Michael Moore - Club Passage
March 12, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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CLUB PASSAGE PROGRAMMKINO
Der am 23. April 1954 in Flint/Michigan geborene Bestsellerautor („Stupid White Men“) und Regisseur Michael Francis Moore gilt als einer der umtriebigsten und umstrittensten Filmemacher der USA. 1976 gründete er die Zeitung „The Flint Voice“. Der erste Coup gelang ihm 1989 mit „Roger & Me“, einer Doku über Massenentlassungen bei der Opel-Mutter „General Motors“. Weitere Popularität erlangte Moore durch seine im amerikanischen und britischen Fernsehen ausgestrahlte Satire-Show „TV Nation“. Als bisher einzigen Spielfilm drehte er 1995 die Komödie „Unsere feindlichen Nachbarn“, eine Satire auf Leichtgläubigkeit, Verführbarkeit und die Folgsamkeit der Medien. 1997 prangerte er in „The Big One“ Kinderarbeit für den „Nike“-Konzern an. Mit seinen Arbeiten spaltet Moore, der wie kaum ein anderer Dokumentarfilmer im Licht der Öffentlichkeit steht, bis heute die US-Nation in zwei Lager: Den einen gilt der Künstler, den seine Werke inzwischen zum Millionär gemacht haben, als Provokateur, Nestbeschmutzer, Amerika-Hasser und Unruhestifter, der sich nicht scheut, auf Unwahrheiten und Verkürzungen zurückzugreifen, für die anderen ist er der unerschrockene systemkritische Kämpfer und Patriot, der sich traut, den Finger in jede offene Wunde der US-amerikanischen Gesellschaft zu legen, um aufzuklären und Veränderungen herbeizuführen.
Mitbürger. Moore ließ in seinem Film Opfer, Täter und Zeugen zu Wort kommen, darunter Komplizen des „Oklahoma-Bombers“ McVeigh, Schockrocker Marilyn Manson und Kino-Altstar Charlton Heston. Dieser fungierte zur Zeit der Dreharbeiten (2001) als Präsident der USamerikanischen Waffenlobby NRA („Der Waffenbesitz ist den Amerikanern heilig“) und wird im Interview als seniler Revolverheld gezeigt, dessen Verband über Leichen geht. In Littleton, dem Ort der Bluttat, wo die Kleinwaffenliebe der Bewohner manchmal bizarre Züge annimmt, machen sich zwei Opfer des Massakers, die bis heute schwer gezeichnet sind, in den örtlichen Supermarkt auf, um zu fragen, warum es dort immer noch Gewehrmunition zu kaufen gibt. Moore präsentiert eine Unmenge an Fakten, welche die Waffenvernarrtheit und Gewaltbereitschaft der US-Amerikaner beweisen sollen. Ihm geht es um das psychologische Umfeld, in dem Gewalt entsteht. Der Kern seiner Aussage: Im Kleinen sind es all die Freizeitschützen, Möchtegernsoldaten und Bürgerwehren, die mit kriegstauglichen Waffen im Garten und in den Wäldern trainieren, um sich zu schützen – wovor auch immer. Im Großen ist es die Regierung, die diese Waffenverliebtheit nicht nur nutzt, um ihre Kriege zu führen, sondern sie auch unterstützt, indem sie die Bevölkerung in einen Zustand permanenter Angst versetzt. Am 3. März 2003 gewann Michael Moore den DokuOSCAR für „Bowling for Columbine“, seine Dankesrede geriet zu einem wütenden Protest gegen den Irak-Krieg, zugleich kündigte der Filmemacher einen neuen Film über die Verbindungen des Bush-Clans zu Osama Bin Ladens Familie an.
Am 20. April 1999 stürmten zwei Teenager die Columbine Highschool in Colorado und erschossen dreizehn Menschen und am Ende sich selbst. Autor Michael Moore forschte in seinem Dokumentarfilm „Bowling for Columbine“ (USA 2002) nach den Ursachen solcher Gewalttaten: Was ist das für eine Nation, in dem 50 Millionen Schusswaffen im Umlauf sind, mit denen jährlich 10.000 Menschen getötet werden? In keinem anderen „vergleichbar zivilisierten“ Land sterben so viele Menschen eines gewaltsamen Waffentodes. Strikt subjektiv, faktenreich und provozierend untersuchte der Filmemacher in seiner entlarvenden Studie über ein Land in Angst den Waffenfetischismus seiner
Die Bilder gingen um die Welt: Am 11. September 2001 besucht George W. Bush unter Medienbegleitung eine Schule in Florida. Als er die Nachricht von der bereits zweiten Attacke auf das New Yorker World Trade Center erhält, starrt er wie paralysiert ins Leere, unfähig zu handeln. Michael Moores brillant-bitterböse Polit-Attacke „Fahrenheit 9/11“ (USA/Kan. 2004) zeigt die Szene ungeschnitten – sieben quälende Minuten lang. Unter Verzicht auf distanzierte Objektivität, dafür aber mit Wut und Witz rechnet der Filmemacher in seiner vehement geführten Anklage mit dem mächtigsten Mann der Welt und der von ihm geführten Regierung ab. So untersucht Moore die merkwürdigen Umstände der Präsidentschaftswahl 2000 und zeigt den amtierenden Präsidenten als einen unfähigen solchen. Bush ignorierte Terrorwarnungen vor dem 11. September und schürte danach die Angst im eigenen Land, um einen längst geplanten
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Wenig später gründeten die Miramax-Bosse Harvey und Bob Weinstein den Verleih „Fellowship Adventure Group“, um gemeinsam mit Partnern die Doku, deren Rechte sie in der Zwischenzeit von Disney zurückgekauft hatten, in die Kinos zu bringen. Gegen starken Widerstand – so machten Konservative in den USA gegen Moore mobil, während die rechte Organisation „Move America Forward“ zum Boykott aufforderte und Kinobetreiber unter Druck setzte – startete „Fahrenheit 9/11“ mit 868 Kopien in den USA und spielte in den ersten drei Tagen fast 24 Mio. Dollar ein, womit der Film als der erfolgreichste Dokumentarfilm aller Zeiten gilt. Die provokante Doku mobilisierte laut Umfragen vier Prozent der potenziellen John-Kerry-Wähler. Die eigentliche Wahl des Präsidenten durch das Gremium der Wahlmänner fand am 13.12.2004 statt. George Bush wurde wiedergewählt.
geplanten (und primär von wirtschaftlichen Interessen bestimmten) Krieg gegen den Irak anzuzetteln. Michael Moore stellt in seinem Film Verdunklungstheorien auf und rekonstruiert die erstaunlichen wirtschaftlichen Verflechtungen und gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den Familien Bush und Bin Laden. So gibt er auch Antwort auf die Frage, warum kurz nach 9/11 eine große Anzahl hochrangiger Mitglieder des BinLaden-Clans aus den USA nach Saudi-Arabien ausgeflogen wurde – autorisiert von höchster Stelle und obwohl jeder nichtmilitärische Flug verboten war. En passant zeichnen sich dabei auch die charakterlichen Konturen eines Präsidenten ab, der als missratener Sohn eines erfolgreichen Managers nur mit Hilfe reicher Freunde und unter Hinnahme lebenslanger Abhängigkeiten in die Fußstapfen seines Vaters treten konnte. Im letzten Teil der Dokumentation verzichtet Moore auf jegliche Polemik: Er zeigt verschleierte Frauen, die von schwer bewaffneten GIs bedrängt werden, verstümmelte US-Soldaten in einem Militärhospital und er lässt verzweifelte Mütter, die um ihre im Irak gefallenen Söhne trauern, zu Wort kommen. Der Regisseur ging selbst auf die Straße, um vor dem Capitol in Washington Kriegsbefürworter aus dem Kongress aufzufordern, ihre eigenen Kinder an die Front zu schicken. Der Hintergrund: Von 535 Abgeordneten muss sich nur ein einziger um das Wohl eines Angehörigen, den der Präsident in den Irak geschickt hat, sorgen. Um „Fahrenheit 9/11“ noch vor dem 2. November 2004 ins US-Fernsehen zu bekommen – und so die Wiederwahl des Präsidenten zu verhindern – verzichtete Bush-Kritiker Moore auf eine mögliche OSCAR-Nominierung: „Wenn es auch nur eine entfernte Chance gibt, dass noch einige Millionen Amerikaner mehr diesen Film sehen, ist es für mich wichtiger als ein weiterer Dokumentarfilm-OSCAR.“ Der Weg des Films in die Kinos erwies sich als steinig: Im Mai 2004 verkündete Disney, dass die Konzerntochter Miramax „Fahrenheit 9/11“ nicht verleihen werde. Noch ohne US-Verleih gewann der Film den Hauptpreis des Filmfestivals von Cannes, die GOLDENE PALME.
Dass 47 Millionen Amerikaner ohne Krankenversicherung auskommen müssen, gilt in den USA weithin als untragbar. Im USamerikanischen Gesundheitssystem liegt vieles im Argen – für Michael Moore Grund genug, sich mit gewohnter Verve und bissigem Humor auf das leichte Opfer zu stürzen und gegen mangelnde staatliche Regulierung und das Profitstreben der Krankenversicherungen zu polemisieren. Der Dokumentarfilm „Sicko“ (USA 2007) porträtiert zum Auftakt Menschen, deren Leben mangels Krankenversicherung zerrüttet oder zerstört wurde. So kann es passieren, dass jemand nach einem Heimwerkerunfall knallhart kalkulieren muss, welchen der abgetrennten Finger er sich von seinen Ersparnissen wieder annähen lassen kann –im Extremfall bestimmt das Geld über Leben und Tod. Moores Film zeigt auch, dass diese Krise nicht nur allein die US-Amerikaner ohne Krankenversicherung betrifft, sondern auch Millionen pflichtbewusster Beitragszahler, welche in die Mühlen der Bürokratie geraten. So durfte ein Rettungswagen trotz eines sterbenskranken Kindes an Bord nicht das nächstgelegene Krankenhaus ansteuern – aus Vertragsgründen.
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Der Grund für solchen Horror: Versicherungsangestellte müssen harte Methoden zur Gewinnmaximierung durchsetzen, lebensrettende Operationen werden um des Profits willen verweigert, Mediziner erhalten Prämien, wenn sie nach oberflächlicher Begutachtung möglichst viele Behandlungen für unnötig erklären und Detektive suchen spitzfindig nach Anlässen, um Versicherten nachträglich einen Bruch von Vertragspflichten anzulasten. Das Warum wird klar, wenn Moore ein Tonband einspielt, auf dem Präsident Nixon der Einführung des aktuellen Versicherungssystems seine Zustimmung erteilt, nachdem ein Berater ihm zugesichert hat, dass damit Anreize für eine möglichst geringe gesundheitliche Versorgung geschaffen würden. Wie in all seinen Filmen setzt Moore unterschiedlichste filmische Mittel ein, um seiner Argumentation bitteren Witz zu verleihen. So lässt er die lange Liste an Gründen, mit denen Versicherungen Aufnahmeanträge ablehnen dürfen, in Form der berühmten „Star-Wars“Exposition über die Leinwand flimmern. Später bereist – und preist – Moore Länder wie Kanada, Frankreich und Großbritannien, deren Bürger eine kostenlose medizinische Versorgung erhalten – ein Modell, das (bei allen fraglos vorhandenen Unzulänglichkeiten) in den USA wohl auf absehbare Zeit utopisch bleiben wird. „Sicko“ endet damit, dass Moore einige Patienten um sich versammelt – von Krankheiten gezeichnete Helden des 11. September, denen man in den USA ärztliche Versorgung verweigert – und sie zur medizinischen Behandlung nach Kuba verschifft. Weil er mit dieser Aktion jedoch gegen das Kuba-Embargo der USA verstoßen hat, wird gegen ihn ermittelt.
beschäftigt, und der Literaturwissenschaftler und freischaffende Autor Marcel Raab erarbeiteten mit ihrem Film „Platte mit Aussicht – Gorbitz im Film“ eine komplexe und feinfühlige Dokumentation über das Neubaugebiet, in welchem sie aufgewachsen sind. Es geht um eine Kindheit in einem Viertel, das vielerorts – aber manchmal auch von den Bewohnern selbst – „das Ghetto“ genannt wird, vor allem aber auch um die Dokumentation seiner Entstehungsgeschichte. Verbunden mit einem nachdenklichen Blick in die Zukunft entstand ein Geflecht aus Interviews mit den Planern, Bewohnern und Verwaltern des Stadtteils und subjektiver filmischer Collagen mit literarischen Texten und einer eigens komponierten Filmmusik.
B.R.
Regie: Michael Moore SO 01.06. bis MI
04.06.
„Bowling for Columbine“ SO 08.06. bis MI
11.06.
„Fahrenheit 9/11“ SO
Auf Wunsch und nur für kurze Zeit zeigt der Club Passage in den letzten Junitagen den Dokumentarfilm „Platte mit Aussicht – Gorbitz im Film“ (D 2006). Der Name des Dresdner Stadtteils steht sowohl für eines der größten Neubaugebiete der DDR als auch für den Plattenbau im Allgemeinen – nicht nur im Osten waren Architekten und Stadtplaner stark von Moderne und Funktionalismus und dem Anliegen, Arbeit und Wohnen strikt zu trennen, geprägt. Gorbitz, wie viele andere Neubaugebiete in Ostdeutschland am Reißbrett entstanden und eng an das herrschende Gesellschaftssystem gebunden, wurde beim Zusammenbruch der DDR vollendet – und von heute auf morgen schien verpönt, was einst als erstrebenswerter Luxus galt. Uta Hergert, beim Filmverleih „Kinowelt“
15.06. bis MI
18.06.
„Sicko“ Nur kurz im Programm: SO 22.06. bis MI
18.06.
„Platte mit Aussicht“ Über das Neubaugebiet Dresden-Gorbitz
Einlass: 19.30 Uhr – Beginn: 20.00 Uhr Wir zeigen keine Produktwerbung
6.Juli bis 27. August 2008 „Cinema Paradiso“ Sommerkino in der Zschoner Mühle 4
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