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March 5, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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D 8512 51. Jahrgang

nr. 15

montag, 20. April 2015

Na Politik

Strategie für Afrika

Der Inspekteur des Heeres in Pretoria: Das deutsche Heer will seine Kooperation mit Südafrika intensivieren. Seite 4 einsAtz

Orion fliegt wieder

Die Aufklärungsflugzeuge sind wieder im Atalanta-Einsatz. Die Besatzung überwacht ein riesiges Seegebiet. Seite 5

Schlagkraft für das Baltikum

BunDeswehr

Manöver 2015

Welche Manöver sind 2015 geplant? aktuell bietet den Überblick und berichtet über ein Training mit der CH-53. Seite 6/7

Litauen bekommt zwölf Panzerhaubitzen aus dem Bestand der Bundeswehr. Das hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen während ihrer Reise ins Baltikum zugesagt. Seite 3

Vermischtes

Umstrittener Geist

Der Schriftsteller Günter Grass ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Er erhielt 1999 den Nobelpreis für Literatur. Seite 11

Die Bundeswehr im Internet

www.bundeswehr.de www.wirdienendeutschland.de

Foto: Wilke/RedBw

www.bmvg.de

www.youtube.com/bundeswehr

www.facebook.com/bundeswehr

www.twitter.com/bundeswehrInfo

www.flickr.com/photos/ augustinfotos

www.instagram.com/bundeswehr

G 36: Weisung zur Einsetzung einer Untersuchungskommission Berlin. Das Verteidigungsministerium hat vergangene Woche zwei Weisungen erlassen. Demnach wird zum einen eine „Kommission zur Untersuchung des Einsatzes des G 36-Sturmgewehres in Gefechtssituationen“ zum 1. Juni eingesetzt. Die Kommission hat den Auftrag, die Meldungen und Berichte der vergangenen Jahre zum Einsatz des G 36 erneut zu betrachten und auszuwerten. Dabei geht es insbesondere um Auffälligkeiten und Vorkommnisse während des Afghanistan-Einsatzes, die nach heutigem

Kenntnisstand gegebenenfalls anders zu bewerten sind. Den Vorsitz der Kommission übernimmt Winfried Nachtwei. Die zweite Weisung regelt die Durchführung der „Organisationsstudie G 36“. Als unabhängiger Sachverständiger wird Klaus-Peter Müller die Prozessabläufe bei der Beschaffung, Prüfung und Nutzung des G 36 analysieren. Er soll durch weitere externe Fachleute unterstützt werden. Müller leitete bis September 2013 die Regierungskommission „Deutscher Corporate Governance Kodex“. (stö)

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aktuell

Intern

20. April 2015

Foto: Rolf Dunkel

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Halbes Schiff mit Kurs auf Hamburg: Ein Schlepper zieht das Vorschiff der neuen Fregatte „Sachsen-Anhalt“ durch den Nord-Ostsee-Kanal. In Hamburg soll es mit w ­ eiteren Bauteilen zusammengesetzt werden. Insgesamt sind drei Werften am Bau der später einmal 150 Meter langen „F224“ beteiligt.

IMpreSSuM

ZItAt

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Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Bundesministerium der Verteidigung Presse- und Informationsstab Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin

„Wir möchten mit Ihnen ins Gespräch kommen.“

Vom Chef einer Fernmeldekompanie zum Redakteur im Ressort Einsatz. Seit mehr als vier Jahren bin ich nun für die Informationsarbeit der Bundeswehr tätig. Damals ein riesiger Schritt und eine Umstellung für mich. Der Anfang war schwer – ich habe es aber nie bereut. Das Wichtigste für mich ist, durch meine Arbeit als Redakteur weiterhin engen Kontakt zur Truppe zu haben. Unser Team möchte über Sie berichten, Ihre Geschichte erzählen – die Soldaten der Bundeswehr im Einsatz. Wir generieren Themen aus den Einsatzgebieten oder recherchieren selbst vor Ort – crossmedial für alle Medien der Redaktion wie aktuell und Y sowie die Online- und SocialMedia-Auftritte und unsere Videos. Die Themen sind fast unerschöpflich, es sind die kleinen und großen Geschichten, die schönen über den Erfolg, aber auch die ernsten, die mit unserem Beruf unweigerlich verbunden sind. Lassen Sie uns darüber gemeinsam berichten. Hinter jeder dieser Geschichten stecken Menschen. Uns ist wichtig, dass über sie gesprochen wird. In dieser Ausgabe wirft aktuell ­ unter anderem einen Blick auf die

Redaktionsanschrift: Redaktion der Bundeswehr Bundeswehr aktuell Reinhardtstraße 52, 10117 Berlin Telefon: (0 30) 886 228 - App. Fax: (0 30) 886 228 - 20 65, BwFw 88 41 E-Mail: [email protected]

Bundeskanzlerin Angela Merkel über den neuen Bürgerdialog der Bundesregierung „Gut leben in Deutschland“. Das Ziel: Büger sollen gegenüber der Politik direkt äußern können, was sie beschäftigt.

Leitender Redakteur (App. 24 20): Oberstleutnant Torsten Sandfuchs-Hartwig (tsh) Vertreter und Politik (App. 24 21) N.N. Redaktionelle Mitarbeit Streitkräfte/Einsatz (App. 24 22): Fregattenkapitän Peter Vossieg (pev), Major Peter Mielewczyk (pm), Jörg Fleischer, Hauptmann Patricia Franke (pfr), Major Anika Wenzel (akw) Sport/Vermischtes/Militärgeschichte (App: 28 52): Björn Lenz, Regierungsamtmann Stefan Rentzsch (sr), Gabriele Vietze (vie), Christiane Tiemann (tie), Oberleutnant Jennifer Fiebig-Schulze (jfs), Ulrike Jenssen (uje) Mediendesign: Eva Pfaender (epf, App: 24 23) aktuell als E-Paper und im pdf-Format: Auf www.bundeswehr.de abrufbar Satz: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, DL I 4 Zentraldruckerei Köln/Bonn Intranet: http://zentraldruckerei.iud Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstr. 4-6, 64546 Mörfelden-Walldorf Erscheinungsweise: Wöchentlich montags Auflage: 45 000 Exemplare Verteilung innerhalb der Bundeswehr: Fachinformationsstelle (FISt)/Bibl. ZInfoA Prötzeler Chaussee 20, 15344 Strausberg Telefon: (030) 886 228-2670 E-Mail: RedaktionBwMediendisposition@ bundeswehr.org ISSN: 1618-9086 Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos und Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt, außerdem behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor.

KAlenderBlAtt

Vor 10 Jahren: Am 27. April 2005 startet unter dem Jubel der Zuschauer im französischen Toulouse das Großflugzeug A 380 zu seinem Erstflug. Der Airbus ist das größte Verkehrsflugzeug aller Zeiten und kann bis zu 800 Passagiere befördern. Vor 25 Jahren: Am 24. April 1990 wird das „Hubble-WeltraumTeleskop“ auf die Erdumlaufbahn gebracht. Das erste Teleskop im Weltall soll bis zu 50-mal bessere Bilder liefern als Teleskope auf der Erde – sie werden durch die Atmosphäre behindert. Vor 55 Jahren: Am 20. April 1960 zeigt die Arbeitsmarktstatistik, dass die deutsche Wirtschaft mit Arbeitskräften unterversorgt ist. Die Bundesregierung kündigt an, sich verstärkt um die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland zu bemühen. Bereits 1955 wurde eine Anwerbevereinbarung zwischen Deutschland und Italien vereinbart. Vor 90 Jahren: Am 26.April 1925 erscheint der Roman „Der Prozess“ von Franz Kafka. Das unvollendete Werk entstand 1914/1915 und blieb durch die Initiative von Kafkas Freund Max Brod erhalten. Der Autor hatte die Arbeit an seinem Werk abgebrochen. Begründung: „Ich bin an einer endgültigen Grenze.“ Vor 95 Jahren: Am 23.April 1920 werden bei den Olympischen Sommerspielen im belgischen Antwerpen erstmals Medaillen im Eishockey vergeben. Das erste olympische Eishockeyturnier gewinnt Kanada vertreten durch die Amateure der Winnipeg Falcons. (eb)

zahlreichen nationalen und multinationalen Übungsvorhaben in diesem Jahr (Seite 6/7). Für den Ernstfall zu trainieren, gehört für Soldaten zum Alltag. Durch die aktuelle geopolitische Lage ist das öffentliche Interesse an allem, was wir tun, in den vergangenen Monaten enorm gewachsen. Eine Gelegenheit für die Bundeswehr, ihre Leistungsfähigkeit und ihr Können unter Beweis zu stellen – auch gegenüber den internationalen Bündnispartnern. Außerdem im Blatt: Eine spannende Geschichte aus dem Kosovo über eine ungewöhnliche Aufgabe im Feldlager (Seite 5). Sie handelt vom täglichen Kampf gegen eine sehr kleine, aber dennoch gefährliche Bedrohung. Peter Mielewczyk Redakteur Einsatz

20. April 2015

Ministerium / Hintergrund

aktuell

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Angst im Osten Ministerin von der Leyen reist ins Baltikum – und versichert Solidarität. panie des Jägerbataillons 292 mit den litauischen Streitkräften Vilnius. Die Sorge vor dem übertrainieren. Höhepunkt des Aufmächtigen russischen Nachenthalts in Litauen ist die zweibarn sitzt tief. Jetzt rüsten die wöchige Übung „Iron Wolf“ im baltischen Staaten auf – und Juni. Dann werden die 250 InfanDeutschland unterstützt sie dabei. teristen aus Donaueschingen von Während ihrer mehrtägigen weiteren 150 Fallschirmjägern Reise ins Baltikum hat Verteides Fallschirmjägerregiments 31 digungsministerin Ursula von der verstärkt. Der „Eiserne Wolf“ ist Leyen die Solidarität der BundesTeil des NATO-Manövers „Sabre republik und der NATO mit den Strike 2015“, mit dem die Allianz baltischen Staaten bekräftigt. die Verteidigung Ost-Europas „Ihre Sorgen sind übt. auch unsere SorDie Ministegen“, sagte sie bei rin informierte „Ihre Sorgen sind auch unsere Sorgen.“ ihrem Besuch in sich außerdem Ursula von der Leyen während ihres Besuchs im Baltikum. Estlands Hauptüber die Arbeit stadt Tallin. An des NATO der Solidarität des nordatlan- russisch-sprachige Minderhei- Cooperative Cyber Defence tischen Bündnisses gebe es kei- ten – die Regierungen fürchten, Center of Excellence. Die etwa nerlei Zweifel. Die Ministerin: Moskau könnte versuchen, ihre 50 militärischen und zivilen „Der Artikel fünf gilt für uns als Staaten mit Mitteln der hybriden Experten des Thinktanks beschäfunverbrüchlich.“ Kriegführung zu destabilisieren. tigen sich mit technischen, strateDer litauischen Regierung Deutschland und die NATO gischen und völkerrechtlichen sagte von der Leyen ganz kon- zeigen jetzt Flagge in Osteuropa. Fragen der Cyber-Kriegführung krete Unterstützung zu. Deutsch- Unter anderem mit der Übung und beraten die NATO und ihre land werde dem Land zwölf „Persistent Presence“. Drei Mitgliedstaaten. Panzerhaubitzen 2000 aus den Monate lang wird eine KomHintergrund: 2007 war Estland Opfer eines Cyberangriffs geworden, der das öffentliche Leben So rüstet das Baltikum auf tagelang lahmlegte. Bis heute ist nicht geklärt, wer hinter dieser In Litauen wurde das Militärbudget für das laufende Jahr auf Attacke steckte. Cyber Defence, 1,1 Prozent des BIP erhöht und beträgt nunmehr 425 Millionen also die Abwehr von CyberanEuro. Mitte März stimmte das Parlament in Vilnius in erster griffen, und Cyberkriegführung Lesung für die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Im vergangewürden immer wichtiger, betonte nen Jahr kaufte Litauen von Polen tragbare Luftabwehrraketen, die Ministerin. Die NATOMitglieder haben sich darauf aus den USA sollen Panzerabwehrraketen und aus Deutschland die Panzerhaubitze 2000 folgen. Auch Lettland erhöhte seinen Verteiverständigt, dass im Fall eines digungshaushalt und will 2018 zwei Prozent erreichen. In Estland Cyberangriffs der NATO-Rat übersteigt das Militärbudget mit derzeit 412 Millionen Euro die darüber befindet, ob ein Angriff Zweiprozentmarke. Die Armee zählt 3000 Berufssoldaten und 3000 nach Artikel 5 des NATOWehrpflichtige, außerdem gibt es 15 000 Paramilitärs. Im verganVertrages vorliegt – und damit genen Jahr erwarb Tallinn von den Niederlanden 44 Panzer vom der Bündnisfall. ­ Typ CV90. (eb) Mehr auf www.bmvg.de.

Litauen: Von der Leyen mit Verteidigungsminister Juozas Olekas.

Estland: Gespräch mit Präsident Toomas Hendrik Ilves (2.v.l).

Foto (3): dpa/pa

Beständen der Bundeswehr liefern. Litauen soll außer den Geschützen auch Feuerleitsysteme und Mittel zur Artilleriebeobachtung erhalten. Die Haubitzen werden an den baltischen Staat verkauft. „Es werden solidarische Konditionen sein“, versicherte von der Leyen. Seit Russland die Krim annektiert hat, fühlen sich die baltischen Staaten bedroht. In Estland, Lettland und Litauen leben

Von Jan Marberg

Lettland: Pressekonferenz mit Minister Raimonds Vejonis.

Experten beraten über Grundsätze Was soll im neuen Weißbuch stehen? Mitarbeiterforum für Angehörige der Bundeswehr im Intranet. Berlin. 2016 soll das neue Weißbuch vorliegen – jetzt hat die „Partizipationsphase“ der Arbeitsgruppen begonnen. Zahlreiche unabhängige Experten diskutieren darüber, welche Inhalte das neue Grundsatzdokument zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik vereinen soll. Vergangene Woche hat die Arbeitsgruppe „Perspektiven der Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ getagt und sich über die internationalen Rahmenbedingungen der deutschen Sicherheitspolitik ausgetauscht. aktuell benennt die wichtigsten Punkte: • Laut Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, dient ein Weißbuch der Selbstvergewisserung und der

Information der Öffentlichkeit über die sicherheitspolitischen Grundlagen der Bundesrepublik. Das Weißbuch müsse deutlich machen, welche

baut und dieser Anspruch im Weißbuch deutlich formuliert werden. Gemeinsam könnten die EU-Mitgliedstaaten deutlich mehr Einfluss ausüben und

Instrumente und Ressourcen eingesetzt werden, um die formulierten Ziele zu erreichen. • Nach Einschätzung von Fritz Felgentreu, Mitglied des Bundestags und des Verteidigungsausschusses, muss die sicherheitspolitische Zusammenarbeit in Europa ausge-

an Gestaltungskraft gewinnen. Anstelle der Zukunftsvision einer Europäischen Armee nachzugehen, spricht sich Felgentreu für eine „Politik der kleinen Schritte“ aus. Erreichbare Ziele seien gemeinsame Strukturen wie ein Europäisches Hauptquartier oder

eine Europäische Führungsakademie. • Roderich Kiesewetter, Abgeordneter im Bundestag und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, betont, viele gleichzeitig stattfindende Krisen und das russische Vorgehen in der Ukraine hätten deutlich gemacht, dass die „Zivilmacht“ Deutschland weiterhin eine glaubwürdige Verteidigung und eine Debatte über seine sicherheitspolitische Strategien und Instrumente benötige. Ministerin Ursula von der Leyen empfing die Experten zu einem Kolloquium. Neben einer Kategorisierung von Gefahren müsse auch eine Priorisierung erfolgen, sagte die Ministerin. (stö)

Mitarbeiterforum Vor dem Weißbuch steht der Diskurs – so hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen es angekündigt. Ab sofort können Angehörige der Bundeswehr im Mitarbeiterforum „WEISSBUCH 2016“ Anregungen für das neue Grundsatzdokument geben. Alle Einträge werden von der Arbeitsgruppe Weißbuch geprüft und können so die Entwicklung des neuen Weißbuchs beeinflussen. Das Forum finden Sie im Intranet der Bundeswehr.

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aktuell

Politik / Hintergrund

20. April 2015

Die Afrika-Strategie

G7-Gipfel ohne Russland

Das Heer intensiviert seine Beziehungen zur South African Army – um zu lernen. Simbabwe

Strategische Partnerschaft Raketen aus Moskau für den Iran Moskau. Russlands Präsident Wladimir Putin hat ein Verbot von Lieferungen des Luftabwehrraketensystems S-300 an den Iran aufgehoben. Putins Vorgänger Dmitri Medwedew hatte die Auslieferung der Boden-LuftRaketen an den Iran 2010 untersagt, nachdem die UNO wegen des umstrittenen iranischen Atomprogramms Sanktionen verhängt hatte. Moskau und Teheran hatten erst 2007 ein Lieferabkommen über 800 Millionen Dollar geschlossen. Nach dem Verbot verklagte der Iran Russland vor einem Genfer Schiedsgericht auf vier Milliarden Dollar Abfindung. Moskau und Teheran pflegen traditionell gute Beziehungen. (bw/jep)

Jemen: Benomar tritt zurück

Gemeinsam mit dem südafrikanischen Oberbefehlshaber der Landstreitkräfte Südafrikas, Generalleutnant Vusumuzi Ramakala Masondo, hat der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Bruno Kasdorf, einen „Letter of Intent“ im Hauptquartier der South Africa Army in Pretoria unterzeichnet. Die Kernaussagen: • Festlegung konkreter Kooperationsmaßnahmen beider Heere, unter anderem auf den Gebieten der UNO-Einsätze und bei der Counter-IED-Ausbildung. • Austausch von Experten und Wissen, unter anderem im Bereich Urban und Desert Warfare. • Gegenseitige Entsendung von Beobachtern zu Heeresübungen. Außerdem sollen wechselseitige Heeresgeneralstabsbesprechungen in zweijährigem Rhythmus durchgeführt werden – ein aussagekräftiges Zeichen dafür,

Mosambik

Namibia

Pretoria Johannesburg Maseru

Swaziland

Lesotho

Südafrika Kapstadt

Grafik: Pfaender

L

Botsuana

Pretoria. Der afrikanische Kontinent gewinnt zunehmend an sicherheits- und verteidigungspolitischer Bedeutung. Mit den „Afrikapolitischen Leitlinien“ reagiert die Bundesregierung auf diese Entwicklung. Jetzt beginnt im Verteidigungsressort die Umsetzung der Leitlinien. Einer der ersten Schritte: Das deutsche Heer intensiviert die Beziehungen zu den südafrikanischen Landstreitkräften („South African Army“).

Foto: Bundeswehr

Foto: imago

Von Ingo Becker

Zu Gast in Afrika: Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Bruno Kasdorf (li.) in Pretoria.

dass beide Seiten großes Interesse an einer besonders engen Partnerschaft haben. Das deutsche Heer führt diese Besprechungen ausschließlich mit engen und wichtigen Verbündeten durch. Generalleutnant Kasdorf: „Das sind erste konkrete Schritte auf dem Weg in eine langjährige intensive ­ Partnerschaft.“ Hintergrund der Kooperation sind die im Jahr 2014 beschlossenen Afrikapolitischen Leitlinien, mit denen die Bundesregierung auf die zunehmende sicherheitsund ­verteidigungspolitische Bedeutung Afrikas reagiert.

Wichtige Einblicke für deutsches Heer Ziel ist unter anderem, den Kontakt zu afrikanischen Akteuren zu intensivieren und positive Entwicklungen aktiv zu unterstützen. Die Republik Südafrika zählt zu den sicherheitspolitischen Hauptakteuren auf dem afrikanischen Kontinent. Die Soldaten sind und waren an zahlreichen

Friedensmissionen und Stabilisierungseinsätzen beteiligt, beispielsweise in Darfur, in der Demokratischen Republik Kongo und Burundi. Von einem Erfahrungsaustausch erhofft sich die deutsche Heeresführung wichtige Einblicke in die Einsatzbedingungen auf dem afrikanischen Kontinent.

Für das deutsche Heer ist der Übungsplatz aufgrund der extremen Bedingungen, die dort vorherrschen, interessant. Die Temperaturspanne reicht von minus 18 Grad im Winter bis zu 45 Grad im Sommer. Hinzukommt: Durch den eisenhaltigen Boden ist eine Orientierung mittels Magnetkompass erschwert. Nun soll geprüft werden, ob deutsche Soldaten das Übungsgelände nutzen können. Generalmajor Walter Spindler, Kommandeur Ausbildungskommando in Leipzig: „Ein Übungsplatz mit zahlreichen Möglichkeiten, die für das Heer durchaus von Interesse sein können.“ Der nächste Schritt: Im Herbst soll eine Delegation der South African Army nach Deutschland reisen. Gemeinsam mit Vertretern des deutschen Heeres sollen dann die Rahmenbedingungen für die ab 2016 beginnenden Heeresgeneralstabsbesprechungen festgelegt werden. Die South African Army verfügt über etwa 40 000 aktive Soldaten und rund 12 300 Reservisten.

Übungsort mit Extrembedingungen Dem „Letter of Intent“ war der Besuch einer deutschen Delegation in Pretoria vorausgegangen. Unter anderem besuchten die Soldaten das Combat Training Center in der Kalahari Wüste. Es bietet Übungsmöglichkeiten, die in dieser Breite weltweit nur sehr selten vorhanden sind. Auf 158 000 Hektar – das entspricht in etwa der doppelten Fläche Berlins – sind verschiedenste Übungsräume und Schießbahnen für Waffen aller Kaliber sowie 360-Grad-Schießbahnen für Gefechtsfahrzeuge vorhanden.

Aufgefordert, mitzureden

N

Von Alexander Linden ulm. Der neue Bürgerdialog der Bundesregierung hat begonnen. Unter dem Titel „Gut leben in Deutschland“ sollen Bundesbürger in den kommenden Monaten über ihre Ideen für und ihre Anforderungen an das Land diskutieren. Auch das Verteidigungsministerium beteiligt sich. Auftakt war vergangene Woche eine Veranstaltung vom Bundeswehr-Sozialwerk in Ulm. Auftrag an die geladenen Soldaten und Zivilisten: Sie sollen in Ulm zunächst die drei für ihr eigenes Leben wichtigsten Bereiche identifizieren. Ergebnis: „Familie“ und „Gesundheit“ stehen ganz oben. Die „persönli-

Foto: imago

Foto: imago

Der neue Bürgerdialog der Bundesregierung „Gut leben in Deutschland“ startet.

Der neue Bürgerdialog: Auch Soldaten sollen sich einbringen.

che Freiheit“ in Deutschland wird als umfassend, jedoch materiell zu abhängig empfunden. Die Themen „Gerechtigkeit“ und „Bildung“ zeigen emotionale Sprengkraft. Der Föderalismus mache das gute Bildungssystem überregional zunichte. „Gerech-

tigkeit“ sei an sich schwer zu definieren. Der Gang zum Anwalt oder der Ruf nach Gesetzen verdränge zunehmend gesunden Menschenverstand. Zwei weitere Aspekte, seien fehlende Steuergerechtigkeit und technisch bedingte Informations-

ungerechtigkeit, lautet das Fazit der Teilnehmer. Alle Ergebnisse werden protokolliert. Die Bundesregierung will zentrale Themen für die Gesellschaft aus deren Mitte heraus identifizieren. Mit Unterstützung von etwa 100 Organisationen finden bis Herbst mehr als 150 Veranstaltungen statt. Auch im Internet können Bürger sich zu Wort melden. Die Idee dahinter? Ein Hauptfeldwebel bringt es in Ulm auf den Punkt: „Als Wähler will ich Ergebnisse spüren. Sonst macht Politik keinen Sinn.“ Mehr Informationen zum Bürgerdialog und weitere Termine auf www.bmvg.de und www.gutleben-in-deutschland.de.

20. April 2015

Einsatz / Bundeswehr

Mikroskopieren im Kosovo

aktuell

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Informationen aus erster Hand

Kontrolle: Die Proben aus der Petrischale (re.) werden unter dem Mikroskop bis zu 1000-fach vergrößert, auf Bakterien kontrolliert und mit Koblenz abgestimmt.

Prizren. Vorbeugen. Erkennen. Bekämpfen. Das ist der Auftrag von Oberfeldwebel Gerrit S. im Einsatzkontingent bei KFOR. Was viele nicht vermuten: Sein Einsatzort ist nicht auf den Straßen von Prizren, sondern im Labor für Mikrobiologie. Mikrobiologen als Teil von Einsatzkontingenten? Nur wenige machen sich Gedanken, dass zur ärztlichen Versorgung auch die Vorbeugung von Krankheiten gehört.

Den Auftrag direkt vor Augen Im Labor des Einsatzlazaretts unterstützt Oberfeldwebel Gerrit S. die Ärzte bei genau dieser Arbeit. Seit Anfang November 2014 ist er am Einsatzort. Sein persönliches „Feindbild“ entsteht in Petrischalen und Reagenzgläsern und lässt sich bis zu 1000-

fach vergrößern. „Wenn ich die Proben vom Truppenarzt bekommen habe, werden sie bakteriologisch angezüchtet. Am nächsten Tag wird diese Anzucht auf verdächtige Bakterienkolonien kontrolliert.“ Was gilt für ihn als Bedrohungslage? „Wenn ich Salmonellen, Shigellen, Campylobacter oder ähnliche für den menschlichen Körper schädliche Keime in Proben nachweise und identifiziere“, sagt der 29-Jährige. Das Aufspüren, Identifizieren und Ausschalten von Parasiten stellt für ihn keine Herausforderung dar. Das Mikroskopieren setzt Erfahrung voraus. „Fachbücher sind oft nicht ausreichend hilfreich, weil die dort gezeigten Fotos nur ein Idealbild des Erregers oder Parasiten zeigen“, erklärt der Münchner. Erst die Berufserfahrung bringt auch

die Sicherheit. Bei der weiteren Diagnostik ­ bekommt Gerrit S. Unterstützung aus dem Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz: „Die untersuchte Probe sende ich als Bild in das Bundeswehrzentralkrankenhaus. Dort beurteilt der Facharzt die Probe und teilt mir dann seinen Befund mit.“

Unterstützung für US-Kameraden Auch für die Lebensmittelhygiene sind seine Ergebnisse wichtig. Täglich bearbeitet er Proben zur Küchentauglichkeit des Personals. Anhand seiner Resultate wird über den Zutritt in den Küchen- und Hygienebereich entschieden. 150 Tests kommen im Monat schnell zusammen. Stellt S. Unregel-

„Jester is ready for take off“ Seefernaufklärer P-3C Orion kehrt zurück ins Einsatzkontingent am Horn von Afrika. D Mittelmeer

Rufnamen „Jester“ dem Einsatzkontingent Foto EUNAVOR Atalanta : Wil DSCHIBUTI ke/B unde sweh wieder zur Verfügung. r Die Zeit ohne ca. 6 607 608 km „Jester“ wurde sowohl kation, ­Logistik im Einsatzgebiet als und Technik waren Atlantischer auch in Deutschland für den uneinca. Ozean 357 165 km genutzt. Innerhalb von geschränkten drei Monaten haben die Flugbetrieb vorzuSoldaten des Spezialpionierbereiten. Mit dem MADAGASKAR bataillons 164 in Husum den Eintreffen des HauptIndischer Bw Red Ozean fik: Gra gesamten Arbeitsbereich der Einkontingents der Einsatzsatzgruppe in Dschibuti saniert. gruppe und „Jester“ sind nun Die fliegende Crew hatte Zeit, des Vorkommandos mit 34 Ton- wieder 47 Soldaten vor Ort. Als in Deutschland neue Soldaten nen Material damit begonnen, Anfang April dann die Worte in ihren Auftrag einzuweisen. die Infrastruktur in Dschibuti „Jester is ready for take off“ an Mitte März haben die Soldaten wieder herzustellen. Kommuni- den Tower gehen, kann der erste 2

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Einsatzflug der P-3C Orion im Jahr 2015 beginnen. Das Seegebiet mit Hilfe der Besatzung des Aufklärungsflugzeuges auch aus der Luft aufzuklären, sei eine entscheidende Fähigkeit, sagt der Kommandeur des deutschen Einsatzverbandes, Fregattenkapitän Frank Fähnrich. Die größte Herausforderung des Einsatzes ist der riesige Umfang des zu überwachenden Gebietes – die Fläche ist etwa 18-mal so groß wie Deutschland. „Die Abnahme der Piraterie ist auch ein Ergebnis des Lagebildes über See und im Bereich der somalischen Küste, zu dem ‚Jester‘ entscheidend beiträgt“, erklärt der Kommandeur. (eb)

Foto: Schachel/Bundeswehr

mäßigkeiten bei den Proben des Küchenpersonals fest, schlägt er Alarm – und verhindert, dass es zu einer weiteren Ansteckung oder einer Übertragung auf die Lebensmittel kommt. In der Bakteriologie und Parasitologie können fast alle Untersuchungen durchgeführt werden. Auch die US-Kameraden im Camp Bondsteel ­profitieren von den modernen Geräten und der ­gewissenhaften Arbeit: „Die amerikanischen Kameraden ­hatten ein GastroenteritisAusbruch (Anm. d. R.: Magen-DarmGrippe) und haben bei uns um entsprechende Untersuchungen gebeten.“ Auf diesem Weg konnte Oberfeldwebel Gerrit S. nicht nur Erreger identifizieren, sondern auch mögliche Übertragungswege aufzeigen. Die Ursachen Erkennen hilft, eine weitere Verbreitung einzudämmen und zukünftig zu vermeiden. Auch die Behandlung kann so zielgerichteter erfolgen. Oberfeldwebel Gerrit S. hat sichtlich Spaß bei seiner Tätigkeit. „Die Einsatzvorbereitung für diese Aufgabe war besonders gut und fachlich ein großer Gewinn für mich. Die Tätigkeit im mikrobiologischen Labor und die Kooperation mit anderen KFOR-Nationen hat mir bisher sehr viel Spaß gemacht“, sagt der Oberfeldwebel. (eb)

Mazar-e sharif. Staatssekretär ­ Ralf Brauksiepe hat Anfang April die deutschen Soldaten im nordafghanischen Mazar-e Sharif besucht. Dort hat er sich in das „Train, Advise and Assist“ (Ausbilden, Beraten und Unterstützen) – den Kernauftrag der aktuellen Mission „Resolute Support“ – einweisen lassen. Außerdem informierte er sich über die Ausstattung der ­Soldaten. (eb)

Polizeinachwuchs erfolgreich ausgebildet Mazar-e sharif. Nach sechs Monaten Ausbildung haben 802 afghanische Polizei-Unteroffiziere im „Police Sergeant Training Command“ ihren Lehrgang erfolgreich abgeschlossen. An der feierlichen Zeremonie nahmen neben dem stellvertretenden afghanischen Innenminister Jawahr, der Schulkommandeur General Aqtash und Brigadegeneral Hannemann als Kommandeur des „Train, Advise and Assist Command North“ teil. Die Ausbildung der Polizeianwärter erfolgt durch afghanische Polizisten. Ausländische Kräfte stünden der Leitungsebene dabei beratend zur Seite, sagt Polizeihauptkommissar Markus K., der als deutscher Berater tätig ist. (eb)

Zu politischen Gesprächen im Irak

Foto: Bundeswehr

Foto (3): Koch/Bundeswehr

Bakterien und Parasiten zur Kontrolle im Feldlager-Labor des deutschen Einsatzkontingents.

Bagdad / Erbil. Staatssekretär Markus Grübel hat den Irak für politische Gespräche besucht. Themen wie die Bekämpfung der Terrorgruppe „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ (ISIS), die Menschenrechtssituation und die deutsche Ausbildungsunterstützung im Irak standen im Mittelpunkt der Gespräche mit irakischen Vertretern aus Politik und Militär. Zum Abschluss besuchte Staatssekretär Grübel die deutschen Soldaten des KTCC „Kurdistan Training Coordination Center“ in Erbil. (eb)

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aktuell Bundeswehr

aktuell 

Startklar Wann und wo wird in diesem Jahr geübt? aktuell gibt den Überblick – und hat das Hubschraubergeschwader 64 beim Manöver begleitet.

„142 Männer und Frauen arbeiten Hand in Hand, um den Übungsbetrieb unter Tag­ und Nachtflugbedingungen mit drei Hubschraubern sicherzustel­ len“, sagt Oberstleutnant Bernd Wiedenhöfer. Der Staffelkapitän der 1. Fliegenden Staffel des HSG 64 aus Laupheim ist Kommando­ führer des Übungskontingentes.

von Carsten Vennemann Oberlausitz. Das Hubschrau­ bergeschwader 64 „Ober­ schwaben“ übt mit seinen CH­53 ­Transporthubschraubern den Flugbetrieb bei Tag und Nacht unter einsatznahen Bedingungen. Der Truppenübungsplatz Oberlausitz bietet dafür beste Bedingungen. Truppenlager Haide, früher Morgen, Take off. Die CH­53GS, eine modernisierte Version der CH­53G, hebt von der „Platte“ ab, gewinnt schnell an Höhe. In den kommenden zwei Stunden wird die Besatzung ein umfang­ reiches Übungsprogramm absol­ vieren. „Heli Dust“ heißt die jähr­ liche Übung des in Laupheim und Holzdorf stationierten ­Hubschraubergeschwaders 64 (HSG 64). Und der Name verrät: Es wird staubig zugehen.

­

Hubschrauber vom Erdboden. Der Kommandant löst manuell die Täuschkörperwurfanlage aus. Sofort werden die Leuchtkörper, sogenannte Flares, ausgestoßen. Dieses als „pre­emptive flares“ bezeichnete Verfahren verhin­ dert, dass der gegnerische Flie­ gerfaustschütze das Luftfahrzeug klar anvisieren kann.

In 25 Metern Höhe über den Platz

Rakete im Anflug

Auf der „Platte“ laufen die Vorbereitungen für den Start eines zweiten Hubschraubers, einer CH­53GE. Die Techniker haben die Vorflugkontrolle abgeschlossen, die Maschine ist startklar. Während die Bord­ sicherungssoldaten die Muni­ tionskisten verstauen und ihre Waffen klar zum Gefecht machen, nimmt Major Marius M. vorne rechts im Cockpit

In einem weiten Bogen steu­ ert der Pilot die CH­53GE über die Schießbahn und beginnt einen neuen Anflug. Durch das gleichmäßige Brummen der Triebwerke warnt plötzlich eine Frauenstimme über die Kopf­ hörer: „Missile – three o‘clock“ – Rakete im Anflug! Eine weiße Rauchspur steigt in den Himmel, zeugt vom Abschuss einer „smokey SAM“. So werden

die kleinen Raketen zur visuellen Dar­ stellung einer Boden­Luft­ Rakete bezeichnet. Gleichzei­ tig wird der Hubschrau­ ber mit einem leistungsfähigen UV­Strahler angestrahlt. Die Anlage zur elektronischen Erkennung und Abwehr von Flugabwehr­ geschossen reagiert prompt: Erneut verschießt die Täuschkör­ perwurfanlage eine Vielzahl von Flares. Für die Bedrohungsdar­ stellung durch Flugabwehr sind Spezialisten des Multinational Aircrew Electronic Warfare Tactics Facility Polygone (MAEWTF POLYGONE) zuständig. Dabei handelt es sich um eine in Deutschland und

Überlick 2015: Truppenübungen

Frankreich gele­ gene Übungseinrich­ tung für den elektronischen Kampf. Das Einsatzspektrum des HSG 64 reicht von Lufttransport im nationalen und multinationalen Umfeld über Durchführung von Einsätzen zur Rettung von Perso­ nal (Personnel Recovery), medi­ zinischer Evakuierung bis hin zur Unterstützung von militärischen Evakuierungsoperationen und Einsätzen der Spezialkräfte. Das Fähigkeitsprofil des fliegenden Personals ist vielschichtig – die Übungsszenarien für „Heli Dust“ auch. „Die Luftfahrzeugbesat­ zungen üben die Aufnahme und

das Absetzen von Außenlasten, Staublandungen, Tiefflug, verschiedene Verfah­ ren bei Bedrohung durch Flugab­ wehrsysteme und den Nachtflug im kompletten Einsatzspektrum. Die Bordsicherungssoldaten werden zahlreiche Schul­ und Gefechtsschießen im scharfen Schuss durchführen“, umreißt Kommandoführer Oberstleutnant Wiedenhöfer grob das Übungs­ programm. Die CH­53GE steuert die Schießbahn 2 im Osten des Trup­ penübungsplatzes an. Mit ihren weitläufigen Sandflächen ist sie idealer Trainingsort für Staub­ landungen. „Die Verhältnisse kommen denen in Afghanistan sehr nahe“, sagt Major M. Er hat bereits einen Landeplatz anvi­ siert. „Staublandung“, kündigt er das nächste Manöver über Bordfunk an. „Staublandung verstanden“, antwortet der Bordmechaniker in der Kabine. Während der Hubschrauber eine Platzrunde dreht und Major M. nach einem Referenzpunkt am Boden sucht, nimmt der Bordmechaniker an der geöffneten

Heckrampe Position ein. Die Nase des Hubschraubers geht hoch, die Rotorblätter klopfen, der Hecksporn fährt aus. Der Abwind des mächtigen Sechs­Blatt­ Rotors wirbelt den Sand hoch. Eine Wand aus Staub und Sand türmt sich rund herum auf und verhüllt den Hubschrauber. Auf der Heckrampe liegend beob­ achtet der Bordmechaniker den Landeanflug. „Fünf tief, vier tief,… eins tief, links Kontakt, rechts Kontakt“, meldet er an den Piloten. Ein Ruck geht durch die Kabine, die Maschine steht sicher. Nach einem kurzen Moment Stand­ zeit steigert Major M. die Triebwerksleistung und hebt wieder ab. Damit die Triebwerke durch die sandhaltige Luft nicht beschädigt werden, sind Luftfil­ ter, so genannte EAPS (Engine Air Particle Separator), installiert.

Auch die Kanten der Rotorblät­ ter des Haupt­ und Heckrotors sind mit Folien vor der aggres­ siven Wirkung der Sandpartikel geschützt.

Einsatz für die Doorgunner „Einsatzbereitschaft herstel­ len“, befiehlt der Hubschrauber­ kommandant den Bordsiche­ rungssoldaten. Sie sind die „Doorgunner“. Major M. steuert im Tiefflug zu den Zielfeldern. Über den Bordfunk erhalten die Bordsicherungssoldaten ihre Ziel­ zuweisung und das Kommando „Feuer frei“. Die Maschinen­

gewehre M3M hämmern, der Einschlag der Geschosse im Zielfeld ist unüber­ sehbar. In mehreren Anflügen bekämpfen die Door­ gunner die Ziele.

„Morgens die ersten, abends die letzten“ lautet das Motto der Techniker, die die Maschine am Ende des Übungstages überprü­ fen. Sorgfältig werden die Zelle und Rotorblätter nach Beschädi­ gungen abgesucht, Füllstände und Triebwerke kontrolliert, die Cockpit­Scheiben gerei­ nigt. Elektroniker überprüfen die Anlage zur elektronischen Kampfführung. Die Munitions­ gruppe bestückt die Täuschkör­ perbehälter mit neuen Flares, stellt Munition für die Bord­ sicherungssoldaten bereit. Knapp eine Stunde, dann ist der Hub­ schrauber wieder startklar. Aber es läuft nicht immer rund. Staub­ landungen und extreme Flug­ manöver belasten die Maschine. „Da geht auch mal e t w a s kaputt“, sagt Oberstleut­ nant Wieden­ höfer. „Trainieren für den Ein­ satz“ ist der Leitgedanke der Übung „Heli Dust 2015“. Der bleibt für das HSG aktuell. „Wir haben drei Hubschrauber in Afghanistan im Einsatz und wer­ den dort auch weiterhin präsent sein“, sagt Wiedenhöfer. In den kommenden Wochen verlegt das HSG 64 mit eini­ gen Hubschraubern in die Vereinigten Staaten, um an der Übung „Angel Thunder“ teil­ zunehmen – der weltweit größ­ ten und realistischsten Combat Search and Rescue­Übung mit multinationaler ­ Beteiligung.

Überlick 2015: Computergestützte und Stabsübungen SIIL Mai

Zeichenerklärung

Estland

IRON WOLF Juni

NATO

COMPACT EAGLE November

Mai - Juni

BALTOPS Juni

Name der Übung Übungsmonat/-ort

Polen

November

Finnland, Norwegen

Ostsee

Oktober

Lettland

SILVER ARROW Ostsee

September

OPEN SPIRIT Mai

Litauen

DETONATORS

NORTHERN COASTS September

Litauen

IRON SWORD

ARCTIC CHALLENGE

Multinationale Übung

Lettland

NOBLE JUMP Ostsee

Juni

Polen

STEADFAST COBALT Mai - Juni April

November

Niederlande

TRIDENT JAGUAR April - Mai

Multinationale Übung

November

COMPACT EAGLE November

Name der Übung Übungsmonat/-ort

Polen

PRECISE CARE

April und Oktober

ARRCADE FUSION November

COMPACT EAGLE

Großbritanien

November

November

Juni

Juni

November - Dezember

Frankreich

VIGOROUS WARRIOR

EUROPEAN ADVANCE

Tschechien

November - Dezember

EUROPEAN ADVANCE November - Dezember

Österreich

SPACE SITUATIONAL AWARENESS TABLETOP Mai

CAPABLE LOGISTICIAN ANGEL THUNDER Mai - Juni

Juli und September

Ungarn

USA

AFRICAN LION Mai

TRIDENT JUNCTURE Marroko

Sep. - Nov. Spanien, Portugal, Italien

ARGONAUT

ITALIEN BLADE

Mai

Juni - Juli

Italien

Baltikum, Polen

Frankreich

EUROPEAN CHALLENGE Baltikum, Polen

Juni

Polen

SABER STRIKE

PONY EXPRESS Polen

SABER STRIKE

Großbritannien

Kanada

Italien, Deutschland

Polen

Oktober

JOINT WARRIOR

Norwegen

NAPLES JOURNEY

DRAGON

PRECISE RESPONSE Juli

Polen

COMPACT EAGLE

FRISIAN FLAG

Zeichenerklärung NATO

Zypern

USA

Österreich

TRIDENT JOUST TRIDENT JUNCTURE Sep. - Nov. Spanien, Portugal, Italien

Juni

7

Italien

8

aktuell

bundeswehr

20. April 2015

Trainingsflug über Helgoland

Testphase: Schulen sind ausgerüstet

Fregatte heißt Nordrhein-Westfalen H

Flugvorbereitung für den Navigationsflug Kapitänleutnant Florian Vosgerau und Leutnant zur See Daniel Höser sind beim Briefing mit ihrem Operator, dem dritten Mann an Bord. Zwei Stunden werden sie heute über See unterwegs sein, zunächst entlang der ostfriesischen Inseln, danach hinaus aufs Meer Richtung Helgoland. „Hier auf Land ist es natürlich sehr leicht, zu navigieren, da gibt es viele Hinweise, wo man hin muss,“ so Vosgerau. Über See zu fliegen, sei deutlich schwieriger, da sich die Piloten anhand von Tonnen im Wasser orientieren müssen. Vosgerau ist heute Pilot in Command, kümmert sich um Navigation und Funk. Höser wird die Maschine fliegen. Von Nordholz aus geht es Richtung Westen. Plötzlich verhindert eine Nebelbank den Weiterflug. Vosgerau lässt nach Norden

Präzisionsanflüge sind unverzichtbar Jetzt soll noch die Tonne „Elbe“ angeflogen werden. Für die Piloten ist die Navigation mit dem EC-135 kein Problem. Auf diesem Modell haben sie ihre fliegerische Grundausbildung absolviert. Langsam nähert sich der Hubschrauber der Tonne „Elbe“. Hier kommt der Operator, der dritte Mann an Bord, ins Spiel. Er ist für die Piloten ein unverzichtbares drittes Augenpaar, wenn Ziele am Boden, oder wie hier auf See, angeflogen werden. Präzisionsanflüge wie diese

könnte. Die Crew weiß: Im Einsatz kann es hier um Menschenleben gehen. Die heutige Mission ist beendet. Nach zwei Stunden landet der Hubschrauber wieder beim Marinefliegergeschwader in Nordholz. Vosgerau ist zufrieden: „Es war ein sehr interessanter Flug, der wieder einmal deutlich gemacht hat, warum die EC-135 so wertvoll fürs uns ist.“

esw ehr

abdrehen, in der Hoffnung, das Nebelgebiet umfliegen zu können. Und tatsächlich: Der Himmel klart auf, die Mission kann fortgesetzt werden. Die Crew fliegt nun Helgoland an. Ihr Ziel: der Landeplatz, den die Marine für den Such- und Rettungsdienst über der Nordsee nutzt. Nach kurzem Schwebeflug geht es weiter. Von Helgoland aus führt die Route zurück zur Küste.

und

nordholz. Die Marineflieger gehen bei der Ausbildung des Pilotennachwuchses neue Wege: Um den Luftfahrzeugführern genügend Flugstunden zu verschaffen, haben sie einen zivilen Hubschrauber angemietet. Mit dem EC-135 (Foto) sind die Piloten fast täglich in der Luft. Sie können sich so in Übung halten, bevor sie später auf die Hubschrauber der Marine wechseln. Rund 600 Flugstunden ist der EC-135 pro Jahr für die Marineflieger im Einsatz.

o: B

Ingolstadt. Mit Spiegeln, Kühlschränken, Fernsehern und Stehlampen sind jetzt 3000 Unterkunftsstuben in Schulen des Heeres (Dresden und Ingolstadt), der Luftwaffe (Appen), der Streitkräftebasis (Garlstedt) und des Bildungszentrums (Mannheim) ausgestattet worden. Mit einem Medientag wurde in Ingolstadt der Schlussakzent für die Testphase gesetzt. Die Aktion „Erweiterte Ausstattung“ im Zeichen der Attraktivitätsagenda „Bundeswehr in Führung“ war im Herbst begonnen worden. Ziel ist es, bis 2018 insgesamt 55 000 Unterkunftsräume entsprechend auszustatten. Dafür werden bis 2018 insgesamt 38,5 Millionen Euro ausgegeben. (dibu)

von Robert Annetzberger

Fot

Foto: Vennemann/RedBw

Mit einem angemieteten Hubschrauber EC-135 beschreitet die Marine neue Wege.

Schritt nach vorn sind wichtig, um etwa einen verunglückten Segler bei einem Rettungseinsatz so genau wie möglich anfliegen zu können. Nun wartet noch ein weiterer Trainingsabschnitt auf die Crew. Es geht Richtung Wattenmeer. Im Übungsgebiet angekommen, wirft der Operator ein orangefarbenes Kreuz ins Wasser. Mit der Seilwinde lässt er nun einen Haken hinab, mit dem er das Kreuz aus dem Meer fischen muss. Jetzt kommt es darauf an, dass die Koordination zwischen den Crewmitgliedern optimal funktioniert. Wieder dirigiert der Operator an der Winsch die Piloten, denn nur er hat den optimalen Blick nach unten und hinten. Bei einem echten Notfalleinsatz wäre am Ende des Seils eine Rettungsschlaufe oder ein Korb angebracht, mit deren Hilfe ein Verunglückter gerettet werden

Für das Marinefliegergeschwader 5 (MFG 5) ist die Nutzung des EC-135 ein entscheidender und für die Bundeswehr ein richtungsweisend pragmatischer ­ Fortschritt. Im Vergleich zu den Einsatzhubschraubern sei das Projekt kostengünstig. Zudem sei für die Wartung und Reparatur allein die zivile Betreiberfirma zuständig. „Es ist kein Bundeswehr-Hubschrauber, sondern ein ziviler Hubschrauber, den wir wie einen Mietwagen anmieten – und das tun wir im Moment zu einem Preis von knapp 3000 Euro in der Stunde, und das ist wirklich konkurrenzfähig“, erklärt Fregattenkapitän Jörg Modey, Kommodore des Marinefliegergeschwaders 5. Der Beitrag „EC-135 fliegt für die Marine“ unter www.youtube. com/bundeswehr.

Luftkampf multinational Leeuwarden / niederlande. Donnergrollen am Himmel über Leeuwarden im Norden der Niederlande – Nachbrenner zünden. Mehr als 50 Luftfahrzeuge der NATO sind derzeit an der Übung „Frisian Flag“ 2015 beteiligt. Sie trainieren komplexe Luftoperationen im Verbund. Integriert in dieses Übungsgeschehen findet die Luftbetankungsübung EART 2015 (European Air Refueling Training) 2015 des Europäischen Lufttransportkommandos (EATC) in Eindhoven statt. Der Luftwaffenstützpunkt Leeuwarden ist gegenwärtig Dreh- und Angelpunkt für multinationales ­ Luftkampftraining. Bis diesen Freitag üben

dort neben dem Gastgeber von der Royal Netherlands Air Force (RNLAF) auch polnische, finnische, spanische und amerikanische Staffeln. Von deutscher Seite ist das Taktische Luftwaffengeschwader (TaktLwG) 31 „Boelcke“ mit zehn Eurofightern an der Übung beteiligt. Unterstützt wird es dabei personell und materiell von der Taktischen Luftwaffengruppe „Richthofen“ aus Wittmund und dem TaktLwG 74 aus Neuburg. Hinzu kommt das Deployable Control and Reporting Center „Red Hawk“ des Einsatzführungsbereiches 3 aus Holzdorf/ Schönewalde. In Zusammenarbeit mit den niederländischen Jägerleitstellen und einem

Foto: Metternich/Bundeswehr

Bei den Übungen „Frisian Flag“ und EART proben die NATO-Partner komplexe Operationen in der Luft.

Bei „Frisian Flag“ mit dabei: Ein Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31“Boelcke“ rollt zum Start.

AWACS E-3A Frühwarnflugzeug der NATO wird so ein Luftlagebild erstellt, das zur Steuerung und Überwachung der Übung nötig ist.

Nach 2010 sind erstmals zwei Staffeln aus den Vereinigten Staaten mit dabei. Jeweils sechs F-15 „EAGLE“ der Florida und Oregon Air National Guard

nehmen teil. Bereits zum zweiten Mal nach 2014 findet die Luftbetankungsübung EART statt. Neben einem niederländischen KDC-10 Tankerflugzeug liefern eine französische Boeing C-135FR Stratotanker sowie ein Airbus A310 MRTT der Flugbereitschaft aus Köln Kerosin aus der Luft. In dieser Woche hat sich eine Boeing KC-767A der italienischen Luftwaffe aus Pratica di Mare angesagt. Vor dem Hintergrund weltweiter Einsätze wird eine enge Zusammenarbeit und gemeinsames Training zwischen Staffeln und Nationen immer wichtiger. Übungen wie „Frisian Flag“ und EART leisten dazu einen wichtigen Beitrag. (eb)

20. April 2015

innere Führung / Militärgeschichte

Die letzte Schlacht um Berlin

Die US-Army zieht Richtung Süden Bis heute fragen sich viele, warum die USA es der Roten Armee überließen, die deutsche Hauptstadt zu erobern. Angesichts des unerwartet raschen Vorstoßes der westalliierten Truppen über den Rhein hinweg mitten durch das Reichsgebiet hätte sich Washington durchaus Berlin zuwenden können. US-Oberbefehlshaber General Dwight D. Eisenhower spielte eine Zeitlang mit diesem Gedanken. Als ihm seine Berater jedoch mitteilten, man müsste dafür mit Verlusten von ungefähr 100 000 Mann rechnen, schien ihm dieser Preis zu hoch gewesen zu sein.

Foto: dpa/pa

Nach der deutschen Kapitulation: Blick auf das zerstörte Reichstagsgebäude im Mai 1945.

Jedenfalls „entdeckte“ der US-Geheimdienst beinahe zeitgleich eine mögliche deutsche Alpenfestung. Eisenhower befahl daraufhin seinen Truppen den Schwenk gen Süden und überließ Berlin wie vereinbart den sowjetischen Verbündeten. In Washington glaubte man, Moskau noch als Verbündeten auf dem pazifischen Schlachtfeld zu benötigen. Dort lieferten die japanischen Truppen hartnäckige Rückzugsgefechte. Schon einen Tag bevor die ersten Verbände der Roten Armee am 21. April in die Stadt eindrangen, hatte man auf der deutschen Seite mit der Evakuierung aller Regierungsgebäude und der Vernichtung aller Akten begonnen. Die nun entbrennenden gnadenlosen Häuserkämpfe dienten allein dem Kampf bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone, wie er von Hitler befohlen worden war. Hier wie andernorts fand

sich kein militärischer Befehlshaber, der sich gegen seinen „Führer“ und für das Überleben seiner Untergebenen entschieden hätte. Stattdessen terrorisierten Standgerichte und Exekutionskommandos die eigenen Truppen.

Adolf Hitler begeht Selbstmord Am 24. April ernannte Hitler den General der Artillerie Helmuth Weidling zum Kampfkommandanten von Berlin. Einen Tag zuvor hatte der „Führer“ zwar noch dem General der Panzertruppen Walther Wenck den undurchführbaren Befehl gegeben, mit dessen 12. Armee aus dem Süden zur Reichshauptstadt durchzubrechen. Doch schon am 25. April schloss die Rote Armee ungefähr 40 Kilometer westlich Berlins bei Ketzin ihren Ring um die Stadt. Die sowjetischen Truppen kämpften

sich konzentrisch bis zur Stadtmitte vor und hissten am späten Abend des 30. April die Rote Fahne auf dem Reichstag. Während sich die verbliebenen Verteidiger noch ihres Lebens erwehrten, tötete sich Hitler in der folgenden Nacht zusammen mit seiner noch rasch angetrauten Ehefrau Eva Braun im „Führerbunker“ unter der Reichskanzlei selbst. Am 2. Mai kapitulierte General Weidling schließlich für Berlin. Die Regierungsgewalt im Deutschen Reich übernahm nach dem Willen Hitlers Großadmiral Karl Dönitz in Mürwik. Auf dessen Befehl wurde noch eine weitere Woche sinnlos weitergekämpft und gestorben. Autor: Oberstleutnant Dr. John Zimmermann arbeitet am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.

Soldaten wie alle anderen? „Himmlers Krieger“: Buch zur Waffen-SS zerpflückt den Mythos einer rein militärischen Elite. Geschichte. Le Paradis, Babij Jar, Oradoursur-Glane, Distomo, Marzabotto, Malmedy. Sechs Orte, sechs SS-Massaker. Nicht die einzigen. Waren die Angehörigen der Waffen-SS Verbrecher oder Soldaten wie alle anderen? Darüber ist viel gestritten worden. Lange wurde argumentiert, dass zwischen der politischen SS und der im Kern anständigen Waffen-SS zu differenzieren sei. Es dauerte Jahrzehnte, bis Wissenschaftler diese verzerrte Sicht korrigieren konnten. Jens Westemeiers Buch „Himmlers

Krieger“ setzt in dieser Hinsicht neue Maßstäbe. SS-Soldaten als militärische Elite des Reiches? Hart, aber fair? 20 Jahre nach dem Krieg waren selbst ehemalige Gegner geneigt, die militärischen Leistungen der Waffen-SS zu würdigen. Es überrascht nicht, dass dies unter „alten Kämpen“ gut ankam. Bestens vernetzt, schufen sie sich in der Bundesrepublik Wahrnehmungsnischen, wo sie nur selten Besuch von kritischen Historikern bekamen. Die Geschichtsklitterung brauchte Gesichter, und der ehemalige Standartenführer Joachim Peiper wurde zum Prototypen des vermeintlich unpolitischen Elitesoldaten. Peiper, der perfekt ins Rasseschema der Nazis passte, hatte seit 1933 in der SS gedient.

Im Krieg hoch dekoriert, wurde er nach 1945 wegen des MalmedyMassakers als Kriegsverbrecher verurteilt und saß bis 1956 in Haft. Unter Unterdrückung seiner massiven Verstrickung wurde die Vita des Karrieristen Peiper auf „Frontschwein“ und „untadeliger Vorgesetzter“ getrimmt. Seine bis heute nicht aufgeklärte Ermordung in Frankreich 1976 rundete den Mythos ab. Entlang historischer Fakten spürt Westemeier dem Weg Peipers durch die NS-Diktatur nach. Stück für Stück zerpflückt der Autor gewachsene Legenden rund um den Ritterkreuzträger und weist parallele Entwicklungen im Kader der Waffen-SS nach. Er zeigt, dass die Junkerschulen mitnichten militärische,

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Hindenburg wird Reichspräsident

Nach erbitterten Kämpfen erobert die Rote Armee im April 1945 die Reichshauptstadt. Geschichte. Der Zweite Weltkrieg war lange entschieden, aber noch längst nicht vorbei, als die Rote Armee am 16. April 1945 den Angriff auf die Reichshauptstadt begann. Fast 2,5 Millionen sowjetische Soldaten bestürmten die auch materiell hoffnungslos unterlegenen rund 800 000 Verteidiger aus Wehrmacht, Waffen-SS und Volkssturm. Etwa 2,7 Millionen Menschen lebten zu diesem Zeitpunkt noch in Berlin, das nach 85 Luftangriffen allein in den elf Wochen zuvor einer Trümmerlandschaft glich. Als die Stadt am 2. Mai kapitulierte, waren dafür 170 000 Soldaten auf beiden Seiten und zehntausende Zivilisten gestorben, circa eine halbe Million verwundet. Jeder fünfte Soldat hatte die Schlacht mit dem Leben oder seiner Gesundheit bezahlt.

aktuell

sondern weltanschauliche Kaderschmieden waren und wie dreist diese Tatsache nach dem Krieg geleugnet wurde. Der verlogene Umgang der Nachkriegsgesellschaft mit dem Erbe des Regimes ist der vielleicht wichtigste Teil des Buches. Westemeier zeigt die Waffen-SS als die militärische Parteitruppe, die sie war. Rücksichtslos, durch und durch vom „nationalsozialistischen Geist“ durchdrungen und jederzeit willfähriges Machtinstrument des NS-Apparates. (mat) Jens Westemeier: „Himmlers Krieger – Joachim Peiper und die Waffen-SS in Krieg und Nachkriegszeit“, Schöningh, 882 Seiten, 2014, 98,00 Euro, ISBN: 978-3-506-77241-1

Geschichte. Liegt in der Gesundung eines Individuums nicht schon der Keim von dessen Untergang? Lässt sich diese Überlegung auch auf ein staatliches Gebilde – in diesem Fall Deutschland – anwenden? Die innenpolitischen Vorgänge in Deutschland im Frühjahr 1925 und die Persönlichkeit desjenigen, der am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler ernennen sollte, geben zu dieser Überlegung Anlass. In der Tat: Historiker stritten bis vor Kurzem darüber, welche Rolle der zweite Reichspräsident der jungen deutschen Demokratie, Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, bei deren Untergang spielte. Laut Weimarer Reichsverfassung war der Reichspräsident in persona zum Schutz der Republik berufen. Auf den ersten Präsidenten der Weimarer Republik, den Sozialdemokraten Friedrich Ebert, traf dies voll und ganz zu. Doch Ebert verstarb infolge einer Entzündung des Bauchfells am 28. Februar 1925 und konnte sich kein zweites Mal zur Wahl des Reichspräsidenten 1926 stellen. Damit war die vorgezogene Wahl des Reichspräsidenten unabdingbar geworden. Nach einem ersten Wahlgang ohne absolute Mehrheit mussten sich die Parteien in einem zweiten Wahlgang auf einen jeweiligen Sammelkandidaten einigen. Als ein solcher trat Paul von Hindenburg für den „Reichsblock“ an und gewann am 26. April 1925: Mit 48,3 % der abgegebenen Stimmen machte der „Herzensmonarchist“ das Rennen. Autor: Andreas Popp

Bw Classix Filmbeiträge aus sechs Jahrzehnten Bundeswehr – das sind die Bw Classix. Mal informativ, mal humorvoll berichten sie über die politischen und ­gesellschaftlichen Verhältnisse vergangener ­Zeiten. Im zweiten Teil des Beitrags über einen umgebauten VW Käfer geht es um den Test des Fahrzeugs. Dabei muss der „Neue“ widriges ­Wetter und unebenes Gelände überstehen.

Der Beitrag „Neuer Lkw 0,4t Teil 2“ unter www.youtube. com/bundeswehr.

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aktuell

sport

20. April 2015

Im Becken zu Hause

Linke siegt auf 20 Kilometer

Die Schwimmer der Bundeswehr überzeugen bei den Deutschen Meisterschaften.

Leichtathletik. Stabsunteroffizier (FA) Christopher Linke hat sich beim Geher-Meeting im tschechischen Podebrady überraschend den Sieg über 20 Kilometer gesichert. Der EM-Fünfte setzte sich mit der persönlichen Bestzeit von 1:20:37 Stunden durch. Damit unterbot er die Norm für die Weltmeisterschaften, die im August in Peking stattfinden. Bei dem stark besetzten Wettkampf verwies der 26-jährige Potsdamer den Slowakischen Vizeeuropameister Matej Toth und den Olympiazweiten Erick Barrondo aus Guatemala auf die Plätze. (sid)

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Deprez Dritte auf dem Balkan

Badminton. ­Stabsunteroffizier (FA) Fabienne Deprez hat bei den Croatian Open im Badminton einen starken dritten Platz erreicht. Erst im Halbfinale des Damen-Einzelwettbewerbs musste sich die 23-jährige amtierende Deutsche Vizemeisterin der russischen Topspielerin Olga Golovanova knapp in drei Sätzen geschlagen geben. Mit Elena Komendrovskaja gewann ebenfalls eine Russin das Turnier in Zagreb. (sr)

Pleite für die Mehrkämpfer T

Berlin. Bei den Deutschen Meisterschaften der Schwimmer haben Spitzensportler der Bundeswehr für zahlreiche Medaillen gesorgt. Am Ende konnten sich die Soldaten im Schwimmanzug über sieben Titel freuen. Doch in der Schwimm- und Sprunghalle im Berliner Europapark ging es nicht nur um Edelmetall. Auch die Qualifikation für die Weltmeisterschaften, die im August im russischen Kasan stattfinden werden, stand im Mittelpunkt.

Frauen auf Medaillenjagd Für die größte Medaillenausbeute aus Sicht der Bundeswehr sorgte Stabsunteroffizier (FA) Franziska Hentke. Die 25-jährige Wolfenerin sicherte sich erstmals Gold über die 400 Meter Lagen und Silber über die 100 Meter Schmetterling. Zudem verteidigte sie bereits zum zweiten Mal in Folge den Titel in der 200 Meter Schmetterlingsdistanz. Mit 2:07 Minuten knackte sie die WM-Norm und steht damit sogar auf Platz fünf der Weltrangliste. „Das war eine super Zeit. Ich bin sehr zufrieden“, gab sich Hentke erfreut. Auch Hauptgefreiter Dorothea Brandt fischte drei Medaillen aus dem Becken. Die WM-Achte gewann die 100 Meter Freistil und wurde jeweils Zweite in den 50 Meter Disziplinen Brust und Schmetterling. Für ein Highlight sorgte zudem Hauptgefreiter Isabelle Härle. Mit ihrer Siegerzeit von 16:06 Minuten auf der Freistildis-

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von Stefan Rentzsch

Noch Luft nach oben: Christian Diener muss trotz Gold und Silber weiter Gas geben.

tanz über 1500 Meter erreichte die 27-Jährige nicht nur die WM-Norm, sondern nimmt nun auch Platz zwei der Weltjahresbestenliste ein. „Ich freu mich wie Keks“, jubelte die FreiwasserEuropameisterin, die ihre persönliche Bestzeit gleich um elf Sekunden verbesserte, nach dem Rennen. „Ich bin auch nicht mehr die Jüngste und hätte nie damit gerechnet, so schnell zu schwimmen.“ Die Silbermedaille von Hauptgefreiter Lisa Graf und zwei Bronzemedaillen von Hauptgefreiter Daniela Schreiber komplettierten die ordentliche Medaillenausbeute bei den Frauen. Die Männer hingegen hatten deutlich größere Probleme mit der geforderten WM-Norm. Vor allem bei dem zuletzt starken Hauptgefreiten Christian Diener wollte deswegen keine rich-

tige Siegesfreude aufkommen. Der 21-jährige Rückenspezialist gewann auf der 200 Meter-­ Strecke, auf der er im Vorjahr an gleicher Stelle Vizeeuropameister wurde. Für einen Listenplatz reichte es trotz einer weiteren Silbermedaille über die 100 Meter dennoch nicht. Diener zeigte sich jedoch optimistisch, sich in Kasan mit den „richtig krassen Typen“ messen zu dürfen.

Erfolgreiche Bilanz gezogen Darauf hofft auch der amtierende EM-Zweite Obergefreiter Philip Heintz, der das 200 Meter Lagenrennen für sich entschied und zudem Silber über 100 Meter Schmetterling ergatterte, jedoch ebenfalls an der WM-Norm scheiterte. Einzig Obermaat (BA) Hendrik Feldwehr konnte sich bei

seiner überlegenen Titelverteidigung über 50 Meter Brust für die WM qualifizieren. Henning Lambertz, Cheftrainer Schwimmen im DeutschenSchwimmverband (DSV), zog ein überwiegend positives Fazit: „Insgesamt bin ich sehr zufrieden. Wir haben sicherlich eine ordentliche Meisterschaft mit sehr guten Leistungen gesehen, trotzdem gibt es noch Baustellen“, resümierte der 44-Jährige. „Es gibt einige Strecken, auf denen wir den Kopf ganz gut aus dem Wasser stecken.“ Die traditionsreichen Deutschen Schwimmmeisterschaften wurden bereits zum 127. Mal ausgetragen. Wer es hier noch nicht auf die sogenannte Longlist geschafft hat, erhält bei den Wettkämpfen im Frühjahr weitere Chancen, die WM-Norm zu unterbieten.

Ein Einwurf aus dem Seitenaus Gedanken zu Jürgen Klopps angekündigtem Rücktritt als Trainer bei Borussia Dortmund. von Dietmar Buse Dortmund. Ist da etwas Besonderes passiert? Ein Fußballtrainer kündigt an, dass er zum Saisonende seinen Verein verlässt. Das ist in der Geschichte der Bundesliga gefühlte zig 1000 mal passiert. Nur wenn das ein gewisser Jürgen Klopp macht, hyperventiliert die deutsche Fußballgemeinde und die Medienwelt ist im vollen Schlagzeilenkoller. Das ist also ganz großes Theater, es riecht nach (antiker) griechischer Tragödie, da ballen die Chefredakteure die Auflagenfaust. Nehmen wir das Ganze einmal mit etwas mehr Ruhe ins Blickfeld, lassen die Nachruforgien außer Betracht. Fakt ist, dass es

der Junge aus dem Schwarzwald tatsächlich geschafft hat, die Herzen nicht nur der Fußballfans für seine Borussia zu erwärmen. „Uns Oma“ ist auch dabei. Der Medien Liebling war er spätestens seit seiner ­Grimme-Preis würdigen Auftritte bei WM und EM 2006 bis 2010. Die Seitenlinienausraster und das cholerische Pressekon-

ferenz-Gehabe werden ihm glatt verziehen und vielleicht ab Herbst wieder zu bewundern sein. Jürgen Klopp bleibt uns auf jeden Fall erhalten. Bis er geht, wird er sein Team noch einmal kräftig fordern. Wäre ja nicht verwunderlich, wenn der Fußballgott ­ bei Aubameyang, ­ Weidenfeller, Hummels, Kuba und Reus noch den Turbo zündet und zum SchlussanFo to :d griff auf Platz pa /p a sieben in der Liga und

zum Pokalhalbfinal-Kick bei den ­Bayern bläst. Halten wir einen Moment inne und geben Jürgen Klopp das Wort, so ist er und das kommt aus seinem Herzen (zitiert nach Fußball-Gott.com): „Ich komme aus einer sehr behüteten schwäbischen Familie, in der man sich keine Gedanken machen musste, ob am nächsten Tag auch genug zu essen auf dem Tisch stand. Für die meisten von uns ist so etwas auch völlig normal. Und doch denke ich, dass ich mir eine gewisse Dankbarkeit darüber bewahren möchte. Das ist nur einer der Gründe, warum ich am Ende des Tages mit meiner Frau Ulla immer gemeinsam zu Gott bete.“

Vermischtes

Der Trommler ist verstummt

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Foto (2): imago

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Mann mit Pfeife: Zu den berühmtesten Werken von Günter Grass (Mitte) zählen „Der Butt“ (l.) und „Die Blechtrommel“ (r.).

Nachruf. „Ilsebill salzte nach. Bevor gezeugt wurde, gab es Hammelschulter zu Bohnen und Birnen, weil Anfang Oktober. Beim Essen noch, mit vollem Mund sagte sie: ‚Wolln wir nun gleich ins Bett oder willst du mir vorher erzählen, wie unsre Geschichte wann wo begann?‘“ Das ist Grass, das ist der Einstieg in eines seiner wortmächtigsten Bücher: „Der Butt“, erschienen im Jahr 1977. Wir schreiben das Jahr 2015, in der vergangenen Woche ist Günter Grass in Lübeck im Alter von 87 Jahren verstorben, der Nobelpreisträger für Literatur (1999) hat eine in die Millionen gehende weltweite Leser- und Fangemeinde verlassen.

Auseinandersetzung mit der Geschichte Zu den Fans gehörte die links angehauchte Jugend der endsechziger Jahre Westdeutschlands. Hatte sie das Glück, einem jungen Deutschlehrer zu begegnen, dann lag „Die Blechtrommel“ auf dem Pult, dann war die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte gefordert,

dann geriet die Auseinandersetzung mit der Elterngeneration zur Pflicht. Doch vorher galt es, das Buch zu lesen. Es galt zu verstehen, was da in der Kaschubei und der Hansestadt Danzig geschah. Warum auf einem Kartoffelfeld unter einer dicken Schicht von Kleidern die Geschichte beginnt, warum der Erzähler Oskar Matzerath als Dreijähriger beschließt, nicht mehr zu wachsen und stattdessen die Trommel zu schlagen; wie es war, als die Nazis die Macht über die Hansestadt übernahmen, wie es war, als der Kampf um die polnische Post und damit der Zweite Weltkrieg nach dem Beschuss der Westerplatte in Danzig seinen Ausgang nahm, und schließlich der Marsch, besser die Flucht, in den Westen folgte und die Adenauerzeit mit ihren Verdrängungsmechanismen das Nachkriegsdeutschland bestimmte. Überhaupt bildet das Nachkriegsdeutschland die Hintergrundbeleuchtung für den jungen Grass. Nach der Arbeit mit Hammer und Meißel bei Steinmetzarbeiten und der Feder bei grafischem Wirken findet er zur Schrift. In der Gruppe 47, moderiert von Hans-Eberhard Richter,

kommt es zum inspirierenden Gedankenaustausch mit anderen Künstlern. Grass betritt die öffentliche Bühne. Und nach dem Welterfolg mit der Blechtrommel betritt er auch die politische Bühne. Sein vehementer Einsatz für Willy Brandt führt zum Wahlsieg des Sozialdemokraten und damit 1969 zur Bildung der sozialliberalen ­ Koalition.

Meinungsfreiheit des Citoyens Mit dem deutschen Großkritiker Marcel Reich-Ranicki hatte der Großdichter über die Jahre hinweg einen Förderer, der aber auch die vermeintlich schwächeren Werke gnadenlos geißelte, wie die Grass‘sche Abrechnung mit der Wiedervereinigung („Ein weites Feld“) und das im Jahr 2012 in den Tageszeitungen Süddeutsche Zeitung, La Repubblica und El País gleichzeitig veröffentlichte politische Gedicht „Was gesagt werden muss“. Hier hatte Grass Israel unterstellt, mit seinen Atomwaffen den Iran auslöschen zu wollen und dies ausgerechnet von U-Booten aus, die in Deutschland hergestellt worden seien.

Also, an diesem Mann konnte sich die veröffentlichte Meinung in Deutschland kräftigst reiben. Auch mit der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik lag er nach Abschaffung der Wehrpflicht über Kreuz: Grass kritisierte die „Abschaffung“ der Wehrpflicht als „beschämend“, so die Tageszeitung Die Welt in einem Bericht aus dem Wahlkampf 2013. Er sagte demnach weiter: „Jetzt haben wir den Salat: Eine Söldnerarmee, die in Auslandseinsätze geht.“ Bei diesen Einsätzen würden Soldaten „verbraten für Geld“. Grass appellierte: „Man kann nur davon abraten, bei dieser Söldnerarmee einzutreten!“ Schon die deutsche Reichswehr habe sich als „Staat im Staate“ erwiesen, und nunmehr entstehe mit der „Söldnerarmee“ Bundeswehr etwas „im gleichen Maße“. Das ist starker Tobak, den muss man nicht mögen. Jedoch: Die republikanische Kultur, die Meinungsfreiheit des Citoyens, wie sie in Frankreich beispielhaft Intellektuelle und Literaten mit großer Wirkungsmacht traditionell gestalten, diese Kultur musste in Deutschland der Nachkriegszeit erst einmal begründet werden. Grass ist einer der Begründer dieser republikanischen Kultur.

Schwierige Zeiten schweißen zusammen Kino. Die zweifache Oskar-Preisträgerin ­ Hillary Swank beweist als Hauptfigur in dem ergreifenden Drama „Das Glück an meiner Seite“ erneut ihr Geschick, dem Zuschauer schwierige Rollen authentisch zu vermitteln. In ihrer Rolle als unheilbar an ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) erkrankte Kate spielt sie eine Frau mit unfassbarer Stärke: Obwohl ihr ganzes Leben durch die degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems zerbricht, macht sie sich frei davon, ihr Leben an den Vorstellungen anderer zu orientieren.

Am 35. Geburtstag der glücklich verheirateten Kate zeigen sich die ersten Symptome. Die junge Frau verliert die Kontrolle über ihre Hände. Kurze Zeit später wird bei ihr ALS diagnostiziert. Die Beschwerden und die fortschreitende Hilfebedürftigkeit der einst erfolgreichen Pianistin verlangt Freunden und Familie immer mehr ab. Schließlich zerbricht auch Kates Ehe. Evan (Josh Duhamel) ist überfordert und schafft es nicht, die Krankheit seiner Frau zu akzeptieren, mit ihr umzugehen. Zwar kümmert er sich fürsorglich um Kate. Er schenkt ihr jedoch keine liebevolle Zuneigung mehr. Kate möchte trotz ihrer Krankheit aktiv am Leben teilnehmen und von ihrer Umwelt als Person – nicht als Patientin – wahrgenommen werden. So feuert sie kurzerhand die diszi-

plinierte Pflegerin und engagiert selbstbestimmt die chaotische Studentin Bec (Emmy Rossum). Die unerfahrene junge Frau wächst an der Verantwortung, sich um Kate zu kümmern. Schnell entwickelt sich eine starke Freundschaft und tiefe Verbundenheit zwischen den beiden gegensätzlichen Frauen trotz ungünstigster Umstände. Der berührende Film von Regisseur George C. Wolfe begleitet sensibel das Leben der Protagonistin bis hin zum unausweichlichen Ende. Die Romanverfilmung des Bestsellers „You’re not you“ aus dem Jahr 2006 von Michelle Wildgen besticht durch die herausragende schauspielerische Leistung von Hilary Swank und Emmy Rossum. (jfs) Seit 16. April im Kino.

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No Pier Pressure

Anmerkungen eines nicht immer treuen Lesers zum Tode von Günter Grass.

von Dietmar Buse

aktuell

Gruppe Beach Boys ist wieder solo unterwegs: Mit seinem Studioalbum „No Pier Pressure“, dem elften Solo-Album beim Label Capitol, führt der 72-Jährige die Ära des legendären Beach Boys Feelings fort. Dafür sorgen Gute-Laune-Songs mit mehrstimmigen Arrangements, die zum Wohlfühlen und Abschalten einladen. Auch das Coverbild einer Seebrücke, die von sanften Wellen umspielt wird, trifft die Vibes der 13 Songs. Musikalisch ist Wilsons neue Produktion sowohl auf die guten alten Zeiten der allseits beliebten, unbeschwerten Surfmusik ausgerichtet, orientiert sich aber auch am Hier und Jetzt. Daher sind zusätzlich zu Kooperationen mit seinen ehemaligen Bandkollegen und langjährigen Weggefährten inspirierende Songs mit fünf weiteren Gastkünstlern wie Zooey Deschanel entstanden. Deschanel ist durch ihre zweiköpfige Folk-Band „She & Him“ sowie aus der TV Serie „The New Girl“ bekannt. Zum künstlerischen Nachwuchs, den sich Wilson mit ins Boot geholt hat, gehören keine geringeren als Capital-Cities-Sänger Sebu Simonian, Singer-Songwriter Nate Ruess (ehemals Indie-Popband Fun), a -­c a p p e l la-Sänger Peter Hollens und CountrySängerin Kacey Musgraves. (jfs)

Foto: imago

20. April 2015

Brian Wilson: No Pier Pressure, CD, 56 Minuten, Capitol (Universal Music), ASIN: B00NSOP9Y2, 19,98 Euro aktuell verlost zwei CDs. Einfach eine E-Mail mit Adresse und Betreff „Brian Wilson“ bis zum 27. April an [email protected] schicken.

Gewinnauslosung aktuell 12/2015: Über jeweils ein Hörbuch „Die große Franz-­EberhoferBox“ gelesen von Christian Tramitz dürfen sich Lutz Maziul, Heike Schoenherz und Jürgen Prüger freuen. Herzlichen Glückwunsch!

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aktuell

vermischtes

Uniform per Post

Ausgewählte ­ Medienbeiträge 22. April, 22:00 Uhr, Br:

Aria Kuti versorgt deutsche Soldaten in den USA mit den passenden Uniformen.

„vom Leiden und sterben im KZ Flossenbürg“

Youtube-video der Woche: Aus Rettungsassistenten werden zukünftig Notfall-Sanitäter. Damit verlängert sich ihre Ausbildungszeit von zwei auf drei Jahre. Schon jetzt werden die Bundeswehr-Notfallmediziner mit umfangreichen Lehrgängen auf die steigenden Anforderungen vorbereitet. (eb) Der Beitrag „Ausbildung der Notfallsanitäter in Berlin“ unter www.youtube.com/ bundeswehr.

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Welche lebende Person bewundern Sie am meisten? Ich bewundere Menschen, die ihre Zeit investieren, um anderen Menschen in Not zu helfen.

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Wie können Sie am besten entspannen? Beim Laufen mit Musik auf den Ohren. Was wäre Ihre berufliche Alternative? Krankenschwester. Foto: Hannemann/ RedBw

Am 23. April findet der 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Flossenbürg statt. Die Dokumentation von Thomas Muggenthaler, Andrea Bräu und Beatrice Sonhüter zeichnet die Geschichte des KZ nach. Auch Überlebende bekommen eine Stimme und berichten von den erschütternden Erfahrungen ihrer schrecklichen Zeit am Ort des Grauens. Die Gefangenen in dem 1938 errichteten KZ wurden für den Granitabbau ausgebeutet. Eines der tragischsten Kapitel bleiben die Todesmärsche im April 1945, bei denen 7000 Häftlinge kurz vor ihrer Befreiung ums Leben kamen.

20. April 2015

ich einmal in New Mexico für die Deutsche Luftwaffe arbeiten werde“, sagt die gebürtige Niederländerin ­ rückblickend. 1982 lernt sie ihren Mann, einen ehemaligen amerikanischen Soldaten, kennen und lieben und folgt ihm in die USA. Sein letzter Posten vor der Pensionierung führt ihn auf die Holloman Air Force Base in New Mexico. 2000 bewirbt sich Kuti, die ausgebildete Schneiderin ist, bei der Kleiderkammer des damals neu gegründeten Fliegerischen Ausbildungszentrums der Luftwaffe in Holloman. Insgesamt 1000 deutsche Soldaten in den USA versorgt die Kleiderkammer. Zusammen mit zwei weiteren zivilen Mitar-

beitern gibt Kuti seit 15 Jahren täglich von Fliegersonderbekleidung über Kampfstiefel bis hin zu Sonnenhüten alle Kleidungsstücke aus, die man auch in einer deutschen Kleiderkammer finden würde. Rund 2000 verschiedene Produkte sind permanent vorrätig. Trotzdem passt nicht immer alles: „Kleiner machen geht immer. Wenn die größte Größe nicht passt, mache ich aber auch Maßanfertigungen und passe Uniformteile individuell an“, erklärt die 52-Jährige. „Vieles verschicken wir wegen der großen Entfernungen per Post. Wir bekommen ein altes Paar Stiefel und schicken dafür dann ein neues Paar zurück. Das klappt prima!“ (uje)

Welches Wort oder welche Redewendung gebrauchen Sie zu häufig? Es ist, wie es ist! Was ist Ihr Hauptcharakterzug? Meine Tatkraft. Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen? Zu holländischer Lakritze. Welches Lied singen oder hören Sie gerne? „Talking about a revolution“ von Tracy Chapman. Wo möchten Sie am liebsten leben? Überall dort, wo unsere Familie ist. Was können Sie besonders gut kochen? Nicht viel. Ich liebe es, wenn mein Mann kocht. Er ist der beste Koch, den ich kenne! Was mögen Sie an sich selbst nicht? Ich kann manchmal sehr ungeduldig sein! Wie lautet Ihr Lebensmotto? Materielle Dinge sind nicht wichtig – Erfahrungen hingegen schon. Was ist Ihr höchtes Gut? Gesundheit.

SUDOKU Vi

el G Senden Sie die vier Lösungszahlen, lück die sich aus den farbigen Feldern ! ergeben, per E-Mail mit dem Betreff “Sudoku 15/2015” und Ihrer Postanschrift an: [email protected]

Einsendeschluss: Sonntag dieser Woche Der Gewinn: Eine Outdoor-Kaffeepresse Lösung der Ausgabe 13/2015: 7 7 2 9 Gewonnen hat: Holger Wömpener

Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen. Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt. Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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