February 18, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Links unten: Die Scheibenfahrer The Noisets fuhren auf Excelsior-Reifen, um 1903 Rechts: In der rotierenden Schüssel die Fahrerin Hildegard, um 1903 Rechts unten: Im Todesring ein verwegenes Trio aus den USA, um 1903 Alle Bildrechte bei der Stiftung Circusarchiv Jaap Best Weitere 10 000 Plakate, Fotos und Werbekarten aus allen Bereichen der Welt des Theaters, Varietés und Zirkus nur online über die Internetseiten des www.circusmuseum.nl
Knochenschüttler
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Links: Der todesverachtende Weltmeister Nic Diavolo im Zirkus Maxo, um 1932
Zeitschrift für Liebhaber historischer Fahrräder
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Plakate des niederländischen Circusmuseums - Collection Jaap Best
Mitgliederjournal Historische Fahrräder e.V. • ISSN 1430-2543 • Heft 42 • 1/2008
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Radartisten Teil 1 Dienstfahrrad
Tretlager-Werkzeug
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In dieser Ausgabe:
Walter Euhus und Michael Mertins unternehmen einen historischen Ausflug in die bunte Welt der Radartistik. Sensationsgier auf Seiten der Zuschauer, Starwahn und hohe Risikobereitschaft seitens der Akteure waren die Triebkräfte für neue und immer waghalsigere Kunststücke und Glanznummern im Zirkus und Varieté – lesen und staunen auf den Seiten 2 - 9
Blondin auf dem Hochseil, Plakat aus dem Bestand des National Museum of Performing Arts – People Play UK – Theatre History online
Der Historiker Michael Sturm gibt einen geschichtsorientierten Einblick in die Welt der Dienstfahrräder bei der Polizei Wer dachte, der Slogan „Die Polizei – Dein Freund und Helfer“ stammt aus den 1970er Jahren wird hier eines Besseren belehrt. Weitere überraschende Erkenntnisse finden sich auf den Seiten 9 - 11
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Funktrupp einer deutschen Polizeidivision während der 1940er Jahre in Frankreich Archiv Geschichtsort Villa ten Hompel, Münster
Glockenlager-Schlüssel aus einem ELDI-Katalog vom Anfang der 1950er Jahre Sammlung Uli Feick
Uli Feick ermöglicht einen Blick in seine Fahrradwerkstatt und gibt Tipps für den Umgang mit Glockenlagern
Jeder kennt den Stress im Umgang mit Glockenlagern. Ist das Spezialwerkzeug von ELDI nicht zur Hand, dann muss es auch ohne dieses gehen. Wie man sich mit etwas Geschick durch ein selbst gebasteltes Werkzeug helfen kann, wird auf den Seiten 12 bis 14 verraten.
Editorial / Inhalt
Liebe Leserinnen und Leser,
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Inhalt: Editorial
Fachartikel
- Walter Euhus / M. Mertins – Das Unglaubliche wird Ereignis 2
alles so schön bunt hier, möchte man sagen! Viele werden sich die Augen gerieben haben – unser KS hat deutlich an Farbe gewonnen, sein Umschlag kommt erstmals mit historischen Farbmotiven daher – ganz passend zur Welt des Zirkus und Varietés mit ihren Sensationsdarstellerinnen und Trickartisten. Durch das Sponsoring unserer drei Fördermitglieder HEBIE, BVA und DELIUS+KLASING wurde dieses Farbenspiel möglich, ein kleiner Traum wurde somit Wirklichkeit. Es sind aber noch weitere Sponsoren und neue Mitglieder nötig, damit diese neue Farbigkeit zur Dauereinrichtung werden kann. Mal sehen, wie sich die Sache im Laufe des Jahres entwickeln wird! Aber auch sonst gestaltet sich unser Vereinsleben recht abwechselungsreich und bunt. Wir freuen uns auf die Teilnahme an historischen Ausfahrten und Rennen – es muss ja nicht gleich die L'Eroica in Italien sein! Auch kleine Ausflüge mit Gleichgesinnten in der näheren Umgebung sind doch eine wunderbare Sache. Wir schauen voller Erwartung in Richtung Berlin-Spandau und hoffen darauf, einmal mit unseren geliebten Drahteseln durch das Brandenburger Tor fahren zu können. Der Blick auf den Terminkalender lässt unsere Radlerherzen in Vorfreude hüpfen, weil in vielen Regionen Deutschlands sich etwas tut in Sachen „Historisches Rad“.
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- Uli Feick – Fahrradwerkzeuge der Firma ELDI
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Post aus . . .
- England und Amerika
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Historisches Dokument - Documenta artistica
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Literatur
- Der vergessene Roman
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Leserforum
Foto: Stefan Koth
terschlaf heuer überhaupt nicht stattfand – so bunt und interessant war die Palette des dargebotenen Programms.
Wie schrieb ich doch zu Beginn: „Alles so schön bunt hier!“ Sorgt dafür, dass dies über’s Jahr so bleibt. In diesem Sinne grüßt Euch herzlich
PS. Meine Neuerwerbung für 2008 habe ich übrigens gleich im Januar getätigt – ein elegantes Rixe-Rennrad von 1961 mit viel Chrom und bunter Lackierung in den Farben Rubinrot, Veilchenviolett und Smaragdgrün!
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Selbst die Kleinanzeigen bieten diesmal eine besonders verlockende und bunte Mischung aus Sammlungsauflösungen und Schnäppchen. Hier findet jeder Dinge, die es leicht machen, der eigenen Sammlung neuen Glanz zu verleihen. Es ist schon so, als ob der Frühling uns alle aus dem Winterschlaf geholt hat. Wer in Erfurt beim Wintertreffen war, hat allerdings sicher festgestellt, dass dieser Win-
- Michael Sturm – Uniform und Speiche
- Nochmal: Waffenrecht - Uwe Timm - Die Freiheit zu schreiben - Blickfang Bambi - Räder für die Welt - Reifennot – Notbereifung - H.E. Lessing 70
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Museen / Ausstellungen
- Leipzig 2007 - Altig bei Stahlrad
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Treffen / Ausfahrten
- Allein unter Schleppern - Wintertreffen 2008
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Mein Rad
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Vereinsnachrichten
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- pro 500 - Sommerfest in BB - Velocipediade 2009 - Neuer Webmaster - Nächstes Wintertreffen - Ulis Fahrradladen 25 Jahre Die Feder
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Kleinanzeigen / Termine
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Mitgliedernachrichten / Impressum
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Titelbild: Plakat der Aurora-Troupe „Cycling on the roulette” aus der Collection Jaap Best, um 1908; Alle Bildrechte bei der Stiftung Circusarchiv Jaap Best
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Walter Euhus und Michael Mertins · Radartisten bis zu einem gewissen Grad einem modernen Veloziped ähneln.“ Es folgen weitere technische Details wie die unterschiedlichen Raddurchmesser, der Zahnradantrieb und das Gewicht. An anderer Stelle im Internet finden sich vom Fahrzeug sogar historische Photographien, die verdeutlichen, wie diese Maschine wirklich ausgesehen hat. (Abb. 1) Hier wird klar: Dieser Jenkins verwendete kein Tretkurbelveloziped! Die Räder liefen auf dem Hochseil, während sich der Rest der Maschine unterhalb des Seiles befand. Zur Fortbewegung drehte der Fahrer mit beiden Händen Kurbeln, die ein Ritzel antrieben, dessen Zähne wiederum in eine Zahnung im vorderen Felgenbett griffen. Wagehals Jenkins stand also kurbelnd auf der Unterkonstruktion mit der Balancierstange, während das kräftige Hochseil unterwegs seinen Schritt durchlief, der durch einen Lederlappen geschützt war.
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Das Unglaubliche wird Ereignis von Walter Euhus und Michael Mertins (Hannover-Langenhagen/Bielefeld, D)
Mit diesem Heft beginnt eine Serie von Artikeln, die sich mit dem artistischen und spielerischen Einsatz des Rades befasst. Im Mittelpunkt stehen die Sensationsdarsteller, Kunstradfahrer und Radartisten, aber auch die Radball- und Polospieler und Ghymkana-Aktivisten. Ob der Vielzahl der Beteiligten scheint es so, als hätten sie geradezu auf die Erfindung des Fahrrades gewartet, um sich darauf zu produzieren. Kaum war das Tretkurbelveloziped erfunden, vereinnahmten es Wagemutige und faszinierten die zahlreichen Zuschauer mit ihren Vorführungen. Die Aufführungen wurden Jahr für Jahr modifiziert, perfektioniert und den technischen Möglichkeiten angepasst. Erlahmendes Interesse der Zuschauer wurde durch neue, noch risikoreichere Tricks wieder geweckt. Die Devise lautete dabei immer: „Höher, schneller und weiter!“ Die Autoren betreten Neuland, denn in dieser Ausführlichkeit sind bisher in deutscher Sprache keine Texte mit diesem Thema verfasst worden. Erst diese Zusammenschau lässt begreifen, wie bedeutend und facettenreich das hier aufgeschlagene Kapitel ist. Es stellt die spektakulärsten Frauen und Männer der Gilde der Sensationsdarsteller vor, die bei jedem ihrer Radakte Kopf und Kragen riskierten. herrschung ihre Nummern vorführen – oft mit technischen Hilfsmitteln ausgeführt. Somit sind die sich des Fahrrades bedienenden Sensationsdarsteller den Artisten zuzurechnen, während die vielen Kunstradfahrer, die ihre Vorführungen hauptsächlich auf Körperbeherrschung und Gleichgewichtssinn aufbauen, eher den Akrobaten zuzurechnen sind.
Tollkühne Velozipedisten Schon früh bemächtigten sich die Seiltänzer des Fahrrades. Die Laufmaschine eignete sich zwar zu Wettrennen, nicht aber als Gerät für akrobatische Vorführungen. Anders offenbar das Tretkurbelveloziped. Kaum war es erfunden, schwangen sich zwei Wagemutige in den Sattel, die Niagara-Wasserfälle in schwindelnder Höhe auf einem Hochseil zu überwinden. In den Gazetten dieser Zeit wird ein Professor Jenkins erwähnt, der als erster dieses Paradestück am 25. August 1869 vollbrachte. In einem Pariser Magazin gibt es sogar eine Zeichnung, die ihn radelnder Weise, mit einer Balancierstange bewaffnet, über dem tosenden Wasser zeigt. Diese Abbildung findet sich im Buch „Radsport und Gesellschaft“ von Rüdiger Rabenstein. /1/ Macht man sich die Mühe im Internet zu recherchieren, stößt man auf interessante Fakten. Es gibt nämlich einen zeitgenössischen Bericht im „Buffalo Express“ vom 26. August 1869 über diesen Hochseilakt mit einer genauen Beschreibung des Fahrzeugs. Dort steht wörtlich: „The machine used by Professor Jenkins is not in any sense a velocipede. It is, however, a bicycle, and turned upside down would resemble in some degree a modern velocipede.” /2/ Das heißt übersetzt: „Die von Professor Jenkins benutzte Maschine ist in keinster Weise ein Veloziped. Es ist gleichwohl ein Zweirad und auf den Kopf gestellt würde es
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Bereits die alten Römer und Griechen ließen sich gerne unterhalten. Die römischen Gladiatorenspiele sind allgemein bekannt, leider auch als grausamste Form der Volksbelustigung. Schauen wir lieber zu den gemäßigten Griechen. Denn das Wort Akrobat stammt aus diesem Kulturkreis und bedeutet „Zehengänger“. Ursprünglich war damit der Seiltänzer gemeint. Heute versteht man unter Akrobatik verschiedene Turn-, Tanz- und Bewegungskunst in Zirkus und Varieté. Der Begriff „Artist“ ist allgemeiner zu sehen und ist abgeleitet vom Lateinischen „artes“, das für „Künste“ oder historisch besser für „Kunstfertigkeiten“ steht. Somit kann der Begriff Artist für die vielen Künstler stehen, die mit großem Geschick und perfekter Körperbe-
Abb. 1: Die Maschine des Professor Jenkins
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Damals war jedoch auf den Plakaten und Handzetteln eine Drahtseilfahrt mit dem Veloziped angekündigt. Die Zuschauer begannen angesichts der Fahrzeugkonstruktion das Murren und sprachen von Humbug. Als dann der tollkühne Akrobat in der Mitte des Seiles angekommen war, ließen sich die etwa 8000 Anwesenden aber doch zu Begeisterungsstürmen hinreißen. So jedenfalls schildert es der Reporter der damaligen Tageszeitung. /2/ Wie kam es nun zu der falschen Darstellung in der französischen Illustrierten? Der Illustrator des Magazins hatte wahrscheinlich nur eine oberflächliche Schilderung des Geschehens bekommen und zauberte eine Michauline auf das Drahtseil, wie sie seinerzeit in Paris üblich war. So galt Jenkins seit dieser Abbildung in Europa fälschlich als der erste Velozipedist, der die Niagarafälle auf dem Hochseil überwand.
Jenkins trug seinerzeit auch den Beinamen der „kanadische Blondin“. Und dieser Hinweis bringt uns zu dem wahren
Abb. 2: Blondins Tretkurbelveloziped
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Walter Euhus und Michael Mertins · Radartisten konditionsstarken Fahrern vorgeführt werden konnten. Das trifft vor allem auf die Kessel-, Kugel- und Todesringfahrer zu. Erschwert wird eine korrekte Darstellung durch die Unsitte vieler Artisten, häufiger den Künstlernamen zu wechseln, zu variieren oder ähnlich klingende Namen von Konkurrenten anzunehmen. Um eine gewisse Ordnung in das Thema zu bringen, ist die folgende Abhandlung nach den verwendeten Geräten gegliedert.
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Erstberadler der Niagarafälle, der schon am 30. Juni 1859 zu Fuß, nur mit der Balancierstange ausgestattet, die weltbekannten Wasserfälle auf dem Hochseil überwand: The Great Blondin! In den Folgejahren kam der Ausnahmeakrobat noch öfter nach Niagara, um immer wieder unter anderen Bedingungen das tosende Wasser auf einer Breite von etwa 150 Metern zu überwinden. Aktenkundig sind die Varianten mit verbundenen Augen, sowie eingehüllt in einen Leinensack, auf Stelzen, mit seinem Manager auf dem Rücken. Oder eben mit dem Tretkurbelveloziped! Blondin brachte es auch fertig, einen rollbaren Herd mit zu führen und sich in der Seilmitte ein Omelett zu braten, um es an Ort und Stelle zu verspeisen – in 50 Meter Höhe!
Abb. 3: Die französische Hochseilartistin Ella Zuila
Palace in London und in anderen Metropolen Europas.
Nach dieser Würdigung der Urahnen aller Radartisten wenden wir uns den nachfolgenden Sensationsdarstellern zu. Wie kann man einen Sensationsakt definieren? Eine gelungene Definition bringt die Autorin Haerdle in ihrem kürzlich erschienenen Buch „Keine Angst haben, das ist unser Beruf!“: „Die Sensationsartistik, die ihren Ursprung in Amerika hat, entsteht um 1900. Neueste technische Konstruktionen und exakte mathematische und physikalische Berechnungen (zu Trägheitsgesetz, Hebelgesetz, Gesetz der Zentrifugalkraft, Gesetz des freien Fluges) liegen diesen Nummern zugrunde, die das Publikum aufpeitschen und so erfolgreich werden, dass sie in keinem größeren Zirkus fehlen dürfen. … Hohe Geschwindigkeit ist ein wesentliches Element der sensationellen Todesartistik. Tempo, Raserei, Schnelligkeit und Rekord, die Reizworte der Jahrhundertwende bis weit in die Zwanzigerjahre hinein, werden von den Todesnummern aufgegriffen. Neben der Geschwindigkeit sind die komplizierten Apparaturen und der freie Fall – oder gar Flug – durch die Zirkusmanege weitere Komponenten der Sensationsartistik.“ /4, S.182/
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Um solche Vorführungen mental und physisch durchzustehen, ist sicher eine Extraportion Selbstvertrauen, Gleichgewichtssinn und Wagemut die Voraussetzung. Die erlangte Jean-Francois Gravelet, so Blondins eigentlicher Name, schon im frühen Kindesalter. 1824 in St. Omer (Frankreich) geboren, verlor der Junge bald seine Eltern. Mit 5 Jahren besuchte er bereits die Schule für Leibesübungen in Lyon und trat schon nach einem halben Jahr Training das erste Mal als Seiltänzer mit dem Namen „Das kleine Wunder“ auf. Durch so frühes und intensives Üben war Blondin prädestiniert für seine späteren Husarenstücke, die er in verschiedenen europäischen Ländern zum Besten gab. Besonders verehrt wurde der Hochseilkünstler in England. Seine Abschiedsvorstellung fand 1896 in Belfast statt, er verstarb ein Jahr später an Diabetes in Ealing bei London. /3/ Wann der Große Blondin seine Velozipedfahrt über das Hochseil machte, war leider nicht genau festzustellen, aber sein verwendetes Tretkurbelveloziped ist glücklicher Weise erhalten geblieben. Es stand bis vor kurzem im Louis Toussaud Wachsmuseum, das leider seit August 2007 geschlossen ist. Via Internet gelang es, ein Foto dieses musealen Zweirades herunterzuladen. Bis auf die fehlenden Pedale scheint es im Originalzustand zu sein. Besonders auffällig sind die tiefen Felgenbetten für die Aufnahme des Hochseiles. Mit einem Stift (Splint), der mit einer Kette gesichert war, konnte wohl die Lenkung für den Hochseilakt arretiert werden. (Abb. 2) Als früheste Akrobatin kann die Französin Ella Zuila gelten, die als „female Blondin“ (weiblicher Blondin) schon 1881 mit dem Veloziped auf dem Hochseil vorwärts und rückwärts radelte. (Abb. 3) In ca. 30 m Höhe begeisterte sie, auch als „aerial queen“ (Königin der Lüfte) bezeichnet, die Zuschauer im Crystal Der Knochenschüttler 1/2008
Allerdings gibt es eine solche Vielzahl von bekannten und weniger bekannten Künstlern, die sich auf dem Rad reißerisch produziert haben, dass es schier unmöglich ist, einen vollständigen Überblick zu gewinnen. In den wenigsten Fällen stammen die Akteure aus alten Zirkusfamilien. Häufig sind unter ihnen ehemalige Radrennfahrer anzutreffen, weil viele Attraktionen nur von kräftigen und
Die Spirale Dokumente über die Spiralfahrer auf dem Tretkurbelveloziped oder Hochrad sind sehr selten und somit die Informationen über dieses Genre etwas dürftig. Die Vorführenden waren aber nicht minder gefährdet, denn sie mussten, den Windungen folgend, in der Mitte der schmalen Bahn bleiben und der Aufstieg mit einer schweren Michauxline war eine anstrengende Angelegenheit. Die Abbildung zeigt einen unbekannten Artisten bei der Auffahrt mit seinem Fahrzeug. (Abb. 4) Der älteste namentlich bekannte Sensationsdarsteller auf der Spirale ist der Franzose „Leonati“, der mit seinem Hochrad 1883 als „Spiral Ascensionist“ bei der Forepaugh Show in den USA auftrat. Das abgebildete Plakat kündigt seine Auffahrt zur 15 m hoch gelegenen Plattform an und – man staune – auch seine
Abb. 4: Unbekannter Velozipedist auf der Spirale, um 1873
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Walter Euhus und Michael Mertins · Radartisten der unterwärts Radelnden – das waren Otto, Herbert, Alfons und Harry. Oben drehte der Fünfte im Bunde seine Runden (Abb. siehe Titelbild). Die Gruppe „Innovated“ schließlich führte die Nummer auf einer drehenden Lattenscheibe aus, die ansprechend mit bengalischen Fackeln aufgewertet wurde.
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Die Drehscheibe Als die Schöpfer dieser Zugnummer gelten die „Noisets“ aus Belgien, die damit ab 1903 die Zuschauer verblüfften. Die Artistengruppe, aus vier Geschwistern bestehend, fuhr auf einer motorgetriebenen Scheibe entgegen ihrer Drehrichtung, um der Zentrifugalkraft ein
Abb. 5: Plakat für den Spiral-Ascensionist Leonati
Abb. 7: Emile Catalini auf der rotierenden Scheibe, um 1928
Schnippchen zu schlagen. Während der Fahrt vollführte das Quartett einige klassische Übungen der Kunstradfahrer. Zum Höhepunkt der Show wurde die Scheibe noch schräg geneigt und der Betrachter hatte den Eindruck, die physikalischen Gesetze seien außer Kraft gesetzt. Die Artistengruppe nannte die Nummer „Plateau infernal“ oder auch „Table du diable“. (Abb. siehe Heftrückseite) Später wurde die Vorführung motorisiert und erhielt den Namen „Moto endiablée“, was soviel bedeutet wie „Verteufeltes Motorrad“. Mit dieser Variante war die Gruppe bis 1922 – zuletzt in Paris – auf Tournee. Über diese Gruppe später mehr! Wiederbelebt wurde dieser Radakt von Emile Catalini (Abb.7), der ihn ab 1925 modernisiert in seinem Zirkusprogramm unter der Bezeichnung „Equant Cycling“ vorführte. /6, S.115/
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Abfahrt! (Abb. 5) Die Spiralfahrer tauchen erst später unter Benutzung des Hoch-, Nieder- und Einrades wieder auf. Nicht ganz so hoch schraubte sich in Deutschland „Leonce junior“ mit Hilfe seiner Dürkopp-Räder. Auf seinen Werbepostkarten führte er den Titel „Einziger Spiral-Kunstfahrer der Welt auf Hoch- und Niederrad“. Dieser Könner dürfte um die Wende zum 20. Jahrhundert aktiv gewesen sein. /5/ Bekannt ist noch der Künstler „Minting“, der um 1902 die amerikanischen Shows als „australisches Wunder“ bereiste. In seiner Ankündigung wurde beschrieben, dass die Spiralbahn nur knappe 51 cm breit war und bis in 16 m Höhe führte. Die Vorführung bestand aus einer Auf- und Abfahrt mit dem Einrad! (Abb. 6)
Abb. 6: Das australische Wunder „Minting“ bei der Abfahrt auf dem Einrad
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Eine tolle Variante erdachte 1908 die „Aurora-Troupe“ unter dem Titel „Cycling on the Roulette“. Die Drehscheibe wurde von vier Radfahrern angetrieben, die in einem Gestell rücklings liegend quasi auf dem Kopf radelten, also mit den Laufrädern nach oben. Auf diesen Rädern lief dann die Scheibe im Tempo
Die Lattenschüssel Die Idee zu dieser artistischen Nummer entstand aus den überhöhten Kurven der schnellen Radrennbahnen. In verkleinerter Form konnte ein Minivelodrom in jedes Varieté- und Zirkusprogramm eingebaut werden, wegen der Aufbauzeit oft erst nach einer Programmpause oder am Programmende als Höhepunkt. Die bereits erwähnten „Noisets“ – das waren Emile, Romain, Jacques und Paula – werden als Protagonisten dieses Kassenschlagers angesehen, denn schon um 1900 setzte das Quartett einen Lattenkranz mit 45°-Neigung in Form eines umgestülpten Lampenschirms ein. Anlässlich solcher Pioniertaten ist ein kurzer Rückblick auf die Entwicklung dieser Radfahrertruppe angesagt. Der französische Zirkushistoriker Paul Adrian gibt einige Daten des Artistenquartetts preis, die beispielhaft für eine typische Künstlerbiografie angenommen werden können. Der Vater des Quartetts, Leopold Noiset, war ein ganz früher belgischer Radchampion – mit vielen sportlichen Auszeichnungen aus der Hochradära dekoriert. Seine vier Kinder hatten nichts als das väterliche Rad im Sinn und machten es zum Mittelpunkt ihres Lebens. LeoDer Knochenschüttler 1/2008
Walter Euhus und Michael Mertins · Radartisten aus groben Dauben ähnlich dem Abschnitt eines großen Fasses bestand. Die Lage des Fahrers war dabei mehr wage- als senkrecht. Während der Fahrt warf Mr. Jones zunächst die Lenkstange fort, dann entledigte er sich seiner Oberkleider. (Abb. 8)
etten auf dem Hinterrad, Seilspringen oder Zerlegen des Rades während der Fahrt begann das fidele Quartett mit einer wilden Hatz auf dem zwei Meter breiten Lattenkranz. Unterdessen wurde der Holzaufbau gut fünf Meter hoch gehievt. (Abb. 9)
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pold amüsierte sich zuerst über die Aktivitäten seiner Kleinen, dann ermutigte und förderte er seinen talentierten Nachwuchs. Die Vier entwickelten sich zu wahren kleinen Artisten, die Sprünge, Klettereien und Tänze auf Rädern aufführten, auch auf dem Einrad. Unter dem Künstlernamen „Mignons Noisets“ (Lieblinge Noisets) bereisten sie bald ganz Europa, den Nahen Orient und Russland. Um 1895 verdiente das fidele Quartett mit seinen Auftritten schon 3000 Goldfrancs im Monat. /6, S.56/ Als junge Erwachsene entwickelten die Noisets dann immer wieder neue Tricks – bei dieser Frühförderung wohl kein Wunder! Also schwappte die neu geschaffene Radattraktion in die Varietés der französischen Hauptstadt. Im nächtlichen Paris konkurrierten die bekannten Etablissements um den Auftritt mit der kleinsten Rennbahn. Kaum hatte der „Nouveau Cirque“ eine Bahn von nur 40 Meter im Durchmesser, konnte das „Olympia“ ein Velodrom von nur 24 Meter aufbieten. /6, S.55/ Für die Wintersaison 1901/02 wurden als Zugpferde die erfolgreichsten Rennfahrer der Zeit (Sieger Paris - Brest bzw. Bordeaux – Paris) für „das kleinste Velodrome der Welt“ verpflichtet: Maurice Garin und Lucien Lesna. Waren die Verfolgungsrennen der beiden Professionals beendet, juxten die Akrobaten „Les Fools“ mit ihren Rädern und Tandems auf der Lilliputbahn herum. /7/
Abb. 8: Die Produktion des Mr. Jones in der Lattenschüssel
Todeskreis Aber all dieses war den Zuschauern nicht spektakulär genug! Damit aus dem kleinen Rundkurs auch ein „Todeskreis“ wurde, befestigte man die Holzkonstruktion an Seilen und zog sie in der Manege in die Höhe. Schon 1903 hielt es die „Noisets“ mit der Lattenschüssel von sieben Meter Durchmesser nicht mehr am Boden des „Moulin Rouge“. Nach Ausführung der klassischen Tricks wie Pirou-
Doch andere Artisten waren noch wagemutiger als die Noisets! Auf einem zeitgenössischen Plakat befanden sich Löwen unter einem solchen Lattenkreisel, ein stürzender Fahrer wäre also aus der Bahn den hungrigen Raubtieren entgegen gefallen. Man denkt hier zuerst an eine dramatische Übertreibung, so recht nach dem Geschmack der auch schon früher sensationsgierigen Zuschauer. Die Nummer wurde aber tatsächlich ausgeführt und das 1909 sogar im Zirkus von Carl Hagenbeck. Hagenbeck war nämlich nicht nur Tierhändler und -dresseur, sondern seinerzeit auch ein bekannter Zirkusbetreiber. /9, S.104/ Der Dompteur Jakobsen Busch aus Nürnberg setzte damals mit Hilfe der „AlfonsRadtruppe“ neue Maßstäbe in der Spannungserzeugung. /10, S.13f/ In Frankreich kitzelte der Bicycliste Desprez die Zuschauernerven im Todeskreis über den Löwen des Dompteurs Fortunio. /6, S.58/
Der Lattenkessel Bei den halsbrecherischen Vorführungen wurde die Neigung der Schüsselwand steiler und steiler. In Deutschland gelten der Fahrradschlosser Georg Bock und
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Wiederum glänzte die „AuroraTroupe“ mit einer Variante dieses Schüsselakts – ihr Manager (und Mitglied?) O. Morgenroth erfand das von vier Radlern auf Schultern getragene Velodrom. Im August 1903 hatte diese ansprechende Nummer Premiere im Empire Theatre von Newcastle (GB), als die blonde Hildegard durch die Lattenschüssel jagte. (Abb. siehe Heftrückseite) Nur noch die Artisten von „Donatello“ konnten das übertrumpfen, in dem ein Artist mit Hilfe eines speziellen Tragegestelles die Lattenschüssel stemmte, während der Partner seine Runden drehte. Ebenfalls ganz hoch einzuschätzen ist die Leistung des Duos „Les Dekkers“. Während Monsieur eine leicht gebaute Lattenschüssel am Stiel in der Luft balancierte, rotierte Madame darin mit ihrem Einrad. /8/
Regelmäßig, so hieß es in einem Illustrierten-Bericht des Jahres 1902, taucht irgendein Radfahrkünstler mit einem neuen Trick auf, der ihn eine Zeitlang zum Star macht, bis er von einem anderen überholt wird. So fuhr der englische Artist Jones offenbar als einer der ersten auf einer um 60 Grad geneigten Bahn, die Der Knochenschüttler 1/2008
Abb. 9: Die Varietésensation „Circling the circle“, um 1903
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Walter Euhus und Michael Mertins · Radartisten Die Kugel Die Fahrt in und auf der Kugel wurde nur von wenigen Radartisten ausgeführt. Sie war und ist auch heute noch eine Domäne der Motorradfahrer, weil die Pedalkraft allein nur kurzzeitig für Vorführungen ausreicht. Ein paar unerschrockene Radler haben es doch gewagt. (Abb.11) Im Jahre 1907 beschreibt die schon zitierte „Berliner Illustrirte Zeitung“ die „Todeskugel“ als neueste Zirkus-Sensation. „In einer Kugel mit einem Durchmesser von ca. 5 Metern, die aus schmalen Stahlbändern geflochten ist, so daß man das Innere genau übersehen kann, werden ein Herr und eine Dame eingeschlossen, die auf Zweirädern ihre halsbrecherischen Kunststücke ausüben; sie veranstalten ein Wettrennen, sie fahren einander entgegen, kreuz und quer und bewegen sich mit einer Geschwindigkeit, die selbst auf der flachen Bahn manchen Rekord drücken könnte.“ Auch der Artist
(Rad) infernal“ bezeichnet, die zweite Variante als „Schleife“, „Looping“ oder „Looping the loop“. Beide Varianten waren in Zirkus und Varieté vertreten, größere Bahnen mit Rampe konnten nur im Freien aufgebaut werden.
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seine Frau Louise, die aus einer Zirkusfamilie stammte, als Vorreiter der Trichteroder Kesselfahrer. Bei ihren Auftritten 1905 betrug die Wandneigung schon 78 Grad. Das Paar war noch bis 1921 unter anderem als „Sisters Allisons“ aktiv, verwendete aber auch bald Motorräder. /10, S. 10f/
Abb.11: Die Todeskugel in einer Vorführung im Circus Schumann
Fred Kaufmann – nicht zu verwechseln mit dem Weltmeister der Kunstradfahrer Nicolas Kaufmann – wagte sich seinem Partner an eine Kugel- bzw. Globusnummer, wobei aber keine Überkopffahrten gemacht wurden. (Abb. siehe S. 19) Bekannt wurde die Nummer auch als Nordpolfahrt.
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Eine Möglichkeit, den Nervenkitzel weiter zu erhöhen, war ein „Todeskreis“ von großer Höhe mit einer 90 Grad steilen Bahn. Die Fahrer nahmen zunächst im unteren Bereich, der sogenannten Anfahrzone, Geschwindigkeit auf und fuhren dann höher und höher bis zum oberen Rand. Bei Verfolgungsrennen versuchten sie sogar sich dabei zu überholen. Angesichts solcher Wagnisse sind Namensgebungen wie „Murderdrome, Todeskreis oder Todesrennen“ durchaus angebracht. Solche Lattenkessel tauchten ab 1913 in den Arenen und Manegen auf. Die Zuschauer konnten die waghalsigen, konditionsstarken Fahrer durch die auf Lücke gebaute Lattenkonstruktion beobachten. Der Kessel kann als Vorstufe der späteren Steilwandvorführungen betrachtet werden und war bis in die 1920er Jahre in Shows und Jahrmärkten anzutreffen. Die Troupe „Original Evans“ ließ bei ihren Vorführungen den Kessel sogar noch mit einer Geschwindigkeit von über 70 km/h rotieren. So verspricht es jedenfalls eine Werbekarte dieser Draufgängertruppe. /8/ Bekannte Kesselfahrer waren die A. Ebeling-Troupe, The Davis (Dafils), Original Fredys (Abb. 10), Brochmann Brothers – alle vier wie auch die Evans auf Görickes WestfalenRad – , weiterhin The Great Grossmanns, Trio Efimovich, Original 3 Barbes, Paul Selisch Truppe und andere. Mehr und mehr wurden jedoch die Fahrräder in dieser Kategorie durch Motorräder ersetzt.
Abb.10: „The Original Fredys Rad-Akt in schwindelnder Höhe“ auf „Görickes Westfalen-Rädern“
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Die Überkopffahrt Unter dieser Überschrift können alle die Fahrer und Fahrerinnen abgehandelt werden, die (ohne eine Sprungeinlage) Teile ihrer artistischen Vorführung mit dem Kopf nach unten vollführen. Man kann unterscheiden zwischen Darbietungen, die auf einer ausschließlich kreisförmigen, z. T. auch rotierenden Bahn, oder auf der stehenden Bahn mit Startrampe vorgeführt wurden. Die erstgenannte Variante wurde als „Todesrad“, „Todesring“, „Teufelsrad“ oder auch „Roue
Bei den Todesrädern gab es wohl zwei Möglichkeiten so in Fahrt zu kommen, dass das Tempo für eine Überkopffahrt langte. Die Artistin Lottie Brandon, gehalten von einem Assistenten, beschleunigte das Hinterrad ihres Rades auf einer Art Hometrainerrolle. Eine zweite Rolle, mit der ersten wohl verbunden, setzte das Vorderrad simultan in Bewegung. Wenn die ausreichende Drehzahl erreicht war, wurden die Rollen abgesenkt und die Künstlerin zischte überkopf in das feststehende Lattenrund. Dieser Radakt wurde von Miss Brandon zuerst um 1900 in New York präsentiert. /6, S.59/
Andere Artisten ließen den Todesring durch einen Fremdantrieb rotieren, während der Fahrer – gegen die Drehrichtung des Ringes voll mittretend – im unteren Segment blieb. Durch abruptes Bremsen des Rades nahm ihn das rotierende Rad mit in den Umlauf. Eine besondere Variante praktizierte das Duo „Butler und Caldwell“, in dem es den Teufelsring in doppelter Ausführung nebeneinander bauen ließ. So konnten die beiden Artisten 1903 im Pariser „Moulin Rouge“ sogar eine teuflische Verfolgungsjagd veranstalten. /6, S.60/ 1906 nahm der Artist Tom Greave im Pariser „Alhambra“ seinen Hund mit ins Todesrad und ließ sich von ihm einige Runden verfolgen. In diesem Teufelsrad von 6,50 m Höhe und einer Tonne Gewicht fuhr der Cyclist entgegen der Drehrichtung des Rades. Sein Rad wog nur 13 kg. In Frankreich trat auch ein ehemaliger Radchampion unter dem Künstlernamen „Yags“ in einem mächtigen Todesring auf, den er Gyroscope (Kreisel) nannte. /6, S.61/
In den 1920er Jahren gab es ein Revival dieser Teufelsnummern. 1923 berichtet „Die Woche“ in der Rubrik „Von Bühne und Brettl“, daß der Rennfahrer Mauß in der „Skala“, einem Varieté in Berlin, eine Fahrt um die Achse des Rades vorführt. (Abb.12) Die Riesenfelge hatte eine Breite von 50 cm. Willy Mauß, der 1925 auch im Pariser Zirkus „L'Empire“ auftrat, sauste auf einem ganz normalen Fahrrad mit Freilauf und Rücktritt, wie ein Hamster in der Rolle herum. /6, S.24 u. 61/ Weitere Artisten mit dieser Nummer waren der ExSchrittmacher Werner Krüger, Franz Krause, G. C. Haller (Heller), Henry WalDer Knochenschüttler 1/2008
Walter Euhus und Michael Mertins · Radartisten vorgeführt haben. Laut Adrian war es Eugène Jullien de Milhaud alias „Allo Diavolo“, sechsfacher Tour de France Teilnehmer (1903 bis 1908 mit Platzierungen von 10 bis 27) und Fahrradnarr aus gutem Hause, der erste Artist, der 1898 in Nimes einen Looping mit dem Rad fuhr. So richtig historisch belegt ist diese Tat nicht, aber durchaus möglich, denn dieser Diavolo war ein richtiger Haudegen. In Amerika fuhr er später Loopings und sprang mit dem Rad durch eine brennende Teufelsforke. Auch ein schwerer Unfall, der ihn zwang zeitweise als Taxifahrer in New York seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hielt ihn nicht davon ab, weitere Wagnisse einzugehen. Zuletzt trat er 1961 (!) als lebende Kanonenkugel auf. /6, S.16ff/ Richtig zur Sache ging es wieder mal in den einschlägigen Etablissements in Paris, wo Emile Noiset alias „Mephisto“ und der Amerikaner James Smithson alias „Diavolo“ (Abb. 13) im März 1903 mit ihren Loopings die Zuschauer elektrisierten. Diavolo verwendete eine insgesamt 100 m lange, ein Meter breite Holzpiste, die nach einer Gefällepartie von 35 m in die ovale Schleife von 10 m Durchmesser überging. Die verbleibende Reststrecke war der Auslauf. Die komplette Konstruktion soll 5000 kg gewogen haben. Sein Fahrrad, mit dem der Artist 54 km/h erreichte, brachte 35 kg auf die Waage, hatte Vollgummireifen und statt der Pedale fixierte Fußrasten. Die Ein- und Ausfahrt in die Schleife war wohl schwieriger zu fahren als der Looping selbst. Für das Riskieren von Kopf und Kragen erhielt Diavolo 1000 Francs pro Tag, zum Vergleich verdiente ein gutes Künstlertrio 4500 Francs im Monat. /6, S.19/
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schleife“ mit dem Tode endete. Die Schleifenfahrer benutzten in der Regel besonders stabile Fahrräder, die den Belastungen gewachsen waren, Konstruktionen, die bis zu 85 Pfund wogen. Die Schleife hatte eine steile mehr als 10 m lange Abfahrtsbahn. Der Schleifendurchmesser betrug etwa sieben Meter.
Abb.12: Halsbrecherische Fahrt des Willy Mauß, um 1923
ten u. a. (Abb. S. 19) Eine besondere artistische Leistung vollbrachten diejenigen, die das Teufelsrad auch noch in die Höhe stemmten. Beim rücklings liegenden „Brutus“ stand das große Rad auf seinen in die Luft gestreckten Füßen, während seine Partnerin durch das Rund sauste. „The Hills“, „The Rebras“ und die „Craggs“ benutzten einen Hüftgürtel, in den die Haltestange eingesetzt werden konnte. (Abb. S. 19) Schier unglaublich ist die Werbepostkarte aus dem Jahre 1924 vom Duo „Carter und Corinna“. Der Mann balanciert das Teufelsrad auf dem Kopf während seine Mitstreiterin durch einen Kreis rast, der an mehreren Stellen lichterloh brennt! /11/ Ob da wohl aus werblichen Gründen etwas zu dick aufgetragen wurde? Für diese Rotationsnummer gab es durch das Duo „Minivers“ im Düsseldorfer Apollotheater ein Revival in den 1950er Jahren, allerdings ohne die feurige Einlage.
Abb.13: Diavolo mit Teufelsforke im Looping, um 1903
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Einigen Radartisten wurden Hallen und Bühnen bald zu klein und die Übungen waren ihnen nicht riskant genug. Um den Nervenkitzel der Zuschauer zu steigern, produzierten sie sich als wagemutige Todesfahrer. Sie riskierten regelmäßig ihr Leben bei ihren halsbrecherischen Vorführungen, bei denen sie sich der Zentrifugalkraft bedienten. Eine der spektakulärsten Darbietungen war die „Todesschleife, auf englisch „Looping the Loop“. Dazu mussten hohe Gerüste mit einer Looping-Bahn errichtet werden. Die Fahrer begaben sich auf eine Plattform und stürzten sich mit ihrem Fahrrad in die Tiefe. Besonders Anfänger brachen sich dabei in schöner Regelmäßigkeit Schultern, Becken, Rippen und Schlüsselbein und waren heilfroh, wenn ihnen das Schicksal der Kollegen erspart blieb, bei denen die Fahrt durch die „Todes-
Im Gegensatz zu anderen Radakten, die über längere Zeit inszeniert werden konnten, war der Looping an sich in weit weniger als einer Minute abgewickelt. Also musste die Vorführung in die Länge gezogen werden. Üblicherweise standen Fahrer und Gehilfe keine Treppe zur Verfügung, um zum Start auf die Plattform zu gelangen. Der Fahrer hangelte sich an einem Seil nach oben. Zuvor war der „Ablasser“ aufgestiegen, hatte das Fahrrad hochgezogen und bereitete den Start vor. Dann stieg der Fahrer auf das vom Helfer gehaltene Fahrrad, überprüfte den Sitz seiner „Kopfschutzkappe“, sofern er eine solche trug, konzentrierte sich, fasste die Lenkstange fester, gab dem „Ablasser“ das verabredete Zeichen und sauste in die Tiefe, seinen Blick fest auf die breite,
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schwarz gemalte Mittellinie gerichtet. Auf der kurzen Strecke erreichte er eine Geschwindigkeit, die nicht wesentlich mehr als 50 km/h betrug. Das genügte, um ihn durch die Schleife zu katapultieren. Mit Glück und Steuerkunst gelangte er auf die Auslaufstrecke. Ermangelte es an einem von beiden, kam es zum Sturz, meist mit den bereits erwähnten Folgen. /12/
Natürlich wollen viele die Ersten gewesen sein, welche diese tollkühne Übung
Im Juni des gleichen Jahres trat die erste Schleifenfahrerin in das Scheinwerferlicht des „Eldorados“ in Marseille: Helène Dutrieu. Diese mutige junge Frau begeisterte später auch die Zuschauer des „Olympias“ mit ihren Loopings und Sprüngen. Darüber mehr im KS 43. Natürlich schauten auch deutsche Artisten nach Frankreich und kopierten diese Nummern. Bekanntes Beispiel ist der Radrennfahrer und Eisschnellläufer Paul Mündner. Er begann damit auch 1903 im Zirkus Busch, kombinierte die Schleifenfahrt im Abschluss aber noch mit einem Sprung über einen fast 10 m breiten Abgrund. Den Sprung baute Mündner als Variante in die Nummer ein, weil ihn die Dutrieu als Patentinhaberin diese Tricks auf 32 000 Mark Schadenersatz verklagt hatte. /13, S.237/ Welche Streitigkeiten sich damals abspielten, ist unbekannt, jedenfalls besaß 1903 die Dutrieu in GB tatsächlich ein Patent auf eine Berg- und 7
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waren das Ergebnis. Der als Artist so erfolglose Exrennfahrer soll die Bahn dann für ganze 64 Mark an einen Tischler verramscht haben. /15/
Aber mit diesen Schleifenbahnen war das artistische Potential noch nicht ausgereizt. Besonders Wagemutige wie Böttner arrangierten zwei Schleifen ineinander (Abb. 14) oder die Ancillottis schufen die parallel angeordnete Schleifenbahn, die zwei Fahrer simultan durchrasten. Sicher schön anzusehen bei einer Starthöhe von 10 m und einer Pistenbreite von nur 80 cm!
Abb.14: „Eine neue Schleifenfahrt des Radfahrers Böttner“, um 1904
Wie schon gesagt wurden diese Loopingnummern mehrfach kopiert, auch von mutigen Frauen wie Anny Renée oder Carrie Davis. Als männliche Kollegen glänzten Böttner, Anton Hafner oder Morris Abbins. William Schultz ließ seine Partnerin 1913 zur Steigerung der Spannung noch mit brennendem Kostüm durch den Looping rasen. Bis in die 1920er Jahre fanden sich Artisten wie Oscar Babcock aus den USA für diese so gefährliche Nummer oder Willy Mauß, der 1925 den Looping mit dem Rad im „L'Empire“ aufleben ließ. Nachahmer dieser Attraktion lebten allerdings besonders gefährlich, wenn sie einfach eine Loopingbahn nachbauen ließen. Die Professionals hatten sich die Bahn von Fachleuten berechnen lassen, denn der Querschnitt des Loops durfte nicht einfach kreisrund, sondern musste leicht oval sein. So war das billige Plagiat ziemlich gesundheitsgefährdend und effektlos. Ein Beispiel dafür ist die Schleifenbahn des Paul Leinert. Dieser Berliner Renn- und Kunstfahrer hielt noch im Jahr 1896 einige Hochradrekorde, z. B. schaffte er die 100 Kilometer in bravorösen 3 Stunden und 11 Minuten. Anschließend verdingte er sich als Schrittmacher auf der Rennbahn. Der alternde Champion suchte sich dann 1903 ein neues Betätigungsfeld. Der Exrennfahrer ließ sich für teures Geld, genau 10 800 Mark, eine Schleifenbahn bauen. Leinert fuhr nicht nur selbst, sondern vermietete auch an andere Wagehälse. Aber die Holzkonstruktion war wohl falsch oder gar nicht berechnet – viele Stürze und Verletzte
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Talbahn. Infolgedessen wandelte Mündner seine Nummer noch soweit ab, dass er den zu überspringenden Abgrund noch mit 6 Elefanten bestücken ließ. /9, S.167/ Ob das eine Spitze gegen die Dutrieu sein sollte? Sie war nämlich schon 1899 in den USA mit dem Rad über eine solche Anzahl von Elefanten gesprungen. /14/ Mündner trieb seine Artistik auf die Spitze, als er im Circus Busch mit 72 km/h in eine Schleife einfuhr und schwer verunglückte. Das war das Ende seiner „phänomenalen Schleifenfahrt“. /10, S.10/
Abb.15: Das Foto soll Helène Dutrieu, Radweltmeisterin und Flugpionierin, in der offenen Schleifenbahn zeigen. /13/ Das Original-Foto gibt es aber in der Documenta Artistica mit eingearbeiteter Beschriftung „Willy Strenger, Moriturus Todesfahrt“.
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Um die Sensation noch zu steigern, wurden offene Schleifen konstruiert, d.h. die Fahrbahn war unterbrochen und die Fahrer mussten beim Looping einige Meter kopfüber durch die Luft fliegen. Angeblilch erfand Ugo Ancillotti 1904 diese Spielart – zuerst vorgeführt im „Folie Bergère“ in Paris. Der Doppelschleifenfahrer hatte bemerkt, dass das Rad beim Überkopffahren auf einem Teilstück so gut wie keine Bodenberührung hatte. So entfernte der Draufgänger auf zwei Meter Länge oben gelegene Schleifenbretter und erfand damit die offene Schleife. Selbstverständlich fand die Nummer sofort Nachahmer wie Barber, Nic Diavolo oder Helène Dutrieu. In Deutschland tat sich Willy Strenger besonders hervor, sein Akt trug den Namen „Moriturus Todesfahrt“, was etwa bedeutet „Todesfahrt der Todgeweihten“. (Abb. 15) Laut seiner Werbung überbrückte er einen Zwischenraum von sieben Meter. Maurice French ging in seiner Entfernung der Bretter soweit, dass man nur noch von einer halben Schleife sprechen konnte. Dass diese Konstruktionen nicht eben der Sicherheit der Fahrer dienten, wird jedem einleuchten. So waren Stürze in den offenen Schleifen an der Tagesordnung und die Vorführung dieser Nummern wurde in Deutschland verboten.
Vorschau Im nächsten KS werden die Springer mit verschiedenen Varianten und weitere Extremkünstler vorgestellt. Allen voran die belgische Weitspringerin Helène Dutrieu, die schon vor 1900 große Erfolge in den Vereinigten Staaten von Amerika feierte. Auch der Essener Franz Hermann Dieck, der als radelnder Indianer Chester Dieck mit seinen Saltos Tausende von Zuschauern begeisterte, wird entsprechend gewürdigt. Abschließend werden noch die Tauchspringer behandelt, die sich mit ihren Rädern aus großer Höhe in Wasserbecken oder Flüsse stürzten.
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Michael Sturm · Dienstfahrrad
Quellenhinweise /1/ /2/ /3/ /4/
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Rüdiger Rabenstein: Radsport und Gesellschaft, S. 98, L'Illustration bzw. L'Almanach vom 25.08.1869 (27. Jg.) Buffalo Express: Internet Archiv der New York Times Internetlexikon mit der folgenden URL: en.wikipedia.org/wiki/Charles_Blondin Haerdle, Stephanie: Keine Angst haben, das ist unser Beruf!, Kunstreiterinnen, Dompteusen und andere Zirkusartistinnen, Aviva-Verlag, Berlin 2007 Sammlung Wolfgang Gaesing, Bielefeld Adrian, Paul: Attractions sensationelles Les Casse-cou du cirque et du music-hall, Selbstverlag Bourg-de-la-Reine, 1962 Titelblatt La vie en grand air No. 101 vom 13. Okt. 1901, Sammlung Documenta Artistica Berlin Postkarte, Sammlung Documenta Artistica Berlin R. Weise u. a.: Taschenbuch der Künste Unterhaltungskunst A - Z; Henschelverlag, Berlin 1975 R. Opschondek, F. Dering u. J. Schreiber: Im Banne der Motoren - Die Steilwand; Buchendorfer Verlag, München 1995 Sammlung Jaap Best in: www.circusmu seum.nl F.W. Hinz; Wie ich Schleifenfahrer wurde, in: Sportalbum der Radwelt 1905, S. 34 - 41 Gronen, Wolfgang u. Lemke, Walter: Geschichte des Radsports des Radfahrens. Edition Doepgen Verlag, Eupen, 1978 John Durant and Alice K. Rand-Durant: Pictorial History of the American Circus, A.S. Barnes New York, 1957 Paul Leinert: Internet www.cycling4fans.de in der Rubrik Portraits, Unterrubrik Veteranen
Bildnachweis
Uniform und Speiche Bemerkungen zur Geschichte des Dienstfahrrades /1/
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Danksagungen Die Autoren bedanken sich besonders bei Frau Ret als Kuratorin der Documenta Artistica von der Stiftung Stadtmuseum Berlin, bei Roland Weise vom Internationalen Artistenmuseum in Klosterfelde und bei Uli Feick für die Mitarbeit.
In seinem Roman „Deutschstunde“ beschreibt Siegfried Lenz die Bemühungen des Dorfpolizisten Jens Ole Jepsen, ein von den Nationalsozialisten verhängtes Malverbot gegen den Maler Max Ludwig Nansen durchzusetzen und zu kontrollieren. Die Handlung spielt im nördlichen Schleswig-Holstein, vermeintlich weit entfernt von den eigentlichen Zentren der Macht. Der Polizist Jepsen und der Künstler Nansen kennen sich seit ihrer Kindheit und sind miteinander befreundet. Als Jepsen im April 1943 den Bescheid aus Berlin erhält, das Berufsverbot gegen Nansen zu vollstrecken, zögert er kurz, entscheidet sich dann aber dafür, seine Pflicht zu tun und dem Freund die Nachricht – sozusagen „im Auftrag“ – zu überbringen. Im Roman erinnert sich Jepsens Sohn Siggi, der eine Strafarbeit über die „Freuden der Pflicht“ schreiben soll und dabei unwillkürlich an die Tätigkeit seines Vaters denken muss, an diesen Tag im April 1943 folgendermaßen: „Der Wind saß im Ofen und paffte uns das Haus voll, während mein Vater hin und her ging und offenbar nach Gründen suchte, um seinen Aufbruch zu verzögern, hier etwas ablegte, dort etwas aufnahm, die Gamaschen im Büro anlegte, das Dienstbuch am Esstisch in der Küche aufschlug und immer och etwas fand, was seine Pflicht hinausschob, bis er mit ärgerlichem Erstaunen feststellen musste, dass etwas neues aus ihm entstanden war, dass er sich gegen seinen Willen in einen vorschriftsmäßigen Landpolizisten verwandelt hatte, dem zur Erfüllung seines Auftrags nichts mehr fehlte als das Dienstfahrrad, das, gegen den Sägebock gelehnt, im Schuppen stand. […] Er packte das Fahrrad mit einer Hand an der Hinterkante des Sattels, mit der anderen an der Lenkstange und drehte es herum. Dann schob er es zum Ziegelweg hinab, hielt unter dem spitzen, auf unser Rotsteinhaus zielendes Schild „Polizeiposten Rugbüll“, brachte das linke Pedal in günstige Ausgangsstellung, saß auf und fuhr mit straff geblähtem Umhang, der zwischen den Beinen mit einer Klammer zusammengefasst war, in Richtung Bleekenwarf. […] Immer auf dem Kamm des Deiches entlang, auf dem schmalen Zwangskurs, der sich braun im flachen Gras abzeichnete, die Stöße des Windes parierend, die blauen Augen gesenkt – so fuhr mein Vater mit seinem gefalteten, in der Brusttasche steckenden Auftrag den sanften Bogen des Wulstes aus, ohne Dringlichkeit nur mühselig.“
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Abb. 1 Public Library Niagara Falls Abb. 2 Louis Toussaud Wachsmuseum, Foto: George Butt Abb. 3, 5 u. 6 siehe Quellenhinweis /14/ Abb. 4 Dodge, Pryor: Faszination Fahrrad, Verlag Delius Klasing, Edition Moby Dick Verlag, Kiel 1997, S.148 Abb. 7 Fotosammlung Documenta Artistica, Stiftung Stadtmuseum Berlin Abb. 8 Das Buch für alle, Jg.1902 Nr. 3, S.82, Sammlg. Euhus Abb. 9 Unbekannte Publikation, Nr. 4 S. 180, Sammlg. Euhus Abb. 10 Postkarte, Sammlg. Euhus Abb. 11 Berliner Illustri(e)rte Zeitung, Jg.1907 Nr. 3, S.38 Sammlg. Euhus Abb. 12 Die Woche, Jg. 1923 Nr. 52, Sammlg. Euhus Abb. 13 aus /6/, Bildtafel IV Abb. 14 „Illustri(e)rte Zeitung“ vom 7. April 1904, Sammlg. Euhus Abb. 15 siehe Quellenhinweis /13/, S.236
von Michael Sturm, Leipzig (D)
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Im Verlauf des Romans entwickelt Jens Ole Jepsen eine geradezu wahnhafte Energie, den Maler Nansen zu überwachen. Eines seiner wichtigsten Hilfsmittel hierfür bleibt sein Dienstfahrrad. Der Roman rückt somit ein Fortbewegungsmittel in den Mittelpunkt des Geschehens, das trotz oder gerade aufgrund seiner weiten Verbreitung, seiner alltäglichen Präsenz und seiner vermeintlichen Banalität bisher kaum größere Beachtung auf sich gezogen hat. Zu Unrecht wie ich meine. Denn zum einen enthält die Geschichte des Dienstfahrrades sehr wohl einige spannende Momente. Zum anderen ist es jedoch vor allem das Unspektakuläre und Alltägliche, das dem Dienstfahrrad seine Bedeutung verleiht und einen genaueren Blick auf dessen Geschichte rechtfertigt.
Die Kaiserzeit Die Ausdifferenzierung des Straßenverkehrs zu Beginn des vergangenenen Jahrhunderts brachte ebenso zahlreiche, wie auch handfeste Probleme mit sich. Die Zahl der Unfälle nahm zu. Die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer warfen sich gegenseitig rücksichtsloses Verhalten vor. Zwischen Radfahrern und Fußgängern kam es verstärkt zu Auseinandersetzungen, die, liest man die zeitgenössischen Quellen, von „beleidigenden Worten“, über „thätliche Beleidigungen“, wie „Anfassen, Stossen, Rütteln und Ausspucken“ bis hin zum Werfen von Steinen oder Stöcken in die Speichen vorbeifahrender Räder reichten. In diesem Zusammenhang erwuchs der Polizei ein neues Tätigkeitsfeld: Neben die traditionelle Aufgabe, die öffentliche Ordnung des wilhelminischen Obrigkeitsstaates von vermeintlich ständig drohenden Störungen zu schützen, trat nun die Regelung der täglichen Konflikte zwischen Fußgängern, Rad- und Autofahrern.
Vor allem in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts unternahm die Polizei in etlichen Städten beträchtliche Anstrengungen, das „Velocipedfahren“ behördlich in den Griff zu bekommen. Demnach erließ sie detaillierte Bestimmungen, die für Fahrräder Nummernschilder und Geschwindigkeitsbegrenzungen vorsahen. So durfte z.B. in Wiesbaden aufgrund der Polizeiverordnung von 1896 Radfahrer nicht schneller als mit „200 Metern auf die Minute“ unterwegs sein. Die gleiche Verordnung machte auch eine amtliche 9
Michael Sturm · Dienstfahrrad So begründete z.B. das Polizeipräsidium Hamm im Jahr 1931 die Vergrößerung des Bestandes seiner Diensträder mit dem Hinweis auf die zunehmende Zahl konfrontativ verlaufender politischer Veranstaltungen, die eine mobilere Streifenpräsenz erforderlich mache. Das Polizeipräsidium Recklinghausen beschloss im Vorfeld des Wahlkampfes für die Reichstagswahlen im Juli 1932 eine ursprünglich berittene Bereitschaft mit Dienstfahrrädern auszustatten, da diese schnell und beweglich seien. Es gab aber auch Bemühungen die Muskelkraft der Beamten mit den Möglichkeiten der Fahrzeugtechnik zu kombinieren. Mit dem Bau des „Fahrradmutterautos“ im Jahr 1932, das mehrere Beamte mit ihren Fahrrädern transportieren konnte, wurde der Versuch unternommen beide Arten der Fortbewegung miteinander zu verbinden.
nicht das Flugzeug, die Eisenbahn oder das Auto, es ist das Dienstfahrrad mit dem der Landpolizist Jepsen Befehle und Verbote der nationalsozialistischen Regierung aus dem fernen Berlin in den entlegensten Winkel des Reiches tragen kann. Und es ist das Dienstfahrrad mit dessen Hilfe Jepsen die Umsetzung dieser Anordnungen vollzieht und kontrolliert. Diese Form der Herrschaftsausübung praktizierten die deutschen Be-hörden nicht nur im Reich selbst, sondern auch während des Zweiten Weltkriegs in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten.
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„Radfahrkarte“, also einen Führerschein, zu Pflicht. Verstöße gegen diese Auflagen konnten mit lokalen Fahrverboten geahndet werden. Um den gewachsenen Anforderungen und Aufgaben gerecht zu werden, die durch die eigenen Verordnungen und den tatsächlich zunehmenden Verkehr bedingt waren, griff die Polizei selbst, genauso wie andere Behörden auf Fahrräder zurück. Diese erwiesen sich aufgrund ihrer Wendigkeit als vorteilhaft und konnten – eine entsprechende körperliche Leistungsfähigkeit des Beamten vorausgesetzt – mit der Fahrgeschwindigkeit der frühen Automobile mithalten.
Das „Drittes Reich“ Trotz der vermeintlichen Modernität des „Dritten Reichs“ konnte von einer umfassenden gesellschaftlichen Motorisierung nicht die Rede sein. Das Dienstrad blieb wie bereits in den 1920er Jahren ein für Briefträger oder Polizeibeamte unverzichtbares Alltagsobjekt. Daran änderten auch die zunehmend militärisch ausgerichteten polizeilichen Leitbilder nichts. Im Gegenteil: Das Fahrrad wurde problemlos in die mehr oder weniger offensichtlichen Kriegsvorbereitungen integriert. Zum festen Bestandteil öffentlicher Veranstaltungen, die die Leistungsfähigkeit der Polizei im nationalsozialistischen Staat demonstrieren sollten, gehörte neben Schießwettbewerben und Vorführungen im Handgranatenwerfen auch Radrennen bei denen mit Tschako (helmartige Kopfbedeckung der Polizei), Uniform und Karabiner ausgestattete Polizisten gegeneinander antraten. Auch die eingangs zitierte Passage aus der „Deutschstunde“ weist daraufhin: Es ist
Als Deutschland im September 1939 seinen Eroberungs- und Vernichtungsfeldzug quer durch Europa begann, überrollten nicht nur Panzer und schwere Transportfahrzeuge die Grenzen. Mit dabei waren ebenso Angehörige der Ordnungspolizei auf ihren Diensträdern. Diese Beamten gehörten zum Erscheinungsbild der nationalsozialistischen Herrschaft in den besetzten Gebieten. Ob bei Razzien in den besetzten Niederlanden oder der Abriegelung des Warschauer Ghettos: Das „Fußvolk der Endlösung“, wie der Historiker KlausMichael Mallmann die an den beispiellosen Massenverbrechen beteiligten Ordnungspolizisten bezeichnet hat, gelangte oftmals mit dem Fahrrad zu den jeweiligen Einsatzorten. Das in Wien aufgestellte Polizeibataillon 322, dessen Angehörige allein in den ersten Wochen nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 mindestens 6000 Menschen, fast ausnahmslos Zivilisten, ermordet hatten, firmierte sogar als ausschließliches „Radfahrerbataillon“. An den Mordaktionen während des Zweiten Weltkrieges, wollte freilich nach 1945 kaum einer der ehemaligen Ordnungspolizisten des „Radfahrerbataillons“ beteiligt gewesen sein. In staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen erinnerten sich viele der Befragten gerne
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Die Weimarer Republik Die Regelung des Verkehrs entwickelte sich zum zentralen Aufgabenfeld polizeilicher Alltagsarbeit: Gerade in diesem Bereich sollte sich das neue, vom preußischen Innenminister Carl Severing proklamierte Leitbild vom „Freund und Helfer“ in der Öffentlichkeit bewähren und Gestalt annehmen. Es galt in noch stärkerem Maße als bisher zwischen Autoverkehr, Radfahrern und Fußgängern zu vermitteln. Die Polizei war bemüht vom Publikum nicht als autoritär handelnde, sondern als grundsätzlich bürgernahe und „verkehrsfreundliche“ Behörde wahrgenommen zu werden. Gleichzeitig präsentierte sich die Polizei in ihren Selbstdarstellungen als modern, motorisiert und hochmobil. Das Dienstrad war daher in Deutschland wie auch in anderen Staaten das entscheidende Fortbewegungsmittel der Polizei. So fand das Fahrrad nicht nur im täglichen Streifendienst Verwendung. Es gehörte neben Karabinern, Gummiknüppeln, Wasserwerfern und gepanzerten Fahrzeugen zu den polizeilichen Ausrüstungsgegenständen, die im Rahmen der zahlreichen oftmals von gewalttätigen Auseinandersetzungen begleiteten Demonstrationen in der Spätphase der Weimarer Republik zum Einsatz kamen.
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Michael Sturm · Dienstfahrrad Dieb bis heute im Gedächtnis vieler Niederländer fest verankert ist.
übersehen. In den Städten entstanden Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche. Die „Entdeckung der Langsamkeit“ bedeutete zugleich eine Wiederentdeckung des Fahrrades. Von diesen Veränderungen blieb auch die Polizei nicht unberührt. In Zeiten, in denen Modernität sich nicht mehr ausschließlich am Grad der Motorisierung misst und hohe PS-Stärken nicht unbedingt Geschwindigkeit garantieren, begann man – im wahrsten Sinne des Wortes – umzusatteln: Seit Anfang der 1990er Jahre sind Polizeibeamte wieder auf Fahrrädern unterwegs. Zu deren Erscheinungsbild gehören nun Mountainbike, Fahrradhelm und aerodynamischer Fahrraddress. Die Polizei will somit wieder die Vorteile dieses Fortbewegungsmittels nutzen, die schon die Gendarmerie und Schutzmannschaften während des Kaiserreichs zu schätzen wussten: Flexibilität und Wendigkeit. Zahlreiche Polizeipräsidien erwarten sich vom Einsatz der Fahrradstreifen aber auch ein größeres Maß an Bürgernähe, die nicht zuletzt durch die verstärkte Nutzung der Streifenwagen verloren zu gehen drohte.
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an das „viele Radeln“, darüber hinaus zog man sich oftmals auf die trotzige, aber unzutreffende Behauptung zurück niemandem „ein Haar gekrümmt“ zu haben.
Nicht zu unterschätzen in ihrer Bedeutung sind aber auch die alltäglichen Willkürmaßnahmen gegenüber Jüdinnen und Juden sowie die ständige Demütigung, die jenseits der beispiellosen Massenverbrechen darauf zielten den nationalsozialistischen Herrschaftsanspruch zur Geltung zu bringen. Die von den Nazis seit 1933 systematisch vollzogene Entrechtung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung manifestierte sich in den unzähligen Maßnahmen und Verordnungen, die darauf abzielten deren Bewegungsfreiheit einzuschränken. Viktor Klemperer hat diese Repressalien in seinen Tagebüchern akribisch dokumentiert. Im Juni 1942 kam der von den Nazis mit Berufsverbot belegte Dresdener Romanistikprofessor auf 31 gegen Jüdinnen und Juden gerichtete Verordnungen, die neben den Verboten Kinos, Konzerte, Museen und öffentliche Parkanlagen zu besuchen, auch die Nutzung von Bussen und den Gebrauch von Fahrrädern untersagten. In seinem Tagebuch notierte Klemperer: „Der Würger wird immer enger angezogen, die Zermürbung mit immer neuen Schikanen betrieben. […] Und der kleine Nadelstich ist manchmal quälender als der Keulenschlag.“
Die Gegenwart Die Energiekrise sowie die Umweltund Ökologiebewegung in den 1970er Jahren stellten das Leitbild einer umfassenden gesellschaftlichen Motorisierung zunehmend in Frage. Die „Grenzen des Wachstums“ waren augenscheinlich erreicht, die desaströsen Folgen kaum zu
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Aber auch in den seit 1939 eroberten und besetzten Gebieten versuchten die Deutschen die Mobilität der unterworfenen Bevölkerungsgruppen einzuschränken. Als ein Beispiel hierfür sei auf die so genannten Fietsen-Razzien der deutschen Ordnungspolizei in den besetzten Niederlanden während des Zweiten Weltkrieges verwiesen. Zu zehntausenden wurden Fahrräder beschlagnahmt. Den Zweck dieser Maßnahmen beschrieb Jupp Henneboel, ein aus Lippstadt stammender Ordnungspolizist, der in den Niederlanden eingesetzt war, heimlich allerdings den niederländischen Widerstand unterstützte, folgendermaßen: „Der Sinn war nicht, dass wir so viele Räder wie möglich nach Deutschland schicken wollten. Nee, was hätten wir damit gesollt? Die Razzien wurden durchgeführt, um den Niederländern jegliche Bewegungsfreiheit zu nehmen, so dass sie die Wehrmacht nicht länger sabotieren konnten. Darüber hinaus hatten wir den Auftrag, den Niederländern fortlaufend Angst und Respekt einzuflössen. Wir mussten sie so ruhig stellen, dass sie sich nicht mehr trauten die Straße lang zu laufen, aus Angst, ihr Fahrrad zu verlieren.“ Es verwundert nicht, dass das Bild des deutschen Polizisten als Fahrrad-
Die Nachkriegszeit Nach dem 8. Mai 1945 wendete sich das Blatt. Nun war es oftmals die deutsche Polizei, die sich mit vermeintlicher oder tatsächlicher Willkür der Besatzungsmächte auseinanderzusetzen hatte, die sich mancherorts auch in Beschlagnahmeaktionen polizeilicher Diensträder äußerten. Das Fahrrad war während der Reorganisation der deutschen Polizeibehörden in der unmittelbaren Nachkriegszeit oftmals das einzige Fortbewegungsmittel der Beamten. Die das „Wirtschaftswunder“ begleitende Massenmotorisierung, die nun breitere gesellschaftliche Schichten erfasste und auch auf ländlichere Regionen übergriff, führte seit den 1950er Jahren zu einem vorläufigen Bedeutungsverlust des polizeilichen Dienstrades. Der Ausbau der Straßen folgte nahezu ausschließlich den vermeintlichen Erfordernissen des Autound Schwerverkehrs. Versuche Geschwindigkeitsbegrenzungen durchzusetzen, wurden von Interessenverbänden und Politikern mit „nationalsozialistischen Zwangsmaßnahmen“ verglichen. Der Slogan „Freie Fahrt für freie Bürger!“ brachte diesen von Motorisierungsund Geschwindigkeitseuphorie geprägten Zeitgeist treffend auf den Punkt. Die Polizei reagierte auf diese Entwicklung: Der „Schutzmann an der Ecke“, der traditionell zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs gewesen war, stieg nun in den mobileren Streifenwagen um, der eine größere Effektivität polizeilicher Tätigkeit versprach.
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Schlussgedanken Wie sich die Beziehungen zwischen Polizei auf der einen und Bürgern bzw. Publikum auf der anderen Seite gestalten, ob die Polizei in der Öffentlichkeit als repressiv oder tatsächlich als „Freund und Helfer“ wahrgenommen wird, ist und bleibt allerdings ein offener Prozess, der durch die Kommunikationsformen, Erwartungshaltungen und Ansprüche, aber auch die Konflikte, die sich täglich zwischen diesen unterschiedlichen „Parteien“ ergeben, bestimmt wird. Doch trotz aller Offenheit. Eines ist meiner Ansicht nach jedoch sicher: Das Fahrrad, sowohl von uniformierten, wie nicht uniformierten Bürgern geschätzt, wird als Hilfs- und Fortbewegungsmittel auch weiterhin den Verlauf der Geschichte begleiten.
Der Autor freut sich über weitere Hinweise und Ergänzungen zum Thema. Seine Anschrift lautet: Michael Sturm, Kantstr. 35, 04275 Leipzig, Email:
[email protected] Bildnachweis: Abbildungen stammen aus dem Buch von Paul Riege: Die Polizei aller Länder in Wort u. Bild, 1928. Die Abbildung auf Seite 10 zeigt eine Antwerpener Radfahrerabteilung, die Abbildung auf Seite 11 zeigt eine Polizeihundstreife in Kopenhagen. Anmerkung: /1/ Leicht gekürzte Fassung des Eröffnungsvortrags zur Fotoausstellung „Uniform und Speiche“ im Billerbecker Bahnhof vom 23.09.2007.
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Uli Feick · Tretlagerwerkzeuge
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Tretlagerwerkzeuge der Firma ELDI von Uli Feick (Berlin-Spandau, D)
ELDI ist die Abkürzung der Firma Ellinghaus & Dickmann aus Wuppertal/Elberfeld. Dort wurden seit den 1930er Jahren unter anderem spezielle Fahrradwerkzeuge produziert. Später erfolgte der Umzug nach Remscheid. In Ermangelung eines Nachfolgers wurde die Firma leider vor einigen Jahren aufgelöst. Beim Durchblättern alter ELDI-Kataloge entdeckt man eine Vielzahl praktischer Werkzeuge, die jedem Fahrradbastler eine große Hilfe sein können. In loser Folge wird unser Mitglied Uli Feick, der in Kürze das 25-jährige Bestehen seines Fahrradladens feiern wird, aus der Werkstatt plaudern. Es werden auch alternative Werkzeuge vorgestellt, wenn das edle ELDI-Gerät nicht greifbar ist. Heute wird der Anfang gemacht mit den Tretlagerwerkzeugen für die weit verbreiteten Glockenlager. werden damit nun kein Problem mehr haben, aber es gibt ja auch viele neue Mitglieder in unserem Verein, die noch nicht so versiert sind. Diesen soll diese kleine Anleitung dienen.
Da unsere Schätzchen in der Regel etwas Rost angesetzt haben, ist es ratsam die beiden Glockenmuttern mit Rostlöser einzusprühen. Zum Lösen nehme man den ELDI-Schlüssel Nr. 1037 (siehe unten!). Da den nicht jeder hat, hier die
Abbildung eines Schlüssels, welchen man sich problemlos selber bauen kann (Abb. siehe S.13). Man benötigt ein Stück Flachmaterial von 350 mm Länge mal 25 mm Breite und 5 mm Stärke. Man bohre 2 Löcher von 6 mm Durchmesser im Abstand von 15 mm und feile das eine zu einem Langloch. 2 Schrauben M6 plus Muttern (Festigkeit mindestens 8.8) werden nun eingeschraubt und die Enden passend gefeilt. Durch das Langloch lässt sich nun eine Schraube verschieben, um
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Jeder, der sich mit alten Fahrrädern beschäftigt, hat zwangsläufig mit so genannten Glockenlagern zu tun. Der Name kommt von der glockenförmigen Blechkappe an der Kurbel, die zum Schutz des Lagers vor Dreck und Wasser über das Tretlagergehäuse greift. Wohl jeder ist beim ersten Versuch, solch ein Lager auszubauen, gescheitert oder hat arge Probleme gehabt. Nicht selten hat man mehr kaputt gemacht als repariert. Die alten Hasen unter den KS-Lesern
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Uli Feick · Tretlagerwerkzeuge
sie den verschiedensten Glockenmuttern anzupassen. Es gibt auch Muttern mit 2 Löchern, dann muss man sich halt Stifte passend feilen. So kann man sich ein kleines Set anfertigen, um für Dutzende von verschiedenen Glockenmuttern, die es nun mal gibt, gewappnet zu sein.
Nachdem wir nun die beiden Muttern entfernt haben tut sich das nächste Problem auf. Wie bekommt man die Kurbel
von der Welle runter? Es ist übrigens eine Tretlagerwelle und keine Achse, wie oft fälschlich bezeichnet, denn sie dreht sich ja. Der Begriff Achse hat sich in Jahrzehnten also falsch eingebürgert. Ein Abziehgewinde, wie heute üblich, ist in der Regel nicht vorhanden. Die Firma ELDI bot dafür ihren Kurbelabzieher Nr. 903A (siehe S. 14) an. Obwohl laut Beschreibung die Kurbel dabei nicht verbogen wird, ist meine Erfahrung damit doch eine andere, so dass auch ich die Hammer-AmbossMethode bevorzuge. Als erstes drehe man den Tretlageröler heraus um ihn nicht zu beschädigen. Dann legt man den Rahmen mit der linken Seite auf Unterrohr und Sitzrohr, so dicht wie möglich am Tretlagergehäuse, auf eine feste, nicht federnde Unterlage. Ich verwende dazu einen Amboss, man kann aber auch ein stabiles Kantholz dazu verwenden. Da
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Zum Lösen gehe man nun folgendermaßen vor: Als erstes muss die rechte Kurbel auf Höhe des Pedals mit einem Pedalriemen gegen den Rahmen fixiert werden, da sich ja sonst die Kurbeln mitdrehen. Nun nehme man den passend eingestellten Schlüssel und setzte ihn sauber an der Mutter an. Den Rahmen kann man dazu einfach, natürlich nur mit abgeschraubten Pedalen, auf den Boden legen. Beim Drehen stütze man sich mit seinem Körpergewicht auf den Schlüssel, um ein Abrutschen zu verhindern. Es
empfiehlt sich, dabei ein paar feste Handschuhe zu tragen, um Druckstellen oder Verletzungen, wenn man abrutscht, vorzubeugen. Interessanterweise kann die Mutter Rechts- aber auch Linksgewinde aufweisen. Also, wenn sich nichts rührt, mal in die andere Richtung drehen. Bei sehr festsitzenden oder eingerosteten Muttern empfiehlt sich auch, mit einem Durchschlag und einem Hammer die Mutter ringsum axial zu bearbeiten um Rost zu lösen, aber bitte mit Gefühl. Wenn gar nichts mehr geht, kann man mit einem Durchschlag am Schlitz der Mutter ansetzen und mit einem kräftigen Schlag den ersten Impuls geben und dann mit dem Schlüssel weitermachen.
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Uli Feick · Tretlagerwerkzeuge können aber auch anders aufgebaut sein. Es gibt immer wieder mal Ausführungen, wo man etwas anders vorgehen muss. Je älter umso spezieller kann der Aufbau sein. Für einen großen Teil trifft jedoch diese Beschreibung zu. Nun können sämtliche Teile begutachtet werden, ob sie noch brauchbar sind. Wenn die Konen noch in Ordnung sind, braucht man nur alles zu säubern, neu zu fetten und wieder zusammenzubauen. In diesem Fall lässt man die Welle mit der rechten Kurbel und dem Kettenblatt zusammen. Muss jedoch der rechte Konus gewechselt werden, muss auch diese Kurbel von der Welle demontiert werden.
lich, Kettenblatt abschrauben, oder sich einen größeren Schraubstock suchen. Die Montage erfolgt logischerweise in umgekehrter Reihenfolge.
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der Lenker in der Regel störend ist, empfiehlt es sich, diesen vorher zu demontieren. Ganz wichtig ist nun, dass man das Kurbelende, also da wo sonst das Pedal eingeschraubt ist, mit Holz unterfüttert, damit die Kurbel beim Losschlagen nicht federt. Der Rahmen liegt nun also auf 3 Punkten (2 Rahmenrohre und dem Kurbelende) auf. Diese Arbeit macht sich zu zweit besser. Einer kann den Rahmen in Position halten, während der Andere nun den Hammer schwingt. Zum Losschlagen braucht man nun noch ein Rohr, welches man als Durchschlag benutzt. Dafür kann man gut eine alte Sattelstütze aus Aluminium nehmen, um die Kurbel nicht zu beschädigen. Man setzt das Rohr durchs Kettenblatt hindurch, auf der Innenseite der linken Kurbel, so dicht wie möglich, an der Glocke an und schlage mit dem Hammer ein paar Mal kräftig darauf. Meistens löst sich die Kurbel mit dem 3. oder 4. Schlag. Der Hammer sollte schon 800 Gramm haben oder mehr. Notfalls kann man auch mit einem Heißluftfön die Kurbel erwärmen, wenn sich nichts rührt. Mitunter gibt es auch das Problem, dass auf Grund des schönen Musters im Kettenblatt, das Rohr nicht durch passt, dann muss man sich etwas Passendes suchen.
Bildnachweis
Die Abbildungen der ELDI-Werkzeuge entstammen einem Katalog der 1950er Jahre aus der Sammlung des Autors
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Nachdem nun die Kurbel ab ist, lässt sich das Lager ausbauen. In der Regel löst man die Kontermutter auf der Welle (Linksgewinde), entfernt die Nasenscheibe, und dreht den Konus runter. Nun kann man die Welle samt Kettenblatt nach rechts rausnehmen. Alte Tretlager
Legt man die Kurbel auf den Schraubstock und versucht die Welle raus zu schlagen, beschädigt man das Gewindestück für die Kurbelmutter. Die Methode wie bei der linken Kurbel scheitert in der Regel am Kettenblatt, weswegen man mit dem Alurohr nicht dicht genug heran kommt. Die beste Methode ist ein Stück Rohr, welches man über die Welle schiebt, sodass es an der Kurbel innen anliegt (nicht am Konus) und welches ein Stück länger ist als die Welle. Nun braucht man einen großen Schraubstock, an dessen einer Backe man das Rohr, und an der anderen Backe das Gewindestück für die Kurbelmutter, ansetzt. Da das Gewindestück nicht oder nur kaum über die Kurbel hinaussteht, muss man hier etwas zwischenlegen, zum Beispiel eine M6 Mutter. Nun kann man die Welle aus der Kurbel drücken. Bei zu kleinem Schraubstock stört das Kettenblatt, sodass die Konstruktion nicht zwischen passt. Wenn mög-
Ein Problem ist, wenn Teile erneuert werden müssen. Da früher jede Firma ihr eigenes Brot gebacken hat, gibt es hunderte verschiedene Ausführungen an Wellen, Konen, Gehäusebreiten, Gewinden usw. Das ist eine Wissenschaft für sich. Hat man aber alles beieinander, wird alles gut gefettet und wieder zusammengebaut. In Ermangelung einer großen Presse zum Aufpressen der Kurbeln auf das konische Ende der Welle, werden diese fest geschlagen. Ich verwende dafür eine alte Nuss aus einem Knarrenkasten, die über das Gewindestück der Welle, und in die Aussparung der Kurbel, passt. Nun schlägt man mit dem dicken Hammer die Kurbel fest. Dabei ist unbedingt eine Schutzbrille zu tragen, sowie Handschuhe, da beim Schlagen auf die gehärtete Nuss, Metallspäne abplatzen können. Erfahrungsgemäß stelle ich das Lager etwas strammer ein, da sich beim Festschlagen der linken Kurbel mitunter wieder etwas Spiel eingestellt hat. Zum Schluss werden noch die Glockenmuttern festgezogen. Sie sollten nach der ersten längeren Fahrt noch einmal überprüft und gegebenenfalls nachgezogen werden. Nun steht der nächsten Ausfahrt nichts mehr im Wege. (Fortsetzung folgt!)
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Post aus . . . meinem Briefkasten vor Weihnachten Umschläge mit Einladungen zu SonderMitgliederversammlungen, Terminverschiebungen und noch Anderem lagen.
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Post aus England und Amerika In dieser Ausgabe habe ich die News and Views-Ausgaben 322, 323, den Boneshaker 175 sowie die BQ Band 6 Nummer 2 für Euch.
Es knirscht im Gebälk des V-CC. Grund: Die vielen Dutzend clubeigenen Fahrräder, die zum Teil schon im Besitz des V-CC waren, als einige von den Rädern, die wir heute alt finden, noch gar nicht gebaut waren. Das sind nicht die abgelegten Möhrchen, die sonst niemand möchte – es gibt da Apparate wie ein 1912er Centaur oder ein 1887er Humber Safety. Diese Räder sollen nämlich verkauft werden, aus versicherungstechnischen Gründen, wie es heißt, und weil die Verwaltung der Ausleihe dieser Räder nicht so einfach ist, unter anderem weil sich nicht genug Vorstandsmitglieder finden.
Die Maschinen befinden sich zwar im Eigentum des Clubs, aber im Besitz von Ausleihern, die sie in Schuss halten und eigentlich auch auf Ausfahrten zeigen sollten – und darüber Rechenschaft ablegen. Nun hat der Vorstand beschlossen, diese Seite der Vereinsarbeit zu beenden. Die Art und Weise, wie diese Maschinen verkauft/versteigert werden sollen, hat Unmut erregt und dazu geführt, dass in
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Anfangen muss ich mit einer traurigen Nachricht: In der Nacht vom 3. auf den 4. Februar starb Sheldon Brown, alias Captain Bike, den Viele von seiner Website oder seinem Blog kennen. Brown, der nur 63 Jahre alt wurde, erlag einem Herzinfarkt. Als Besitzer von Harris Cyclery in Boston, MA, war er einer der einflussreichsten Kenner von britischen Fahrrädern, begeisterter Fahrer von starren Naben (sogar ein Tandem fuhr er mit seiner Frau „fixed“), und hat Viele mit seiner von Kenntnis nur so strotzenden Website beeindruckt. Sein letztes Großprojekt, die Neuauflage der klassischen Sturmey-Archer-Rennnabe Typ ASC durch SunRace, des heutigen Besitzers des Namens und der Patente der britischen Schaltnabenfirma, ist noch unvollendet. Brown war nicht nur äußerst kenntnisreich auf dem Gebiet des Fahrrads, sondern wird auch durch seine von großer Belesenheit zeugenden Zitate klassischer Autoren und Philosophen in Erinnerung bleiben, die er an Emails anhängte, um
das behandelte Thema in der Mail ironisch zu beleuchten.
Mit diesem Alex-Singer-Rad nahm Jan Heine am Radmarathon Paris-Brest-Paris über 1200 km teil.
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David Evans hat nach 30 Jahren sein Standardwerk über Dursley-Pedersen neu aufgelegt und erheblich erweitert. Nach der Rezension von Steve Kay zu urteilen ist die Neuausgabe noch lesenswerter als das Original. „Mr. Pedersen, a Man of Genius“ kostet £16.99 und ist im Club Shop des V-CC erhältlich.
Jan Heine hat in Bicycle Quarterly einen Aufmacher, den ich richtig gut finde: Der Bericht über eine zehnwöchige Tour, die US-Amerikanische RadfahrerInnen 1963 in Europa, auch in Deutschland, durchführten. Scott McElmury, der damalige Ehemann der späteren Amateurweltmeisterin Audrey McElmury, erzählt, wie er in die Radtouristikgruppe kam, die von Clifford Graves, einem der Begründer des Nachkriegs-Radfahrens in den Staaten, geleitet wurde.
Die Tour führte für die eine Hälfte der Teilnehmer durch England, Norwegen und Deutschland nach Paris, für die andere Hälfte durch Frankreich. McElmury berichtet, dass das Ganze einschließlich Flug, Vollpension und JH-Übernacht-
Zeichnung: Christopher Zider © 2007 Bicycle Quarterly
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Post aus . . .
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ungen etwa 850 Dollar kostete, da die Wechselkurse die Amerikaner damals sehr begünstigten. Der Knaller: Der Preis enthielt sogar ein nagelneues René Herse-Reiserad. Die Fotos zeigen die Gruppe in einer deutschen Stadt und unterwegs auf Strecke.
Der große Centerfold in BQ ist eine Zeichnung von Christopher Zider im Stil Daniel Rebours.(siehe S. 15) Sie zeigt ein leicht modernisiertes 1973er Alex Singer. Gut, denkt man sich, hübsches Stahlrahmen-Rad mit TA-Kurbeln, Huret JubileeSchaltwerk, klassischem Brooks-Ledersattel, Unterrohrschalthebeln – aber dass es Jan Heines Paris-Brest-Paris – Maschine von letztem Jahr war, gibt der Sache einen ganz aktuellen Drall. Es sind Dinge wie diese, die BQs Anspruch glaubwürdig machen: Hinter den neuesten Entwicklungen herzurasen lohnt nur, wenn sichergestellt ist, dass sie in Tat und Wahrheit Verbesserungen bringen. Erstaunlich, wie selten das der Fall ist.
Die von Clifford Graves geführte amerikanische Radlergruppe beim Pausieren
möchten wir vermieden sehen, und brechen sollten die Dinger auch nicht. Die Konstruktion muss so beschaffen sein, dass die Pedale möglichst eng zusammenstehen, damit die Beine des Radfahrers kein „A“ beschreiben. Das Gewicht – gut ein Pfund mit mittelgroßen Kettenblättern – brauchen wir nicht zu erwähnen: In den Dreißigern war Alu noch teuer. Dies ist das Lastenheft der fünfundsiebzigjährigen 49D, die seit ca. 25 Jahren nicht mehr gebaut wird, oder auch der Pro 5 vis, die TA auf Wunsch immer noch herstellt.
Dass der Schrauber an der Pro 5 vis verzweifelt, weil die nervig kleinen Kettenblattschrauben mit Vorliebe festgammeln und sich bei der Monatge mitsamt ihren Zwischenringen bei drei oder gar vier (das geht!) Blättern in ein 1000-Teile-
Puzzle ohne das Bild auf der Schachtel verwandeln, verschweigt der Bericht, aber vielleicht mache ich auch was falsch, und ich hätte meine Kritik besser verschwiegen. Sicher ist aber, dass alte Stronglights ein minimal größeres Gewinde als TA haben, und man hört, dass ein wuchtig eingesetzter TAAbzieher aus einer festsitzenden Stronglight-Kurbel im Handumdrehen und sehr sauber das Gewinde entfernen kann. Ist mir zwar noch nie passiert, aber ich habe mir doch letzthin sicherheitshalber einen Abzieher in Stronglight-Maß machen lassen.
Zum Boneshaker. Die neue Ausgabe traf mit einiger Verspätung ein, aber dank der Flexibilität unseres Hauptredakteurs Michael Mertins erscheint sie hier doch
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Man nehme beispielweise die gute alte TA Pro 5 vis – Kurbel (FünfschraubenProfimodell), oder ihr StronglightÄquivalent, die 49D (Modell 49 Duralumin; in Stahl, 49A für acier, gab´s sie auch). Die 49D wurde Mitte der Dreißiger eingeführt und wird von Jan als immer noch „up to date“ bezeichnet. Spricht man mit älteren Touristen, bekommen sie leuchtende Augen, wenn sie von 49DKubeln mit TA-Kettenblättern oder MAFAC-Mittelzugbremsen mit Universal-Hebeln berichten.
Und wirklich: Was verlangt man von Kurbeln? In verschiedenen Längen sollen sie verfügbar sein, mit variablen Zähnezahlen der Kettenblätter, Kurbelkeile 16
Die Amerikaner unterwegs in Europa auf ihren René-Herse-Reiserädern
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Post aus . . . den Krieg gewonnen, aber unter den Auswirkungen litten sie trotzdem. Rationierungen sollten noch fast ein Jahrzehnt bleiben, der Export zwecks Bezahlung der Kriegsschulden hatte absoluten Vorrang vor der Versorgung der inländischen Bevölkerung, und so konnten sich nicht viele Menschen motorisierten Transport leisten, aber für gute, sehr gute, Fahrräder reichte es oft. Das war der wichtigste Grund für die goldene Ära des Radfahrens im Großbritannien der späten vierziger und frühen fünfziger Jahre.
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Fan müsste eigentlich Maxi Car ganz oben auf der Liste stehen, aber gut; no risk, no fun.
Griffith rekapituliert die Geschichte der Firma Haden, die mit einem Juwelierladen begann. Mehrere Besitzerwechsel der Firma und Produkte von Schmuck über Flugzeugteile und Fahrradkomponenten lassen den Artikel nicht langweilig werden. Naben gab es mit eingebauter Freilaufkassette, und das 30 Jahre eher als Shimano oder Campa. Radiallager waren zu jener Zeit etwas derartig Neues für Radfahrer, dass Reparaturen (oder auch die Wartung) für Haden lukrativer als die Verkäufe wurden. In der Tat waren die Lager unterdimensioniert, was zu Haltbarkeitsproblemen führte. Auch der hohe Preis unterband größere Popularität. Der Artikel glänzt mit tollen Illustrationen und einer Reparaturanleitung.
Jan Heine auf seinem Alex-Singer-Rad
noch. Das letzte Boneshaker-Heft unter der Ägide Nick Claytons führt uns wieder in die weite Runde der Fahrradhistorie.
Man glaubt es nicht: Gerry Moore ist wieder dabei. Welcome back! Gerry berichtet über Brown Brothers, den riesigen britischen Technikgroßhändler der 1890er bis 1980er, dessen Katalog zu Fahrrädern allein hunderte Seiten stark war. Sowohl die 1939er als auch die 1952er Ausgaben des Fahrradteils füllen locker je eine CD-ROM im Reprint. Gerry beschreibt, wie er als frisch aus der RAF (Royal Air Force) Entlassener 1955 an seinem ersten Tag bei Brown Brothers das Archiv aus Katalogen in den Müll expedieren musste. Jetzt weiß man auch, woher sein Vielschreibdrang zur Fahrradgeschichte stammt: Alles schlechtes Gewissen. Oder hätte ich das besser nicht gesagt?
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Egal, noch mehr schlechtes Gewissen: Nach seinen schrecklich politisch inkorrekten Ausflügen in die Erotik der Radgeschichte deckt Gerry nunmehr auf, dass auch Frauen Patente auf dem Gebiet des Fahrradbaus erworben haben. Begehe ich einen Fauxpas, wenn ich erwähne, dass es nicht wirklich viele und auch nicht wirklich wichtige Erfindungen waren?
Von ganz weit weg kommt der nächste Artikel: Mikko Kylliäinen zerlegt den Mythos des ersten finnischen Radfahrers fachgerecht in handliche Einzelteile. Zugegeben, es bereitet mir keine schlaflosen Nächte, wenn ich daran denke, dass der wirklich erste finnische Radfahrer wohl im Dunkel der Geschichte verschwunden bleiben wird. Interessant ist
Steve Griffith schreibt über meine (und seine?) Lieblingsnaben für Kettenschaltungen: Haden mit Radiallagern, die ab Mitte der Vierziger verfügbar waren. Jan Heine wird mir bestimmt böse sein, dass ich mich geoutet habe – beim BQDer Knochenschüttler 1/2008
aber, und da ist Lorenzo Runeberg, der nicht-erste, ein gutes Beispiel, wie jemand zu zweifelhaften geschichtlichen Ehren kommen kann, weil niemand so richtig hinschaut und viele, so die Tourismusindustrie, Interesse an einem bekannten Namen haben.
Und noch ein Ausflug in die späten Vierziger. Immerhin hatten die Briten
Einer der bekanntesten Hersteller jener Zeit war Harry „Spanner“ („Schraubenschlüssel“) Rensch, der unter dem Markennamen Paris firmierte und unter anderem die bekannte Paris Galibier-Zentralrohrkonstruktion baute, die er wahrscheinlich von einem Franzosen namens Schulz entlehnt hatte. Einer seiner Rahmenbauer war Ken Janes. Mit 20 Jahren fing Janes 1947 bei Rensch an, nachdem er schon als Junge mit dem Entwurf und der Herstellung von Muffen vertraut war, da sein Vater der bekannte Muffenmacher Fred Janes war, der unter anderem die Bilaminierung des 1947er Claud Butler Avant Coureur entwarf.
Muffen? Bilaminierungen? Muffen werden über beide Rohre einer Verbindung geschoben und scheinen diese aneinander festzuhalten, bei billigen Rahmen tun sie das auch tatsächlich. Bilaminierungen sind aus ästhetischen und Gründen der Verstärkung nur über ein Rohr geschobene, aus Blech gerollte Rahmenbauteile. Man kann sie erkennen, da sie meist das zweite Rohr der Verbindung nicht überdecken, und bei ihrer Verwendung müssen die Rahmenrohre natürlich perfekt auf Maß gefräst sein, da sie direkt aneinander gelötet werden.
Rensch war jedenfalls ein großer Verfechter der Bilaminierungen und besaß sein eigenes, unverkennbares „Eiffelturm“-Design. Ken Janes erinnert sich noch gut an seine Zeit bei Rensch. Er hebt in seiner kleinen Zeitreise den Charakter Renschs hervor, beschreibt die Arbeit, einen Wochenablauf, kleine Anekdoten und zeichnet einen Plan des Wohnund Werkstattgebäudes, wie er es in den Vierzigern vorfand. Und das war´s dann auch schon wieder. Euer Toni
Alle Abbildungen (außer Boneshaker-Titel) mit freundlicher Genehmigung der Bicycle Quarterly
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Historisches Dokument hunderts bis zur Gegenwart, ArtistenLithos des frühen 20. Jahrhunderts, Veranstaltungsplakate der Berliner Varietés und Kabaretts, Plakate zur Schaustellerei mit Kuriositäten-Darstellungen. Des weiteren eine Fotosammlung von Künstlerfotos im frühen Cabinet-Format, Porträtfotos, Foto- und Autogrammalben, Postkarten und Großformate (mit 300.000 Positiven), Auftrittsfotos, in einer Größenordnung von 13.000 Positiven und Glasnegative aus den ArtistenNachlässen der Kremos und Derringtons. Letztgenannte sind aus fahrradhistorischer Hinsicht wegen ihrer Radaktivitäten besonders interessant. In dieser Sammlung finden sich Hunderte von Fotos und Postkarten von Radartisten, gut sortiert nach dem Alphabet. Was dort in die riesigen Sortierkästen schlummert, ist schier unglaublich. Auf der S. 19 sind fünf Beispiele von verschiedenen Künstlern abgedruckt.
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Documenta Artistica
Grundstock der Sammlungen zur Zirkus- und Artistengeschichte, die bis ins frühe 19. Jahrhundert reichen, sind die vom Magistrat der Stadt Berlin übernommenen Sammlungen Fritz Dillenberg (Gründer des „Ersten Deutschen CircusMuseums“ Berlin) und Julius Markschieß-van Trix. Zahlreiche Materialsammlungen und Nachlässe von Künstlern, Sammlern, Unternehmen und Organisationen der Zirkus- und Unterhaltungskunst, zu denen auch Bestände zu Varieté, Revue und Showbusiness zählen, sind inzwischen Bestandteil der Sammlung geworden. Neben den verschiedenen Sachgruppen (Fotos, Programme, Plakate, Zeichnungen, Modelle, Kostüme
Unter anderem befindet sich auch das kleine voll vernickelte Rad von Bruno Derrington in der Kostüm- und Requisitensammlung, die von 1890 bis zur Gegenwart reicht – darunter 30 spezielle Musikinstrumente, Bauchrednerpuppen, Varieté-Marionetten. Bei den Requisiten liegt auch der Strohhut von Emil Riemer, besser bekannt als das Berliner Original „Strohhut-Emil“. Seit den 1930er Jahren fuhr er mit seinem Fahrrad durch Berlin und zog allseits seinen Strohhut. Vor dem Mauerbau gehörte er zum Stadtbild in Ost und West und erfreute sowohl Bewohner als auch Touristen mit seinen Kunststücken auf dem Rad und seinem Mandolinenspiel. Er konnte den Deckel seines Hutes mit Hilfe einer unsichtbaren Schnur aufklappen – ein Gag, der immer gut ankam.
Werbeblatt für das ehemalige Zirkusmuseum
Die Sammlung weist einen unglaublichen Fundus auf. Sie umfasst ca.15.000 Plakate und Anschlagzettel, ca. 300 Hand- und Anschlagzettel (Holzschnitte) von Kunstreiter- und Seiltänzergesellschaften des 19. Jahrhunderts, Werbeplakate von Zirkusunternehmen des 19. Jahr18
Ursprüngen des Amüsierbetriebes der Jahrhundertwende, die Spezialitätentheater, Tingel-Tangel-Unternehmen und Brett'l-Bühnen von ihrer Gründung bis in die unmittelbare Gegenwart dokumentiert. Somit sind alle artistischen Genres im Sammlungsbereich vertreten: Akrobatik, Äquilibristik, Jonglage, Tierdressur, Clownerie, Magie, Tanz, Vortrag, Musikdarbietungen und Schaustellungen. Nachlässe sollen die selten nur schriftlich formulierten Biographien von Artisten erschließen (Eugen Skladanowsky, Claire Waldoff, Familie Kremo, Bruno Grosse-Derrington, Peggy Sun alias Hedwig Wendt). Die Sammlung wird gepflegt von Dr. Lothar Schirmer und seiner Mitarbeiterin Angelika Ret.
Die Postanschrift lautet: Stiftung Stadtmuseum Berlin Poststr. 13-14, 10178 Berlin Telefon: (030) 35305940 Fax: (030) 35305975 E-Mail:
[email protected]
Erläuterungen zu den Fotos auf der gegenüberliegenden Seite:
Eine Spezialbibliothek belletristischer und fachwissenschaftlicher Literatur zu allen artistischen Genres, einschließlich fremdsprachiger Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts, Textbuchsammlung, Kabarett und Fachzeitschriften der Internationalen Artistenloge „Das Programm” und des Theater- und Varieté-DirektorenVerbandes „Das Organ“ und der „Circus Zeitung“ ist angelegt. Eine Programmheftsammlung aus den Bereichen Zirkus und Varieté rundet den Bestand ab.
Unten rechts: Konrad Haller (Leipzig) mit der Todesfahrt im brennenden Ring, um 1920
Die Dokumentation der Berliner Varieté- und Zirkus-Unternehmen mit Fotos, Programmen, Plakaten, Archivalien und Modellen gilt den historisch nicht mehr bestehenden ebenso wie den derzeit existierenden; es werden nicht nur die großen Veranstaltungsorte, sondern auch die Kleinkunstbühnen von den
Mitte: Das Rennen des Max Francesco um Leben und Tod ,1928; Zirkushistoriker Adrian erläutert in seinem Buch, dass dieser Radakt nicht so ganz ernst angelegt war wie es den Anschein hatte. Das Transportband wurde nämlich von einem Elektromotor angetrieben und nicht durch Francescos Pedalkraft. Der Rennfahrer hatte es relativ einfach, sich in der Mitte zu halten, um nicht von den säbeltragenden Skeletten durchbohrt zu werden.
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und Requisiten) hat auch die Spezialbibliothek Sammlungscharakter. Die Sammlung „documenta artistica“ bildet gegenwärtig mit den Sammlungen zu Theater, Literatur und Musik eine Fachabteilung innerhalb der Stiftung Stadtmuseum Berlin. Das vollständige Material wird in den neu eingerichteten Gebäuden der sogenannten Spandauer Wasserstadt an der Havel aufbewahrt.
Bruno Derringtons vernickeltes Miniatur-Rad
Oben links: Henry Walten (Berlin) übersprang die Öffnung des Ringes während des Loopings, um1930
Oben rechts: Das Duo „The Hills“ (USA) mit ihrer halsbrecherischen Nummer, 1926; Foto: Willi Ruge
Unten links: Die Nordpolfahrt des Fred Kaufmann, Zeitungsfoto vom 15. Juli 1909
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Historisches Dokument
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Literatur
Der vergessene Roman
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Herbert Friedrich: Der Kristall und die Messer
„Heil Hitler“ immer „Guten Tag” sagte. Viele Fakten konnte der in der DDR lebende Romanautor zusammentragen, und doch fehlten Informationen in seinem fundierten Puzzle. So kannte er Köln nicht und hatte auch keinen Zugang zu Einwohnerlisten – so war die Wohnanschrift seines Helden fiktiv wie auch die gesamte Beschreibung von Köln und Umgebung. Auch von den wirklichen Todesumständen, so erzählte der Schriftsteller mir, erfuhr er erst viel später. Das ist auch der Grund, warum Herbert Friedrich sich mit Namen und Orten doch nicht so nah an die echte Geschichte anlehnte, um nicht auf die fehlenden Fakten festgenagelt zu werden und schließlich, das wohl Wichtigste, um seine künstlerische Freiheit behalten zu wollen.
Ich bekomme ein zerlesenes Buch zugesandt mit den Worten: Lies mal! Ja gern. Es ist ein Werk aus dem Kinderbuchverlag Berlin von 1971. Mir als geborener „Ossi“, ist diese Art Buch sehr vertraut: Das dünne Papier, der Satz, die Aufmachung. Es ist ein Buch für Leser von zwölf Jahren an, auch deshalb interessiert es mich, habe ich doch selbst einen elfjährigen Sohn. Vielleicht wäre das etwas für ihn ...
Weltmeister? 1932? Köln? Irgendwie kommt mir das bekannt vor. Die Ähnlichkeit mit der Geschichte des Kölner Radrennfahrers Albert Richter, die Renate Franz für ihr Buch „Der vergessene Weltmeister“ recherchierte, ist kein Zufall. Herbert Friedrich hat seinen Roman auf der Grundlage alter Zeitungsberichte geschrieben. Ihm ist eine wirklich fesselnde Geschichte gelungen. Dass so manches Detail eben nicht den tatsächlichen Geschehnissen entspricht, so weiß Renate Franz, war Absicht, denn bei dem vorliegenden Buch handelt es sich letztlich um Fiktion auf der Basis von Tatsachen.
So ist etwa die Liebesgeschichte wie auch die Hochzeit mit der widerständigen Kunststudentin ein tragendes Element im Buch - in Wirklichkeit war Richter mit einer Friseurin liiert, aber nicht verheiratet. Auch war Richters Bruder kein Maurer und Widerstandskämpfer. Richter fuhr für die Bielefelder „Dürkoppwerke“, wohingegen der Romanautor seinen Helden erst für „Meister“ und dann für „Adler“ fahren ließ.
Ich kann das Buch nicht mehr weglegen, denn die Geschichte nimmt rasant ihren Lauf: Seine Freundin Lonny gerät in die Finger der SA, sein Bruder Christian ist Widerstandskämpfer. Otto selbst scheint - völlig naiv - die braune Gefahr nicht zu sehen, auch weiß er nichts von den Aktivitäten seines Bruders. Otto erwacht erst, als man ihm ans Herz legt, sich von seinem Trainer Simon Krone zu trennen, weil dieser Jude ist. Dann reihen sich die Ereignisse wie Perlen einer Kette 20
Sein Buch war damals ein großer Erfolg. Es erschien in der Tschechoslowakei und in Lettland. Überall da, wo man unter den Nationalsozialisten viel gelitten hatte, wurde sein Werk in hohen Auflagen verkauft. In Holland wurde es sogar zum Jugendbuchpreis nominiert. Wer sich selbst ein Urteil über die Qualität des Romans bilden möchte – es wird recht häufig in Antiquariaten und im Internet angeboten. Maxi Kutschera, Leipzig
Herbert Friedrich, Der Kristall und die Messer – Sieben Jahre eines Rennfahrers, mit Illustrationen von Wolfgang Würfel, Leineneinband mit Schutzumschlag, 396 Seiten, erschienen im Kinderbuchverlag Berlin, 1. Auflage 1971, deklariert für junge Leser ab 12 Jahren
Warum hat sich der Autor einerseits dieser brisanten Geschichte angenommen und dann doch konsequent mit anderen Namen gearbeitet? – Frage ich ihn doch einfach! Ich bekam Herbert Friedrich selbst ans Telefon. Er ist heute 82 Jahre alt und lebt in Dresden. Er interessierte sich sehr für Sport und stieß zufällig auf dieses Thema. Für die Recherche las er im Dresdner Stadtarchiv alle Dresdner Tageszeitungen (er nennt sie im Gespräch Nazizeitungen) der Jahre 1932-33, sowie die Jahrgänge 1936 und 1939 vollständig - Tag für Tag. Er las sowohl den Sportteil als auch den Politikteil.
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Wir schreiben das Jahr 1932. Otto Pagler, der Protagonist des Buches, ist 19 Jahre alt. Er reist von Rom in seine deutsche Heimatstadt Köln zurück. Er ist gerade Weltmeister bei den Amateuren im Sprint auf der Bahn geworden. Der Rennfahrer wird von einer begeisterten Menschenmenge empfangen. Doch vom Ruhm allein wird der aus einfachen Verhältnissen stammende junge Mann nicht satt: So geht er einen Vertrag mit den „Meisterwerken“ ein.
aneinander: Sein Freund Erich Schopp ist als Flugzeugführer „im Dienst verunglückt“. Ein anderer Freund und Fahrradhändler wird enteignet, weil er Jude ist. Solidarisch steht Pagler hinter seinen Freunden, bis er selbst der Gestapo zum Opfer fällt. Er wird auf der Straße erschossen, als er sich weigert, im Ausland für die Nazis zu spitzeln.
Im Roman schlug der Gasthauswirt Ludwig Schopp vor Wut den Volksempfänger entzwei und kam dafür ins Gefängnis. Der Autor fand dieses „große Vergehen“ als fette Schlagzeile in einer dieser Zeitungen. Ebenso die Information, dass Albert Richters Freundin statt
Das Buch von Renate Franz „Der vergessene Weltmeister“ über das Leben des Rennfahrers Albert Richter wurde beim Covadonga-Verlag vor kurzem neu aufgelegt (192 Seiten, viele Abbildungen, kartoniert) und ist für 14,80€ im Buchhandel oder bei www.fahrradbuch.de erhältlich.
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Leserforum
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Nochmal: Waffenrecht
Die Redaktion erhielt von einem aufmerksamen Leser mit juristischer Vorbildung folgenden Leserbrief, der hier ungekürzt abgedruckt wird.
Im KS 41 findet sich auf S. 23 der Satz: ‚Der Erwerb und Besitz einer Waffe mit dem „Kleinen Waffenschein“ … ist zulässig für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen, die … das Zulassungszeichen „PTB“ … tragen.' Wer diesen Satz beherzigt, macht nicht grundsätzlich etwas verkehrt. Wohl aber gestaltet er sich unter Umständen das Leben umständlicher und teurer als unbedingt erforderlich.
Erwerb und Besitz einer PTB-Waffe erfordern nicht den sog. Kleinen Waffenschein. Jeder Volljährige kann PTBWaffen erwerben und sie nach Hause transportieren („nicht zugriffsbereit“, d.h. entladen im abgeschlossenen Behältnis). Dort, im ‚befriedeten' (= nicht öffentlichen) Bereich (Wohnung oder eingezäuntes Grundstück), darf er die Waffe nach Lust und Laune laden und führen (d.h. zugriffsbereit tragen). Der sog. Kleine Waffenschein ist einzig erforderlich für denjenigen, der eine PTB-Waffe auch im öffentlichen Raum führen (d.h. zugriffsbereit tragen) möchte – geladen oder ungeladen. Dabei ist der sog. Kleine Waffenschein diesbezüglich aber kein universeller Freifahrtschein. Auf öffentlichen Veranstaltungen z.B. ist das Tragen jeglicher Waffe (z.B. auch PTB, z.B. auch Hieb- oder Stichwaffe) nur mit Sondergenehmigung der jeweiligen örtlichen Polizeibehörde statthaft. (Klaus Erdbrügger, Bielefeld)
gen und schriftstellerischer Qualität ein fahrradhistorisches Glanzstück.
Blickfang BAMBI
Vom Leben des Schriftstellers und seinen Romanen handelt eine im vergangenen Jahr gedrehte Dokumentation. Der Regisseur Arpad Bondy fragte im Deutschen Fahrradmuseum nach Hochradfahrern als Statisten für den Film und so wurden Steffen Stiller und ich engagiert. Im Mai 2007 wurden die Szenen vor der historischen Kulisse von Coburg aufgenommen – bei leider schlechtem Wetter, denn es nieselte den ganzen Tag. Beide fuhren wir nun als „Onkel Franz und Tante Anna“ durch die Stadt. Es waren mehrere Drehorte vorgesehen. Auf dem Markt und in den Gassen Coburgs, sowie auf dem Schlossplatz wurden mehrere Runden gefahren und im Film festgehalten. Einige Einstellungen erforderten fahrerisches Geschick, so z.B. die Abfahrt quer durch den Schlosspark – über nasse Wiesen ging es da ziemlich steil abwärts. Doch wir haben alles heil überstanden und das gute Ergebnis konnten wir inzwischen schon auf DVD anschauen.
Der KS berichtete bereits über das Auftauchen eines roten BAMBI-Rennrades bei Ebay, das unser Mitglied Rüdiger Harbs aus Kiel ersteigern konnte (siehe KS 41, S. 23). Recherchen der Redaktion brachten nun ein Foto zutage, dass den Lesern nicht vorenthalten werden soll. Das Bild zeigt den Verkäufer des Rades 1958 als stolzen Besitzer dieses Kinderrennrades – ganz im Stile der Zeit mit dem hochgedrehten Rennlenker. Bei der Sonderausstellung über den Amateursport in Westfalen wird das Rädchen im Historischen Museum Bielefeld einen Ehrenplatz bekommen, – Zusammen mit alten Siegerschleifen, Sachpreisen und Originalprogramm. (mm)
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Uwe Timm Die Freiheit zu schreiben
Der Romanautor Uwe Timm im Gespräch mit Ilona und Steffen alias Anna und Franz Schroeter
Uwe Timm ist ein bekannter und vielseitiger Schriftsteller. Sein 1985 erschienener Roman „Der Mann auf dem Hochrad“ ist sicherlich vielen KS-Lesern bekannt. Das Werk erzählt die Geschichte von seiner Tante Anna und von seinem Onkel Franz (Schroeter), welcher als Erster mit dem Hochrad durch Coburg fuhr und später auch Fahrräder verkaufte. Aus den wenigen bekannten Fakten schuf Timm mit viel EinfühlungsvermöDer Knochenschüttler 1/2008
Es war wirklich eine besondere Erfahrung, diesen Tag mit Uwe Timm und dem netten Filmteam zu erleben. Der Autor ist ein ruhiger und sympathischer Mann und ihm selbst hat es sicher gefallen, mal für kurze Zeit seine Romanhelden zum Leben zu erwecken. Die Dokumentation wird in diesem Jahr auf „ARTE“ und anderen Programmen im TV zu sehen sein. Der Sendetermin für „ARTE” steht bereits fest: Es ist der 15. Juni 2008 um 18.15 Uhr. (Ilona Thieme, Weinböhla) 21
Leserforum – macht sich in den Verkaufs- und Beschäftigten-Zahlen bemerkbar. 1889 sind bei Opel in Rüsselsheim erstmals mehr als 1000 Menschen beschäftigt, die neben Nähmaschinen 2200 Hoch- und Niederräder bauen. Im selben Jahr kann das Unternehmen den ersten bedeutenden Sporterfolg seiner Geschichte verbuchen. Der Radrennfahrer August Lehr erringt in London auf einem Hochrad die „Meisterschaft der Welt“ und feiert gleichzeitig seinen 240. Sieg auf einem Opel-Rad.
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Räder für die Welt
kündet vom hohen Freizeitwert der Neuentwicklung: „Das Vergnügen des Radfahrens ist keinem Alter und Stand verschlossen, selbst Damen und älteren Herren bietet das Dreirad Gelegenheit zu gesunder Erholung. Das Fahren übt eine für Körper und Geist gleich kräftigende Wirkung aus. Rüsselsheim, Dezember 1887, Adam Opel.“
Im Jahr 1886, als in Rüsselsheim das erste Hochrad gefertigt wurde, begann eines der erfolgreichsten Kapitel in der Opel-Firmengeschichte. 1927 avancierte das Unternehmen sogar zum größten Zweiradhersteller der Welt. Zahllose Rekorde und Sporterfolge machten die Marke bekannt, allein über 560 Siege errangen die fünf Opel-Söhne. Mit der Konzentration aufs Automobilgeschäft und dem Verkauf der Fahrradproduktion an NSU endete 1937 nach über 2,6 Millionen gefertigten Fahrrädern das Zweirad-Kapitel. Wie alles begann Die Geschichte der Fahrradproduktion bei Opel beginnt mit dem Weihnachtsfest 1885. Adam Opel schenkt jedem seiner Söhne Carl, Wilhelm, Heinrich, Friedrich und Ludwig ein Velociped. Bekanntschaft mit der neuartigen Erfindung hat Adam Opel bei seiner Hochzeitsreise im Vorjahr in Paris gemacht, wo Zweiräder bereits zum Straßenbild gehören. Die Probefahrt auf dem Hochrad am ersten Weihnachtsfeiertag endet für den Firmengründer im Straßengraben, der anschließende Verkauf der offenbar gefährlichen Weihnachtsgeschenke bringt allerdings einen beträchtlichen Gewinn ein. Die erlöste Summe überzeugt Adam Opel von den kaufmännischen Möglichkeiten des neuen Verkehrsmittels. Schon im Frühjahr 1886 verlässt das erste Hochrad die Werkshallen, die konstruktiven Vorgaben liefert die führende englische Fahrradindustrie.
1888 wird die erste Fabrikhalle eingeweiht, die der Zweirad-Produktion vorbehalten ist. Die Proteste anderer Verkehrsteilnehmer anlässlich des
Das Sportengagement macht das Unternehmen bekannt, berühmt wird es durch die Erfolge und Meisterschaften der fünf OpelSöhne. Carl gewinnt insgesamt 60 erste Preise, Wilhelm 70, Ludwig über 100 und Heinrich 150. Erfolgreichster OpelFahrer ist Fritz mit über 180 ersten Plätzen. Einer seiner größten Triumphe bleibt der Sieg bei der Fernfahrt BaselCleve im Jahr 1894. Für die 620 Kilometer benötigt er 27 Stunden und 50 Minuten. Sein Rad: Die 1893 eingeführte Halb-Rennmaschine „OpelVictoria-Blitz“, deren Bezeichnung in ferner Zukunft zum Typennamen der Nutzfahrzeugpalette „Opel Blitz“ und anschließend zum Markenzeichen des Unternehmens werden wird.
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Die werbewirksamen Auftritte der fünf Brüder mit ihrem fünfsitzigem Fahrrad, dem „Quintuplet“, zeugen vom Aufkommen neuer Reklamestrategien. In Rüsselsheim lässt Adam Opel eigens für Neukunden einen „Fahrsaal“ zu Übungszwecken errichten, Ehefrau Sophie fungiert zeitweilig als Instruktorin. Zudem wird in Rüsselsheim ein Radfahrer-Verein Katalogtitel von 1894 Repro: Opel Classic Archiv gegründet und für den wachsenden Markt das 1887 studiert der älteste Sohn Carl Opel in England die FertiDamenrad konzipiert. Transporträder Auftauchens der neuartigen Zweiräder gungsmethoden der marktbeherrschenerfreuen sich bei Handel und Reichspost werden im gleichen Jahr vom Reichsgeden Hersteller. Dort hat sich das Fahrrad großer Beliebtheit. Die erste Krise richt abgelehnt: beim Aufeinandertreffen neben Pferd und Kutsche sowie als kommt 1898. Überproduktion führt zum zweier Fuhrwerke – etwa Kutsche und Sportgerät bereits etabliert. Kurz darauf Sterben vieler kleiner Marken, auch bei Velociped – muss jeder Fahrer auf sein wird die eigene Produktpalette ausgeweiOpel sinkt die Fertigung von rund 16.000 Fuhrwerk aufpassen und gegebenenfalls tet. Neben den Hochrädern, bei denen Einheiten auf nur noch 11.500 Stück im absteigen. Zweirad-Fahrer sind mit das Auf- und Absteigen akrobatisches Jahr 1900. Die Abhängigkeit vom Kutschern und Reitern somit gleich Geschick vom Fahrer verlangt, werden so Fahrradbau ist nur allzu deutlich, bei der gestellt. Die wachsende Beliebtheit von genannte „Sicherheits-Niederräder“ und Suche nach neuen Geschäftsfeldern Fahrrädern – eine Folge des einfacher Dreiräder hergestellt. Die erste Anzeige werden die Opel-Söhne in Dessau fündig. und sicherer zu bedienenden Niederrads 22
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Leserforum
Opel-Werbeanzeige aus dem Radmarkt Nr. 1828, Jg. 1926
1899 beginnt mit dem Bau des ersten Opel-Patentmotorwagens „System Lutzmann“ der Automobilbau bei Opel. Das Rad der Räder Nach einem großen Brand im Werk wird 1911 die Herstellung von Nähmaschinen beendet und der Zweiradbau forciert. 1927 avanciert Opel zum größten Fahrradhersteller der Welt, 15000
1925 wird der Franzose Robert Grassin auf Opel Steher-Weltmeister. Steher-Rennen, bei denen die Rennfahrer im Windschatten eines vorausfahrenden Motorrads Steher-Qualitäten beweisen müssen, sind im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts überaus populär. 1928 wird das Jahr der Sensation. Der Text eines Werbeplakats: „Opel bricht den Weltrekord. Auf der Autorenn-
Carl, Wilhelm, Ludwig, Heinrich und Fritz Opel auf ihrem Quintuplet
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Repro: Opel Classic Archiv
bahn von Montlhéry bei Paris gelang dem belgischen Dauerfahrer Léon Vanderstuyft hinter dem Schrittmacher Lehmann 122,771 km in der Stunde zurückzulegen und damit den von Brunier vor drei Jahren an gleicher Stelle errungenen Weltrekord von 120,900 km/h zu brechen. Weitere Rekorde stellte er auf über 25 km (12:41,8), über 50 km (24:44,8) und über 100 km (49:00). Die unerhörten Leistungen waren nur möglich mit einem Rad, das höchste Leichtigkeit mit höchster Festigkeit verbindet. Vanderstuyft benutzte daher das Rad, das in seiner Güte einzigartig dasteht, das Rad der größten Fahrradwerke der Welt, das Rad der Räder OPEL.“
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Händler vertreiben Räder aus Rüsselsheim. Auf dem Höhepunkt der Fahrradproduktion und nach der Einführung des Fließbands Mitte der 20er Jahre verlässt alle sieben Sekunden ein Fahrrad die Fertigung. Der Ruf als Marktführer verpflichtet: Opel verfügt über einen eigenen Rennstall und eine Werksmannschaft. Die Fahrer auf gelb-schwarzen Rennrädern vom Typ ZR3 zählen zu den Favoriten aller großen Rennen. Schon der dreifache Tour de France Sieger Philippe Thys aus Belgien setzte bei seinen Siegen 1913, 1914 und 1920 auf Rennräder aus Rüsselsheim.
Quelle: BVA Radmarkt-Archiv
Ein Rekord, der noch fast 80 Jahre später Bestand hat. Das Steher-Rad des Weltmeisters ist noch heute in OpelBesitz und zusammen mit einer restaurierten Steher-Maschine Teil der historischen Sammlung. Dieses gewaltige, 250 Kilogramm schwere Gefährt besitzt einen Opel-Automobil-Motor. Der 1,6 Liter-Vierzylinder besteht aus paarweise zusammengegossenen Zylindern mit Querstrom-Zylinderköpfen, die Leistung beträgt circa 30 PS, die Leistung wird durch zwei lederne Flachriemen über hölzerne Riemenscheiben auf das Hinterrad übertragen.
Mehr Komfort und Stabilität Entscheidende Neuerungen halten Einzug in die Produktion: 1930 werden die für mehr Fahrkomfort sorgenden Ballonreifen in das Programm aufgenommen und 1933 präsentiert Opel den verwindungssteifen Doppelrohr-Rahmen. „Dieses Prinzip ist der bedeutendste Fortschritt in der Fahrradkonstruktion seit der Einführung des Freilaufs“, wirbt die Adam Opel AG für ihr neues Produkt. Die offizielle Verkaufsbezeichnung ist „Doppelstabil“. 1936 folgt nach 50 Jahren Fahrrad-Produktion der letzte Höhepunkt. Opel ist offizieller Ausstatter des Botendiensts im Olympischen Dorf in Berlin. Am 15. Februar 1937 produziert Opel das letzte Fahrrad. Es gehört der „Blau-Chrom-Klasse“ an und trägt die Seriennummer 2 621 964. Im Jahr des 75jährigen Firmenjubiläums erfolgt mit dem Verkauf der Fahrradfertigung an NSU - wo noch für ein Jahr Fahrräder mit der Bezeichnung Opel-NSU hergestellt werden - die Konzentration auf das Automobilgeschäft; Opel ist Europas größter Automobilproduzent. Nach rund 2,6 Millionen Exemplaren und 51 Produktionsjahren endet dieses Kapitel der Opel-Mobilitäts-Geschichte.
Quelle: „Opel Classic Archiv” Heinz H. Zettl, Tel. 06142-775470
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Leserforum
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Reifennot – Notbereifung In beiden Weltkriegen wurde es Privatpersonen mit zunehmender Kriegsdauer schwerer gemacht, neue Bereifung zu bekommen. Die Kautschukknappheit führte zu Lieferbegrenzungen, Beschlagnahme und schließlich zum totalen Verkaufsverbot und zu Radfahrverboten. Radfahrer, die auf das Fahrrad angewiesen waren, konnten Ausnahmeregelungen beantragen. Klaus-Peter Schieschke aus Eisingersdorf hat hierfür ein Beispiel geliefert: Gustav Steuber wurde vom „Königlichen Landrat“ in Arnsberg am 30. August 1916 eine „Erlaubnis zur Benutzung von Fahrradbereifung“ ausgestellt. Er durfte zum Zwecke „der Fahrt von der Wohnung bis zur Provinzial, Heilandstraße und zurück“ (offensichtlich die Arbeitsstelle) Fahrradbereifung benutzen. Vermutlich solche, die sich an seinem Fahrrad befand, möchte man hinzufügen.
Auch der Radsportbetrieb wurde stark eingeschränkt. So erließ das „Oberkommando“ in Hannover im Mai 1916 ein Verbot der Benutzung von Fahrrädern zu „Vergnügungsfahrten und Sportzwecken“. Ausgenommen waren „ausgewählte Rennen zur Erprobung von Ersatzbereifung“ auf Radrennbahnen. Begründung: Gummireifen wurden zu „Heereszwecken“ gebraucht. Bereifung wurde beschlagnahmt und gegen Entgelt eingesammelt.
Im März 1919 teilte „Conti“ mit, daß der Betrieb wegen Kohlenmangel für 14 Tage stillgelegt werden musste. Im August des gleichen Jahres schrieb dieselbe Firma: „Nachdem die ersten Sendungen Rohgummi eingetroffen sind, ist es uns möglich, nunmehr auch Fahrraddecken und Schläuche in alter, bestbewährter Friedens-Qualität herzustellen...“
1919 fand der „Große Straßenpreis von Hannover“ in drei Kategorien statt: Für Wertpreisfahrer und für Geldpreisfahrer mit Normal- und mit Ersatzbereifung. Die Fahrer, die mit Ersatzbereifung fuhren, waren auf der 260 Kilometer langen Strecke gut zwei Stunden länger unterwegs, als die Normalreifen-Fahrer. Notbereifungen gab es in unterschiedlichsten Ausführungen. Sie waren ausgestattet mit: Blattfedern, Schraubenfedern, Schraubenfedern mit Platten als Lauffläche, Holz, Seilen, Spiraldrähten, Spiralfedern, Vollgummi, auf Kerndrähte gezogene Scheiben aus verschiedenen Materialien, z.B. aus Reifenresten (siehe Abbildungen).
Außerdem gab es Notbereifung als Schlauchersatz, über den eine Decke gezogen werden musste. Materialien waren schlauchartige Drahtgewebe, Lederscheiben, Korkstücke u.a. Jens Bredehöft aus Buchholz verweist auf einen besonderen „Kriegsreifen“ aus der Zeit der Besetzung Frankreichs während des Zweiten Weltkrieges. In einem französischen Fahrradbuch fand er die Abbildung eines Reifens, auf dessen Lauffläche kleine Hakenkreuze geprägt waren. Im Begleittext hieß es, dass die Reifen den besetzten Boden markieren sollten.
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Ein Schriftstück aus dem Jahre 1916 enthält acht über ganz Deutschland verteilt sitzende Reifenaufkäufer. Das Papier ist überschrieben: „Von der Kautschuk-Abrechnungsstelle des Kriegsministeriums, Kriegsrohstoff-Abteilung, angestellte ‚Altgummi-Aufkäufer’ “. Eine dieser Firmenadressen und ihr Zuständigkeitsbereich lauteten: „Gebrüder Salomon, Hannover, Ohestraße 3 für Hannover, Westfalen, Oldenburg, Braunschweig, Waldeck (Pyrmont), Lippe (Detmold), Schaumburg-Lippe, Hamburg, Bremen.“
noch im Besitz von Privatpersonen befinden. Vorräte an Fahrraddecken und -schläuchen bei der Heeresverwaltung sind vielleicht nicht unbedeutend, aber für den freien Handel noch nicht verfügbar. Die Herstellung von Fahrraddecken aus Ersatzstoffen (synthetischem Kautschuk) ist wieder erlaubt... Die Herstellung von neuen Fahrradschläuchen ist noch nicht freigegeben...“
Gefertigt und angeboten wurden in der Zeit des Ersten Weltkrieges auch „Continental-Kriegsreifen“, bei denen wohl Abstriche an der Reifenqualität gemacht werden mussten. Anfang 1919 erreichte ein Brief der „Continental“ Hannover die Händler: „... Die Aufhebung der Beschlagnahme von Fahrradbereifungen ändert an den bisherigen Zuständen nicht viel, weil dadurch nur diejenigen Bestände frei werden, die sich 24
Die abgebildeteten Ersatzreifen gehören in die Sammlungen „Deutsches Fahrradmuseum“, Heinz Fingerhut, Hans Fleischmann und Walter Euhus. Sie wurden anläßlich der Ausstellung der Radfahrgalerie „Rädlichkeiten und Pneumatics“ im Herbst 2007 in Burgdorf gezeigt. Die unteren zwei Abbildungen stammen Der Knochenschüttler 1/2008
Leserforum / Ausstellungen
Leipzig 2007
Jahren aus Paris brachte internationales Flair in die Schau. Mit diesen zweisitzigen muskelkraftbetriebenen Kleinstautomobilen soll man in Frankreich auch in die Sommerferien gefahren sein, ohne Lärm und ohne Benzin.
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aus einem Bericht des „Radmarkt“ Nr. 15/1961 „Not machte erfinderisch – Fahrrad-‚Bereifungen' am Ende des ersten Weltkrieges“. Im Text heißt es dazu: „Was sich hier um die Fahrradfelgen rankt, rumpelte und kreischte vor gut vierzig Jahren auf den Straßen: Reifenersatz! Heute unvorstellbar – aber Gummireifen waren nicht da, und so mußte herhalten, was sich anbot, was zu federn vorgab. Ein lebensgefährliches Fahren! Die Federn pickten auf, was auf der Straße nichts zu suchen hatte: lange Nägel, Holzteile, Hufeisen – und so gab es manchen Sturz durch ein blockierendes Vorderrad!...“
weise findet Gerhard Eggers - unser Mann in Leipzig - jedes Jahr den Elan, die Zeit und die Kraft, diese Großveranstaltung zu meistern. Ihm und seinen Helfern und Freunden ist diese erstklassige Ausstellung zu verdanken. Damit keine Langeweile bei den Besuchern aufkommen kann, wird jedes Jahr eine neue Ausstellung gezeigt. Diesmal gab es keine Hochräder, Velozipede oder Safeties zu sehen, wenn das auch einige treue Besucher unserer Fahrradpräsentation vermissten.
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Das Thema Notbereifung läßt sich um „Notreparaturen“ erweitern. Zu Hochradzeiten wurden z.B. bei Reifendefekten Einsatzstücke zwischen den mit einer Spiraldrahtseele versehenen Vollgummireifen gesetzt und mit einem Draht befestigt. In späteren Jahren legte man ein Stück eines alten Reifens unter oder auf die beschädigte Decke. Dadurch hatte der Reifen zwar einen „Schlag“, aber die Gefahr eines Schlauchdefektes war gemindert.
Bereits zum vierten Mal kam der Veranstalter der Messe Touristik & Caravaning / fahrrad-markt-zukunft auf unseren Verein mit der Bitte zu, wieder eine sehenswerte Ausstellung rund um das Thema Fahrräder vergangener Zeiten zu gestalten. Nun dauert diese Messe allein fünf Tage, dies schon personell sehr schwierig abzusichern sind. Glücklicher-
Sollte einer der interessierten Leser eine nicht genannte Form der Notbereifung oder Notreparatur kennen oder weitere Informationen besonders aus dem Zweiten Weltkrieg besitzen, wäre der Verfasser sehr an Kopien, Beschreibung und Abbildungen interessiert. (Walter Euhus, Langenhagen)
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Gezeigt wurden über 40 historische Fahrräder, die bisher in Leipzig noch nicht ausgestellt waren. Zahlreiche große Schautafeln dokumentierten den Werdegang der Firma Mifa von der Gründung 1907 bis zur heutigen Zeit als börsennotierte Massen-Montagefirma im Billigsektor. Ältestes ausgestelltes Mifa-
Fahrrad war ein Damenrad aus der Zeit kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Glanzzeiten erlebten die „Mifa“ in den 1920er Jahren, als auf Rädern dieser Marke sogar Weltmeistertitel errungen wurden.
Themen waren dieses Jahr: Kinderfahrräder und Kindertransport auf dem Fahrrad, Fahrrad und Urlaub sowie die Gründung der Mitteldeutschen Fahrradwerke (Mifa) in Sangerhausen vor 100 Jahren.
Die Bereiche Kinderfahrzeuge und Kindertransport wurden sehr sehenswert in Szene gesetzt. Zum Thema „Urlaub und Fahrrad“ wurde ein altes Steilwandzelt mit Lagerfeuer und Blumen garniert. Ein rotes Mochet-Velocar aus den 1930er
Vom Einzelhandel stark kritisiert wurde seinerzeit der Direktvertrieb durch fabrikeigene Verkaufsstellen, die bis zum Zweiten Weltkrieg praktiziert wurde. Die25
Ausstellungen / Museen / Leserforum
Altig bei StahlRad Hans-Erhard Lessing 70 Rudi Altig (70 Jahre), die heute noch
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ser Umstand dürfte der Grund sein, warum sehr wenige Kataloge von Mifa aus den 1930er Jahren bei Sammlern vorhanden sind. Nur Zeitungswerbung für Direktverkauf von Rädern gibt es jedoch reichlich.
In der Zeit nach 1945 wuchs Mifa zum größten Fahrradhersteller der DDR heran und bediente - anders als Diamant auch die Segmente Kinder-, Transport- und Klappfahrräder. In den 1980er Jahren gab es erstmals ein Tandem aus DDR-Produktion. Das „BMS-Kontakt“ wurde in Schwerin als ausgelagerte Mifa-Produktion vom VEB Baumechanik Schwerin hergestellt. Von allen wichtigen Mifa- Modellen von 1920 bis 1988 wurde ein Exemplar gezeigt, oftmals im direkten Vergleich zur Katalogabbildung der jeweiligen Zeit. Dass es in der DDR nicht immer so prüde zuging, beweisen uns die Mifa-Kataloge der 1960er und 1970er Jahre mit recht pikanten Darstellungen. Ursprünglich war geplant, die Ausstellung mit aktuellen Modellen zu ergänzen. Dazu unternahm Gerhard einige Bemühungen direkt im Mifa-Werk. Leider blieben seine Anfragen oder Bitten alle unbeantwortet. Mifa scheint nicht an seiner eigenen 100jährigen Geschichte interessiert zu sein, ja nicht einmal an kostenloser Werbung vor 80.000 Besuchern.
Express, NSU und Opel sind viele weitere Marken vertreten. Darunter befinden sich Exoten wie ein Cooper-Dreirad, ein Chillon Holzrad, übersetzte Hochräder mit Trethebelantrieb und einige Safeties. Fahrradzubehör, historische Fotos, Poka-
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Allen Helfern und Leihgebern sei an dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt, besonders dem Ausstellungsmacher Gerhard Eggers. Ohne seinen Enthusiasmus gäbe es diese wunderbaren Messeausstellungen im grauen November nicht.
populäre Radrennsport-Legende der 1960er Jahre, besuchte im November 2007 das StahlRad-Museum in Rechberghausen, welches von unserem Mitglied Siegfried Stahl mit großem Engagement und viel Liebe zu alten Rädern privat betrieben wird. Altig war sehr beeindruckt von all den seltenen Exponaten des 19. und 20. Jahrhunderts, welche Siegfried Stahl in jahrelanger, mühsamer Kleinarbeit gesammelt hat und nun in seinem privaten Museum der Öffentlichkeit zugänglich macht. Gezeigt werden deutsche, französische, englische und amerikanische Fahrräder des 19. und 20. Jahrhunderts. Neben Adler, Diamant,
(Fahrradveteranenfreunde Frank Papperitz, Pirna)
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Dresden
le und Kataloge in Schauvitrinen runden die schöne Sammlung ab. Ein Besuch ist jedem Fahrrad-Interessierten wärmstens zu empfehlen.
Das StahlRad-Museum in 73098 Rechberghausen (zwischen Stuttgart und Ulm), Hauptstraße 10 ist jeden Dienstag und an jedem 1. Sonntag eines Monats jeweils von 14 17 Uhr geöffnet (Telefon 07163/8986). Weitere Infos im Internet unter www.stahlrad-museum.de
Der Technikhistoriker und langjährige Hauptkonservator an Museen feierte in Mannheim seinen 70. Geburtstag. In Schwäbisch Gmünd geboren schlug Lessing nach Eberhard-LudwigsGymnasium und Physikstudium in Stuttgart, Promotion in Berlin, Laserforschung im kalifornischen IBMLabor San José und Habilitation in Ulm die M u s e u m s l a u fbahn ein. Schon früh engagierte er sich für Wissenschafts-Popularisierung und die neuen Science-Centers mit ihren interaktiven Experimentierstationen. Jüngste Bücher des außerplanmäßigen Professors der Universität Ulm sind die Biographien von Robert Bosch und Karl Drais, sowie von 20 Mannheimer Pionieren anlässlich des 400-jährigen Stadtjubiläums.
Seit den 1980er Jahren wurde Lessing vor allem durch seinen Einsatz für einen Paradigmenwechsel in der Technikgeschichte bekannt, nämlich das Fahrrad historisch als Wegbereiter des Automobils anzuerkennen. Hierzu begann er, die nur noch in Pflichtexemplaren erhaltene historische Fahrradliteratur als Reprints herauszugeben, als Quellen für die Technik-, Sozial- und Kulturgeschichte. Zudem vertritt er den deutschen Sprachraum bei der alljährlichen International Cycling History Conference, wo er 1997 das so genannte Leonardo-Fahrrad als Fälschung entlarvte.
An Populärwissenschaftlichem gab Lessing den 1876er Klassiker „Der junge Mathematiker und Naturforscher“ des Nobellaureaten Karl Ferdinand Braun wieder heraus, gestaltete das Katalogbuch des Science-Centers Technorama in Winterthur und brachte das amerikanische Kultbuch „Denksport Physik“ von Lewis Epstein nach Pisa-Deutschland. Mit Lessing feierten seine Frau, seine beiden Töchter und zwei Enkelkinder. (mk)
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Ausfahrten
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Allein unter Schleppern Für Sonntag, den 23. September des vergangenen Jahres rief der Landwirtschaftsverlag zur „Ersten Westfälischen Sternfahrt – Historische Landtechnik“ nach Münster auf – also verlockend nah vor meiner Bielefelder Haustür. Gemäß des Mottos ‚So einen Lanz werden wir ja wohl im topfebenen Münsterland locker abhängen!’ startete ich eine Anfrage, ob Jahrzehnte der Stationierung auf einem westfälischen Gutshof auch ein Velo als ‚Landtechnik’ qualifizieren würden. Psychologisch geschickt fügte ich ein in (pseudo-)ländlicher Umgebung aufgenommenes Bewerbungsfoto meines 1939er Ernst-Machnow-Maschinchens bei. Die Antwort kam prompt: Gegen ein nettes Rädchen als kleinen Hingucker zur Auflockerung einer Schlepperkolonne habe man absolut nichts einzuwenden. Peinlich wurde die Sache erst, als kurz darauf noch die Nachricht kam, man habe mich in den erlauchten Kreis der Top-40Fahrzeuge aufgenommen, die auf einer Sonderfläche parken und im Rahmen einer Parade einzeln vorgestellt werden würden. Jetzt hatte ich jemandem, der mit viel Aufwand ein wesentlich komplexeres Gerät als ein Rad am Leben erhielt, seinen verdienten Platz weggenommen. Na ja.
Die Fahrt – jeweils in kleineren Grüppchen, um nicht alles zu blockieren – bei schönstem Wetter durch das nicht weniger schöne Münsterland war erwartungsgemäß fahrerisch eine äußerst lockere Sache und ansonsten ein Erlebnis – am Straßenrand jede Menge Leute, auch viel Pressefotografen. Der Kollege vor mir, an dessen gewaltigen Hinterrädern ich lutschte, hatte zwar vielleicht nicht den interessantesten aller Traktoren, dafür aber statt einer ordinären Hupe einen Soundgenerator, der sehr überzeugendes Stiergebrüll hervorbrachte – welches prompt die Kühe auf der Weide in die Stampede trieb, Hunde panisch in die Luft spritzen ließ und bei den Zuschauern für große Heiterkeit sorgte.
Der Exot neben seinem Machnow-Maschinchen, begeleitet von seiner Lebenspartnerin Reinhild Portmann. Im Hintergrund ein Lanz Bulldog aus dem Jahr 1942.
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Um jedenfalls am heiligen Sonntag nicht früher als unbedingt nötig Hektik aufkommen zu lassen, ‚briet’ ich, diversen anderen modernen Velocipedisten engagiert das Katzenauge zeigend, schon am Vortag kurzerhand zu dem von mir erwählten, weil nächstgelegenen Startort, Warendorf, bis dato von mir lediglich als lästiges Hindernis im Verlauf der Bundesstraße wahrgenommen. Ein schweres Versäumnis! Das wirkliche Warendorf entpuppte sich als ein ganz reizendes Örtchen mit toller Fachwerk-Innenstadt. Man kann gut und spottbillig essen, und die Hotels sind speziell auch von der Abund Unterstell-Infrastruktur voll auf Bedürfnisse von Radwanderern eingestellt.
wollend-interessiert. Jemand fing gleich an, Fotos von mir zu schießen, und ein anderer rief humorvoll: ‚Aha, der Herr Forstamtsinspektor ist auch da!’, wohl in Anspielung auf meine Ausstaffierung, u.a. mit väterlichem (Vorkriegs-)Jägerrucksack. Meinen Spruch: ‚Mein Trecker sprang nicht an; da bin ich lieber mit dem Rad als gar nicht gekommen,’ ließ ich stecken.
Am nächsten Morgen kam ich absolut nicht zu spät zum Ablaufpunkt, nur fast alle anderen – mehr als einhundert alte Traktoren und Unimogs – waren schon angetreten. Also nahm ich quasi erst einmal freundlich grüßend die Parade ab, um mich dann möglichst weit hinten einzureihen. Das im Rahmen montierte, A4große Teilnehmerschild – mit Top-40Sondernummer – verriet unübersehbar meinen Status. Die Aufnahme war wohlDer Knochenschüttler 1/2008
Insgesamt 600 teilnehmende Fahrzeuge und kein Chaos – die Veranstaltung war super organisiert. Auch dass auf das Ausstellungsgelände gut doppelt so viel Leute kamen wie erwartet – geschätzte 25 000 – und damit die Bratwürstchen knapp wurden, uferte nicht zum Problem aus.
Interessant war die Reaktion der Besucher, die mein Rädchen keineswegs als uninteressant links liegen ließen, um sich
lieber auf die eindrucksvollen DieselSaurier zu stürzen. Allmählich wurden mir die Gründe klar. Der siebenunddreißigste 1957er Deutz reißt keinen mehr vom Hocker, aber das einzige Rädchen ist das einzige Rädchen. Außerdem: Viele Traktoristen hatten ihr Gerät, das ja nicht so schnell Beine bekommt, abgestellt und waren zu Kollegen zum Klönschnacken gegangen, so dass an einer großen Zahl von Exponaten kein Ansprechpartner vorhanden war. Diesen Luxus konnte ich mir ja nicht leisten. Außerdem haben die wenigsten Menschen von Schleppern so viel Ahnung, dass sie eine wirklich sinnvolle Unterhaltung darüber führen könnten. Beim Thema ‚Fahrrad’ sieht das – speziell in der Fahrradstadt Münster – anders aus, so dass ich viele interessante Gespräche führen konnte. In erster Linie waren die Leute überrascht, wie viel Fahrradtechnik es vor dem Krieg bereits gab. Kettenschaltung? Trommelbremse? Dynamolicht? Alles original?
Es gab auch Witziges. Jemand konnte sich zum Beispiel partout nicht vorstellen, dass man die Entfernung Bielefeld – Münster per Rad bewältigen könne. Oder: ‚Fährt das Rad denn noch?’ wollte ein kleiner Junge wissen, während ein Mann mittleren Alters fachgerecht an der Kurbel rüttelte und bewundernd konstatierte: ‚So alt, und noch kein Lagerspiel!’ (Wie das wohl kommt.) Ein zweibeiniger Oldtimer wollte mich überzeugen, dass es 1939 noch keine Kette mit Halbzollteilung gegeben habe. Er müsse es wissen. Er habe schließlich früher selbst viel Fahrräder repariert. – Ja, wenn das denn so ist…
Zu Recht erwischten mich dagegen gleich mehrere ältere, einschlägig gediente Semester dahingehend, dass die ‚Patronentasche’ (in Wirklichkeit: Verbandstasche) am Sattel nicht wirklich etwas zu suchen habe, sondern an den (Uniform-)Gürtel gehöre. Ja. Aber sie passt von Form, Lederfarbe und Baujahr her doch so schön, dass ich der Versuchung nicht widerstehen konnte. Außerdem kann man sich doch wohl zwanglos vorstellen, dass an einem Rad, mit dem der Originalbesitzer bei Kriegsende vor der vorrückenden Roten Armee gen Westen floh, weggeworfenes Wehrmachtsmaterial zivile Weiterverwendung gefunden hat, oder nicht? Fazit jedenfalls: Ein bemerkenswertes Erlebnis! (Klaus Erdbrügger, Bielefeld)
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Treffen
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Wintertreffen in Erfurt Am Wochenende vom 15. bis zum 17.2. sollte es wieder stattfinden - das Wintertreffen in Erfurt. Die Aussicht auf das Treffen mit vielen Freunden, eine gute Planung im Vorfeld durch Tilman und bestes Wetter versprachen ein perfektes Wochenende. 35 Teilnehmer hatten sich angemeldet und fast alle trafen sich bereits am Freitagabend zu einem gemeinsamen Abendessen in einem nahe gelegenen Restaurant. Schon dieser Abend ging viel zu schnell vorbei - die Zeit reichte nicht, mit allen ins Gespräch zu kommen. Am Samstagmorgen fand, wie im Jahr zuvor, der Trödelmarkt der Teilnehmer in den Räumen der Jugendherberge statt.
über Hermann Klaue und die von Ihm entwickelten Räder zu erzählen, Tilman hatte einiges über die eigenwillige Konstruktion von „Textima“-Rädern zu berichten, Walter erläuterte die interessanten Verquickungen von August Stukenbrok und Hermann Löns (dass es diese Verbindung wirklich gab, vermutet man kaum) und Uli hatte einen interessanten Artikel über die Opel-Fahrradproduktion in den Jahren 1924-27 gefunden.
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Auch wenn die Zahl der Verkaufstände und das Angebot überschaubar war, fand doch einiges einen neuen Besitzer und die Gespräche des Vorabends konnten während der „Schatzsuche“ kurz fortgesetzt werden. Wie schon am Abend zuvor - die Zeit rannte davon, da ja auch noch jede Menge Vorträge geplant waren. Im Gegensatz zu den Veranstaltungen der Vorjahre stand diesmal auch das Thema „Vereinsinternes“ auf der Tagesordnung. Vorgestellt und andiskutiert wurden im Wesentlichen der Internetauftritt des Vereins - hier hat sich Andreas Karcher bereit erklärt, in Zukunft die Arbeit von Jens Klotzsch auf sich zu laden (einen großen Dank auch von mir), der Messestand und die Präsentation des Vereins, die Probleme, die sich ergeben können, wenn ein Verein als „gemeinnützig“ anerkannt ist und eine kleine Änderung am organisatorischen Ablauf der nächsten Velocipediade in Spandau (nicht in Berlin- sondern in Spandau, wie Uli Feick betont). Hier soll die Mitgliederversammlung auf den SonntagVormittag verlegt werden, um dem Wunsch nach mehr Zeit dafür Rechnung zu tragen.
Im Anschluss folgten verteilt auf Samstag und Sonntag viele Kurzvorträge. So wurde die Oberflächenbehandlung „Trowalisieren“ durch Vorführungen mit jeder Menge technischem Gerät von Berthold veranschaulicht. Andreas hatte viel
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Auf Einladung hielt Michael Sturm einen interessanten Vortrag über das polizeiliche Dienstfahrrad (siehe Artikel in diesem KS). Sven berichtete über die frühen NSU-Fahrradmodelle und die doch sehr ähnlichen Modelle anderer Hersteller und Jan wusste einiges über die an vie-
len französischen Fahrrädern zu findenden Steuerplaketten zu berichten, Gerhard lud mit vielen von ihm in alter Literatur gefundenen Karikaturen zu Fahrradfahrern und deren Missgeschicken zum Lachen ein. Kyra berichtete über die L’Eroica (nicht Erotika!), an der im Oktober 9 Vereinsmitglieder teilgenommen hatten (siehe KS 41). Die Aufzählung der Themen klingt hier wie der Stundenplan eines Schülers, war aber wesentlich interessanter!
Auf jeden Fall ein vollgepacktes 2Tage-Programm mit viel „Input“, das am Samstagnachmittag durch die Busfahrt ins Museum „Automobile Welt“ in Eisenach aufgelockert wurde. Wo zuletzt die Wartburg-Automobile gefertigt wurden, findet sich jetzt ein Museum in alten Werkhallen. Mit der äußerst fachkundigen Führung, die wir dort hatten, war es wesentlich interessanter und informativer als bei meinem einfachen Besuch vor 2 Jahren. Samstagabend ging es auf verwinkelten Wegen per Bus in die Innenstadt von Erfurt. Programmpunkt: Abendessen. Und wenn wir Helge nicht überzeugt hätten, dass unser Fußweg zurück zur Unter-
kunft wirklich der Richtige ist, wäre er mittlerweile wahrscheinlich schon zu Fuß in Spandau und damit der erste Teilnehmer der Velocipediade.
Die Zeit ging rasend schnell vorbei, plötzlich war’s schon Sonntagmittag und die Veranstaltung zu Ende. Schade, man hätte noch Tagelang weitermachen können. Und wer nicht dabei war, hat viel Interessantes verpasst! Wir sind im nächsten Jahr auf alle Fälle wieder dabei. Noch mal Danke an Tilman für die Organisation. (Kyra Elsässer-Büssing, Dülmen)
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Mein Rad
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Mein Rad aus der Sammlung Gunter Bünecke, Düsseldorf Das vorgestellte Rad
Hannibal 28”-Damenrad, Baujahr 1940 mit der Rahmennummer 92 417, Fertigung von 1925 bis 1940 in Lippstadt (Westfalen) durch Firma Werner Grübe (Grossist?). Es handelt sich hier um eines der letzten produzierten Fahrräder. Der ungewöhnliche Markenname „Hannibal“ stammt ursprünglich von einer Fahrradfabrik aus Kempten im Allgäu, von welcher Grübe sie übernahm. Der Name soll wohl an den Krieger Hannibal erinnern, der bei einem Feldzug über die Alpen drei Dutzend Kampfelefanten mitführte. Woher stammt es und wie lange ist es in Deinem Besitz?
Der Mechaniker aus meiner Werkstatt hat es aus einem Schrottcontainer auf dem Böhler-Werk in Düsseldorf gefischt. Dort wartete es auf sein bitteres Ende. Was magst Du besonders?
Alle drei wichtigen Teile sind vorhanden. Steuerkopfschild, Schutzblechemblem und Klingel. Was ich bis heute nicht verstanden habe, dass sich noch alles im Originalzustand befindet. Mir gefällt die ausladende Breite der NSU-Lenkerform, der geschmiedete Gabelkopf, sowie das Glockentretlager mit seinem Konterring. Was magst Du nicht?
Foto oben: Das vor der Zerstörung gerettete Rad mit seinem zufriedenen Besitzer, der es als Beispiel für ein typisches Gebrauchsrad der 1940er Jahre erhalten hat.
Foto links: Die absolut seltene Schutzblechfigur mit einem Schriftzug, der in rot ausgelegt ist. Darunter der markante Bosch-Dynamo mit der kleinen, verschraubten Öffnung für das Öl.
Foto unten links: Der schlicht gestaltete HannibalKlingeldeckel, der in fast jeder Sammlung fehlten dürfte!
Welches war Dein bestes Erlebnis mit ihm?
Foto unten rechts: Das rosettenförmig ausgestaltete Kettenblatt des Damenrades.
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Die verblichenen Hannibal-Schriftzüge, aber ich denke nicht daran, etwas zu verändern. Der Zahn der Zeit hat hier seine Spuren hinterlassen.
Mein Mechaniker hat es neu eingespeicht – das Rad sollte ja benutzt werden –, den Bosch-Dynamo instand gesetzt und die zerbeulte Bosch-Lampe dem Zustand des Rades angepasst. Ein einfaches, schlichtes und unbekanntes Rad ist aus dem Schrott auferstanden und lebt nun für die nächste Generation weiter.
Für die nächsten Ausgaben des KS werden noch Räder und ihre Besitzer gesucht, die sich hier vorstellen möchten. Bitte bei der Redaktion melden!
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Vereinsnachrichten / Die Feder und tragt Euch als Werber ein. Wie im vergangenen Jahr sollen Werber und Neumitglieder mit schönen Preisen in Form von Fahrradbüchern und Fahrradzubehör belohnt werden. (mm)
Wilhelmshaven. Unser Jahrestreffen wird dann erstmals in der friesischen Landschaft statt finden. Und eine Ausfahrt ans Meer soll wohl auch auf dem Programm stehen! (mm)
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Vereinsnachrichten Mitgliederwettbewerb „Pro 500“
Wegen des großen Erfolges wird der Wettbewerb weitergeführt bis zum Ende des Jubiläumsjahres, d. h. bis zum 31. Juli 2008. Nur zur Erinnerung – es traten über 50 Leute innerhalb des Geschäftsjahres ein! Auch über das Winterhalbjahr haben sich viele neue Mitglieder im Verein eingefunden, so dass wir jetzt bei gut 440 Mitgliedern stehen. Damit sind wir auf die
Zielgerade eingebogen und sind nur 60 Mitglieder von der magischen Zahl entfernt. Das muss doch zu schaffen sein! Also strengt Euch an und überzeugt andere Fahrradbegeisterte von unserem Verein. Mit dem nun vorliegenden KS 42 mit farbigem Umschlag dürfte das doch leicht fallen! Um diese Qualität jedoch halten zu können, brauchen wir aber noch ein paar Mitgliedsbeiträge mehr. Bitte verwendet das beigelegte Eintrittsformular
Die Feder
Neuer Webmaster
Sommerfest in Bad Brückenau
Es ist wieder soweit – das sommerliche Treffen beim Deutschen FahrradMuseum in Bad Brückenau steht wieder an! Das Topereignis just nach der Fußball-Europameisterschaft lockt wieder Gäste aus nah und fern ins bayerische Staatsbad. Wer von uns bisher noch nicht dort war (solche soll es ja geben!), sollte die Gelegenheit beim Schopfe packen. Er kann sicher sein, auf viele Gleichgesinnte zu treffen. Was gibt es Schöneres, ein ganzes Wochenende zwischen vernickelten Fahrradteilen und angerosteten Rädern zu verbringen? So ganz nebenbei kann man sich das fantastische Museum ansehen, bei Kaffee und Kuchen die neuesten Erkenntnisse zu Schaltungsnaben diskutieren und/oder nach dem Grillen etwas Party machen. Also auf am 4. Juli nach BB zum DFM! (mm)
Wer schon mal ein Zimmer in der Jugendherberge Erfurt für das Wintertreffen 2009 reservieren will, der kann das ab sofort tun. Der Termin steht fest: 13. bis 15. Februar 2009. Auch Themen für die Vorträge nimmt Organisator Tilman Wagenknecht gern schon entgegen. (mm) Uli's Fahrradladen 25 Jahre
Der Termin für die Velocipediade 2009 steht fest: 21. bis 23. August. Dann erwarten uns die Organisatoren Petra und Peter Zielasko in Varel am Jadebusen. Dieser Ort liegt zwischen Oldenburg und
Der Ursprung allen Anfangs liegt wohl darin begründet, dass ich aus einer damals nur fahrradfahrenden Familie stamme, denn ich war der Erste, der familienintern eine Führerscheinprüfung absolvierte; und so ist es eine Selbstverständlichkeit, dass das MieleRäderpaar meiner Eltern, nach mehr als 50-jähriger Nutzung, sich noch im Familienbesitz befindet und auf eine Renaissance wartet … .
Im Aufschwung der 60er Jahre landete ich über obligatorische Quicklys und Motorräder mit und ohne Seitenwagen letztlich doch bei den Fahrrädern, wenn auch heute noch motorbetriebene Zweiräder einer weiß-blauen Marke sich bei mir in deren Ruhestand wohl fühlen.
Aus räumlichen Gründen soll sich, auch nach Meinung meiner Frau, daran in Zukunft nicht mehr allzu viel ändern. Da im wohnlichen Bereich des Hauses es doch noch Platz zu geben schien, fiel das Bewahren von Accessoires rund um das Fahrrad umso leichter. Grafiken über Velos, zeitgenössische Literatur nebst
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Nächstes Wintertreffen
Velocipediade
Begonnen hatte alles mit einem 3-Gang-Adler-Getrieberad, kurz gefolgt von einem Original Rudge-Hochrad, auf dem ich dann erstmals mit Hilfe unseres Urgesteins Peter Scherber das notwendige Ausbalancieren erlernen konnte. Ja, bewegt wurden meine Räder auch; früher öfter bei regionalen Treffen, sieben vollendeten Centuries per Hochrad und heute nur noch sporadisch bei den großen Veranstaltungen wie Velocipediaden und IVCA-Rallies. Ja, und so kam das Eine zum Anderen, bis sich mehrere Hochräder neben einigen Fahrrädern mit ausgefallenen technischen Raffinessen in Form von diversen Schaltgetrieben oder Kardanantrieben zueinander gesellten.
von Berthold Glunz, Darmstadt.
Für unsere Homepage hat sich ein neuer Webmaster gefunden: Andi Karcher „vom Bodensee“, allen Teilnehmern der Velocipediade in Friedrichshafen sicher noch in guter Erinnerung. Wer ihm Vorschläge und Anregungen zur Ausgestaltung der Vereinsseiten mitteilen möchte, der benutze bitte folgende Emailadresse:
[email protected] (mm)
Am 17. Mai 2008 ist es soweit! Uli Feick in Berlin-Spandau feiert das Jubiläum mit der Eröffnung eines Museumsladens gleich nebenan von seinem Geschäft. Zum Rahmenprogramm werden Freunde aus nah und fern erwartet. Beleuchtungen und nette Kleinigkeiten rund um das Velociped runden das Interieur unseres Hauses ab.
Da Fahrradliebhaberei aber gleichzeitig mit Metallverarbeitung und Restauration in resourcenschonender Weise einhergehen möge, blieb es nicht aus, dass ich mich umso intensiver mit „Feiner Mechanik“, Lack und Linierungen beschäftige. Ein mehrteiliges Referat zum Thema „Oberflächenbearbeitung“ in Anlehnung an historische Technik im Rahmen unserer „Wintertreffen“ in Erfurt habe ich daher gerne übernommen.
Die Kontinuität dieser Serie reiche ich nach Bayern, genauer gesagt an dessen äußerste Nordwestecke, an die Winkler-Familie in Eichenbühl bei Miltenberg weiter. Man möge sich intern einigen, ob Frank oder Konrad (hier alphabetisch benannt) die Feder ergreifen möchte!
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Kleinanzeigen / Termine SUCHE
Opel-Enthusiast sucht Renn- und Bahnräder von „Opel”, auch gerne mit Historie. Bitte alles anbieten! Stephan Klasen (Essen) Tel. 0201-5643247 Steuerkopfschilder: „Möwe“ Lochabstand senkrecht 74 mm (Markenware Papperitz 248 und 249) aus den 20er Jahren; „Frischauf“ Lochabstand 32 mm (Papperitz 297 und 198); alle Unterlagen zu Claes-Pfeil-Fahrrädern; „Frischauf“ Sattel- und Werkzeugtaschen und Klingeln; Viereckiger VDO-Tacho (70er Jahre) von rechts nach links gehend für BonanzaRad; Sattel von der Sattelfabrik H. Müller & Co Offenbach; Heinrich (Berlin) Tel. 03045083089 Steuerkopschild „Siegfried-Rad“ Chr. Schad München (Papperitz S.549 Abb. Nr. 192); Gunter Bünecke, Tel. 0211-395204
Steuerkopfschild „Alpensieger“ (Papperitz, S. 45, Abb. Nr. 109); Kataloge des Großhändlers Heinrich Böttcher aus Heide in Holstein (Jg. 1907 bis 1920, 1960 bis 1963, 1965 und 1967) zum Kauf oder Tausch gegen andere Jahrgänge; Uli Feick (Berlin) Tel. 030-3368148 Komplettes Tretlager mit Kettenblatt für MIFA DR 28er (1928) und Angaben zur Original-Linierung; Dirk Andresen (Alt-Meteln) Tel. 03867-8822 ab 20 Uhr
30er Jahre Gepäckträger mit „Klappständer” in einem unrestaurierten guten Zustand. Dirk Hillgruber (München) Tel. 089/688 42 78 Fahrrad & Prospekte ca. 30 - 50iger J. von ROLA Lambertz Oberhausen Michael 052196879034
VERKAUFE
(1950er), schmale Tiefbettfelgen; Kinderroller (um 1960) beigefarbenen TSG-Reifen, Holzbrett und Ersatzteile; Kinderfahrrad 16er (um 1930) Räder und SB 1970er; 2 Damenrahmen (1910 bis 1920er), ein Rahmen mit stark bauchigem Unterrohr; Kinderfahrrad 12er (1950); Brennabor-Rahmen für 28er (1943) mit Innenmuffen, Ausstellungsstück; MIFA Mini Klapprad (1965) sehr guter Originalzustand, grün. Dirk Andresen (Alt-Meteln) Tel. 038678822 ab 20 Uhr
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Alle Informationen über historische Hochräder: Kataloge, Fotos, Zeitschriften, Bücher etc. Gerne Originale, aber auch Kopien und/oder Tausch. M. Beer Tel.: 05241/9975082 oder 0172/5103176
Sammlungsauflösung: Simplex cross frame Safety (1890), Cleveland Racer (1897), Hurtu HR (1907), Columbia HR (1925), FN DR Kardanantrieb (1926), Opel HR (1934), Fongers DR (1934), Legnano HR (1938), Avia (Amsterdam) HR (1939), Peugeot (1945) mit seltenem Bremssystem, Galibier mit Adler Dreigang, Raleigh RSW 16 (1965), Roulandt Liegerad (1974), Jouta Liegerad (1980). Alle Räder sind fahrbar und restauriert, unrestauriert ist ein holländisches Tandem vor WK II. Von den meisten Rädern habe ich Bilder, die ich auf Wunsch verschicke. Am besten kommen seriöse Interessenten nach Bussum (ca. 20 km südöstlich von Amsterdam). Die Preise liegen zwischen 150,-€ (Tandem) und Euro 2500,- €. Wim Bloemendaal, Kromme Englaan 8, 1404BX Bussum NL, Tel. #31 356936623, Email:
[email protected]
Sammlungsauflösung: 20 Räder unterschiedlichster Marken und Zustände zu verkaufen. Günter Weigl (Singen) Tel. 07734/935656 ab 20 Uhr oder
[email protected]
Meister 26er DR (1947) mit 60 Millionen Nabe von F&S, ca. 95 % original, VHB 160€; NSU 26er HR (1950er) taubenblau mit 3-Gang Torpedo, schöner Zustand, VHB 150€; Adler 28er HR (1950er), gut im Lack, Laufräder nicht original, VHB 95€; Dürkopp-Vordernabe (1930er) 38€; Kindersitz (1950er) 15 €; Hinterrad 27 x 1 ¼ DIN ETRTO Schürmann Chromfelge m. 3-GangTorpedo-Nabe und Rücktritt, wie neu 25€; Stoewer Herrensattel (1920er) 25€; für Möwe DR Werkzeugtasche (1930er) 45 €; Tripad-Lampe mit VDO-Tacho und Welle/Antrieb 45€; Diskus-Lenker 17€; für Geyer-Motorfahrrad ein Benzintank 48€; sonstige Fahrradteile. Bernhard Erfort (Kaiserslautern) Tel. 0631-16418 u. 6276042
Sammlungsauflösung: Hercules 2000 26er (1955) alles original, guter Zustand; ExpressKlapprad 26er (1957) Jubiläumsrad, sehr guter Zustand; Opel-Standard 28er DR (1927) zum Aufbauen; Diamant 28er HR (1942/43) Kriegsproduktion, alles schwarz, teilrest., zum Aufbauen; Diamant 28er Mod. 82 (1930er) Ersatzteile wie Rahmen, Gabel und Lenker u.a.m.; Diamant 26er DR, Mod. 85 Ballon (1930er) zum Aufbauen; Diamant 26er sportl. Tourenrad (1960er unisex) alles original u. sehr guter Zustand, weinrot und dunkelgrün; Diamant 28er HR und DR (1957), alles original zum Aufbauen, sehr guter Strahlenkopf; Diamant-Rahmen und Teile vom Mod. 8 und 9; sämtliche Teile für Diamant-Sporträder der 1950er Jahre; Diamant-Rennradrahmen und Teile der 1960er Jahre; Diamant Sporträder HR und DR (1950er) zum Aufbauen; Wanderer 26er HR (1934) grün, teilrest.; AWTOWELO von MIFA 28er DR, (198 bis 1953?), alles original, teilrest.; MIFA Herrensportrad 28er
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Anker Sichelrad HR (1937), Adler DR Mod.108, Adler Herren-Sportrad (1950), 3x Bauer HR (50er), Bauer DR (50er), Franken HR (30er), Mars HR (1937), Mars HR (20er), NSU HR Pfeil, 2x NSU DR Pfeil, NSU HR Chrom, NSU DR (50er), Opel HR Flitzer (1927), Opel HR (1936), Presto HR Bohemia Cycles (1935), Phänomen HR (1938), NSU SULM HR (20er), Vaterland HR (1951), Wanderer DR (20er). Andreas Karcher (Friedrichshafen) Tel. 07542-22419
Heidemann-Pärchen, DR + HR, ca. 1965, gut erhalten, beim Herrenrad Schaltung ca. 1993 nachgerüstet, Fotos per E-Mail möglich, Paketpreis VB 180€. Thomas Heil (Wolfsburg), Tel. 05361-437955.
Waldraff-Damenrad, vermutlich auf der Basis einer Dürkopp Diana, aber mit Firmenlogo des Händlers Waldraff in Hamburg-Dulsberg. Bestens erhalten, F&S Rücktrittnabe (1930er). Juliane Neuß,
[email protected] (Bilder auf Wunsch), VHB bei Abh. 250€. Der Knochenschüttler 1/2008
TERMINE
1. Mai: 11 Uhr Ausfahrt der Classic-Sparte zur historischen Fähre Kronsnest. Info A. Konietzko Tel. 04121-61865
03. Mai: Frühjahrsausfahrt in Zwickau; Fahrrad-Veteranen-Freunde-Dresden (FVFD) Kontakt Thomas Klitzsch 0175/ 5535274
03. / 04. Mai: Miele-Zweiradtreffen am Stadtmuseum in Gütersloh mit Teilemarkt, Vorträgen, Ausstellung und Ausfahrt; Info: www.historische-miele-zweiraeder.com
12. Mai (Pfingstmontag): 9. RTF-Wildpferdecup in Dülmen ab 9 Uhr; Teilnahme mit historischen Rädern; Strecken ab 48 km; Info
[email protected] oder www.djk-radsport.de
17. / 18. Mai: Diamant Fahrertreffen im Friedensfahrtmuseum Kleinmühlingen (SachsenAnhalt), 60 Jahre Internationale Friedensfahrt mit Täve Schur, Klaus Ampler u. a. Info www.diamant.no0815.de
18. Mai: 13-18 Uhr Open day im RückenwindMuseum bei Mohrs in Horst-Hahnenkamp, Busch 1. Info wie 1. Mai
22. - 25. Mai: KLASSIK WELT BODENSEE Messegelände Friedrichshafen mit Stand des „Historische Fahrräder e.V.”. Tel. 0754154205 oder www.klassikwelt-bodensee.de
07. Juni: 75 Jahre Rabeneick, Tag der offenen Tür im Werk der ZF Sachs (Blfd. - Brackwede) mit Ausstellung, Film und Ausfahrt, Info in Kürze im Terminkalender unserer Homepage
07. / 08. Juni: ZR 3 Treffen in Rüsselsheim m. Präsentation der Räder bei Adam Opel AG und Jubiläums RTF „120 Jahre RV Opel 1888 Rüsselsheim” Info W. Fickus 06152-62576
08. Juni: Ausfahrt (35 km) der Classic-Sparte zur Rennradsammlung v. Richard Hörster (Laboe) Info wie 1. Mai 08. Juni: Hist. Fahrradtreffen beim Auto- und Spielzeugmuseum Boxenstop in Tübingen; Info: www.boxenstop-tuebingen.de 14. Juni: Tuchmacher RTF in Bramsche (Osnabrück) mit Veteranen-Ausfahrt (vor 1984 gebaut), Ausstellung u. Teilemarkt, Info Toni Teilmeier 05406-3826 31
Termine / Mitgliedernachrichten / Impressum
15. - 17. August: Velocipediade in BerlinSpandau, Info Uli Feick abends 030/ 3368148
623 Helmut Weiß, Klostermoorer Str. 35, 28865 Lilienthal, Tel. 04298-31827 624 Markus Krieger, Werler Str. 62, 32105 Bad Salzuflen, 05222-3636770,
[email protected] 625 Karsten Schaefer, Reesenbüttler Redder 13, 22926 Ahrensburg, Tel. 04072707223,
[email protected] 626 Bernhard Gehr, Weckerlestr. 15, 83278 Traunstein, Tel. 0861-2090363,
[email protected] 627 Klaus Dorn, Gertitzer Weg 8, 04509 Neukyhna / OT Quering, Tel. 034202-52111, Fax 034202-52111 628 Günter Grau, Untere Dorfstr. 11, 39517 Sandbeiendorf, Tel. 039364-4501 629 Edith Brakmann, Ahornweg 18, 36151 Burghaun, Tel. 06652-74137,
[email protected] 630 Max Herrmann, Melsunger Str. 9, 14089 Berlin, Tel. 030-3626137,
[email protected] 631 Michael Allmendinger, Laufdorfer Weg 28, 35578 Wetzlar, Tel. 06441-22360,
[email protected] 632 Michael Peter Börsig, Berliner Str. 14, 74321 Bietigheim-Bissingen, 07142-51805,
[email protected] oder
[email protected]
06. September: Sonnenaufgangsfahrt, Start 4 Uhr in Pirna; FVFD Kontakt Frank Papperitz 0172/ 8841416
Adressänderungen und Korrekturen (nur Abweichungen vom Mitgliederverz. 07/08)
Impressum
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22. Juni: 5. Historische Bodenseeradtour von Aulendorf nach Brochenzell mit Besuch des Landesfeuerwehrtags in Ravensburg. Info 07542-22419 www.karcheronline.de 29. Juni: 4. Opel Fahrradtreffen in Rüsselsheim m. Ausfahrt, 9.30 Uhr Info Wolfgang Fickus, Tel. 06152-62576
12. Juli: Nachtausfahrt in Dresden; FVFD Kontakt Arnd Beutlich Tel. 0351/ 4963205 13. Juli: Eider-Treene-Sorge-Ausfahrt der Classic-Sparte. Anreise per Bahn nach Owschlag. Info Jürgen v. d. Lieth Tel. 0462131536 27. Juli: Oldtimertag am Vulkanradweg, Oldtimer-Fahrradfahrer und -Aussteller sind herzlich willkommen. Schloss Gedern; www.vulkanradweg.de; Kontakt Oliver Auler 06044964848
02. August: Waffenrad-Rallye-Hall (Steiermark in Österreich), Waffenradclub Hall, Franz Götzenbrugger
20. September: 100-jähriges Gründungsfest des Radfahrvereins RMSV-Viktoria 73061 Ebersbach/Fils mit Ausfahrt von historischen Fahrrädern. Info Siegfried Stahl 07163-8986 20. / 21. September: Stallhof Dresden, Termin noch unbestätigt; FVFD Kontakt Frank Papperitz 0172/ 8841416 05. Oktober: L’EROICA Radrennen auf historischen Rennrädern auf Schotterstrassen in der Toskana. Näheres unter www.eroica.it
Wir begrüßen ganz herzlich die Neumitglieder
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616 Oliver Betz, Brunnenstr. 1, 75433 Maulbronn, mobil 0171-9675920 617 Sabine und Martin Brüning, Kortumstr. 43, 47057 Duisburg, Tel. 0203-350492,
[email protected] 618 Meinhard Behrens, Bultmannstr. 27 A, 33330 Gütersloh, Tel. 05241-57131, Fax 05241-927571,
[email protected] 619 Alexander Dobuschinsky, Peissenbergstr. 7, 81547 München, Tel. 0896920256,
[email protected] 620 Bernd Ludwig, Franz-Rohwer-Str. 6, 24534 Neumünster, Tel. 04321-43613 621 Rainer Intemann, Auf der Meente 4, 27367 Hellwege, Tel. 04297-659,
[email protected] 622 Dirk Hillgruber, Blutenburgerstr. 100 B, 80636 München, Tel. 089-54096172,
[email protected]
103 Dirk Breiholz ist jedes Jahr von Januar März nicht in Deutschland, Tel. 040-38611258, mobil 0163-7727877,
[email protected] 109 Michael Grützner, 9 Quarry Mews, SN1 4EJ Swindon, Covingham, Großbritannien,
[email protected] 171 VFV Veteranen-Fahrzeug-Verband, Alt Aurigen 26, 65207 Wiesbaden 183 Klaus Stellmacher, Kohlenstr. 29 A, 45289 Essen, 0201-579033,
[email protected] 208 Jens Klotzsch und Dorit Klotzsch-Laas, neu:
[email protected] 292 Thilo Rieser, neu: Tel. 06129-53 73 55,
[email protected] 388 Gerhard Eggers, 04420 Markranstädt / OT Meyhen, 397 Jens Bulnheim, Dörpfeldstr. 49 d, 22609 Hamburg,
[email protected] 402 Peter S. Reh, Schleuse 3, 96191 Viereth,
[email protected] 433 Andreas Perk und Claudia Strutz, An der Alten Ziegelei 30 A, 48157 Münster
Austritte
117 162 228 321 356 420 454 510
Eckbert Schauer, 12621, Berlin Udo Gast, Dahlstr. 120, 45711 Datteln Friedrich Kuchel, 24576 Bad Bramstedt Klaus Preißner, 40595 Düsseldorf Peter Amslinger, 72336 Balingen Fred Hüttlinger, 91522 Ansbach Franz Weigl, 92272 Freudenberg Jürgen Blumröder, 67346 Speyer
Der Knochenschüttler Mitgliederjournal des Historische Fahrräder e. V. Zeitschrift für die Liebhaber historischer Fahrräder. Gegründet 1995 von Tilman Wagenknecht. Herausgeber Historische Fahrräder e. V. Deisterweg 15B 30851 Langenhagen Fon 0511-731474 Fax 0511-7261769 Internet: www.historischefahrraeder.de Email:
[email protected] Bankverbindung: Deutsche Bank Kto. 0105 353 BLZ 280 700 24
Redaktion Michael Mertins (mm) Liebermannstr. 8, 33613 Bielefeld Fon 0521-886436
[email protected]
Toni Theilmeier (tt) Hans-Holbein-Straße 6, 49191 Belm Fon 05406-3826
[email protected]
Sven Altfelder (sa) Kirchwender Str. 20, 30175 Hannover Fon 0511-3940930
[email protected] Maxi Kutschera (mk) Windorfer Str. 72, 04229 Leipzig Fon 0341-4011884
[email protected]
Die Feder und Mein Rad Bernd Schmelzer Fröbelstr. 6, 49477 Ibbenbüren Fon 05451-3651
[email protected] Termine
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[email protected] Layout text-tigger, 32051 Herford Fon 05221-3469769 Druck Druckerei Erich Strothmann Sudbrackstr. 15, 33611 Bielefeld
Der Knochenschüttler erscheint dreimal pro Jahr. Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Texte zu kürzen.
Redaktionsschluss für Fachbeiträge: 15. April 2008 · Redaktionsschluss für andere Beiträge: 1. Mai 2008 · Anzeigenschluss: 1. Juni 2008 32
Der Knochenschüttler 1/2008
Sensationsgier auf Seiten der Zuschauer, Starwahn und hohe Risikobereitschaft seitens der Akteure waren die Triebkräfte für neue und immer waghalsigere Kunststücke und Glanznummern im Zirkus und Varieté – lesen und staunen auf den Seiten 2 - 9
Blondin auf dem Hochseil, Plakat aus dem Bestand des National Museum of Performing Arts – People Play UK – Theatre History online
Der Historiker Michael Sturm gibt einen geschichtsorientierten Einblick in die Welt der Dienstfahrräder bei der Polizei Wer dachte, der Slogan „Die Polizei – Dein Freund und Helfer“ stammt aus den 1970er Jahren wird hier eines Besseren belehrt. Weitere überraschende Erkenntnisse finden sich auf den Seiten 9 - 11
Funktrupp einer deutschen Polizeidivision während der 1940er Jahre in Frankreich Archiv Geschichtsort Villa ten Hompel, Münster
Uli Feick ermöglicht einen Blick in seine Fahrradwerkstatt und gibt Tipps für den Umgang mit Glockenlagern
Jeder kennt den Stress im Umgang mit Glockenlagern. Ist das Spezialwerkzeug von ELDI nicht zur Hand, dann muss es auch ohne dieses gehen. Wie man sich mit etwas Geschick durch ein selbst gebasteltes Werkzeug helfen kann, wird auf den Seiten 12 bis 14 verraten.
Glockenlager-Schlüssel aus einem ELDI-Katalog vom Anfang der 1950er Jahre Sammlung Uli Feick
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Walter Euhus und Michael Mertins unternehmen einen historischen Ausflug in die bunte Welt der Radartistik.
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In dieser Ausgabe:
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Plakate des niederländischen Circusmuseums - Collection Jaap Best
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Links: Der todesverachtende Weltmeister Nic Diavolo im Zirkus Maxo, um 1932
Links unten: Die Scheibenfahrer The Noisets fuhren auf Excelsior-Reifen, um 1903
Rechts: In der rotierenden Schüssel die Fahrerin Hildegard, um 1903
Mitgliederjournal Historische Fahrräder e.V. • ISSN 1430-2543 • Heft 42 • 1/2008
Knochenschüttler Zeitschrift für Liebhaber historischer Fahrräder
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Rechts unten: Im Todesring ein verwegenes Trio aus den USA, um 1903
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Alle Bildrechte bei der Stiftung Circusarchiv Jaap Best Weitere 10 000 Plakate, Fotos und Werbekarten aus allen Bereichen der Welt des Theaters, Varietés und Zirkus nur online über die Internetseiten des www.circusmuseum.nl
Radartisten Teil 1 Dienstfahrrad Tretlager-Werkzeug