Mai 2010/pdf - Katholische Universität Eichstätt

March 25, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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kuAktuell ult ult ult ult Subkulturen ubkulture bkultur kultu ult l

Editorial

Editorial Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen, liebe Leser und Leserinnen,

in diesem Heft haben wir uns also im Hauptteil den Subkulturen und Randgruppen gewidmet, in ihren unterschiedlichsten Ausprägungen. Sie faszinieren, wie zum Beispiel das Inselvolk der Sentinelesen, die Fremde so aggressiv attackieren, dass ein Kontakt bis heute nicht zu Stande gekommen ist, sie versuchen sich zu behaupten, verschwinden, werden zum Mainstream und werfen in der Gesellschaft immer wieder die Frage auf, was eigentlich normal ist und normal sein heißt. Randgruppen im Tierreich, Subkulturen unter Menschen und auf dem Campus, ihnen allen bietet dieses Ausgabe einen kleinen Platz. Außerdem ist natürlich wieder ein Wohnheim im Test und wir freuen uns über einen Betrag über Istanbul unserer jüngst von ihrem Auslandsjahr zurückgekehrten Autorin, es wird die Frage nach den Vereinigten Staaten von Europa aufgeworfen und ihr Bedeutung zu verschiedenen Zeiten behandelt. Der Kulturteil ist dieses mal ganz auf das Theater ausgerichtet und beschäftigt sich mit einer Neuinszenierung von Schillers »Kabale und Liebe« in Ingolstadt. In diesem Sinne einen guten Start ins Sommersemester !

Das hatten wir uns mal so überlegt … ir haben natürlich jedes mal viel mehr Ideen, als zum Schluss im fertigen Heft zu finden sind. Diese Ideen warten darauf, von dir geschrieben werden. Du kannst natürlich auch deine eigenen Themen einbringen oder uns zumindest mit Leserbriefen beglücken. Nachfolgend eine kleine Auswahl der für dieses Heft nicht realisierten Artikelideen:

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t Schwestern der Perpetuellen Indulgenz t Front Deutscher Äpfel t Verrückte Wissenschaftler auf einsamen Inseln t Collegium Orientale t Eichstätter Arbeitslose t Suppkultur t Saunaclub t Bunker und Höhlen t Frutarier t Studentenverbindungen

Luisa Schwarz

Impressum   Exemplare  - Herausgeber Öffentlichkeitsreferat des Konvents der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Ostenstraße ,  Eichstätt. Redaktionsleitung für diese Ausgabe Sebastian Gruber und Karen Schewina,



Inhalt Editorial Das hatten wir uns mal so überlegt …

 

   Was Wann Wo? Leserbriefe

 

 Am Rande des deutschen Schulwesens: Waldorf Geisteswissenschaftler »Wir sind noch nicht, wir werden erst« Verborgen in der Tiefe Das Leben ist wie eine Rose Die Randgruppe der Radfahrer »Wir sind ein normaler Teil der Gesellschaft«

      

 Titschis Talk Time  My Wohnheim is my Castle, Teil : Ein Besuchsbericht in der Schottenau, von zarter Romantik ummäntelt  Isst du nur, oder kochst du schon?  Europarcours reloaded   Die Vereinigten Staaten von Europa



 Istanbul Nicht nur Luise ist blass. Rotkäppchen im Zeichenwald Noch mehr Kultur Mehr Raum für Musik!

    

   Subkulturen … Kochen?

 

Schewina, Luisa Schwarz, Laura Wägerle, Benjamin Wech und Gastautoren.    Sebastian Gruber. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche Meinung der Autoren wieder

V. i. S. d. P.

und sind als Beitrag zur Meinungsbildung oder zumindest zur geistigen Erbauung gedacht.

kuAktuell-Redaktion

- * [email protected]

 Robin Baumgartner, Matthias Bunk, Christine Campen, Anne Deremetz, Christine

 8 www.ku-konvent.de/kuaktuell

Gawlik, Magnus Göldner, Christian Hübner,

Die nächste Ausgabe von kuAktuell erscheint

Christopher Knoll, Gabrielle Savalle, Karen

Anfang Juni. Gastartikel sind willkommen!

Mai  kuAktuell

Das Schwarze Brett

Was Wann Wo?

KunstgeschichtsExkursionen .  · 

.  ·  Gesundheitstag Raus aus dem Stress – entspannt durchs Semester. Workshops, Vorträge, Gesundheitschecks, Spendenlauf, Shakes und Leckereien. Sportbau ( /) / – Uhr

Würzburg »Farbwelten – Von Monet bis Yves Klein« und »Nachtseiten der Natur – Doris Conrads, Stefanie Pöllot, Jürgen Hochmuth« im Kulturspeicher. Eintritt: , €, erm.  €. Abfahrt Eichstätt Stadt: : Uhr, Ankunft Würzburg: : Uhr

Theater: heute. horrorshow Chopin und Folter. Über Freiheit, Gewalt und »gute Menschen«. Studihaus /  Uhr

.  · 

Ausstellung: In die Zukunft gedacht Bilder und Dokumente zur Deutschen Sozialgeschichte. Bis . Juni. Zentral-Bib / Eröffnung  Uhr

Riedenburg und Kelheim Burg Prunn und Befreiungshalle. Eintritt: Kombikarte  €, erm.  €. Fahrt mit Autos, eventuell mit Unibussen. .  · 

.  ·  Theater: heute. horrorshow Siehe . Mai. .–.  · – . Donaumoostage »wertvollERleben«: Vielfältiges Erlebnisund Umweltbildunvgsprogramm. ›Haus im Moos‹ in Kleinhohenried / Sa. – Uhr; So. – Uhr Siehe Artikel auf Seite 

München »Realismus – Das Abenteuer der Wirklichkeit. Courbet, Hopper, Gursky …« in der Hypokunsthalle. Eintritt:  €, erm.  €. Abfahrt Eichstätt Stadt: : Uhr, Ankunft München : Uhr Anmeldung, Fragen, Feedback per Mail an * fachschaftkunstgeschichte@ gmx.net

.   .  · – Ausstellung: Jaqueline Koller – »Seelenmalerei« Vernissage am . Mai ab  Uhr mit Musik von tjian. Café Orangerie, Ostenstraße , Eichstätt

Anregungen? Wünsche? Kritik? Weitere Termine t Termine des Konvents 8 www.ku-konvent.de t Termine der  8 www.khg-eichstaett.de t Termine der Uni 8 www.ku-eichstaett.de

kuAktuell Mai 

Schreibt uns Leserbriefe, schickt uns Eure Termine für Partys und alles andere und schlagt Themen für neue Artikel und Hefte vor! Kontaktmöglichkeiten findet Ihr im Impressumskasten unter dem Editorial. Seit kurzem online: 8 partyguerilla.wordpress.com

Leserbriefe »Ohne Ende gut«  »   «  , .  u den beiden Kinokritiken in den Heften vom Dezember und Januar hätte ich zwei kleine Anmerkungen. Zunächst einmal muss ich aber gestehen, dass ich selbst sehr an Filmkritiken interessiert bin und deshalb monatlich nicht nur eine Fachzeitschrift zum Thema verschlinge. Ich behaupte also einfach mal: Ich kenn’ mich da aus. Deshalb gibt es bei den beiden Artikeln zwei Dinge, die ich beanstande. Zum Einen gehört in die Rezension eines Films niemals eine Aussage darüber, wie der Film endet. Nicht einmal bei einem Liebesfilm wie »Zweiohrküken«. Auch nicht der Hinweis, dass es ein positives Ende nehmen wird. Das Ende zu verraten, sei es bei Beginn des Films auch noch so offensichtlich, ist ein absolutes No-Go. Leider wird das selbst von Filmkritikern großer Tageszeitungen manchmal missachtet und Leser wie ich, die sich gern hätten überraschen lassen von dem Film(ende), ärgern sich dann. Zum Anderen möchte ich darauf hinweisen, dass beim »Coming soon«-Teil im Januar, in dem eine Filmvorschau für  behandelt werden sollte, etwas viele Bilder den Artikel ausschmückten. Ein Bild pro Film hätte es auch getan. Wenn man sich mal diverse Kinozeitschriften ansieht, dann sind da vergleichsweise auch nie viele Bilder. Und das hat Gründe. Viele kleine Bilder lenken vom Text ab und sind weniger aussagekräftig als ein größeres. Aber genug zu meinen Beanstandungen. Denn die Kritiken selbst fand ich klasse, großes Lob! Und die Coming soon Abschnitte geben einen guten, prägnanten Überblick.

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Julia Kovacs



Subkulturen

Am Rande des deutschen Schulwesens: Waldorf aldörfler, das sind doch die, die in der Schule nicht klar kommen und deshalb auf diese Förderschule gehen, oder? Machen die da überhaupt einen Abschluss? Hand auf’s Herz, wer weißt denn schon wirklich, was sich hinter diesem Namen alles verbirgt, geschweige denn, welche Ziele die Pädagogik der »Anthroposophie« wirklich verfolgt? Jetzt also nicht nur für alle Orientierungs- und Blockpraktikanten, die aus den Winterferien zurückkehren, der kleine Versuch die »Subkultur« Waldorf und damit die praktische Umsetzung der Anthroposophie, ein wenig ins erläuternde Scheinwerferlicht zu rücken. Die Waldorfschule wurde  von Rudolf Steiner in Stuttgart gegründet und hat ihren Namen von der Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria, für deren Angestellte er Pädagogik in die reale Form einer Schule umsetzte. Er wollte die soziale Gerechtigkeit im Schulsystem: die Arbeiterkinder sollten auch eine umfassende Bildung bekommen. Heute gibt es weltweit  (März ) Schulen (davon  in Deutschland), in denen neben den »normalen« Fächern, wie Deutsch, Mathe, Geschichte oder Physik auch Gartenbau, Eurythmie, Töpfern, Schreinern, Schmieden, Astronomie, Mittelalterliche Literatur, Architektur, Kunstbetrachtung, etc. und zwei Fremdsprachen ab der ersten Klasse unterrichtet werden. Der Alltag gestaltet sich hier wie folgt: Alle Schüler einer Klasse beginnen den Tag mit zwei Stunden »Epochenunterricht«, in dem ein Fach drei bis vier Wochen am Stück, eben in einer Epoche, gelernt wird. Die Schüler haben dabei bereits ab der . Klasse den »Vortrag« des Lehrers selbstständig mitzuschreiben, was eine, wie man sich denken kann, enorme Vorbereitung auf die Uni darstellt. Weiter geht es dann mit den Fremdsprachen, Sport, Musik und den diversen künstlerischen Fächern. An den meisten Schulen wird auch eine umfangreiche Nachmittagsbetreuung angeboten (neben Hausaufgaben werden hier Zirkus-, Sport-, Sprachen-, Tanz- und ähnliche Kurse gemacht). Da die Waldorfschule eine Gesamtschule ist, kann man hier vom Quali bis zum Abi

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jeden Abschluss extern machen; das heißt, man bekommt ihn nicht mit dem bestandenen Schuljahr, sondern muss Prüfungen in jedem Fach ablegen. In Bayern müssen die Schüler diese an einer staatliche Partnerschule schreiben und haben deshalb zum Beispiel für die Abiturvorbereitung nur ein Jahr. Eine Besonderheit der Waldorfschule ist neben dem umfangreichen künstlerischen Fächerangebot auch der Eurythmieunterricht (»Namen tanzen«, so das weitläufige Vorurteil), der die Bewegungskoordination im Raum schult und, viel praktischer

gesehen, den körperlichen Ausgleich zur geistigen Anstrengung liefert. Auch die Theaterprojekte, die die Persönlichkeitsbildung fördern und den öffentlichen Auftritt üben sollen, sind in ihrer Vielzahl außergewöhnlich. In der . Klasse gibt es sogar eine »Theaterepoche«, in der die Schüler nicht nur das Abschlussprojekt »Zwölftklassstück« einstudieren, sondern auch die Theatergeschichte und -theorie vermittelt bekommen. Dem Ziele der Persönlichkeitsentwicklung dienen auch die vielen »Facharbeiten«, die ein Waldorfschüler in seiner Schulzeit hinter sich Mai  kuAktuell

Subkulturen

bringt: Literaturreferate, die sog. »Achtklassarbeit« und die Facharbeit, genannt »Zwölftklassarbeit«, wobei letztere neben der schriftlichen Arbeit auch einen öffentlichen Vortrag beinhalten. Weil ich vorhin auf die Univorbereitung zu sprechen kam: die Waldorfpädagogik sieht zudem auch diverse Praktika im Laufe der Schulzeit vor: So beginnt man in der siebten Klasse mit dem »Küchenpraktikum« und gelangt dann über Forst-, Landwirtschafts-, Vermessungs-, Handwerks-, Sozial- und Ökologiepraktikum an den Höhepunkt, das Steinmetzpraktikum in Italien, was auch gleichzeitig die Abschlussfahrt ist. Man kann sich so nicht nur in der Berufswelt umsehen; es bedeutet auch einen großen Schritt, mit  Jahren für drei Wochen alleine auf einen Bauernhof mitzuarbeiten. Die Waldorfschule versucht so eben indirekt Kompetenzen wie Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Geduld, etc. zu vermitteln. Bleibt noch eine Frage: Die machen zwölf Jahre lang nur »Quatsch« und dann trotzdem das gleiche Abi? Es ist eben ein großer Irrtum, dass die Waldorfschule eine Förderschule im herkömmlichen Sinne ist. Vielmehr lässt sie durch fehlenden Notendruck (ja, man bekommt in der Oberstufe dann doch Noten), den Schülern gerade in der Pubertät mehr Zeit um nachher doch ans gleiche Ziel zu gelangen (ohne ein einziges Mal durchgefallen zu sein) und vor allem eines zu entwickeln: Sozialkompetenz. Ein ganz wichtiger Punkt dieser Schulform ist, wie ich denke, dass der Unterricht an den Schüler und seine Entwicklung angepasst ist und nicht der Schüler sich anzupassen hat, ganz nach Steiners Motto »Erziehung zur Freiheit«. Das heißt auch, dass das Lehrerdasein an dieser Schule wahrlich nicht einfach ist, denn wer freie Charaktere ausbilden will, muss sich auch der Diskussion mit den Schülern stellen und sie nicht mit Verweisen übergehen.

Quellen

Marie Susan Mühlemeier Fotos: Charlotte Fischer

8 www.waldorfschule.info/de/ paedagogik/was-ist-waldorf-paedagogik/ index.html

kuAktuell Mai 



Subkulturen

Geisteswissenschaftler ines will dieser Artikel nicht: Antworten geben. zite verursachen. Am Ende sind die paar GermanisAber manchmal passiert es eben trotzdem. tiklehrstühle doch nur Peanuts. Den großen Zaster Schließlich tun wir ziemlich viel von dem, was uns setzen ganz andere Ganoven in den Sand. Allerdings ist hier nicht der Ort, um sich darüber täglich beschäftigt »trotzdem«. Zum Beispiel ein geisteswissenschaftliches Studium. Diejenigen, die’s tun, aufzuregen. Es geht um Geist und das heißt: es geht sind Mitglieder einer Randgruppe, Grenzgänger, die ums Prinzip. Wer Grundsatzdebatten nicht mag, auf dem Tellerrand der Gesellschaft spazieren – mit kann den nächsten Absatz einfach überspringen. Hier dem einen Auge immer die conditio humana im Blick, geht’s ums Grundsätzliche und Grundsätzliches findet sich grundsätzlich im Grundgesetz. Zum Beispiel mit dem anderen blinzeln sie in die Sterne. in Artikel : »Kunst und WissenEine Zwischenposition, schaft, Forschung und Lehre sind so kann man sich’s vorstelfrei.« len, wie die der Uni Eichstätt Das steht da nicht einfach im Altmühltal. Eingeklemmt Schlaflos im Fenster die Nacht so zum Spaß, sondern wie der zwischen der Stadt und Fragt wozu das Ganze Name schon sagt mit gutem ihrem Industriewurmfortsatz Weil ich die Antwort nicht weiß Grund. Schließlich ist es Auf(topographisch treffender als Das Dunkel läßt nicht mit sich reden gabe eines demokratischen »Speckgürtel«), steht sie für Geh ich zurück in den Schlaf Rechtsstaats, Meinungsfreidie exemplarische Verlorenheit Der Morgen vielleicht weiß es anders heit und Meinungsvielfalt zu der Geisteswissenschaften zwiHeiner Müller gewährleisten. Tut er das nicht, schen bürgerlichem Renommé verstößt er gegen seine eigenen und wirtschaftlichem Profit. Spielregeln und zwingt seine Fatal, wenn es in dieser DreiBürger unter die Herrschaft erbeziehung einmal kriselt: einer Staatsideologie. Dazu »Blubb!« – eine plötzlich platbraucht also die Gesellschaft zende Immobilienblase. Dann hält die Bank den Säckel auf, Vater Staat macht keinen Geisteswissenschaften: dass sie – nicht nur, aber Reibach mit steuerfinanzierten Orchideenfächern. auch – die Pluralität an Meinungen und Paradigmen Das Geschäft mit dem Geist ist dieser Tage eben nicht reflektieren und immer wieder neu denken. Tatsächlich, jetzt ist es passiert. Jetzt steht da eine gerade lukrativ. Entrüstete Leser schreiben Kommentare über »Nichtskönner und Faulpelze«¹ und treiben Antwort. Und tatsächlich ist es gar nicht schlimm, die Klischees über promovierte Taugenichtse auf die dass die eine oder der andere den letzten Absatz Spitze. Aber ist auch was dran? Oder anders gefragt: übersprungen hat. Antworten gibt’s nämlich genug. Wer will, kann sie bei Florian Kiesinger und Roland braucht die Gesellschaft Geisteswissenschaften? Seit geraumer Zeit prägt Wirtschaftlichkeit unser Berger nachlesen. In ihrem Sammelband »Wozu Geiswestliches Denken und Handeln. Was früher die Para- teswissenschaften?« erfährt man auf die Frage unter digmen der Religion oder Nation ausfüllten, leistet anderem: »weil – nicht: obwohl – sie nicht für bestimmte heutzutage die Ökonomie. Weil diese Denkart prak- Berufsbereiche ausbilden.«² Das war schon wieder eine Antwort, aber eine Anttisch ist und scheinbar frei von ideologischen Fußfesseln, wurde sie schnell auch auf Lebensbereiche wort mit einem großen Trotzdem. Trotz dem schwieübertragen, die nicht unmittelbar dem Erwerb dienen. rigen Arbeitsmarkt, Trotz dem verschulten Studium, Trotz dem Diktat der Wirtschaft. Neue Ideologien Zweckrationalität heißt das dann bei Max Weber. Keine Frage, die gab’s schon zu allen Zeiten. In den entstehen allzu leicht. Deswegen bieten die Geisteswestlichen Industrienationen hat sie sich aber schnell wissenschaften keine einfachen Antworten, sondern zum Leitprinzip einer planvollen Lebensführung ent- wecken den Sinn für Alternativen, für offene Fragen. wickelt – und ist ja zur Mehrung des Wohlstands auch Fragt wozu das Ganze! Der Morgen vielleicht weiß es gar nicht so übel. Also wozu noch Geist, wozu noch anders. Wissenschaft? Ist das nicht antiquierter Luxus, kann man sich das in Zeiten der Krise nicht einfach spa- Christian Hübner ren?  Wozu Geisteswissenschaften? Kontroverse Argumente für Wenn man den ganzen Betrieb rationalisieren eine überfällige Debatte / Beitr. von Roland Berger. Hrsg. Steffen möchte, sicherlich. Nur sollte man sich überlegen, ob Seischab. . Aufl. Frankfurt/Main, Campus-Verlag, . S. . man nicht lieber Stellen einspart, die wirkliche Defi-

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8 www.zeit.de/campus///geisteswissenschaften-heulen

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Subkulturen

»Wir sind noch nicht, wir werden erst« Ein kleine Kritik am Menschsein or einigen Jahren kam mir dieses Zitat von Ernst Bloch in einer Klausur unter die Augen. Viele Gedanken habe ich mir darüber nicht gemacht. Eben nur ein Zitat. Dachte ich. Bis jetzt. Dieses Zitat birgt viel mehr in sich, als sich auf dem ersten Blick vermuten lässt. Da sich die jetzige Ausgabe der kuAktuell um Subkulturen und somit den Menschen dreht, dachte ich mir, wäre ein kurzer »Blick« auf den Menschen durchaus angebracht. Wer sind wir? Wozu sind wir fähig? Was tun wir eigentlich hier auf diesem Planeten? Vor allem: Was tun wir diesem Planeten an? Die Aschewolke hat einmal mehr gezeigt, wenn Mutter Natur sauer ist, ist der Mensch nur ein Spielball der im Wasser schwimmt. Wir glauben alles steuern, kontrollieren oder auch beherrschen zu können und werden dann so enttäuscht. Machtlos sehen wir, wie sich unser Geld zusammen mit der Wolke in »Luft auflöst«, eine Milliarde Euro pro Tag ohne Flugzeuge und wie die Lieferungen von Ersatzteilen aus Übersee ausbleibt und Papas kaputtes Auto in der Garage bleiben muss. Der Mensch, selbsterklärter Herrscher dieser Erde, ist machtlos. Doch um den Menschen in Schutz zu nehmen kann man sagen, dass er sofern er will, dazu in der Lage ist großes zu Vollbringen. Es sind Frauen und Männer wie Marie Curie, Edison, Ford, Franklin, Galilei, Da Vinci, ich könnte ewig so weitermachen, die uns Menschen vorangebracht haben. Dank ihnen wurden wir ein Stück besser. Zumindest technisch gesehen. Auf der anderen Seite haben wir die großen Denker der Vergangenheit, Aristoteles, Platon, Sokrates, Sun Tzu, Hobbes, Roseau, auch hier ist die Liste lang. Doch von ihnen haben wir uns weit weniger gemerkt, als wir es hätten tun sollen. Noch immer gibt es Ungerechtigkeiten, Kriege, Hungersnöte auf dieser Welt und ein Großteil sieht zu. Wir haben noch immer nicht begriffen, zu was wir eigentlich fähig wären. Der Mensch selbst ist nicht zu beneiden. Doch das was er könnte, um das ist er zu beneiden. Wir hätten längst die Möglichkeit, für jeden ein Dach über dem Kopf zu schaffen oder aber unsere Streitereien beizulegen. Wir hätten auch die Möglichkeit den Weltraum oder zuerst einmal unseren Planeten zu erforschen, ohne dabei die Arten zu zerstören, die unser wundervoller Planet beherbergt. Jeder Eingriff in die Natur ist meist von einem Echo geprägt, das sich früher oder

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kuAktuell Mai 

später seinen Weg bahnt. Doch die Entwicklung über Jahrtausende hinweg hat gezeigt, dass der Mensch sich bessert. Die Kriege wurden weniger, die Vereinten Nationen gegründet, Europa geschaffen und die Weltraumforschung findet auf internationalen Wegen statt. Doch wir sind noch nicht. Wir sind noch nicht da wo wir hin könnten. Die Menschheit braucht etwas, dass sie zusammenschweißt, ein Ereignis womöglich schlimmen Ausmaßes. Denn die Geschichte zeigt, dass der Mensch erst bereit ist etwas zu ändern oder zu verbessern, wenn etwas passiert ist das leicht hätte verhindert werden können. Erst dann werden wir womöglich fähig sein zu begreifen was in uns steckt. Wenn es dann nicht zu spät ist? Durch bestimmte Geschehnisse wachsen wir Menschen jedoch immer mehr zusammen. Wir helfen einander, sogar ohne Gegenleistungen zu erwarten. Dies zeigt, dass wir vielleicht noch nicht auf einem guten Weg sind aber zumindest eine »richtige Richtung« eingeschlagen haben und einige unserer Fehler erkannt haben. Was wir nun tun, liegt an uns. Nur an uns. An jedem einzelnen, der sich »Mensch« nennt. Für seine Fehler geradezu stehen ist eine gute Sache. Doch nicht viele von uns sind bereit dazu, diese Fehler zu korrigieren. Einigkeit, Ehrlichkeit und Kameradschaftlichkeit sind die Eigenschaften, nach denen die Menschen streben sollten. Sei es durch ehrenamtliches oder politisches oder aber vielleicht auch soziales Engagement. Rassismus, Fremdenhass und Egoismus sind die Eigentschaften der Menschen, die es zu beseitigen gilt. Sie werden uns nicht weiterbringen. Sie werden uns stattdessen daran hindern und selbst zu entfalten und das zu werden, wozu wir selbst in der Lage sind. Natürlich ist mir bewusst, dass diese Forderungen teilweise, zumindest momentan, Utopisch sind, jedoch brauchen wir ein Ziel vor Augen an welchem wir uns orientieren können. Zuviel sollten wir jedoch nicht erwarten, um nicht enttäuscht zu werden, aber wir sollten im Hinterkopf behalten: Wir sind noch nicht, wir werden erst. Philip Eichinger



Subkulturen

Der Grottenolm

Ein junger Grottenolm Foto: http://www.flickr.com/photos/ craftup// cc-by-nc-sa craftup

Christine Gawlik & Magnus Göldner

Grottenolme sind echte Höhlentiere, sogenannte Troglobionten. Der lateinische Name des Grottenolms lautet Proteus anguinus. Er gilt als der einzige in Europa vorkommende Olm. Der Körperbau des Grottenolms ist aalähnlich. Das Tier kann bis zu  Zentimeter lang werden. Seine Haut ist durch das lichtlose Leben pigmentlos und weißlich-rot. Die Gliedmaßen sind sehr dünn und seine Augen haben sich im Laufe der Zeit stark zurückgebildet. An den Seiten des Kopfes trägt er rote Kiemenbüschel. Mit den Kiemen atmet er unter Wasser. Sein Lebensraum sind unter anderem die unterirdischen Karstgewässer des Dinarischen Gebirges entlang der Adria von Norditalien über Slowenien und Kroatien bis zu Herzegowina und Montenegro. Er ist also ein endemisches Wesen. Zu seinem Nahrungsspektrum gehören vor allem kleine Krebstiere wie Wasserasseln und Flohkrebse. Wegen seiner Lebensweise kann dieses Tier sogar bis zu sechs Jahre ohne Nahrungsaufnahme überleben. Grottenolme können bis zu  Jahre alt werden. Eine besonders interessante Tatsache ist, dass diese Lebewesen, wenn sie bei Licht aufwachsen, sowohl Augen als auch Hautpigmente entwickeln können. Die Menschen aus vergangener Zeit erzählten sich Sagen und Märchen über diese Wesen aus der Unterwelt, die gelegentlich bei Hochwasser an die Oberfläche gespült wurden und dann in den Bächen entdeckt wurden. So wurden sie unter anderem für Drachenjungen gehalten. Außerdem wird er auch wegen seiner Hautfarbe »menschlicher Fisch« genannt. Dieses Lebewesen war auch Charles Darwin bekannt. In Kapitel  seines Buches ›The Origin of Species‹ schrieb er unter Abschnitt ›Effects of Use and Disuse‹ so über die Adaptionen solcher Tiere.¹ 

Nacktmull



Siehe hierzu: 8 friendsofdarwin.com/docs/origin-/chapter-/

Foto: commons.wikimedia.org/wiki/File:Nacktmull.jpg cc-by-sa

Mai  kuAktuell

Subkulturen

Der Maulwurf

Der Nacktmull Der Heterocephalus glaber, auch Nacktmull oder Molratte genannt, lebt in unterirdischen Bauten in den Halbwüsten Ostafrikas. Der Nacktmull kann eine Köperlänge zwischen  und  Zentimeter erreichen. Dieses Tier besitzt, wie sein Name schon sagt – außer den Tasthaaren – keine Haare. Es ist also völlig nackt. Seine Tasthaare befinden sich vor allem im Gesicht, da seine visuelle Wahrnehmung sehr gering ist. Diese Anpassung hat sich für ihn jedoch zum Vorteil ergeben, da sich durch die vereinzelten Haare die Parasiten schlechter ansiedeln können. Ferner besitzt er eine faltige, braun-rosa gefärbte Haut. Durch die Falten werden einerseits seine inneren Organe geschützt, andererseits kann er sich so auch in den engen Gängen besser fortbewegen. Ein weiteres auffälliges Merkmal sind die großen Nagezähne. Der Nacktmull nimmt keine Flüssigkeit zu sich. Das Wasser, das er zum Leben benötigt, erhält er über die Nahrung. Seine Nahrung setzt sich aus sehr faserigen Pflanzenknollen und Wurzeln zusammen. Diese Knollen bzw. Wurzeln besitzen jedoch meist keinen sehr hohen Nährwert. Der Nacktmull steht ebenso wie der Grottenolm auf der Roten Liste der .

Der Europäische Maulwurf (Talpa europaea) erhielt seinen Namen von dem alten Begriff »Molte = Erde«. So kann der Name »Maulwurf« also frei mit »Erdwerfer« übersetzt werden. Der Maulwurf kann zwischen  bis  Zentimeter groß werden. Sein Schwanz kann dabei eine Länge von  bis , Zentimeter erreichen. Er besitzt ein weiches, grau-schwarz gefärbtes Fell, das jedoch nur aus Wollhaaren besteht. An seiner kleinen Schnauze und am Schwanz besitzt der Maulwurf feine lange Tasthaare. Diese Tasthaare übernehmen die Rolle der Tastsinnesorgane. Sein Hauptsinnesorgan stellt der empfindliche kleine Rüssel dar. Mit diesem kann er sehr gut riechen und tasten. Die Schnauze ist eng besetzt mit Sinneszellen. Bodenerschütterungen nehmen Maulwürfe sehr sensibel wahr. Die kleinen Augen und Ohren des Maulwurfes sind im dichten Fell fast ganz verborgen. Obwohl die Ohrmuscheln im Fell versteckt sind, ist sein Gehör ausgezeichnet. Seine Augen sind nur wenige Millimeter groß. Ihre Sehkraft ist sehr gering. Die Augen des Maulwurfs können daher nur zur Unterscheidung von hell und dunkel dienen. Seine Vordergliedmaßen sind zu Grabwerkzeugen umgebildet. Die mit der Handfläche nach außen gedrehten Hände sind schaufelförmig und enden in fünf Finger. Durch seinen intensiven Stoffwechsel und die sauerstoffarme Luft, die sehr reich an Kohlendioxid ist, würde der Maulwurf in eine »Sauerstoffschuld« kommen. Damit

Foto: commons.wikimedia.org/wiki/File:Talpa_europaea_hg.jpg cc-by-sa

kuAktuell Mai 

auch bei wenig Sauerstoff die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff gesichert ist, besitzen die Maulwürfe daher einen sehr hohen Hämoglobinanteil im Blut. Das Verbreitungsgebiet des Europäischen Maulwurfs erstreckt sich von Großbritannien über weite Teile Mittel- und Osteuropas bis nach Sibirien in die Region der Flüsse Ob und Irtysch. Die Maulwürfe ernähren sich ausschließlich von tierischer Nahrung. Dazu zählen Regenwürmern und Insekten sowie deren Larven. Gelegentlich verzehrt er auch kleine Wirbeltiere wie Echsen und Nagetiere. Sein täglicher Nahrungsbedarf entspricht hierbei in etwa seinem eigenen Körpergewicht. Eine längere Nahrungspause von mehr als einem Tag kann der Maulwurf nicht überleben. Außerdem hält der Maulwurf keinen Winterschlaf. Daher vertilgt ein Maulwurf pro Jahr etwa  Kilogramm Nahrung. Als Wintervorrat fängt der Maulwurf vor allem Regenwürmer. Damit die Regenwürme überleben, aber nicht fortkriechen können, beißen die Maulwürfe deren Vorderende ab. Der Wintervorrat wird in kleinen »Vorratskammern« gesammelt, von denen in einem Maulwurfsbau bis zu  existieren können. Insgesamt lagern Maulwurfe dort oft mehr als zwei Kilogramm Nahrung. Zuletzt soll kurz erwähnt werden, dass der Maulwurf unter Naturschutz steht. Info: Auch über den Maulwurf schrieb Darwin in Kapitel  seines Buches ›The Origin of Species‹ unter Abschnitt ›Effects of Use and Disuse‹.

Maulwurf



Subkulturen

Der Sternmull Der Sternmull oder Sternnasenmaulwurf (Condylura cristata) gehört zu der Familie der Maulwürfe. Er unterscheidet sich von dem ebenerwähnten Maulwurf vor allem durch die  fingerförmigen Hautanhänge auf der Schnauze. Sie dienen als Tastorgane, um die Beute aufzuspüren. Die Bewegungen der  fingerförmigen Hautanhänge sind so schnell, dass das menschliche Auge ihnen nicht folgen kann. Die neuesten Messungen mit Hochgeschwindigkeitskameras belegen, dass ein Sternmull bis zu dreizehn potentielle Beutetiere pro Sekunde berühren und untersuchen kann. Infolgedessen ist er vierzehnmal schneller als seine Verwandten, wie der Europäische Maulwurf ohne die Fortsätze. Außerdem ist das Fell des Sternmulls viel rauer als das der übrigen Maulwurfsarten. Es ist wasserabweisend und meist schwarzbraun oder schwarz gefärbt. Dies ist wichtig, da die Sternmulle im Gegensatz zu den meisten anderen Maulwürfen semiaquatisch sind. Sie führen zum Teil nämlich eine wasserbewohnende Lebensweise. Sie können gut schwimmen und tauchen und suchen einen Teil ihrer Nahrung auf dem Grund von Gewässern. Ringelwürmer und Insekten gehören ebenso zu seiner Nahrung wie Krebstiere und kleine Fische. Der Sternnasenmaulwurf ist im östlichen Nordamerika beheimatet.

Bis heute ist man sich noch nicht ganz sicher, wie es zur Namensgebung »Regenwurm« kam. Einer Ansicht zufolge soll die Namensgebung auf den althochdeutschen Begriff »Regnwurm« zurückgehen. Dabei soll sich die Bezeichnung auf das Verhalten der Würmer bei Regen beziehen. Denn wie wir wissen verlassen die Regenwürmer bei starken Regenfällen die unterirdischen Wohnröhren rasch. Nach einer anderen Ansicht zur Folge rührt der deutsche Name von ihrer regen unterirdischen Aktivität her. So gab es noch im . Jahrhundert die Bezeichnung »reger Wurm«. Der Regenwurm (Lumbricidae) ist ein gegliederter Wurm, der im Erdboden lebt. Weltweit sind etwa  Regenwurmarten bekannt. Hiervon leben in Europa rund  Arten. In Deutschland gibt es derzeit  Regenwurmarten. Im Jahr  wurde der für den Naturkreislauf nützliche Regenwurm zum »Wirbellosen Tier des Jahres« erklärt. Der Körper des Regenwurms besteht aus zahlreichen Segmenten. Diese Segmente besitzen an ihren Seiten hervorragenden Borsten, die kaum aus der Haut herausragen. Die Borsten bestehen aus Chitin und Proteinen.

Sie können mit Hilfe besonderer Muskeln bewegt werden. Je älter ein Regenwurm wird, umso mehr Segmente hat er. Dabei produziert eine spezielle Wachstumszone in der Nähe des hinteren Endes die neuen Glieder. So können ausgewachsene Exemplare aus  Segmenten bestehen. Diese Lebewesen sind nachtaktiv und sind überwiegend Substrat- und Pflanzenfresser. Das bedeutet, dass sie humusreiche Erde und vermodertes Pflanzenmaterial zu sich nehmen. Bei Regenwetter wird beobachtet, dass die Regenwürmer ihre Wohnröhren verlassen. Man ist der Auffassung, dass die Regenwürmer ihre Wohnröhren verlassen, da sie bei langanhaltenden Regenperioden in ihren Gängen ersticken würden, da der im Wasser gelöste Sauerstoff nicht ausreicht, um den Wurm über die Hautatmung mit genügend Sauerstoff zu versehen. Obwohl der Regenwurm keine Sinnesorgane besitzt ist er erstaunlicherweise sehr reizempfindlich. So kann der Regenwurm sowohl Temperaturunterschiede als auch Berührungen und Licht wahrnehmen. Außerdem ist es ihm möglich zu schmecken und zu riechen.

Schnauze eines Sternmullls

Ein Nest mit jungen Sternmullen

Ein Regenwurm in der Erde

Foto: http://www.flickr.com/photos/@N// MFS The Many Faces of Spaces cc-by-nc-sa

Foto: www.flickr.com/photos/hillbraith// Hillbraith cc-by-nc

Foto: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Miñocaeue. jpg cc-by-sa



Der Regenwurm

Mai  kuAktuell

Subkulturen

Der Tiefseeanglerfisch

Der Blinde Höhlensalmler Die blinde Höhlenform des Astyanax mexicanus lebt in den Höhlen Cueva Chica, Cueva de los Sabinos und Cueva del Pachon im mexikanischen Bundesstaat San Luis Potosí. Der Silbersalmler, sein sehender Verwandter, ist auch in Texas und New Mexico, sowie in Nord- und Zentralmexiko zu finden. Er lebt in Schwärmen und wird etwa zwölf Zentimeter groß. Weil er auf Dauer in lichtlosen Höhlen lebt, ist er pigmentlos und fleischfarben mit etwas silbrigem Glanz. Die jungen Fische haben oft noch kleine, sehtüchtige Augen. Jedoch bilden sich die Augen mit zunehmendem Alter zurück, da sie dadurch Energie sparen können, um diese anderweitig zu nutzen. Seine Flossen sind farblos. Zu seiner Nahrung gehören Insekten, kleine Krebstiere und Würmer. Diese Beutetiere werden ausschließlich über den Geruch- und den Tastsinn aufgespürt.

Ihren Namen verdankten die TiefseeAnglerfische ihrer »Angel« (Illicium), also einem Leuchtorgan oberhalb des Maules. Das Leuchtorgan soll sich wahrscheinlich aus einem der vordersten Stacheln der Rückenflosse entwickelt haben. Diese Rückenflossen sind nur bei den großen Weibchen vollständig ausgebildet. Die Männchen hingegen leben als »Zwergmännchen« häufig angewachsen an den Weibchen. Die Weibchen haben meistens eine rundliche Form, können aber auch lang gestreckt sein. Sie können eine Größe von bis zu  Zentimetern erreichen. Sie besitzen ein riesiges Maul, das sich enorm erweitern kann um Beutetiere aufzunehmen. Ebenso dehnbar wie das Maul ist der Magen. So können diese Fische Beutetiere verzehren, die doppelt so groß wie er selber sind. Die weiblichen Tiefsee-Anglerfische locken mit ihrer leuchtenden Angel ihre Beutetiere an. Wenn sich dem Leuchtorgan ein potentielles Beutetier nährt, reißt der Fisch sein Maul auf und saugt die Beute über den dadurch entstehenden Unterdruck in das Maul.

Ausgesuchte Quellen t 8 de.wikipedia.org t 8 www.g-o.de/ dossier-detail--.html t 8 www.g-o.de/ dossier-detail--.html t 8 www.natur-lexikon.com t 8 www.tierdoku.de

Der Schwarzangler (oben links), der Peitschenangler (oben rechts) und der Der Blinde Höhlensalmler

Wunderfisch (unten)

Foto oben rechts: http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Himantolophus_sp.jpg Jon Moore/NOAA Ocean Explorer

Foto: http://www.akwarium.gdynia.pl/akwarystyka/gatunki/slepczyk.JPG

kuAktuell Mai 

Foto oben: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:L_amphirhamphus.jpg cc-by Theodore W. Pietsch, University of Washington Foto oben links: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Melanocetus_johnsonii._-_ Natural_History_Museum_of_London.JPG cc-by-sa Drow male

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Subkulturen

Das Leben ist wie eine Rose eulich hielt mich ein Studienkollege just an der Verkehrsinsel vor der Sommerresidenz auf und fragte mich, ob ich im Prüfungsamt gewesen sei. Da ich das Amt nach wie vor im angestammten Gebäude vermutete, schüttelte ich den Kopf. »Nein.« Sichtlich beunruhigt von meiner Nachlässigkeit erkundigte sich mein Gegenüber, dennoch nach meinem Weg. »Ich war auf dem Friedhof.«, antwortete ich gerade so, als schilderte ich einen Spaziergang auf den Frauenberg. Mein Studienkollege jedoch musterte mich mit einem Gesichtsausdruck, der nicht geringe Zweifel an meiner Zurechnungsfähigkeit zeigte. »Keine Angst,« beschwichtigte ich ihn, »ich gehöre nicht zu denen, die irgendwelche absonderlichen Kulthandlungen praktizieren und auf Friedhöfen nach geeigneten Plätzen für derlei suchen. Solche Menschen würden vermutlich jeden anderen Ort dem Eichstätter Friedhof vorziehen.« »Und warum das?« fragte der Studienkollege, während wir der Ostenstraßenhektik entflohen und Richtung Kapuzinerkloster einbogen. Da ich ohnehin Zeit bis zur Vorlesung hatte, beschloß ich, dem Studienkollegen meine selbstverständliche Gewohnheit ein wenig zu erläutern. »Nun, die Szene derer, von denen du sprichst, beruft sich vor allem auf die sogenannte schwarze Romantik. Schon Goethe mokierte sich in seinem ›Faust II‹ über die »Nacht- und Grabesdichter« und hielt ihnen die klassische Antike als leuchtendes Gegenbild vor. Was suchten die schwarzen Romantiker?« Der Studienkollege zuckte die Schultern: »Du wirst es mir gleich sagen.« »Na, überleg einmal,« insistierte ich, »Die schwarzen Romantiker, distanzierten sich bewußt von der überreinen Helle der Klassik und schufen so eine nicht nur literarische Subkultur. Sie konnten die Idealität nicht nachvollziehen und suchten den Sinn und das Verlangen des Menschen nun nicht mehr allein im geheimnisvollen Dunkel der Nacht anzusiedeln, sondern sie prägten das Bild der vom Tode bedrohten und schließlich dem Tode verfallenen

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Schönheit, der jeglicher Widerwille fehlt: Im Gegenteil, das Schöne, Lebendige gibt sich kaum gegenstrebend, aber doch zögerlich lustvoll dem Unumkehrbaren, dem Tod hin. Zurück zur Antike: Die klassischen Statuen waren nicht blank weiß, das wissen wir, aber schwarz wie verwittertes Erz waren sie auch nicht: so trifft man auf dem Eichstätter Friedhof eher selten auf erhaben in sich zusammengesunkene eherne Engelsgestalten, die jene, für Friedhöfe bezeichnende Atmosphäre des Morbiden hervorrufen. Nein, hier in Eichstätt fällt mir etwas anderes auf, das man als neue Subkultur bezeichnen könnte: Der Tod, ein absolutes Tabu in unserer jugendsüchtigen Zeit, wird nicht mehr beiseite geschoben, wie ein Schreckgespenst. Gewiß, keiner von uns wird ihm entrinnen und den einen von uns wird er früher herbeizitieren als den anderen, aber sollen wir ihn deshalb fürchten oder wollüstig schaudernd verherrlichen?« »Was sollen wir dann?« »Was machen denn die Eichstätter?,« gab ich die Frage zurück. »Du weißt es.« »Durch ihre Bildhauer lassen sie dem Tod seinen Stachel nehmen. Viele der Monumente, die du auf dem Friedhof finden wirst, zeugen in ihrer dezenten Buntheit und Freundlichkeit davon, daß der Tod nicht der absolute Endpunkt, noch der Herr ist. Vielmehr erscheint er als eine Art Tor, als ein Übergang; das Motiv der Tür und der aufsteigenden Stufen findet sich oft auf den Stelen. Auch das Vertrauen auf Gott, dem sich menschliches Besitzstreben angesichts des Todes unterordnen muß, findet seinen trostreichen Ausdruck. Da liest du auf einem Grabstein, der einem Baum in Kreuzform nachgeschaffen ist, zum Beispiel den Satz: ›Ich darf wohnen im Schatten des Allmächtigen.‹ Oder ein anderer Spruch auf einer Stele lautet: ›Ich werde die wiedersehen, die ich geliebt habe und die erwarten, die ich liebe.‹ Die Hoffnung, welche in diesen und unzähli-

gen anderen Sprüchen innewohnt, macht vielleicht selbst dem Mut, der nicht an Gott glaubt. Du wirst mir beipflichten, daß solches etwas anderes ist, als das resignierte, unpersönliche ›Ruhe in Frieden‹, das man sonst auf Friedhöfen oft findet und das fast wie der Versuch einer raschen Abfertigung klingt. Nein, diese Subkultur zu unserer Kultur der Jugend besteht darin, den Verfall und den Tod nicht zu verdammen oder zu verherrlichen, sondern anzuerkennen und ins Leben einzubinden. Auf einer Urnenplatte wirst du im Bild die drei Stadien des Rosendaseins entdecken: Die verschlossene Knospe, die volle Blüte und die entblätterte Hagebutte. Darüber steht: ›Vita velut Rosa‹. Mehr nicht. Mehr wäre überflüssig. So ehrt man hier die Toten: Mit schlichter, freundlicher Würde. Hier fehlt dem Tod auch jede Düsternis, er wird nicht beiseite geschoben, er ist mitten im Leben. Und deshalb gehe ich zur Erbauung im Friedhof herum und betrachte die Monumente.« »Aha.« Mein Kollege schien angestrengt nachzudenken. Ich war im Begriff durch die Pforte mit dem schmiedeisernen Tor zu gehen, da meinte der Studienkollege: »Du, ich hätte dich auch nicht im Verdacht gehabt, mit Leuten zu tun zu haben, die solche Messen halten …« »Schon gut,« winkte ich ab, »Ich besuche zwar Messen, über die viele die Nase rümpfen – aber das sind keine schwarzen Messen!« Ein bißchen verlegen und doch erleichtert darüber, mich mit seiner Eingangsbemerkung nicht inkommodiert zu haben, grinste der Student und wandte sich in Richtung des schmalen Gäßleins, das bergan führte. Heather Bastille

Mai  kuAktuell

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Die Randgruppe der Radfahrer

Radfahrer sind eine Randgruppe, so wie Kinderwagenschieber (männliche sowieso). Schon per Gesetz – genauer StVO – sind Radfahrer als Randfahrer festgelegt. Es gilt am rechten Straßenrand zu fahren und den einsamen Auto- bzw. Busfahrern möglichst Raum für ein zügiges Erreichen des nächsten Staus zu ermöglichen. Vor Ampeln wagt man sich seitlich an den EinPersonen-Wägen vorbei, nur um verärgerte Blicke oder freundliches Hupen zur ersehnten Grünphase zu ernten. Bei knappen Überholmanövern ist es ein astreines Kunststück nicht einen Rinnsteinkuss geschweige denn ein Kopfsteinpflaster zu riskieren. Nicht nur im Verkehr zeigt sich die Randständigkeit des gemeinen Radfahrers. Vor der Aula-Bibliothek etwa reihen sich in schöner Semesterabhängigkeit Drahtesel um Drahtesel. Man fragt sich wirklich, wie sie es schaffen, so lange dort zu stehen angesichts der notwendigen Nutzung des Gehsteigs durch Fußgänger … nein, durch karossierte Busfahrer beim Lanzenturnier. Ich warte nur auf den Tag an dem ich am Außenspiegel einen aufgegabelten Drahtesel mit oder ohne Reiter zu Gesicht bekomme. Verkehrte Welt. Anderes Gebiet, aber zurück zur Randständigkeit. Ständig diese Räder. Würden sie doch tatsächlich auch an Randflächen ihre Räder abstellen. Ausgewiesene Stellflächen werden von Radfahrern einfach missachtet. Bieten sie keinen Unterstand oder sind sie einfach zu wenig? Im Leben gilt es Weg und Energie zu sparen. So lautet wohl das Mantra derjenigen, die gerne frontal vor dem Eingang des Kollegienbaus – wie Dominos am Dominoday – ihre Fahrräder abstellen. Später sucht mancher die Räder im Blechhaufen. »Selber Schuld«, mag man da sagen. Wer mitdenkt fährt früh, hat so noch die Zeit zur sicheren Stellplatzsuche und nimmt noch die notwendige Frischluft von der Fahrradfahrt mit in den grauen Unibau für die anstehende Kopfarbeit. Wer nur von zwölf Uhr bis Mittag denkt spart vielleicht den dafür notwendigen Sauerstoff, aber nicht Energie. Alles klar?!

kuAktuell Mai 

R a d fahrer haben Randgruppen. Ganz abgesehen von der ehemaligen Trendsportart mit dem durchlöcherten Aushängeschild »Tour de France«, die sich selbst abgeschossen hat durch ihre Dopingskandale. So muss wohl das Ziel der Eichstätter Etappe in der BayernRundfahrt angesichts von -Skandalen als ein schlechter Witz gedeutet werden, als die Fahrer mit Zielbanner, Schampus und Siegertreppchen vor dem Eichstätter Krankenhaus in Empfang genommen wurden. Doping war (?) keine Seltenheit. Doch zurück zu den Randgruppen unter Radfahrern. Da gibt es die rostigen studentischen Drahtesel, die auch mal geklaut werden dürfen, aber auch lieb gewonnene Einzelstücke, gepflegt und bemalt. Die Enthusiasten, die jedem Wetter trotzend per Rad ihr Ziel erreichen.¹ Weltreisende Radfahrer, die von Eichstätt nach Eichstätt fahren, oder Radelnde Altmühliebhaber. Gerade zur Sommerzeit drücken auch Touristen in traubenförmigen Gruppen in die Altstadt. Ein junger Eichstätter Einwohner mag sich hier selbst schon fast als Randgruppe betrachten und der eigene Weg zur Uni gestaltet sich geschwungen und barock wie die Altstadt selbst. Gerade in der Universitätsstadt Eichstätt stehen ja alt und neu wie eine Fuge an einander und ergänzen sich ja ach so formidabel. Was kümmern mich die grauen Bauten, mögen sich viele denken.² Vielleicht einige von den Kids, die mit , Skateboards, Inliner fahren und Tricks üben wollen, doch am »Matchbox«-Skate-Park (am Volksfestplatz) kaum Platz dazu finden und sich so andere Räume (respektive Ränder) für ihre Freizeit suchen? Aus all diesen Gründen wünscht man sich einen Schutzengel für die Randgruppe der Radfahrer (und nicht nur für die Architektur). Robin Baumgartner 

»Per aspera ad astra« mögen sich Asterix-Leser wohl denken.

 Zumindest ärgern sich die, die darin musizieren. (Siehe Eichstätter Kurier vom . April )

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Subkulturen

»Wir sind ein normaler Teil der Gesellschaft« Ein Interview mit Uli Webers, dem Sprecher des Referats »zur Gleichstellung schwuler, lesbischer und bisexueller Lebensweisen.« ie Kirche und ihr Umgang mit Homosexualität: Eine wohl unendliche Geschichte. Im Zuge des Missbrauchsskandals in der Katholischen Kirche wartete der Kardinalstaatssekretäre des Vatikan, Tarcisio Bertone, mit der gewagten These auf, zwischen Homosexualität und Pädophilie bestehe ein Zusammenhang. Uli Webers, Sprecher von kreuz & queer, dem »Referat zur Gleichstellung schwuler, lesbischer und bisexueller Lebensweisen« an der , findet Äußerungen wie die Bertones »mehr als ärgerlich.« Uli war selbst lange in den Katholischen Kirche aktiv und ist der Meinung: Homosexualität und Religion schließen sich nicht aus. Ein Gespräch über Toleranz, schwule Klischees und die alltäglichen Sorgen eines schwul-lesbischen Arbeitskreises.

Geschlecht, dann wäre es doch problematisch. Wobei ich auch schon genügend Leute kennen gelernt habe, die damit absolut offen umgehen und das als ganz selbstverständlich ansehen.

kuAktuell: Das Thema unseres Heftes lautet ja »Subkulturen«. Deutschland hat zurzeit einen schwulen Außenminister und zwei schwule Ministerpräsidenten. Die Moderatorin Anne Will hat sich vor nicht allzu langer Zeit als lesbisch geoutet, zahlreiche Schauspieler und andere Künstler stehen offen zu ihrer Homosexualität. Kann man da die Homosexuellenbewegung überhaupt noch als »Subkultur« bezeichnen?

Also keine offenen Anfeindungen oder Ablehnung? Hast du es in Eichstätt schon mal erlebt, dass du in negativer Weise angesprochen wurdest?

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Wie sieht es in Eichstätt aus, das ja eher konservativ geprägt ist. Ist Schwul- bzw. Lesbisch-Sein hier schwieriger als anderswo? Ich glaube nicht mehr oder weniger als in Bayern generell. Wobei man hier natürlich immer das Problem hat, dass jeder jeden kennt. Der katholische Glaube ist doch noch ziemlich stark in der Gesellschaft verankert. Ich denke, dass man als Student, wenn man sich ausschließlich in der Uni-Kultur aufhält, weniger Probleme hat. Aber sobald man sich aus dieser UniKultur rausbewegt … Wobei ich generell von einem grundsätzlichen Misstrauen sprechen würde als von aktiver Abneigung.

Also ich persönlich nicht, was aber auch daran liegt, dass ich während meiner Zeit in Eichstätt noch nicht mit einem Mann Händchen haltend über die Straße gegangen bin, so dass das offen zu sehen gewesen wäre. Was allerdings regelmäßig passiert, ist, dass wenn ich Plakate für unseren Stammtisch aufhänge, diese ebenso regelmäßig wieder abgehangen werden.

Uli: Ja und nein. Ich denke mal, im Großen Es ist aber noch keiner auf dich zugekommen und und Ganzen müsste es nicht sein, dass wir hat gesagt: »Moment, was du da jetzt machst finde eine Subkultur darstellen. Aber es ist oft ich nicht in Ordnung«? so, dass man immer noch Probleme hat, offen damit umzugehen und sich dann Nein. Das würde mich fast freuen. Denn dann könnte doch gerne in Bars und Klubs zurückzieht, man endlich versuchen, den Leuten ihre Vorurteile zu nehmen. Durch die Medien hat man ein Bild von wo man unter sich ist. Homosexualität, das mit der Realität nur am Rande Ist die deutsche Gesellschaft in den letz- etwas zu tun hat und projiziert das dann auf jeden, ten Jahren toleranter gegenüber Homo- der sich als homo- oder bisexuell bezeichnet. sexuellen geworden? Du hast gesagt, dass es an der Uni ein bisschen Oberflächlich ja. Viele sagen, dass sie leichter ist, damit umzugehen. Gab denn bei generell damit ja kein Problem hätten. der Gründung eures Arbeitskreises im Jahr  Aber wenn plötzlich der eigene Sohn oder Schwierigkeiten? Wie war die Reaktion der Uni? die eigene Tochter ankäme und sagen würde: Hey, ich stehe auf mein eigenes 

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Subkulturen

zu bestehen. Und deshalb sollte man sich auch verhalten wie ein normaler Teil der Gesellschaft. Nehmen wir beispielsweise den Christoper Street Day: Diese schrillen Paraden decken meiner Ansicht nach nur einen kleinen Teil der schwul-lesbischen Bevölkerung in Deutschland ab. Viele können sich damit überhaupt nicht identifizieren und haben damit ähnliche Probleme wie Heterosexuelle. Das ist zwar Das weiß ich gar nicht genau. Ich habe damals noch ein Zeichen: »Ja uns gibt es«, aber es stellt nicht studiert. Ich bilde mir ein, gehört zu haben, meiner Ansicht nach die Thematik der dass es damals Probleme gab. Wir mussten uns Homosexualität nur unvollständig dar. damals als »Problemlösungsgruppe« tarnen, um im Unialltag bestehen zu dürfen. Aber ich glaube, dass Zum Schluss noch ein paar praktische allen bewusst war, dass das eine Formulierung war, Fragen. Wo kann man euch in Eichstätt mit der beide Parteien ihr Gesicht wahren sollten. Ich finden? habe nicht mitbekommen, dass seitdem von Seiten der Uni etwas gegen uns unternommen worden wäre. Wir haben einmal im Monat einen StammObwohl es auch eine Zeit gab, in der das Referat sehr tisch im Mojo. Jeden ersten Mittwoch im aktiv war und zum Beispiel im Studihaus Filme mit Monat ab  Uhr. Für diejenigen, die sich einem schwul-lesbischen Thema gezeigt wurden. Es nicht trauen, das Lokal nach einem Schwuist aber auch kein Geheimnis, dass das Katholische an len- und Lesbenstammtisch durchzufrader Universität nicht so tiefgreifend ist, wie manche gen, gibt es auch die Möglichkeit vorher sich das gerne wünschen. Ich habe zwei Jahre Theolo- mit uns in Kontakt zu treten. Und dann gie studiert als Erweiterungsfach zum Lehramtsstu- sind wir natürlich noch per E-Mail unter dium. Da hatte ich schon das Gefühl, sehr vorsichtig * [email protected] bzw. auf unsedamit umgehen zu müssen, es verstecken zu müssen. rer eigenen Domain 8 kreuz-und-queer.de Aber ich denke, dass abgesehen von ein paar kon- zu erreichen. servativen Theologen in Eichstätt nicht viele Menschen grundsätzlich ein Problem mit Homosexualität Sind für die Zukunft besondere Aktiohaben. Ich wüsste auch nicht, was man dagegen tun nen geplant? könnte, außer den Leuten durch ein stinknormales Leben alltäglich zu beweisen: Ich bin nichts anderes Es gibt natürlich viele schöne Filme, die als du. Abgesehen davon, dass ich mit meinem eige- man öfters zeigen könnte, um die Normalität in homosexuellen Beziehungen darnen Geschlecht ins Bett gehe. zustellen. Abgesehen davon ist es für mich wichtig, Präsenz an den StammtischzeiWorin seht ihre eure Aufgabe an der  ten und auch per E-Mail zu zeigen, wenn Zurzeit haben wir leider das Problem, dass ich als jemand Hilfe beim Umgang mit seiner Aktiver ganz alleine bin. Für mich ist es das Wichtigste, Homosexualität braucht. Ansprechpartner zu sein, wenn irgendjemand mit seiner Homosexualität Probleme hat. Ich glaube, es ist Matthias Bunk auch wichtig für den Prozess des inneren ComingOuts, dass man selbstbewusst damit umgehen kann. Ich persönlich bin kein großer Freund von so schril- Stammtische finden immer am ersten len Demonstrationen wie dem Christopher Street Mittwoch des Monats jeweils ab  Uhr im Day oder sonstigen Aktionen. Ich glaube vielmehr, es Mojo’s statt. Die nächsten Termine: . Mai, geht darum, als normaler Teil unserer Gesellschaft . Juni und . Juli. kuAktuell Mai 

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My Wohnheim is my Castle, Teil : Ein Besuchsbericht in der Schottenau, von zarter Romantik ummäntelt ey Leute, das hier ist eine neue Rubrik in unserem Magazin, die man wohl am besten mit Liebe, Sex und Zärtlichkeit überschreibt. Ja ich weiß, das klingt jetzt extrem nach Jugendmagazin, aber mal ehrlich, man wird zwar älter, aber wenn man verliebt ist fühlt man sich doch immer noch wie vierzehn. Ich bin eine der unzähligen Studentinnen hier in Eichstätt. Das hört sich jetzt so an, als würden hier nur Frauen rumlaufen, aber schließlich fühlt es sich auch so an.  Studenten und davon   Frauen, da sind Männer nun wirklich Mangelware und die meisten davon sind auch noch Mängelexemplare. Man sollte ja meinen, dass sich das durch die Bepos wieder ausgleicht, schließlich sind von unseren Nachwuchssheriffs der überwiegende Teil Männer. Man erkennt sie ganz leicht, es sind die, die sich in Gruppen aus mehr als drei Kerlen auf unseren Partys tummeln. Sie sind meist laut, betrunken und sich ziemlich sicher, dass sie nicht allein nach Haus gehen. Die Chancen für eine feste Bindung stehen da recht schlecht. Versteht mich nicht falsch, ich möchte unsere Ordnungshüter nicht pauschal schlecht machen. Es gibt bestimmt Perlen unter ihnen, aber die verlassen anscheinend das Gelände nicht. Bepos sollte man also aus dem Beuteschema löschen, obwohl manche echt was fürs Auge sind. Man kann bei der Männersuche schon verzweifeln, es sind ja schließlich nicht die ganzen   Studenten zu haben. Bei einigen waren einfach ein paar Damen schneller und haben sich das Beste schon unter den Nagel gerissen. Der verschwindende Rest kann schamlos unter lauter deprimierten Frauen wildern. Sie sondieren das schwächste Tier der Herde und brauchen sich gar nicht anzustrengen. Liebe Männer, wir sind keine Selbstverständlichkeit, wir möchten umworben und erobert werden. Auch wenn Blumen und Pralinen einen kitschigen Ruf genießen, wir freuen uns trotzdem darüber. Ihr habt hier vielleicht eine größere Auswahl, aber Werbungsrituale haben globale Gültigkeit. Ihr könnt mir gern unter * Titschi@ web.de mailen, um mir alles dazu zu sagen, was unbedingt mal gesagt werden sollte J See you soon. Eure Titschi 

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rüher knisterte ja noch das Eis unter den Gummischläuchen deines Fahrrades und die Kälte fuhr dir durch die Winterjacke und jede noch so kleine Ritze deines Wollschals, wenn du nach einem kurzen Besuch in der Bib nach Hause radeltest. Die Altmühl zu deiner Rechten war bei Dämmerung und Nacht ein stille, schwarze Bahn, die nur doch gelegentliches Plätschern ihre Anwesenheit verriet, und außer ein paar mutigen, dick vermummten Sonntagsspaziergängern mit Hund begegnete dir keine Seele auf dem Radweg, der dich auf ebener Strecke nach Hause brachte. Nach Hause ins schöne, gemütliche Wohnheim Schottenau ([schote’nau]). Heute, als du dich mit dem Fahrrad auf den Weg dorthin machst, glitzert die Sonne frech auf der Wasseroberfläche, die Enten quaken glücklich und auf dem Skaterplatz zu deiner Linken bestaunen Halbwüchsige gegenseitig ihre Tricks auf dem Skateboard. Sogar der Eichstätter Camping- und Wohnmobil-Stellplatz hat seine ersten Gäste empfangen. Und während du noch gemütlich dahinradelst, tauchen jenseits eines Parkplatzes das erste der vier Häuser des Wohnheims auf, charakteristisch mit Balkonen aus dunklem Holz und dem zartbeigefarbenen Verputz. Du überquerst den Parkplatz und schiebst als letzten Schritt noch dein Rad eine Steigung von gefühlten ° hoch, und stehst dann im Innenhof von vier Gebäuden, die als Ensemble das Wohnheim Schottenau bilden. Schön ist es hier, im Frühling. Dein Fahrrad bindest du bei seinen Geschwistern unter dem mit Plexiglas überdachten Massen-Fahrradständer fest. Ein paar junge Frauen sitzen auf Holzbänken, mit Plastikbechern in den Händen,

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und unterhalten sich entspannt. Freundlich fragst du, ob du dich zu ihnen gesellen darfst. Ebenso freundlich antworten sie, ja, gerne. Da beginnst du, Fragen zu stellen, über das Wohnheim. Oder über seine Bewohner und den oder, besser, die Hausmeister. Über die Lebensqualität, Appartement-Größen, Partykeller, Grillfeste, Lichtverhältnisse, FahrradständerReinigung,  € Kaution für Partys, böse Gerüchte und hilfsbereite Nachbarn … Schottenau habe  Appartements, das weiß Anja Suchaneck so genau, weil sie es gerade wieder im Semester-Informationsheftchen gelesen hat. Alles seien Einzelappartements, in manchen Fällen etwas blöd aufgeteilt, bemerkt eine ihrer Freundinnen, weil dann so wenig Licht reinkäme. Anja, Corinna Feucht, Melanie Besl und Marion Baur wissen wovon sie sprechen, erfährst du, als du fragst, wie lange sie denn schon im Schottenau wohnen. An die drei Jahre lebten sie bereits hier. Und es gefalle ihnen. Sie hätten sich hier kennen gelernt, weil sie alle vom ersten Semester an im selben Gang gewohnt hätten, da hätte man schnell zueinander gefunden. Und erst die eigene Wohnung mit dem Freund zusammen konnte Marion Baur zum Ausziehen bewegen. Wie denn die Appartements aussähen, willst du wissen. Das käme darauf an. Im Prinzip seien alle Appartements einzeln vermietet von Privatleuten, deshalb variiere auch die Mietpreise. Teilweise seien sie gar nicht möbliert, teilweise jedoch mit alten, dunklen Möbeln oder auch mit schönen, neuen Schränken, Betten und Tischen ausgestattet. Gibt es denn Besonderheiten? Mai  kuAktuell

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Da gäbe es den Partykeller, wobei man mit dem im Endeffekt nix anfangen könne, meint Marion und erläutert:  € Kaution muss man zahlen für die Möglichkeit, falls die Party für die anderen Mitbewohner zu laut werde und die sich beim Hausmeister beschwerten. Und ja hier ab zehn Uhr Nachtruhe herrsche … Ihre Freundinnen nicken beipflichtend. Es sei ohnehin etwas übertrieben, wie schnell sich manche über zu viel Krach beschwerten, meint Corinna. Sie beginnen zu mutmaßen, ob das hier vielleicht tatsächlich etwas mit dem Standort Eichstätt zu tun haben könnte. In Studentenwohnheimen in anderen Städten gehe es mit Sicherheit wesentlich lauter zu. Überhaupt sei die Schottenau gar nicht so laut, wie man es in Gerüchten höre. Du fragst nach den Vorteilen des Wohnheims, und die Antwort sprudelt regelrecht aus ihnen heraus: Die Lage sei super. Einerseits ist der Weg zur Uni und natürlich zur Bibliothek gar nicht weit. Im Sommer könne man fantastisch grillen. Es gebe auch ein Grillfest, genauso wie übrigens eine Weihnachtsfeier, dann würden Bierbänke im Garten auf-

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Anja meint plötzlich, dass da drüben gerade der Hausmeister sei, der Herr Cais ([’tsais]). Er sei noch nicht lange Hausmeister, vielleicht zwei oder zweieinhalb Jahre. Aber nett sei er und hilfsbereit. Man können ihn anrufen, wenn mal sonntagabends der Strom ausfalle oder man sich ausgeschlossen gestellt und es gebe gemütliches Zusammensitzen. Der nächste Supermarkt sei auch in Reichweite. Allerdings, so räumen sie ein, sei es ins Städtchen rein schon ein wenig weiter. Aber, so denkst du dir im Stillen, was bedeutet denn in Eichstätt schon ›weit‹? Ja, die vier scheinen zufrieden. Auf Nachfrage erfährst du auch, dass die Waschmaschine mit , € pro Waschgang sehr günstig sind, dass du allerdings deine Wäsche lieber nicht im Waschkeller trocknen lässt. Die Waschtrommeln seien extragroß.

habe. Später verabschiedest du dich von den vieren und klingelst beim Hausmeisterbüro persönlich. Da kommt Helmut Cais dir aber schon entgegen, mit Werkzeug in der Hand. Er sei gerade dabei, etwas abzudichten, abzudichten gebe es immer etwas. Er erzählt dir, dass es das Ganze Jahr etwas zu tun gebe, aber dass ihm die Arbeit und der Kontakt mit den jungen Leuten sehr gefalle. Seit drei Jahren arbeite er jetzt als Hausmeister. Dann verabschiedest du dich auch von ihm und schwingst dich selbst wieder auf dein Fahrrad. In der Schottenau scheint’s schön zu sein. Laura Wägerle

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Isst du nur, oder kochst du schon? elbst an Menschen, die gerne kochen, ist das Phänomen zu beobachten, dass sie, sind sie einmal der Maschinerie einer Universität zugeführt, zu Menseaten mutieren, also zu Menschen, die, wenn sie mehr Zeit haben die Mensa frequentieren, bei Termindruck allerdings auf die belegten Brötchen der Cafete zurückgreifen (was hier keines Falls abwertend gemeint ist, ich gehörte selbst zu den Brötchenmenschen). Selten passieren merkwürdige Dinge, wenn man zum Beispiel in der heimischen Küche oder Kochnische etwas sucht, einen Schrank öffnet und einen Topf findet. Man nimmt ihn in die Hand, hat plötzlich nostalgische Gedanken, erinnert sich an Muttis leckeren Gemüseeintopf mit Krakauern, in grobe Stücke geschnitten, hat

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plötzlich den Duft von Omas Küche wieder in der Nase. Diese Sentimentalitäten können, wenn man nicht aufpasst, plötzliche Anwandlungen und Vorsätze nach sich ziehen: Ja, ich werde wieder Gemüse kaufen! Ja, werde mir jeden Tag ein leckeres Essen kochen! Ja, ich … werde morgen wieder in der Mensa essen. Denn was will man schon kochen? Das dauert alles so lange. Man braucht mindestens hundert Töpfe und kann tausend Sachen falsch machen. Also kaufe man sich entweder die vorgekochten Nudeln bei Aldi oder geht in die Mensa, schließlich hat man ja nicht den ganzen Tag Zeit. Und schon hält einen die schnöde Realität wieder in ihrem Griff; dabei gibt es sogar Rezepte, die noch leichter sind als

Foto: http://www.flickr.com/photos/tanaka// Silvio Tanaka cc-by-nc

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die in den Studentenkochbüchern, und – das ist das Beste – auch noch schmecken. Aus diesem einfachen Grund hat die Redaktion der kuAktuell beschlossen, dass es an der Zeit ist, eure Lieblingsrezepte in Sachen Schnell & Lecker zu sammeln. Wir haben Großes mit ihnen vor, aber dazu mehr in der nächsten Ausgabe. Jetzt brauchen wir als Erstes eure Vorschläge, und die sendet ihr bitte an * [email protected]. Wir freuen uns über jeden Vorschlag, den wir ausprobieren können, je zahlreicher die Einsendungen, desto besser. Also: Auf die Töpfe, fertig, los! Luisa Schwarz

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Europarcours reloaded nter dem Motto »wertvollleben« finden dieses Jahr die Donaumoostage auf dem Gelände des »Haus im Moos« in der Nähe von Kleinhohenried statt. Hinter diesem klangvollen Namen verbirgt sich sowohl eine Umweltbildungsstätte mit Ausstellungen, ein Ausflugsziel für Schulklassen mit Übernachtungsmöglichkeit, ein großes Freigelände mit Wisenten, Bibern und Moorschnucken und ein weitläufiges Freilichtmuseum in dem die Besucher die jährige Besiedlungsgeschichte dieses einzigartigen Naturraumes erleben können. Am Samstag von – Uhr und am Sonntag von – Uhr findet entlang der »Museumsstraße« ein Künstler- und Handwerkermarkt statt, auf dem Marktleute aus der Region ihre Waren präsentieren. Hinzu kommt ein vielfältiges Erlebnis- und Umweltbildungsprogramm mit Führungen und Aktionen wie zum Beispiel Erlebnisspiele, Tiere, Werken mit Naturmaterialien, Filzen, Korbflechten, Arbeiten mit Lehm und Naturfarben und Wassererkundung am Erlebnispfad, im Museum und in der Umweltbildungsstätte für Alle, besonders für Kinder bzw. Familien mit Kindern. Es werden Kutschfahrten ins Moos angeboten, für musikalische Unterhaltung und das leibliche Wohl ist ebenfalls gesorgt. Warum das Ganze als Ankündigung in der kuAktuell? Schon letztes Jahr haben eine Gruppe von Studenten anlässlich der Europawahlen ein eigenes Aktionsgelände gestaltet, auf dem vorgelesen, gespielt, gebastelt, gegessen und geraten werden konnte. In diesem Sinne war der »Europarcours « nicht nur für die Teilnehmer, sondern auch für die Organisatoren eine »Spielwiese« und der Auftakt für weitere Aktionen in Institutionen in der Region. Dieses Jahr beteiligt sich auch der  Freilufttheater am Sonntagsprogramm, an beiden Tagen stehen außerdem Muttertagsgeschenkebasteln und Bodypercussion zur Auswahl. Flyer mit Anfahrtsinfos etc. liegen an der Cafetenkasse aus, ansonsten einfach mal schau’n auf 8 www.haus-im-moos.de und 8 www.moornetzbildung.eu

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Karen Schewina kuAktuell Mai 

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30 ie Katholische Universität EichstättIngolstadt hat runden Geburtstag: Am . April  wurde die kirchliche Gesamthochschule Eichstätt durch ein Dekret der Kongregation für das Katholische Bildungswesen offiziell zur Katholischen Universität Eichstätt erhoben. Ein Jahr zuvor hatte sich dafür die Bayerische Bischofskonferenz ausgesprochen. Vorsitzender der Bischofskonferenz war damals der heutige Papst Benedikt XVI., dem noch als Kardinal Joseph Ratzinger  die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät verliehen wurde. Die  ist nach wie vor die einzige katholische Universität im deutschen Sprachraum. Zum Sommersemester  waren  Studentinnen und Studenten an der Katholischen Universität eingeschrieben, die von rund  Professoren betreut wurden.  Jahre später gibt es am Standort Eichstätt und der  gegründeten Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Ingolstadt insgesamt mehr als  Studierende; verteilt auf acht Fakultäten forschen und lehren rund  Professorinnen und Professoren sowie etwa  wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das -jährige Bestehen der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt wird im kommenden Herbst anlässlich des Dies Academicus gefeiert werden.

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Staatliche Lehrerbildungsanstalt

DIE UNI IST

Collegium Willibaldinum

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1825 1575

mungen des Trienter Konzils, das Collegium Willibaldinum war das erste tridentinische Seminar nördlich der Alpen. Bereits ein Jahr nach Gründung des Collegiums erkannte die damalige Universität Ingolstadt die Gleichrangigkeit der in Eichstätt betriebenen akademischen Studien mit denen der Artistenfakultät an. Ab  wurde das Lehrinstitut an die Jesuiten übertragen. Ihnen gelang es, noch während des Dreißigjährigen Krieges ein komplette Gymnasium sowie lyzeale Kurse in Philosophie und Theologie einzurichten. So bestand fortan für anderthalb Jahrhunderte ein mittelgroßes Jesuitenkolleg, zu dem ein Gymnasium und ein Lyzeum – eine Philosophisch-Theologische Hochschule – gehörten. Vom einstigen »WilliDie historischen Wurzeln der  reichen baldinischen Seminar« überstand nur das noch weiter zurück als in das Jahr . Priesterseminar die Säkularisation, GymEine Wurzel führt bis zur Gründung des nasium und Hochschule waren aufgelöst. »Collegium Willibaldinum« im Jahr . Bischof Karl August Graf Reisach ( Mit der Errichtung dieser theologischen bis ) gelang es jedoch , Lyzeum Lehranstalt folgte das Bistum den Bestim- und Seminar unter bischöflicher Hoheit 

und mit staatlicher Anerkennung wieder einzurichten. Lediglich das Gymnasium wurde  als rein staatliche Anstalt neu errichtet; dem Priesterseminar wurde aber ein Seminar als Schülerheim für Gymnasiasten angegliedert. So war, bis auf das Gymnasium, die Einheit des tridentinischen Seminars wiederhergestellt.  wurde das Lyzeum nach staatlichem Vorbild in »Bischöfliche Philosophisch-Theologische Hochschule« umbenannt,  erfolgte durch Beschluss der Bayerischen Bischofskonferenz die Umbenennung in »Kirchliche Theologische Hochschule in Bayern, Sitz Eichstätt«. Als rein kirchliche Anstalt konnte das Eichstätter Lyzeum den Kulturkampf  bis  als einzige Theologische Hochschule in Deutschland ungehindert überstehen und zog Studierende aus dem ganzen Reich an. Während des Dritten Reichs sowie in den ersten Nachkriegsjahren war die Eichstätter Hochschule Zufluchtsort für Studenten aus Deutschland und weit darüber hinMai  kuAktuell

1924

????

1958

1925 1850 aus. In den Jahren / waren ihr die Öffentlichkeitsrechte und damit auch die Gleichstellung mit staatlichen Hochschulen entzogen worden. Diese konnte sie  zurückerhalten, auch die im Dritten Reich gestrichenen staatlichen Zuschüsse wurden wieder bewilligt. Die zweite Wurzel der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt führt in die er-Jahre. Im Vorfeld des neuen »Gesetzes über die Ausbildung für das Lehramt an Volksschulen« vom Juni  wurde die seit  in Eichstätt bestehende staatliche Lehrerbildungsanstalt  aufgehoben. Auf Grundlage des Konkordats von  und des neuen Lehrerbildungsgesetzes beschloss die Bayerische Bischofskonferenz im Juli  die Gründung einer Kirchlichen Pädagogischen Hochschule in Eichstätt – auch, weil man sich »einen regen geistigen Austausch« mit der Eichstätter Bischöflichen PhilosophischTheologischen Hochschule erhoffte. Nach kuAktuell Mai 

1970

1972

Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

Kirchliche Gesamthochschule Eichstätt, Kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts

Kirchliche Theologische Hochschule in Bayern, Sitz Eichstätt

Kirchliche Pädagogische Hochschule

Höhere Fachschule für Katechetik und Seelsorgehilfe

Bischöfliche PhilosophischTheologische Hochschule

Campus

1980

1975 1950 einem im Sommer  vom Bayerischen Landtag verabschiedeten Lehrerbildungsgesetz sollten bis August  alle pädagogischen Hochschulen in Universitäten integriert werden, zugleich erhielten sie die Graduierungsrechte. Zwar wurden für die Pädagogische Hochschule Eichstätt Sonderregelungen getroffen. Um sich jedoch der staatlichen Entwicklung im Bereich der Lehrerbildung anzupassen, beschloss die Bayerische Bischofskonferenz im Mai , die beiden Eichstätter Hochschulen zu einer Gesamthochschule zusammenzufassen. Die Bischöfe unterzeichneten am . August die Stiftungsurkunde für die »Kirchliche Gesamthochschule Eichstätt, Kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts«. Die selbstständige Münchner kirchliche »Höhere Fachschule für Katechetik und Seelsorgehilfe« als »Fachhochschulstudiengang für Religionspädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit« wurde in die Gesamthochschule eingegliedert und zusätzlich ein »Fachhochschulstudien-

gang Sozialwesen« eingerichtet. Pünktlich zum Wintersemester / konnten die Vorlesungen in den beiden wissenschaftlichen Fachbereichen »Katholische Theologie« und »Erziehungswissenschaften« sowie den Fachhochschulstudiengängen beginnen. Acht Jahre später ging aus der Gesamthochschule schließlich die Katholische Universität hervor. Constantin Schulte-Strathaus Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der 

Grafik: Sebastian Gruber



Europa



Die Vereinigten Staaten von Europa  ,    im . und . Jahrhundert formulierten. Ausgehend von Heinrich Mann soll im folgenden Essay diese Idee aufgearbeitet werden. Jedoch verwendeten zwar mehrere Denker die Worte »Vereinigte Staaten von Europa«, drückten damit aber teilweise verschiedene Vorstellungen von Europa aus. Eines haben jedoch alle gemeinsam: Den Bezug zu den Vereinigten Staaten von Amerika – allein durch den Parallelismus¹.



griechisch parallelos = gleichlaufend

ie Vereinigten Staaten von Europa. Dieser Wortlaut erinnert sofort an die Vereinigten Staaten von Amerika und lässt Bilder der Freiheitsstatue, von Hamburgern oder Barack Obama in unseren Gedanken aufblitzen. Betrachtet man jedoch den historischen Zusammenhang der Worte »Vereinigte Staaten von Europa« sowie die Denker, die diese Worte im . und . Jahrhundert verwendeten, um verschiedenen Vorstellungen von Europa einen Namen zu geben, so zeigt sich, dass die  tatsächlich als eine Art Vorbild oder sogar Idealbild eines funktionierenden Staatenbündnisses fungierten. Natürlich nicht in dem Sinne der stereotypisierten Bilder von Amerika, die heute teilweise in den Köpfen der Menschen herumschwirren, sondern vielmehr vor einem kulturellen, politischen, militärischen oder wirtschaftlichen Hintergrund. o dienten die  unter anderem auch für den Schriftsteller Heinrich Mann als eine Art Vorbild. Im Dezember  veröffentlichte Heinrich Mann in der Vossischen Zeitung seinen Aufsatz  (Vereinigte Staaten von Europa). Schon zuvor beschäftigte sich Mann intensiv mit der Europathematik und das zu einer politisch sehr unruhigen Zeit: Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich die Lage Europas von Grund auf verändert. Neben der Revolution in Russland und der Gründung der Sowjetunion gab es eine neue Struktur der Beziehungen zwischen den wichtigsten Mächten in Europa. Deutschland hatte im Krieg verloren. Die Siegermächte Frankreich und England stiegen zu führenden Positionen in Westeuropa auf und begannen infolgedessen die Entwicklung Europas zu steuern. Der Völkerbund gab kurzfristig eine Hoffnung auf Besserung, jedoch stellte sich schnell heraus, dass diese Organisation unfähig war, weder für

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

europäische noch für globale Probleme eine Lösung zu finden.² Doch genau in dieser turbulenten Zeit fand eine Wiederbelebung von Europakonzepten statt, auch wenn sie nur von wenigen Intellektuellen entwickelt und diskutiert wurden. »Angesichts der erstarkenden Sowjetunion und der politischen Instabilität und Desintegration Europas, der wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten schien ein vereinter Kontinent der Ausweg aus der Lage zu sein.«³ Heinrich Mann war einer der Denker, der sich nach dem Ersten Weltkrieg an den Überlegungen zu einem neuorganisierten Europa beteiligten, um so einen möglichen Ausweg aus der verzwickten Situation Europas zu finden. Um Heinrich Manns Europaidee in seinem Essay ›‹ verstehen zu können, muss jedoch zunächst Richard Nicolaus Graf Coudenhove-Kalergis Idee eines Paneuropa umrissen werden. Auf dieses Europakonzept baut Mann nämlich in seinem Essay auf und distanziert sich gleichzeitig davon. Coudenhove-Kalergi veröffentlichte im Jahr  das Buch ›Pan-Europa‹, in dem er seine Ideen publizierte. In Paneuropa sah er den föderativen Zusammenschluss des europäischen Kontinents westlich von Russland. Er stellte sich ein geeintes Europa vor, das sich militärisch gegen die russische Drohung und wirtschaftlich gegen die amerikanische Konkurrenz schützen könne – ein Europa ohne Russland und England. Coudenhove-Kalergi schloss die beiden Länder bedingungsweise aus, da Großbritannien als Com

Vgl. Alexander Tschubarjan. Europakonzepte.

Von Napoleon bis zur Gegenwart. Berlin: edition q, , S. f. 

Alexander Tschubarjan. a.a.O., S. .

monwealth of Nations nicht in den Staatenbund aufgenommen werden könne; ebenso wenig wie Russland, solang es kommunistisch regiert würde. Paneuropa als wirtschaftliches, politisches und militärisches Gegengewicht zu Großmächten wie Amerika, Russland oder China war seine Vision. Zunächst war Heinrich Mann ein Anhänger dieser Idee, sogar Mitglied im Ehrenkomitee der Paneuropaunion. Von Zeit zu Zeit jedoch distanzierte er sich von diesem Europakonzept, was in seinem Essay deutlich wird.⁴ Der markanteste Punkt, in dem sich die Idee Manns von der Idee CoudenhoveKalergis unterscheidet ist, dass Mann ein vereintes Europa inklusive England und Russland anstrebte. Er sah ein vereintes Europa nicht nur als Vorteil aus politischer und wirtschaftlicher Sicht, wie dies bei Coudenhove-Kalergi der Fall war. Vielmehr sah er die Staaten, die sich in Europa vereinen sollten, verbunden durch eine gemeinsame Kultur. In seinem Essay schrieb Mann dazu: »Europa soll doch innerlich zusammengehalten werden von gemeinsamer Gefühlsund Gedankenwelt. Es soll als seelischer Wert, den schon die Griechen in sich trugen gegen Asien, in uns zurückkehren. Wo aber die Heimat Shakespeares fehlte, wäre offenbar kein Europa mehr.«⁵ Heinrich Manns Hauptgrund für die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa war also die geistige Einheit, die Europa verbindet. In seinem Essay schrieb er außerdem: »[…] unsere nationalen Literaturen, Wissenschaften und Künste haben die gleiche Herkunft, noch in ihrer Getrenntheit bleiben sie verwandt.«⁶ Die kulturellen Gemeinsamkeiten Europas waren für Mann eine Tatsache, die von dem nationalistisch geprägten . Jahrhundert verdrängt worden war und nun wieder in das  Vgl. Frank Niess. Die europäische Idee. Aus dem Geist des Widerstands. Frankfurt am Main: Suhrkamp, , S. .  Mann, Heinrich.  (Vereinigte Staate von Europa). In: Lützeler, Paul Michael (Hrsg.): Hoffnung Europa. Deutsche Essays von Novalis bis Enzensberger. Frankfurt am Main: Fischer, , S. f. 

Ebd., S. .

Mai  kuAktuell

Europa



Staatlichen Organisationen in Europa. Bern: Peter

der Biograph Manns Essay als eine Fortsetzung der Gedanken und Ideen Hugos ein. Victor Hugo formulierte seine Ideen zu Europa am konkretesten bei der Eröffnungsrede als Vorsitzender des Friedenskongress  in Paris: »Der Tag wird kommen, wo du, Frankreich, du, Russland, du, Italien, du, England, du, Deutschland – ihr alle, alle Nationen des Kontinents, ohne eure unterscheidenden Merkmale und eure großartige Eigenartigkeit zu verlieren, euch alle unverbrüchlich zu einer größeren Gemeinschaft zusammenschließt und eine europäische Bruderschaft bildet. […] Der Tag wird kommen, wo wir mit eigenen Augen zwei gigantische Staatenbünde sehen – die Vereinigten Staaten von Amerika und die Vereinigten Staaten von Europa, die, einander gegenüberstehend und ihre Freundschaft mit einem Händedruck über den Ozean bekräftigend, ihre Werke, die Erzeugnisse der Industrie, die Schöpfungen der Kunst, die genialen Begabungen austauschen werden.«⁹ Hugo verdeutlichte hier, dass seine Idee der Vereinigten Staaten von Europa ein Gegenüber zu den Vereinigten Staaten von Amerika sein sollte. Der Bezug zu Amerika wird in diesem Zitat deutlich, in dem er Amerika als einen gigantischen Staatenbund bezeichnet, den Europa erst noch aufbauen muss. Noch ein weiterer Denker der Idee »Vereinigte Staaten von Europa« soll vorgestellt werden, da dieser in direktem Bezug zu Heinrich Manns Essay steht. Ja, er wird sogar in Manns Essay zitiert. Es ist der damalige Ministerpräsident Frankreichs: Édouard Herriot, ebenfalls ein Anhänger von Coudenhove-Kalergis Paneuropaidee. Im selben Jahr (), in dem Mann sein Essay  publizierte, veröffentlichte Herriot einen Appell zur Schaffung eines vereinigten Europas. In diesem Schriftstück schrieb er: »Mein größter Wunsch besteht darin, die Idee der Vereinigten Staaten von Europa verwirklicht zu sehen.«¹⁰ Wenig später veröffentlichte Herriot im Jahr  das Werk ›Vereinigte Staaten von Europa‹, in dem er ein ganz konkre-

Lang, , S. .  Manfred Flügge. Heinrich Mann. Hamburg:



Rowohlt, , S. .

 Ebd., S. .

Bewusstsein der Europäer rücken müssten. Noch in einem weiteren Punkt unterscheidet sich die Idee Manns von Coudenhove-Kalergis Idee. Während es Coudenhove-Kalergi nicht darum ging, möglichst rasch einen einheitlichen europäischen Staat zu etablieren, sondern eher um einen föderativ gegliederten europäischen Staatenbund, war Manns oberstes Ziel die Vereinigung der europäischen Staaten, die Coudenhove-Kalergi erst irgendwann in ferner Zukunft anstrebte. Allein die Tatsache, dass Heinrich Mann sein Essay mit ›Vereinigte Staaten von Europa‹ betitelte, zeigt die Relevanz, die er diesem Ziel beimaß. Die  waren bei ihm kein utopisches Fernziel, sondern das Ziel seiner Idee. Dass Heinrich Mann sein Europakonzept mit der Losung »Vereinigte Staaten von Europa« versah, ist kein Zufall. Er ist auch nicht der Erste, der diese Worte wählte und sollte auch nicht der Letzte sein. Vor ihm sprachen beispielsweise der französische Schriftsteller Victor Hugo oder der französische Politiker Édouard Herriot von den Vereinigten Staaten von Europa. Auch nach Heinrich Mann griff Winston Churchill im Jahr  als Premierminister Großbritanniens in einer Rede an der Universität in Zürich genau diese Worte auf. »Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa schaffen.«⁷ Exemplarisch soll nun auf die Europaideen Victor Hugos und Édouard Herriots eingegangen werden, da sie unmittelbar in Zusammenhang stehen mit Heinrich Manns Essay . Heinrich Mann war ein Frankreichfan und kannte die Ideen Victor Hugos. So verwundert es nicht, dass sein Biograph Manfred Flügge über Heinrich Mann schreibt, er »wollte den Traum von Victor Hugo verwirklicht sehen, die Vereinigten Staaten von Europa ().«⁸ Somit stuft 

Urs Schaffner. Vereinigte Staaten von Europa?

Der Einfluss von externen Faktoren auf die Integrationsentwicklung von neun Internationalen

kuAktuell Mai 

Alexander Tschubarjan. a.a.O., S. .

tes Konzept für die Organisation Europas präsentierte. Édouard Herriot projizierte also nicht Wünsche oder Träume auf das weit entfernte Amerika, denen es an realisierbarem Fundament fehlte, wie es eher bei Victor Hugo der Fall war. Hierbei ist aber auch ganz klar festzustellen, dass zwischen den Ideen von Hugo und Herriot mehr als  Jahre liegen, wodurch die Weiterentwicklung der Europakonzepte im Laufe der Zeit deutlich wird. Herriot lieferte im Gegensatz zu Hugo bereits einen konkreten Plan für seine Idee. Wichtig für Herriot waren Gesetze, um die Entwicklung der europäischen Wirtschaft zu stimulieren und den europäischen Markt zu schützen. Wie auch für CoudenhoveKalergi war für Herriot nicht das geistige Kulturgut Europas der Grund eines notwendigen Zusammenschlusses, sondern vielmehr die wirtschaftliche und politische Stellung, die dadurch erreicht werden würde.¹¹ Dass bei den vorgestellten Denkern die Worte »Vereinigte Staaten von Europa« verwendet wurden zeigt, dass im . und . Jahrhundert nach Amerika geblickt wurde und Amerika als Vorbild diente, als ein Ideal, in dem Stabilität herrschte. Dies war natürlich eine Romantisierung der Situation. Dennoch sah man den nordamerikanischen Staatenbund funktionieren und wollte ein solches System auch für Europa etablieren. Heinrich Manns Essay kann nicht gesondert als ein einziges Europakonzept gesehen werden. Vielmehr entstand es zu einer Zeit, als Europakonzepte aufkeimten und ist eine Komposition aus verschiedenen Ideen und Visionen. Manns Konzept drückt vor allem die Sehnsucht nach einem Zusammenschluss, nach Einheit aus, die sich auch bei Hugo und Herriot wieder findet. Die vorgestellten Europakonzepte entstanden in einer Zeit, in der jede Generation Zeitzeuge eines Krieges gewesen ist. Genau deshalb waren diese Europaideen vor allem eines: Konzepte des Friedens. Stefanie Starke Literaturliste bei Redaktion oder Autorin erhältlich.  Vgl. Édouard Herriot. Vereinigte Staaten von Europa. Leipzig: Paul List Verlag, .



Kultur

stanbul ist eine Stadt der Superlative, was Bevölkerungszahlen oder die Dichte von Clubs, Moscheen und Sehenswürdigkeiten angeht, keine Frage. Als Kulturhauptstadt  wird die Metropole jetzt auch noch zur »most inspiring city of the world« erklärt, ohne dass die Veranstalter es überhaupt für nötig halten, diese Aussage mit einem Fragezeichen zu versehen. Um das ausufernde Rahmenprogramm, das für das Jahr  geplant ist, überhaupt in einen Rahmen zu zwängen, hat man sich auf das Allgemeinste überhaupt geeinigt: die vier Elemente. Erde wird assoziiert mit traditionellen Kunst, typischen Bräuchen und Sitten, während Veranstaltungen, die sich mit

I

Istanbul

»The most inspiring city of the world«?



Mai  kuAktuell

Kultur

dem kulturellen Einfluss der Religionen beschäftigen, der Luft zugeordnet wurden, da hier Minarette, Kirchen und Synagogen gleichermaßen in den Himmel ragen. Vom . Juni bis zum . September werden das Bosporusufer und das Goldene Horn zum Schauplatz für Wasserspiele im weitesten Sinne, während der anschließende Zeitraum unter dem Zeichen des Feuers steht. Feuer, das Sand in Glas verwandelt und auch in der zeitgenössischen Kunst Muster auf Keramikgefäße bannt. Der Spielraum ist groß, was spontane Assoziationen und nicht unbedingt allzu offensichtliche Verbindungen angeht. Im Folgenden eine persönliche Auswahl.

kuAktuell Mai 

D  T  Istanbuler Asphaltdschungel reichen zwar nicht zum Kachelbrennen, aber auch im Oktober noch, um alle Menschen in den dicht gedrängten Waggons der Tram oder Metro noch mehr zum Schwitzen zu bringen. Wohlhabende fahren deshalb Taxi, was auch längst nicht so viel kostet wie in Deutschland. Töchter aus gutem Hause, bei mir an der Uni anzutreffen, behaupten stolz, mit ihren  Jahren noch nie öffentliche Verkehrsmittel benutzt zu haben. Aber auch sie trinken aus den unvermeidlichen kleinen bauchigen Teegläsern und bunt verzierten Mokkatässchen, essen Fischbrötchen direkt am Bosporus und wundern sich wie alle anderen, warum den

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Kultur

Fischbrätern auf dem schwankenden Booten bei starkem Wind nicht schlecht wird. D    die unermüdliche Arbeit der hauptberuflichen(?) Fischer angewiesen, die im unerwartet farbigen Licht des Sonnenunterganges wie festgeschraubt aussehen. Tatsächlich lassen sie sich von keinen Witterungsbedingungen davon abhalten, auf dieser Brücke zu stehen und auf ihre Angeln aufzupassen. Die müssen auch nicht gehalten werden, sondern sind ebenfalls angeschraubt. Die Angelschnüre dienen scheinbar gleichzeitig als Vorhänge für die Besucher der Fischrestaurants unterhalb der Brücke. Direkt am Ufer legt alle  Minuten eine Fähre nach Kadiköy, zur asiatischen Seite ab. Die Fahrt dauert ungefähr  Minuten und wird vor allem in den frühen Morgenstunden zum Frühstücken genutzt, das für viele Istanbuler aus Sesamkringeln und Tee besteht. Beides wird vor und auf der Fähre verkauft, Gebäckreste werden an die Möwen verfüttert, die der Fähre folgen und sich gekonnt in die Fluten stürzen, wenn die Bruchstücke an ihnen vorbeisegeln. Weiter bosporusaufwärts, ebenfalls noch mit der Fähre erreichbar, liegt eine der wichtigsten Pilgerstätten des Islams. Der Springbrunnen vor der Eyüp Camii, in der Mohammeds Würdenträger begraben liegt, zieht bei hohen Temperaturen planschende Kinder und Glückwünschende an. D  P  wohl kaum durch eines der »Problemviertel«, wie Tarlabaşi auch gerne bezeichnet wird. Enge Gassen, kleine Läden und kleine Kinder, die zusammen mit Katzenbabys und leeren Plastikflaschen über die Straße rollen, gehören zum täglichen Erscheinungsbild. Was sie wohl denken, über rothaarige, blauäugige Menschen, die tagsüber mit Büchern unter dem Arm durch ihre Wohngegend zur Uni hetzen, der Security ihren eigens ausgestellten Ausweis unter die Nase halten und in dem wohltemperierten Gebäude verschwinden? Vielleicht genießen sie auch einfach nur die Schwerelosigkeit, wenn Papa/Bruder/Opa/Onkel Zeit haben, das eindeutig selbstkonstruierte Spielzeug in Bewegung zu setzen. Spielplätze gibt es keine. Grünflächen auch nicht. Kontakt mit Pflanzen und Früchten beschränkt sich auf den sonntäglichen Markt und die Auslagen der kleinen »bakals«, die je nach Lust und Laune des Besitzers alles Mögliche zu frei entschiedenen Uhrzeiten verkaufen. Oft ist die ganze Familie eingespannt und der Kunde wird auch um  Uhr morgens von einem Kind bedient, das eigentlich 

Mai  kuAktuell

Kultur

in der Schule sein sollte. Werden die Kinder, die so fröhlich ohne Schulbildung durch die Luft fliegen, ihr Viertel jemals verlassen?  Prozent aller Istanbuler Jugendlichen haben laut meiner Dozentin im Kurs »Civil Society« noch nie den Bosporus gesehen, geschweige denn eine der »großen Sehenswürdigkeiten« dieser Stadt, wie die Blaue Moschee, die sich direkt gegenüber der Hagia Sophia befindet. Sie hat mehr Minarette als jede andere Moschee Istanbuls und den größten Hof aller osmanischen Moscheen. Der imposante Gebetssaal im Inneren ist mit angeblich mehr als  Fenstern und unzähligen blauen Fliesen ausgestattet, denen das Gebäude seinen inoffiziellen Namen verdankt. Zur Hauptsaison werden die Besucherströme an den Palmen vorbei zum Nordeingang geleitet, wo sie ihre Schuhe in Plastiktüten verpacken und im Zweifelsfall mit Umhängen versehen werden. Auf Kopftüchern wird interessanterweise nicht bestanden, vielleicht weil die Besucher den Betenden hinter der hüfthohen Barriere sowieso nicht zu nahe kommen können. I B   es ein keine Kleidervorschriften, selbst wenn wäre es nicht so schlimm, weil es schwer werden wird, dieses unendlich verwinkelte und mit wunderschönen Deckenmalereien verzierte Labyrinth von einem Gebäude ohne einen neuen Schal wieder zu verlassen. Hier drin ist alles vertreten: jedes Gewürz, jede Art von Edelmetall und noch dazu jeder deutsche Dialekt bzw. jede europäische/vorderasiatische Sprache – so hört es sich zumindest an. In der Nähe des Galataturmes, einst Teil der Stadtmauer und immer noch beliebtes Ausflugsziel, lebten in byzantinischer und osmanischer Zeit Kaufleute aus Genua und Venedig, zu denen sich im . Jahrhundert europäische Migranten gesellten, die grandiose Kirchen, Schule und Banken bauten. Galata gehört zum Stadtteil Beyoğlu, in dem sich auch Orhan Pamuks Hauptfigur in ›Das schwarze Buch‹ herumtreibt. Seit seiner Rundumerneuerung ist Beyoğlu absolut hip und beliebte Wohngegend für Studenten und Künstler, die die ehemaligen Hafenspeicher wie für die Istanbuler Biennale als Ausstellungsgelände nutzen. Vom Galataturm aus führt die Istiklal Caddesi an unzähligen Cafés, Boutiquen und Straßenverkäufern vorbei bis zum TaksimPlatz. In den Gassen, die auf beiden Seiten von dieser Hauptschlagader abzweigen kann man sich zwar schnell verirren, aber so entdeckt man auch am Besten immer wieder etwas Neues. Karen Schewina kuAktuell Mai 

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Kultur

Nicht nur Luise ist blass. ›Kabale und Liebe‹ am Stadttheater Ingolstadt.

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s gibt einige Klassiker der deutschen Literatur, um die man als deutscher Durchschnittsschüler kaum herumkommt. Da wäre zunächst Goethes ›Faust: Der Tragödie erster Teil‹, der allesüberstrahlende Inbegriff des Klassikers, obwohl das Drama so »klassisch« gar nicht ist. Weil es so klassisch gar nicht ist, entkommt der

Denn Sturm und Drang heißt meistens Schiller, da man zu Goethe ja später mit ›Faust‹ und Balladen noch kommt. Und stürmend-drängender Schiller heißt stets: ›Räuber‹ oder ›Kabale und Liebe‹. Da die Kapitalismuskritik, obwohl sehr in Mode und unschwer in die ›Räuber‹ hineinzuinterpretieren, diese Spielzeit in Ingolstadt schon durch die ›Johanna

Demelius), sind die Individuen vor allem eines: einsam. Einige können mit dieser Einsamkeit umgehen, wie von Walter: Jan Gebauer spielt den Präsidenten als einen souveränen, leicht prolligen Machtmenschen, der sich nur zu bewusst ist, dass er alleine durch Energie und körperliche Präsenz seinen Mitmenschen überlegen ist, die fröstelnd und zitternd neben ihm

Durchschnittsschüler meistens auch nicht der Lektüre eines typischen Werks der Weimarer Klassik, Schillers ›Maria Stuart‹ zum Beispiel – wenn er denn Glück hat und sich nicht an der Seite von Goethes »verteufelt humaner« ›Iphigenie‹ über die Insel Tauris quälen muss. Doch das sind eigentlich ja schon die hohen Weihen, ganz profan startet man doch meistens mit der Aufklärung, was da heißt Lessing, was da stets heißt ›Nathan der Weise‹. Natürlich hat Lessing auch noch anderes geschrieben, Emilia Galotti zum Beispiel. Doch da der Kernkonflikt des Stückes (Todessehnsucht aus Angst vor dem außerehelichen Ehevollzug) der heutigen Jugend so schwer zu vermitteln ist, landet der Schüler der Oberstufe zunächst bei der Ringparabel und Saladin, wo der Ehevollzug – ob außerehelich oder innerehelich – anscheinend gar keine Rolle spielt, da der Tempelherr mit der Ersetzung der geliebten potentiellen Ehegattin Recha durch die nicht weniger geliebte Schwester Recha durchaus einverstanden ist: Liebe ist schließlich Liebe! Da nun aber nicht alle Gemüter und Triebe so gleichmütig wie die des Tempelherren sein können, begegnet dem deutschen Schüler bald nach der Aufklärung die Epoche des ›Sturm und Drang‹ – und damit kommen wir auf verschlungenen Umwegen zum Ziel dieser Exposition.

der Schlachthöfe‹ des Gottvaters der dramatischen Kapitalismuskritik abgedeckt wurde, wendet sich Peter Rein persönlich nun ›Kabale und Liebe‹ zu. Eine Klassikerinszenierung, in die wegen ausgesuchter Lehrplankompatibilität wohl nicht wenige deutsche Durchschnittsschüler geschleust werden. Diese will man auch erreichen, die Jugend scheint recht eindeutig die anvisierte Zielgruppe Peter Reins zu sein. Doch manchmal geht so ein Schuss trotz sorgfältigen Visierens auch nach hinten los.

in diesem Schneetreiben stehen. Der, der meistens neben von Walter steht, ist Wurm, sein leicht schmieriger Gehilfe. Was ihm von der körperlichen Energie fehlt, die der Präsident so sehr versprüht, wenn er halbnackt schnaubend ein Schneebad nimmt, ersetzt er durch Kalkül und Raffinesse. Olaf Danners Wurm ist aalglatt-überlegen, wenn er das Treiben der anderen im Schnee beobachtet, kalkuliert und aus der Ferne beeinflusst. Wenn er aber selbst unmittelbar aktiv wird, ist er völlig seinen eigenen Begierden ausgeliefert, seinem Wunsch nach Luises Liebe, nach ihrem Verständnis und ihrer Nähe. Danner gelingt glaubhaft dieser Spagat zwischen dem zu Luises Füßen winselnden Wurm und dem kalt planenden Strategen. Der dritte im Bunde der Machtmenschen ist Hofmarschall von Kalb: Auch er hat sich im Schnee eingerichtet, wobei sehr deutlich ist, dass er, um nicht zu erfrieren, stets die wärmende Sonne des Fürsten oder des Präsidenten braucht. Sascha Römisch nutzt die komisch angelegte Rolle des Hofmarschalls als Steilvorlage, wobei er jedoch dann und wann mit seinen Blödeleien – je länger der Abend dauert, desto öfter – über das Ziel hinausschießt. Am stilvollsten hat sich ohne Zweifel Lady Milford mit dem Schnee arrangiert: In dampfender Wanne aus der Versen-



Rein schält das Drama zunächst aus den eingeschriebenen Wirkungsmechanismen heraus: Schillers Pathos wird durch behutsame Textänderungen, besonders aber den unpathetischen Sprachstil der Schauspieler, entschärft und der Gegensatz zwischen bürgerlicher Welt und Adel, die Triebfeder des dramatischen Konflikts bei Schiller, besteht so dezidiert auch nicht mehr. Was bleibt sind Individuen auf der Suche nach Befriedigung der eigenen Bedürfnisse – das können Machtgelüste sein, wie bei von Walter, aber vor allem die Sehnsucht nach Liebe, wie sie Wurm, Lady Milford und natürlich Ferdinand und Luise vereint. Wobei »vereint« das falsche Wort ist: In dieser seltsamen Welt aus Schnee und Bretterstapeln, in der verstreut ein paar Musikinstrumente und Mikrofone stehen (Ausstattung: Bodo

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Kultur

kung auftauchend, wird sie im ausladenden Abendkleid zum verführerisch-warmen Anziehungspunkt in dieser Eiswelt. Chris Nonnast lotet die verschiedenen Facetten ihrer Figur vollkommen aus, ob sie herablassend Befehle erteilt oder verzweifelt ihre Sehnsucht nach dem Einen herausschreit, der Ferdinand nicht sein will: Immer wirkt sie wie das majestätisch lodernde einzige Feuer im Eis. Auf der anderen Seite stehen Vater und Mutter Miller, deren Fixpunkt im Leben ihr einziges Kind, Luise, ist. Bettina Franke überzieht die wenigen Auftritte, die ihr als

Diesen Ferdinand spielt Aurel Bereuter als besitzergreifenden Liebhaber, herrisch-feurig gegenüber Luise, vor dem Vater aber stets kuschend. Die Rolle des Sohns des Präsidenten liegt diesem unsicheren Jüngling so gar nicht, lieber zupft er auf der Gitarre bei Vater Miller einige gefühlvolle Balladen. Bereuters Schlüssel zur Rolle Ferdinands, die Unsicherheit des stets vom Vater gegängelten Sohnes, die sich nun außerhalb der Sphären des Präsidenten energisch in Besitzansprüchen auf sein selbst erworbenes »Eigentum« Luise entlädt, erlaubt ihm eine glaubhafte Rol-

deshalb glaubt man auch nicht an die Kraft der Liebe zwischen Ferdinand und Luise – weder an ihre Kraft zum Guten noch zum Schlechten. Wenn am Schluss die beiden nebeneinander sterben, gemeinsam erwachen und Hand in Hand glücklich von der Bühne abgehen, dann wirkt dieses Happy-End nicht nur unglaublich kitschig, sondern auch völlig unmotiviert: Woher sollten diese Emotionen kommen, die die Überwindung der Welt der Eltern ermöglichen? Von Seiten des herrschsüchtigen Ferdinands oder der alles erduldenden, leiden-

Weitere Aufführungen t t t t

»Kupplerin« vergönnt sind, oftmals deutlich ins Komödienhafte, während Rolf Germeroth als Vater Miller scheinbar vergeblich um Zugang zu seiner Tochter ringt, der ihm von Stück wie Regiekonzept gleichermaßen erschwert wird. Diese Luise ist, wie sie da in ihrem roten Kaputzenpulli im Schnee sitzt, der Inbegriff des kleinen naiven Mädchens, das nicht weiß wie ihm geschieht, als der feurige Strahl der Liebe es trifft. Mag dieses Bild kitschig sein, die Rollenanlage ist es noch mehr: Olivia Stutz spielt ihre Luise von Anfang an überzeugend als verwirrtverwundetes passives Geschöpf, findet aus dieser Verwirrtheit aber bis zum Ende nicht heraus. Das Aufeinandertreffen von Luise und Lady Milford, eigentlich ein Schlagabtausch zwischen zwei gleichermaßen starken Frauen, die eine, weil sie Herrschen gewohnt ist, die andere, weil sie liebt, gerät so zu einer Schlitterpartie Luises vor der dominanten Widersacherin: Man nimmt diesem Mädchen tiefere Erkenntnisse und Einsichten einfach nicht ab. Als ständiges Projektionsobjekt der jeweiligen Bedürfnisse der anderen, das zu Beginn von den Familienmitgliedern und Ferdinand durchaus auch über die Bühne getragen wird, gelingt es Stutz’ Luise auch nicht, gegen Ende ihre eigene Position zwischen Vater, Gott und Ferdinand zu finden.

kuAktuell Mai 

Sonntag Freitag Freitag Mittwoch

lengestaltung: Ferdinand erscheint mit all seinem Toben, Kuschen und Werben wie aus einem Guss.

. .  . .  . .  . . 

t Donnerstag t Samstag t Sonntag

. .  . .  . . 

den Luise? Gemeinsam mit dem Coldplay-Song, den Ferdinand im Moment des Todes seiner Luise stottert (»Fix you«), wirkt das ganze Ende als notdürftig auf das erwartete junge Publikum zugeschnitten. Vielleicht hat Schillers ›Kabale und Liebe‹ auch dem heutigen Jugendlichen etwas zu sagen. Aber wenn dem so ist, muss dafür ein Ansatz gefunden und aus dem Stück herausgearbeitet werden, für das Prädikat »Jugendtheater« reicht nicht das großzügige Einstreuen von Popsongs und Happyend. Eindrückliche Bilder öffnen dramaturgische Bögen, die dann aber auch gefüllt sein wollen. Werden sie nur als ästhetischer Selbstzweck genutzt, läuft eine Inszenierung irgendwann ins Leere. Dann sieht man einen Abend lang Schiller. Aber warum man einen Abend Schiller sieht, wird auf diesem Wege nicht klar.

Innerhalb dieser Parameter entwirft Peter Rein seine Geschichte, schafft auch zusammen mit dem Bühnenbild von Bodo Demelius viele starke Bilder. Doch irgendwann kommt beim Zuschauer unweigerlich die Frage auf: Wozu das alles? Die Vereinsamung des Individuums und sein zwanghafter Versuch, durch Liebe diese Einsamkeit zu überwinden, ist ein schöner Ansatz, das Bild der kalten Schneelandschaft im blassen Licht seine passende Visualisierung. Nur reicht dieser Ansatz nicht, um das Drama dynamisch zu gestalten: In dieser Welt aus Eis gefrieren auch die Emotionen und Figuren, wo bei Schiller zwei Welten aufeinanderprallen, stehen sich diese bei Rein gefroren und nicht einmal besonders verschieden gegenüber. Es ist natürlich legitim auf die Opposition von Adel und Felix Lempp Bürgertum genauso wie auf die Kraft des Bilder: John André Pöhlmann Schiller’schen Pathos’ zu verzichten, nur muss man diese Mittel adäquat ersetzen, sonst zerfällt die gesamte Inszenierung trotz einiger schöner Bilder. Da hilft es dann auch nichts mehr, dass die Emotionen durch lautes Geschrei transportiert werden sollen: In dieser kalten Eiswelt glaubt man keiner Emotion, weder der Liebe, noch der Wut. Und genau

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Kultur

Rotkäppchen im Zeichenwald Eine urbane Legende  , der Theatersommer ist eröffnet! Mit ›Rotkäppchen‹ startete die Saison am . April. Da dieses Semester gleich vier Inszenierungen von verschiedenen Theatergruppen an der  präsentiert werden, wollen wir eine ausführliche Besprechung an dieser Stelle nicht missen lassen. Neben der Schauspielgruppe von Uli Ackermann (›Rotkäppchen‹) werden demnächst die Kleine KUnstbühne mit ›heute. horrorshow‹, der AK Theater mit ›Der gute Mensch von Sezuan‹ und der AK Freilufttheater mit einer eigenen Inszenierung hervortreten. s war einmal im Dickicht der Städte: »Bitte zurücktreten!« Bordsteinkanten, Leuchtreklamen, , Kinderwagen, Mietskasernen, Schauspielhäuser, Straßenclowns, Gebell von rechts, links hupt einer, Stöckelschuhe, Pflastersteine, um die Ecke, Odol gibt’s immer noch, »Extrablatt!«, Haltestelle Sendlinger Tor. Bilderströme, Wortströme. Und mittendrin ein kleines Mädchen mit roter Mütze. So erzählt man doch kein Märchen? Denkste! So, genau so erzählt man heute ein Märchen. Streich nur das »Es war einmal«, nimm statt der Großstadt einen Wald und du hast den Anfang der temporeichen Grimmcollage, die Uli Ackermann mit ihren Studenten letzte Woche inszenierte. Genau so. Der Performance-Act brachte ordentlich Leben in die Betonbude. Das traurige Grau des Foyers unter der Aula verwandelte sich in einen Funkenregen aus Sprachbildern und Bildmontagen. »Rotkäppchen.« Im Anfang war das Wort. Und das Wort wurde dicker und dicker und blähte sich auf und als es bis in die letzte Ritze des Raumes gedrungen war, platzte es aus sich heraus und regnete in allen Sprachen auf das Publikum herab. Cappuccetto Rosso, Czerwony Kapturek, Caperucita Roja, Little red riding Hood, Roodkapje. Der babylonische Urknall, mit dem die Vorstellung begann, gebar eine Fülle von Lautmalereien, Sprachfiguren, Textgewächsen, lebendig-verworren wie der Lauf der Welt. Ein Thema mit vielfältigen Variationen. Die rasche, abwechslungsreiche Szenenfolge erschuf eine spielerische Einheit

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märchenhafter Gegensätze. Getragen Der Dschungel war schon immer eine von dem Continuo der grimmschen Fabel, Metapher für die moderne Großstadt. modulierten die Schauspieler das Thema in allen Tonarten. Rotkäppchen erschießt Christian Hübner den Wolf. Die Brüder Grimm denken sich eine Geschichte aus. Der Wolf geht zum Psychiater. Die Pilze murmeln im Wald. Boarische Schnaderhupferl. Hilde vermisst ihren Wolfgang. Erich Fromm und die Psychoanalyse. Die wild wechselnden Eindrücke des Schauspiels waren in sich so heterogen wie die Safari durch einen Großstadtdschungel. Der Zeichenwald aus Jägerrequisiten, Videoscreens und raunenden iebe Freundinnen und Freunde Off-Stimmen rauschte in den Ohren der der ltur, Zuschauer den Gesang der Metropole. Das der Winter ist endlich vorbei, es ist das Märchen der Moderne, die urbane lebe der Sommer! Das muss feste Legende von Rotkäppchen und dem bösen gefeiert werden und deswegen haben Wolf. »Es war einmal« war gestern. Das wir in diesem Semester wieder ein Wunderbare braucht die Gegenwart, um buntes Veranstaltungsprogramm für wieder verstanden zu werden. Euch zusammengestellt. Die guten Aller volkstümlichen Romantik entalten Events sind drin, aber auch viel kleidet, im nackten Grau des Betonfoyers, Neues. Lasst Euch überraschen! vermochten es die Schauspieler, dem Stoff t Zum Auftakt gibt’s ein Live-Koneine ungewohnt neue Qualität zu verleizert mit Kazimir und The Age of hen. Im Zeichen der Transposition in die Sound in unserm Studihaus. Hereigene Zeit spielten Christoph Bindereinspaziert, hereinspaziert am Catana, Thomas Kinzel, Kathi Pallmann, . Mai um  Uhr, Beginn  Uhr. Adrian Smoll, Elisa Tschorschke und Der Eintritt ist frei, die Musik Miriam Vetter ihr Märchen vom Rotkäppfetzt – es lohnt sich! chen und erzählten von den Gefahren, t Taucht mit uns ein in die Welt der aber auch von den Wundern einer scheinKunst! Gemeinsam mit der Fachbar entzauberten Welt. schaft Kunstgeschichte möchten Einer undurchschaubaren Welt. Mit wir Euch zu drei Exkursionen einSonnenbrillen, Chapeau, Revolver und laden. Am . Juni nach Würzburg, Filmmontagen – nur der Wald als Requisite am . Juni auf Burg Prunn und passt nicht so ganz ins Konzept? Denkste!

Noch mehr Kltur

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Mai  kuAktuell

Kultur

Mehr Raum für Musik! Demo gegen desolate Dunkelkammern

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Wenn’s in der Aula brennt, sind wir unten tot« – so drastisch sieht die Lage für unsere Kommilitoninnen und Kommilitonen in der Musikabteilung aus. »Wir sind nicht bereit, in Räumen zu üben, die beim Unibauamt nicht mehr als brandgeschützt gelten«, beschreibt Katrin Poese von der Fachschaft Musik die Lage. »Das heißt, wenn in der Aula ein Feuer ausbricht, haben wir da unten keine Chance, es gibt keine Fluchtwege.« Vier Räume müssen sich die  Studierenden zum Üben teilen. Die kleinen Zimmer befinden sich im Keller unter der Aula, es ist dunkel, die Luft ist feucht, die Instrumente verstimmen ständig und obendrein ist es »brandgefährlich«, sich dort aufzuhalten. Gegen diese desolaten Zustände demonstrierten gut  Studierende der Musikwissenschaft und Musikpädagogik am Donnerstag am . April. Dabei gab es im Vorfeld bereits erste Schritte, die das Raumproblem lösen sollten. »Wir haben im Zuge der Öffnung des Kapuzinerklosters, irgendeine räumliche Möglichkeit zu finden, gestern in einer Fakultätsratssitzung erfahren, dass die Universitätsleitung beabsichtigt, Räume außerhalb der Universität für uns anzumieten«, äußerte Professor Peter Brünger. »Aber wir haben auch gestern keinen Termin dafür bekommen und sehen im Grunde nicht klar, wie es denn jetzt im Sommersemester aussehen soll.« Die Studierenden ergriffen daraufhin die Initiative

und machten durch die Demonstration auf ihre Raumnot aufmerksam. Szenen aus den Bildungsstreiktagen im Herbst wurden wachgerufen, als sich der musikalische Zug in Bewegung setzte. Mit Pauken und Trompeten oder besser: mit Snare Drums und Posaunen ging es über den Campus, einmal quer durch den A-Bau und rüber zur Sommerresidenz. Wütende Walkürenritte bliesen Sturm gegen die barocken Wände und der Lärm schlug bis ins Büro des Präsidenten. Der saß gerade in einem Berufungsgespräch, nahm sich aber trotzdem Zeit, um mit den Studierenden zu diskutieren. Er kenne und teile ihre Probleme, erklärte Professor Andreas Lob-Hüdepohl den versammelten Musikern. Die ließen sich die Gelegenheit nicht nehmen und verschafften sich mit einer Protestnote von ihrer Raumnot Gehör. »Diese Räume sind menschenunwürdig, es sind keine guten Bedingungen zum Üben, wir sind nicht bereit,

am . Juli nach München. Mehr dazu bald auf unserem Veranstaltungskalender! t Deutschland hat das Viertelfinale verpasst? – Wir feiern trotzdem! Freut Euch mit uns auf das . Kultur Open Air am . Juni. Unser alljährliches Highlight findet heuer in der -Spielpause statt. Tanzt, lacht, lallt, lauscht, lehnt Euch zurück oder seid selbst als Akteure auf der Bühne mit dabei! Wir freuen uns über jede kreative Darbietung von Eurer Seite – denn dafür ist das Open Air da: dass sich die Kultur an unserer Uni frei entfalten kann. Jeder ist ein Künstler! Zeigt es uns!

t Zum Abschluss des Semesters wird es nochmal romantisch. Wer Ablenkung vom Klausurstress sucht, sei herzlich eingeladen zur Lesenacht im Fackelschein. Wann? Am . Juli ab  Uhr. Wo? Am Lagerfeuerplatz unterhalb der Kapelle auf dem Frauenberg. Dies als kleiner Vorgeschmack für Euch auf unser Programm und vergesst nicht: Kultivieren geht über Studieren. Kultiviert Kultur an der  Wir freuen uns drauf! Euer Kulturreferat * [email protected]

auf dieser Grundlage weiter uns auf unsere praktischen Leistungen vorzubereiten«, äußerte sich Katrin Poese. Das allgemeine Credo der Protestaktion: »Wir brauchen neue Räume.« Lob-Hüdepohl zeigte Verständnis für die Situation, bedauerte aber, dass er keinen neuen Musikbau vom Himmel herunterzaubern könne. Eine Übergangslösung hatte er dennoch parat. Er wolle, so äußerte er sich den Studierenden »wenigstens jetzt für das kommende Sommersemester Ihnen acht oder zehn Übungsräume zur Verfügung stellen, ich biete Ihnen an, dass sie diese ab Montag in Gebrauch nehmen können.« So ist es auch geschehen. Seit . April stehen den Studierenden acht Musikübungsräume im Kapuzinerkloster zur Verfügung. Auch das alte Refektorium im . Obergeschoss kann als Multifunktionsraum für Ensembleproben genutzt werden. Doch vorerst nur bis August. Dann zieht die Univerwaltung in das Gebäude, da die Sommerresidenz für ein Jahr komplett saniert werden muss. Lob-Hüdepohl versprach jedoch, bis dahin eine Lösung zu finden und »ein in Campusnähe stehendes Gebäude« für neue Übungsräume langfristig anzumieten. Bereits wenige Tage nach der Demo wurde der erste Flügel zunächst im Kapuzinerkloster aufgestellt. Christian Hübner

kuAktuell Mai 

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 Subkulturen … … die Subkultur bleiben sollten:

. . .

Emos.

. .

U-Bahn-Schläger.

Snooker-auf-Eurosport-Schauer. Die amerikanische »Proud-tobe-Fat«-Gruppe (Der Name ist Programm)

Pfadfinder.

ibt’s dafür Credit Points? Nach der Uni noch schnell was Essen. Nur was? In vielen Fällen schmeißt der gestresste Student von heute eine Packung Nudeln ins Wasser und dreht kurz darauf ein Glas Fertigsoße auf, die man ganz bequem über die garen Nudeln gibt. Oder es werden alte Weisheiten wie »… man kann alles mit Käse überbacken!« bedient. Zu guter Letzt gibt es dann noch die gute alte Tiefkühlpizza, die nach  Minuten bei  Grad genießbar ist.

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.

»Helga!«-Schreier auf dem Zeltplatz.

.

die Sentinelesen (Kriegerische Bewohner einer Insel im südostasiatischem Ozean).

.

Trägerinnen von kurzen Hosen über Leggins (vor allem bei Mitgliedern der Proud-to-be-FatGruppe).

Kochen?

.

Wii-Fit-Nutzer (lauft lieber zu Fuß zum Bioladen!)

.

Eine-Latte-Macchiato-decaffdark-cherry-dream-flavouredmit-Sojamilch-fatfree-laktosefrei-grande-Besteller.

Das muss doch anders gehen! Um das zu beweisen, schickt uns eure studentengerechte Rezepte. Die besten Studentengerichte werden wir dann standesgemäß in einer der kommenden Ausgaben abdrucken! Also Pfoten weg vom Laptop und ab an den Herd! Mehr Infos auf Seite . Christine Campen

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