Neues Niedersächsisches Hochschulgesetz in Kraft Neufassung bringt zahlreiche Änderungen für die Osnabrücker Universität
Themen-Überblick Das neue NHG . . . . . . . . . . . . 2 Hochschulwahlen . . . . . . . . . . . 3 Allianz mit Twente . . . . . . . . . . 4 Univerlag verlässt die Stadt . . . 5 10 Jahre IMIS . . . . . . . . . . . . . . 6 Buchkritik: Alberto Savinio . . . 7 Mit Qualitätssiegel . . . . . . . . . . 8 Neues Graduiertenkolleg . . . . 9 Kognitionswissenschaft . . . . . 10 Promotionsprogramm . . . . . 11 Auf Stufen ins Lehramt? . . . . . 12 Information Engineering . . . . . 13 In den Ruhestand . . . . . . . . . . 14 Wanderer zwischen Welten . 15 Die Uni tanzt . . . . . . . . . . . . . 16 Förderpreisstifter . . . . . . . . . . 17 Ideenwettbewerb „think“ . . . 18 Hilfe für die Seele . . . . . . . . . . 20 Mensa „cum laude“ . . . . . . . . 21 Strippenziehen . . . . . . . . . . . . 22 Neu an der Uni . . . . . . . . . . . 23 Uni privat . . . . . . . . . . . . . . . . 24
usgabe 2002/1 ahrgang 10 Oktober 2002
(red.) Seit dem 1. Oktober diesen Jahres ist es für niedersächsische Universitäten in Kraft: das neue Gesetz zur Hochschulreform. Es tritt an die Stelle des seit 1993 geltenden Gesetzes und enthält zahlreiche Änderungen für die Universität Osnabrück. Ziel des Gesetzgebers ist es, die Entscheidungsverantwortung für die Belange der Hochschule weitgehend von Gremien auf Einzelpersonen oder Kollegialorgane zu verlagern. Statt der 153 Paragraphen des alten Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG), zu denen noch zahlreiche Übergangsbestimmungen kamen, beschränkt sich das neue Gesetz auf lediglich 68 Paragraphen. Universitätspräsident Prof. Dr. Rainer Künzel begrüßt diese „Entstaatlichung“, die sich darin ausdrückt, „dass die Hochschulen sich nun weitgehend selbst organisieren können.“ Künftig wird es drei Organe geben, die an der Leitung der Hochschule beteiligt sind. Neben Präsidium und Senat soll ein Hochschulrat gebildet werden. Dem Präsidium gehören neben dem Prä-
sidenten mindestens ein hauptamtlicher Vizepräsident sowie ein oder mehrere nebenamtliche Vizepräsidenten an. Der Präsident vertritt die Universität nach außen und führt den Vorsitz im Präsidium. Verändert hat sich die Rolle des Senats. Diesem Gremium werden vom Gesetzgeber eine Reihe neuer Kompetenzen anvertraut, nicht zuletzt eine verstärkte Kontrollfunktion gegenüber der Hochschulleitung. Als besonderes Organ wurde der Hochschulrat konzipiert. Die sieben stimmberechtigten Hochschulratsangehörigen dürfen nicht Mitglieder der Hochschule sein.
Herzlich willkommen!
Ihre Aufgabe ist die Beratung von Senat und Präsidium. Insgesamt wurde die neue Struktur vom Gesetzgeber auch auf die Ebene der Fachbereiche übertragen. Diese werden künftig von Dekanaten geleitet, deren Kompetenzen gegenüber dem Fakultätsrat erweitert wurden. Für die Universität Osnabrück ergeben sich aus dem neuen NHG zahlreiche Veränderungen, die auf den folgenden Seiten erläutert werden.
www.uni-osnabrueck.de Jede Stimme zählt! Am 27. und 28. November sind Hochschulwahlen.
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Für mehr als 2300 Erstsemester beginnt in diesen Tagen ihr Studium an der Universität Osnabrück. Für jeden einzelnen sicherlich der spannende Beginn einer neuen und aufregenden Zeit. Vorlesungen, Seminare, Scheine, Mensa: Was heute noch ungewohnt klingen mag, wird schon in einigen Wochen in den Sprachgebrauch aufgenommen sein. Foto: Hermann Pentermann
Hochschulpolitik
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„Hochschul-Autonomie stärken“ Was verändert das neue NHG? Fragen an Unipräsident Prof. Dr. Rainer Künzel (red.) Das neue NHG bedeutet in mehrfacher Hinsicht einen radikalen Bruch mit den staatlichen Detailregelungen für die Gremienuniversität, die sich in den letzten 30 Jahren im Gefolge des Studentenprotestes gegen die "Ordinarienherrschaft" entwickelt hat. Zentrale Merkmale erläutert Universitätspräsident Prof. Dr. Rainer Künzel im Gespräch. Welche Auswirkungen hat ? das neue Hochschulgesetz für die Universität Osnabrück? Auf der Universitätsebene wird ein Präsidium mit weitreichenden Kompetenzen etabliert und die Fachbereiche von Dekanaten geleitet, deren Kompetenzen ebenfalls gegenüber dem Fakultätsrat erweitert werden. Die Aufgabenstellung des Senats hat sich – einerseits durch die Übernahme der Aufgaben des Konzils, andererseits durch die Verlagerung der meisten seiner Kompetenzen auf die kollegiale Hochschulleitung – verändert. Zuständig ist er nun für Grundsatzfragen, für die Ausgestaltung der Hochschulverfassung, für die Mitwirkung an der Entwicklungsplanung der Hochschule und für die Kontrolle der Hochschulleitung durch Wahl oder Abwahl ihrer Mitglieder. Im Präsidium wiederum ist eine formalisierte Arbeitsteilung vorgesehen, die nicht nur das Verhältnis der Präsidiumsmitglieder zueinander, sondern auch deren Zusammenarbeit mit der Verwaltung und mit den Fachbereichen bestimmt. Völlig neu ist der Hochschulrat – oder im Falle der Überführung der Trägerschaft der Hochschule in eine rechtsfähige Stiftung – der Stiftungsrat. Während der siebenköpfige Hochschulrat Senat und Präsidium berät, werden dem Stiftungsrat bis auf die Rechtsaufsicht so gut wie alle Kompetenzen des Ministeriums übertragen. Wie sieht der Fahrplan für ? die Universität Osnabrück aus? Im neuen Gesetz sind Übergangsregelungen getroffen worden. So wurde bereits am 11. September
eine vorläufige Grundordnung verabschiedet und Prof. Dr. Peter Hertel die Wahrnehmung der Aufgaben eines Vizepräsidenten neu übertragen. Er wird weiterhin für Forschung und den wissenschaftlichen Nachwuchs zuständig sein. Am 1. Oktober ist die Hochschulleitung erstmals als Präsidium zusammengetreten und hat einen Beauftragten für den Haushalt bestellt. Weiterhin wurde über die interne Arbeitsteilung und – soweit erforderlich – die Übertragung von Aufgaben bisheriger Organe, Gremien und Kommissionen auf andere Stellen beraten. Für den 27. und 28. November ist dann die Wahl des Senats und der Fachbereichsräte vorgesehen, deren Amtszeit am 31. Dezember
2003, also nach nur einem Jahr enden wird. Bereits in der Senatssitzung am 11. September wurde eine Findungskommission für den Hochschulrat benannt. Diese Kommission wird dem neuen Senat Vorschläge zur Bestellung von vier Hochschulratsmitgliedern vorlegen. Damit kann der Hochschulrat im Zusammenwirken mit dem Ministerium bis zum 30. April 2003 berufen werden. Gegen Ende des kommen? den Jahres steht dann bereits erneut eine Wahl zum Senat und den Fachbereichsräten an? Ja, dann allerdings auf der Basis der neuen Grundordnung und zur
Prof. Dr. Rainer Künzel Foto: Gisbert Gramberg Vorbereitung des Übergangs in eine Hochschulorganisation, die den Vorgaben des Gesetzes in vollem Umfang entspricht. Dazu Fortsetzung des Gesprächs auf der nächsten Seite.
„NHG behutsam umsetzen“ Seit Oktober gilt ein neues Dienstrecht: Vizepräsident Ehrenberg erklärt es Mit der Neufassung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) ergeben sich zahlreiche Änderungen im Dienstrecht. Was zum Beispiel ist ein Juniorprofessor? Die wichtigsten Einzelheiten erläutert Vizepräsident Christoph Ehrenberg. Durch das neue NHG wird die Dienstrechtsreform auf Bundesebene (Juniorprofessor, leistungsbezogene Professorenbesoldung und neue Befristungsregelungen für Nachwuchswissenschaftler) in Landesrecht umgesetzt. Neu sind so genannte Juniorprofessoren. Diese treten an die Stelle des bisherigen Qualifizierungsweges zur Berufung, also Habilitation als C1-Assistent oder ähnliches. Andererseits entfallen die dienstrechtlichen Kategorien Wissenschaftlicher Assistent, Oberassistent, Hochschuldozent sowie die Akademischen Räte. Aufgrund einer Übergangsfrist ist die Habilitation als Einstellungsvoraussetzung für eine Professur statt der Juniorprofessur noch bis 2009 möglich. In welcher Weise Vordienstzeiten, die für die Promotions- und Postdoc-Phase nicht
Christoph Ehrenberg Foto: Michael Münch
mehr als sechs Jahre betragen dürfen, sich auf die jetzt einzustellenden Juniorprofessoren auswirken, wird derzeit geprüft. Ehrenberg: "Es ist aber wegen der Übergangssituation von einer großzügigen Handhabung der Bestimmungen auszugehen." Abgesehen von Juniorprofessoren und Professoren, die sowohl im Beamten- als auch Angestelltenverhältnis beschäftigt wer-
den können, wird es künftig im wissenschaftlichen Bereich nur Angestellte geben. In den Vorjahren eingestellte Akademische Räte und Oberräte bleiben bis zur Pensionierung in ihrem Beamtenverhältnis. Die Mitarbeiter im technischen Bereich und dem Verwaltungsdienst der Universität tauchen im neuen NHG nicht mehr als dienstrechtliche Kategorie mit den von ihnen auszuübenden Tätigkeiten auf. Wesentliche Veränderungen betreffen die Rechte der Professoren. Deren Dienstvorgesetzter ist künftig nicht mehr das Ministerium, sondern der Präsident der Hochschule. Nicht diesem, sondern der kollegialen Leitung insgesamt sind wichtige Befugnisse gegenüber den Professoren übertragen worden. Ehrenberg: "Das neu geschaffene Präsidium kann nun die Lehrenden im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zur Abhaltung von Lehrveranstaltungen verpflichten sowie ihre regelmäßige Anwesenheit anordnen." Auch für die Gewährung der Leistungsbezüge an Professoren ist das Präsidium zuständig, ebenso für die abschließende Entscheidung über Berufungsvorschläge.
Hochschulpolitik
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Aus zwei mach eins? Liegt die Zukunft der kleineren Hochschulen wie in Osnabrück und Twente in einem Zusammenschluss? Auf unseren Fotos zu sehen sind Symbole für die beiden Universitäten: rechts das Osnabrücker Schloss und links ein Kunstwerk auf dem Campus der Universität in Twente. Fotos: Archiv
„Gemeinsam besser gerüstet als allein“ An der Universität Osnabrück wird zur Zeit kontrovers über eine mögliche Allianz mit Twente diskutiert (red.) Die Universität Osnabrück hat sehr viele verschiedene wissenschaftliche Glanzlichter. Die Technische Universität in der niederländischen Provinz Twente ebenfalls – aber in anderen Bereichen. Was läge näher, als über einen Zusammenschluss nachzudenken? Universitätspräsident Prof. Dr. Rainer Künzel war maßgeblich an der Entwicklung eines Konzeptes für eine „strategischen Allianz“ beteiligt. Es wird in der Hochschule kontrovers diskutiert. Quo vadis, Universität Osnabrück? In Zeiten zunehmenden Wettbewerbs zwischen einzelnen Hochschulen um Gelder und Studierende haben kleinere und weniger traditionsreiche Universitäten das Nachsehen. Vermehrt fließen Forschungsmittel an große Hochschulen und lösen eine Magnetwirkung auf künftige Studierende aus. Dagegen könnten die Synergieeffekte einer Fusion der beiden Universitäten Osnabrück und Twente gesetzt werden. Im Februar diesen Jahres wurden die Fächer gebeten, Stellungnahmen zur Durchführung einer Wünsch- und Machbarkeitsstudie bezüglich einer Allianz abzugeben. Daraus hervor ging ein breites Spektrum an Meinungen. So glaubt der Fachbereichsrat Sprach- und Literaturwissenschaft, keinen Nutzen in einer Fusion erkennen zu können. Der Rat des Fachbereichs Mathematik/Informatik hingegen meint, die Verbindung sei eine Chance.
Auf der letzten Konzilssitzung Anfang Juli fasste Künzel den Stand der Diskussion zusammen. Er betonte die Vorteile, die aus seiner Sicht in einer solchen Allianz liegen. Beispiel Naturwissenschaften: „Wir besitzen eine kaum lebensfähige Chemie und Informatik, die Universität Twente ist hier jedoch besonders stark. Umgekehrt fehlt den Twentern die Biologie.“ Und für die Physik gelte: „Osnabrück arbeitet mehr grundlagenorientiert, die niederländischen Nachbarn stärker anwendungsbezogen.“
Die vielfach befürchtete „Marginalisierung unserer Geisteswissenschaften“ durch die Dominanz technischer Fächer in Twente, sieht der Universitätspräsident nicht. Denn: „Twente möchte die meisten ihrer Studiengänge um geisteswissenschaftliche Module ergänzen, um so die Chancen der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Und auf dem selben W e g e könnten die Berufschancen unserer Absolventen der geisteswissenschaftlichen Fächer vergrößert werden.“
Wie sieht nun die weitere Planung aus? In den nächsten Monaten bindet die Umsetzung der neuen niedersächsischen Hochschulgesetzgebung alle Kapazitäten der Universität, so dass über das Konzept einer Wünsch- und Machbarkeitsstudie erst zu einem späteren Zeitpunkt abgestimmt werden soll. Künzel: „Auch hier gilt wie bei der Frage der Stiftungsoption des neuen NHG: Erst eine genaue Analyse der Vorund Nachteile einer Verbindung der beiden Universitäten lässt eine rational begründbare Entscheidung zu.“
Oktober des vergangenen Eine Stiftung für die Universität: Seit Jahres hat die Osnabrücker Universität ihre eigene Stiftung. Unter dem Vorsitz von Universitätspräsident Prof. Dr. Rainer Künzel traf sich die Vereinigung zu ihrer konstituierenden Sitzung. Mit 100.000 Euro wurde von der Universitätsgesellschaft der Grundstock gelegt. Finanzieren will die Stiftung unter anderem Forschungsvorhaben junger Wissenschaftler. Dem Stiftungsrat gehören neben Künzel sowohl Universitätsmitglieder als auch Vertreter der regionalen Wirtschaft an. Ziel ist es nun, weitere Privatpersonen und Unternehmer als Kapitalgeber zu gewinnen. Bei der feierlichen Gründung waren anwesend: Kanzler Christoph Ehrenberg, Honorarprofessor Dr. Norbert Winkeljohann, Dr. Hans-Wolf Sievert, Gabriele Simon, Dr. Dieter Matenaar, Prof. Dr. Rainer Künzel und Prof. Dr. Rainer Hüttemann (von links). Foto: Detlef Heese
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Wissenswert Virusforschung: Mit 516.000 Euro unterstützt die EU Prof. Dr. Frank Seela vom Fachbereich Biologie/Chemie bei der Entwicklung von Medikamenten gegen das HepatitisC-Virus. Seela und seinem Mitarbeiterstab wurde die Förderung im Sommer diesen Jahres zugesprochen. Seitdem haben die Wissenschaftler vom Laboratorium für Organische und Bioorganische Chemie im chemischen Institut erste Erfolge erzielt. Sie stehen im Austausch mit Kollegen im Inund Ausland. Feierstunde: Als besonderer Gast anlässlich des IMIS-Jubiläums war die ehemalige Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitte) geladen. V. l.: Prof. Dr. Hans-Joachim Wenzel, Dr. Albert Maximilian Schmid, Präsident des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Institutsdirektor Prof. Dr. Klaus J. Bade und Universitätspräsident Prof. Dr. Rainer Künzel. Foto: Elena Scholz
Forschung und Politikberatung Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien feierte Jubiläum
Prof. Dr. Frank Seela Foto: privat Richteramt: Prof. Dr. Jörn Ipsen vom Fachbereich Rechtswissenschaften wurde im Juni vom Niedersächsischen Landtag in Hannover zum stellvertretenden Mitglied des Staatsgerichtshofes Bückeburg gewählt. Der renommierte Jurist lehrt seit 21 Jahren an der Universität Osnabrück, seit 1989 ist er Direktor des Instituts für Kommunalrecht. Der Staatsgerichtshof als höchstes Gericht des Landes, setzt sich aus neun ordentlichen Mitgliedern mit jeweils einem Stellvertreter zusammen.
Prof. Dr. Jörn Ipsen Foto: Elena Scholz
(red.) Das Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, kurz IMIS genannt, nahm 1991 die Arbeit auf. Am 17. Dezember 2001 feierte es sein zehnjähriges Bestehen.
schen Wissenschaftlern und Experten der Praxis. Zur Zeit läuft erfolgreich die dritte Förderperiode des DFG-Graduiertenkollegs zum Thema „Migration im modernen Europa“mit 15 Wissenschaftlern. Darüber hinaus
Vor gut 20 Jahren hatte IMISDirektor Prof. Dr. Klaus J. Bade eine „aktiv steuernde“ Migrationsund Integrationspolitik sowie entsprechende interdisziplinäre Forschungsinstitutionen gefordert. Lange wurden diese Themen indes politisch tabuisiert. Im Zeichen der stark ansteigenden Zuwanderungen Anfang der Achtziger schien Bade endlich die Zeit gekommen, öffentliche und politische Unterstützung für die Etablierung interdisziplinärer Forschung einzufordern – diesmal mit Erfolg. 1991 wurde das IMIS an der Universität Osnabrück ins Leben gerufen. Mit Bade als Gründungsdirektor und einem halben Dutzend Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen übernahm es eine Vorreiterrolle in Deutschland. Heute ist es ein weltweit anerkanntes Forschungs- und Beratungszentrum in Sachen Migration und Integration. Bade: „Es genügt nicht, bloß aus dem Elfenbeinturm herauszukommen, man muß gleichzeitig immer einen festen Platz darin behalten.“ So gehe es am Institut einerseits um die Kommunikation zwischen den verschiedenen Disziplinen und andererseits zwi-
Gründungsmitglieder, die auch heute noch am IMIS arbeiten, sind neben Bade der Jurist Prof. Dr. Albrecht Weber und der Pädagoge Prof. Dr. Peter Graf. Einige Mitglieder sind, vor allem durch Rufe an andere Universitäten, ausgeschieden, wie die Pädagogin Prof. Dr. Leonie HerwartzEmden, der Migrationssoziologe Prof. Dr. Michael Bommes und der Jurist Prof. Dr. Eberhard Eichenhofer. Als neue Mitglieder sind hinzugekommen die Historiker Privatdozent Dr. Jochen Oltmer und Prof. Dr. Hans-Werner Niemann, die Pädagogin Privatdozentin Dr. Eva Breitenbach, der Psychologe Prof. Dr. Siegfried Greif, der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Utz Maas, der Islamwissenschaftler Dr. Ulrich Mehlem sowie die Geographen Privatdozentin Dr. Beate Lohnert und Prof. Dr. Hans-Joachim Wenzel, der 1997 bis 2002 als IMIS-Direktor die Geschicke des Instituts leitete, bis der Osnabrücker Historiker Prof. Dr. Klaus J. Bade in diesem Jahr das Steuer wieder übernahm.
erscheinen am IMIS drei Schriftenreihen, in denen seit 1995 mehr als 40 Bände vorgelegt worden sind. Privatdozent Dr. Jochen Oltmer kümmert sich im Vorstand um die Publikationsorganisation. Wissenschaft ist das eine Standbein des IMIS. Das andere ist praktische Politikberatung. Im Mittelpunkt stand zuletzt die Diskussion um das Zuwanderungsgesetz. Bade war einer der geistigen Wegbereiter des Gesetzes, und, als Gutachter der Süssmuth-Kommission sowie als Berichterstatter im Innenausschuss des Bundestages, auch an der Vorbereitung des Gesetzes selbst beteiligt. IMIS-Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Utz Maas erarbeitete mit dem Islamwissenschaftler Dr. Ulrich Mehlem ein Konzept für Sprachkurse als zentralem Element der Integrationsangebote im Sinne des Zuwanderungsgesetzes. Mit der Stiftungsprofessur für „Soziologie/Methodologie interkultureller und interdisziplinärer Migrationsforschung“ durch die VolkswagenStiftung soll nun dem IMIS der Durchbruch in die eigenständige Lehre auf einem für die Gestaltung von Migration und Integration in der Zukunft entscheidendem Gebiet gelingen. Bade: „Es fehlt an der Ausbildung der Ausbilder im Zuwanderungsland. Dazu ist die neu eingerichtete Stiftungsprofessur ein wichtiger Schritt voran.“ '
www.imis.uni-osnabrueck.de
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Qualität bescheinigt Erfolgreich: Wirtschaftsrecht + Wirtschaftsinformatik (red.) Vor einem Jahr starteten zwei neue Studiengänge in den Fachbereichen Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Zum einen der Bachelor- und Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik und zum anderen ein Bachelorstudiengang Wirtschaftsrecht. Dieser wurde vor kurzem mit dem Qualitätssiegel ausgezeichnet. Insgesamt 75 Studierende haben im vorigen Wintersemester einen der beiden Ausbildungsgänge begonnen: 25 in der Wirtschaftsinformatik, 50 im Wirtschaftsrecht. Die Wirtschaftsinformatik wurde als Intensivstudiengang konzipiert. In kurzer Zeit werden die Studierenden für Berufsfelder ausgebildet, in denen ein Mangel an Fachkräften besteht. Inhalte sind neben den reinen ökonomischen auch mathematische Grundlagen. Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Witte ist mit den Erfahrungen nach einem Jahr vollauf zufrieden. Vor allem freut ihn das rege Interesse: „Wir haben sehr viele Bewerbungen aus dem Ausland bekommen.“ Allerdings wurde im ersten Durchlauf zu wenig auf den Nachweis guter Deutschkenntnisse geachtet. Diese sind nun verpflichtend geworden. Auch der Studiengang Wirtschaftsrecht hat sich bewährt.
„Mit diesem Programm ist es dem Osnabrücker Fachbereich Rechtswissenschaften gelungen, sein akademisches Profil weiter zu schärfen“, betont Dekan Prof. Dr. JensPeter Schneider. Das sechssemestrige Studium verbindet eine fundierte juristische Grundausbildung mit praxisnahen wirtschaftsrechtlichen Ausbildungselementen. Der berufsqualifizierende Abschluss soll den raschen Einstieg in verschiedene Berufsfelder, wie beispielsweise das Versicherungsoder Wirtschaftsprüfungswesen, ermöglichen. Für den zweiten Durchgang liegen mehr als 150 Bewerbungen vor. „Drei Mal so viel wie Plätze zur Verfügung stehen“, so der Dekan. Vor kurzem wurde dem Studiengang das Qualitätssiegel der Zentralen Evaluations- und Akkreditierungsagentur (ZEvA) in Hannover verliehen. Eine solches Verfahren zur Begutachtung neu aufgelegter Studiengänge ist seit einiger Zeit gesetzlich vorgeschrieben und soll unter anderem für allgemeingültige Standards sorgen. Der Bachelorstudiengang Wirtschaftsrecht ist das erste Osnabrücker Programm, das akkreditiert wurde. Gelobt wird in dem Hannoveraner Gutachten die Intensität des Angebotes. Den Lehrenden im Fachbereich attestiert die Agentur ein weit über das Normale hinausgehendes Engagement in der Ausbildung.
Ehrendoktorwürde für Prof. Dr. Menachem Rosner (Mitte). Hier zusammen mit dem Uni-Vizepräsident Prof. Dr. Klaus Busch (rechts) und dem Osnabrücker Soziologen Prof. Dr. György Széll (links). Foto: Elena Scholz
Alternative Kibbuz? Uni verleiht Ehrendoktor an Soziologen aus Israel (red.) Ist der Kibbuz als Lebensform eine Alternative oder vielmehr ein Auslaufmodell? Menachem Rosner hat sich mit dieser Frage zeitlebens auseinandergesetzt. Für seine Arbeit wurde dem israelischen Soziologen vom Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität ein Ehrendoktortitel verliehen. Der 1922 geborene Wissenschaftler kennt das Kibbuz nicht allein aus der Literatur. Er hat selber unter britischer Besatzung geholfen, das Kibbuz Reshafim aufzubauen, in dem er heute noch lebt. Mit dem Titel eines “Doktors ehrenhalber“ würdigt die Universität sein Lebenswerk.
Impressum
Eingetroffen Claudia Solzbacher, Christine Freitag (Hrsg.): Anpassen, verändern, abschaffen? Schulische Leistungsbewertung in der Diskussion, Klinkhardt 2001 - In der Darstellung werden verschiedene Modelle zur schulischen Leistungsbewertung vorgestellt und kontrovers diskutiert.
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Rainer Wiegels (Hrsg.): Die Fundmünzen von Kalkriese und die frühkaiserliche Münzprägung: Akten des wissenschaftlichen Symposiums in Kalkriese, 15. - 16. April 1999 (Osnabrücker Forschungen zu Altertum und AntikeRezeption), Bibliopolis 2001 - Die Beiträge sind zum Teil überarbeitete Vorträge eines Symposiums in Kalkriese. Thema dabei waren die Münzfunde und
Aufgewachsen in Ostgalizien, emigrierte Rosner in den dreißiger Jahren nach Palästina, wo er Soziologie und Wirtschaftswissenschaften studierte. Bis zu seiner Emeritierung lehrte der Wissenschaftler in Haifa. Dort gründete er das Zentrum für Kibbuzforschung. In seiner Laudatio für den befreundeten Forscher hob der Osnabrücker Soziologe Prof. Dr. György Széll die seit 20 Jahren bestehenden Beziehungen zu israelischen Kollegen hervor. Mit der Verleihung werde ein Soziologe geehrt, der sich weit über die Grenzen seines Heimatlandes Israel hinaus als Wissenschaftler einen großen Namen gemacht habe.
ihre Einordnung in den Kontext der VarusSchlacht zwischen Römern und Germanen.
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Wolfgang Spickermann (Hrsg.): Religion in den germanischen Provinzen Roms, Mohr Siebeck Verlag 2001 - Der Band vereinigt 14 Tagungsbeiträge zu den religiösen Gegebenheiten in den germanischen Provinzen Roms.
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Natascha Ueckmann: Frauen und Orientalismus. Reisetexte französischsprachiger Autorinnen des 19. und 20. Jahrhunderts, Metzler Verlag 2001 - Die Untersuchung versteht sich als ein Beitrag zur kritischen Frauenreiseforschung und plädiert für einen differenzierten Umgang mit dem Thema „reisende Frauen“.
Peter Marschalck und Karl Heinz Wiedl (Hrsg.): Migration und Krankheit (IMIS-Schriften, Band 10), Universitätsverlag Rasch 2001 - Der Sammelband thematisiert Erfahrungen der Medizingeschichte, theoretische und epidemiologische Forschungsansätze sowie Fragen der Behandlung und Versorgung von Patienten. Es geht zudem um spezifische Probleme einzelner Zuwanderergruppen.
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György Széll und Wiking Ehlert (Hrsg.): New Democracies and Old Societies in Europe, Peter M. Lang Verlag 2001 Die Aufsatzsammlung beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, ob die alten Formen der Zivilgesellschaft in der Lage sind, neue Formen der Demokratie für den europäischen Raum zu entwickeln.
Herausgeber: Der Präsident der Universität Osnabrück Redaktion: Utz Lederbogen Oliver Schmidt Redaktionsassistenz: Elena Scholz Redaktionsanschrift: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Neuer Graben/Schloss, 49069 Osnabrück Tel. (0541) 969-4516, Fax (0541) 969-4570
[email protected] Titelseite/Bildbearbeitung: Bruno Rothe, Georgsmarienhütte Druck: Druckerei Grote, Bad Iburg Auflage: 5.000 Exemplare Nächste Ausgabe: 1. Dezember 2002 Redaktionsschluss: 8. November 2002 Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers wieder, nicht unbedingt die des Herausgebers oder die der Redaktion.
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„Beratungserfolg“ (red.) Er hat es hinter sich. Die Abschlussarbeit ist geschrieben, abgegeben und zensiert, Klausuren und mündliche Prüfungen bestanden. Seit 1997 studierte Michael Henseler an der Universität Osnabrück. Mit der Weiterbildung als OP-Fachkrankenpfleger wurde es möglich; Wolfgang Meschke, Leiter des Studierendensekretariats, nennt den Werdegang des 34-Jährigen einen „tollen Beratungserfolg“. Denn mit Bestnoten machte Henseler jetzt einen Abschluss im Lehramt Berufsbildende Schulen in der Fachrichtung Pflege und dem Unterrichtsfach Katholische Theologie. „Einige der Lehrenden waren schon erstaunt, dass auch im Pflegebereich ohne das klassische Abitur studiert werden kann.“ Obwohl die Gewöhnung an ein Studium alles andere als leicht gewesen sei, fällt sein Fazit positiv aus: Er würde es wieder machen, auf alle Fälle. Auch wenn er nebenbei berufstätig bleiben musste, um sich sein Studium zu finanzieren. Und Wolfgang Meschke
Gut beraten: Michael Henseler. Foto: Elena Scholz ergänzt: „Herr Henseler musste noch ein zweisemestriges Probestudium absolvieren. Das wurde abgeschafft.“ Mit dem neuen Niedersächsischen Hochschulgesetz, das seit Oktober in Kraft ist, wurde die fachliche Einschlägigkeit aufgehoben. So könne eine Friseurmeisterin bei entsprechender Note auch Psychologie studieren, ergänzt Meschke. Für Michael Henseler indes geht der Blick nach vorn. Zunächst einmal arbeitet er wieder in seinem alten Beruf, um dann 2003 das Referendariat zu beginnen. Und später? Henseler: „Ich könnte mir schon vorstellen, nach dem Vorbereitungsdienst und entsprechender Berufserfahrung an den Berufsbildenden Schulen in der Lehrerausbildung an der Uni mitzuwirken.“
Gleichgewichtssinn, Sehen, Fühlen: Diese Möglichkeiten stehen symbolhaft für die Kognitionswissenschaft. Grafik: Bruno Rothe
Gedanken über das Denken Aus der „Keimzelle“ geschlüpft: das neue Institut für Kognitionswissenschaft (red.) Wer vor 100 Jahren geboren wurde, nutzte als Kind Pferdekutschen. Heutige Generationen wachsen mit dem Internet auf. Wie wird es weitergehen? Fragen, die indirekt Wissenschaftler am neu gegründeten Institut für Kognitionswissenschaft (IKW) an der Universität beschäftigen. Fachbereichsübergreifend wird dort die Informationsverarbeitung des Gehirns unter Einbeziehung von Wahrnehmung und Motorik erforscht. Das IKW ist hervorgegangen aus dem Institut für Semantische Informationsverarbeitung (ISIV). "Keimzelle" nennt Institutsleiter Prof. Dr. Claus Rollinger dies. "Auch im ISIV waren wir der Informationsverarbeitung verpflichtet, aber insbesondere aus der Sicht der Computerlinguistik und der Künstlichen Intelligenz.“ Nun sind weitere Disziplinen hinzugekommen. Bei ihnen geht es ebenfalls um die Funktionsweise des Gehirns. „Dank einer glänzenden Beurteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK) konnte der Aufbau der neuen Forschungsstätte in die Wege geleitet werden“, freut sich der Institutsleiter. Grundvoraussetzung ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit: "Es ist notwendig, ein gemeinsames Verständnis des Untersuchungsgegenstandes zu entwickeln, um neue Fragen stellen und neue
Antworten finden zu können", erklärt Rollinger. Heute sind 27 Wissenschaftler an den Projekten des IKW beteiligt, und der Aufbau ist noch nicht abgeschlossen. Doch worum geht es im einzelnen? Auf der einen Seite wird über den Virtuellen Campus gearbeitet. Hier wird ein intelligentes Internet-basiertes Prolog-Tutor-System entwickelt, das in Lehrveranstaltungen zum logischen Programmieren eingesetzt wird. Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit der Entwicklung einer speziellen Suchmaschine für das Internet namens GERHARD. Das steht für German Harvest Automated Retrieval and Dictionary, dem schnelleren Erfassen und Herausfiltern wissenschaftlicher Daten aus dem weltweiten Netz. Ziel des Projektes Comparative Cognitive Robotics ist die Entwicklung von Robotermodellen des Lernens von Lebewesen. Dabei wird mit der ETH und Universität Zürich und dem Fachbereich Psychologie der Universität Dresden zusammengearbeitet. In Osnabrück werden Daten zum unbewussten, so genannten impliziten Sequenzlernen gesammelt, um die bestehenden neuronalen Modelle zu validieren und zu erweitern. Internet und Computer bilden einen Schwerpunkt im Forschungsspektrum des IKW. Doch darüber hinaus wird das menschliche Sein nicht ausgeblendet. So fragt der Osnabrücker Philosophieprofessor Dr. Wolfgang Len-
zen in seinem IKW-Projekt: Wie gut ist das Leben? Er behandelt zum Beispiel ethische Problemstellungen der Genforschung. Rollinger betont die Nachwuchsförderung im IKW. So wurde zum Wintersemester eine Graduate School ins Leben gerufen. Durch einen Aufbaustudiengang sollen zwölf Doktoranden in einem engen Betreuungsverhältnis gefördert werden. Und drei Berufungsverfahren sind bereits angelaufen.
Wissenswert Die Namen so mancher Fachgebiete im IKW geben nicht nur Laien Rätsel auf. Was zum Beispiel steckt hinter dem Begriff Neurobiopsychologie? Prof. Dr. Claus Rollinger erklärt: Die Neurobiopsychologie erforscht die neuronalen Grundlagen höherer kognitiver Funktionen (z. B. Sprache oder Gedächtnis). Bei der Philosophie der Kognition liegen die Forschungsinhalte in dem Grenzgebiet der Philosophie des Geistes mit einer anderen für die Kognitionswissenschaft relevanten Disziplin (z.B. Psychologie, Neuroinformatik, Neurobiologie). Neuroinformatik ist die Simulation kognitiver Funktionen mittels künstlicher neuronaler Netze.
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Wissenswert Lehrerausbildung Zurzeit beschäftigt sich das Zentrum für Lehrerbildung mit der neuen Studiengangstruktur in der Ausbildung für das Lehramt an Gymnasien. Sie könnte zukünftig in zwei Stufen erfolgen, nämlich zunächst mit einem ersten berufsqualifizierenden Bachelor-Abschluss, der auf verschiedene Berufsfelder hin qualifiziert, und dann mit einem weiteren Abschluss in einem Lehrer-Master-Studium. Die Grundidee, die unter anderem vom Wissenschaftsrat und der Hochschulrektorenkonferenz vertreten wird, lautet Polyvalenz: Demnach soll der Bachelor so gestaltet werden, dass Studenten nicht nur auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich sein können, sondern zugleich die Wahl haben, durch ein Anschlussstudium entweder Wissenschaftler oder Lehrer zu werden. Das sieht aus wie die Quadratur des Kreises: Der Bachelor dient beispielsweise durch frühe Praktika einerseits als Vorbereitung auf den Lehrer-Master beziehungsweise die Entscheidung für den Lehrerberuf. Andererseits muss das Studium genügend „Lehrerunabhängiges“ Wissen vermitteln, um eine fachwissenschaftliche Vertiefung zu ermöglichen. Und darüber hinaus sollen dann auch noch Schlüsselqualifikationen für den Arbeitsmarkt hinzu kommen. Das ZLB hat ein Modell entwickelt, das diese unterschiedlichen Ansprüche in sich vereinen könnte: das so genannte „Psi“-Modell, wobei das Kürzel für „Polyvalenz und integrativer Ansatz“ steht. Dies wird auf Initiative des Zentrums an der Hochschule diskutiert. Durch eine Hauptfach-NebenfachStruktur und flexible Module sollen die verschiedenen Anforderungen in einem Konzept vereinigt werden. Das erste Fach ist im Vergleich zum zweiten Fach ungefähr im doppelten Umfang zu studieren. Dazu kommen Veranstaltungen, in denen Kompetenzen erlernt werden sollen, die für Lehrer notwendig sind, aber ebenso für Wissenschaftler brauchbar sein können: so genannte Vermittlungskompetenzen.
Aufstrebend: Die Geschäftsstelle des Zentrums für Lehrerbildung (ZLB) bildet das Herzstück für die Verwaltungsangelegenheiten rund ums Lehramtsstudium. Dafür sorgen Ingeborg Behr, Heidi Schmidt, AnneKatrin Krüger, Detlev Priebe und Melanie Pagen (v.l.). Foto: Elena Scholz
Lobby für das Lehramtsstudium Neues Zentrum für Lehrerbildung (ZLB) ist noch jung - aber schon innovativ Das Zentrum für Lehrerbildung (ZLB) arbeitet seit vergangenem Jahr als Forum für alle Belange der Lehramtsausbildung. Nicht erst seit PISA rückt die Lehrerbildung in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Neben den Schulen ist auch das Lehramtsstudium an den Universitäten durch Studien, Gutachten und Evaluationen unter Beschuss geraten. Ein Gutachten aus Hannover hat der Universität Osnabrück ins Stammbuch geschrieben, sich um die Koordination und Kommunikation im Bereich Lehramt zu kümmern. Diese Aufgabe nimmt seit der Gründung im letzten Jahr das Zentrum für Lehrerbildung wahr. Ziel ist es, für alle übergreifenden lehramtsrelevanten Diskussionen ein Forum zu bieten, Abstimmungen über Fachbereichsgrenzen hinaus vorzunehmen und die Bedeutung des Lehramtes an der Universität zu erhöhen. Und seit letztem Jahr ist schon einiges geschehen: Diskussionen und Stel lungnahmen durch den Zentrumsvorstand zu den Evaluationsverfahren, die sowohl für Studium
und Lehre als auch zur Forschung im Lehramtsbereich stattgefunden haben. Darüber hinaus gab es Stellungnahmen zu den Änderungen der Prüfungsverordnungen für das Erste und für das Zweite Staatsexamen. Zusätzlich dazu wurden die lehramtsbezogenen Ankündigungen im Vorlesungsverzeichnis erheblich verbessert. Und das ZLB hat Arbeitsgruppen eingerichtet, die die Fächer übergreifenden Veranstaltungen aufeinander abstimmen und Standards für sie festgelegt haben. Zu solchen Veranstaltungen gehören ‚Informations- und Kommunikationstechnologien‘ (IuK), ‚ästhetische Bildung‘ und ‚Sprecherziehung‘. Lobbyarbeit für das Lehramt bedeutet auch die Beteiligung an Diskussionen zur Fachentwicklung und Berufungsplanung, insbesondere was den Bereich der Didaktik betrifft. Die Fachdidaktiken sind in manchen Bereichen nicht hinreichend ausgestattet, um eine intensivere Forschung zu ermöglichen. In einzelnen Fächern fehlt sie sogar ganz. Das Zentrum hat auch verschiedene Tagungen unterstützt. Themen waren die Förderung Hochbegabter oder Perspektiven der Schulentwicklung. All dies geschieht neben der Arbeit, die ohnehin schon vom Zentrum für päd-
agogische Berufspraxis (ZpB) wahrgenommen wurde. Dieses ist mit allen Aufgaben im ZLB aufgegangen. Das derzeit mit Abstand aufwändigste Projekt ist die Entwicklung eines Bachelor/MasterModells für die gymnasiale Lehrerbildung (siehe Box "Wissenswert"). Ob es gelingt, den angekündigten Modellversuch des Landes Niedersachsen zu einem Innovationssprung in den gymnasialen Lehramtsstudiengängen zu nutzen? Und diese über einen gemeinsamen Bachelor-Studiengang noch stärker mit fachwissenschaftlichen Studiengängen zu vernetzen? Eine verbindliche Antwort wird es voraussichtlich in diesem Wintersemester geben. Zusammengefasst gilt meines Erachtens: Mit diesen Initiativen und überaus lebhaften, zum Teil auch sehr kontroversen Diskussionen, die im und um das Zentrum geführt werden, wird es seiner zentralen Aufgabe, nämlich Koordination und Kommunikation für den gesamten Bereich des Lehramtes zu schaffen, auf alle Fälle bereits gerecht. Und dies schon wenige Monate nach seiner Gründung. Dr. Yoshiro Nakamura Der Autor ist Referent für Studium und Lehre im Planungsdezernat der Universität Osnabrück
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Verdienter Ruhestand: Heinz Wilhelm Trapp und Hans-Jörg Reiffen Es verbindet sie mehr als nur die Liebe zur reinen Wissenschaft. Die beiden Osnabrücker Mathematiker Prof. Dr. Hans-Jörg Reiffen und Prof. Dr. Heinz Wilhelm Trapp kennen sich seit nunmehr 40 Jahren. Beide hatten großen Anteil am Aufbau der Universität Osnabrück. Nun werden sie verabschiedet. Willkommene Gelegenheit für ein gegenseitig verfasstes Porträt.
„Kein Monomane“
„Schlagfertig“
Aus dem Revier an die Hase: Hans-Jörg Reiffen
Ein typischer Westfale: Heinz Wilhelm Trapp
Heinz Wilhelm Trapp
Hans-Jörg Reiffen
„Im Februar 1964 bin ich Hans-Jörg Reiffen zum ersten Mal begegnet. Er war damals, mit 27 Jahren, eine gewichtige Persönlichkeit am Mathematischen Institut der Universität Münster, bereits mit einer bis heute zitierten Doktorarbeit promoviert. Für mich eine Respekt verdienende Persönlichkeit. Bei aller Freundschaft, die bald vier Jahrzehnte besteht, habe ich diesen Respekt nicht verloren: vor seiner ungewöhnlichen mathematischen Begabung, der Vielfalt seiner Arbeiten, der darin verwandten Methoden, seiner Disziplin und Arbeitskraft. Dabei ist er alles andere als ein "Monomane": Er liebt die Kunst und seine alte Liebe zu den Naturwissenschaften ist nie erloschen. Hans-Jörg Reiffen ist ein politischer Mensch, in dem Sinne, dass er sich in die Pflicht nehmen lässt, das zu tun, was er für richtig erkannt hat. Natürlich war er schon zu Beginn seiner Osnabrücker Zeit Fachbereichsvorsitzender. Und Prof. Reiffen war Mitglied des Integrationsausschusses, von wo aus die Weichen gestellt wurden für die Einrichtung der Wirtschaftswissenschaften. Später war er unter anderem Mitglied des Senats sowie Vizepräsident der Universität.
„Es war 1964 im mathematischen Institut der Universität Münster, als ich Heinz Wilhelm Trapp zum ersten Mal begegnete: Ein großer, schlanker, etwas verlegen wirkender junger Mann. Er hatte gerade seine Assistentenstelle angetreten. Seitdem haben wir uns nicht mehr aus den Augen verloren. Ich habe mich gefreut, dass er 1974 einen Ruf an die Universität Osnabrück annahm. Kannte ich doch seine Fähigkeiten, die für die junge Uni sehr wertvoll sein würden: Seine Fähigkeit zu konstruktivem konzeptionellen Denken, sein Hang zum organisatorischen Gestalten, aber auch sein Augenmaß und seine zugleich verbindliche und konsequente Art. Trapp hat sich, von den Präsidenten Horstmann und Künzel abgesehen, wie kein anderer Professor um den Aufbau unserer Universität gekümmert. Er war von 1976 bis 1979 stellvertretender Rektor und von 1979 bis 1981 sowie von 1990 bis 1994 Vizepräsident. In der Horstmann-Ära hat er sich mit ihm zusammen erfolgreich um die Uni bemüht. Besonders hervorzuheben sind dabei seine Verdienste beim Aufbau der Wirtschaftswissenschaften. Es zeigt seinen Gemeinsinn, dass er 1990 bereit war, den Wechsel im Präsidentenamt durch die erneute Übernahme des Vizepräsidentenamtes zu begleiten.
Im Ruhestand Prof. Dr. Roger Blachnik, Fachbereich Biologie/Chemie (30. 9. 2001) * Prof. Dr. Almut Bohnsack, Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften (30.9.2002) * Prof. Dr. Horst Dötsch, Fachbereich Physik (31.3. 2002)
Prof. Dr. Hans-Jörg Reiffen Foto: Elena Scholz Viele Jahre war er Sprecher der größten Professorengruppe, die, nur "historisch" erklärbar, den Namen "Mittlere Liste" trägt. Absolut integer, mit dem Blick für das Ganze und stets auf Ausgleich bedacht, hat Prof. Reiffen an der Durchsetzung manch wichtiger Entscheidung mitgewirkt. Die Studenten werden ihn vermissen. Sein Gespür für das rechte Tempo und Sicherheit im Vortrag, ziehen die Hörer an. Und er kann davon nicht lassen: Mit Vergnügen nimmt er sein Recht als Emeritus wahr, weiterhin zu lehren. Hans-Jörg Reiffen ist Rheinländer von Geburt und im Herzen des "Reviers" aufgewachsen. In ihm verbinden sich die Begabungen, die nach Zuckmayer den Bewohnern der Rheinufer geschenkt sind, mit dem liebevollen, zugleich weltoffenen Pragmatismus der Ruhrpöttler.“
Prof. Dr. Sabine Giesbrecht, Fachbereich Erziehungs- und Kulturwissenschaften (31.3.2002) * Prof. Dr. Werner Heiland, Fachbereich Physik (31.3.2002) * Prof. Dr. Friedhelm Jürgensmeier, Inst. für Kath. Theologie (31.3.2001) * Prof. Dr. Friedhelm Krüger, Inst. für Evang. Theologie (31.3.2002)
Prof. Dr. Joseph Lengeler, Fachbereich Biologie/Chemie (30.9.2002) * Prof. Dr. Reinhard Liess, Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften (30.9.2002) * Prof. Dr. Fritz Loser, Fachbereich Erziehungs- und Kulturwissenschaften (31.3.2002) * Prof. Dr. Peter Machemer, Fachbereich Humanwissenschaften (31.3.2001)
Prof. Dr. Heinz Wilhelm Trapp Foto: Elena Scholz Natürlich war Trapp mehrmals Dekan des Fachbereichs Mathematik/Informatik. Und neben aller Arbeit ein engagierter Hochschullehrer. Das beweisen mehrere von ihm verfasste Lehrbücher. Es ist typisch für ihn, dass er im Wintersemester 2002/03 als Pensionär fast das volle Lehrprogramm eines Aktiven übernimmt. Darunter natürlich den von ihm schon vor Jahren eingeführten Studienvorkurs Mathematik. Heinz Wilhelm Trapp ist ein Westfale mit den typischen Wesenszügen dieses Menschenschlages. Auch wenn die ehemals dunklen Haare inzwischen grauer geworden sind: Der hintergründige Humor und die Schlagfertigkeit haben sich nicht verändert. Sie sind noch da - so wie in seinen Glossen als „UniCat“ für die Universitätszeitung jahrelang unter Beweis gestellt“
Prof. Dr. Jürgen H. Petersen, Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft (31.3.2002) * Prof. Dr. Ortwin Schirmer, Fachbereich Physik (31.3.2002) * Prof. Dr. Meinhard Volkamer, Fachbereich Erziehungs- und Kulturwissenschaften (31.3.2002)
Tagungen und Termine
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Vorschau Sonntag, 20. Oktober 2002, 11 bis 23 Uhr: PIANISSIMO 4 - ein Tag rund um’s Klavier Geboten wird Klaviermusik von Klassik bis Jazz, ein Kinder- und Jugendprogramm sowie eine Ausstellung der Fa. Steinway & Sons. Um 19.30 Uhr findet das Abschlusskonzert in der Aula des Schlosses statt. Informationen: Tel. (0541) 969-4147 Dienstag, 22. Oktober 2002, bis Freitag, 25. Oktober 2002: EUROLIT I: Literatur aus Frankreich. Die Veranstaltungsreihe hat am 23. Oktober den Schwerpunkt Prosa aus Frankreich und am 24. Oktober Lyrik aus Frankreich. Darüber hinaus werden zwei öffentliche Lesungen zu diesen Bereichen angeboten. Informationen: Tel. (0541) 969-4331 und -4443 Freitag, 25. Oktober 2002, 19.30 Uhr: Tropenabend im Regenwaldhaus Der Botanische Garten lädt Erwachsene und Kinder ab sieben Jahre ein. Information und Anmeldung: Tel. (0541) 358 680 Montag, 28. Oktober, 18 Uhr: Vortrag: „Gewalt durch Sozialisation?“ Referenten: Prof. Dr. Jürgen Kriz und Prof. Dr. Reinhold Mokrosch Informationen: (0541)-969-4284
Darf ich bitten?
Es ist wieder soweit. Am Samstag, 16. November, findet in der Osnabrücker Stadthalle der Ball der Universität 2002 statt. Erfahrungsgemäß das festliche Hochereignis in der Region. Mehr als 3000 Studierende, Lehrende, Hochschulmitarbeiter und Gäste feierten in den Vorjahren stets bis in den frühen Morgen. Und dieses Jahr wird es kaum anders werden. Dafür sorgen auf zehn Bühnen unter anderem die „Firecats“, „Belle suspension meets Rundfunk“, „Jazzirinha“, „amaretto gangsta“. Ein besonderer Ohren- und Augenschmaus verspricht die Mitternachtsshow „The Who’s Tommy and friends“ zu werden. Und für die Damenwelt gibt es eine Wahl des „Mr. Uni-Ball“, die im letzten Jahr erstmalig durchgeführt wurde und ein lebhaftes Echo fand. Der Karten-Vorverkauf beginnt am 23. Oktober um 8.30 Uhr in der Stadthalle. Im Schloss und im AVZ-Foyer gibt es ab dem 23. Oktober Karten zwischen 11-13 Uhr. Die Eintrittspreise: 21 Euro, Studenten zahlen ermäßigt 14 Euro. Foto: Uwe Lewandowski
Vorschau Montag, 28. Oktober, 16 Uhr, bis Freitag, 1. November 2002: „Der Islam im Westen - der Westen im Islam“ Internationale Konferenz zur Entwicklung eines interkulturellen Netzwerkes der Hochschulkooperationen. Information: Tel. (0541) 969-4554 und -4223 Freitag, 15. November, 10 Uhr: Tagung: Bilanz nach den Umweltgipfeln von Rio de Janeiro 1992 und Johannesburg 2002. Perspektiven für Umwelt und Entwicklung Informationen und Anmeldung: Tel. (0541) 323-2197
Hineinschnuppern:
Biologie als Lehramt oder doch lieber der Bachelorstudiengang Wirtschaftsrecht? Tja, wer die Wahl hat .... Am Donnerstag, 21. November 2002, findet erneut der Hochschulinformationstag (HIT) von Universität, Fachhochschule und Katholischer Fachhochschule Norddeutschland statt. Schüler und Schülerinnen sind eingeladen, sich rund ums Studium zu informieren. Morgens werden allgemeine Einführungsveranstaltungen stattfinden; am Nachmittag gibt es Wissenswertes zu einzelnen Studienfächern und InfoStände zu Service- und Beratungsangeboten. Die Leiterin der Zentralen Studienberatung, Dr. Gisela Danz, hofft auf regen Zuspruch der Jugendlichen . Denn: „Wer sich rechtzeitig informiert und strategisch plant, hat gute Karten für die berufliche Zukunft.“ Foto: Hermann Pentermann
Freitag, 29. November 2002, 11 Uhr: „Globalisierung braucht Gestaltung Europa braucht soziale Standards“ Diese dritte Jahrestagung der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften wird als „Forum für soziale Gerechtigkeit in Europa“ durchgeführt. Information: Tel. (0541) 3380714 Weitere Veranstaltungshinweise finden Sie im Veranstaltungkalender der Universität Osnabrück
uni intern
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Findige Idee: Friedhelm Bensmanns Vorschlag verhindert das Austrocknen des Teiches am Westerberg. Foto: Jutta Essl
Gedacht und gemacht Ideenwettbewerb „think“ erbrachte 60 Vorschläge (red.) Der Wasserspiegel im Teich vor dem Biologiegebäude am Westerberg sinkt. Leitungswasser zum Auffüllen ist teuer. Was tun? Nun, dachte sich Friedhelm Bensmann: Warum nicht das Wasser aus der Umkehrosmoseanlage, das sonst ins Abwasser fließt, nutzen? Mit diesem Vorschlag beteiligte sich der Schlosserei-Mitarbeiter im Wettbewerb „think“ für Verbesserungen an der Universität. Zur Geschichte: Die guten Erfahrungen mit dem im Vorjahr durchgeführten Umweltvorschlagwesen hatten gezeigt, dass die Uni
einen umfassenden Ideenwettbewerb benötigt. So wurde Ende Februar „think“ ins Leben gerufen, ein Wettbewerb, an dem sich nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität, sondern auch Studierende beteiligen sollten. Bis zum Stichtag gingen 65 Vorschläge ein - mehr als die Organisatoren gedacht hatten. Besonders die optimierte Nutzung der EDV sowie Verbesserungsmöglichkeiten bei den Dienstgebäuden lagen den meisten am Herzen. Bis auf vier Vorschläge, die noch nicht entscheidungsreif waren, bewertete die siebenköpfige Jury, darunter auch eine Stu-
dentin sowie zwei externe Mitglieder, die Ideen nach einem Punkteverfahren. Dabei spielten vor allem die Kriterien Umsetzbarkeit, Mitarbeiterfreundlichkeit, Kundenorientierung und Ökologie eine Rolle. Ein ebenfalls besonders guter Einfall kam von dem Doktoranden Patrick Wurster. Er entwickelte mehrere Vorschläge für den verstärkten Einsatz so genannter Open-Source-Office-Produkte. Damit gemeint ist eine frei zugängliche Software, die deshalb der Universität weniger Geld kostet. Die Vorschläge Wursters begeisterten vor allem Vizepräsident Prof. Dr. Peter Hertel. Kanzler Christoph Ehrenberg sprach sich ausdrücklich dafür aus, den Ideenwettbewerb zu einer ständigen Einrichtung zu machen. Die, deren Ideen nicht prämiert wurden, erhielten für ihr Engagement ein kleines Dankeschön. Die findigen Köpfe, deren Konzepte nun umgesetzt werden, erhielten Gutscheine im Wert von 30 bis 200 Euro. Apropos: Die Idee ist das eine, die Umsetzung etwas anderes. Besonders wichtig, so Ehrenberg, sei jetzt die Realisierung der Ideen. Ein Vorschlagswesen wird auf Dauer nur dann als sinnvolles Veränderungsinstrument anerkannt, wenn gute Ideen nicht nur prämiert sondern auch so schnell wie möglich umgesetzt werden. Über die Umsetzung einzelner Vorschläge werden wir in der Universitätszeitung berichten. ' www.uni-osnabrueck.de/think
Dienstjubiläum Ihr 25-jähriges Dienstjubiläum im Öffentlichen Dienst feierten: Peter Daniels, Universitätsbibliothek (1. Juni 2001) Walter Galisch, Fachbereich Biologie/Chemie Reinhard Crone, Dezernat 4, (1. Juli 2002). Hubert Keil, Dezernat 6, (16. Juli 2002). Klaus Lucas-Nülle, Rechenzentrum, (15. Februar 2002). Harald Mikoleit, Fachbereich Biologie/Chemie (3. Januar 2001). Alfred Olberding, VDV (29. Dezember 2001). Dr. Helmut Rosemeyer, Fachbereich Biologie/Chemie (17. Juni 2001) Ingrid Sidortschuk, Fachbereich Humanwissenschaften (13. Oktober 2001). Gregor Steinhoff, Fachbereich Physik (17. Juli 2002). Günther Uchtmann, Dezernat 6 (15. März 2002).
Auszubildende Die Universität hat folgende Auszubildende eingestellt: Industriemechaniker, Fachrichtung Geräte- und Feinwerktechnik (Fachbereich 4): Dominique Bergmann und Jakob Deppenschmidt Elektroinstallateur, Dezernat 6: David Wege Gärtner (Fachbereich 5): Dennis Haberlach, Ina Möller
Was denken Sie über „think“, Herr Wu r s t e r ? Patrick Wurster hat sich an "think" beteiligt. Er erklärt, wie die Uni im EDV-Bereich sparen kann. Herr Wurster, was ist denn ? neu an diesem Vorschlag? Wenn man ausschließlich Microsoft-Office-Programme verwendet, ergeben sich Probleme einer Monokultur wie die Abhängigkeit vom Produzenten und eine monopolartige Steigerung der Preise. Zudem funktionieren die genannten
Büro-Programme von Microsoft leider nur auf einem Betriebssystem, nämlich demjenigen von Microsoft. Open Office, ein frei im Internet verfügbares Programm, dessen Quellcode offengelegt und modifizierbar ist, bietet eine Alternative, die auf fast allen existierenden Betriebssystemen funktioniert. Programme aus dem Inter? net: Liegen darin Gefahren? Ja, leider insbesondere wenn Sie mit MS-Windows arbeiten. Die meisten Viren werden genau für dieses System und seine Sicherheitslücken geschrieben. Man
sollte also schon wissen, woher man seine Software bezieht. Und vorher können Sie sich einen neueren Virenscanner installieren, damit auch gar nichts passieren kann! Was halten Sie von solchen ? Aktionen wie "think"? Die finde ich sehr gut! Dass damit Preise verbunden sind, war mir bis zur Benachrichtigung nicht bekannt, aber es gibt dem Ganzen eine stärkere Resonanz in der universitären Öffentlichkeit. Wahrscheinlich beteiligen sich nächstes Mal noch viel mehr Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Studierende!
Tischler, Dezernat 6: Katja Ströher Verwaltungsfachangestellte (Dezernat 2): Nina Oelschläger, Alexandra Neugebauer, Ina Bethe und Britta Sieverding
Kurz und knapp Der erste Umweltbericht der Universität Osnabrück ist vor kurzem erschienen. Der Bericht ist kostenlos erhältlich bei der Umweltkoordinatorin der Universität Jutta Essl, Tel: (0541) 9692242.
Studentenwerk aktuell
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Wenn die Seele Hilfe braucht Psychosoziale Beratungsstelle steht Studierenden bei Problemen zur Seite (red.) Einige sind einfach nur einsam. Andere haben Probleme mit dem Partner. Und es gibt welche, die wissen weder ein noch aus mit ihrem Studium. Aber wenn anscheinend nichts mehr geht, geht immer noch eines: der Gang zur Villa in die Sedanstraße 4. Dort arbeiten die Psychologinnen und Psychologen der Psychosozialen Beratungsstelle des Studentenwerks. Sie steht für alle Studierenden der drei Osnabrücker Hochschulen offen. Genau 360 Studentinnen und Studenten haben im vergangenen Jahr das Angebot genutzt. Sie kamen aus den unterschiedlichsten Motiven; ihnen allen gemein war jedoch, dass sie Hilfe nötig hatten. „Es geht nicht allein um Probleme im Studium, sondern bei vielen auch um das private Umfeld“, erklärt Diplom-Psychologe Thomas Müller. Und seine Kollegin Dr. Kerime Faris-Lewe fügt hinzu: „Was wir anbieten können, sind Workshops, Gruppen-, Einzel- und Paargespräche.“ Wobei gerade das Gruppenprogramm zum Semesterbeginn weiter ausgebaut wurde. „Abgeben statt aufgeben“ lautet zum Beispiel ein Titel für Studierende, die mit ihrer Abschlussarbeit nicht so recht zu Rande kommen. Ebenfalls im Angebot: ein Workshop für Frauen mit Redeangst.
Zehn bis 15 Sitzungen werden bei den Einzelgesprächen meistens benötigt. Und sollte dies nicht ausreichen, helfen die Mitarbeiter bei der Suche nach dem richtigen Therapeuten für eine längere Therapie. Hervorgegangen ist die Beratungsstelle aus einer Kooperation des Studentenwerks mit den Osnabrücker Hochschulen. Vier Psychologinnen und Psychologen und eine Sekretärin bilden das Team in der Villa. Meldet sich ein Hilfesuchender, wird ihm innerhalb von zwei Wochen ein erstes Gespräch angeboten. Diese Frist einzuhalten, ist für die Mitarbeiter
oberstes Gebot, denn: Je kürzer die Wartezeit um so niedriger die Hemmschwelle, sich dem Therapeuten gegenüber zu öffnen. Jetzt, zum Start des Wintersemesters, beginnen neue Gruppenprogramme mit den verschiedenen Inhalten. Aber ist Gruppe eigentlich gut? Oder sind die Ratsuchenden nicht eher gehemmt, wenn sie vor anderen ihre Probleme erörtern müssen? Das Gegenteil sei bei den meisten der Fall, erläutert der Psychologe Stefan Biele: „Auf Menschen zu treffen, die mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, erleichtert das Sprechen darüber.“
Harald Harsdorf, Koch in der Mensa Haste empfiehlt: „Milchreis mit Zucker und Zimt ist mal eine süße Abwechslung und außerdem schnell zubereitet.“
Reis mit Zimt und Zucker Zutaten: 1 Liter frische Vollmilch 1/2 Vanilleschote 100 Gramm Milchreis 1 Prise Salz Zucker und Zimt Kompottfrüchte (Zutaten für fünf Personen)
Auf der Couch das Team der Psychosozialen Beratungsstelle: Thomas Müller, Stefan Biele, Christina Meynert, Dr. Kerime Faris-Lewe und Martina Schnieder (v. l.). Foto: privat
Kursprogramm der Psychosozialen Beratungsstelle „Seit Jahren an der Hochschule! Wie soll’s weitergehen? Studium abbrechen, erfolgreich beenden oder weitermachen wie bisher?“ Donnerstag, 10. Oktober 2002, 916 Uhr und Freitag, 11. Oktober 2002, 9-13 Uhr . * „Keine Angst vor Prüfungsangst! Prüfungen erfolgreich bewältigen“, ab Mittwoch, 30. Oktober 2002, 13.30 Uhr (10 Termine) * „Reden ist Silber - Schweigen ist Gift!“ Ein Kurs zur Bewältigung von Redeangst für Studentinnen, Donnerstag, 14. November, 9-16 Uhr und Freitag, 15. November 2002, 9-16 Uhr.
Mensa-Rezept des Monats
„Ich möchte was für das Studium tun - aber wie? Seminare für Studierende mit Lern- und Arbeitsproblemen“, Donnerstag, 17. Oktober, und Freitag, 18. Oktober, sowie Donnerstag, 21. November, und Freitag, 22. November 2002, jeweils 9-12 Uhr und 13-16 Uhr sowie Freitag, 6. Dezember und Samstag, 7. Dezember 2002, und Freitag, 10. Januar, und Samstag, 11. Januar 2003, jeweils 9-12 Uhr und 13-16 Uhr. * „Abgeben statt aufgeben! Workshop für Studierende, die an ihrer Diplomoder Examensarbeit sitzen“, Donnerstag, 6. Februar 2003, 13-17 Uhr und Freitag, 7. Februar 2003, 9-16 Uhr.
Alle Angebote finden Sie bei der Psychosozialen Beratungsstelle, Sedanstraße 4, 49076 Osnabrück sowie im Internet unter www.studentenwerk.uni-osnabrueck.de, Email:
[email protected], Telefon: (0541) 969-2580. Öffnungszeiten: montags bis donnerstags 9-12 Uhr und 13-16 Uhr sowie freitags 9-13 Uhr. Alle KursAngebote sind kostenlos für die Studentinnen und Studenten. Und ebenfalls sehr wichtig: Die Mitarbeiter der Psychosozialen Beratungsstelle unterliegen natürlich der Schweigepflicht. *
Die halbe Vanilleschote längs aufschneiden und mit der Milch zum kochen bringen. Den Milchreis hinzugeben und 5 Minuten leicht köcheln lassen. Dabei immer umrühren, damit nichts anbrennt. Eine kleine Prise Salz hinzufügen, die Vanilleschote nehmen, das Mark heraus schaben und wieder zum süßen Reis dazu geben. Den Topf abgedeckt 20 Minuten in den Backofen bei 120 Grad Celsius stellen. Dann die Süßspeise heraus holen, nochmals umrühren – und fertig. Mit Zimt und Zucker nach Bedarf süßen und mit Kompottfrüchten, wie Apfelmus oder Aprikosen servieren. Milchreis schmeckt natürlich auch kalt. Guten Appetit!
Studentenwerk aktuell
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Rundum-Schutz
Die Drei aus der Dodesheide: Christian Hoge, Christian Wolf und Torsten Ostendorf (von links) mit ihrem Handwerkszeug, einem Computer und einer Schlagbohrmaschine - und einem glücklichen Lächeln nach getaner Arbeit. Foto: Gert Westdoerp
Strippenziehen in Studentenbuden Ab ins Netz: Studentenwohnheim in der Dodesheide bekam Internetzugang (red.) Einerseits haben die Zimmer Wände, andererseits sind sie grenzenlos. Was widersprüchlich klingt, lässt sich auflösen: Im Frühjahr wurden die Räume der Studentenwohnanlage „Dodesheide“ mit Internetanschlüssen versehen. Es begann im Oktober 2000. Damals kam es zu ersten Gesprächen zwischen dem Studentenwerk und der Selbstverwaltung des Wohnheims, dem Heimrat. Es ging um den Weg ins weltweite Kommunikationsnetz. Einer der Organisatoren der Aktion von studentischer Seite war Torsten Ostendorf. Zusammen mit zwei Kommilitonen legte er im Sommer des folgenden Jahres Ursula Rosenstock, der Leiterin der Wohnheimverwaltung, ein Konzept vor. Im Studentenwerk zeigte man sich sofort elektrisiert. 206 Zimmer und alle mit einem eigenen Anschluss - wenn sich das realisieren ließe. Es ließ sich realisieren. Auch wenn einige Studierende der Aktion kritisch gegenüberstanden, wie Christian Hoge erklärt. Vernetzung? Würde das die Miete nicht in die Höhe treiben? Doch die Computerexperten, selber Bewohner der Anlage, konnten überzeugen. Aber das war erst die halbe Miete. Sieben Kilometer Leitungen mussten verlegt, enge Kellergewölbe durchkrochen werden.
Dann, nach einigen Wochen, einigen hundert Bohrlöchern, einigen durchgescheuerten Knien, einigen rauen Handflächen war es so weit. Das Wohnheim Dodesheide war am Netz. Punktgenau am 12. April diesen Jahres wurde die Standleitung zum Rechenzentrum per digitaler Verbindung geschaltet. Nun ist es möglich, dass jeder Studierende von seinem Zimmer aus enge Grenzen überwindet und sich wie-
derfindet in den grenzenlosen Weiten des Daten- und Kommunikationsverkehrs. Indes sind Hoge und seine beiden Freunde nur zum Teil zufrieden: „Nun wollen wir noch einen eigenen E-Mail-Dienst einrichten, das wird schwierig“, sagt der 23-Jährige und lehnt sich zurück. So, als wenn er in dieser neuen Aufgabe vor allem eines zu erkennen meint: die Herausforderung, die es zu bewältigen gilt.
Was viele nicht wissen, aber alle beruhigt: Jeder Studierende ist gegen Unfälle an der Hochschule versichert. Der Schutz erstreckt sich auf alle Tätigkeiten, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Besuch der Hochschule stehen. Das umfasst zum Beispiel die Teilnahme an den Vorlesungen, Seminaren und sonstigen Hochschulveranstaltungen. Der Unfall muss innerhalb von drei Tagen beim Studentensekretariat gemeldet werden. Zusätzlich dazu bietet das Studentenwerk kostenfrei eine betriebliche Gruppenunfallversicherung an. Diese sichert die Studierenden gegen Folgen von Unfällen ab, die außerhalb des Haftungszeitraumes der gesetzlichen Unfallversicherung liegen. Neben einer Vollinvaliditätsleistung sind eine Todesfallsumme, kosmetische Operationen und Bergungskosten in dem Paket enthalten. Darüber hinaus gilt: Jeder Unfall außerhalb der gesetzlichen Unfallversicherung sollte schnell dem Studentenwerk gemeldet werden. Ansprechpartner ist Herr Haßmann, Telefon: (0541) 33107-40.
Öffnungszeiten der Förderungsverwaltung des Studentenwerks Osnabrück: montags bis donnerstags 10-12 Uhr und 13.30-15 Uhr sowie freitags 10-12 Uhr
Wie komme ich an das BAföG-Geld? Hans-Dieter Müller von der Studentenwerks-Förderungsverwaltung gibt Auskunft Wer studiert, merkt es bald: Ohne Finanzspritze geht nichts. Neben Eltern und kellnern gibt es das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG genannt. Wer einen Antrag stellt, kann bares Geld erwarten. Darauf weist Hans-Dieter Müller, Leiter der Förderungsverwaltung des Osnabrücker Studentenwerks, hin.
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Herr Müller, in diesen Tagen beginnen an der Universität rund 2300 Erstsemester ihr Studium. Wie kommen die an eine BAföG-
Förderung? Ganz einfach. Sie müssen entsprechende Antragsformulare ausfüllen und hier wieder abgeben. Zur Fristwahrung reicht zunächst ein formloser Antrag. Funktioniert das auch rückwirkend? Nein. Wenn jemand im Oktober ein Studium beginnt und erst im November seinen Antrag abgibt, hat er Geld verschenkt. Deshalb raten wir, sich frühzeitig zu melden. Wer bekommt überhaupt BAföG-Förderung? Da gibt es keine festen Einkommensgrenzen. Jeder Studienanfänger sollte seinen Förderungsanspruch prüfen lassen. Das kostet nichts. Und immerhin ist
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die Hälfte des Geldes ein Geschenk vom Staat. Selbst wenn eine Familie ein recht hohes Einkommen hat, ist eine Förderung nicht ausgeschlossen. Zum Beispiel wenn die Geschwister ebenfalls studieren. Wie lange bekommt man das Geld? Ausbildungsförderung wird in der Regel für ein Jahr gezahlt. Folgeanträge müssen spätestens zwei Monate vor Ende des Bewilligungszeitraumes vorliegen, damit eine Weiterförderung ohne Unterbrechung möglich ist. Die Förderungshöchstdauer richtet sich nach der festgesetzten Regelstudienzeit. Die Förderungsverwaltung ist telefonisch zu erreichen unter: (0541) 33147-0.
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Uni-Spiegel
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Uni privat: Jutta Essl (red.) Alles kein Problem, meint Tom. Den Wasserhahn zudrehen, um kostbares Nass zu sparen? Wie gesagt, kein Problem. Aber Moment, denkt der Sohn von Jutta Essl. Dann wäre es doch am besten, wenn ich ... Ja, dann könnte ich doch das gesamte Zähneputzen einsparen. Wäre ein noch größerer Gewinn. Oder? Jutta Essl erzählt dies lachend. Tom, gerade mal gute drei Jahre alt, weiß, wie man eine diplomierte Umweltwissenschaftlerin austrickst.
Jutta Essl Seit Februar diesen Jahres arbeitet die 33-Jährige als Umweltkoordinatorin im Dezernat 6 an der Osnabrücker Universität. Ihre Aufgaben? Jutta Essl lehnt sich in ihrem Stuhl zurück, atmet tief durch und beginnt zu erzählen: Da sei zunächst einmal das Verfassen eines Berichtes über den Stand des Umweltschutzes an der Uni. Der Schutz der natürlichen Umwelt sei Aufgabe aller
Studierenden und Mitarbeiter. „Besonders wichtig ist es, die Mitarbeiter zu motivieren bei den Schritten vom Umweltbewusstsein zum alltäglichen Handeln.“ Sagt die Frau mit der Kurzhaarfrisur und spricht dann vom Umweltprogramm, einem Maßnahmenkatalog für die nächsten zwölf Monate, an dem sie zurzeit arbeitet. Und wie sie erzählt, die Sätze kommen schnell, doch wohlüberlegt, stellt sich die Frage nach der persönlichen Einstellung. Kurzum, nach Jutta Essl als Mensch. Beinahe zwei Jahrzehnte hat sie in Niederbayern gelebt, von Akzent indes keine Spur, lupenreines Hochdeutsch stattdessen. Nach dem Realschulabschluss eine Lehre als Apothekenhelferin, auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur, danach das Studium Umweltwissenschaften an der Uni Lüneburg. Ein Schlüsselerlebnis habe sie nicht gehabt, die Katastrophe von Tschernobyl vielleicht? „Nein“, lautet die Antwort, das mit dem Umweltbewusstsein ha be sich schon während der Schulzeit ergeben. Und der seinerzeit neu eingerichtete Studiengang sei für sie gerade richtig gewesen, weil er so viele verschiedene Felder abgedeckt habe. „Da macht man morgens ein Seminar über Umweltmanagement und am Nachmittag untersucht man die Larven von Köcherfliegen.“ Sagt Jutta Essl und rudert mit den Händen, als wolle sie am liebsten gleich wieder die Erde durchwühlen. Wobei der Glanz in den Augen von
Umweltkoordinatorin Jutta Essl: Selbstverständlich per Fahrrad zur Universität. Fotos: Michael Hehmann
einer gehörigen Portion Freude an der Arbeit spricht. Apropos Freude: Eine Weltreise hat sie nach dem Abi auch gemacht. Das erzählt Essl ein wenig verschämt, wegen der negativen C0 2-Bilanz und so. Tja. Und 1998 wurde Tom geboren. Für die alleinerziehende Mutter ein wichtiger Einschnitt. Jutta Essl will zeigen, dass Umweltschutz Spaß machen kann. Dass Menschen ihres Schlages keinesfalls so trocken sein müssen wie ein altbackener Müsliriegel. Dass eine Umweltkoordina-
torin nicht immer nur von Ideologie, vom richtigen Bewusstein schwadronierend jede Diskussionsrunde narkotisiert. Nein, der zur Gewohnheit gewordene Griff zum Lichtschalter, wenn sie einen Raum verlässt, ist Pragmatismus pur. Leute verschrecken will die Wahlosnabrückerin nicht. Doch genug davon. Nun muss Jutta Essl sich sputen und Tom aus dem Kindergarten abholen. Ihn am Abend ins Bett bringen. Mit geputzten Zähnen, natürlich.