Menschen und Wege 2012

March 15, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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JAHRESBERICHT 2012

Menschen und Wege 2012

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6 DER SCHANZ UM KÖLN / AN

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KONTAKT & INFO: +49 221 923 39 93 · WWW.STIFTUNG-LEUCHTFEUER.DE

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Grußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

MAẞNAHMEN & PROJEKTE IN KÖLN Präsenzbüro Köln-Ehrenfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Präsenzbüro Köln-Chorweiler . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Betreutes Wohnen für Menschen mit Handicap . . 14 Flexible Hilfen Köln – Netz | Werk . . . . . . . . . . . . . 16

STATIONÄRE PROJEKTE Stationäre Projekte im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . 18

AUS DER ARBEIT DER PRÄSENZBÜROS Präsenzbüro Rheinland-Pfalz / Hessen . . . . . . . . . 20 Präsenzbüro Berlin-Brandenburg . . . . . . . . . . . . . 21 Präsenzbüro Thüringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Präsenzbüro Nord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Zehn Jahre Stiftung Leuchtfeuer Leuchtfeiertag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

KURATORIUM / KOOPERATIONEN Kuratoriumsvorstand erweitert . . . . . . . . . . . . . . 28

Impressum Redaktion: Björn Troll, Ulrich Vesen Fotos: Stiftung Leuchtfeuer

Zweiter Anna-Warburg-Preis verliehen . . . . . . . . . 29

Gestaltung: Marcel Krings

Pressespiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Druck: Gemeinnützige Werkstätten Köln GmbH Alle Angaben ohne Gewähr, Stand 04/2013

Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren, 2012 durften wir unter dem Motto: „10 Jahre Stiftung Leuchtfeuer und rund 20 Jahre Orientierung für Menschen in stürmischen Zeiten“ ein fröhliches Jubiläumsfest feiern. Viele Freunde und Förderer haben diese Gelegenheit genutzt, um ihre Anerkennung für unsere Arbeit zum Ausdruck zu bringen. Besonders haben uns die positiven Rückmeldungen von Seiten der Jugendämter gefreut. Neben den professionellen Strukturen wurden vor allem die Kompetenz und das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung Leuchtfeuer hervorgehoben. Die positive Resonanz ist für uns ein Ansporn, noch besser zu werden. Deshalb werden wir einen Qualitätsmanagements-Prozess einleiten, um ein Zertifikat als Sozialdienstleister mit einem europäischen Standard zu erreichen. Ich möchte mich herzlich bedanken: bei unseren Partnern, Freunden und Förderern für das uns entgegengebrachte Vertrauen und bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren engagierten Einsatz. Ihnen ist es zu verdanken, dass wir optimistisch in das zweite Jahrzehnt der Stiftung Leuchtfeuer blicken können.

Ihr Peer H. Salström-Leyh Vorstand, Stifter 3

Grußwort des Kuratoriums zum Stiftungsjubiläum



Sehr geehrte Damen und Herren, Heinrich Heine hat einmal gesagt:

Ausgestoßene Verbrecher tragen oft mehr Menschlichkeit im Herzen als jene kühlen, untadelhaften Staatsbürger der Tugend, in deren bleichen Herzen die Kraft des Bösen erloschen ist – aber auch die Kraft des Guten.

Viel Wahres steckt in diesem Satz. Er erinnert daran, dass Schein und Sein nicht immer übereinander passen. Dass hinter der Fassade eines Menschen manchmal ein anderer steckt. Dass die, die sich aufschwingen, über ihn zu richten, vielleicht gar nicht in der Position dazu sind. Dass eine innere Energie, die Menschen zu etwas treibt, vielleicht mehr wert sein kann, als die erloschene Flamme des Angepassten - wenn sie richtig eingesetzt wird. Die Stiftung Leuchtfeuer handelt auf den Grundsätzen eines humanistischen Menschenbildes und kümmert sich um genau diese jungen Menschen, die von anderen abgelehnt, ausgegrenzt und aufgegeben wurden. Weltanschaulich ungebunden und keiner Glaubensrichtung verschrieben gibt sie hierbei nicht vor, zu wissen, was das richtige oder falsche für den Jugendlichen ist. Vielmehr ist ihr Name Programm: das Leuchtfeuer sendet seine Signale aus – ausdauernd, stetig und unbeeinflusst. Ob jemand die Signale wahrnimmt, ob dieser jemand sie als Richtung weisend erlebt – das kann das Leuchtfeuer nicht beeinflussen. Seine im besten Sinne unvermeidliche Anwesenheit ist in schweren Gewässern oft die einzige Konstante.



Für die Stiftung Leuchtfeuer sind schwere Gewässer Alltag. Kinder und Jugendliche aus sozialen Problemlagen, die mit jugendlichen Delikten und körperlicher Gewalt aufgefallen sind, sind alles andere als ein attraktives Klientel. Eine ohnehin schon dünne Lobby wird flankiert von immer knapper werdenden öffentlichen Kassen. Berichte über angebliche Steuergeldverschwendung und die Infragestellung der Sinnhaftigkeit pädagogischer Nischenprodukte tun ihr übriges. Die Stiftung Leuchtfeuer, allen voran Peer SalströmLeyh mit seinem Team, sucht unermüdlich nach neuen Konzepten und Lösungen aktueller Problemfelder. Vorstand, Geschäftstelle und Kuratorium sind dabei organisatorisch so professionell aufgestellt, dass sie die kontinuierliche Auseinandersetzung um die gesellschaftlich gewünschte Wirksamkeit und Nachhaltigkeit sozialer Arbeit mit dem Pioniergeist der Stiftung verbinden können. Ich wünsche der Stiftung Leuchtfeuer und allen Menschen, die sie speisen, dass die Kraft für das Gute in ihren Herzen nicht erlischt. Dass wir die Fähigkeit behalten, die Menschen nicht nach ihrem Schein zu beurteilen, sondern nach ihrem Sein. Ihr Heinz-Joachim Weber Vorsitzender des Kuratoriums

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MAẞ NAHMEN UND PROJEKTE IN KÖLN

Präsenzbüro Ehrenfeld

An den Berichten wirkten mit: Frau Pink und deren Tochter Fleur, Gabriele Ceseroğlu, Frederik Jung, Cornelia Kümpel, Kolja Saßenscheidt und Felicitas Bathen.

Auch zum Ende dieses Jahres gilt unseren festen und freien pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein besonderer Dank für deren engagierte und qualifizierte Arbeit im Präsenzbüro Ehrenfeld. Durchschnittlich wurden 82 ambulante Betreuungsmaßnahmen, überwiegend als Sozialpädagogische Familienhilfen, gefolgt von Flexiblen Hilfen umgesetzt. Räumlich eingebunden sind diese Maßnahmen zum größten Teil innerhalb der drei Schwerpunktträgerschaften vor Ort. Das heißt, wir übernehmen unsere „Fälle“ meist aus den Sozialräumen Bocklemünd / Mengenich / Vogelsang (SRT 3), Neuehrenfeld (SRT 4) oder Ehrenfeld (SRT 5). Mit dem hiesigen Bezirksjugendamt blicken wir auf eine Zusammenarbeit zurück, die auf einer stabilen, konstruktiven und wertschätzenden Basis, sowohl auf der Ebene der ASD-Kolleginnen und -Kollegen, als auch auf der der Sachgebietsleiterinnen und -Leiter, beruht. Der langjährige Amtsleiter, Herr Schmidt, verabschiedete sich aus unserer Sicht mit „etwas Wehmut“ in den Ruhestand. Mit Frau Vossen ist eine ebenso kompetente Nachfolgerin im Amt. Leider verstarb nach schwerer Krankheit Herr Lieberz, ehemaliger Leiter der wirtschaftlichen Jugendhilfe, im November 2012. Wir werden ihn mit seiner versierten, sympathischen und besonnenen Art in guter Erinnerung behalten. Fachkundig und souverän begleiteten unsere Koordinatorinnen Felicitas Bathen, Susanne Elbers und unser Koordinator Ingmar Roth sowohl die Fallarbeit, als auch die sozialräumlichen Aufgabenbereiche. Dies geschah auch über interne Fachveranstaltungen zu Themen wie „Konflikte

Zahlreiche der zurzeit 37 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Präzenzbüros Ehrenfeld im Frühjahr 2012

in Betreuungssituationen“, „Übertragung / Gegenübertragung“ oder „Konzepte zur Planung einzelner Maßnahmen“, die jeweils in angenehmen informellen Zusammentreffen ausklangen. Auf den folgenden Seiten präsentieren wir Einblicke und Entwicklungen im Jahr 2012 aus Sicht der drei in den Ehrenfelder Sozialräumen tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Abschließend kommt eine Teilnehmerin des derzeit laufenden Projekts „Samstagskita“ und deren Mutter zu Wort.

Barbara Förster, Leitung Präsenzbüro Ehrenfeld

Impressionen eines Infotags: Von der Arbeit über das Kneipenquiz hin zur wohlverdienten Belohnung

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MAẞNAHMEN UND PROJEKTE IN KÖLN PRÄSENZBÜRO EHRENFELD

Sozialraumteam 3 Bocklemünd / Mengenich / Vogelsang (SRT 3)

Das Jahr 2012 war durch personelle Kontinuität in der Besetzung des Teams seitens der Stiftung Leuchtfeuer gekennzeichnet. Cristina Maldonado gehörte dem Team mit einer Unterbrechung seit mehreren Jahre an. Nach Ausscheiden des seit Bestehen des SRT´s eingesetzten Mitarbeiters Dilo Capar, kam Gabi Ceseroglu Ende 2011 neu in das Team. Sie berichtet hier über ihren Einstieg:

auch neue junge ASD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter im SRT, die, wie ich, viele Fragen haben. Uns werden verschiedene Arbeitsweisen erklärt. So lernen wir, wie eine kollegiale Beratung oder eine Risikoeinschätzung verläuft, hören von diversen Gremien sowie Arbeitskreisen, die zur Arbeit im SRT gehören und bekommen einen Überblick zur Funktion des Perspektivwechslers und des Visualisierers.

Arbeitsabläufe, wie zum Beispiel kollegiale Beratungen oder die fallübergreifende Arbeit sind für mich nun zum „normalen Arbeitsalltag“ geworden. Inzwischen habe ich eine Sozialraumschulung absolviert, wodurch ich die Theorie zur bis dahin erlebten Praxis erlernte. Mir wurde die sozialräumliche Arbeit in ihrer Komplexität bewusster und ich verstand den Sinn des Konzepts besser.

Am ersten Tag, als ich um 9.30 Uhr zum Sozialraumteam in das Jugendamt komme, kenne ich kaum jemanden. Meine Einführung verläuft nett und konstruktiv. Es gibt

Ein paar Monate später fühle ich mich bereits als fester Bestandteil des Teams, obwohl zwischenzeitlich einige personelle Wechsel im Jugendamt erfolgten. Diverse

In unserem SRT sind hauptsächlich junge Kolleginnen und Kolegen, die auch für unkonventionelle Ideen und Lösungen offen sind. Es wird effektiv gearbeitet und jede / jeder bringt Wissen, Erfahrungen und Ideen – manchmal auch ihren / seinen Ärger – ein. Dabei entwickeln sich oft lebhafte Diskussionen. Die kollegiale Beratung im SRT hat mir schon manches Mal geholfen, um zum Beispiel Gefährdungsmomente in meiner alltäglichen Arbeit besser einschätzen zu können. Ich kann die Prozesse, die zum Einsatz bestimmter Hilfen führen oder die Rolle und Haltung der ASD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter inzwischen besser nachvollziehen. Die Arbeit im SRT bereichert meine Tätigkeit als sozialpädagogische Fachkraft und stärkt meine Position im Team des Präsenzbüros Ehrenfeld. Insofern freue ich mich über meine persönliche berufliche Weiterentwicklung in diesem Jahr.

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Sozialraumteam 4 Neuehrenfeld (SRT 4)

Das Sozialraumteam des Stadtteils Neuehrenfeld tagt, seit seinem Bestehen im Oktober 2011, wöchentlich. Leider konnte die Mitarbeiterin der „Wirtschaftlichen Jugendhilfe“ seit dem Frühjahr aufgrund mangelnder zeitlicher Kapazitäten nicht mehr teilnehmen. Im Oktober 2012 löste Frau Halbach als neue Sachgebietsleitung Herrn Wieczorek ab. Die Fallarbeit nimmt einen wesentlichen Raum bei der Arbeit ein, wobei dem Team mit jeder neuen Fallpräsentation die Methode der „Kollegialen Beratung“ vertrauter wird und das sozialräumliche Denken zunehmend fassbare Konturen erhält. Dennoch „qualmen manchmal die Köpfe“, so z. B., wenn aus einer Falleinschätzung kein einvernehmliches Ergebnis resultiert. Die unterschiedlichen fachlichen Qualitäten und Erfahrungen der einzelnen Teammitglieder sorgen für vielfältige Ideen und produktive Reibungsflächen bei der Lösungsfindung. Darüberhinaus ermöglicht das von den meisten Teammitgliedern überaus geschätzte fachbegleitende „Training On The Job“ eine hilfreiche Reflexion des Arbeitsansatzes. Hier können z. B. als vor- oder nachteilhaft empfundene Prozedere kritisch betrachtet werden. Ein Kurzprojekt wurde, gemeinsam mit einem anderen Ehrenfelder Sozialraumteam,

Andrea Klein und Cornelia Kümpel neben dem Logo unseres Teams, das durch einen Malwettbewerb im Sozialraum entwickelt wurde.

im Rahmen des Interkulturellen Stadtteilfest Expressions im Oktober 2012 umgesetzt. Mit Hilfe des Angebots einer Bewegungslandschaft für Kleinkinder galt es, eine Vernetzung mit anderen Einrichtungen im Viertel zu initiieren und das Bekanntmachen unseres Sozialraumteams bei den Gästen zu erreichen. Auf dem Sektor der Projekte bewegen wir uns insgesamt noch in der Findungsphase. Im Rahmen der Be-

darfsrecherche wurde konstatiert, dass die Bewohnerinnen- und Bewohnerstruktur in Neu-Ehrenfeld zahlreiche Mittelstandsund Patchwork-Familien aufweist. Aus diesem Kontext resultieren zwei Projektideen. Aktuell können wir uns die Entwicklung eines Beratungsangebots zu Pubertätskonflikten oder einer Elternberatungsgruppe für Familien im bzw. nach dem Trennungsprozess vorstellen.

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MAẞ NAHMEN UND PROJEKTE IN KÖLN PRÄSENZBÜRO EHRENFELD

Sozialraumteam 5 Ehrenfeld (SRT 5)

Auch 2012 hat sich das Sozialraumteam 5 vielseitig weiter entwickelt, die gemeinsamen Aufgaben als Team gelungen gemeistert und Stolpersteine gut bewältigt. Nach dem Ausstieg von Petra Pusnik als Vertreterin der Stiftung Leuchtfeuer Mitte 2012, konnten wir Bela Bergmann als neues und die Zusammenarbeit erfrischendes Mitglied begrüßen. Er übernahm die Aufgabe des Projektverantwortlichen für „die Samstagskita“, eine Projektidee, die seinerzeit von Petra Pusnik entwickelt wurde. Felicitas Bathen in der Koordination konnte im Juli 2012 schnell geeignete und motivierte Mitarbeiterinnen für die Umsetzung des Projektes finden und die Rahmenbedingungen auch durch Festlegung geeigneter Räumlichkeiten abschließend schaffen. Mit Maria Armborst als Projektleitung vor Ort und Martina Kreiner als erfahrene Honorarkraft der Stiftung wurden zwei qualifizierte Fachkräfte für die gut gelingende Umsetzung des flexiblen Betreuungsangebots für Kinder zwischen 3 und 8 Jahren, immer samstags in den Räumlichkeiten des evangelischen Kindergartens „Kinderarche“, eingebunden. Darüber hinaus sind

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ergänzend studentische Aushilfskräfte mit im Projekt tätig, was die Gestaltung und Möglichkeiten in der Arbeit noch kreativer macht und das Angebot bereichert. Ein weiterer Erfolg der Sozialraumarbeit in diesem Jahr ist der zufriedenstellende Abschluss des Projekts im Flüchtlingswohnheim in der Geisselstraße. Das langjährige und seit September 2011 durch „wir-helfen-Spenden“ weiter finanzierte Projekt läuft mit diesem Jahr aus. Gabi Ceseroglu und Manuela Carzo konnten mit Sibylle Loyeau über das Deutsche Rote Kreuz eine engagierte Integrationslotsin als neue Ansprechperson für die Bewohnerinnen und Bewohner finden. Darüber hinaus wurde eine Willkommensmappe erstellt, die sowohl neu ankommenden Flüchtlingen vor Ort, als auch interessierten Fachkräften zur Verfügung gestellt wird. Mit der Initiierung und Umsetzung eines neuen Kooperationsprojekts möchten wir ab Dezember 2012 Synergien der Ehrenfelder Sozialräume nutzen bzw. entwickeln. Dazu bearbeiten die SR-Teams 3 (Ehrenfeld) und 5 (Bocklemünd / Mengenich /

Vogelsang) den Themenbereich „Projektentwicklung, Projektmanagement“. In Begleitung durch Fachleute werden Bedarfe und Ideen der jeweiligen Sozialräume eruiert und zwar mit dem Ziel, für kommende Jahre passende und fachlich fundierte Projektangebote planen zu können. Auf Seiten des Jugendamtes gab es durch Personalveränderungen ebenfalls neuen Wind für das Team. Im Laufe des Jahres sind zwei Mitarbeiterinnen ausgeschieden, die durch neue Kolleginnen ersetzt wurden. Diese internen und externen Personalumstellungen waren für die Arbeit im Team nicht immer einfach, zumal den „Neuen“ eine sozialräumliche Schulung fehlte, und wir uns bei der Arbeit sowie den laufenden Prozessen stets neu finden bzw. definieren mussten. Erfreulicher weise kann dieser Prozess der „Neufindung“ zum Jahresende als überaus gelungen bewertet werden. Die Arbeit im Team ist erfolgreich, produktiv, und beruht auf gegenseitiger Wertschätzung sowie einer konstruktiven Arbeitsatmosphäre.

Die „Samstags-Kita“ Ein Projekt des Sozialraumteams Ehrenfeld (SRT 5) Ich bin von unserem Familienhelfer, Herrn Jung auf das Samstagbetreuungsangebot der Stiftung Leuchtfeuer aufmerksam gemacht worden. Da ich alleinerziehende Mutter von drei Kindern bin und meine beiden jüngsten Fleur (6 Jahre) und Temeo (7 Jahre) im entsprechenden Alter sind, habe ich beschlossen, das Angebot wahrzunehmen. Dadurch habe ich die Möglichkeit, verschiedene Besorgungen, die unterhalb der Woche nicht zu erledigen waren, zu erledigen bzw. meinen ältesten Sohn Leandro (10 Jahre) zu seinen Fußballspielen zu begleiten. Das Betreuungsangebot findet in der Kindergarteneinrichtung meiner

Tochter statt, so dass es für sie eine gewohnte Umgebung darstellt. Genutzt werden ein Tagesraum, die Toiletten, der Hof und die Turnhalle. Die Öffnungszeiten von 10 bis 15 Uhr nehme ich nicht voll wahr. Meistens bringe ich meine Kinder zwischen 11 und 12 Uhr und hole sie dann gegen 15 Uhr ab. Meine Kinder waren mit die ersten, die die Samstagsbetreuung besucht haben. Daher habe ich in meinem Freundeskreis Mundpropaganda betrieben, um auch andere Mütter auf das Angebot aufmerksam zu machen. Zurzeit besuchen ca. sechs Kinder das Angebot. Ich selber nutze das Angebot nicht jeden Samstag aber sehr

oft. Neben vielen jahreszeitlichen Aktionen und verschiedene Spielen wird auch Müsli, frisches Obst, Tee und Wasser den Kindern angeboten. Butterbrote oder warmes Essen, sowie Hausschuhe und wetterfeste Kleidung gebe ich meinen Kindern mit. Die Erzieherinnen erlebe ich als sehr freundlich in ihrem Umgang mit den Kindern und den Eltern. Sie gehen oft mit den Kindern raus auf den Hof und achten sehr auf ihre Sicherheit. Was ich mir für die Zukunft wünschen würde ist, dass das Betreuungsangebot auf Zehnjährige ausgeweitet wird und auch männliche Erzieher da sind.

Neben vorstehenden Erläuterungen ihrer Mutter, Frau Pink, beantwortete die sechsjährige Fleur (F.) Herrn Jung (Hr. J.), der als Familienhelfer in der Familie Pink tätig ist, zahlreiche Fragen: Hr. J.: Wie gefällt dir die Samstagsbetreuung? F.: Sehr gut. Hr. J.: Was gibt es denn dort so alles? F.: Es gibt eine Puppenecke, eine Bauecke und ganz viele Spiele. Hr. J.: Hast du ein Lieblingsspiel? F.: Ja, „Hühner folgen der Katze“. Hr. J.: Mit wem gehst du denn in die Samstagsbetreuung? F.: Mit meiner Mama, meinem Bruder Temeo oder manchmal allein. Hr. J.: Und mit wem spielst du, wenn du da bist? F.: Am liebsten mit meinem Bruder Temeo oder meiner besten Freundin Mascha.

Hr. J.: Gibt es auch etwas Besonderes in der Betreuung? F.: Einmal im Monat machen wir eine besondere Aktion, z.B. Indianer spielen, Windräder bauen, Frischkäse zubereiten, jetzt im Winter Schneemänner aus Wolle basteln oder Seifenblasen machen. Hr. J.: Was magst du denn am Liebsten an dem Angebot? F.: Müsli! Hr. J.: Gibt es denn auch etwas, was du gar nicht magst? F.: Wenn man auf die Erzieherinnen nicht hört, muss man 10 Minuten auf dem Stuhl sitzen bleiben!

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MAẞNAHMEN UND PROJEKTE IN KÖLN

Sozialraumbüro Köln-Chorweiler Leuchttürme im Kölner Norden – Projekte



Ziele sind Leuchtfeuer für das Handeln.

D. Dörner



Neben Sozialpädagogischer-Familien- und flexibler Einzelfall-Hilfen sind auch 2012 Projektangebote im Sozialraum Chorweiler und Seeberg „Leuchttürme unserer Arbeit“. So ist es uns, trotz finanzieller Einsparungen durch die Kostenträger, gelungen, präventive Projekte fortzuführen und neu zu starten, wie beispielsweise: • Fußball-Camp, • Besuch des Fußballspiels 1. FC Köln gegen VfB Stuttgart, • Besuch des Fußballspiels 1. FC Köln gegen VfL Bochum, • Mutter-Kind-Gruppe, • Kanu-Ausflug. Als weiterer Leuchtturm ragt das Projekt „Aktivierung von Familienpotenzialen“, das nach einer dreimonatigen Pause erneut vom 01. März 2012 bis 31. Dezember 2012 in Chorweiler und Seeberg durch das Jobcenter bewilligt und verlängert wurde, heraus. Mit den „Familienlotsinnen“ wurden große Familien im ALG-II-Bezug gefördert und unterstützt. Ein Antrag zur Fortführung im Jahr 2013 wurde eingereicht und inzwischen auch genehmigt. Bei „Querdenker“ und der Stadtsparkasse Köln Bonn, die uns durch ihre finanzielle Unterstützung und Spende bspw. das Fußballcamp ermöglichten bedanken wir uns herzlich und freuen uns, wenn dies auch im nächsten Jahr wieder stattfinden kann. Conny Kirch-Meffert, Leitung Sozialraumbüro Chorweiler

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Fußball-Camp der Stiftung Leuchtfeuer in den Osterferien Das Fußball-Camp fand mit der freundlichen Finanzierung durch „Querdenker“, das sind Mittel, die das Kuratorium der Stiftung zur Verfügung stellt, und einer Spende von der Stadtsparkasse Köln Bonn vom 02. bis 05. April 2012 auf der Bezirkssportanlage Köln Chorweiler statt. Jeden Tag wurden fünf Stunden Training von den zwei DFB-Trainern, Corc Tokgözoglu und Joey Scholz (beides Betreuer des Teams Chorweiler), durchgeführt. Insgesamt nahmen 27 Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 16 Jahren am Camp teil, darunter auch zwei Mädchen. Um die teilnehmenden Sportler fit zu halten, gab es mittags ein reichhaltiges Wohl-Fühl-Buffet mit Brötchen, Vollkornprodukten, Obst und Gemüse. Teilweise wurde das Essen von einem ortsansässigen Lebensmittellieferanten gespendet. Auch für ein sportliches Outfit wurde gesorgt: Jede Teilnehmerin / jeder Teilnehmer bekam ein eigenes Trikot-Oberteil der Stiftung Leuchtfeuer. Im Vordergrund des Fußball-Camps standen Sport, Spiel und Spaß. Neben zahlreichen sportlichen Parcours und Aufgaben setzten sich die Kinder und Jugendlichen mit Regeln wie bspw. Fairness und respektvollem Umgang auseinander. Höhepunkte waren zweifelsohne die Besuche der erfolgreichen Fußball-Profis Hans Sarpei (FC Schalke 04) und Yohannes Bahcecioglu (Rot Weiß Oberhausen), die von den Kids mit Fragen und Autogrammwünschen überhäuft wurden. Die Kids waren extrem beeindruckt von den Erzählungen der Profis und deren Werdegang. Beide haben ebenfalls ihre Kindheit und Jugend in Chorweiler verbracht.

Aus redaktionellen Gründen konnten nur einzelne Projekte näher beschrieben werden, sodass eine Auswahl getroffen werden musste.

Ein weiteres Highlight war die Turnierteilnahme am Oster-Cup, an dem auch andere Mannschaften (bspw. von umliegenden Jugendzentren) teilnahmen. Unsere FußballCamper konnten mit dem dritten Platz beeindrucken, der mit einem Pokal honoriert wurde. Das viertätige Camp war für alle Kids dank der professionellen Planung und Durchführung der beiden Trainer eine sportliche Herausforderung mit vielen tollen Momenten. Nachfolgend einige Original Kommentare der Kids: • „Beste vier Tage“ • „Bald wieder, ne“ – „Sommer oder Herbstferien am besten beides“ • „Cool“ • „Eine Hammer Mannschaft!

Besuch des Fußballspiels 1.FC Köln gegen VfB Stuttgart … Am 21. April 2012 besuchten 13 Kinder und Jugendliche sowie drei Betreuer der Stiftung Leuchtfeuer das Spiel 1.FC Köln gegen VfB Stuttgart im Kölner Stadion. Die Kids waren teilweise Teilnehmer aus dem Fußballcamp in den Osterferien, teilweise aus den Betreuungen der Stiftung Leuchtfeuer. Sie wurden von Martin Wertenbroch, Joey Scholz und Birol Koni begleitet.

„Da wir Stehplatzkarten hatten, trafen wir uns zwei Stunden vor Anpfiff, um uns gute Plätze zu sichern. Die Kinder und Jugendlichen, unter ihnen auch einige „richtige“ FC-Fans, waren aufgeregt, die Stimmung super. Mit Fahnen und Schals zogen wir ins Stadion ein, um die Kölner Mannschaft anzufeuern. Wir ergatterten Plätze im vorderen Bereich und konnten so gut das spannende

Spiel verfolgen. Die Kölner spielten – überraschenderweise – sehr gut, konnten aber leider nur ein 1:1 Remis aus der Partie herausholen. Alle Teilnehmenden hatten Spaß beim Zugucken und wurden im Anschluss abgeholt oder nach Hause gebracht.“ „Der Besuch hat sehr viel Spaß gemacht, so konnten wir unserer Mannschaft helfen!“

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MAẞNAHMEN UND PROJEKTE IN KÖLN Sozialraumbüro Köln-Chorweiler – Leuchttürme im Kölner Norden



… und gegen Vfl Bochum

„Ich finde es super, dass die Stiftung auch solche Aktionen unterstützt!



Am 23. November 2012 besuchten 13 Jugendliche, zwei Eltern sowie fünf Betreuer der Stiftung Leuchtfeuer das Spiel 1. FC Köln gegen Vfl Bochum im Müngersdorfer Stadion. Martin Wertenbroch, Joey Scholz, Birol Koni, Nancy Hoffmann und Frank Paffendorf begleiteten die Gruppe. Der Ausflug fing schon spannend an: Da die Bahnen der KVB zum Teil wegen eines Streckenschadens ausfielen, dauerte die Hinfahrt schon 1,5 Stunden – und das in überfüllten Bussen. Mit 20 Minütiger Verspätung zogen wir ins Stadion ein, um dem 1. FC Köln unsere Unterstützung zu geben. Da wir Sitzplätze im Oberrang hatten, konnten wir gut das Spiel verfolgen und die Mannschaft anfeuern. Die Kölner Mannschaft spielte sehr gut und gewann das Spiel souverän mit 3 : 1. Das steigerte die Stimmung unter allen Beteiligten – trotz der 2. Liga ! „Der Besuch hat sehr viel Spaß gemacht, so konnten wir unserer Mannschaft helfen!“ Martin Wertenbroch

»Das Fußballcamp hat sehr viel Spaß gemacht. Wir mussten im Training mit dem Ball laufen und haben Schüsse geübt. Wir haben auch Torschüsse trainiert. Ich habe dabei sehr viele Tore geschossen. Obwohl die anderen Teilnehmer älter als ich waren, habe ich mich in der Gruppe wohl gefühlt. Mit den beiden Trainern bin ich sehr gut klar gekommen. Am Ende des Camps gab es ein großes Fußballturnier, an dem ich leider nicht teilnehmen durfte, da ich noch zu jung war. Meine Mannschaft hat auch ohne mich den 3. Platz gemacht. Es war alles sehr schön und ich würde gerne beim nächsten Mal wieder mitmachen.« Ali (11 Jahre) 12

Sommerfest in der Mutter-Kind-Gruppe

Kanu-Ausflug 2012

So wie jedes Jahr heißt es vor den Sommerferien „Tschüss, liebe Kindergartenkinder“. Auch wenn den Müttern der Abschied aus der Mutter-KindGruppe immer sehr schwer fällt, wenn die Kinder in den Kindergarten wechseln, ist es ein Grund zu feiern. Dieses Jahr gab es gleich zwei Gründe, ein kleines Fest zu veranstalten:

Am 20. August 2012 fand die zweite Kanu-Tour des Teams Chorweiler statt. Die etwa 25 Teilnehmer fuhren bei sonnigem bis wolkigem Himmel auf den Fluten der Sieg. Der Ausflug war für alle ein voller Erfolg.

1. Der Sommer ist da. 2. Die Kindergartenzeit beginnt für einige Kinder und ihre Eltern. Wir haben ein leckeres Sommeressen gezaubert, uns tolle Spiele überlegt und die Sonne bestellt. Leider hat letzteres nicht so ganz funktioniert und wir mussten unsere kleine Feier, im Rahmen der wöchentlichen Mutter Kind Gruppe im Familienzentrum Paul-Löbe-Weg in Chorweiler, nach drinnen verlegen. Getreu nach dem Motto: „Hakuna Matata“ (Es gibt keine“ [hakuna] „Probleme / Schwierigkeiten“ [matata]), hatten wir ein tolles Fest mit kleinen Überraschungen und besonders schönen Erlebnissen. In der Abschiedsrunde haben alle festgestellt, dass es eine schöne Zeit war und die Kinder es genossen haben, sich mit ihren kleinen Freunden auszutoben. Versprochen: Nächstes Jahr gibt es wieder ein kleines Sommerfest. Die Sonne wurde bereits bestellt.

Frei nach dem Motto „Wir sitzen alle in einem Boot“ packten Kinder sowie Eltern mit an und bewältigten die insgesamt elf Kilometer lange Strecke, teilweise schiebend wegen Niedrigwasser. Einer unserer jüngsten Teilnehmer, fasste den Ausflug ziemlich treffend zusammen: „Die Kanu-Tour war sehr schön und geil! Am meisten wo ich Steuermann war…“ (Batina 11 Jahre). Das ganze Team hofft darauf, dass dieser wunderbare Ausflug auch im nächsten Jahr wieder stattfinden kann. Florian Gesell

Anna Niermann

13 * Name von der Redaktion geändert.

MAẞNAHMEN UND PROJEKTE IN KÖLN

2012 – ein bewegtes Jahr Betreutes Wohnen (BeWo)

2012 war die Abteilung BeWo geprägt von vielen Neuerungen und Herausforderungen: Zum 01. März hat Tanja Kuhnert die neue Stelle der zweiten Koordination übernommen. Zugleich wurde Christine Korn zur Abteilungsleitung. Seit vielen Jahren freiberuflich für die Stiftung Leuchtfeuer tätig, koordinierte sie im Jahr 2010 das erste Familienlotsinnenprojekt im Team Chorweiler. In 2011 wechselte Sie nun an die Riehler Straße ins BeWo-Team. Abteilungsentwicklungen Die Abteilung BeWo ist auch 2012 weiter gewachsen. So besteht unser Team inzwischen aus 22 freien und festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir freuen uns, dass wir in diesem Jahr zwei neue Halbtagsstellen schaffen konnten und so eine sichere Basis für die zeitnahe Belegung weiterer Anfragen gewährleisten können. Zudem haben wir einen neuen Flyer entwickelt, der der Angebotserweiterung der Abteilung ( ambulante Betreuung im Rahmen von § 35a SGB VIII) Rechnung trägt. Qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit hohe Fachlichkeit, intensive Netzwerkarbeit u. a. mit den Kliniken, rechtlichen Betreuerinnen

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und Betreuer und Fachärztinnen und Fachärzte bieten die Grundlage für den stetigen Anstieg der Fallzahlen. Daneben profitiert die Abteilung BeWo auch von der öffentlichen Präsenz des Netz/Werk Angebots. Dies ist gerade im Hinblick auf unseren Schwerpunkt der Betreuung psychisch belasteter Familien eine optimale Ergänzung unserer Arbeit. Interne Fortbildungen Die fortlaufende Qualifizierung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ein wichtiger Baustein unserer Arbeit. Diesem Anspruch widmen wir uns in dem jährlich stattfindenden BeWo-Infotag. Hier werden an einem Nachmittag wichtige Arbeitsinhalte intensiv behandelt. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf der fachlichen Weiterentwicklung des Hilfeplans. Im Laufe des Jahres haben wir unsere Fortbildungsreihe „ Arbeit mit traumatisierten Menschen“ durch die Veranstaltung „Stabilisierungs- und Stoppmethoden“ abgeschlossen. Geleitet und begleitet wurde diese Reihe durch Gisela Keil, (Familientherapeutin / Lehrtherapeutin, Supervisorin / Lehrsupervisorin, Traumatherapeutin). Neu haben wir das Thema Borderline aufgenommen. So fand im November ein Grundlagenworkshop mit Dian Tara Zinner, DBT Co-Trainern / Co-Therapeutin

MAẞ NAHMEN UND PROJEKTE IN KÖLN

und Mitarbeiterin der Borderline- / DBT Ambulanz in den LVR-Kliniken Köln-Merheim statt. Das Thema war: „Emotional instabile Persönlichkeit – Borderline Persönlichkeitsstörung und der Behandlungsansatz der Dialektisch Behavioralen Therapie“. Ein spannendes Thema, was uns auch in 2013 begleiten wird.

Stiftung im Rahmen von Querdenker. Wir möchten uns an dieser Stelle auch im Namen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Kuratorium für die Finanzierung des Projekts bedanken. Auf einer Kuratoriumssitzung hatten wir auch die Gelegenheit die Arbeit der BeWo-Abteilung vorzustellen, was vom Kuratorium mit großem Interesse verfolgt wurde.

Angebote für KlientInnen In diesem Jahr haben wir eine Vielzahl von Aktionen für unsere Klientinnen und Klienten durchgeführt. In der Regel haben sie nur wenige oder keine Sozialkontakte. Daher ist es uns sehr wichtig, entsprechende Angebote zu entwickeln und durchzuführen, die die Möglichkeit eröffnen, anderen Menschen in einem geschützten Rahmen zu begegnen. Dies wird sehr geschätzt und ist zu einem wichtigen Bestandteil unserer Arbeit geworden. Daneben ist das Thema "Freizeitbeschäftigung / ein Hobby haben / eigene Interessen pflegen" im Alltag der Menschen schwer umzusetzen. Somit haben wir uns entschieden in 2012, neben Ausflügen auch ein Gruppenangebot mit unterschiedlichen Freizeitaktivitäten zu machen. Meist ergeben sich Spielrunden, gemeinsame Frühstücke, Gesprächsrunden, Spaziergänge, in denen die unterschiedlichsten Themen besprochen werden und oft und viel gelacht wird. Klientinnen und Klienten zum BeWo-Treff: „Das ist wichtig, der Austausch hilft, man erhält einen Rat, einen Tipp, man lernt etwas von den Anderen“. „Man kommt raus, hat einen Grund, aufzustehen, in Bewegung zu kommen“. Dieses Angebot werden wir auch 2013 an jedem zweiten Donnerstag im Monat von 10 bis 12 Uhr in der Riehler Strasse 6 anbieten. Ansprechpartnerinnen sind Birgit Buchmüller und Alexandra Kreymborg. Ein weiteres Highlight war das Theaterangebot, finanziert durch das Kuratorium der

Korn an einem Fachtag im Herbst teil und schilderte dort Erfahrungen aus der Betreuungsarbeit mit psychisch beeinträchtigten Eltern. Ebenso wurde die Fallvernetzung beidseitig in diesem Jahr weiter verfolgt. So haben einzelne Klientinnen und Klienten das jeweils andere Angebot kennen gelernt, wodurch nun voraussichtlich in einer Familie eine direkte Zusammenarbeit entstehen wird.

Netzwerke Die Koordinatorinnen waren auch in 2012 wieder aktiv in Netzwerken unterwegs und eingebunden. Weiterhin besuchen beide einen Unterarbeitskreis der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft PSAG Köln. Frau Korn war zudem im ersten Halbjahr 2012 Beisitzerin in der Hilfeplankonferenz im SPZ Kalk. Gerade in Zeiten der finanziellen Einsparungen ist die Vernetzung mit Kolleginnen und Kollegen anderer Träger nützlich und hilfreich. So können politische Forderungen und Erfahrungen mit dem Kostenträger breit diskutiert und gemeinsam Lösungsstrategien entwickelt werden.

Ausblicke • Weitere Interne Fortbildungen zu Borderline und DBT Therapie. • Arbeit mit jungen Volljährigen mit psychischen Erkrankungen-Besonderheiten und Herausforderungen? • Teamentwicklung • Teilnahme an Fachtagungen, Arbeitskreisen usw.

Im Juni fand unter Federführung des Gesundheitsamtes, Abteilung Gemeindepsychiatrie, die trialogische Jahrestagung der PSAG Köln zum Thema „Resilienz“ statt, wobei Frau Kuhnert an der Vorbereitung beteiligt war und einen Workshop leitete. Daraus entsteht vermutlich eine Wanderausstellung, die die Ergebnisse der Tagung zum Thema Resilienz auch anderen zugängig machen sollen. Auch an der Konzeption der Ausstellung wird Frau Kuhnert beteiligt sein. In diesem Jahr fand zweimal das Borderline Netzwerk in der LVR-Klinik Merheim statt. Hieran hat Frau Korn im Sommer teilgenommen. Dieses trialogisch angesetzte Angebot ist eine interessante Möglichkeit, die eigene Fachlichkeit zu überdenken, von Betroffenen zu lernen und eigene Angebote auf ihre Attraktivität für die Zielgruppen zu überprüfen. Die interne Vernetzung mit dem Angebot NETZ / WERK vom RiFlex-Team wurde in diesem Jahr weiter verfolgt. So nahm Frau

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Flexible Hilfen in Köln Team Riehler Straße (RiFlex)

Netz I Werk für Kinder aus psychisch belasteten Familien

Seit Januar 2011 besteht das Projekt Netz I Werk für Kinder aus psychisch belasteten Familien. Im Rahmen des Projektes sind derzeit Dagmar Wiegel (Projektleitung), Jutta Kloidt, Tina Kull, Karolin Schilp und Roland Maas (stellvertretetender Projektleiter) tätig. Mit Ende des Jahres 2012 können wir mittlerweile auf zwei Jahre unseres Projektzeitraums zurückblicken und eine erfreuliche Bilanz ziehen. In den letzten beiden Jahren hat eine Vielzahl von Familien unser Angebot genutzt. Eltern- und Familienberatung Die Familien können sich jederzeit und kostenlos mit ihren Beratungsanliegen an uns wenden. Der Kontakt zu uns wird aber auch über andere Helfer (z. B. aus dem Betreuten Wohnen) hergestellt. Im Allgemeinen finden die Beratungen in den Räumen des Büros Riehler Straße statt, in Einzelfällen können diese auch bei den Familien zu Hause stattfinden. Unser Beratungsangebot umfasst • Elternberatungsgespräche • Familienberatungsgespräche •  Psychoedukation mit den Kindern

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In der Beratungspraxis begegnen uns vielfältig Fragen, die sich für die Eltern aus ihrer psychischen Belastung ergeben: • Wer kümmert sich um die Kinder, während die Mutter oder der Vater in der Klinik ist? • Muss das Kind in dieser Zeit möglicherweise umziehen, zum Beispiel zu Oma und Opa oder einem getrennt lebenden Elternteil? • Wie wirkt sich eine psychische Belastung auf den Familienalltag aus? • Kann eine flexible Hilfe, wie sie beim Jugendamt beantragt werden kann, hilfreich sein? „Mama ist nicht krank, Mama hat kein Fieber“ – Aus der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen Ebenso ergeben sich für die Kinder Fragen zur Situation ihrer Eltern, und es zeigt sich, dass es insbesondere für jüngere Kinder schwierig ist nachzuvollziehen, was beispielsweise eine Depression ist. Eine Achtjährige sagte zum Beispiel „Mama ist nicht

krank, Mama hat kein Fieber“. Hier ist sinnvoll, dass sich ein Berater Zeit nimmt, um mit den Kindern über das Thema ihrer Eltern zu sprechen. Dabei ist es uns wichtig, dass eine solche Psychoedukation gemeinsam mit den Eltern vorbereitet wird, und die Kinder sich sicher sind, dass sie die Erlaubnis ihrer Eltern haben, mit uns über dieses Thema zu sprechen. Fachtage Bislang konnten wir zwei Fachtage durchführen, die jeweils von etwa 80 interessierten Personen genutzt wurden. Im Jahr 2011 konnten wir mit dem Thema „Kinder psychisch belasteter Eltern im Kontext von Schule und Jugendhilfe“ Interessierte aus beiden Bereichen zusammenbringen und eine Vernetzung anlässlich Themas anregen. Im Jahr 2012 gelang mit dem Thema „Neuigkeiten aus der Innenwelt psychisch belasteter Familien“ eine weitere spannende Veranstaltung. Neben dem Psychiater und Autor Dr. Thomas Schmitt konnten be-

troffene Eltern, Angehörige und Christine Korn als Koordinatorin des BeWo-Teams als Fachreferenten gewonnen werden. So wurde es dem Fachpublikum möglich, das realistische Verständnis für die Situation der betroffenen Familien zu erweitern. Unser besonderer Dank gilt hier den betroffenen Eltern und Angehörigen, die sich als Referierende zur Verfügung gestellt haben. Die Veranstaltung endete mit einer erfreulich positiven Resonanz, so dass wir uns auf die dritte Veranstaltung im Jahr 2013 freuen. Selbsthilfe Bereits im Jahr 2011 wurde im Rahmen des Projektes der Aufbau einer Elternselbsthilfegruppe durch Dagmar Wiegel unterstützt, die sich über 6 Monate hinweg zweimal im Monat in den Räumen des SPZ Innenstadt traf. Hierzu hatten eine betroffene Mutter und ein betroffener Vater die Initiative ergriffen. Die Gruppe wird derzeit durch den betroffenen Vater weitergeführt. Sie ist im Rahmen von KISS inzwischen eine anerkannte Selbsthilfegruppe. Elterngruppen Ebenfalls haben wir im Jahr 2011 damit begonnen, eine Elterngruppe im Rahmen der LVR-Klinik in Merheim zu begleiten und dort alle zwei Wochen als Fachberatung den Eltern zur Verfügung zu stehen. Seit Sommer dieses Jahres stehen wir auch in den LVR-Tageskliniken in Bilderstöckchen und Chorweiler den Elterngruppen als

Beratung zur Verfügung, so dass wir hier auf eine erfolgreiche Kooperation zurückblicken können. Die grundlegende gemeinsam entwickelte Konzeption wird kontinuierlich überprüft und ggf. modifiziert. Kollegiale Fallberatung Die seit vielen Jahren bestehende Kollegiale Fallberatung für Helfer im Feld der psychischen Belastungen hat sich im Jahr 2012 für Fachkräfte aus anderen Einrichtungen geöffnet und wird im Jahr 2012 fortgesetzt. Fachlich unterstützt werden wir von Susanne Heim (Rat und Tat e. V.). Im Focus stehen Themen aus der Arbeit mit psychisch belasteten Klienten (z. B. im Kontext der Jugendhilfe, des Betreuten Wohnens, u. a.). Die Teilnahme ist kostenlos. Projekt Netz I Werk im Fernsehen Ein besonderes Highlight stellte für uns in diesem Jahr die Vorstellung des Projekts in einem Fernsehspot im ZDF dar. Vor der Präsentation der Gewinnzahlen der Aktion Mensch durch Jörg Pilawa wurde am 14. Oktober 2012 ein Spot gezeigt, in dem wir uns und unsere Arbeit vorstellen konnten. Die Dreharbeiten dazu fanden im Frühjahr statt. Unser Dank gilt Claudia Dregger, Jürgen Hardebusch und Nelson, die sich als Darsteller zur Verfügung gestellt haben. Roland Maas Team Riehler Straße, Koordination und stellvertretende Projektleitung

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STATIONÄRE INLANDSMAẞ NAHMEN

Stationäre Inlandmaßnahmen Seit einem Jahr besteht unser Team, das für die stationären Maßnahmen im Inland zuständig ist, aus Martina Völkel, Klaus Herrig und Jürgen Hardebusch. Völkel und Herrig stehen Rede und Antwort. Was ist eine SPLG? „Ich, Martina Völkel, die neuste im Team, stieß bei meinem Einstieg in die stationäre Arbeit auf den Begriff SPLG, der mir zuerst einmal Rätsel aufgab. Im Internet fand ich eine Begriffserklärung: Sozialpädagogische Lebensgemeinschaft. Standorte, die von der Stiftung Leuchtfeuer belegt werden, sind Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften. Die SPLG ist eine besondere Form der stationären Heimerziehung. Hier leben und arbeiten praxiserfah-

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rene pädagogische Fachkräfte mit Kindern und Jugendlichen zusammen, die aufgrund gravierender Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen einer besonders intensiven Förderung bedürfen. Der Betreuungsschlüssel liegt dabei in der Regel bei 1:2 (in Einzelfällen auch 1:1).“ „Früher war die Dauer der Maßnahmen meist auf 2 bis 3 Jahre begrenzt und hatte zum Ziel, das Kind / den Jugendlichen in die Herkunftsfamilie zurückzuführen oder in eine andere Betreuungsform überzuleiten. In der letzten Zeit sind die Kinder bei der Aufnahme in die SPLG jünger, die Auffälligkeiten schwerwiegender und eine Rückführung in die Herkunftsfamilie eher unwahrscheinlich.“

Wie würdest du deinen Auftragsbereich beschreiben? „Meine wichtigste Aufgabe ist die Begleitung und Beratung von Betreuern meiner Standorte. Zu ihnen pflege ich regelmäßig Kontakt, plane mindestens einen Besuch im Monat vor Ort ein. Je nach Situation sind aber auch drei bis vier Besuche pro Monat nötig. Das ist individuell verschieden. Es ist mir wichtig, den Betreuern soweit es möglich ist, den Rücken frei zu halten, was bürokratische und organisatorische Dinge betrifft, die nicht das direkte BetreuungsSetting betreffen. Zur individualpädagogischen Arbeit vor Ort gehören Krisen und Rückschläge dazu. Da ist es wichtig, ein offenes Ohr zu haben, zu ermutigen, aufzubauen, Lösungsmöglichkeiten anzuregen

Grundlage der pädagogischen Arbeit in Sozialpädagogischen Lebensgemeinschaften ist das Angebot einer konstanten Beziehung. Dadurch eröffnet sich ein pädagogischer Zugang mit teils therapeutischer Wirkung, der eine besondere Stärke dieser Betreuungsform ist. Den Heranwachsenden werden verlässliche und intensive Beziehungen angeboten mit dem Bewusstsein, dass die Kinder und Jugendlichen dieses Angebot in unterschiedlicher Art und Wei-

se nutzen. Der pädagogisch gestaltete Alltag ist dabei Lern- und Übungsfeld für ihre weitere Entwicklung. Die pädagogischen Fachkräfte sind zur Sicherung der fachlichen Qualität ihrer Arbeit in ein institutionelles Netz eingebunden. Dort finden sie Beratung und Supervision ebenso wie Arbeitskreise und Fortbildungsangebote. Die Kinder dagegen leben in einem kaum institutionell geprägten, weitgehend privaten Lebensraum, der viel Individualität und nor-

malen Alltagsbezug gewährleistet. Da die leiblichen Eltern, soweit vorhanden, für die fremd untergebrachten Kinder und Jugendlichen unverändert eine wesentliche Rolle spielen, ist die Elternarbeit ein wichtiger Bestandteil der Arbeit für die Fachkräfte in den sozialpädagogischen Lebensgemeinschaften. Zur Entlastung der Fachkräfte in den SPLG´s werden bei Bedarf Ergänzungsfachkräfte eingesetzt.

und bei Bedarf nach weiteren Stabilisierungskomponenten zu suchen. Die Betreuer, die 24 Stunden täglich rund um das Jahr mit den Betreuten arbeiten und entsprechend gefordert und belastet sind, können uns jederzeit telefonisch erreichen. Sie leben zudem in unterschiedlichen Lebensformen, z. B. alleinstehend, mit Partnern und / oder eigenen Kindern, alleinerziehend. Der Beratungsbedarf ist unterschiedlich und hängt naturbedingt eng mit den individuellen Betreuungsverläufen zusammen. Die betreuten Kinder und Jugendlichen können uns ansprechen, wenn Probleme am Standort auftauchen. Das gehört zum Beschwerdemanagment, für den es einen klaren Ablauf gibt. Unsere Projektstellen liegen überwiegend im ländlichen Raum, oft abseits von großen Städten und helfen dadurch den Kindern oft wegen der Reizarmut und können auch Entweichungen verhindern.“

tem der SPLG für eine Neuaufnahme bietet. Der weitere Prozess hängt davon ab, in welcher Situation und wie schnell ein Heranwachsender untergebracht werden muss. Es kann sein, dass er zunächst in Begleitung von Bezugsperson(en), Jugendamt und Trägerkoordination Besuche an möglichen Standorten macht, um sich umzuschauen und ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie es dort ist und ob beide Seiten sich ein Arbeiten und Leben miteinander vorstellen können. Es kann aber auch sein, dass der junge Mensch sofort einen Standort braucht, an dem er bleiben kann. In diesem Fall sucht die Standortleitung den Heranwachsenden auf und nimmt ihn dann nach dem Kennenlernen gleich mit an den Standort. Die ersten Wochen in der SPLG sind immer Probezeiten für beide Seiten: Betreuer und Betreuter. Wenn die ersten Wochen, die vor allem dem Kennenlernen, der Beobachtung des Jugendlichen und seinem Ankommen in der Maßnahme dienen, gelungen sind, beginnt die intensive pädagogische Arbeit an den individuell festgelegten Zielen.

dass er gruppenfähiger wird. Sehr wichtig ist es dann, die richtigen Beschulungsmöglichkeiten zu finden, um eventuell mit Integrationshelfern eine Beschulung möglich zu machen.

Wie leitet ihr eine Maßnahme in die Wege? „Wenn mich eine Anfrage des Jugendamtes erreicht, versuche ich herauszufinden, an welchen Standort das Kind oder der Jugendliche mit seiner speziellen Problematik und Geschichte passen könnte, ob ich überhaupt freie Plätze zur Verfügung habe oder davon weiß, dass es bei meinen Kollegeninnen und Kollegen hier in Köln und in den Präsenzbüros – Berlin, Schleswig-Holstein, Erfurt, Rheinland-Pfalz, Thüringen – Belegungskapazitäten gibt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Jugendamt bestimmte Wünsche an den Standort hat, die Betreuer vor Ort eigene Ausschlusskriterien formulieren – das gehört zu den Qualitätsmerkmalen – und ich behalte im Blick, welche anderen Kinder oder Jugendliche in welchem Alter und mit welchen Auffälligkeiten dort bereits betreut werden, und welche Ressourcen das Sys-

Besonders in der letzten Phase der Maßnahme ist die Verselbstständigung ein wichtiges Ziel, das in differenzierten Schritten trainiert wird. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, den Heranwachsenden oder jungen Erwachsenen eine Weile ambulant zu begleiten, damit der Schritt ins eigenständige Leben gelingt. Diese Aufgabe übernehmen manchmal die vertrauten pädagogischen Fachkräfte aus den SPLGs selbst. Zum Ende der Maßnahme wird von der SPLG ein Abschlussbericht verfasst, der die Entwicklung des Heranwachsenden zusammenfasst, erreichte und nichterreichte Ziele benennt und Empfehlungen für die Zukunft ausspricht.“ Angelika Röhrig im Gespräch mit Martina Völkel und Klaus Herrig

In der Regel finden beim Jugendamt zwei Hilfeplangespräche pro Jahr statt, für die vom Standort ein Entwicklungsbericht erstellt wird. Im HPG werden Ziele überprüft, konkretisiert und / oder geändert und entschieden, ob die Maßnahme passgenau ist. Es kann aber auch sein, dass zusätzliche Helferkonferenzen notwendig werden. Grundsätzlich werden die Heranwachsenden von Anfang an darauf vorbereitet, einen ihren Möglichkeiten entsprechenden Schulabschluss zu erreichen, eventuell mit einer passenden Ausbildung zu beginnen, um später als Erwachsene selbständig auf eigenen Füßen stehen zu können. Manchmal ist am Anfang eine Beschulung nicht oder nur sehr begrenzt möglich, z. B. weil der Heranwachsende nicht oder kaum gruppenfähig ist. Da wird dann zunächst daran gearbeitet, 19

Präsenzbüro Rheinland-Pfalz / Hessen Die Stiftung Leuchtfeuer führt einmal jährlich für seine Honorarkräfte ein Seminarwochenende durch. Mit Hilfe dieses Wochenendes sollen Themen oder besondere Problemstellungen aus dem vergangenen Jahr mit Hilfe einer Referentin oder eines Referenten aufgearbeitet werden und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Auch dient das Wochenende dem Vernetzungsgedanken der Stiftung Leuchtfeuer, in dem sich möglichst viele Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften an dem Wochenende treffen, kennenlernen, sich fachlich austauschen und Kontakte untereiander knüpfen können. Am 17. und 18. November fand das diesjährige Seminarwochenende der Mitarbeiter des Präsenzbüros Rheinland-Pfalz / Hessen statt. Wie im letzten Jahr trafen wir uns in der Bildungsstätte Wolfshausen in der Nähe von Marburg. Die Bildungsstätte hat den Vorteil, dass für viele der Honorarkräfte ein ähnlicher Anfahrtsweg besteht. Es nahmen an dem Seminarwochenende neun Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften bzw. 14 Honorarkräfte aus dem Zuständigkeitsbereich des Präsenzbüros Rheinland-Pfalz / Hessen teil. Da nicht alle betreuten Kinder oder Jugendlichen für dieses Wochenende von den Sozialpädagogischen Lebensgemeinschaften zu ihren Eltern oder einem Elternteil beurlaubt oder anderweitig betreut werden konnten, nahmen an dem Treffen auch sieben Betreute teil. 20

Für diese Kinder und Jugendlichen haben wir, für die Zeiten in denen das Seminar abgehalten wurde, eine Betreuung installiert, damit sich die Honorarkräfte auf den Seminarteil konzentrieren konnten. Die Betreuung wurde von den Geschwistern Lea und Nico Germscheid durchgeführt, die auch als Aushilfskräfte in einer Sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft tätig sind. Sowohl das Außengelände der Bildungsstätte als auch die Räume, die uns zur Verfügungen standen, wurden für die Betreuung genutzt. Die Betreuung verlief ohne Probleme und die betreuten Kinder und Jugendlichen hatten in dieser Zeit ihren Spaß. Da die Betreuung positiv verlief, konnten sich die Honorarkräfte, die für die Kinder und Jugendlichen zuständig waren, auf das Seminar konzentrieren und waren nicht abgelenkt. Auch in diesem Jahr konnten wir als Referenten Herrn Josef Herkenrath (Dipl. Sozialpädagoge / Systemischer Familientherapeut (DGSF) / NLP-Practitioner und -Master) für unser Seminarwochenende gewinnen und somit eine Fortsetzung aus dem letzten Jahr durchführen. Das Thema in diesem Jahr lautete: „Wie hilft Beziehung? – Systemische und traumapädagogische Ansätze in der individualpädagogischen Projektstellenarbeit anhand von Praxisbeispielen“. Bis zur Mittagspause erläuterte uns Herr Herkenrath theoretisch und an praktischen Beispielen die Abläufe im Gehirn eines traumatisierten Kindes.

Nach der Mittagspause zeigte uns Herr Herkenarth die praktische Anwendung von systemischen Methoden wie z.  B. Genogrammarbeit und Familienaufstellung anhand von Beispielen der Honorarkräfte auf. Durch eine gelungene Mischung aus theoretischen und praktischen Anteilen, gestaltete Herr Herkenrath die Zeit von 10 Uhr bis 18.30 Uhr mit kleineren Unterbrechungen und der Mittagspause so kurzweilig, dass alle Teilnehmer am Ende von dem Tag profitieren konnten und zufrieden waren. Der überwiegende Teil der freien Mitarbeiter haben das Angebot der Übernachtung in dem Tagungshaus angenommen. Daher entstand am Abend nach dem Abendessen eine gemütliche Runde, die zum fachlichen Austausch, für Anekdoten aus der Arbeit und für private Gespräche genutzt worden ist. Nach einer ruhigen Nacht und einem Frühstück am nächsten Morgen fand ein fachlicher Austausch statt. Die Teilnehmer tauschten sich über die letzten Monate aus und es wurde ein Ausblick auf das nächste Jahr mit möglichen Aktivitäten besprochen. Auch wurden erste Themenvorschläge für das nächste Seminar im November 2013 besprochen. Gegen 11.30 Uhr wurde das Seminar beendet und alle Teilnehmer waren ab 12 Uhr wieder auf dem Weg nach Hause. Jens Scharmann Präsenzbüro Rheinland-Pfalz/Hessen

AUS DER ARBEIT DER PRÄSENZBÜROS

Ressourcen und Ziele erkennen und entwickeln ! Präsenzbüro Berlin-Brandenburg Auch im zurückliegenden Jahr lag der Schwerpunkt im Präsenzbüro Berlin / Brandenburg in der Durchführung von individualpädagogischen Reiseprojekten (Time-Out-Maßnahmen). Der pädagogische Auftrag der Erlebnispädagogik zielt auf die Selbstbestimmung des Klienten, es sollen nach Möglichkeit ein Großmaß an Persönlichkeit und Selbstbestimmung entwickelt werden. Die Regel-Erziehungssysteme werden immer häufiger im Alltag mit Problemen einzelner Jugendlicher konfrontiert, bei denen die herkömmlichen pädagogischen Konzepte und therapeutischen Interventionen nicht mehr greifen. Nicht selten enden Krisen mit der Entlassung der Jugendlichen aus der Einrichtung oder als Folge, mit der Unterbringung in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Oft werden diese Unterbringungen von Jugendlichen als psychosoziale Endstation empfunden. Sie verstärken das entwickelte Selbstbild „ich kann es nicht“ / „ich bin zu Veränderungen nicht fähig“. Time-Out – Raus aus alltäglichen Strukturen Erlebnispädagogische Kriseninterventionen unterscheiden sich in ihrer Form von klassischen Jugendhilfemaßnahmen, da sie nicht in festen Strukturen stattfinden. Sie finden größtenteils in der Natur statt und sind daher viel näher an der kindlichen und jugendlichen Psyche. Hinzu kommt, dass viele

Jugendliche zum ersten mal die Erfahrung machen, eine Bezugsperson nur für sich allein zu haben. Außerhalb fester Strukturen heißt nicht ohne Regeln! Es werden im Gegenteil einfache klare Regeln aufgestellt, die im Umkehrschluss auch mit Konsequenzen besetzt sind. Diese kommen aber oft nicht durch den Betreuer, sondern sind die Konsequenz des eigenen Handelns (oder auch nicht Handelns). Die Time-Out-Maßnahmen finden als Out-DoorMaßnahme statt. Diese stellt für Jugendliche in der Regel eine völlig neue und unbekannte Herausforderung dar. Es ist ein subjektiv empfundenes RisikoUnternehmen. Hier können sie Handlungs- und Entscheidungsfähigkeiten an sich kennenlernen, die ihnen bisher unbekannt waren. Hinzu kommt, die Natur als alternatives oder ergänzendes Lernfeld zu erleben. Die mit den Betreuern durchgeführten Aktivitäten führen zu Erfahrungen, die die Jugendlichen berühren und bewegen. Es geht hier nicht um Aktion oder einen Eventstatus. Ziel ist es, mit dem Jugendlichen einen individuellen Handlungsplan für die nahe Zukunft zu erarbeiten, den er für sich als realistisch und einschätzbar sehen kann. Methoden sind hier unter anderem, die Steigerung des Selbstwertgefühls und die Übernahme von Eigenverantwortung. Vorhandene Ressourcen werden gestärkt und verborgene zum Vorschein gebracht, da die Betreuer mit den Jugendlichen keinen „Machtkampf“ führen, um sie in Strukturen einzufügen, sondern mit dem arbeiten, was sie bei den Jugendlichen vorfinden.

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AUS DER ARBEIT DER PRÄSENZBÜROS

Ein Beispiel: Die Time-Out-Maßnahme mit Fritze Bollmann1 begann am im Frühjahr 2012. Fritze zeigte sich zu Beginn der Time-Out-Maßnahme eher skeptisch und wirkte distanziert. Sein Ziel war es zunächst, den vereinbarten Zeitraum von einem Monat vollständig zu absolvieren. Seine Erwartungen und Ansprüche gegenüber der Time-Out-Maßnahme waren überwiegend unrealistisch und verfolgten das Ziel eines entspannten Urlaubes ohne größere eigene Anstrengungen. Die Einhaltung der aufgestellten Regeln fiel Fritze schwer. Er suchte immer wieder nach Lücken und Möglichkeiten, Regeln für sich selbst zu interpretieren. Er betrachtete sich in diesem Zusammenhang durchaus auf der selben Ebene wie Erwachsene. Klare Absprachen, Zuverlässigkeit im gemeinsamen Umgang und strukturierte Tagesabläufe ermöglichten es ihm besser, mit dem Regelwerk umzugehen. Die Regeln erfüllten jedoch für Fritze einen weiteren Zweck. Er benutzte diese sehr gezielt, um Abbrüche zu provozieren und seiner immer wieder auftretenden Verweigerungshaltung Nachdruck zu verleihen. Seine Absicht war es, eine anschließende „Bestrafung“ zu erhalten, die wiederum als Rechtfertigung für das eigene Verhalten diente. Das Ausbleiben einer Strafe bei gleichzeitiger Akzeptanz seiner Person führte in allen Fällen zu einer Aufgabe der Verweigerungshaltung und erbrachte die Möglichkeit, an genau den für Fritze schwierigen Themen weiter zu arbeiten. Dieses Verhalten erklärt sich zusätzlich aus den sprachlichen Defiziten von Fritze, die es ihm erschwerten sich verbal in Konfliktsituationen zu äußern. Fritze fehlte häufig der Wortschatz, um seine Standpunkte und Emotionen mitzuteilen. Es fiel ihm 22 1

Name von der Redaktion geändert

schwer, diese sprachlichen Defizite einzugestehen. Er agierte über längere Zeiträume der Maßnahme sehr unmotiviert. Seine eigenen Vorstellungen die TimeOut-Maßnahme inhaltlich zu gestalten, bezogen sich zumeist auf den Wunsch nach Fernsehen oder die Benutzung eines Computers. Dieses Verhalten veränderte sich mit zunehmender Dauer der Time-OutMaßnahme zumindest in Ansätzen. Fritze nahm an einigen Aktivitäten deutlich lustvoller teil und lehnte nicht mehr jegliche Form einer schulischen oder körperlichen Aktivität ab. Die Schwerpunkte der Maßnahme bestanden in der Einschätzung der weiteren Unterbringungsform und der schulischen Möglichkeiten. Fritze sah für sich selbst immer die Flex Fernschule als einzige Alternative zum Schulbesuch. Es fiel ihm dabei sehr schwer die tatsächlichen Anforderungen einzuschätzen. Es konnte mit ihm eine realistische Einschätzung dieser Form des Lernens zu entwickeln. Ein Erfolg könnte für ihn nur in Verbindung mit einer tragfähigen Beziehung zu einer Betreuungsperson entstehen. Aufgabe des Betreuers wird es sein, sich mit der immer wieder auftretenden Verweigerungshaltung von Fritze auseinanderzusetzen. Im Verlauf der Time-OutMaßnahme zeigte er, dass es ihm möglich ist, diese Verweigerungshaltung aufzugeben. Es benötigt dazu jedoch die Berücksichtigung seiner individuellen Probleme. Es ist Fritze aktuell nicht möglich, über einen längeren Zeitraum konzentriert zu arbeiten und es wird immer wieder notwendig sein, ihm kurzfristige Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Präsenzbüro Berlin / Brandenburg Heike Heberer, Michael Niemann

Präsenzbüro Thüringen

Stiftungstag 2012 in der Wasserburg

Am 7. Juli 2012 war es wieder soweit. Der alljährliche Stiftungstag der Stiftung Leuchtfeuer, Bereich Thüringen / SachsenAnhalt, fand diesmal in der altthüringer Wasserburg Kapellendorf statt. Um circa 11 Uhr trafen sich die Mitarbeiter mit ihren Kindern und Jugendlichen der stationären Projekte, sowie die ambulanten Helfer mit einigen ihrer Klienten. Trotz leichten Regens tollten die Kinder von Beginn an mit Fußbällen und anderen Spielgeräten auf dem weitläufigen Gelände der Wasserburg herum. Durch viele fleißige Helfer wurden alle knurrenden Bäuche bei deftiger Thüringer Bratwurst frisch vom Holzkohlegrill und anderen Leckereien gestillt. Einen der Höhepunkte stellte nach dem Mittagessen die Burgführung durch Burgvoigtin Frau Petermann dar. Zunächst erlebten die Kinder einen interessanten Einblick in das mittelalterliche Burgleben, während für die Betreuer Zeit zum regen Austausch bei Kaffee und Kuchen bestand. Nach der spannenden Führung durch nahezu jeden Winkel der weitläufigen Burganlage, ging es für die Kinder abenteuerlich weiter: Zusammen mit der Koordinatorin und weiteren Helfern wurde eine Schatzsuche durchgeführt, welche die Kinder anhand einer Schatzkarte auf den nahegelegenen Sperlingsberg führte. Dieser stellte einen der zentralen Orte der Schlacht von Jena und Auerstedt aus dem Jahr 1806 dar und ist nur durch eine ausgesprochen

steile und circa einen Kilometer lange Straße zu erreichen. Oben angelangt war bei nunmehr sonnigen und warmen Wetter eine fantastische Aussicht zu genießen und Zeit für eine kleine Verschnaufpause. Als Belohnung für die ausdauernden Schatzsucher befand sich im Aussichtsturm auf dem Berg eine große Truhe voll mit kleinen Geschenken und Preisen für die fleißigen Kinder. „Das coolste am ganzen Tag war die Schatzsuche!“, sagte Lars, 9 Jahre, abschließend. Unterdessen ging es für die Betreuer in der Burg erlebnisreich weiter, denn nun waren diese mit ihrer Führung durch das große Areal an der Reihe. Wieder in der Burg angekommen, konnten alle Kinder beim gemeinsamen Essen von selbstgebackenen und mitgebrachten Kuchen den Erwachsenen von ihren Erlebnissen erzählen und wieder zu Kräften kommen. Nach dieser kurzen Stärkung ging es rasant weiter als der gesamte Burghof von Fußbällen, Springseilen und Federballspielen in Beschlag genommen wurde.



E. Escherich, Koordination

Das coolste am ganzen Tag war die Schatzsuche!



Lars (9 Jahre)

Gegen Abend verabschiedeten sich alle und fuhren wieder nach Hause. Marvin, 9 Jahre, zum Abschied: „Es war ein super affenstarker Nachmittag. Was machen wir das nächste Mal? Was machen wir dieses Jahr zu Weihnachten“. Na Marvin mal sehen, da fällt uns bestimmt auch was Tolles ein. 23

AUS DER ARBEIT DER PRÄSENZBÜROS

Präsenzbüro Nord Das Präsenzbüro in Lübeck hat sich im Jahre 2013 um derzeit sechs Plätze in Sozialpädagogischen Lebensgemeinschaften im Raum Dithmarschen in Schleswig-Holstein erweitert und darüber hinaus zwei neue Kolleginnen gewonnen. Mirijam Braune optimiert mit einem großen Struktur- und Organisationstalent unsere Verwaltung im Norden und ist an den Vormittagen der Woche telefonisch gut erreichbar. Im pädagogischen Bereich verstärkt Frau Monja Heinz seit Oktober 2012 als zweite Koordinatorin das Präsenzbüro in Lübeck. Frau Heinz war zuvor in verschiedenen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Unter anderem als Teamleitung ASD, als Selbständige im Bereich Verfahrenspflegschaften für Kinder und Jugendliche, Erziehungsbeistandschaften, Sozialpädagogischen Familienhilfen und im stationären, individualpädagogischen Bereich. Frau Heinz ist fast 41 Jahre alt, verheiratet und Mutter einer sechsjährigen Tochter. Unser kleines Büro ist voll von Ideen und Möglichkeiten.

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Das favorisierte Anliegen für 2013 ist ein gesundes organisches Wachstum und die inhaltliche Auseinandersetzung mit pädagogischen Themen, die uns am Herzen liegen: So sind wir in der konzeptionellen Vorbereitung eines individualpädagogischen Mutter-Kind-Angebotes mit allen Höhen und Tiefen, die es hier zu erleben gibt. Wir sind von der schädigenden Wirkung sowohl prä- als auch postnataler Bindungsabbrüche überzeugt und möchten diese im Rahmen dieses Angebotes verhindern bzw. abschwächen, um traumatische Folgeschädigungen zu vermeiden bzw. zu minimieren. Darüber hinaus ist es gelungen, für einen unserer betreuten Jugendlichen nach langer Fehldiagnostizierung eine FASD Diagnostik zu erhalten. Dieses Krankheitsbild, das nach unserer Einschätzung in den nächsten Jahren ein Schwerpunktthema in der stationären Jugendhilfe sein wird, interessiert uns pädagogisch besonders. Hier werden wir sicherlich unser Angebot erweitern wollen und gezielt Fortbildungsangebote und Netzwerkpartner suchen. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang, die neue gewonnene Mitarbeit im Arbeitskreis des PACKhauses, einer ambulanten therapeutischen Einrichtung für sexuelle jugendliche Straftäter in Kiel.

10 Jahre Stiftung Leuchtfeuer

Unser Leuchtfeiertag zum 10 jährigen Jubiläum Sonne, Samba, Spiele, Super Stimmung

Es war sehr heiß am 18. August 2012, einem Samstag, an dem die Sonne vom wolkenlos blauen Himmel mit den Gesichtern der etwa 250 Gäste um die Wette zu strahlen schien, die sich ab dem frühen Nachmittag nach und nach im Zirkus-und Artistikzentrum Köln, kurz ZAK genannt, einfanden, um auf dem nostalgisch gestalteten Zirkusgelände ein buntes Straßenfest zu feiern.

Anlass für die Feierlichkeit war der zehnte Geburtstag der Stiftung Leuchtfeuer, zu dem der Stifter Peer Helge Salström-Leyh eingeladen hatte. Unter dem Motto: „10 Jahre Stiftung Leuchtfeuer – rund 20 Jahre Orientierung für Menschen in stürmischen Zeiten“, waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Klientinnen und Klienten – darunter auch Ehemalige – Freundinnen und Freunde sowie Förderinnen und Förderer der Stiftung mit Kind und Kegel eingeladen. Zum Auftakt der Veranstaltung lockten die mitreißenden Rhythmen der Samba-Gruppe Pimenta Malagueta die Gäste erst einmal wieder von den Bänken, auf denen sie sich gerade niedergelassen hatten, um bei den mörderischen Temperaturen im Schatten ein wenig auszuruhen.

In einer Art Prozession ging es quer über das Gelände, um zu erfahren, wo die Musik spielt und Angebote zum Spielen, Bewegen und Mitmachen lockten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ZAK und der Stiftung Leuchtfeuer hatten sich einiges einfallen lassen, um bei großen und kleinen Gästen keine Langeweile aufkommen zu lassen. Gern ließen sich die Erwachsenen nach dem Schlendern durch den Park im Schatten bei den Zirkuswagen nieder, um Getränke, Berliner, Leuchtturmkuchen und später auch Gegrilltes zu verzehren. Etwas entfernt vom übrigen Getümmel gingen kleine Piraten auf Schatzsuche. Mit bunten Plastikschaufeln gruben sie im Sand um die Wette und fanden Gold. Auch an die Kleinsten hatte man gedacht. Sie durften an einer eigens für sie eingerichteten Station in Bällebädern schwimmen oder gleich nebenan verträumt ein paar Runden im Kettenkarussel drehen. An einem Tisch im Schatten fanden Kinder und Jugendliche im Verlauf des Nachmittags immer jemanden, der Lust hatte, mit ihnen ein Gesellschaftsspiel auszuprobieren. Oder sie griffen dort zu bunten Stiften, um ein Mandala auszumalen. Gern ließen sich die Gäste auf den im Schatten liegenden Rasenflächen nieder, um sich auszuruhen oder zu plaudern. Einzeln oder in bunten Grüppchen zusammen sitzend, schaute man mit etwas Abstand aus leicht erhöhter Position auf das sommerlich bunte Treiben im Parkgelände. 25



…Wir müssen die Fähigkeit behalten, die Menschen nicht nach ihrem Schein zu beurteilen, sondern nach ihrem Sein!

Heinz Joachim Weber



Auf der Wiese im blauen Zelt übten Kinder und Jugendliche währenddessen Balancieren und Jonglieren und führten das Ergebnis nach dem Workshop begeistert dem Publikum vor. Später lockte die Darbietung temperamentvoller Tänze zu HippHopp-Musik noch einmal ins kleine Zelt. Chorweiler Mädels hatten dafür ausdauernd geprobt und die letzte Ferienwoche genutzt,, um alle Tanzschritte wieder aufzufrischen und den Auftritt vorzubereiten. Die Augen der Kinder leuchteten, wenn sie nach Ausflügen ins Gelände und zu den Aktionen mit Zuckerwatte und Popcorn zu ihren Eltern zurück kehrten, um schnell einen Schluck Wasser zu trinken, ein Stück Kuchen zu stibitzen oder ein gegrilltes Würstchen zu naschen. Ohne Wasser ging an diesem Nachmittag gar nichts. So hatten die Mitarbeiter am Getränkestand auch alle Hände voll zu tun und benötigten schon nach kurzer Zeit tatkräftige Unterstützung, um den Durst der Gäste zu stillen und dafür zu sorgen, dass der Nachschub an gekühlten Flaschenkästen nicht ausblieb. Da halfen auch gern schon mal die Gäste aus. Dazu versorgten „Boten“ die im Gelände verteilten Helfer mit Flüssigkeit, denn die sorgten dafür, dass alle Angebote reibungslos stattfinden konnten. Eine besondere Attraktion war der Graffiti-Workshop der Kölner Gruppe Good Lack: Kleine und große Künstler streiften sich trotz der WüstenTemperaturen einen Plastikschutz über, griffen zu Spraydosen und nutzten die Chance, das eigene Talent an den vorbereiteten Leinwänden auszuprobieren. Die Ergebnisse sind bemerkenswert und werden als Motive für den nächsten „Leuchtturmkalender“ dienen. Zum roten Highlight des Tages zählte das dreirädrige „Caffe Mobile“ im Hofbereich, das eigens zu diesem Zweck engagiert, die Besucher mit KaffeeSpezialitäten erfreute. Trotz der hohen Temperaturen wurde das belebende Heißgetränk gerne ange26

nommen und die dazugehörigen Stehtischen zum Plaudern genutzt. Hier fiel es leicht, sich in den Süden zu träumen und inmitten des allgemeinen Kommen und Gehens Abstand, Genuss und einen Moment himmlischer Zeitlosigkeit zu erleben. Respekt verdient auch das gut gelaunte Grillpersonal, das buchstäblich im Schweiße des Angesichtes bis in den späten Abend hinein dafür sorgte, dass Würstchen Geflügel und andere Grillköstlichkeiten rechtzeitig verzehrfertig wurden. Und nicht zu vergessen, das gilt auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der prallen Sonne schon am Mittag vor Ort waren, um alles rechtzeitig aufzubauen und vorzubereiten, die dafür sorgten, dass sich das Kettenkarussel drehte, die mit den Kids Fußball spielten oder zum Ausprobieren der Geschicklichkeit auf dem BewegungsParcours einluden. Eine Hüpfburg mit Leuchtturm, auf der die Kids barfuß bis in den Himmel springen konnten, durfte anlässlich dieses besonderen Geburtstages natürlich nicht fehlen. Weit leuchteten die Farben des Turms über das gesamte Gelände, ein sehr einleuchtendes Symbol auch für das Wirken der Stiftung Leuchtfeuer in den letzten zehn Jahren. Das Hüpfparadies wurde ebenso eifrig genutzt, wie der Schminkstand, wo sich Kinder und Jugendliche fantasievolle Masken malen oder perfekt auf „Dame“ schminken lassen konnten. Die Gäste von nah und fern kamen leicht miteinander ins Gespräch, erinnerte sich, lachten oder genossen einfach die heitere Gelassenheit, die an diesem Tag über dem ganzen Fest schwebte und ein friedliches Feiern miteinander gelingen ließ. Höhepunkt des Nachmittagsprogrammes war der Auftritt der Kölner Gruppe „Kasalla“ um 18 Uhr, mit der auch das Straßenfest endete und der alle Besucher ins große Zelt zur Bühne lockte, wo kräftig mitgeklatscht, geschunkelt und abgerockt wurde.

Nach kurzer Umbauphase ging das Fest bis in den späten Abend weiter. Zur Abendgala im und um das große Zirkuszelt waren Jugendamtsmitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Freundinnen und Freunde, Fördererinnen und Förderer, das Kuratorium der Stiftung Leuchtfeuer und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit ihren Partnerinnen und Partnern eingeladen. Beim Sektempfang im großen Festzelt konnten die Gäste die Ergebnisse des am Nachmittag stattgefundenen Graffiti-Workshops bewundern und die gutbestückte Fotowand im Eingangsbereich betrachten, die eine bunte Mischung von Aufnahmen aus der zehnjährigen Stiftungsgeschichte zeigte. Für den offiziellen Part nahmen im Zelt die Gäste an den eingedeckten Tischen mit wunderschönen Blumengebinden Platz, um den Reden zu lauschen, die von Sebastian Körber (Rheinflanke) angekündigt wurden, der das gesamte Abendprogramm moderierte. Der Stifter Peer Helge Salström-Leyh fasste in einer launigen kurzen Rede„…ich bin kein Freund langer Reden…“ die Entwicklung, den augenblicklichen Stand, mögliche und sich anbahnende Perspektiven der Stiftung Leuchtfeuer zusammen und übergab dann den „Redestab“ an seinen Geschäftspartner Morten Hauge aus der neuesten Niederlassung Norwegen. WDR-Direktor Heinz Joachim Weber würdigte als Kuratoriumsvorstandsmitglied in einem bemerkenswerten Grußwort die Arbeit der Stiftung Leuchtfeuer. Zum Schluss wünschte er „der Stiftung Leuchtfeuer und allen Menschen, die sie speisen, dass die Kraft für das Gute in ihrem Herzen nicht erlischt. Dass wir die Fähigkeit behalten, die Menschen nicht nach ihrem Schein zu beurteilen, sondern nach ihrem Sein.“ Zum Schluss des formellen Teils interviewte Sebastian Körber die 22-jährige Virginia, die in der Vergangenheit sechs Jahre in einem stationären Projekt gelebt hatte. Es fiel Virginia nicht leicht, auf der Bühne zu stehen und vor so vielen fremden

Menschen zu sprechen. Sie hatte Mut. Als dann ihre ehemalige Betreuerin auf die Bühne gebeten wurde und beide Frauen sich umarmten, konnte die Gäste erleben, dass Mimik und Gestik manchmal eine deutlichere Sprache sprechen als Worte es können. Dann endlich war es so weit: Draußen wurde das Grillbuffet eröffnet. Bei den inzwischen etwas erträglicheren Temperaturen kam auch der Appetit zurück, und die Gäste genossen die kulinarischen Leckereien. Da war es leicht, ins Plaudern zu kommen, Menschen zu treffen, die man unter normalen Bedingungen nie kennen gelernt hätte, Kollegen zu begrüßen, die man lange nicht gesehen hatte, von Tisch zu Tisch zu gehen, interessante Themen, Humor und die Leichtigkeit des Seins zu erleben und sich darüber zu freuen, wie rund und gelungen der Leuchtfeiertag doch seinen Lauf genommen hat. Noch einmal kündigte Sebastian Körber die HippHopp-Girls an und schließlich zwei Mitarbeiter, die schon seit den Anfängen der Stiftung dabei sind – Maria Suchomsky und Jürgen Hardebusch – erzählten von ihrem speziellen Blick auf zehn Jahre Leuchtfeuer. Eine Überraschung für den Stifter war der Beitrag von Norbert Scheiwe, Leiter des Christophorus Jugendwerkes in Oberrimsingen und Thomas Heckner, Leiter der Flex-Fernschule, der die langjährige Zusammenarbeit würdigte und als Geschenk ein eigens hierfür gestaltetes Banner überreichte. Die Band Back To Life untermalte den gesamten Abend musikalisch mit bekannten internationalen Hits. Gegen 22 Uhr wurde ein Lagerfeuer entzündet, und die Band wechselte nachbarschaftsfreundlich zu akustischen Instrumenten und animierte die ausdauernden Gäste mit kölschen Liedern, bekannten Schlagern und Popsongs dazu, sich einzustimmen und mitzusingen. Ein stimmungsvoller Ausklang eines langen, erlebnisreichen Tages. Angelika Röhrig 27

KURATORIUM

Kuratoriumsvorstand erweitert Gleich drei neue Kuratoriumsmitglieder konnte der Stifter Peer Salström-Leyh zu Beginn der achten Kuratoriumssitzung am 8. September 2012 im Maritim-Hotel in Königswinter begrüßen: Sabiene Döpfner, Geschäftsführerin bei Social Design, Gießen, Georg Fischmann, Frankfurt und Christine Ringgeler-Al-Shebib, Prokuristin beim Marburger Bund, Berlin. Alle sind der Stiftung Leuchtfeuer auf verschiedene Weise seit längerem verbunden und betonten ihre Bereitschaft zu einem verstärkten Engagement. Das Hauptreferat hatte Stefan Heinitz, Fachreferent bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutzzentren, unter das Motto gestellt: Kinder schützen – Familien fördern – Das Unerwartete managen. Stefan Heinitz gelang es, die Komplexität der Problematik Kinderschutz anschaulich darzustellen. Sein vielbeachtetes Referat wurde lebhaft diskutiert. Der Bericht des Kuratoriumsvorstands bezog sich hauptsächlich auf den Beitrag zum „Leuchtfeiertag“, unter diesem Motto wurde das zehnjährige Jubiläum der Stiftung Leuchtfeuer begangen. Viele der anwesenden Kuratoriumsmitglieder waren am

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18. August in Köln zugegen und bestätigten den gelungenen Verlauf der Veranstaltung. Aus der Arbeit der Stiftung Leuchtfeuer berichteten Christine Korn und Tanja Kunert. Die beiden Koordinatorinnen informierten über ihr Angebot Betreutes Wohnen, ein noch relativ junges und äußerst erfolgreiches Praxisfeld der Stiftung Leuchtfeuer, die sich vor allem in der Betreuung von psychisch erkrankten Eltern in Köln bereits einen Namen als kompetenten Träger gemacht hat. Satzungsgemäß musste nach fünfjähriger Amtszeit ein neuer Vorstand gewählt werden, der aus drei bis fünf Personen besteht. Die bisherigen Vorstände, Thomas Heckner, Heinz-Joachim Weber und Elke Weiß, wurden in ihrem Amt bestätigt. Neu in den Vorstand wurden Gerd-Ulrich Franz, bis zu seiner vor kurzem erfolgten Pensionierung Schulleiter der integrierten Gesamtschule Wiesbaden und Dr. K. Jan Schiffer, Rechtsanwalt in Bonn, gewählt. An dieser Stelle ein herzliches Willkommen den neuen Vorständen und allen ein gutes Gelingen bei der Umsetzung der Ideen, wie das Kuratorium die Arbeit der Stiftung Leuchtfeuer auch weiterhin unterstützen kann!

Zweiter Anna-Warburg-Preis verliehen 08. Juni 2012: Verleihung des zweiten Anna-Warburg-Preises in musikalischem Rahmen in der Anna-Warburg-Schule in Hamburg. Der von der Stiftung Leuchtfeuer gestiftete Anna-Warburg-Preis in Höhe von 1.000 Euro für eine besondere Schülerleistung, eine Arbeit, die sich mit Individualpädagogik auseinandersetzt, wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal an unserer Schule verliehen. Die Verleihung des Preises ist an der AnnaWarburg-Schule in Hamburg, einer beruflichen Schule für Sozialpädagogik, schon zu einem Teil der Schulkultur geworden. Denn auch in diesem Jahr bildete ein buntes Musikprogramm, das Schülerinnen und Schüler unserer Schule und Kinder aus unserer Kita geboten haben, den feierlichen Rahmen für die Bekanntgabe des Preisträgers bzw. der Preisträgerin. Natürlich wurde diese bis zum Schluss geheim gehalten. In jedem Schuljahr wird ein Thema für den Anna-Warburg-Preis herausgegeben. Das Thema für das letzte Schuljahr hieß: Inklusion. Wichtigstes Kriterium für die Arbeit war, sich mit dem aktuell vielzitierten Inklusionsgedanken theoretisch und praktisch auseinanderzusetzen oder sogar eigenständig entwickelte Inklusionsansätze auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Die Jury, die aus einem Vertreter der Stif-

tung Leuchtfeuer (Ingo Rühlke) und aus Schülerinnen und Schülern, sowie Lehrerinnen und Lehrern der Schule besteht, stand in diesem Jahr vor der schwierigen Aufgabe, aus einem knappen Dutzend der eingereichten Arbeiten einen ersten Platz bestimmen zu müssen. Es war dann aber doch eindeutig, dass Sonja Borowski mit ihrem differenzierten und einfühlsamen Bericht über die Arbeit des Kreisschülerrates Sonderschulen den Preis verdient hatte. In ihrer Arbeit, die über 200 Seiten umfasst, berichtet sie, die

gerade die Fachhochschulreife an unserer Schule erreicht hat, von ihren eigenen Erfahrungen in einer Sonderschule und von ihrer engagierten Arbeit in dem Gremium Kreisschülerrat. Ihr Bericht setzt sich kritisch mit dem Inklusionsgedanken und vor allem mit den notwendigen Bedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Inklusion auseinander. Zur Verleihung des Preises war eigens der Stifter Peer-Helge Salström-Leyh angereist. Er konnte der sichtlich gerührten und glücklichen Sonja Borowski am 8. Juni den Preis persönlich überreichen.

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PRESSESPIEGEL

Pressespiegel

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Stiftung Leuchtfeuer Riehler Straße 6 50668 Köln Telefon: 02 21–9 23 39 93 Fax: 02 21–9 23 32 79 [email protected] www.stiftung-leuchtfeuer.de

Gemeinsam Ziele erreichen

EINEM KOFFER ENTWACHSEN ANKOMMEN IN ESTLAND Es ist kalt in Estland im Oktober 2012. Franz (Name geändert) steht nur in T-Shirt und kurzer Hose vor dem in einem 50-Einwohner Dörfchen gelegenen Haus. Es liegt etwa eine Autofahrstunde von Tallinn entfernt in südliche Richtung nach Raikküla Vald. Hier wohnt Franz seit über eineinhalb Jahren und wird von der pädagogisch ausgebildeten Estnin Milvi Löhmus betreut.

Der über einen Meter achtzig große und kräftige junge Mann aus Deutschland wird in Kürze 17 Jahre alt. Er ist bereits seit gestern aufgeregt, da mein für ihn wichtiger Besuch ansteht. Ich habe ihn in die Familie vermittelt. Er ist einer der Jugendlichen, die die Stiftung Leuchtfeuer aus Deutschland nach Estland entsendet hat. Es gehört zu meinen regelmäßigen Aufgaben als Kölner Koordinator von stationären Auslandsmaßnahmen im Ausland, die Jugendlichen gemeinsam mit meiner Kollegin Elisa Tersteegen zu besuchen. Die Diplom Psychologin arbeitet für unseren estnischen Partner Tuletorn und koordiniert unsere Jugendlichen von Tallinn aus. Franz begrüßt uns wie häufig sehr freundlich. Er hat in den letzten 18 Monaten in Estland einige Fortschritte bewältigt. Als wir ihn in die Betreuung in Estland aufnahmen, hatte er bereits 20 Maßnahmen beziehungsweise Einrichtungen hinter sich und ebenso viele Beziehungsabbrüche. Der Jugendliche musste gehen, weil er mit seinem aggressiven gewalttätigen Verhalten nicht mehr tragbar war. Dies führte dazu, dass er über Jahre Psychopharmaka einnahm, um ruhiger und „führbar“ zu sein. Franz Probleme beruhen ursprünglich darauf, dass er eine Hirnschädigung bei der Geburt erlitten hat. Seine Eltern kamen mit ihm nicht zurecht. Da sein individueller Bedarf sehr schwer einschätzbar war, begann seine Odyssee durch die Jugendhilfeeinrichtungen. Jetzt erlebt Franz erstmalig so etwas wie ein zu Hause, in dem er bleiben kann. Die zurückliegenden Monate waren für die Betreuerin Milvi Löhmus nicht einfach. 1

Zwischenzeitlich hatte Franz ein Tief. Er hatte an Suizid gedacht, als ihm seine Grenzen aufgezeigt und von ihm das Einhalten von Regeln verlangt wurde. Auch hatte er Milvi Löhmus körperlich bedroht. Heute ist er von dieser Stimmungslage weit entfernt. Er nimmt auf eigenen Wunsch seit über einem Jahr keine Psychopharmaka mehr. Jetzt ist es ihm möglich, in einem durchschnittlichen Maß zu schlafen. Auch lernen ist wieder möglich geworden. Die Materialien der Flex-Fernschule erarbeitet er sich erfolgreich, und er kann vorrausichtlich 2014 den Schulabschluss erreichen. Diskussionen über Aufgaben gibt es zwar immer noch, da Franz weiterhin gerne selbst bestimmen will. Aber die Konflikte münden nicht in maßloser Eskalation. Franz hat gelernt, sich zu beherrschen. Trotz der positiven Entwicklung ist seine Individualbetreuung weiterhin eine schwierige und anstrengende Aufgabe. Er ist immer noch sehr unruhig, spricht sehr laut und will immer das letzte Wort haben. Er braucht Freiraum, um sich zurückziehen zu können, damit Konflikte nicht eskalieren, sucht aber dennoch ständig Nähe und Aufmerksamkeit der Betreuerin. In dem Gespräch, das ich mit Franz im Beisein seiner Betreuerin führe, kann er über eine Stunde sitzenbleiben, zuhören und ausredenlassen, auch wenn Dinge gesagt werden, die ihm nicht gefallen. Dann muss er mir unbedingt noch sein Zimmer zeigen. Er hat es umgestaltet. Das Bett steht an einem neuen Platz, die Wände hat er mit Postern von Fußballspielern und Emblemen seines Lieblingsvereins Real Madrid dekoriert. Holz liegt sauber gestapelt in großer Menge für den Winter zum Heizen bereit. Dass Franz aus eigenem Antrieb so viel Holz zum Heizen bereit gelegt hat, deuten wir so, dass er bleiben will.

Und dann ist da noch sein Koffer. Den hatte er schon wieder gepackt, kurz nachdem er in die Betreuung kam. Er will nicht gehen. Aber gehen zu müssen, das hat er oft genug erlebt. Darauf will er vorbereitet sein. 2

Gemeinsam mit Elisa Tersteegen überrede ich Franz dazu, uns den Inhalt des Koffers zu zeigen. Franz hat seinen Koffer gut gepackt. Fein gefaltet liegen dort für die mögliche plötzliche Rückreise seit über einem Jahr die liebsten Kleidungsstücke. Als wir über den Inhalt des Koffers sprechen, stellt sich ein „Haken“ heraus. Er hat an fast alles gedacht, nur nicht, dass er immer noch wächst. Wir können ihn davon überzeugen, dass es doch schade wäre, ausgerechnet aus seinen liebsten Kleidungsstücken herauszuwachsen, ohne sie je getragen zu haben. Das kann Franz nachvollziehen. Er packt den Koffer bis auf wenige Einzelteile aus. Nach über eineinhalb Jahren kommt Franz damit wieder ein Stück in der Betreuungsstelle an. Er hat die innere Sicherheit gefunden, nicht mehr auf dem Sprung zu sein, doch wieder weg zu müssen. Ich fahre vom Betreuungsstandort mit der Gewissheit fort, dass Franz auf einem guten Weg ist. Jürgen Hardebusch Koordinator für stationäre Auslandsmaßnahmen

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