig verändern werden. Alle Akteure im deutschen Gesundheitswesen – Kostenträger, Leistungserbringer und

The Boston Consulting Group

Pharma- bzw. Medizintechnikunternehmen – werden sich zukünftig auf sich verändernde Rahmenbedingungen einstellen müssen. Ziel dieses Working Paper der Boston Consulting Group ist es, grundlegende Ansätze und Modelle für Versorgungsoptimierung zu analysieren, darzustellen und davon ausgehend strategische Implikationen für die wichtigsten Akteure des deutschen Gesundheitssystems – Leistungserbringer, gesetzliche und private Krankenversicherungen sowie Zulieferer (Pharma- und Medizintechnikindustrie u. a.) – zu formulieren.

4

Working Paper

2. Ausgangssituation Von einem stark regulierten Gesundheitssystem zu neuen Versorgungsmodellen

H

◊ Einführung von Kosten-Nutzen-Bewertungen

istorisch gesehen ist die Gesundheitsversorgung in Deutschland ein stark regulierter Bereich: Die verschiedenen Leistungssektoren sind voneinander getrennt und haben unterschiedliche Finanzierungs­ mechanismen. In der ambulanten Versorgung regeln fixe Kollektivbudgets die Vergütung der Ärzte, und auch im stationären Bereich gelten fix verhandelte Budgets in Kombination mit DRGs. Erst seit wenigen Jahren ist überhaupt Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen (GKVen) möglich, der sich zusehends verschärft.

Durch die Einführung wettbewerblicher Elemente und deren Förderung ergeben sich neue wettbewerbliche ­Differenzierungsmöglichkeiten für Kostenträger und Leistungserbringer. Insbesondere die gesetzlichen Krankenversicherungen haben nun die Möglichkeit, für die Leistungserbringer gezielte Anreize zu setzen, um mehr Effizienz bei gleichzeitiger Sicherung eines hohen Qua­ litätsniveaus in der Patientenversorgung durchzusetzen. Wichtigster Hebel ist dabei die Öffnung des bisherigen Kollektivsystems durch Einführung selektiv-vertraglicher Möglichkeiten, wie z. B. die integrierte Versorgung nach § 140a–d, Haus- und Facharztmodelle nach § 73b, c oder auch Arzneimittelrabattverträge nach § 130a SGB V.

In den letzten Jahren haben sich vor allem mit dem GKVGMG (2004), dem AVWG (2006) und dem GKV-WSG (2007) die jeweiligen Bundesregierungen bemüht, Rahmen­ bedingungen zu schaffen, die den Optimierungsprozess der Versorgung bezüglich Qualität, Effektivität und Kosten­ effizienz fördern. Die Maßnahmenpakete wurden und werden in der deutschen Gesundheitslandschaft durchaus kontrovers diskutiert. Zudem sind Konsistenz und leider teilweise auch Zielkongruenz der einzelnen Maßnahmen und Regelungen nicht immer gegeben. Dennoch: Vier Grundelemente können als entscheidende Rahmen­be­dingungen für die Entstehung von Ansätzen, Strukturen und Märkten zur Versorgungsoptimierung gelten:

Grundsätzlich ist durch die Reformschritte im Rahmen des GKV-GMG, des AVWG oder auch des GKV-WSG inzwischen ein breites Instrumentarium für eine Optimierung der Gesundheitsversorgung verfügbar. Diese neuen gesetzlichen Möglichkeiten (die Tabelle auf der Folgeseite zeigt nur einen Ausschnitt mit den wichtigsten gesetzlichen Regelungen) haben vor allem im Bereich der integrierten Versorgung zu einer Vielzahl von sehr kleinen, subregionalen und insgesamt sehr heterogenen Projekten geführt.

◊ Stärkung wettbewerblicher Elemente, insbesondere zunehmender Möglichkeiten selektiver Vertragsabschlüsse mit Leistungsanbietern und -nachfragern

Verschiedene "innovative Versorgungskonzepte" wurden und werden derzeit in Deutschland im Sinne eines "Trialand-Error-Prozesses" erprobt. Wie im folgenden Kapitel noch genauer diskutiert, haben sich dabei allerdings noch keine nachhaltig erfolgreichen, skalierbaren Versorgungs-

◊ Förderung sektorübergreifender Integration ◊ Schaffung zielführender Anreizstrukturen und Vergütungsrahmen

The Boston Consulting Group

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Working Paper

Gesetzgeber schafft neue Möglichkeiten für die Optimierung der Gesundheitsversorgung § 73b SGB V Hausarztzentrierte Versorgung

Krankenkassen können Hausärzte für ihre Verträge nach § 73b auswählen, Einbindung der KV nicht notwendig; kein Recht auf Vertragsabschluss

§ 73c SGB V Besondere ambulante ärztliche Versorgung

Möglichkeit für Selektivverträge zwischen GKVen und Ärzten aller Fachrichtungen

§ 95 SGB V Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung

Möglichkeit für Ärzte aller Fachrichtungen, sich örtlich und organisatorisch zusammenzuschließen

§ 140a–d SGB V Integrierte Versorgung

Spezielle Förderung von sektorübergreifenden bzw. fachlich-interdisziplinären Versorgungskonzepten • Bereitstellung Anschubfinanzierung nach § 140d SGB V (in Höhe von 1 % der Gesamtvergütung)

§ 116b SGB V Ambulante Behandlung in Krankenhäusern

Möglichkeit für Krankenkassen, mit zugelassenen Krankenhäusern Verträge über die ambulante ärztliche Behandlung zu schließen

§ 118 SGB V Psychiatrische Institutsambulanzen

Möglichkeit für psychiatrische Krankenhäuser zur ambulanten psychiatrischen Versorgung der Versicherten

§ 137f SGB V Strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten

Möglichkeit zur Entwicklung von strukturierten Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke

modelle herausgebildet. Langfristig werden sich nur diejenigen Versorgungsansätze durchsetzen, die

◊ regional oder fachbereichsspezifisch übertragbar und skalierbar sind und

◊ einen Qualitätssprung in der Patientenversorgung bei einem gleichzeitig nachhaltigen Kosteneffekt nachweisen können,

◊ unabhängig von personellen oder strukturellen Sonderkonstellationen durchführbar sind.

Abb. 2: Derzeit heterogene und stark fragmentierte Landschaft von "neuen" Versorgungsmodellen in Deutschland

Integrierte Versorgung1

Hausarztverträge

MVZ

Anzahl Verträge

5.583

70

1.023

Anzahl MVZ2

Anzahl Patienten

3,9 Mio.

5,9 Mio.

4.445

Anzahl Ärzte

705

84.000

Ca. 4

Ärzte pro MVZ

Norddeutsches Herznetz MuM

Bundesweit Prosper

AOK Polikum Charité

KKH – Die Kaufmännische Barmer ArztPartner almeda Röhn-Klinikum Helios Klinikum

UGOM Qualinet Gesundes Kinzigtal

IDA Praxisnetz mammaNetz DAK Healthways

Patienten pro Vertrag

GMZ

Welche Ansätze setzen sich langfristig durch? 1. Stand: 31.07.2008 2. Von den 1.023 MVZ laufen 363 MVZ unter Krankenhausbeteiligung Quelle: Gemeinsame Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V; http://www.krankenkassenratgeber.de; BCG-Analyse

The Boston Consulting Group

6

Working Paper

3. Der BCG-Ansatz Integrierter Managementkreislauf als tragende Säule der Versorgungsoptimierung

E

ine Ursache für den bisher fehlenden durchschlagenden Erfolg innovativer Versorgungskonzepte ist aus Sicht der Boston Consulting Group, dass sich viele Projekte nur auf einzelne inhaltliche oder prozessuale Aspekte der Versorgung konzentrieren. Eine nachhaltige Optimierung der Gesundheitsversorgung erfordert jedoch einen integrierten Managementansatz. Dieser beginnt mit der Erstellung eines stringenten Versorgungsmanagementkonzepts, stellt operative Exzellenz bei Datenmanagement, Control-

ling/Evaluation sowie Steuerung sicher und muss die effektive Anwendung von (neuen und innovativen) Ansätzen zur Unterstützung der Leistungserbringung und Patientenbehandlung berücksichtigen. Die eigentliche Leistungserbringung ist damit eingebettet in einen Managementkreislauf, der kontinuierlich eine hohe Qualität, Effektivität und Kosteneffizienz der Versorgung sicherstellt. Abbildung 3 veranschaulicht diesen integrierten Managementkreislauf:

Abb. 3: Integrierter Managementansatz der Versorgungsoptimierung Potenziale Fehldiagnosen/ Nichterkennung

Versorgungsoptimierung

Ziele

Versorgungskonzeptentwicklung

Überversorgung mit Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln Hospitalisierung Unnötige Facharztkonsultationen

Steuerung

Leistungserbringung

Datenerhebung und -management

Steigerung von Qualität Effektivität Kosteneffizienz der Versorgung

Ineffiziente Prozesse Controlling und Evaluation

Ineffiziente Schnittstellen/ Doppeluntersuchungen Quelle: BCG-Analyse

The Boston Consulting Group

7

Working Paper

◊ Ansätze zur fachrichtungsübergreifenden oder sektorübergreifenden Integration von Leistungserbringern (z. B. medizinische Versorgungszentren, Bildung von Arztnetzen und vertikale Integration von ambulanter und stationärer Versorgung) sowie

Dieser Managementansatz der Versorgungsoptimierung ist universell anwendbar – unabhängig von Programm­ umfang und regionaler Ebene des Versorgungskonzerns. Er eignet sich für verschiedene Ebenen, also für ◊ die überregionale Gesamtversorgungsebene, z. B. für Programme einer überregionalen Krankenkasse,

◊ Versorgungsmodelle für schwerwiegende Indikationen, also Weiterentwicklungen der heutigen DMPs und der sogenannten integrierten Versorgung nach § 140a–d SGB V

◊ die regionale Versorgungsebene, z. B. regionale Hausarztmodelle, ◊ indikations- oder fachrichtungsspezifische Programme sowie

sind aus unserer Sicht vielversprechende Ansätze, die in Zukunft noch stärker als bisher ausgebaut werden sollten. Für diese muss der beschriebene integrierte Management­ ansatz neben der medizinischen Leistungsfähigkeit des Versorgungsansatzes die zweite tragende Säule sein.

◊ kleine, subregionale Pilotprojekte. Derzeit gibt es in der deutschen Versorgungslandschaft bereits verschiedene Typen von übergreifenden Modellen, mit denen versucht wird, Gesundheitsversorgung entlang einer dieser vier Ebenen zu optimieren. Vor allem

Für den beschriebenen integrierten Managementansatz haben wir entlang der einzelnen Stufen Konzeptentwicklung, Datenerhebung und -management, Controlling und Evaluation sowie Steuerung – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – Optimierungshebel (sogenannte "Enabler") ermittelt, die zusammen die Grundlage für eine nachhaltige Versorgungsoptimierung bilden. Abbildung 5 zeigt im

◊ Hausarztmodelle,

Abb. 4: Ein integrierter Managementkreislauf optimiert bestehende Versorgungsformen Leistungsangebot Prävention

Versorgungsmanagement

Präventionsprogramme/AG-Programme (§ 20a SGB V)

Maximalversorgung

Hausarztmodelle (Gatekeeping) (§ 73b SGB V)

Horizontale Integration1 (§§ 116a, b und 118 SGB V)

Versorgungskonzeptentwicklung

Steuerung

Leistungserbringung

Facharztmodelle (§ 73c SGB V) Qualitätsverträge (§ 136 SGB V)

Strukturierte Behandlungsprogramme (z. B. DMPs) nach gesetzlichen Vorgaben (§ 137f SGB V) für vorgegebene chronische Krankheiten Disease-ManagementProgramme (DMPs) außerhalb § 137f. SGB V, z. B. für nicht definierte Krankheiten oder schwerste Erkrankungen bei einer geringen Zahl Betroffener Modellvorhaben für strukturierte Behandlungsprogramme (§§ 63ff. SGB V)

Datenerhebung und -management

Controlling und Evaluation

1. Z. B. Institutsambulanzen Quelle: BCG-Analyse

Medizinische Versorgungszentren (MVZ) (§ 95 SGB V)

Integrierte Versorgung2 (§ 140a–d SGB V) für grundsätzlich alle Indikationen, solange die Versorgung verschiedene Leistungssektoren umfasst oder interdisziplinär-fachübergreifend erfolgt

2. Integrierte Versorgung in verschiedenen Umsetzungsformen denkbar

The Boston Consulting Group

8

Working Paper

Abb. 5: "Enabler" der Versorgungsoptimierung ... ... werden in Deutschland noch nicht voll genutzt Konzeptentwicklung Datenerhebung und -management Controlling und Evaluation

Behandlungspfade und -module Managementkonzepte Elektronische Gesundheitskarte/Patientenakte Optimierung Datenflüsse, IT-Infrastruktur, Software und Schnittstellen "Outcomes"-Assessment Qualitätsmanagement

Kostencontrolling

Risikostratifizierung (z. B. Predictive Modeling)

Leistungserbringer Profilierung/Credentialing Selektives Kontrahieren mit Leistungserbringern

Steuerung

Leistungserbringervergütung (Anreizsysteme und Rabattverträge) Patientensteuerung und -Incentives Leistungssteuerung Patientenedukation und -einbindung ("Self-Empowerment")

Ansätze zur Unterstützung der Behandlung

Telemedizin/Telemonitoring/eHomecare und "Self-Care" Nichtärztliche (mobile) Leistungserbringung (Nurse-Service) "Patienten-Compliance"-Programme (Call-Center, SMS-Reminder) Personalisierte Medizin/"Theranostics"

Quelle: BCG

Gute Ansätze vorhanden

Überblick die Vielfalt der Instrumente für jede Stufe des integrierten Managementansatzes. Wie aus der Abbildung ersichtlich wird, werden in Deutschland viele dieser "En­ abler" für die Optimierung der Gesundheitsversorgung noch nicht voll genutzt.

Keine bzw. erste Ansätze

◊ Systematische Erhöhung der Effektivität von Facharztkonsultationen und Spezialleistungen durch vorgelagerte Steuerungselemente (z. B. Etablierung von Gatekeeping-Ansätzen in der Hausarztversorgung) ◊ Erhöhung der Versorgungsabdeckung in versorgungsstrukturschwachen, ländlichen Regionen durch mobile Pflegedienste (z. B. AGnES-Projekt in MecklenburgVorpommern)

Konzeptentwicklung Für die Konzeptentwicklung sind vor allem analytischstrukturierende Fähigkeiten sowie eine sehr gute Kenntnis der strukturellen, prozessualen und inhaltlichen Basis von Versorgungsabläufen innerhalb der relevanten Region und gegebenenfalls der Fachrichtung gefragt. Auf dieser Basis sind standardisierte Behandlungspfade und -module zu entwickeln, die eine substanzielle Verbesserung der Versorgungsqualität und eine Verminderung von Ineffizienzen ermöglichen. Hier seien einige wenige, aber illustrative Beispiele für Elemente solcher Konzepte aufgeführt:

◊ Instrumente zur Verringerung der Inanspruchnahme von Ärzten durch innovative Informationssysteme (­telefon- oder internetbasiert) oder patientennahe Angebote (Angehörigenedukation, Selbsthilfegruppen, Patenprogramme) Ein gutes und zielführendes Versorgungskonzept allein reicht aber als Grundlage für Versorgungsoptimierung nicht aus. Es muss ergänzt werden durch ein Managementkonzept, in dem die drei weiteren Kernelemente des skizzierten Managementkreislaufs – Datenmanagement, Controlling/ Evaluation und Steuerung – so gestaltet werden, dass das

◊ Systematische Verlagerung von stationären Behand­ lungen in den ambulanten Bereich (z. B. Etablierung eines ambulanten Bezugstherapeuten- und Bezugs­ pflegesystems in der Schizophrenieversorgung)

The Boston Consulting Group

Erste Ansätze von mäßigem Reifegrad

9

Working Paper

Behandlungskonzept auch in der Praxis umgesetzt werden kann. Aus einer Vielzahl von Gesprächen wissen wir, dass viele gute Versorgungsideen und -konzepte in der Realität an fehlender Transparenz, struktureller Komplexität, mangelnder Managementkompetenz, politischem Widerstand von Kernakteuren und vor allem an nicht zielkon­formen Steuerungsmechanismen scheitern bzw. ihr volles Potenzial nicht entfalten können. Insofern steht und fällt der Erfolg eines Versorgungsansatzes mit dem Potenzial des (medizinischen) Behandlungspfads sowie der Qualität und Stringenz des (nichtmedizinischen) Managementkonzepts. Daher erfordert gerade die Konzeptentwicklung ein hohes Maß an interdisziplinärer Verzahnung von analy­tischen, medizinischen, politischen, strategischen und prozessualen Kompetenzen.

gibt es eine Reihe datenschutzrechtlicher Bestimmungen, welche die Rahmenbedingungen des Datenmanagements festlegen und zum Teil sehr stark limitieren. Das berechtigte Datenschutzinteresse des Patienten steht hier an der einen oder anderen Stelle dem Interesse an Transparenz im Versorgungssystem entgegen. In vielen Projekten wird auf Basis einfacher und gleichsam handgestrickter Datenund IT-Lösungen gearbeitet. Datenaustausch und Vernetzung zwischen den Kernakteuren findet häufig nicht statt. Das Versorgungsmanagement gleicht so regelmäßig einem Blindflug. Dies stellt gerade für die nachgelagerten Stufen des integrierten Managementansatzes – das Controlling und vor allem die Steuerung – ein großes Problem dar. Die relativ eingeschränkte Verfügbarkeit belastbarer Erfolgsdaten im Bereich integrierter Versorgung ist aus unserer Sicht ein klares Indiz für große Potenziale in diesem Bereich des Versorgungsmanagements.

Datenerhebung und -management Ein häufig unterschätzter Bestandteil von Versorgungs­ management und -optimierung ist die Erhebung, Analyse und vor allem der Austausch relevanter Daten zwischen den Akteuren einer Versorgungsstruktur. In Deutschland

Langfristig sehen wir im Bereich Datenerhebung und -management drei "Enabler", die mittel- bzw. langfristig das

Abb. 6: Umfangreiche Datenflüsse erfordern umfassende IT-Infrastruktur und wohldefinierte Schnittstellen Sender Empfänger

Hausärzte

Hausärzte

• Qualitätsdaten

Fachärzte

• Überweisungen • Patientendaten • Qualitätsdaten

Krankenhäuser/Reha Stat./amb. Pflege

Fachärzte • Einschätzungen/ Befunde • Behandlungsempfehlungen • Patientenakten

Krankenhäuser/Reha • Entlassungsberichte • Arztbriefe • Patientenakten

Stationäre/ ambulante Pflege • Einschätzungen/ Zweitmeinungen • Patientenakten

Patienten

• Persönliche Daten • Medizinische Daten (z. B. Symptome, auch telemedizinisch)

• Verordnungen • Überweisungen • Einschätzungen/Befunde • Behandlungsempfehlungen • Patientenakten

• Rezepte

Apotheke

• Verschreibungsdaten, Rezepte

Patienten

• Verschreibungen • Broschüren zur Patienten-Edukation • Rechnungen (Privatpatienten)

• Informationen • Rechnungen4 • Verschreibungen

GKV/PKV

• Diagnose- und Abrechnungsdaten • AU-Bescheinigungen • Befunddokumentation bei DMPs

• Diagnose- und Abrechnungsdaten

Managementgesellschaft

Apotheke

• Z. B. Kontakte • Rechnungen4

1. Z. B. über Beitragssatzänderungen, Patientenschulungen, Krankengeld, Mutterschutz Selbstbehalt Anmerkung: Derzeit sind noch nicht alle dargestellten Datenflüsse digitalisiert Quelle: BCG-Analyse

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• Informationen zu Rabattverträgen • Registrierung von Patienten

• Pflegevers.2 2. Ggf. zur Abrechnung der Pflege

Managementgesellschaft

Je nach Ausgestaltung: • Verträge • Behandlungsmodule • Arzneimittellisten • Qualitätsberichte

• Software Update für Arzneimittelrabattverträge • Schulungsmat. • Einschreibungen • Versorgungsvert. • Abrechnungen • Controllingdaten

• Einzelabrechnungen • Feedback für Evaluation und QM (Beteiligung)

10

• Informationen zum Arzneimittelverbrauch (f ür Wirtschaftlichkeitsprüfung)

• Abrechnungen von Erstattungen • Generelle Info.1

• Input für Entwicklung von Behandlungspfaden • Registrierung von Patienten (ggf. inkl. Patientenakten)

Andere

GKV/PKV

• Versorg.-Vertr. • Patientendaten • Abrechnungsdat. • Unfallvers. • Pflegevers.3

3. Ausgleich zwischen verschiedenen Kostenträgern

• Öffentlichkt. (PR) • Gesellschafter (Jahresbericht)

4. Für Privatpatienten und bei

Working Paper

Potenzial haben, das Versorgungsmanagement substanziell zu verbessern:

großen Spielern der IT-Branche in den USA pilotiert (z. B. Google Health, Microsoft Health Vault).

◊ Die elektronische Gesundheitskarte – ein Konzept, das in verschiedenen Ausbaustufen derzeit in Deutschland mit unterschiedlicher Resonanz pilotiert wird (z. B. elek­ tronische Gesundheitskarte der BARMER Krankenversicherung). Kernfunktionalitäten sind dabei die Speicherung administrativer Daten und das elektronische Rezept. Weitere Ausbaustufen könnten zukünftig die Speicherung von Arztbriefen und Notfalldaten umfassen bis schließlich hin zu den Funktionalitäten einer elektronischen Patientenakte.

◊ Die Optimierung von Datenflüssen und die Vernetzung zwischen den Akteuren des Versorgungssystems durch ITPlattformen und -Lösungen. Abbildung 6 gibt einen ersten Eindruck von den Herausforderungen für die Regelung von Datenflüssen und Schnittstellenmanagement zwischen den Akteuren in einem Versorgungssystem.

Controlling und Evaluation Das dritte Kernelement zur Versorgungsptimierung ist Controlling und Evaluation. In der deutschen Versorgungslandschaft sehen wir auch in diesem Bereich erhebliches Optimierungspotenzial. Eine konsequente Anwendung des verfügbaren Instrumentariums ist aus unserer Sicht eine Grundvoraussetzung für die weitere Entwicklung und Optimierung von Versorgungskonzepten. Die zentralen "En­ abler" für Controlling und Evaluation sind:

◊ Die elektronische Patientenakte, die sämtliche den Krankheits- und Behandlungsverlauf eines Patienten betreffenden Daten zusammenführt und verwaltet (z. B. Befunddaten und Diagnosen, Behandlungsverlauf und -ergebnis, zugehörige Korrespondenz). Die elektronische Patientenakte in Patientenhand wird gerade von den

Abb. 7: Versorgungsanalysen sind Ausgangspunkt für gezielte Interventionen Analyse identifizierter Bereiche auf Versichertenebene Ergebnis

Risikostratifizierung (exemplarisches Risikoprofil)

Analyse identifizierter Bereiche auf Versichertenebene

Kosten des Versicherten YZ pro Jahr (in €) 6.000 Historisch

A

B

C

D

E

F

Kosten

G

H

I

J

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Zukünftig

10

Kündigerwahrscheinlichkeit

Level 1

Versorgungsmanagement für Hochrisikopatienten

4.000

Level 2 DiseaseManagement

2.000

Versicherte eines Clusters 0 0–9

40 – 49

> 90

Alter Arzneimittel Krankenhaus

Identifizierung von Versichertengruppen mit chronischen Erkrankungen

Level 3 Unterstütztes Selbstmanagement

Ärzte Zahnärzte

Risikomodellierung des einzelnen Patienten

Auswahl der adäquaten Intervention mit der richtigen Intensität

Quelle: BCG-Analyse

The Boston Consulting Group

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Working Paper

◊ Qualitätsmanagement, das streng genommen als ein über das eigentliche Controlling hinausgehender kontinuierlicher Prozess der Verbesserung der Versorgungsqualität zu verstehen ist, dessen zentrale Grundvoraussetzung die Überwachung von Strukturen, Prozessen und Ergebnissen ist.

erbringer bis hin zum Kostenträger – gegenüberstehen. Dies ist generell sehr schwierig und dürfte nicht immer möglich sein.

◊ Risikostratifizierung, d. h. die Aggregation und personenbezogene Auswertung von Versichertendaten über Krankheits- und Behandlungsverlauf sowie darauf basierend die Vorhersage von Erkrankungsrisiko und Versorgungsbedarf und damit der wahrscheinlichen Kosten von Versicherten. Eine Methode der Risikostratifizierung, die bei vielen US-amerikanischen HMOs und DMPAnbietern (z. B. Healthways) zur Anwendung kommt, ist das "Predictive Modeling". Abbildung 7 illustriert das generelle Prinzip dieser Methode, für die sich inzwischen in den USA ein kleiner, aber wachsender Markt mit proprietären und kommerziellen Softwarelösungen etabliert hat.

◊ Selektives Kontrahieren: Die Bedeutung dieses Elements für die Optimierung der Gesundheitsversorgung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Insofern stellen die selektivvertraglichen Möglichkeiten, die durch das GKV-GMG, das AVWG und GKV-WSG ermöglicht wurden, eine wichtige Voraussetzung für nachhaltige Versorgungsoptimierung dar. Die große Herausforderung für die Krankenkassen wird es zukünftig sein, geeignete Vertragspartner zu finden und mit ihnen Verträge zu schließen. Das theoretische Spektrum der Optionen reicht hier von Verträgen mit "klassischen" Partnern wie den Kassenärztlichen Vereinigungen über andere Zusammenschlüsse von Leistungserbringern wie Verbänden oder Ärztenetzen bis hin natürlich zu der aufwändigen Einzelkontrahierung.

Ein Überblick über die wichtigsten Elemente und Ansätze der Steuerung ist Abbildung 8 zu entnehmen:

◊ Outcomes-Assessment, d. h. die Kontrolle des medizinischen Ergebnisses eines Versorgungskonzepts anhand spezifischer Indikatoren für die Behandlungsqualität

◊ Leistungserbringervergütung: Dieses Element entfaltet als finanzieller Anreiz für alle wesentlichen Leistungserbringer eine ganz zentrale Steuerungswirkung. Nur durch ein zielkonformes und stringentes Anreizsystem ist sichergestellt, dass ein Versorgungskonzept bzw. ein Behandlungspfad tatsächlich in die Praxis überführt werden kann. Die große Herausforderung ist es, das Anreizsystem so auszugestalten, dass die Leistungs­ erbringer zur Erbringung einer hohen Versorgungs­ qualität ebenso angeregt werden wie zu einer kosteneffizienten Leistungserbringung. Außerdem muss das Anreizsystem den Leistungserbringer für die Einschränkung von Freiheitsgraden bei der Therapiegestaltung entschädigen. (So wird der Wert der "Therapiefreiheit des Arztes" von Ärztevertretern in Debatten und Verhandlungen gern als Argument gegen alle Management­ ansätze, die diese Therapiefreiheit zumindest hinterfragen und diskutieren, ins Feld geführt.) In der Praxis müssen sich die Krankenversicherer hier auf einem sehr schmalen Grat bewegen, das heißt, sie müssen einerseits sicherstellen, dass die Anreize spürbar sind und den kontrahierten Leistungserbringer tatsächlich steuern, andererseits aber darauf achten, dass die zusätzlichen

◊ Kostencontrolling, d. h. die Kontrolle der ökonomischen Ergebnisse eines Versorgungssystems ◊ Credentialing und Benchmarking von Leistungserbringern, worunter die entscheidungsorientierte Evaluierung von Leistungserbringern auf Basis der oben beschriebenen Elemente zu verstehen ist. Sie sollte Grundlage für Maßnahmen des Qualitätsmanagements, aber auch für den Ein- oder Ausschluss von Leistungserbringern in Selektivverträgen sein.

Steuerung Das Herzstück jedes Managementansatzes zur Optimierung von Gesundheitsversorgung ist die effektive und effiziente Steuerung aller Akteure im Gesundheitssystem entlang dem gesamten Versorgungsprozess. Die große Herausforderung für das Versorgungsmanagement ist dabei, Steuerungsanforderungen einerseits, aber auch die damit verbundene Einschränkung von Spielräumen und Wahlfreiheiten andererseits in Einklang zu bringen. Dies wird nur gelingen, wenn den Einschränkungen entsprechende Anreize für alle – vom Patienten über den Leistungs-

The Boston Consulting Group

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Working Paper

Anreize durch resultierende Einsparungen überkompensiert werden.

Beitragswahltarife solche Anreize in ihre Produkte zu integrieren. Die entscheidende Frage ist, inwiefern dieses Instrument mit der Einführung des Gesundheitsfonds 2009 weiter ausgebaut werden kann.

◊ Patientensteuerung und -Incentives: Dieses Element soll Anreize für Patienten zu einem kostenbewussten und gesundheitsbewussten Verhalten setzen. Dies kann die Einschränkung von Freiheiten bei der Wahl von Leistungserbringern bedeuten. Viele Kassen haben in Deutschland begonnen, über Leistungswahltarife und

◊ Leistungssteuerung: Dieses Element umfasst verschie­dene Teilelemente, die eine optimale Allokation von Versorgungsleistungen und eine Vermeidung von Über­ versorgung sicherstellen sollen.

Abb. 8: Steuerung ist das "Herzstück" des Versorgungsmanagements

Konzeptentwicklung

Selektives Kontrahieren mit Leistungserbringern Selektivverträge mit Ärzten

Datenerhebung und -management

Selektivverträge mit Krankenhäusern

Leistungserbringervergütung Ärztevergütung

Controlling und Evaluation Steuerung Ansätze zur Unterstützung der Behandlung

Selektivverträge mit Reha- und Pflegeanbietern

Krankenhausvergütung

Rabattverträge

Patientensteuerung und -Incentives Beitragswahltarife

Leistungswahltarife

Spezifische Incentives

Leistungssteuerung Behandlungspfade

Gatekeeping/ Case-Mgmt.

DemandManagement

UtilizationReview

Positivlisten

Quelle: BCG-Analyse

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Working Paper

4. Zwischenfazit Nachhaltige Erfolgsstorys fehlen – Versorgungsmanagement als Aufgabe für Pioniere

D

ie meisten Ansätze zur Versorgungsoptimierung sind bislang den Nachweis schuldig geblieben, die Qualität und die Kosteneffizienz der Versorgung nachhaltig gesteigert zu haben. Die Ursachen dafür liegen stets in einer mangelhaften Umsetzung eines der vier vorgestellten wesentlichen Elemente des Versorgungsmanagements.

Abbildung 9 zeigt eine Bewertung bestehender innovativer Versorgungskonzepte aus Sicht der Boston Consulting Group auf Basis von Analysen und einer Vielzahl von Experteninterviews und illustriert dies schematisch. Die Übersicht verdeutlicht, dass bei genauer, nüchterner und realistischer Betrachtung nur in sehr eingeschränktem Maße nachweisbare Erfolge erzielt werden konnten.

Abb. 9: Versorgungsoptimierung ist mehr als gute Leistungserbringung Hohe Potenziale in Deutschland entlang der "Versorgungsoptimierungskette" Präventionsprogramme

Hausarztmodelle

Integration LE1

Facharztmodelle

Integrierte Versorgung

RSA-DMPs

Freie DMPs

Konzeptentwicklung Datenerhebung und -management Controlling und Evaluation Steuerung Ansätze zur Unterstützung der Behandlung Qualität/ Kosteneffizienz

1. LE = Leistungserbringer

The Boston Consulting Group

0

~

~

~

+

~

0

Gute Ansätze vorhanden

14

~

0

0

0

0

Erste Ansätze von mäßigem Reifegrad

0

+

Keine bzw. erste Ansätze

Working Paper

Aus Gründen der Fairness sei aber auch betont, dass Versorgungsoptimierung und -management in einem strukturell und politisch so komplexen Bereich wie dem deutschen Gesundheitswesen eine große Herausforderung darstellen. Die wichtigsten Gründe wurden bereits genannt: nach wie vor starke sektorale Trennung, unterschiedliche Finanzierungsmechanismen, historisch begründetes Misstrauen zwischen Kostenträgern, Patienten und Leistungserbringern und nicht zuletzt eben auch das Fehlen eines stringenten Managements.

gungssystem von Kaiser Permanente Qualität und Kosteneffizienz der Versorgung substanziell und nachweisbar gesteigert werden. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich dieses Erfolgsmodell nicht auf andere USBundesstaaten übertragen ließ und seine Übertragbarkeit auf deutsche Verhältnisse nur sehr eingeschränkt möglich ist. Dennoch kann dieses ­Modell sicherlich als eines von wenigen nachhaltigen Erfolgs­modellen angesehen werden. Trotz dieser skeptischen Bestandsaufnahme glauben wir, dass sich Versorgungsoptimierung in den nächsten Jahren als strategisches Kernfeld im deutschen Gesundheitsmarkt herausbilden wird und sich neue Geschäftsmodelle und Marktstrukturen etablieren werden. Dabei erwarten wir eine Entwicklung weg von kleinen, subregionalen Pilotprojekten hin zu größeren, weit weniger fragmentierten, regionalen und/oder fachrichtungsbezogenen Versorgungsmodellen, in denen

Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass das Thema Versorgungsoptimierung in der deutschen Öffentlichkeit prinzipiell sehr kritisch diskutiert wird. Zwar hat sich im öffentlichen Diskurs die Ansicht durchgesetzt, dass auch im Gesundheitswesen eine gewisse Kostenkontrolle notwendig ist; in welchem Rahmen dies aber zu geschehen hat, wird äußerst kontrovers diskutiert. Vor allem die Idee, Managementprinzipien im Gesundheitssystem anzuwenden, aber auch die mit Versorgungsoptimierung verbundene potenzielle Einschränkung von Wahlrechten und Leistungen für Patienten werden in der Öffentlichkeit sehr kritisch gesehen. Das liegt aus unserer Sicht wesentlich daran, dass Versorgungsoptimierung vor allem als Instrument zur Kostensenkung gesehen wird und dabei die Erhöhung der Versorgungsqualität als gleichwertiges Ziel zu wenig im öffentlichen Bewusstsein verankert wird. Insofern lastet auf allen Akteuren im Gesundheitssystem die besondere Verantwortung, stets beide Seiten der Medaille "Versorgungsoptimierung" zu verdeutlichen.

◊ ein höherer Professionalisierungsgrad erreicht werden kann, ◊ substanzielle Skaleneffekte – vor allem in Bezug auf die oben geschilderten Managementelemente – realisiert werden können und ◊ eine größere Risikostreuung in der abgedeckten Patien­ tenpopulation erzielt wird. All dies wird dazu führen, dass die oben geschilderten Optimierungspotenziale in der Gesundheitsversorgung tatsächlich – zumindest in Teilen – zukünftig realisiert werden können.

Auch der Blick ins Ausland zeigt bei genauerer Betrachtung nur wenige wirkliche "Best Practice"-Beispiele, die nachweisbar und nachhaltig Versorgungsqualität und -effizienz verbessern und somit als Vorbild dienen können. Ein vielzitiertes und in der Tat sehr erfolgreiches Beispiel ist Kaiser Permanente, eine "Not-for-Profit-HMO" mit Sitz in Kalifornien. Wie die beigefügte Fallstudie am Ende dieses Working Paper zeigt, konnten im kalifornischen Versor-

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Damit eröffnet sich ein weites und von den wichtigsten Akteuren im Gesundheitssystem bislang unbearbeitetes Betätigungsfeld mit großen Gestaltungsmöglichkeiten für die Pioniere der Versorgungsoptimierung.

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5. Konsequenzen für die Akteure Chancen und Herausforderungen für Kostenträger und Leistungserbringer

Kostenträger als "Hauptnachfrager" von Versorgungsoptimierung und -management

gramme im Wettbewerb um die Versicherten positiv differenzieren. Aus diesem Grund wird jede Krankenversicherung für sich zunächst ein mittelfristiges Konzept entwickeln müssen, in dem sie die strategischen Ziele, Schwerpunkte und zeitlichen Prioritäten für Versorgungsoptimierung definiert. Ausgangspunkte eines solchen Konzepts sollten konkrete Qualitäts- und Kostenziele entlang bestimmten Patientenpopulationen (regionale oder indikationsspezifische Betrachtung) oder strukturelle Ziele sein. Jede Krankenver-

Eine zentrale Rolle bei dieser Entwicklung hin zu neuen Marktstrukturen für Versorgungsoptimierung werden die Kostenträger spielen. Sie stehen mit Einführung des Gesundheitsfonds ab dem 1. Januar 2009 noch stärker im Wettbewerb als bisher und müssen durch effiziente Versorgungsstrukturen ihre Kostenposition verbessern und sich dabei gleichzeitig durch qualitativ hochwertige Pro-

Abb. 10: Vier "klassische" Geschäftsmodelle Versorgungsübernahme

Produktgeschäft

1

2 Versorgungsübernahme

Konzeptentwicklung Datenerhebung und -management Steuerung

Programmanbieter

3

4 Serviceanbieter

Produkt- und Lösungsanbieter

Versorgungskonzeptentwicklung und Beratung

Regionale, indikationsspezifische Versorgung, z. B. "MCO-Modell"

Cross-sektoral integrierter Leistungserbringer, z. B. "MVZ-Modell"

Aufbau und Vertrieb von Versorgungselementen, z. B. Präventionsprogramme, Chronikerprogramme (DMPs)

Controlling und Evaluation Unterstützung der Behandlung

IT-Consulting und Softwarelösungen "Managementleistungen", z. B. Netzmanagement, Administration etc.

Electronic-PatientFile-Platform Evaluationskonzepte Predictive-ModelingSolutions

DMP-Services und -Execution, z. B HomecareServices, Patientenedukationsprogramme, Call-Center/Reminder-Services

Telemonitoring-Solutions Integrierte Projekte (Diagnostics + Drug)

Quelle: BCG-Analyse

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sicherung steht dabei vor der fallweisen Entscheidung, wie sie ihre Strategien zur Versorgungsoptimierung konkret umsetzen will und kann. Erstens könnte die Krankenversicherung die Versorgungsstrukturen und -prozesse selbst aktiv gestalten und auch die konkrete Umsetzung befördern. Zweitens könnte sich die Versicherung aber auch für einen Kooperations- oder Servicepartner entscheiden, der ihr Konzeptentwicklung, Organisation und Umsetzung abnimmt. Oder der Krankenversicherer könnte drittens schließlich darauf setzen, Versorgungsmanagement auf Basis von Globalbudgets oder Capitation-Modellen an Dritte auszulagern und ledig­lich über die Finanzierungsströme zu steuern.

Die Fähigkeit einer Krankenversicherung, in diesem Management der Versorgung eine zentrale und steuernde Rolle einzunehmen, wird mittel- bis langfristig der entscheidende Erfolgsfaktor für ihr Geschäftsmodell sein. Die anderen Akteure im deutschen Gesundheitsmarkt stehen somit vor der Herausforderung bzw. Gelegenheit, sich in diesem dynamischen, noch relativ unstrukturierten Umfeld gegenüber den Kostenträgern zu positionieren. The Boston Consulting Group sieht dabei vier "ideal­ typische" Geschäftsmodelle für potenzielle Versorgungs­ managementanbieter (Abbildung 10). Die Modelle Serviceanbieter sowie Produkt- und Lösungs­ anbieter stellen klassische ("Zulieferer"-)Geschäftsmo­delle im Gesundheitsmarkt dar, die sich entlang dem Trend zur Versorgungsoptimierung im Bezug auf die spezifische Angebotspalette und die Marktstrukturen weiterent­wickeln werden. Neue Geschäftsmodelle stellen hingegen Programm­anbieter und mehr noch die Versorgungsübernahme dar – mit noch wenig etablierten, sehr fragmentierten und heterogenen Markt- und Wettbewerbsstrukturen.

Es ist damit die klassische "Make or Buy"-Entscheidung, welche jede Krankenversicherung für sich treffen muss. Die nächste Herausforderung ist es, den passenden Partner zu finden, mit dem sich die Strategien zur Versorgungs­ optimierung am besten umsetzen lassen. Wir gehen davon aus, dass sich die Krankenversicherer – abhängig von den konkreten Herausforderungen der spezifischen Versorgungssituation – vielfältiger Instrumente und Partnerkonstellationen bedienen werden.

Abb. 11: Das Versorgungsübernahmemodell Budgetübernahme (z. B. Capitation)

"MCO"

"Versorgungsübernahme"

Selektivverträge, Vergütung

Leistungserbringer Allgemeinärzte

Versorgungskonzeptentwicklung

Kasse

Ggf. Einschreibung Steuerung

Leistungserbringung

Spezialisten

Datenerhebung und -management

Krankenhaus Controlling und Evaluation

Pflege Behandlung

Patient Versicherungsvertrag/-beitrag

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Besonders interessant ist aus unserer Sicht das Modell Versorgungsübernahme, in dem der Anbieter das sektor­ übergreifende Management der Versorgung einer Patientenpopulation in einer Region entweder komplett oder fachgruppen-/indikationsspezifisch von der Konzept­ entwicklung über Datenmanagement, Controlling und Evaluation bis zur Steuerung komplett für den Kunden, in der Regel einen Kostenträger, übernimmt. Im einfachsten Fall ist eine solche Versorgungsübernahme als "Manage­ mentgesellschaft" organisiert, die beispielsweise im Auftrag einer Krankenversicherung ("Fee for Service") agiert und heute vor allem beim Management kleinerer, "integrierter" Versorgungsprojekte anzutreffen ist. In komplexeren Konstruktionen, die der eigentlichen Intention des Modells eher gerecht werden, ist sogar die Übertragung von Globalbudgets oder patientenbezogenen Einzelbudgets ("Capitation") vom Kostenträger auf die Managementgesellschaft denkbar (siehe schematisch dazu Abbildung 11). In diesem Modell erhält der Kostenträger Budget-, Planungs- und Qualitätssicherheit, während der Managementpartner partiell an den erzielten Effizienzerhöhungen wie bspw. Einsparungen partizipiert. Für die Akzeptanz solcher Modelle ist es unerlässlich, den ökonomischen Erfolg des Managementpartners gleichermaßen an Qualitäts- und

Effizienzziele zu koppeln. Andernfalls würde dieses Modell sehr schnell als "Billigversorgung" diskreditiert – wie etwa bei einer Reihe von "For-Profit-HMOs" in den USA geschehen. Für die konkrete Ausgestaltung des Modells der Versorgungsübernahme gibt es eine Vielzahl von konkreten Ausgestaltungsoptionen. Die wichtigsten Entscheidungsparameter sind in Abbildung 12 zusammengefasst.

Herausforderungen und Chancen für Leistungserbringer und Zulieferer Die Leistungserbringer im ambulanten wie im niedergelassenen Bereich müssen sich zukünftig auf weitere Konsolidierung und Marktbereinigung einstellen. Für sie wird sich also die Wettbewerbsintensität weiter erhöhen. Diese Neustrukturierung der Versorgungslandschaft bietet für aktive, innovative und kooperationsbereite Leistungs­ erbringer aber auch zahlreiche Chancen, gerade in ökonomischer Hinsicht. Sie kennen ihre Patienten wie auch optimale Behandlungspfade und -prozesse am besten, sie können das Potenzial medizinisch-technischer Neuerungen am besten und zudem frühzeitig einschätzen.

Abb. 12: Grundmodell entlang 10 zentralen Fragen variierbar Welche Indikationen? Leistungen und Ausdehnung

Budget und Risiko

Steuerungsrahmen

Indikationsspezifisch

Fachbereichsspezifisch

Vollabdeckung

Welche Regionen?

Regional begrenzt

Gesamtregion

Welche Patienten?

Selektiv/Einschreibung

Gesamtpool Patienten

Kostenübernahme?

Indikationskosten

Indikationsunabhängige Patientengesamtkosten

Budgetierungsmodell?

Globalbudget

Kopfpauschale

Komplexleistungspauschale

Risikoübernahme?

Volle Budgetverantwortung

Cap-Modelle, Risikoausschlüsse

Vergütungsmodelle Leistungserbringer?

Capitation

Fee for Service

Selektivverträge

Gesamtpool Leistungserbringer

Welche Leistungserbringer? Leistungserbringereinbindung? Patientenwahlfreiheit Leistungserbringer?

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Exklusivverträge

Anstellung Closed Panel

Nichtexklusive Verträge Open Panel

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Damit können sie sich als Partner in integrierten Versorgungsstrukturen, z. B. in dem oben beschriebenen Modell der "Versorgungsübernahme" sehr gut positionieren. Voraussetzung dafür ist aber die Ergänzung des medizinischen Know-hows durch Managementkompetenzen. Die POLIKUM Gruppe in Berlin ist ein Modellbeispiel für einen Leistungsanbieter, der über die Verknüpfung von medizinischem Know-how und Managementansätzen versucht, das "klassische" Leistungserbringergeschäftsmodell hin zu einem Versorgungsübernahmemodell hin zu erweitern. (Vergleiche auch Fallstudie am Ende dieses Working Papers.)

für sie bietet sich die Möglichkeit, ihre zum Teil hervorragenden indikationsspezifischen Kompetenzen sowie ihren Zugang zu Ärzten und Entscheidungsträgern zu nutzen, um sich als aktiver und attraktiver Partner in der Versorgungsoptimierung jenseits ihres bisherigen Kerngeschäfts zu positionieren und damit ◊ den Marktzugang für ihre Produkte abzusichern und sich im Wettbewerb zu differenzieren sowie ◊ neue strategische Geschäftsfelder zu erschließen und sich vom Arzneimittelzulieferer zum Anbieter von Therapielösungen fortzuentwickeln.

Für Zulieferer wie beispielsweise die Pharmaindustrie erhöht sich durch systematisches Versorgungsmanagement der Preisdruck insbesondere bei Produkten mit wenig Differenzierungspotenzial weiter. Durch Selektivverträge und Programme zur Optimierung der Arzneimittelkosten – Stichwort Positivlisten – wird der Marktzugang zum Teil eingeschränkt. Dennoch: Zulieferer, gleich ob Pharma­ unternehmen oder Hersteller von Medizintechnik, müssen sich für die neuen Versorgungsstrukturen öffnen. Denn

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Eine typische Rolle für die Pharmaindustrie ist z. B. die eines Programmanbieters, der etwa ein Produkt in Verbindung mit einem Compliance-fördernden Service anbietet. Erste Ansätze dafür sind bereits bei einer Reihe von Firmen in Diskussion oder befinden sich in der konkreten Umsetzung. Wir gehen davon aus, dass die Anbieter mittelfristig eine Reihe von neuen Aktivitäten und Geschäftsmodellen im Markt etablieren werden.

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6. Fazit Versorgungsmanagement – der strategische Zukunftstrend im deutschen Gesundheitssystem

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ir sind der Überzeugung, dass sich die Optimierung der Gesundheitsversorgung angesichts der sich ändernden politischen Rahmenbedingungen und eines neuen Marktumfelds der Krankenversicherer in den nächsten Jahren als strategisches Kernfeld im deutschen Gesundheitsmarkt herausbilden wird. Entsprechend werden sich neue Geschäftsmodelle und Marktstrukturen etablieren. In diesem Zusammenhang sehen wir einen deutlichen Trend von kleinen, subregionalen Pilotprojekten hin zu größeren, weit weniger fragmentierten, regionalen und indikations- oder fachrichtungs-

bezogenen Strukturen. Dies wird mit einer Professionalisierung des Versorgungsmanagements (Konzeptentwicklung, Datenmanagement, Controlling/Evaluation und Steuerung) einhergehen. Alle Akteure des Gesundheitsmarktes stehen somit vor der Herausforderung, sich in diesen sich entwickelnden Märkten und Strukturen, die für sie sowohl Chancen als auch Risiken beinhalten, zu positionieren. Drei ausgewählte Fallbeispiele zeigen abschließend den Erfolg innovativer, "neuer" Geschäftsmodelle, die auf einen stark integrierten Managementansatz setzen:

Fallstudien

POLIKUM – Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) für ambulante Versorgung in Berlin POLIKUM nutzt neue Handlungsspielräume und entlastet vor allem Ärzte von bürokratischen Aufgaben und dem Risiko der Selbständigkeit:

Ausgangssituation: POLIKUM arbeitet als medizinisches Versorgungszentrum im Sinne eines ambulanten Vollversorgers. Die Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten, Apotheke sowie weiteren Heilberufen erfolgt unter einem Dach. Ziel ist das Angebot einer integrierten Vollversorgung bei Übernahme der Budgetverantwortung für die Patienten. Zudem plant POLIKUM die Eröffnung weiterer MVZ im Bundesgebiet.

• Optimale IT-Unterstützung aller medizinischen Prozesse und Zentralisierung der Verwaltung • Eigene Managementgesellschaft

Erste Indizien weisen auf einen massiven Rückgang der stationären Einweisungen sowie auf eine Senkung der Arzneimittelverordnung hin.

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Prosper – Modell der integrierten Versorgung der Knappschaft Das Versorgungsmodell Prosper der Knappschaft zeigt somit einen bereits stark integrierten Management­ ansatz:

Ausgangssituation: Die Knappschaft profitiert in ihrem integrierten Versorgungsmodell Prosper von einer historisch einzigartigen Ausnahmesituation, welche die Einheit von Versicherungsund Versorgungsfunktion erlaubt, was sonst in Deutschland nicht möglich ist. Dadurch entsteht ein wirkliches Vollversorgungsnetz, das Kostenträger (Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung) sowie Leistungserbringer (nieder­ gelassene Ärzte, Kliniken, Rehazentren) integriert und für alle Teilnehmer dieses Versorgungsnetzes durch ein ­gemeinschaftliches Budget eine wirtschaftliche Einheit bildet.

• Sehr innovativer, vernetzender Einsatz von EDV • Konsequenter Einsatz der elektronischen Patienten­ akte • Systematische Evaluation und effektives Controlling vorhanden (einfache Umsetzbarkeit durch übergreifend verfügbare Daten) • Sehr gute Steuerungseffekte durch Einheit von Versorgungs- und Versicherungsfunktion

Nachweisbare Qualitätsverbesserung und Kosteneinsparung

Kaiser Permanente – eine Not-for-Profit-HMO aus Kalifornien, USA Die vollständige Integration des Managements bringt zahlreiche Vorteile:

Ausgangssituation: Kaiser Permanente ist eine voll integrierte Gesundheitsorganisation mit Einheit von Versicherungs- und Versorgungsfunktion, in den USA Health Maintenance Organization (HMO) genannt. Kaiser Permanente besitzt den Status eines gemeinnützigen Unternehmens. Vollständige Inte­ gration bedeutet, dass der Krankenversicherer eigene Kliniken betreibt und niedergelassene Ärzte als Angestellte des Versicherers arbeiten. Dadurch werden Interessenkonflikte minimiert, die Datentransparenz sowie Steuerbarkeit von Leistungserbringern und Versicherten ist sehr hoch.

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• Hoher Integrationsgrad der IT-Architektur • Einsatz von Predictive Modeling zur Risikostratifizierung der Patienten (Krankheitsverläufe für einzelne Patienten werden prognostiziert und gezielte Interventionen eingeleitet) • Starker Fokus auf Prävention und Einbindung der Pa­ tienten • Nachweisbare Dämpfung des Kostenanstiegs bei gleichzeitiger Sicherung des hohen Versorgungsstandards

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Autoren Dr. Axel Heinemann, Senior Partner und Managing Director im Düsseldorfer Büro der Boston ­Consulting Group, Leiter der deutschen Praxisgruppe Health Care

Dr. Jens Christian Baas, Partner und Managing Director im Stuttgarter Büro der Boston Consulting Group, Mitglied der Praxisgruppe Health Care; Experte für gesetzliche Krankenversicherung, Gesundheitsversorgung und IT

Dr. Markus Peterseim, Partner und Managing Director im Frankfurter Büro der Boston Consulting Group, Mitglied der Praxisgruppe Health Care; Experte für pharmazeutische Industrie und gesetzliche Krankenversicherung

Dr. Torsten Kurth, Principal im Berliner Büro der Boston Consulting Group, Mitglied der Praxisgruppe Health Care; Experte für pharmazeutische Industrie, Medizintechnik und Versorgungsmanagement

Dr. Stephanie Ernst, Projektleiterin im Kölner Büro der Boston Consulting Group, Mitglied der Praxisgruppe Health Care; Expertin für Versorgungsmanagement, insbesondere integrierte Versorgung und Versicherungen

Wir danken herzlich für die tatkräftige Unterstützung: Dr. Valeska Foltin, Projektleiterin im Berliner Büro der Boston Consulting Group Dr. Branko Trebar, Consultant im Berliner Büro der Boston Consulting Group Matthias Wehnert, Consultant im Hamburger Büro der Boston Consulting Group Dr. Jens Wohltorf, Consultant im Berliner Büro der Boston Consulting Group Stefan Worthmann, Consultant im Hamburger Büro der Boston Consulting Group

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