Kuchenmeister Broschüre deutsch

March 10, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Kuchenmeister Eine Firmenchronik

Kuchenmeister Eine Firmenchronik Firmenchronik: Susanne Lucka, Eschweiler Konzept und historischer Hintergrund: Hans Rudolf Hartung, Soest Fotos: Mathias Lehmann, Soest Fotostudio Prion, Geseke (Portraits) Privatsammlung Trockels, Soest SLUB Dresden/Deutsche Fotothek, Archiv Stoedtner Vogelsänger Studios GmbH & Co. KG, Oerlinghausen (Produktbilder) Verlag Althoff Druck, Soest 2009 ISBN 978-3-00-028502-8 C 2009 Verlag Althoff Druck, Soest Alle Rechte vorbehalten Gesamtherstellung Althoff Druck, Soest Printed in Germany Kuchenmeister GmbH Coesterweg 31 D-59494 Soest

Eine Firmenchronik zum 125-jährigen Jubiläum im Jahr 2009

Zu Inhalt und Gliederung

Kuchenmeister: Tradition und Innovationskraft Von Menschen und Automaten, Händen und Robotern Konstante Qualität gewährleistet durch modernste Technologie Auf dem Weg zum Croissant Qualität wie vom Konditor Symbiose von Handwerk und HighTech Snacks vor der Verpackung Bestes Qualitätsniveau durch absolute Keimfreiheit Bundesehrenpreis für Stollen Höchstes Gebot: Qualität Aromaschutz und Verzehrfrische durch einzigartige Verpackungstechnologien Kompetenz und hoher Anspruch

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Am Anfang eine „Landflucht“ Beginn des Wachstums: Das neue Geschäftshaus Das Tor in die Osthofe Der Gründer: Julius Trockels Wurst im Teig Eine Gold-Hochzeit anno 1938 Das Geschäftshaus Trockels zwischen 1897 - 1944

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Ein Krieg und seine Folgen

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Erste Schritte in eine bessere Zukunft Der Enkel entdeckt den Großvater Es gibt wieder Eiserkuchen Eiserkuchen auf der Wäscheleine Nach Großvaters Rezept Kuchenmeisters Highlights

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Im Familien- und Unternehmensgeist Der Firmensenior: Günter Trockels Mit Strategie von Soest in die Welt: Hans-Günter Trockels Daten, Zahlen und Verträge: Thomas Trockels Fundiertes Wissen in Berlin eingesetzt: Uwe Trockels Wendepunkt für die Familien- und Firmengeschichte Der Stadtpatron Patroklus

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Ziele und Perspektiven

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„Wer glaubt, ganz oben zu sein, der ist schon auf dem Weg nach unten.“

Was der Sänger Placido Domingo erkannte, liest man an der Bürotür von Günter Trockels. Der erfolgreiche Unternehmer, den Bodenständigkeit und Liebe zu Backwaren auszeichnen, hat eine spannende Zeitreise hinter sich. Sie ist geprägt von persönlichen Schicksalsschlägen und den politischen und wirtschaftlichen Bedingungen des 20. und 21. Jahrhunderts. Sie beginnt 1884 mit Großvater Julius Trockels und wird nach dem Zweiten Weltkrieg von Günter unter schwierigsten Voraussetzungen fortgesetzt. 125 Jahre nach der Gründung der kleinen Bäckerei in der Osthofenstraße in Soest hat Günter die Geschicke des Unternehmens in die Hände seiner Söhne Hans-Günter, Thomas und Uwe übergeben. Der Generationenwechsel wurde vom Senior mit Weitblick vorbereitet und umgesetzt.

Kuchenmeister: Tradition und Innovationskraft

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Von Menschen und Automaten, Händen und Robotern

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Konstante Qualität gewährleistet durch modernste Technologie

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Teigzubereitung

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Auf dem Weg zum Croissant

Vorbereitung der Croissants

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Baumkuchenrohlinge vor dem Schneiden und Schokolieren

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Qualität wie vom Konditor

Traditionelle Sachertorten werden von Hand beschriftet

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Robotereinsatz an der Croissantlinie

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Milchbrötchen im Reinraum vor der Verpackung

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Symbiose von Handwerk und HighTech

Automatische Mohnbefüllung

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Snacks vor der Verpackung

Käseriegel in der Produktion

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Milchbrötchen im Reinraum

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Bestes Qualitätsniveau durch absolute Keimfreiheit

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Stollen-Teigteiler mit automatischer Gewichtskontrolle

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23 Stollen erhalten im Jahr 2009 den Bundesehrenpreis – höchste deutsche Qualitätsauszeichnung – von der DLG e.V. (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft)

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Rohstoffanalysen in der Qualitätssicherung

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Höchstes Gebot: Qualität – alle Rohstoffe werden überprüft

Linke Seite: Wareneingangsprüfung mit einem Amylographen und einer Versuchsmühle Rechte Seite oben: Versuchsanlage für Kuchenmassen in der Produktentwicklung Rechte Seite unten: Rohstoffanalyse mit einem Farinographen in der Qualitätssicherung

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Aromaschutz und Verzehrfrische durch einzigartige Verpackungstechnologien

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Wiener Tortenböden in Premium-Qualität

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Kompetenz und hoher Anspruch

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Am Anfang eine „Landflucht“

Aus dem Dorf Ampen stammt die Gründerfamilie Trockels

der Osthofenstraße 45 in Soest der Grundstein für das heutige Unternehmen Kuchenmeister GmbH gelegt.

„Qualität ist das A und O für uns!“ sagt Günter Trockels, der Senior des Soester Familienunternehmens Kuchenmeister GmbH. 2009 feiert das Unternehmen ein Jubiläum, es blickt auf eine 125-jährige Familien- und Firmengeschichte zurück, die der heutige Senior, der 1932 geboren wurde, 77 Jahren begleitet und geprägt hat. Mit Backwaren wuchs er auf, angefangen von der sorgfältigen Auswahl und sensiblen Verarbeitung der Rohstoffe, bis hin zur meisterlichen Umsetzung der Familienrezepturen. „Backen ist unsere Liebe…“ heißt der Slogan, der auch von der vierten Generation der Trockels mit Überzeugung gelebt wird. Mit einer kleinen Bäckerei, gegründet von Julius Trockels (1861 - 1940), wird im Jahr 1884 in

In der Hanse- und Fachwerkstadt Soest ein Haus im Stil der Gründerzeit Julius, jüngstes von sechs Kindern einer Bauernfamilie in Ampen, fünf Kilometer vom Zentrum Soests entfernt, wird auf einem alten Hof groß. Sein ältester Bruder übernimmt den elterlichen Bauernhof, wie das damals üblich ist. 28

Beginn des Wachstums: Das neue Am 17. März 1897 wird dem Bäckermeister Geschäftshaus der Bau eines Geschäftshauses genehmigt

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Der Dampfbackofen bringt dem Bäcker eine große Erleichterung. Julius Trockels kann jetzt mehr produzieren als bisher. Unter den 25 Soester Bäckereien nimmt er bald eine Spitzenstellung ein.

Das „Anerbenrecht“, die Weitergabe des Hofes an nur einen Erben, wird im 19. Jahrhundert noch überall in Westfalen praktiziert. Diese Erbfolge sichert den Fortbestand des Hofes. Die jüngeren Geschwister werden allerdings gezwungen, sich nach etwas anderem umzusehen.

erwirbt er mit der Mitgift seiner Frau Elisabeth ein Grundstück und bebaut es mit einem ansehnlichen Wohnhaus im Stil der Gründerzeit. Dahinter setzt er ein Backhaus, dessen Kernstück ein Dampfbackofen ist, den Julius im Jahr 1886, nach der Genehmigung durch die Stadt, erbauen lässt. Zur damaligen Zeit ist der Dampfbackofen eine große Innovation und auch Arbeitserleichterung für die Bäcker. Heiz- und Backraum sind getrennt. Der heiße Dampf gelangt über Perkins-Rohre, die im Heizraum mit Briketts und Holz aufgeheizt werden, in die Backkammer. Der neue Dampfbackofen ermöglicht es den Bäckern, größere Mengen an Backwaren zu produzieren als bisher. Zudem garantiert diese Neuheit eine bessere und konstantere Qualität der Backwaren. Die mutige Investition in den technischen Fortschritt erweist sich als richtige Entscheidung. Julius kann nach kurzer Zeit zwei Meister, zwei Gesellen und einen Lehrling, die in

In der Soester Osthofenstraße baut der junge Bäckermeister ein Geschäftshaus und einen Dampfbackofen. Julius entschließt sich, Bäcker zu werden. Er macht eine Lehre und schließt die Ausbildung mit der Meisterprüfung ab. Nun kann er eine Bäckerei nach seinen Vorstellungen gründen. Mitten in der Kreisstadt Soest, im Stadtteil Osthofe, der zum inneren Stadtkern gehört, 30

Die Bäckerei von Julius Trockels entsteht in der Osthofenstraße. Im Schatten des alten Stadttors sieht es heute noch so aus wie auf der kolorierten Postkarte vom Ende des 19. Jahrhunderts.

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Das Tor in die Osthofe

Der Gründer: Julius Trockels

Links: Julius Trockels (1861-1940) ist der Gründer der Bäckerei Trockels, aus der sich die Firma Kuchenmeister entwickelte. Als junger Mann gehörte er der kaiserlichen Garde „Garde du Corps“ an.

Rechte Seite oben: Eiserkuchen werden in Milchkannen gelagert, die fest verschlossen sind. So bleiben die Eiserkuchen frisch und werden nicht feucht.

Unten: Die Waffeleisen von Julius Trockels sahen anders aus als die der Hausfrauen.

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voller Verpflegung bei ihm sind, in seinem Betrieb beschäftigen. Von den etwa 25 Bäckereien in Soest zählte die Trockelssche Bäckerei zu den größten.

Julius Trockels gelingt ein außergewöhnliches Meisterstück: die Milch-Eiserkuchen. Julius vollbringt eine logistische Leistung, da er zu Fuß oder mit dem Fahrrad die notwendigen Rohstoffe besorgt, um sich persönlich von deren Qualität zu überzeugen. Die Tätigkeit in der Backstube liebt Julius besonders. Es ist eine schwere Arbeit, da der Teig noch von Hand geknetet wird, bis er die gewünschte Geschmeidigkeit hat. Auch die Umsetzung der Rohstoffe zu einem Gebäck ist eine große Herausforderung für den Vollblut-Bäckermeister. Schließlich gelingt Julius eines Tages ein außergewöhnliches Meisterstück: die Milch-Eiserkuchen, in einem Eisen gebackene Waffeln. Die gerollte Form die Milch-Eiserkuchen erfordert handwerkliches Geschick und Schnelligkeit. Denn die noch heiße Waffel muss nach kurzer Backzeit von Hand mit einem gekürzten Besenstiel aufgerollt werden. Dies muss zügig erfolgen, da die Waffel bereits nach acht Sekunden hart und knusprig ist. Oft sorgen die Hitze und das rasche Verarbeiten dafür, dass die Fingerkuppen des Bäckers darunter leiden müssen. Um die Haltbarkeit und Qualität zu gewährleisten, werden die Eiserkuchen in Milchkannen gelagert, die mit einem Deckel fest verschlossen sind. Darin bleiben sie garantiert frisch. Das vollmundige Aroma und der unwiderstehlich leckere Geschmack machen die Milch-Eiserkuchen zu einem begehrten Pro33

Wurst im Teig dukt. Schnell wird Julius Trockels deshalb als „Meisterbäcker“ in der Soester Börde bekannt. Besucht er mit seinem Fahrrad die umliegenden Bauernhöfe, nimmt er stets eine Milchkanne voller Eiserkuchen mit. Er ahnt nicht, dass er damit den ersten Vertriebsweg von Backwaren aus dem Hause Trockels beschreitet. Um der steigenden Nachfrage nach Backwaren auch in den wachsenden Neubaugebieten vor der Stadt gerecht zu werden, lässt Julius von seinem Nachbarn August Karrie, der ein Fuhrwerk besitzt, täglich Brot und Kuchen in die neuen Siedlungen liefern. Zu den ersten Soester-Spezialitäten gehört der Trockelssche „Pfefferkuchen“. Das ist ein Weizenbrot, das mit Rübenkraut und Rosinen verfeinert und mit einer speziellen Gewürzmischung angereichert ist. Das „Kuchenbrot“ bekommt durch die Zutaten die dunklere Färbung und auch seinen Namen. Mit der Post wird der Pfefferkuchen in die Restaurants der umliegenden Ortschaften,

sogar bis Dortmund, versendet. Der Soester Pfefferkuchen wird nachmittags, dick mit Butter bestrichen, zu einer Tasse Kaffee gereicht und gilt als besondere Spezialität.

Pfefferbrot und „Wurst im Teig“ – pro Mann ein halber Meter – der neue Bäcker Julius Trockels macht von sich reden. Zu einer weiteren beliebten Back-Kreation wird das fürs Schützenfest hergestellte „Wurstbrötchen“. Hierzu verarbeitet Julius die Mettwurst des benachbarten Metzgers. Die Mettwurst wird in einem Blätterteigmantel gebakken – als Maßeinheit dient die Formel: „pro Mann ein halber Meter“. Julius ist nicht nur als Bäckermeister in der Soester Börde bekannt. Sein Engagement als

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Gründer Julius Trockels vorne Mitte, Nachfolger Wilhelm Trockels hinten 2. v. r., Enkel Günter Trockels vorne links, dahinter Tante Sophiechen

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Eine Gold-Hochzeit anno 1938

Mit Pflaumenkuchen ging der Gründersohn Wilhelm in die Firmenchronik ein. Sein Trick: Er legte keine geviertelten Pflaumen auf den Kuchen, sondern Pflaumenmus. Das stand ihm das ganze Jahr lang zur Verfügung.

Kirchmeister in der Hohne-Kirchengemeinde und seine Hilfsbereitschaft tragen dazu bei, dass er in der Stadt sehr beliebt ist. Er weiß auch, dass er seinen Erfolg der Mithilfe seiner Frau Elisabeth und deren Organisationstalent zu verdanken hat. Sie kümmert sich um den großen Haushalt und verkauft im Laden die Backwaren. Auch die Kinder Sophiechen und Wilhelm werden schon früh zu Arbeiten im elterlichen Betrieb und Haushalt eingespannt, wie das früher allgemein üblich ist. Die Tochter verlässt nach ihrer Heirat das Elternhaus und zieht nach Düsseldorf. Mit der Liebe zu feinen Backwaren aufgewachsen, verwöhnt Sophiechen ihre Gäste am Rhein mit selbst gebackenen Milch-Eiserkuchen nach dem Rezept von Julius. Unkonventionell beliefert Trockels die nahe Blinden- und Taubstummenanstalt. Die frischen Backwaren werden zu Fuß auf dem warmen Backblech angeliefert. Helmut, Sophiechens Sohn und Julius` erster Enkel, verbringt gerne die Ferien bei den Großeltern. Er weiß, dass der Laden nicht umgeräumt werden darf, damit die Blinden, die oft allein zum Einkauf kommen, sich im Laden zurechtfinden.

Pflaumen gedöpt und das Mus in Steinkrügen gelagertPflaumenkuchen das ganze Jahr! Die begehrten Kuchen liegen immer rechts am Eingang und immer nach dem gleichen Schema in der Hange geordnet. 1929 tritt Wilhelm, der Sohn von Julius, an die Stelle des Vaters. Im Backhandwerk groß geworden und in ihm fest verwurzelt, erweitert Wilhelm die Produktpalette des Vaters um Konditoreiwaren. Seine besondere Spezialität wird der Pflaumenkuchen. Um ihn ganzjährig anbieten zu können (und nicht nur in der Pflaumen36

Das Geschäftshaus Trockels zwischen 1897 - 1944 Erntezeit), kocht er in großen Kupferkesseln die Pflaumen zu Mus. In der Pflaumenzeit kommen die Frauen aus der Nachbarschaft, um zu helfen. Die Pflaumen werden „gedöpt“ (entkernt). Das gekochte Pflaumenmus wird unter der Beigabe von Salizil (Einmachhilfe) in Steinkrügen, die mit einem Holzdeckel versehen sind, im Keller gelagert. Die Beliebtheit des Trockelsschen Pflaumenkuchens führt dazu, dass Wilhelms Sohn Günter, geboren 1932, als I-Männchen in der Schule den Spitznamen „Pflaumenkuchen“ erhält. Er trägt ihn mit Würde. Schließlich hat er schon mit sechs Jahren vor Schulbeginn die frisch gebackenen Brötchen in der Nachbarschaft ausgetragen – da kann er sich zu einem solchen Spitznamen bekennen.

Trotz der Verknappung der Rohstoffe werden Drei-Pfund-Brote gebacken. Mit Kriegsbeginn werden die Rohstoffe in Deutschland knapper. Konditoreiwaren können nicht mehr so ohne Weiteres gebacken werden. So konzentriert sich die Bäckerei auf Drei-Pfund-Brote, die zu einem fest gelegten Preis von 50 Reichspfennig verkauft werden. Günter kann zu diesem Zeitpunkt schon richtig Brot backen. Es wird zwar „manchmal krumm und schief“, wie er verrät, aber „die Leute kaufen es!“

Das Geschäftshaus des Bäckers Trockels ist 1897 fertig. Das Backhaus befindet sich hinter dem Laden- und Wohnhaus.

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Ein Krieg und seine Folgen

Das für die Ewigkeit gebaute Geschäftshaus Trockels stand von 1897 bis 1944. Am 5. Dezember wird es zerstört.

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Acht Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg startet Günter Trockels, der Enkel des Gründers Julius, in seine Karriere.

Die Nacht zum Nikolaustag 1944 verändert mit einem Schlag das Leben der Soester Bürger drastisch. Ein Bombenangriff mit fast 500 Bombern zerstört große Teile von Soest. Auch das Wohnhaus und Ladenlokal der Familie Trockels werden bei diesem Bombenangriff getroffen, sogar besonders schwer. Im Keller des Gründerzeithauses sterben 34 Menschen, darunter Günters Mutter sowie die 10-jährige Schwester Maidi und der 5-jährige Bruder Hartmut. Dass Günter, 12 Jahre, überlebt, verdankt er dem Stadtbrandmeister und Freund der Familie August Karrie, der ihn mit in den nahe gelegenen Thomäbunker genommen hat. Soest verfügt zu dieser Zeit über einen großen Rangier- und Verschiebebahnhof der Eisenbahn und bildet damit den Knotenpunkt für den Güterverkehr vom Ruhrgebiet nach Sachsen und Schlesien. Zudem befindet sich in der Innenstadt eine kriegswichtige Akkumulatoren-Fabrik. Nach dem Schicksalsschlag vom 5. Dezember kümmern sich die Großmutter und ihre Tochter Luise, Tante Wisken genannt, die in Uentrop bei Hamm leben, um Günter. Sie leben auf einem stillgelegten Bauernhof, auf dem es noch eine Kuh und zwei Schweine gibt. Wichtiger für Günter aber ist ein für diese Zeit typischer Backofen, in dem alle zwei Wochen für den Eigenbedarf gebacken wird. Zunächst wird mit Reisig und Holz vorgeheizt. Ist das Gewölbeinnere erhitzt, wird das verbrannte Reisig und das Holz von den Steinplatten gefegt. Dann wird in der verbleibenden Hitze des Backofens das Brot gebacken. Wenn es fertig ist, nutzt man die Restwärme, um „Knabbeln“ herzustellen, eine bekannte westfälische Spezialität: Brot wird in große Stücke gebrochen, und auf Holzhürden aus Latten im Backofen geröstet. Durch diesen Röstvorgang wird die Haltbarkeit der Knabbeln, die im Geschmack dem bekannteren Zwieback ähneln, verlängert. In lauwarme Milch eingetaucht, werden sie zum ersten Frühstück morgens um

fünf Uhr gegessen. Mit Zucker bestreut sind sie für Kinder eine besondere „Leckerei“. Im Herbst werden statt Knabbeln in der Restwärme des Backofens die Pflaumen für den Winter getrocknet. Günter lernt von der Großmutter den komplexen Umgang mit Sauerteig. Bei jedem Backvorgang wird ein wenig Restteig in einem Steingefäß kühl aufbewahrt. Dieser „saure“ Ansatz wird unter den nächsten Brotteig gemengt. Das Backhandwerk ist so sehr fester Bestandteil seines Lebens, dass Günter mit 14 Jahren in Hamm eine Bäckerlehre anfängt. Danach arbeitet er als Geselle in mehreren Betrieben im Großraum Hamm und im Ruhrgebiet. Schließlich erhält er 1953 auf der Meisterschule im Olpe seinen Meisterbrief. Günter scheint nach den Kriegsereignissen und der schweren Nachkriegszeit im Alter von 21 Jahren als Bäckermeister endlich am Ziel. 39

Erste Schritte in eine bessere Zukunft Mittlerweile ist auch die Großmutter verstorben. Heimatlos und ohne Familie beschließt er im Januar 1954 mit 20 DM in der Tasche, nach Soest zurückzukehren. In der Heimatstadt angekommen, erlebt er eine große Enttäuschung: Eine Festanstellung als Meister in einem fremden Betrieb zu finden, ist schwer, fast unmöglich. Doch die Bäckerei und Konditorei Gerstemeyer, dessen Sohn mit ihm zur Schule gegangen ist, nimmt sich des jungen Meisters an. Nach einigen Wochen fordert Bäckermeister Gerstemeyer von Günter, weil nun mehr Brot gebakken, aber dieses Brot nicht im Laden verkauft wird, dieses mit dem Fahrrad auszuliefern. Das klappt besser als erwartet. Mit einem Brotkorb und zehn Kasseler-Broten, frei geschobenes Weizenmischbrot mit einem Anteil von 70 Prozent Weizen und 30 Prozent Rog-

gen, strampelt Günter, wie einst der Großvater zu den Bauern, mit dem Fahrrad in die Eisenbahnsiedlung von Soest. In der familienreichen Gegend um die Hermannstraße klingelt er an den Haustüren und verkauft erfolgreich die überschüssigen Gerstemeyer-Brote. Vormittags arbeitet er von vier Uhr bis vierzehn Uhr in der Backstube, dienstags und freitags verkauft er dann ab fünfzehn Uhr Brote. Bei jeder Tour verdient Günter 1,50 DM. Da die Brot-Lieferung ins Haus keinen Aufpreis ausmacht, denn das Brot kostet genau soviel wie im Laden, hat er schnell einen treuen und zufriedenen Kundenstamm. Nach ein paar Wochen wird die Nachfrage so groß, dass Günter mit einem Bäcker-Fahrrad, das mit einem Achsanhänger ausgestattet ist, die Tour fährt. Vorne kann er nun 20 und hinten 40 Brote un-

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Günter Trockels betreibt seinen Brot-Vertrieb anfangs mit einem Fahrrad. Als das Geschäft blüht, steigt er auf ein Motor-Dreirad um. Der Kundenradius vergrößert sich.

terbringen. Darum entschließt sich der junge Trockels, eine zweite Tour für montags und donnerstags für ein anderes Soester Viertel aufzubauen, die Friedrichstraße. Es zeigt sich, dass dies eine glänzende und gewinnbringende Idee ist, denn auch die zweite Tour ist schnell ausverkauft. Bäckermeister Gerstemeyer ist zufrieden mit dem Brotverkauf, will aber mit der wachsenden Vertriebsorganisation nicht behelligt werden, so dass Günter Trockels am 1. April 1954 ein Gewerbe für den Brotverkauf anmeldet. Das Brotgeschäft floriert so gut, dass Günter die Nachfrage kaum bedienen kann. Um noch mehr Brote bei einer Tour ausliefern zu können, beschließt er, ein altes Motor-Dreirad für 800 DM zu kaufen. Der Trockelssche Brotlieferservice erweist sich als eine attraktive

Der Enkel entdeckt den Großvater

Marktlücke. Mit der erhöhten Mobilität durch das Dreirad vergrößert sich auch der Kundenradius und die Nachfrage. Nun kommt es zu ersten Lieferengpässen. Bäckermeister Gerstemeyer kann der steigenden Nachfrage nicht mehr gerecht werden. Im Jahr 1955 beschließt Bäckermeister Gerstemeyer, dem jungen, fleißigen Trockels zu helfen. Günter arbeitet bereits nicht mehr bei ihm. Gemeinsam fahren sie nach Paderborn zur Brotfabrik Ostermann, um dort größere Brotlieferungen an Günter zu erbitten. Es hilft, Meister Gerstemeyer hat für ihn „gut gesagt“. Zunächst wird das Paderborner Brot täglich mit der Bahn von Paderborn nach Soest geliefert und in den frühen Morgenstunden von Günter Trockels entgegen genommen. Nun kann er neben den Drei- oder Vier-Pfund-

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Geschäft in der Osthofenstraße 45 nach dem zweiten Bauabschnitt

Broten auch schon Ein-Pfund-Geschnittenes (acht bis zehn Scheiben) anbieten. Verpackt ist das Brot in Wachspapier, das anschließend von den Hausfrauen noch zum Einpacken der geschmierten Butterbrote genutzt werden kann. Nicht nur die Privathaushalte wissen das gewachsene Brot-Sortiment und den kundenfreundlichen Trockels-Lieferservice zu schätzen, auch die Lebensmittelgeschäfte in Soest erkennen dessen Vorzüge. Und wieder steigt bei Günter Trockels die Nachfrage und verlangt erneut eine schnelle Lösung, um den neuen Kundenkreis zufriedenstellen zu können. Statt mit der Bahn wird das Paderborner Brot nun zwei Mal in der Woche, dienstags und freitags, mit einem LKW nach Soest geliefert. Im alten Backhaus von Julius Trockels in der Osthofenstraße, das im Krieg nicht zerstört wurde, werden die Brote gelagert. In der Glanzzeit beliefert Trockels nun 80 Lebensmittelgeschäfte, Kioske, Bäckereien und weiterhin die kinderreichen Privathaushalte in Soest. Einige Bäcker

entfernen das Wachspapier, das um die Brote gewickelt ist, und verkaufen die industriell gefertigte Ware unter eigenem Namen. Schließlich ist jedes zweite Lebensmittelgeschäft in Soest Kunde von Trockels, darunter Tengelmann, Kaiser´s Kaffee, Hill und auch Holbutko. Der pfiffige Bäckermeister nutzt eine Marktlücke, die andere Lieferanten nicht sehen.

In seiner Glanzzeit beliefert Trockels 80 Lebensmittelgeschäfte, Kioske und die kinderreichen Privathaushalte. Obwohl Günter Trockels es sich kaum leisten kann und sehr sparsam leben muss, besucht er am 1. Mai 1951 das Gewerkschaftsfest in Hamm. Vor dem Gebäude findet er eine Ein42

Es gibt wieder Eiserkuchen

Die Trockels-Söhne 1969: v. l.: Uwe, Thomas und Hans-Günter

Frühe Auslieferung bis nach Norddeutschland im Jahr 1960

trittskarte und auf dem Fest trifft er seine zukünftige Frau. Sie heißt Ursula und ist 17 Jahre alt. 1955 heiraten die beiden. Anfangs ist das Geld der Eheleute sehr knapp, so dass Ursula noch bei ihren Eltern in Hamm wohnt. Das Haus in der Osthofenstraße ist noch eine Ruine. Der Krieg und auch Plünderungen haben erhebliche Spuren auf dem Grundstück hinterlassen. Günters Einkünfte reichen nicht einmal aus, um den Schutt abtragen zu lassen, geschweige denn, das Haus wieder aufzubauen. Er ist verärgert, weil er für das zu diesem Zeitpunkt völlig wertlose Grundstück eine Grundsteuer zahlen muss. Daher räumt das junge Ehepaar selbst mühselig den Schutt mit Schubkarren und Pferdewagen vom Grundstück. 1957 beziehen die jungen Leute schließlich einen neu geschaffenen Flachbau auf dem Grundstück, bestehend aus einem Ladenlokal und zwei dahinter befindlichen Wohnräumen. Ursula kümmert sich von nun an um das

Ladenlokal, den Haushalt und räumt weiterhin den Schutt vom Grundstück, um der nun wachsenden Familie ein Heim zu schaffen. 1958 wird Sohn Hans-Günter geboren, drei Jahre später, im Jahr 1961 folgt Thomas, 1963 kommt Uwe zur Welt und 1969 wird schließlich die ersehnte Tochter Karin geboren.

Die vierte Generation tritt an: Günter Trockels bezieht seine drei Söhne in das Familienunternehmen ein. „Und immer, wenn wieder ein Kind unterwegs war, wurde wieder ein neuer Bauabschnitt umgesetzt, entweder für den gewerblichen oder aber für den privaten Bereich“ , erinnert Günter sich an die schwere Zeit. Auch die Kinder von Günter Trockels wachsen eng verknüpft 43

Eiserkuchen sind zerbrechlich, daher werden sie mit einfachen Mitteln von Hand in Polybeuteln verpackt.

mit dem Backhandwerk und den wachsenden Aufgaben und Anforderungen des Familienunternehmens auf. Günter schafft es im Verlauf der Jahre, alle Söhne in das Familienunternehmen einzubeziehen. Tochter Karin geht einen eigenen Weg und wird Architektin.

Mit Tante Sophiechens Hilfe wird das Erfolgsrezept der Milch-Eiserkuchen wieder neu entdeckt. 1956 erweitert Trockels auf Wunsch der Paderborner Fabrik Ostermann das bestehende Brot-Sortiment um Sandkuchen. Nun kann er neben Brot erstmalig seinen Kunden auch Kuchen anbieten. Wiederum erweist sich dieser neue Geschäftszweig als eine erfolgreiche Nische. Mit Backwaren in der Familie groß geworden, eine Ausbildung bis hin zum Bäckermeister absolviert – da lag es auf der Hand, das Gelernte selbst wieder einzusetzen. Trockels fällt der fast schon vergessene, aber beliebte Milch-Eiserkuchen, den Großvater Julius gebacken hat, wieder ein. Er besucht Tante Sophiechen, die Schwester des Vaters, die noch das vom Großvater aufgeschriebene Rezept hat. Unterstützt von seiner Frau Ursula fängt Trockels mit der Eigenproduktion der Eiserkuchen nach dem Rezept von Großvater Julius an. Schnell hat er neun Waffeleisen beschafft. Zum Backen werden Frauen aus der Nachbarschaft angeworben. Schon bald beschäftigt Trockels 50 Frauen. Die selbst gebackenen Eiserkuchen werden in ganz Nordrhein-Westfalen, aber auch bis nach Nord-Deutschland geliefert. Besonders beliebt sind sie im Rheinland. Im Jahr 1957 entscheidet das Vertriebs- und Organisationstalent Günter Trockels, zu dem sich der Bäcker inzwischen entwickelt hat, die 44

Eiserkuchen auf der Wäscheleine

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Nach Großvaters Rezept Hausauslieferungen von Brot aus Zeitgründen einzustellen. Die Nachfrage nach Eiserkuchen wird immer größer, so dass für ihre Herstellung eine halbautomatische Maschine angeschafft wird. Dies ist der Beginn der industriellen Fertigung. Schon zwei Jahre später kommen zwei halbautomatische Maschinen hinzu, die die Produktionskapazität deutlich ankurbeln. 1959 kauft

In der industriellen Fertigung eine ungewöhnliche Marketingidee: Warenpräsentation an der Wäscheleine Trockels dann die erste vollautomatische Maschine, die soviel leistet wie drei halbautomatische Maschinen leistet. Nur ein Jahr später kauft er dann die zweite vollautomatische Maschine. Um eine gleichbleibende Qualität der Backwaren zu gewährleisten, muss die Rezeptur des Großvaters immer wieder an die neuen Backgeräte angepasst werden. Entgegen dem damals einsetzenden Trend bei der Herstellung, statt teurer Milch Wasser zu verwenden um zu sparen, bleibt Günter Trockels immer der Familienlinie treu, Qualitätsware liefern zu wollen. Der Erfolg gibt ihm bis heute Recht. Da die Eiserkuchen sehr zerbrechlich sind, wird die Warenpräsentation mit einfachen, aber effektiven Mitteln „gesichert“: Der beliebte „Uiserkauken“, wie er in Westfalen heißt, wird in Polybeuteln vorsichtig mit der Hand verpackt. An einer Wäscheleine werden die Tütchen, die ca. 15 Milch-Eiserkuchen enthalten, dies entspricht ca. 180 Gramm, nebeneinander aufgehängt und so angeboten - eine nutzbringende Marketingidee. Die Tütchen werden zu einem Preis von 1 DM verkauft. Da die Milch-Eiserkuchen jedoch

Erste Produktionshalle im Coesterweg 31 im Jahr 1970 46

Bürgermeister, Rat und Stadtverwaltung von Soest bestaunen 1972 die erste Produktionshalle der neuen Kuchenfabrik am Coesterweg, die 1970/71 im Industriegebiet entstand. Der vierzigjährige Günter Trockels (rechts) erläutert sein Werk.

sehr bruchempfindlich sind, gibt es auch Tütchen mit zerbrochenen Röllchen. Der findige Trockels bietet sie kurzerhand für die Hälfte des Preises an. Besonders beliebt sind die völlig zerbrochenen Milch-Eiserkuchen, die für einen Groschen besonders von den Schulkindern gerne gekauft werden. Ohne den Einsatz von Werbung oder einem heute notwendigen Marketingkonzept wird diese Idee schnell bekannt, und sorgt für eine große Nachfrage und auch raschen Absatz. Obwohl Günter mit Fleiß und viel Einsatz die Bäckerei in den 50er Jahren wieder aufbaut, verwehrt ihm der Soester Stadtdirektor immer wieder neue Baugenehmigungen. Auf einer Handskizze liest Günter eines Tages den Grund für die Verweigerung des Stadtdirektors: „Der hat zu große Hosen an!“ Ein großer Irrtum des Stadtdirektors, wie der Umzug in das Gewerbegebiet in den Coesterweg 1970 beweist. Die Hose war demnach nicht zu groß, sondern zu klein! Um dem Geschmackstrend nach einem beliebten und gängigen Kuchen, dem Rodonkuchen, entsprechen zu können, kauft Günter Trockels 1961 einen Netzbandofen.

Durch den neuen Netzbandofen und eine spezielle Verpackung wird Rodonkuchen bundesweit ein Verkaufsschlager. Der neue Netzbandofen gewährleistet eine spürbare Qualitätsverbesserung der Backwaren. Die Backzeitverkürzung ermöglicht, dass die Backwaren sich sowohl in Bezug auf Feuchte, Volumen als auch Lockerheit verbessern. Zudem gelingt es Trockels, den Rodonkuchen mit einer speziellen Verpackung für vier Wochen haltbar zu machen. Das gut aufgebaute und funktionierende Vertriebssystem 47

sorgt schließlich dafür, dass der Rodonkuchen schnell bundesweit verkauft wird. Zusätzlich wird das Sortiment um hochwertiges Spritzgebäck erweitert. Neben der Liebe zu Backwaren hat Günter Trockels sicherlich die Innovationsfreude, die Aufgeschlossenheit und Neugierde für Technologien von seinem Großvater geerbt. Bis heute sind diese Eigenschaften feste Säulen der Unternehmensphilosophie. Mit dem Kofferraum voll Kuchen fährt Günter 1969 in seinem VW über Helmstedt nach Berlin, um auch dort seinen Kuchen anzubieten. Nach kurzen Verhandlungen bestellt die Berliner Firma Schiesser wöchentlich eine LKW-Ladung Kuchen. Bedingung ist, dass die Ware jeden Donnerstag so gegen zwei Uhr morgens in Berlin sein muss, um für das Wochenende frisch in den Berliner Geschäften zu sein. Aus Kostengründen entscheidet Günter Trockels, für diese Tour wöchentlich einen 7,5 Tonner LKW zu leihen und das Fahrzeug nach der Auslieferung der Waren in Berlin bei der Leihfirma wieder abzugeben. Der Fahrer nimmt für die Rückreise dann den Zug.

Umzug auf die grüne Wiese in den Coesterweg 31 im Industriegebiet Süd-Ost Durch das hohe Verkehrsaufkommen der LKWs in dem Wohngebiet rund um die Osthofenstraße, kommt es im Jahr 1970 zu Beschwerden der dortigen Bewohner. Der Zwang, auf die „grüne Wiese“ umzuziehen, veranlasst Günter Trockels, nun das Unternehmen neu zu strukturieren. Er setzt alles auf eine Karte und baut am Coesterweg im Gewerbegebiet SüdOst in Soest eine moderne, mit neuesten Technologien ausgestattete Gewerbehalle. Nach 48

Kuchenmeisters Highlights: Der Stollen

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Kuchenmeisters Highlights: Der Kranzkuchen

Werbeaufnahme aus den 1980er Jahren

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der Fertigstellung bezieht das Unternehmen 1971 die neuen Büro- und Produktionsräume mit einer Fläche von 1200 Quadratmetern. Trockels kämpft nach wie vor selbst an vorderster Front für den Vertrieb seiner Produkte. Als ein norddeutsches Unternehmen den Preis der Trockelsschen Backwaren erheblich zu drücken versucht, bleibt er hartnäckig und unnachgiebig. Schließlich beendet er die Preisverhandlungen. Ein niedrigerer Preis für die Backwaren wäre nur möglich gewesen, hätte er Einsparungen bei der Auswahl und auch der Verwendung der Rohstoffe vorgenommen. Aber Wasser statt Milch oder weniger Butter zu verwenden, entspricht nicht seiner Qualitätsphilosophie.

zur Folge, dass Günter Trockels den Export seiner Produkte in das benachbarte Ausland vorantreibt, da auf den Exportmärkten höhere Preise zu erzielen sind. Zu den ersten Ländern, die von Trockels im Jahr 1975 beliefert werden, gehört Italien. Doch der lange Transportweg sowie die Hitze in Italien stellen das Exportvorhaben vor neue Herausforderungen, da die Ware schneller verdirbt. Der neuen Herausforderung den Kuchen haltbarer und dadurch auch exporttauglicher zu machen, begegnet der findige Trockels 1976 mit einer neuen Technik. Hierzu lässt er unter Mithilfe verschiedener Experten eine spezielle Verpackungsmaschine bauen. Ein maßgeschneidertes Verfahren für den Verpackungsprozess soll die längere Haltbarkeit der Produkte gewährleisten, und dies ohne Qualitätseinbußen. Ermöglicht wird dies durch einen Atmosphärenaustausch innerhalb der Verpakkung. Dabei wird der Restsauerstoffgehalt innerhalb der Verpackung auf ein Minimum reduziert.

Nein, zu Qualitätsverlust: Milch statt Wasser – Ja, zu eigener Qualitätsphilosophie Daher bekommt ein anderer Produzent, der preisgünstiger liefern kann, schließlich den Auftrag. In Norddeutschland bemerkt man jedoch kurze Zeit später, dass die günstigere Ware nicht den gewünschten Qualitätsmaßstäben entspricht. Dies hat rückläufige Zahlen zur Folge, so dass sich die Trockelsschen Qualitätsprodukte nun doch durchsetzen. Bestätigt durch diesen Vorfall, bleibt Trockels immer seiner Linie treu und setzt sich weiterhin für eine „kompromisslose Qualität der Backwaren“ ein. Kurze Zeit später, im Jahr 1973, erwirtschaftet das Unternehmen am neuen Standort eine Million Euro. Allerdings verlangen die veränderten Marktgegebenheiten auch ein Umdenken. Die Kuchenpreise purzeln in Deutschland bis zu 20 Prozent. Hierdurch reduzieren sich zwangsläufig auch die Gewinnmargen. Dieser Umstand hat

Maßgeschneidertes Verfahren für Verpackungsprozess gewährleistet längere Haltbarkeit und erfolgreichen Export Garanten für den kompromisslosen Qualitätserhalt sind nach wie vor die sorgfältige Auswahl und Verarbeitung der Rohstoffe. Die Basis für qualitativ hochwertige und exporttaugliche Kuchenprodukte ist ein sensibles Herstellungsverfahren, das bis zur Abnahme und Durchführung unzähligen Tests und Prüfungen unterliegt. Gut ausgebildete Mitarbeiter sowie die Bereitschaft, in neue Technologien zu investieren, sichern dem Unternehmen deutliche Vorteile im Wettbewerb. 51

Die ersten Exporterfolge hat Trockels mit Rodonkuchen, großvolumiger gebacken und daher leichter und lockerer als die italienischen Backwaren. Beliefert werden Backwarengroßhändler, die dann den weiteren Vertrieb übernehmen. Ende der 70er Jahre werden die Backvertriebe immer weiter verdrängt, die Brotfabriken übernehmen selbst den Vertrieb. Trockels beweist jedoch Lieferantentreue und beliefert nun selbst die Brotfabriken. Lieferungen direkt an den Lebensmittelhandel sind eher selten. Zu den Exportländern zählen inzwischen Italien, Frankreich und die Niederlande. Aber auch kleinere Lieferungen nach Übersee werden erfolgreich durchgeführt.

Chancen in neuen Märkten erkannt: Mut zum Export erst in Europa – dann weltweit Im Ausland setzen sich die Trockelsschen Backwaren aufgrund ihrer hohen Qualität schnell durch und führen zu einer enormen Nachfrage. Nachdem auf dem deutschen Markt die Distributionsstufe durch die Fusionen von Brotfabriken zerbricht, trifft das Unternehmen nun gezwungenermaßen auf den Einzelhandel. Hier muss das Unternehmen nun um seine Positionierung kämpfen. Der kompromisslose Glaube an Qualitätsprodukte sowie dessen Umsetzung erschweren den Einstieg in den Lebensmittelhandel. Obwohl der Wettbewerbs- und Preisdruck immer größer werden, hält Trockels an der hohen Qualität und auch den damit verbundenen höheren Preisen fest. Grundlage für sein Handeln bleibt der feste Glaube, dass Qualitätsbackwaren sich nur mit besten Rohstoffen herstellen lassen. Nur so kann sich das Produkt langfristig beim Ver52

Kuchenmeisters Highlights: Der Tortenboden

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braucher durchsetzen. Weiterhin investiert das Unternehmen in neue Technologien, um den Qualitätsstandard immer weiter auszubauen. Nach und nach setzt sich die Trockelssche Unternehmensphilosopie dann gegen die Qualitäts- und Preisdifferenzen der anderen Anbieter durch.

1982: Der Firmenname “Kuchenmeister“ wird erfunden und setzt sich weltweit durch. Die Anfangsbuchstaben aus Günter Trockels bilden im Jahr 1979 den Firmennamen GüTro. Da die Süßwarengroßhändler mit der Abkürzung SüGro operieren, verlangen sie wegen des Gleichklangs der Namen eine Umbenennung des Unternehmens. Kurzzeitig benennt er das Unternehmen GuTro. Auf den Messen lässt sich der Unternehmensname jedoch schlecht in andere Sprachen übersetzen. Daher fällt 1982 die Wahl auf den Unternehmensnamen „Kuchenmeister“. Übersetzung und Unternehmenszweck sind somit in einem Wort gegeben. Im September 1989 präsentiert Kuchenmeister auf der Leipziger Herbstmesse eine kleine Sortimentsauswahl. Ziel ist es, in den Intershops der DDR die Kuchenmeister-Produkte anbieten zu dürfen. Das Unternehmen Kuchenmeister hinterlässt bei den anwesenden Vertretern des Backwarenkombinats Berlin, insbesondere bei dem zuständigen Technologen des DDR-Unternehmens Rüdiger Jank, einen interessanten Eindruck. Nach dem Mauerfall im November 1989 wird schließlich ein Besichtigungstermin in Berlin vereinbart. Das „Backwarenkombinat Berlin“ wird nach dem Mauerfall umbenannt, und nun als „Stadtkonditorei Berlin GmbH in Grün-

Erster Messestand der Kuchenmeister GmbH zur Internationalen Süßwarenmesse (ISM) in Köln, 1982

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Kuchenmeisters frühe Messe-Präsentation dung“ bezeichnet. Diese neue und ungewöhnliche Wirtschaftsform wird zur Veräußerung von Staatsbetrieben durch die Treuhand angewendet.

Nach dem Mauerfall von 1989: Intermezzo im Zentrum von Ostberlin Anfang Februar 1990 besuchen Vater Günter, Mutter Ursula und Hans-Günter zuerst eine Produktionsstätte in Marzahn. Nachdem sich herausstellt, dass die Produktionsstätte in Marzahn für eine Übernahme nicht in Frage kommt, besichtigt man in Berlin-Lichtenfeld, nur 300 Meter vom ehemaligen Staatssicherheits-Ministerium entfernt, die dortige Produktion. Das 1914 erbaute Gebäude in der Josef-Orlopp-Straße 42 hat eine Produktionsfläche von 5000 Quadratmetern auf mehreren Etagen. Die dort beschäftigten 400 Mitarbeiter produzieren Feinbackwaren und Baumkuchen in einer ersten vorindustriellen Form. Um das Unternehmen Kuchenmeister und dessen Arbeitsweise kennenzulernen, besucht Rüdiger Jank Ende Februar 1990 die Produktionsstätte in Soest. Besonders großes Interesse und Bewunderung zeigt der ostdeutsche Besucher für die drei hochmodernen Backstraßen, auf denen Rührkuchen und Rodons produziert werden. Der Bau zweier neuer Backstraßen in Soest ist bereits für Mai 1990 geplant. Inspiriert und auch fasziniert von dem regen Gedankenaustausch zwischen den Backspezialisten in Soest und Berlin folgen weitere Besuche. Am 1. April 1990 entscheidet Hans-Günter bei einem Abendessen mit Rüdiger Jank im Soester Pilgrim-Haus, die Platenkuchenproduktion von Soest nach Berlin zu verlegen. Hierzu soll die Platenkuchenanlage in Soest ab55

und in Berlin wieder aufgebaut werden. Spontan fertigt Hans-Günter einen ersten Entwurf des geplanten Vorhabens auf einem Bierdeckel an. Auf die Frage, wann die Produktion dort aufgenommen werden sollte, antwortete er mit Blick auf den Kalender seiner Armbanduhr: „Am 1. Mai muss das laufen – wir sind nicht mehr im Sozialismus.“ Zurück in Berlin sorgt Jank mit dieser Nachricht und dem Plan auf dem Bierdeckel bei dem verantwortlichen Kombinatsdirektor für Verblüffung. Rasch wird auf Grund der ersten Bierdeckel-Skizze die weitere Feinplanung und -abstimmung vorgenommen. Innerhalb von nur acht Tagen wird schließlich die Soester Anlage für Platenkuchen ab- und in Berlin, wieder aufgebaut. Dieses Vorhaben hätte zu DDR-Zeiten wahrscheinlich zwei Jahre beansprucht.

Sensation in acht Tagen: Anlage für Platenkuchen in Soest ab- und in Berlin aufgebaut Am 1. Mai 1990 wird die Produktion von Platenkuchen in Berlin wie vorausgesagt aufgenommen. In den ersten Wochen der Einarbeitungsphase unterstützen Mitarbeiter aus Soest die Berliner Kollegen. In drei Schichten werden am Tag 30.000 Platenkuchen produziert. Kuchenmeister ist das erste Unternehmen der Backbranche, das noch vor der Währungsunion am 1. Juli 1990 in Ostdeutschland die Produktion aufnimmt. Eine bemerkenswerte und auch mutige Entscheidung, da die politische Zukunft noch ungewiss ist. Noch gelten die wirtschaftlichen Strukturen der DDR, so dass Hans-Günter die Preisverhandlungen für den Platenkuchen mit dem Direktor der Ökonomie aushandeln muss. Ein Kuchen von 56

Kuchenmeisters Highlights: Der Platenkuchen

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Kuchenmeisters Highlights: Konditorkuchen aus Soest

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400 Gramm wird zu einem Preis von 6 DM verkauft. Auch ohne Marketing- und Verkaufsstrategien überzeugen der akzeptable Preis, dazu die hohe Qualität der Kuchenmeister-Produkte sowie die ansprechend bunte Verpackung. Die Möglichkeiten erkennen und auch nutzen, dies ist Kuchenmeister mit der unkonventionellen, aber professionellen Vorgehensweise in Berlin gelungen. Die Nacht zum 1. Juli 1990, die Nacht vor der Währungsunion, verändert das Warenangebot in den „Kaufhallen“ und Geschäften der ehemaligen DDR. Die Regale und Kühltruhen in den Geschäften werden leer gefegt, das ostdeutsche Sortiment ausgemustert. Es erfolgt die Umstellung auf das westdeutsche Warenangebot.

einer Doppelstockverladung und aufwändiger Kühlung ermöglicht eine Optimierung der Frachtkosten sowie die Qualitätsgarantie. So sind verlässliche Lieferungen auch am Wochenende und in der Hauptsaison gewährleistet.

1997: Kinderhörnchen mit Nuss-Nougat-Füllung 1999: Produktion von Kuchenriegeln Mittlerweile verfügt Kuchenmeister über einen hochmodernen, stattlichen Fuhrpark. Das Unternehmen ist eines der ersten, dessen Fahrzeug-Flotte komplett mit Pflanzenkraftstoff betrieben wird. Nur Intuition, nicht Marktanalysen oder Wirtschaftsprognosen, veranlassen Hans-Günter im Jahr 1997, die Kinderhörnchen mit einer NussNougatfüllung zu verfeinern. Heute ist Kuchenmeister Marktführer in diesem Segment. Im Jahr 1999 schreibt ein Großkunde den Auftrag zur Produktion von besonderen Kuchenriegeln aus. Es bewerben sich über 30 Firmen. Kuchenmeister erhält den Zuschlag, die Produktionsanlage wird in der Rekordzeit von drei Monaten geplant, gebaut und in Betrieb genommen. Um die herausragende eigene Position im hart umkämpften deutschen Markt zu festigen, ist Kuchenmeister gezwungen, weiter zu expandieren. Da Südzucker den Rückzug aus dem Kuchengeschäft plant, übernimmt Kuchenmeister im Jahr 2000 die beiden zu diesem Zeitpunkt defizitären Produktionsstätten der Lady Cake Feine Kuchen GmbH in Mettingen (Nordrhein-Westfalen) und Duingen (Niedersachsen). Die Übernahme erfordert eine nachhaltige Restrukturierung und durchdachte Umorganisation der beiden Lady Cake-Betriebsstätten. Die große räumliche Distanz er-

Rezept für Unternehmenserfolg: Kompromisslose Qualität, Flexibilität, Serviceorientierung und die Liebe zu Backwaren Andere Anbieter und auch Produzenten wollen nun auch auf dem neu geschaffenen Wirtschaftsmarkt agieren. Reaktionsschnell und flexibel auf die gegebenen Umstände der Zeit zu reagieren, dies sind sicherlich die Faktoren für den Unternehmenserfolg der Familie Trockels. Der unbedingte Glaube an Qualitätsprodukte, aber auch die Neugierde und Faszination an technischen Innovationen und Möglichkeiten sind weitere Erfolgsfaktoren. Um schneller, effizienter, pünktlicher und noch serviceorientierter liefern zu können, baut Kuchenmeister den eigenen LKW-Fuhrpark aus, und erwirbt im Jahr 1996 das direkt angrenzende von dem Spielwarenhersteller Hasbro betriebene Logistikzentrum in Soest. Das Gelände ist 7.000 Quadratmeter groß. Die Anschaffung von LKWs mit 59

Kuchenmeisters Highlights: Die Sachertorte

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schwert die ortsübergreifende Kommunikation sowie die Umsetzung und Verfestigung der übergeordneten Strategien. Um das Vorhaben dennoch strukturiert umzusetzen, wird daher der Overhead der neuen Produktionsstätten - angefangen vom Einkauf bis hin zum Vertrieb – nach Soest verlegt. Die Organisations- und Personalstrukturen in Duingen und Mettingen werden analysiert und optimiert, um die Integration in das Mutterunternehmen Kuchenmeister zu ermöglichen. Hier wird besonderen Wert auf eine sorgfältige Planung im Vorfeld und eine sensible Umsetzung gelegt, um die Mitarbeiter schrittweise auf die Veränderungen vorzubereiten und diese gemeinsam und unter Wahrung der Interessen aller Beteiligten zu realisieren.

Strategisches Wachstum und größere Verantwortung verlangen weitsichtige und sensible Umsetzung So verfügt Kuchenmeister nun über sieben zusätzliche Produktionsanlagen, was eine erhebliche Kapazitätsausweitung auf der einen Seite und natürlich erhebliche Investitionen auf der anderen Seite mit sich bringt. Die zusätzliche Anpassung der Produktionsprozesse an den Kuchenmeister-Qualitätsstandard erfolgt durch kontinuierliche Verbesserung der Abläufe und den Einsatz modernster Technologien. Die Verantwortung für diesen anspruchsvollen Veränderungsprozess trägt Hans-Günter, der bis heute am jeweiligen Ort die Mitarbeiter über die Veränderungen informiert, sie anleitet, und so die technische Verfeinerung und das Bereitstellen neuer Möglichkeiten durch individuelle Maschinenbaukonstruktionen, Sonderlösungen und modernsten Robotersystemen selbst initiiert und begleitet. 61

Die Erweiterung der Produktion bedeutet auch, dass sich die bis dahin verwendeten Rezepturen gemäß dem Qualitätsstandard von Kuchenmeister verändern. Trotz der hierdurch unvermeidbaren Preiserhöhungen für den Verbraucher steigen die Absatzzahlen weiter. Dies zeigt ganz offensichtlich die Wertschätzung der Verbraucher gegenüber der Qualität der Kuchenmeister-Produkte.

Auch in Thüle wird die Unternehmensphilosophie von Kuchenmeister sukzessive umgesetzt. Großen Wert legt man auf die Umstellung der Rezepturen, um den hohen KuchenmeisterQualitätsanspruch auch hier gewährleisten zu können. Thomas verantwortet bei Kuchenmeister den Unternehmensbereich Finanzen & Controlling. Die komplexe Umstellung der Rezepturen an allen Standorten sowie der Rohstoffeinkauf wird von Uwe Trockels verantwortet. Die Verwendung qualitativ hochwertigerer Backzutaten bedeutet, dass zur Optimierung der Rezepturen auch die einzelnen Rohstoffe sowie der Backprozess neu berechnet werden müssen. Geringfügige Qualitätsveränderungen der Rohstoffe haben bereits Auswirkungen auf den sensiblen Backvorgang. Um Qualitätsverluste zu vermeiden, werden die einzelnen Rohstoffe immer wieder strengsten Untersuchungen und Analysen unterzogen. Mittlerweile arbeiten unter seiner Leitung zehn Produktentwickler.

Trotz höherer Preise: Steigerung des Absatzes und Sicherung der Position am hart umkämpften Markt Nach der Konfrontation mit zahlreichen Herausforderungen in zwei aufregenden Jahren ist Kuchenmeister nun in der Konsolidierungsphase angekommen. Das Wagnis der Expansion bringt schlussendlich die erhoffte Sicherung der eigenen Marktposition und ermöglicht zusätzlich die aktive Einflussnahme auf die Preisstrukturen des bewegten Marktes. Im Jahr 2004 ändert sich durch die zum Verkauf stehenden unwirtschaftlichen Kuchenbetriebe der Kamps AG die Situation für Kuchenmeister. Barilla, die neue Muttergesellschaft der Kamps AG, will mehrere Produktionsbetriebe für Kuchen verkaufen. Um die eigene Marktposition zu halten, ist Kuchenmeister gezwungen, den Expansionskurs weiter voran zu treiben. Zum Verkauf stehen die Produktionsstätten in Give (Dänemark), Chrzanow (Polen) und in Thüle (Nordrhein-Westfalen). Die Übernahme der Produktionsstätten in Give und Chrzanow wird durch eine dänische Investorengruppe unter Beteiligung von Kuchenmeister vorgenommen. Thomas Trockels übernimmt die Produktionsstätte in Thüle und benennt sie nach seiner Tochter Audrey in „Audrey Cake GmbH“.

Zukunftskonzepte bedeuten einen Mehrwert für das Unternehmen Kuchenmeister Hans-Günter, der 1995 die operative Geschäftsführung für das Unternehmen Kuchemeister GmbH übernommen hat, ist der Visionär unter den Brüdern. Er ist fasziniert von neuen Strategien und Innovationen – Zukunftskonzepten – die langfristig einen Mehrwert für das Unternehmen bedeuten können. Er betreut unter anderem die technische Ausstattung in den Produktionsstätten. Um das Backergebnis und die Qualität zu optimieren und eine Reduzierung des Energieverbrauchs herbeizuführen, lässt er eigene Konstruktionen bauen, die auch von anderen Firmen genutzt werden. 62

Kuchenmeisters Highlights: Der Baumkuchen

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Kuchenmeisters Highlights: Die Baumkuchen-Spitzen Im Frühjahr 2009 erwirbt Kuchenmeister von der ehemaligen Zuckerfabrik Soest ein zehn Hektar großes Gelände der ehemaligen Zukkerfabrik in Soest. Um zukünftig eine noch höhere Servicequalität bieten zu können, soll dort ein hochmodernes Logistikzentrum mit einem vollautomatischen Hochregallager gebaut werden. Zudem bietet das Gelände genügend Fläche für weitere Expansionen im Produktionsbereich. Seit zehn Jahren setzt sich Kuchenmeister für den „papierlosen“ Betrieb ein. So wenig Papier wie möglich in Verwaltung und Betrieb zu nutzen, soll durch individuell entwickelte IT-Lösungen umgesetzt werden.

Kuchenmeister setzt sich für Nachhaltigkeit ein: Ökologisch, sozial und wirtschaftlich Neue energiesparende Beleuchtungskonzepte gehören ebenso wie sinnvolle Wärmerückgewinnungsanlagen zu den zukunftsträchtigen Umsetzungen von Kuchenmeister. Das Unternehmen soll nachhaltig energiebewusst und ressourcenschonend arbeiten. Nachhaltiges Wirtschaften, regelmäßige Innovationen und stetige Weiterbildung sind wesentliche Faktoren für die Zukunft eines Unternehmens. Um dies umzusetzen, müssen die Entscheidungsträger in einem Unternehmen offen für Veränderungen sein. Alles in Frage zu stellen – ist eine typisch Trockelssche Eigenschaft. Auf Unverständnis stößt der Satz: „Dies machen wir immer schon so!“

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Im Familienund Unternehmensgeist hat Günter Trockels sukzessive die Geschäftsanteile seiner Firma an seine Söhne Hans-Günter, Thomas und Uwe sowie an seine Tochter Karin übertragen. Der schrittweise vollzogene Generationenwechsel war 2008 abgeschlossen. Allerdings hat der eigentliche Wechsel nicht erst durch die Übertragung von Geschäftsanteilen stattgefunden. Der Senior hat seine Söhne, ihren spezifischen Neigungen entsprechend, schon früh mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut. Sie müssen väterliche Herausforderungen meistern. Günter Trockels hat es verstanden, den kompromisslosen Glauben an Qualität sowie die Liebe zum Backen an die nächste Generation weiterzugeben. Er weiß, dass „flache Hierarchien“, schnelle Entscheidungen und oftmals ungewöhnliche Vorgehensweisen zum Familien- und Unternehmensgeist gehören. Zu den Stützen und Erfolgsträgern des Unternehmens zählt er jedoch auch die Mitarbeiter. Angefangen von denen in der Produktion bis hin zum starken Führungsteam, das mit einem großen Handlungsspielraum und mit Verantwortung die Geschicke des Familienunternehmens maßgeblich mit beeinflusst.

Der Firmensenior Günter Trockels Der Firmen-Senior Günter Trockels verkörpert nach Julius und Wilhelm die dritte Generation der Trockels-Bäcker. In seiner Heimatstadt und seiner Branche ist er der „Kuchenmeister“; er tat den ersten Schritt zur industriellen Herstellung von Kuchen. Es ist ihm gelungen, aus der ursprünglichen Familien-Bäckerei in der Osthofenstraße das Unternehmen Kuchenmeister GmbH zu schaffen. Das „Wirtschaftswunder“ ist ihm mit viel Fleiß, Beharrlichkeit und har-

Der Visionär Hans-Günter Trockels Hans-Günter, das älteste von vier Kindern, wird schon als Jugendlicher vom Vater in die anfallenden Arbeiten des Familienunternehmens miteinbezogen. Am Wochenende und in den Ferien hilft er bereits in der Produktion. So lernt er sehr früh alle notwendigen Arbeitsschritte und Vorgänge kennen. Allmählich erweitert der Vater das Aufgabenspektrum des ältesten Sohnes, um ihn an das Familienun-

ter Arbeit gelungen. Sparsamkeit und persönlicher Verzicht sind für die ersten bescheidenen Jahre kennzeichnend. Ohne den Rückhalt der Familie, insbesondere seiner Frau Ursula, wäre dies nicht machbar gewesen. Das wachsende Unternehmen und die damit verbundenen Aufgaben, Herausforderungen und auch Enttäuschungen bestimmten und prägten immer das Familienleben der Trockels. Inzwischen 65

Mit Strategie von Soest in die Welt ternehmen zu binden. Dies gelingt auch, denn Hans-Günter erlernt bereits mit 13 Jahren freiwillig Buchführung und absolviert mit 16 ein Praktikum bei einem Insolvenzverwalter. Mit 19 Jahren ist er gelernter Industriekaufmann und mit 23 Jahren Industriebackmeister. Zahlreiche weitere Praktika in den unterschiedlichsten Bereichen folgen. Rastlos und immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen möchte Hans-Günter Anfang der 80er Jahre neue Absatzmärkte für die Qualitätsprodukte des Unternehmens erschließen und somit den Export weiter voran treiben, der zu dieser

sprechend das Flugzeug, um den Verkaufsradius der Kuchenmeister-Produkte zu erweitern. Der junge, weltoffene Trockels sucht auf den Gemeinschaftsständen der CMA den regen Austausch mit den Importeuren. Exportleiter anderer Firmen und auch Dienstleister aus den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen sind für ihn wichtige Ratgeber und Ansprechpartner für den Aufbau eines weltweiten Absatzmarktes. Jedes Land hat eigene Importbedingungen – angefangen bei den Rohstoffen, den Zubereitungsvorschriften, den Versicherungen bis hin zu den Versandabwicklungen. Nur die Berücksichtigung vieler Faktoren und die Feinabstimmung auf die landesspezifischen Bedingungen ermöglichen schließlich den erfolgreichen Export der Kuchenmeister-Produkte. Mit unermüdlichem Einsatz und der richtigen Einschätzung für mögliche Zukunftsmärkte schafft es Hans-Günter, dass der Exportanteil im Jahr 1989 einen Wert von 73 Prozent ausmacht. Ende der 80er Jahre exportiert Kuchenmeister bereits in 60 Länder weltweit. In Spanien eröffnet sogar ein eigenes Verkaufsbüro für die beliebten Kuchenmeister-Spezialitäten. Unablässig setzt er sich des Weiteren für technische Neuerungen und Verbesserungen bei Kuchenmeister ein. Gerne greift er ungewöhnliche Ideen auf und versucht, auch kühne Visionen zu verwirklichen. Hans-Günter hat dem traditionellen Familienunternehmen neue Konturen verliehen. Die 1991 geborene Karolin und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Stefan sind der Stolz von Hans-Günter und seiner Frau Karin. Durch und durch Unternehmerpersönlichkeit, sucht Hans-Günter auch privat stets nach neuen Herausforderungen: Ob auf Skiern oder auf dem Rad - die einfachen Strecken lässt er links liegen. Für ihn darf es gerne auch mal bei Gegenwind bergauf gehen. Ein gutes Training, wie die Unternehmensgeschichte zeigt!

Zeit ca. drei Prozent ausmacht. Auf Gemeinschaftsständen der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH (CMA) präsentiert Hans-Günter die Kuchenmeister-Produkte in ganz Europa, in Bahrain, in Washington, China, Rußland und auch in Singapur. Ur-Großvater Julius und Vater Günter erschließen die ersten Vertriebswege mit dem Fahrrad. Hans-Günter nutzt der Zeit ent66

Daten, Zahlen und Verträge er den Vater an, einen PC anzuschaffen. Vater Günter entspricht der Empfehlung des Sohnes. Er fordert den Sohn aber gleichzeitig auf, die Programmierung für die Abfertigung der Zollpapiere zu übernehmen. Dies ist nicht nur eine Herausforderung, sondern drückt auch das Vertrauen in die Fähigkeiten des erst 22-jährigen Sohnes aus. Viele Aspekte gilt es zu beachten, um ein funktionstüchtiges Programm zu schreiben. Nach kurzer Zeit präsentiert er 1984 das erste EDV-gestützte Programm der Kuchenmeister GmbH für die Vorbereitung und Abfertigung der Zollpapiere. Das Programm vereinfacht den verwaltungstechnischen Aufwand und bringt eine Zeitersparnis von etwa 80 Prozent. Nach dem Studium erhält Thomas ein attraktives Stellenangebot von einem namhaften Software-Unternehmen in Süddeutschland. Doch wieder ist es der Vater, der ihn überredet, sein Wissen für das Familienunternehmen einzusetzen. Unter Vorbehalt gibt Thomas schließlich nach. Der Arbeitsauftrag des Vaters lautet: „Kümmere Dich ´mal bei uns um die Verwaltung!“ Das Unternehmen hat bis dahin hauptsächlich in Produktionsverfahren investiert. Der Aufbau und die Strukturierung der Verwaltungsaufgaben sind eher vernachlässigt worden. Der Umgang mit den einzelnen Arbeitsprozessen ermöglicht Thomas eine praxisorientierte und fundierte Analyse. Hierdurch kann er die einzelnen Arbeitsabläufe durch gezielte Lösungskonzepte und Umstrukturierungen immer wieder an die neueste Technik angleichen und so optimieren. Die Produktkalkulationen und Rezepturen werden schrittweise im neuen Kuchenmeister-System erfasst und vereinfachen in Folge den sensiblen Produktionsprozess. Ein Host Rechner basierend auf einer relationellen Datenbank ermöglicht sukzessive den Aufbau und die Vernetzung aller Unternehmensbereiche. Heute wird die IT von einem Team, be-

Der analytische Finanzexperte Thomas Trockels Trockels zweiter Sohn Thomas studiert Anfang der 80er Jahre in Bamberg Betriebswirtschaft. Mathematik und die Elektronische Datenverarbeitung (EDV) sind bis heute seine große Leidenschaft. Mit diesen Begabungen will er unabhängig vom Familienunternehmen in Soest eine berufliche Laufbahn einschlagen. Geschickt und unmerklich überwindet Vater Günter jedoch die vom Sohn gewählte sowohl räumliche als auch gedachte Distanz

zum Familienunternehmen. Thomas arbeitet in den Semesterferien öfters in der Verwaltung von Kuchenmeister und stellt dabei fest, dass die Abfertigung der Zollpapiere ein überaus langwieriger Prozess ist. Dieser Vorgang beansprucht die Mitarbeiter mitunter den ganzen Tag. Der junge Trockels ist davon überzeugt, dass dieser Ablauf zeitlich und verwaltungstechnisch verkürzt werden kann. Daher regt 67

Fundiertes Wissen in Berlin eingesetzt stehend aus sechs Personen, bewältigt. Das IT-System basiert auf einer virtuellen ServerWelt mit höchstem Sicherheitsniveau. Das stetige Wachstum des Familienunternehmens bedeutet für Thomas, ein größer werdendes Aufgabenspektrum zu übernehmen. Neben der verwalterischen Unternehmensplanung überträgt ihm der Vater auch zunehmend die Verantwortung für alle Finanzierungsfragen. In der ersten Zeit führen Vater und Sohn noch gemeinsam die Verhandlungen mit den Banken oder handeln Verträge aus. Kurze Zeit später erfolgt die Übertragung der Gesamtverantwortung für diesen Bereich an Thomas. Thomas und seine Ehefrau Christa haben zwei Kinder Sohn Justin ist 1994 geboren und Tochter Audrey zwei Jahre später.

von der Herstellung feinster Pralinen, ausgefallener Dessert-Spezialitäten bis hin zu ausgefallen Back-Kreationen vertiefen. In Berlin kann er nun sein fundiertes Wissen einsetzen. Kuchenmeister ist zu diesem Zeitpunkt ein Joint Venture Unternehmen der Treuhandanstalt. Die veränderten Marktbedingungen und das größere Warenangebot führen dazu, dass die typischen Ost-Artikel einen erheblichen Kaufrückgang verzeichnen. Die Treuhandanstalt kann diese finanziellen Einbußen nicht auffangen und muss daher nur ein Jahr später die Produktion einstellen. Die von

Der kreative Backspezialist Uwe Trockels Eine Woche vor der Wirtschafts- und Währungsunion, Ende Juni 1990, erhält Uwe, jüngster Sohn von Günter, der gerade erfolgreich die Ausbildung zum Konditoreimeister in Wolfenbüttel bestanden hat, den Auftrag vom Vater, sich um die Produktion in Berlin zu kümmern. Die Gegebenheiten in Berlin erfordern, dass dort jemand als Berater und Verantwortlicher die Interessen von Kuchenmeister vertritt. Uwe hat wie bereits der Vater und auch Ur-Großvater das Bäckerhandwerk erlernt und anschließend eine Konditorlehre absolviert. Obwohl es nahe liegt, im Familienunternehmen das Erlernte einzubringen, will er nach seiner Lehrzeit unabhängig sein. Daher folgen wichtige Wanderjahre. In namhaften Konditoreien in Wuppertal, Bielefeld, Angers (Frankreich) und auch München kann er sein Wissen

Kuchenmeister produzierten Artikel sind nicht von dieser Kaufzurückhaltung betroffen, so dass kein Anlass besteht, sich zurück zu ziehen. Uwe Trockels und Rüdiger Jank erkennen in dem Rückzug der Treuhandanstalt eine Chance. Im Februar 1991 gründen sie die Firma „Le Gourmet Feinbackwaren GmbH Berlin“ und beschäftigen anfangs ca. 50 Mitarbeiter. Uwe erhält von seiner Mutter Ursula einen Startzu68

schuss und wird Hauptgesellschafter. Obwohl weiterhin eng mit Kuchenmeister zusammen gearbeitet wird, ist Le Gourmet ein eigenständiges Unternehmen. Im Juni 1991 erweitert das junge Unternehmen die Produktion um Sandkuchen. Hans-Günter besucht nach wie vor regelmäßig den Bruder in Berlin, um die Zusammenarbeit und die Möglichkeiten für die Unternehmen Kuchenmeister und Le Gourmet zu optimieren. Die vorindustrielle BaumkuchenProduktion in Berlin und die damit verbundenen Möglichkeiten faszinieren die Brüder Hans-Günter und Uwe gleichermaßen. Die Produktion von Baumkuchen ist bis dahin nur Konditoren vorbehalten. Das aufwendige Herstellungsverfahren macht Baumkuchen zu einem hochwertigen Meisterstück. In den Richtlinien für „Feine Backwaren“ im Lebensmittelgesetz ist das Verhältnis der Zutaten von Butter, Mehl, Eier und auch Kuvertüre genau vorgeschrieben. Baumkuchen ist zu dieser Zeit teurer als Pralinen. Das Herstellungsverfahren in Berlin erlaubt es, einen günstigeren Preis für Baumkuchen zu verlangen. Der Baumkuchen wird anfangs geschnitten in einer Faltschachtel angeboten, erweist sich aber in dieser Darreichungsform als Flop. Überzeugt von dem Produkt, schlägt Uwe daher vor, den Baumkuchen als ganzen Ring zu verkaufen. Der Baumkuchen wird hierzu in der 250 Gramm Variante zu einem Preis von 4,99 Mark angeboten. Die Gesamtoptik des Baumkuchens überzeugt den Lebensmittelhandel. Baumkuchen wird zu einem saisonal begehrten Produkt. Das Produkt Baumkuchen verlässt nun die elitäre Gourmetecke, da es nun viel günstiger angeboten wird. In der Konditorei kostet 1 kg Baumkuchen zu dieser Zeit 60 DM, im Lebensmittelhandel 20 DM. Das revolutionäre Preis- und Leistungsverhältnis führt dazu, dass viele Konditoren statt selber zu backen, den Baumkuchen nun auch in den Discountern kaufen, um ihn dann weiter zu verkaufen.

1992 wird der Baumkuchen von Trockels mit einem Sonderpreis durch den Bundeswirtschaftsminister Jürgen W. Möllemann (rechts) ausgezeichnet. Links: Uwe Trockels.

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Wendepunkt für die Familien- und Firmengeschichte Das junge Unternehmen kommt mit der Produktion der Baumkuchen kaum nach. Um der steigenden Nachfrage und dem Bedarf gerecht zu werden, werden umgehend 20 Baumkuchenmaschinen aus DDR-Beständen hinzugekauft. Zudem investiert man in eine innovative Schokoladenüberziehanlage. Mittlerweile beschäftigt Le Gourmet bis zu 100 Mitarbeiter. Um auch ehemalige sowjetische Zivilangestellte der UdSSR beschäftigen zu können, werden die Rezepturen sogar in Kyrillisch übersetzt.

duziert. Die Ausweitung des Sortiments führt jedoch zu erheblichem Platzmangel in den Produktionsräumen. So sucht das Unternehmen nach einer neuen geeigneten Produktionsstätte in Berlin. Nach der Wende sind die Immobilienpreise jedoch so exorbitant gestiegen, dass dies unbezahlbar ist. Da der Quadratmeterpreis in Soest deutlich niedriger ist als in Berlin, übernimmt im Jahr 1995 Kuchenmeister das Unternehmen Le Gourmet Feinbackwaren GmbH Berlin. Die gesamte Produktion wird nach Soest verlagert. Es ist eine Vernunftentscheidung, nach Soest zurück zu kehren. Das Jahr 1995 ist ein Wendepunkt für die Familie Trockels und das Unternehmen. Der Vater erkrankt sehr schwer. Hans-Günter wird Geschäftsführer, Thomas wird zum Prokuristen ernannt und Uwe übernimmt die Aufgaben des Vaters. Er ist nun für den Einkauf der Rohstoffe, die Produktentwicklung bis hin zur Qualitätssicherung zuständig. Seit 1984 hat Uwe Trockels an der Entwicklung fast aller Produkte mitgearbeitet. Viele Back-Kreationen wie z.B. der Likör- und Californiakuchen, die Sachertorte oder die Osterlämmer sind ihm zu verdanken.

Patent für die erste vollautomatische Baumkuchenanlage der Welt Im Jahr 1992 erfolgt dann eine Patentanmeldung für die erste vollautomatische Baumkuchenanlage der Welt. Das junge Unternehmen ist der erste Anbieter von Baumkuchen der den Lebensmitteleinzelhandel hiermit beliefert. 1992 wird der Baumkuchen mit einem Sonderpreis für den besten Ostartikel durch Jürgen W. Möllemann, Bundeswirtschaftsminister, ausgezeichnet. 1993 ist die Baumkuchen-Nachfrage so erheblich, dass die Kapazität in Berlin ausgelastet ist und ein Teil der Produktion nach Soest ausgelagert werden muss. Gemäß der Devise von Günter Trockels: „Mache nie etwas, was es bereits im Handel gibt, sondern mache etwas Neues!“ erweitert Le Gourmet das Sortiment um BaumkuchenSpitzen sowie Croissants. Mitte der 90er Jahre ist das Unternehmen der erste deutsche Hersteller, der Croissants mit Nougatfüllung herstellt. In der Testphase werden täglich 3.000 gefüllte Croissants produziert. Schnell muss die Kapazität erhöht werden. Heute werden bis zu 600.000 Stück amTag pro70

Der Stadtpatron Patroklus Der Mann am Rathaus ist der älteste Trockels überhaupt. Mit dem Griechen Patroklos, der in den Trojanischen Krieg zog und dort getötet wurde, hat er allerdings nichts zu tun. Unser Patroklus, auf den sich alle deutschen Trockels und Troklusse berufen, war ein christlicher Märtyrer, der um 275 n.Chr. seines Glaubens wegen in Troyes, Frankreich, starb. Nach Soest geriet er, als der Bischof von Troyes um 960 die Gebeine des Märtyrers dem Erzbischof Bruno von Köln schenkte und dieser sie 964 an Soest weitergab. Hier kamen sie in die Stiftskirche, die Bruno, ein Bruder des Kaisers Otto I., gestiftet hatte. Der mächtige Westturm, heute „der Turm Westfalens“ genannt, bildete einen Teil der Stadtbefestigung und barg die städtische Rüstkammer. Die Kirche wurde nach Patroklus benannt. Aber der römische Jüngling blieb nicht nur Kirchenpatron, er wurde auch Stadtpatron. Seit 1270 zeigen die städtischen Siegel nicht mehr den Apostel Petrus, sondern den Märtyrer. Und nach der siegreichen Fehde von 1444 bis 1449 waren alle Soester überzeugt, dass der Stadtpatron ihnen zum Sieg verholfen hatte. So kam sein Standbild ans Rathaus. 1716 wurde das steinerne Bildnis für den neuen barokken Flügel in Auftrag gegeben. Um diese Zeit war sein Name schon längst ein häufiger Vorname und auch ein Soester Familienname. 1553 erscheint der erste Trockels im Bürgerbuch. Dabei ergab es sich, dass die Träger des Namens Trockel (ohne s) meist der katholischen Konfession angehören, die Trockels (mit dem s am Ende) meist der evangelischen. Niemand weiß noch, warum das so ist. Das letzte Adressbuch von Soest von 1991 weist immerhin noch 13 katholische Trockel und 26 evangelischen Trockels auf, darunter die Angehörigen der Bäckerfamilie, die sich den Firmennamen „Kuchenmeister“ zulegte.

Patroklus Troklus Trockels

Die Soester Bäcker-Dynastie Trockels hat ihren Namen vom Märtyrer Patroklus († 375). So steht er am Rathaus zu Soest.

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Ziele und Perspektiven Wir wollen eine gesicherte und stabile Zukunft für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter. Nur durch klare Ziele und langfristige Strategien können wir dies erreichen.

unser Unternehmen. Mit unserer Innovationskultur sichern wir bestehende Segmente und entdecken neue Absatzfelder. Wir sind in der Lage, kurzfristig eigene Maschinen und Anlagen zu konstruieren, um reaktionsschnell neuen Anforderungen und Produktideen zu entsprechen.

Kundenorientierung Der Kunde steht im Mittelpunkt unseres Handelns. Differenzierung im Wettbewerb ist für uns wie für unsere Kunden eine essentielle Notwendigkeit. Im Rahmen einer engen, partnerschaftlichen Kundenbeziehung unterstützen wir unsere Kunden in der Erreichung ihrer Ziele. Hohe Flexibilität im Denken und in der Organisation unserer Werke und Produktionslinien ermöglichen uns diese kundenindividuelle Arbeitsweise.

Nachhaltigkeit Wir übernehmen Verantwortung für kommende Generationen, daher setzen wir uns für eine soziale, ökologische und ressourcenschonende Wirtschaftsweise ein. Zudem haben wir den Anspruch die Ersten zu sein, die neue Technologien nutzen. Kuchenmeister international Der Export unserer Produkte zählt zu den traditionellen Grundpfeilern unseres Unternehmens. Unsere hohe Exportquote belegt, dass unsere Produktqualität international anerkannt ist, und wir ein attraktiver und gefragter Partner sind.

Qualitätsmanagement Wir wollen auch weiterhin Maßstäbe setzen für qualitativ hochwertige Produkte und abwechslungsreichen Genuss. Wir verstehen Qualität als Motor für Unternehmens- und Marktwachstum. Der hohe Qualitätsanspruch gehört zu unserer Philosophie. Langfristig hat uns dies erfolgreicher als viele unserer Mitbewerber werden lassen und die Existenz des Unternehmens gesichert.

Mitarbeiter-/innen Wir pflegen eine ungewöhnliche und für unsere Mitarbeiter anspruchsvolle Unternehmenskultur. Wir stärken Eigeninitiative und ermutigen zur Ausschöpfung der außergewöhnlichen Entscheidungsspielräume. Diese Freiheit wird möglich durch die gemeinsamen Überzeugungen und Ziele, denen wir uns verpflichtet fühlen. Widerspruch und Querdenken sind keine Lippenbekenntnisse, sondern täglich gelebtes Ringen um die beste Lösung.

Innovationskraft und Produktentwicklung Die Wünsche und Bedürfnisse des Verbrauchers wandeln sich auch im traditionellen Produktfeld des Backens kontinuierlich und mit wachsender Geschwindigkeit. Innovation ist daher lebenswichtig und unverzichtbar für

Günter Trockels

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