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March 11, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Sport

Montag, 29. Dezember 2014

Nummer 299

Die Luft wird dünner in der ersten Reihe

Schach: Beim 31. Böblinger Open im Hotel Mercure lassen die Großmeister reihenweise Federn – Favoritenschreck aus China

Genau 295 Teilnehmer haben den Weg ins Hotel Mercure zum 31. Schach-Open gefunden. Erleichtert stellte Veranstalter SC Böblingen fest, dass der Wintereinbruch nicht schon am 26. Dezember gekommen war, was für manchen die pünktliche Anreise unmöglich gemacht hätte, sondern einen halben Tag später.

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Hintergrund 31. Böblinger Schach-Open

Stand nach der vierten Runde: 1. Oliver Mihok (SF 1903 Berlin) 4,0 Punkte, 2. Vitaly Kunin (Freibauer Mörlenbach), 3. Nikita Meskovs (SG Spyer-Schwegenheim), 4. Jinshi Bai (Chaoyue Chess Club), 5. Vadim Shiskin (Ukraine), 6. Felix Graf (SG Trier), 7. Artem Smirnov (Russland), 8. Matthias Dann (SF 1903 Berlin), 9. Lukas Winterberg (SC Heimbach-Weis), 10. Jonas Lampert (Hamburger SK) alle 3,5, 31. Branimir Vujic, 34. Thanh Kien Tran (beide SC Böblingen), 39. Ferdinand Petzelberger (VfL Sindelfingen) alle 2,5, 54. Moritz Reck (TSV Schönaich), 55. Konstantin Konson (SV Böblingen), 75. Nikola Petkovic (VfL Sindelfingen) alle 2,0.

Von Hans-Peter Remmler

BÖBLINGEN. Bis auf den kurzfristig unentschuldigt fehlenden russischen Mitfavoriten und Großmeister (GM) Stanislav Novikov, Nummer drei der Setzliste, war das Feld komplett. In Runde eins entledigte sich der engere Favoritenkreis wie üblich fast unfallfrei seiner Pflichtaufgaben. Nur der Internationale Meister (IM) Matthias Dann, in der Bundesliga für Berlin aktiv, musste gegen Thomas Heinig vom Landesligisten SF Oeffingen einen halben Punkt abgeben. Großmeister Zigurds Lanka entkam diesem Schicksal gerade noch: Gegen Konstantin Egorov, einen 20-jährigen Amateur aus Russland, wollte er, wie er hinterher meinte, ein für sein Jugendtraining verwendbares, besonders lehrreiches Matt konstruieren. „Und ein bisschen für die Galerie spielen.“ Aber am Ende seiner Kombination sprang kein Matt heraus, sondern die Erkenntnis, dass er die inzwischen wieder viel komplizierter gewordene Partie noch ein zweites Mal gewinnen musste, was ihm nach einigen Abenteuern auch gelang. Schon in Runde zwei hatte Lanka weniger Glück. Max Arnold vom Spitzenbrett des Verbandsligisten SF Dornstetten-Pfalzgrafenweiler, eroberte gegen Lettlands Meistertrainer einen wertvollen „Großmeisterskalp“ und sicherte sich für Runde drei einen weiteren Platz an den vorderen Brettern. Aufhorchen ließ auch Moritz Reck vom Oberliganachbarn aus Schönaich mit seinem Sieg gegen den Internationalen Meister Amadeus Eisenbeiser (BG Buchen, 2. Bundesliga Süd). In Runde drei wurde dann auch in der ersten Reihe von Brett eins bis fünf die Luft merklich dünner. Das musste unter anderem Turnierfavorit Peter Prohaszka aus Ungarn anerkennen, der gegen IM Marco Baldauf vom Zweitligisten aus Pang-Rosenheim seine ersten halben Punkt abgab. Vitali Kunin und Arik Braun wurden ihrer Favoritenrolle

Schwerer Stand für die Nummer eins der Setzliste, Großmeister Peter Prohaszka aus Ungarn (links), dafür ein spitzbübisches Grinsen bei Favoritenschreck Jinshi Bai (rechts), dem 15-jährigen Chinesen KRZ-Fotos: Simone Ruchay-Chiodi gerecht: Ersterer gegen Christopher Noe aus Eppingen, Letzterer gegen Josef Gheng, der inzwischen schon fast zum Inventar des Böblinger Turniers gehört. An Tisch vier entwickelte sich eine lebhafte Partie zwischen dem Böblinger Branimir Vujic und GM Vadim Shishkin (Ukraine), der Nummer vier der Setzliste. In dem hochspannenden Endspiel hatte Vujic zwischenzeitlich sogar bessere Chancen. „Wenn er mir ein Remis angeboten hätte, hätte ich abgelehnt“, so Branimir bei der Nachbetrachtung an der Hotelbar. Materiell stand es gleich, aber Vujics verbundene Freibauern auf der a- und b-Linie sahen deutlich gefährlicher aus als die Bauernmacht des Ukrainers am anderen Flügel. Allerdings war der Bauernaufmarsch Shishkins auch mit allerlei Mattideen verbunden. So geriet Vujic in die Defensive, Shishkin dafür in prekäre Zeitnot. Am Ende waren sämtliche Bauern vom Brett verschwunden, aber auch der weiße Springer, und übrig blieb ein Lehrbuchend-

spiel mit Turm und Läufer gegen Turm. Das bedeutet zwar theoretisch ein Remis, bietet in der Praxis aber für die stärkere Seite gute Gewinnchancen. Die stärkere Seite war in diesem Fall Shishkin, und der stellte seine Gewinnversuche erst ein, als seine Uhr auf eine Restzeit von einer Sekunde heruntergetickt war. Ein hochverdientes Remis für Vujic! Runde vier brachte zwar noch keine Entscheidungen, aber immerhin erste Weichenstellungen in Richtung Turniersieg. An den Spitzenbrettern ging es ans Eingemachte, überall wurde verbissen bis zum Ende der fünften Stunde gekämpft. An Tisch eins entkam der lettische IM Meskovs (in der 2. Liga für die SG Speyer-Schwegenheim aktiv) gegen Vitali Kunin mit knapper Not ins Remis, Arik Braun musste an Tisch zwei gegen Oliver Mihok aus Ungarn eine Niederlage einstecken. An Tisch drei teilten die Internationalen Meister Artem Smirnov (Russland) und Felix Graf aus Trier den

Punkt, der ukrainische GM Shishkin setzte sich gegen den Heidelberger IM Oswald Gschnitzer an Brett fünf durch.

Dem 15-jährigen Jinshi Bai fehlt nicht viel zum Großmeister-Titel Ein möglicherweise wichtiges Kapitel in der Geschichte dieses Turniers wurde an Tisch vier geschrieben. Der erst 15-jährige, in Europa bislang kaum bekannte chinesische IM Jinshi Bai spielte gegen Turnierfavorit Peter Prohaska aus Ungarn. Und dieser Kampf dauerte sprichwörtlich bis zur letzten Sekunde. Prohaska kam mit den schwarzen Steinen gut aus der Eröffnung und verdichtete nach und nach seinen Vorteil, sodass die zahlreichen Zuschauer die Hoffnungen für den Jungstar aus dem Reich der Mitte schwinden sahen. Aber Jinshi Bai, der seine Gegner in den ersten drei Runden souverän abgeräumt hatte, wusste sich auch in schwieriger Lage zu wehren. Das Turm-

endspiel, in dem zunächst jeder Spieler fünf Bauern besaß, allerdings ziemlich asymmetrisch auf dem Brett verteilt, verteidigte er mit beeindruckender Ruhe. Sein Gegner ließ nichts unversucht, um ihn doch noch zu überlisten, wohl auch, weil er in der Runde zuvor bereits einen halben Punkt abgegeben hatte. Prohaska zockte immer weiter, bis seine Uhr nur noch sechs Sekunden anzeigte – die des Chinesen immerhin noch eine knappe Minute. Erst dann reklamierte der Ungar remis, nach kurzer Klärung mit den Schiedsrichtern Jens Wolter und Holger Bergmann war die Punkteteilung amtlich. Jinshi Bai ist zwar mit seinen 15 Jahren schon IM, aber sehr wahrscheinlich nicht mehr lange. Innerhalb von nur drei Monaten hat der Junge drei Großmeisternormen erspielt: Die erste holte er mit Platz neun bei der Junioren-WM in der Türkei im Oktober, die zweite beim London Chess Classic Anfang Dezember, die dritte ebenfalls in London bei einem Open-Turnier unmittelbar danach. Bei beiden Turnieren in Englands Metropole reichte es für ihn dazu jeweils zum geteilten Turniersieg. Nun fehlt ihm zum GM-Titel, abgesehen von der formellen Ernennung durch den Weltschachverband FIDE, nur noch eine Elo-Ratingzahl von 2500. Das sollte Formsache sein. Wenn er so weiterspielt, kann er diese Grenze schon beim Böblinger Open überschreiten. Eine große Bereicherung für das internationale Flair des Böblinger Open ist Jinshi Bai, der von seiner Mutter begleitet wird, allemal. Im B-Turnier sind Jakob Luft vom SC Botnang und Marc Gibicar von der SV Böblingen noch verlustpunktfrei und treten in Runde fünf demzufolge gegeneinander an. Das C-Turnier wird von einem Quartett mit 3,5 Punkten angeführt. Tom Alferi und Soykan Sanoglu, beide von der SV Böblingen, Ilja Velkov (VfL Sindelfingen) Luisa Besthorn aus Besigheim haben im Moment die besten Chancen auf den Turniersieg (alle Ergebnisse unter www.boeblinger-open.de).

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