INHALT - Backhaus Kinder

February 25, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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INHALT Leitthema: Tempo Tempo | D. Robben ........................................................................................ 6 Lernen im eigenen Tempo | K. Feldmeyer................................................. 6 Tempo - Variationen | H. Treblin-Malecki ................................................. 8 Ein jedem sein eigenes Tempo | R. Kraus ................................................. 10 Wer hat an der Uhr gedreht? | L. Knese ..................................................... 11 Die Zeit | C. Rensmann ................................................................................. 12 Tempo | A. Backhaus .................................................................................... 13 Tempo - Gedanken zur Schnelligkeit | N. Zisser ..................................... 14 Unterbrechungen im Arbeitsleben | M. Wischka .................................... 15 Snoezeln zur Entschleunigung des Alltags | J. Depmann ..................... 16 Gedanken zum Thema „Tempo“ | B. Sabel .............................................. 16 Entschleunigung… | O. Welt......................................................................... 17 „Mach schnell, Willi Wiberg“ - Eine Buchempfehlung | A. Backhaus ... 17 Peters sammelt die Zeit | M. Lammers ...................................................... 18 Spielempfehlung „Tempo kleine Schnecke“ | Kinderredaktion ............ 19 Was bedeutet der Begriff „Tempo“ | Kinderredaktion ............................ 19

Weitere Themen

Rubriken Vorwort ............................................................... 4 Intro Familie Backhaus .................................... 5 Lösungen Heft 100 .......................................... 56 Rätsel ................................................................. 57 Fast das Letzte .................................................. 58 Wissenswertes der BKJH ................................ 59 Die nächste Ausgabe ...................................... 62

Die Zeit verging im Fluge | K. Dietzel ........................................................ 20 Ein Ort der „Entschleunigung“ | M. Lammers .......................................... 22 Ein kleiner Gruß aus der Jugendwohngruppe Bokeloh | ..................... 23 Mit Tempo durch den Herbst… | J. Scholz ............................................... 24 Klausurtagung in Meppen | Y. Schauf ....................................................... 25 Workshops in der Klausurtagung | E.M. Keeve ........................................ 26 Teamtage in Vlagtwedde | I. Tschorn........................................................ 27 Die neue Wohngruppe Backhaus Lingen | D. Robben........................... 29 Biografiearbeit mit jungen Menschen | R. Weusthof.............................. 30 Wir reden mit! | A. Backhaus ....................................................................... 34 FASD - eine vermeidbare Behinderung | C. Wegener ............................ 36 Wir sind keine Sorgenkinder | D. Jakobs .................................................. 37 Was ist los in der BKJH Celle | K. Wichern ............................................... 38 Sauberkeitserziehung | S. Joostberends ................................................... 39 Zielentwicklung in der Hilfeplanung | C. Deters ..................................... 41 Biografiearbeit -kreativ und leicht Brücken bauen | P. Schmackpfeffer44 Interview mit Frau Schauf | Kinderredaktion ............................................ 46 Mit 19 bin ich ausgezogen | M. Voß........................................................... 46 Alltag in der Hauswirtschaft, gibt es das? | S. Vogel ............................... 47 Der Backhaus Hof geht in den Strike! | P. Orzelski ................................. 48 Halloween - Kürbisse schnitzen | M. Schmidt ......................................... 48 Süßes zur Adventszeit - Gebrannte Mandeln | R. Bösch ....................... 49 Wintergemüse: Grünkohl | M. Schmidt..................................................... 49 Der aufpolierte Weihnachtsmann | I. Stehmann ..................................... 50 Kein „Zigeunerschnitzel“ mehr im Café KiM | A. Backhaus ................... 51 Wir stellen ein Lebkuchenhaus her | M. Schmidt .................................... 51 Vorstellung: Klaus Gerken | K. Gerken ...................................................... 52 Heike Haueis stellt sich vor | H. Haueis ..................................................... 53 Wie funktioniert die neue Tauschbörse | K. Feldmeyer ......................... 53 „Die Weihnachtsnachricht“ in der heutigen Presse? | K. Barth ............ 55

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VORWORT

Liebe Leser_innen, beim Philosophieren über das Leitthema dieser Ausgabe „Tempo“ kamen mir einige Dinge in den Sinn. Als erstes Tempolimit, naja, auch ich wurde schon wenige Male „geblitzt“; aber auch, dass beim Rückwärtsfahren die Tachonadel bei 0 km/h hängen bleibt. Dann kam mir der findige Werbefachmann einer Papiertaschentuchfirma in den Sinn. Gute Arbeit! Gleich danach erinnerte ich mich an meinen Klavierlehrer, der mir - bei meinen ersten Anfängen sein Gehör und die Tasten seines Pianos zu quälen - den Takt, den ich nicht einhielt und das Musikstück im falschen Tempo spielte, schmerzhaft auf meine Schulter klopfte. Auch fiel mir warum auch immer das Wort „Tempi“, bekanntlich die Mehrzahl des Begriffes, ein. BODO HANSMANN

Nun ja. Wie sollte ich aus diesem Wirrwarr an Brainstorming ein Vorwort gestalten? Was könnte ein „Aufhänger“ sein? Welche Denkanstöße könnte ich anschließen lassen? Nun aber Tempo, der Durchblick muss pünktlich zur Druckerei geschickt werden: Weihnachten steht vor der Tür und die Ausgabe soll unseren Leser_innen natürlich vorher ausgehändigt werden. Tempo!

Durchblick Redaktion Profivater BKJH Emsland

OK. Dann habe ich doch wieder auf etwas zurückgegriffen, was mir vor vielen Jahren mal von einem Pastor empfohlen wurde und in meinem - jetzt schon sehr abgegriffenen - Etymologischen Wörterbuch nachgeschaut. In meinem Herkunftswörterbuch steht unter dem Wort Tempo: „Das seit dem 17. Jh. bezeugte, aus it. tempo, übernommene FW erscheint zuerst mit der dem zugrunde liegenden Subst. lat tempus eigenen, heute nicht mehr üblichen, Bed.: ‚Zeit, rechte Zeit, rechte Gelegenheit‘. Heute lebt das Wort einerseits mit der später neu hinzugekommenen Bed. „Zeitmaß“ (namentlich im Bereich der Musik), andererseits mit der davon spezialisierten Bed. ‚Geschwindigkeit, Schnellig1 keit, Hast‘.“ Entschuldigung, das hat uns leider auch nicht weiter gebracht, das wussten wir sicher alles schon. Zum Glück haben wir aber diese Ausgabe unter das Leitthema „Tempo“ gestellt. Wer also inhaltlich mehr zu dem Thema wissen möchte, sollte die folgenden Seiten dieser Ausgabe lesen.

Quelle: 1. Duden, Etymologisches Wörterbuch, Herkunftswörterbuch der

Ich bedanke mich bei allen Autor_innen für Ihre lesenswerten und aufschlussreichen Beiträge, natürlich auch zum Leitthema „Tempo“.

In diesem Sinne, Ihr

PS: Ich wünsche allen Lesern ein nicht so temporeiches, entschleunigtes Jahr 2015 und natürlich einen Guten Rutsch hinein.

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deutschen Sprache, Dudenverlag,, 1963

INTRO

Liebe Leser_innen, puh … welch ein rasantes Tempo, mit dem die BKJH durch das Jahr 2014 gesaust ist. Diese Geschwindigkeit macht deutlich, dass der Generationswechsel an der Spitze der BKJH allmählich abgeschlossen ist. Die Neuerungen in der BKJH sind mittlerweile nicht mehr so neu und die „neue“ Spitze, sowie der Modernisierungsprozess sind nun feste Bestandteile der täglichen Arbeit. In 2014 konnten wir mit unserer neuen Mutter-Vater-Kind-Einrichtung den ersten Kleinfamilien ein temporäres Zuhause und professionelle Unterstützung beim Umgang mit ihrem Nachwuchs bieten. In Lingen füllten wir ein wunderschönes Haus mit neuem Leben: Die neue Wohngruppe „Backhaus Lingen“ bietet bereits drei Kindern eine neue Heimat. Mit der Neugründung der BKJH Rheinland mit Pädagogischen Zentrum in Langenfeld, konnten wir eine neue Anlaufstelle zur Ausbil® dung und Begleitung von Profifamilien in dieser Region schaffen. Unserem neuen Herzensthema, der Inklusion, kamen wir mit der Übernahme des traditionsreichen Hotel Albers in Meppen-Bokeloh einen Schritt näher. Hier werden wir uns im Jahr 2015 der großen Herausforderung stellen, einen Gastronomiebetrieb zu etablieren. Dieser wird insbesondere von Menschen mit Behinderung betrieben und unter dem Namen „Hotel Backhaus am Hasetal“ hoffentlich auch Gäste abseits der emsländischen Grenzen anziehen. Außerdem haben wir begonnen die Zentrale der BKJH zu erweitern, da durch die Vergrößerung des Verwaltungsteams Engpässe entstanden. Durch einen Bau in der Fillastraße schaffen wir derzeit neue Büros und zusätzlich einen Co-Working-Space (pardon für dieses neudeutsche Wort): Ein größerer Raum, der mit mehreren Arbeitsplätzen ausgestattet ist und von wechselnden Mitarbeitenden genutzt werden kann, wenn diese Zeiten zwischen ihren Termin zu überbrücken haben.

MARIANNE UND GERHARD BACKHAUS Gründer_in und Träger_in

SEBASTIAN BACKHAUS Aufsichtsführender Gesellschafter

Und abseits dieser Immobilienthemen aus 2014, eine ganz neue Entwicklung: Im gesamten Wirkungskreis der BKJH haben sich lokale Partizipationsgruppen gebildet. Diese bestimmen nun den Kurs der BKJH mit. Das Besondere daran: Neben den gewählten Mitarbeitenden, beteiligen sich auch junge Menschen, sowohl aufgenommene als auch leibliche Kinder, an dem Zukunftskurs der BKJH. Als Beilage finden Sie in dieser Ausgabe unseren Jahreskalender 2015 mit allen Ereignissen, die wichtig für die Mitarbeitenden der BKJH sowie für Kinder und Familien sein könnten. Ihnen und den Menschen, die Ihnen besonders am Herzen liegen, wünschen wir eine besinnliche Weihnachtszeit und realistische Vorsätze für 2015!

Herzlichst Ihre

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TEMPO! „Wenn Sie das noch schaffen wollen, dann wird es aber höchste Zeit!“. Wie oft hören wir diese Sätze und fühlen uns aufgefordert, das Tempo zu erhöhen. Schauen wir in unseren Terminkalender, dann stehen uns an einigen Tagen unsere (wenigen) Haare zu Berge, denn wir wissen manchmal nicht, wie wir alles noch bewältigen können. Wenn auch noch lange Autofahrten zwischen den Terminen liegen, dann erinnern uns vielleicht die offiziellen Briefe mit einem Porträtfoto daran, beim nächsten Mal nicht so viel Tempo auf die Straße zu legen. Höre ich mich im Bekanntenkreis um, dann erlebe ich immer wieder Situationen, in denen mir mein Gegenüber beschreibt, keine Freizeit neben dem Beruf zu haben, obwohl man versucht habe, alles schnell zu erledigen. Da das Jahr jetzt langsam zu Ende geht, kennt jeder von uns die temporeiche Zeit, in der wir

dann unter dem Tannenbaum sitzen und uns fragen, wo die Zeit geblieben ist. Dann ist oft der Zeitpunkt gekommen, an dem wir uns sagen: „und im nächsten Jahr mache ich alles anders!“. Zu diesen Zeiten nehmen wir uns dann vor, im nächsten Jahr eher mit der Entschleunigung zu beginnen, um das „Fest der Familie“ besinnlich und mit viel Ruhe zu genießen. Doch Jahr für Jahr stellen wir gefrustet fest, dass auch in diesem Jahr sich die Ereignisse überschlagen haben und viel Neues entstanden ist, was zusätzliche Arbeiten erforderte. Alles nach dem Motto „das müssen wir auch noch schaffen“. Ich wünsche allen Leserinnen und Leser einen ruhigen Ausklang aus diesem Jahr 2014. Genießen Sie die freien Tage und machen Sie mal etwas, wozu Sie sonst nicht kommen.

DIETER ROBBEN Abteilungsleitung Nord Stellv. Leitung BKJH Emsland

LERNEN IM EIGENEN TEMPO Der/die eine Schüler_in langweilt sich, der/ die andere kommt nur mit Mühe hinterher: Das Lernen im Gleichschritt hat Nachteile. Wie neue Methoden eine individuelle Förderung möglich machen. Dritte Stunde, die 3b hat Deutsch bei Frau Hegmann, es geht um Verben, Nomen und Adjektive. Marlene (9) füllt ebenso wie ihre 21 Mitschüler_innen leise den zweiten Lückentext zu dem Thema aus, danach soll sie auf der Rückseite des Blattes einen Text bearbeiten. Verben grün unterstreichen, Nomen blau und Adjektive rot. Marlene fällt das Ausfüllen leicht. „Ist ja voll Baby!“, flüstert sie ihrer Banknachbarin Anouk zu. Anouk lacht verlegen. Sie selbst ist noch bei der ersten Aufgabe und braucht dafür wesentlich länger. Was ist nochmal ein „Tun-Wort“? Und was ein „Wie-Wort“? UNTERFORDERUNG UND ÜBERFORDERUNG Eine Szene, die sich so oder so ähnlich in vielen Schulen abgespielt haben könnte und die viele Erwachsene aus ihrer eigenen Schulzeit kennen. Der/die eine rast voraus und erledigt die Aufgabe in Windeseile, während der/die Mitschüler_in zu kämpfen hat. Beim einen Kind droht Unterforderung, beim anderen Überforderung – beides ist nicht sinnvoll. „Oft bewegt sich der Unterricht auf einem

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mittleren intellektuellen Niveau. Aber jedes Kind hat ein eigenes Lerntempo, bringt eigene Talente und Defizite mit, eine andere Motivation und andere Interessen“, skizziert Erziehungswissenschaftler Prof. Peter Struck die Situation an vielen Schulen. Alle Kinder gehen im Gleichschritt und werden so unterrichtet, dass das Wiedergeben von Wissen im Vordergrund steht. Effektiver wäre eine Förderung, die auf die Eigenheiten jedes Kindes eingeht. Eine solch passgenaue Unterstützung wünschen sich deshalb immer mehr Eltern. Die Unterschiede werden größer Individuelle Förderung wird immer wichtiger, sagen auch Bildungsexpert_innen, die nah am Geschehen in den Klassenzimmern dran sind. Unterschiede innerhalb der Schulklassen gab es zwar schon immer, aber sie wurden und werden größer. Das beginnt schon bei der Einschulung, wenn Kinder, die schon schreiben können, auf Schüler_innen treffen, die sich nur schlecht ausdrücken können. Der/die eine Schüler_in genießt seit Jahren musikalische Früherziehung, Turnstunden und Lernspiele, die er/sie von Eltern und gutmeinenden Verwandten geschenkt bekommt. Ein anderes Kind, das in die gleiche Klasse kommt, kennt vor allem das Fernsehpro-

KATRIN FELDMEYER Erziehungsleitung BKJH Aurich

gramm. An weiterführenden Schulen werden diese Unterschiede nicht geringer, sondern eher größer, sagt der Bildungsexperte Dr. Heinz Klippert vom Lehrerfortbildungsinstitut der evangelischen Kirchen in Landau: „Insbesondere in den Gymnasien wächst die Unterschiedlichkeit seit Jahren rasant an, in intellektueller, sozialer, ethnischer und auch sprachlicher Hinsicht“, sagt Klippert. Weil sich auch Lehrer_innen schwertun, die bunt zusammengewürfelten Klassen gemeinsam zu unterrichten, hat der bekannte Bildungsexperte in seinem neuen Buch „Heterogenität im Klassenzimmer“ auf gut 300 Seiten Praxistipps zum Umgang mit dem Problem zusammengetragen (Beltz, 29,95 Euro). „Lehrer_innen fehlt es bei bis zu 30 Kindern pro Klasse an Zeit und Muße, um alle Schüler_innen angemessen beobachten, beraten und fördern zu können“, sagt der Experte. Deshalb sollten die Kinder verstärkt zur Selbsttätigkeit und Zusammenarbeit befähigt und veranlasst werden. Szenenwechsel, zweite Stunde in der Clara-Grunwaldschule, der größten Montessori-Grundschule in Baden-Württemberg. Manche Kinder der Klasse F2 malen still, andere sind mit Rechenaufgaben beschäftigt, zwei Mädchen verbinden im Nebenzimmer Drähte mit Batterien und Lämpchen, ein Schüler klebt auf sein Wandplakat („Mein Lieblingstier“) Zeitungsausschnitte, zwei Kinder puzzeln eine Weltkarte und machen davon eine Freihandzeichnung in ihr Heft. Wo Kinder Partneraufgaben lösen, wird leise gesprochen. Was ein Kind in der MontessoriKlasse zu welchem Zeitpunkt tut, entscheidet es (in bestimmten Grenzen) selbst, ebenso das Arbeitstempo. Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Materialien und Aufgaben werden verschiedene Sinne angesprochen – so ist für alle Schüler_innen etwas dabei. Freiarbeit kann auch überfordern Liegt in solchen offenen Unterrichtsformen die Zukunft des individuellen Lernens? Viele Expert_innen sehen das so. Aber es gibt Grenzen, etwa aufgrund der Klassengröße: bei 26 Kindern dürfte auch einem/einer Montessori-Lehrer_in der Blick für den/die Einzelnen verloren gehen. „Die Grenzen liegen nicht nur auf der Lehrer_innenseite, auch viele Schüler_innen sind mit Freiarbeit überfordert“, sagt Experte Heinz Klippert, der an der Unterrichtsentwicklung in sieben Bundesländern

beteiligt ist. „Einzelne Schüler_innen profitieren von dem Wahlangebot, aber das Gros ist verunsichert“, sagt Klippert. Vielseitigkeit als Schlüssel So wird individuelles Fördern zum Spagat für jede/n Lehrer_in: Er/sie soll zum einen eine ganze Klasse unterrichten, und zwar gemeinsam, und gleichzeitig jedem/jeder einzelnen Schüler_in gerecht werden. Die Lösung liegt wohl in der Mitte: Mit einem breiten Aufgabenangebot, unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, verstärktem Methodenlernen, mehr kreativen Zugängen und mehr selbstgesteuertem Lernen. Und einem häufigem Phasenwechsel, der lehrer_innengelenkten Unterricht mit Hilfen und Kontrollen ebenso vorsieht wie freiere Arbeitsweisen. Neue Methoden für breitere Förderung Lehrer_innenfortbilder Klippert nennt Beispiele für den Unterrichtsalltag, der Kindern die gewünschten Lernanregungen bietet: Rollenspiele, Plakatgestaltungen, Projekte, Befragungen, Präsentationen, Erkundungen, Pro und Contra Debatten, Stationenlernen usw. Je breiter das Lernangebot ausgelegt ist, desto größer ist die Chance, dass alle Schüler_innen einen Zugang zum Thema finden. Ein Hindernis dabei sei, dass die logischmathematischen Kompetenzen heute noch zu sehr im Vordergrund stünden, meint Heinz Klippert. Eine weitere Zukunftsidee des Experten: Schüler_innen, denen der Stoff leichtfällt, sollen als Tutor_innen eingesetzt werden und schwächeren Schüler_innen beim Lernen helfen. Davon profitieren auch die leistungsstärkeren Schüler_innen, denn sie lernen durch das Erklären intensiver. Pauken unerwünscht Und die Eltern? Auch sie müssen sich an das individuelle Lernen erst gewöhnen. Denn allzu oft vergleicht man die Qualität des Schulunterrichts der Kinder mit seiner eigenen Schulzeit. Und diese haben viele als Paukerei erlebt, als Büffeln von Buchseiten und Hefteinträgen. Wer viel wiedergeben konnte, galt als fleißig und gelehrig und bekam eine gute Note. Heute sind sich Bildungsforscher_innen über diesen Stil des Unterrichts einig: Er ist überholt, denn echtes Lernen findet dabei nur zum Teil statt. Dass jetzt neue Wege gesucht werden, ist für alle Kinder eine wirklich gute Nachricht.

Quelle: www.familienleben-ak tuell.de/artikel.aspx?id=5 7&seite=4

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T E M P O - VARIATIONEN ALLES hat s e i n e ZEIT ALLES hat s e i n e ZEIT ALLES HAT seine z e i t

(Die Bibel, Buch Koholet, 3. Jh. v. Chr) (Pete Seeger, 1950) (The Byrds, 1965)

Gerüstebauer_innen hatten den siebzig Meter hohen Kirchturm der Friedenskirche in Altona/St. Pauli gerade eben tagsüber für Dachreparaturen eingerüstet, da kletterte nach Einbruch der Dunkelheit ein waghalsiger Sprayer katzenleise am Gerüst bis zur Turmuhr empor. Dort schraubte er fachmännisch den großen, vergoldeten Minutenzeiger ab, ein mannshohes schweres Metallstück. Danach kam der beinlange vergoldete Stundenzeiger an die Reihe. Beide Zeiger sind bis heute unauffindbar verschwunden, seit über 40 Jahren. Der Metallwert war damals nicht üppig, denn die Vergoldung war hauchdünn und hatte einzig den Sinn, dass die Uhrzeit auch auf weite Entfernung von den Kiezbewohner_innen und Tourist_iinnen gut abgelesen werden konnte. Die Gemeinde war nie reich gewesen und ist es bis heute nicht und konnte sich gewiss keine echt goldene Turmuhr leisten. Nachdem der Turm uhrzeigerfrei gemacht war, nahm der nächtliche Kletterer eine Spraydose und sprühte mit hellsilberner Farbe in großen Buchstaben quer über das Ziffernblatt „ZEIT EXISTIERT NICHT!“ und verschwand ebenso lautlos wie er gekommen war, von seiner nächtlichen Arbeitsplattform. Küster und Pastor sind bis heute unentschieden, ob sie sich über diese illegale Uhrenschändung damals hätten ärgern sollen, oder ob der aufgesprayte Text nicht eine hocheffektive Predigt gegen das Diktat der Zeitmessung war, sozusagen ein geistliches Wort des Trostes und der Befreiung gegen jeden Terminzwang. Im Sichtumkreis des besagten Kirchturms befinden sich zwei Kindertagesstätten und eine Lehrkindertagesstätte mit Hort der Fachschule für Sozialpädagogik, mehrere Altenheime, einige Stundenhotels, Rotlicht-Bars, drei Schulen, ein Bauspielplatz, viele Wohnungen, einige Geschäfte, Handwerksbetriebe, Kneipen, Restaurants und Cafés und ein Friedhof. Zwar gilt für alle kleinen und großen, jungen und alten "Zeit"genossen im Umkreis des Turms, dass sie geboren wurden, dass sie da sind und ihre Lebens"zeit" durchrauschen und dass sie eines Tages davon müssen und nicht mehr da sein werden. Aber obgleich sie datumstechnisch und zeitmesstechnisch alle zur selben Zeit leben, leben sie dennoch biogra-

fisch in völlig verschiedenen Zeiten mit völlig verschiedenen Geschwindigkeiten. Die Zeit, welche Analog- und Digitaluhren als etwas Einheitliches vorgeben, gibt es nicht. Sie ist ein Konstrukt. Zeit existiert nicht aus sich heraus, sie ist nicht einfach da wie die Luft zum Atmen oder das Wasser zum Trinken. Zeit ist eine Erfindung, eine Schöpfung des Menschen. Zeitunterteilung kann eine Wohltat sein, kann konstruktiv sein. Zeitunterteilung kann aber gleichermaßen destruktiv sein. Zeiteinteilung als Ordnungsgerüst des Lebens kann beruhigen, Struktur und Sicherheit geben. Zeiteinteilung als Zwangsjacke kann Leben schwer beschädigen. Eine alte Frau im Umkreis des Kirchturms sagt: "Ich bin ganz froh, dass die Uhr weg ist. Ich mag nicht mehr Zeit noch Stunde zählen. Ich bin jetzt so alt geworden, wenn ich mir ständig vor Augen halten muss, was die Stunde für mich geschlagen hat, dann bleibt mir ja nur, vor der immer knapper werdenden Zeit wie gelähmt zu erstarren. Ich will mir aber nicht Zeit vorrechnen lassen, sondern ich will leben, solange ich kann." Eine Studentin, die sich auf dem Bauspielplatz engagiert, sagt: "Dieses ewige auf den Uhrzeiger sehen geht mir schon lange auf den Zeiger. Insofern finde ich es ganz lustig, dass die Uhr weg ist, die alles dominiert hat. Die Kinder bekommen von Zuhause gesagt, wenn sie überhaupt etwas gesagt bekommen: “Wenn der große Zeiger ganz nach oben zeigt und der kleine ganz nach unten, dann komm nach Hause!“ Die Kinder spielen aber nicht nach der Taktung der Uhr. Einige sind schon längst vorher fertig mit dem, was sie sich vorgenommen haben und würden schon gern nach Hause gehen, sollen das aber noch nicht. Andere sind noch vertieft in ihr Spielen, geradezu wie darin versunken. Die müssten ganz allmählich erst aus ihrer Gedankenwelt auftauchen dürfen und dann den Spielplatz verlassen, wenn sie innerlich zu einem Abschluss gekommen sind. Da hilft es nur wenig, wenn ich sage, Du kannst morgen ganz bestimmt weitermachen, wir schließen alles für dich weg! Noch kontraproduktiver sind Zeitvorgaben, wenn sie sich gerade öffnen und

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HELGA TREBLIN-MALECKI Erziehungsleitung Abteilungsleitung BKJH Aurich

etwas von sich erzählen. Soll ich dann sagen: „Du kannst mir morgen weiter erzählen?!“ Das haut doch nicht hin. Die Kinder haben ihren eigenen Rhythmus." Eine Lehrerin der Grundschule im Kiez hat zwar noch nichts von den geklauten Uhrzeigern mitbekommen, sagte jedoch treffend in einem Fachaustausch mit den Mitarbeiter_innen der Fachschul-KiTa: Weitaus wichtiger als der schulische Lehrplan wäre ein Förder- und Hilfeplan für jedes einzelne Kind, das von der KiTa in die Grundschule wechselt. In den Hilfe- und Förderplan müssten alle Erfahrungen eingegeben werden, welche die KiTa mit dem Kind in seiner KiTa-Gruppe gemacht hat. Sodann müssten die Erfahrungen der Eltern bzw. Ersatz- oder Ergänzungseltern beachtet werden und nicht zuletzt die Erfahrungen des Kindes selbst. Die Grundschule müsste Hilfe aus Hilfsquellen abrufen können, damit eine passende Begleitung des Kindes im Unterricht und im Alltag bereitgestellt werden kann, welche die sprachlichen, sozialen und körperlichen Ressourcen fördert. Flankierend müsste Vertrauen zu den Eltern aufgebaut werden, damit bei ihnen allmählich eine Umsicht Platz greift, die das Kindeswohl zunehmend sensibel im Blick hat. Wenn allerdings Probleme der Arbeitslosigkeit oder sonstige Schwächen so drückend sind, dass das Kind mit seinen Problemen keine Rolle spielt, dann müssten die Eltern dafür gewonnen werden, dass das Kind möglichst viel Zeit in einer fördernden Umgebung verbringen kann, z.B. im Hort der Fachschul-KiTa. Jedes Kind bewegt sich emotional, sozial und intellektuell in seiner ureigenen Zeitphase und lässt sich nicht mit irgendwelchen von außen angelegten Maßstäben messen. Leider gibt es für eine individuelle Begleitung eines jeden Kindes keinerlei Ressourcen. Erst recht ist unklar, wie für diejenigen Kinder Unterricht gestaltet werden könnte, die innerlich und äußerlich so belastet sind, dass nichts als Konfusion, Regression oder Aggression spürbar ist. Um mit deren Lebenswelt in Kontakt zu kommen, bedürfe es eines therapeutischen 1:1 - Unterrichts mit begleitender Elternarbeit. Jeder lebt in seiner Welt und Zeit und oft gibt es kaum Zugang mit den vorhandenen Möglichkeiten. Aber es bedarf der passgenauen Begleitung. Aber wie soll das gehen, wenn es keinen institutionellen Rah-

men dafür gibt? So die Lehrerin. Jeder hat sein eigenes, individuelles Tempo. Nicht nur die Kinder. Dalli dalli hilft da nicht weiter. Eine bekannte Papiertaschentuchfirma sagt: Für jede Lebenslage und Taschengröße haben wir das richtige Tempo. Wäre das nicht gut, wenn das auch für die Bildungsrepublik Deutschland gelten würde: Für jede Lebenslage haben wir das richtige Tempo! Als die Straßen noch nicht verstopft waren, gab es einmal einen dreirädrigen Lieferwagen, ein Rad vorn, zwei hinten unter der Ladepritsche, Kettenantrieb zum Vorderrad. Dieses Auto hieß Tempo Hanseat. Wenn der Tempo zu schnell in die Kurve gesteuert wurde, kippte er leicht um. Wenn er eine Steigung zu langsam nahm, blieb er stehen. Gar nicht so leicht, für jede Situation das richtige Tempo bereitzustellen. Es gibt ja nicht nur langsam oder schnell als Lebenstemperamente. Die Musik belehrt uns eines Besseren, sie kennt laut Wikipedia mindestens 215 verschiedene Ausführungsmerkmale, bezogen auf Tempo, Lautstärke und Vortragsstil. Alle 215 Merkmale können irgendwie miteinander kombiniert werden, so dass unzählige Varianten entstehen können. Vom Tacet bis zum Fortissimo con brio, vom Larghissimo bis zum Prestissimo risoluto gibt es unzählige Ausdrucks - Nuancen. Und alle wollen in der ihnen je eigenen Weise gespielt, gehört und beachtet werden. Es ist doch nicht abwegig anzunehmen, dass menschliche und speziell kindliche Seelen weitaus differenzierter sind als eine von Menschen geschaffene Musik. Dazu noch können die Zustände in einem Individuum minütlich wechseln, vom Trödeltempo bis zum Überflieger. Einmal ist Hochfrequenzpädagogik gefordert, ein andermal Entschleunigungspädagogik. “To everything there is a season. And a time to every purpose under heaven.” Man darf nicht an alles und jeden die gleiche Zeitschiene anlegen. Jeder hat seine Zeit. Und dann auch noch dieses: Die Zeiten ändern sich auf je andere Weise für jeden, und wir ändern uns in ihnen. Das ist wohl die einzige Wahrheit, dass nichts so bleibt, wie es ist. Einen Tempomaten für das Leben gibt es nicht.

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EIN JEDEM SEIN EIGENES TEMPO „Good speed is your speed“ - dieser Satz stand auf einer abbröckelnden Hausmauer, als ich auf dem Jakobsweg pilgerte. Er hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Ich habe den Satz folgendermaßen übersetzt: „Deine persönliche Geschwindigkeit ist Deine gute Geschwindigkeit.“ Finde Dein eigenes Schrittmaß und Du findest mehr innere Zufriedenheit und bist leistungsfähiger. Es gibt Menschen, die wirken sehr langsam, bedächtig, fast schläfrig, scheinbar unfähig zu einer realen Handlung. Und gerade diese Menschen bringen scheinbar Unglaubliches zu Werke und strahlen mit ihrer Ruhe Zuversicht aus. Welch Glück, dass es nicht nur die westliche Kultur mit ihrer innewohnenden Hektik, Betriebsamkeit und dem Zwang immer mehr zu schaffen gibt. Wird der Mensch dann nicht allzu schnell an den Maßstäben Leistung, Zielerreichung, Stressresistenz bemessen? Regionen, wo Menschen sehr alt werden, sind gekennzeichnet durch ein eher stressarmes Leben. Herzinfarkte, Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen sind in diesen Refugien des „Älterwerdens“ eher unbekannt. Sogenannte Zivilisationskrankheiten kommen kaum vor. Es ist die beschauliche Lebensweise. Der Mensch zählt. „Schnelllebige Gesellschaften“ zeichnen sich dadurch aus, dass ein Absinken der individuellen Leistungsfähigkeit zu einem Absinken der gesellschaftlichen Anerkennung führt. Der „ausgemusterte alte Mensch“ vereinsamt, weil er nicht mehr gebraucht wird. Im kleinen Prinz (St. Exupery) wird einmal eine Person gefragt was sie machen würde wenn sie plötzlich Zeit hätte. Sie erwidert: „Ich würde gemächlich zu einem Brunnen gehen“. Zeit ist zu einem Luxusgut geworden. Auch innerhalb der Jugendhilfe (regional verschieden) ist die Tendenz zur Effizienzsteigerung spürbar. Aus gut nachvollziehbaren Gründen werden messbare Entwicklungsschritte von Kindern und Jugendlichen erwartet. Diese müssen sich schließlich später in unserer Leistungsgesellschaft behaupten können. Dieser Druck kann negativ aufs Betreuungspersonal übergreifen. Krankheiten, Auszeiten, Kündigungen können die Folge sein. Beziehungsarbeit kann zum Luxusgut mutieren, es bleibt weniger Zeit zur Muse, zum Abschalten, zum Gespräch, zum einfach nur so sein. In der Montessoripädagogik gibt es die sensiblen Phasen. Das sind Zeiträume, wo der junge Mensch sich für bestimmte Lerninhalte

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besonders öffnet. Es kann sehr lange dauern, bis diese sensible Zeit eintritt. Der junge Mensch bekommt dann alle Zeit um sich intensiv diesem Erleben zu öffnen. Es taucht in seiner Ganzheit in die von ihm gewählten Lerninhalte ein und kann in extrem kurzer Zeit Dinge erlernen, wofür es sonst Monate bräuchte. Dabei darf es andere Lernthemen vernachlässigen. Seine gesamte Energie geht in eine Richtung. Es darf sich ganz und gar verlieren. Die von uns betreuten jungen Menschen erleben viel inneren Stress, weil von ihnen viel erwartet wird. Während der Hilfeplanung werden Ziele festgelegt, Absprachen getroffen, ihr Verhalten bewertet. Leibliche junge Menschen unterliegen anderen Stressfaktoren müssen sich aber nicht im Alltag so beweisen wie „unsere“ jungen Menschen. Weil ihnen das „Urvertrauen“ fehlt, müssen sie sich mehr an dem von ihnen Erreichten messen und definieren. Sie müssen früher lernen auf eigenen Füßen zu stehen, obwohl gerade sie mehr Zeit bräuchten. Wie können sie unter diesen Umständen ihr eigenes Tempo finden? Sie bedürfen der wachen Aufmerksamkeit ihrer Betreuer_innen oder Profieltern. In welchen Bereichen ist ihr junger Mensch schnell? In welchen Bereichen braucht es auffallend viel Zeit? Welche Lernbereiche fallen dem jungen Menschen leicht? Welche Lernbereiche fallen dem jungen Menschen schwer? Können Sie von Ihrem jungen Menschen sagen, dass es ein eher langsames oder ein eher schnelles Kind ist? Versteht es Ihre Anforderungen? Versteht es bestimmte Anforderungen gut und für andere braucht es viel Zeit. Wie schnell gelingt es Ihrem Kind sich von seinem Spiel zu lösen um z. B. Hausaufgaben zu machen? Manch einem jungen Menschen müssen Sie dabei Zeit einräumen, ein anderes Kind kann „schlagartig“ sein Spiel beenden. In welchen Bereichen überholt Sie Ihr Kind – ist es schneller als sie? Braucht der junge Mensch Phasen der Regression, des Nachgenährtwerdens um Kraft für anstehende Aufgaben zu sammeln? Langsamkeit muss nicht Faulheit bedeuten. Langsamkeit kann sich in einer intensiveren Beobachtungsgabe, einem sehr vertieften Spiel oder auch in Gedankenverlorenheit äussern. Ein hohes Tempo kann einhergehen mit ständig wechselnden Bewusstseinsinhalten, Oberflächlichkeit, aber auch genialen Fähigkeiten in kurzer Zeit vieles gleichzeitig zu

RICHARD KRAUS Erziehungsleitung BKJH Uckermark

verarbeiten. Multitasking als ein moderner Begriff einer gewissen Genialität. Wer braucht die uns anvertrauten jungen Menschen, wenn sie es nicht schaffen dem Tempo unserer Gesellschaft zu folgen? Was wenn sie die gesellschaftlichen Werte nicht annähernd erreichen? Wer ist dann für sie da? Zählen dann noch Eigenschaften wie z. B. Empathiefähigkeit, Schwäche zeigen können? Mein verstorbener Professor Kurt Eberhard pflegte zu sagen, dass das Vermitteln von Liebesfähigkeit, die Möglichkeit sich in andere

einzufühlen und ein gewisses erreichtes Selbstwertgefühl bei den Pflegekindern schon einen großen Erfolg darstellt. Er dachte nicht in Schwarz-Weiß-Mustern bei Pflegekindern: Entwicklung erfolgreich, da eigenes Einkommen, feste Partnerschaft, Leistungsbereitschaft? Entwicklung negativ, da Hartz 4, wechselnde Partnerschaften, „Abhängen“? Nein, er sah sich den jungen Menschen in seinen Möglichkeiten genau an und sah selbst kleine Fortschritte mit Freude ohne zu werten.

WER HAT AN DER UHR GEDREHT? Ist es wirklich schon so spät? Stress und Anspannung mit progressiver Muskelentspannung entgegenwirken Der Alltag ist häufig durch Stress und Anspannung gekennzeichnet. Stundenlanges Sitzen in schwierigen Gesprächen oder auch der anstrengende Alltag in einer gruppenpädagogischen Wohngruppe lassen oftmals wenig Raum zum Entspannen. Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen kann Abhilfe verschaffen. Diese Technik der Entspannung beruht auf der wechselweisen Anspannung und Entspannung der Muskulatur. Im Gegensatz zum Autogenen Training sind die Durchführenden bei dieser Form der Entspannung aktiv. Anleitung zur Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson Nehmen Sie sich 20 - 30 Minuten Zeit. Suchen Sie sich zum Entspannen einen ruhigen Raum aus, wo Sie ungestört im Liegen oder in einer bequemen Sitzhaltung Ihre Entspannungsübung durchführen können. Wenn möglich, können Sie das Licht etwas dimmen. Atmen Sie tief ein und aus und lassen Ihren Körper locker und angenehm schwer werden. Spannen Sie nun nacheinander jeden einzelnen Muskel Ihres Körpers etwa 5 Sekunden lang an - gerade so stark, dass Sie ein leichtes Ziehen verspüren und ein deutliches Gefühl

für die Lage der Muskeln haben. Dann lösen Sie die Spannung wieder, ohne sich viel dabei zu bewegen. Machen Sie sich etwa 10 Sekunden lang das Gefühl der Entspannung bewusst. Beginnen Sie mit der rechten Faust: Ballen Sie die rechte Faust, zählen Sie langsam von 1 bis 5, dann lassen Sie die Spannung los. Genießen Sie das Gefühl der Entspannung. (10 sek.) Nun können Sie jeden Muskel einzeln nehmen, Anspannen und wieder Entspannen. (Unterarmmuskel, Oberarmmuskel, Stirn, Augen, Lippen, Zunge, Kiefer usw.) Bleiben Sie nun noch einige Minuten ganz ruhig liegen und genießen Sie die Entspannung. Gehen Sie in Gedanken noch einmal alle Muskelgruppen durch und lockern Sie diese weiter. Fragen Sie sich: „Fühle ich noch Anspannung im Schulterbereich, fühle ich noch Anspannung im ...? Dann zählen Sie vier, drei, zwei und eins. Bei eins sagen Sie sich: „Ich fühle mich wohl und erfrischt, hellwach und ruhig”, und stehen auf. Atmen Sie bei der Übung tief, langsam und gleichmäßig aus und ein. Denken Sie am Ende der Übung beim Einatmen an das Wort „ganz”, beim Ausatmen an das Wort „ruhig”. Störende Gedanken lassen Sie vorüberziehen, indem Sie sich wieder auf die Entspannung konzentrieren.

LISA KNESE Hausleitung Mutter/Vater und Kind Haus BKJH Emsland

Quelle: Hainbuch, Friedrich (2010): Progressive Muskelentspannung. München: Gräfe und Unzer Verlag GmbH

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DIE ZEIT

„Die Zeit ist eine physikalische Größenart, eindeutig und unumkehrbar. Die Gegenwart von der Vergangenheit kommend zur Zukunft 1 hinführend.“ Das Empfinden von Zeit ist abhängig von der eigenen Wahrnehmung. In schönen Momenten scheint die Zeit viel schneller umzugehen als in unangenehmen Momenten. Momente des Wartens scheinen endlos zu sein. Somit fühlt sich zum Beispiel für die Kinder die Adventszeit, das Warten auf Weihnachten unendlich an, während die Erwachsenen mit der Vorbereitung beschäftigt sind und überrascht werden, wenn Weihnachten plötzlich vor der Tür steht. Dabei hat jeder Mensch täglich 24 Stunden. Zeit ist das einzige das gerecht verteilt ist. „Man verliert die meiste Zeit damit, dass man 2 Zeit gewinnen will.“ „Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, 3 aber wir laufen eiliger an ihr vorbei.“ Doch was bedeutet Zeit für uns heute? Nie hatten wir so viel freie Zeit wie heute – und klagen doch ständig darüber, keine Zeit zu haben. Unsere Gesellschaft basiert darauf, dass Arbeitszeit verkauft wird, und ein Gut ist umso wertvoller, je knapper es ist. Wir empfinden heute aber tatsächlich mehr Zeitdruck, unter anderem auch weil es schwieriger geworden ist, die Zeit befriedigend einzusetzen. Neu ist auch, in welchem Maß sich das öffentliche Leben beschleunigt. Derzeit nimmt das Tempo schneller zu als sich die Menschen

Strategien aneignen können, um mitzuhalten. Zeit, ein für uns Erwachsene immer wieder so komplexes Thema das uns alltäglich aufs Neue herausfordert. Jungen Menschen hingegen versinken beispiellos in die Magie des Augenblicks. Pädagog_innen bezeichnen dies als Momentzentriertheit. Für Erwachsene sind junge Menschen in Augenblicken der „Zeitknappheit“ Transusen, Trödler oder Träumer. Was bedeutet dies für unseren Alltag mit jungen Menschen? Junge Menschen brauchen im Alltag auch Zeiten in denen nichts ansteht. Kein Fußballtraining, kein Schwimmkurs, keine Termine. junge Menschen brauchen freie Zeit in denen sie selber gefordert sind Ideen zu finden und Neues zu entdecken. Dies gelingt nur, wenn die junge Menschen und Erwachsenen lernen das unangenehme Gefühl der „Langeweile“ auszuhalten und das Kind dabei zu unterstützen eigene Spielideen zu finden. Um die Kreativität der jungen Menschen zu fördern sind Materialien wie Holz, Stoffreste, Kartons, alte Kleider, Stöcker und Steine ideal. Erwachsene staunen oft was daraus entstehen kann. Jeder der schon einmal mit kleinen Kindern, einen Tag im Wald oder am Strand verbracht hat, alleinig mit der Intention den Tag nur den Kindern zu widmen, ohne sich Gedanken darüber zu machen wie lange man wohl für das zurücklegen von Strecken benötigt, wird wissen wie viel Leben, Lernen, Nähe und Kostbarkeit zwischen jungem Mensch und Erwachsenem entsteht. Man wird mit den größten Kostbarkeiten (Blättern, Stöcken, Muscheln, Steine…) der Natur und einem völlig erschöpften jungen Menschen nach Hause kommen und doch niemals das Gefühl haben, seine Zeit vertrödelt zu haben. Diese einzigartigen Augenblicke, in denen das "Ich" (der Erwachsene, der_die Erzieher_in, Mutter_Vater...) und das "Du" (das Kind) in eine vertraute Beziehung treten, prägen unser Wohlbefinden und unsere Entwicklung entscheidend mit.

„Ich wünsche dir Zeit Ich wünsche dir nicht alle möglichen Gaben. Ich wünsche dir nur, was die meisten nicht haben: Ich wünsche dir Zeit, dich zu freun und zu lachen,

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und wenn du sie nützt, kannst du etwas draus machen. Ich wünsche dir Zeit für dein Tun und dein Denken,

CHRISTIN RENSMANN Hausleitung Wohngruppe Osterbrock BKJH Emsland

Quelle: Grafik: www.cosmiq.de/ qa/show/2244502/Guten -wunderschoenenguten-Morgen-EuchAllen-Hier -meinesonntaegliche-GuMoFrage-Wieviel-Zeitgoennt-Ihr-Euch-fuerEuch-selbst, 26.09.2014 1. newstopaktuell.word press.com/2012/02/02/wi ssenschaft-interessantgemacht-teil-63-was-istzeit/, 25.09.2014) 2. Spruch von John Steinbeck 3. Spruch von George Orwell

nicht nur für Dich selbst, sondern auch zum Verschenken. Ich wünsche dir Zeit - nicht zum Hasten und Rennen, sondern die Zeit zum Zufriedenseinkönnen.

Ich wünsche dir Zeit, nach den Sternen zu greifen, und Zeit, um zu wachsen, das heißt, um zu reifen. Ich wünsche dir Zeit, neu zu hoffen, zu lieben. Es hat keinen Sinn, diese Zeit zu verschieben.

Ich wünsche dir Zeit - nicht nur so zum Vertreiben. Ich wünsche, sie möge dir übrig bleiben als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertraun, anstatt nach der Zeit auf der Uhr nur zu schaun.

Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden, jeden Tag, jede Stunde als Glück zu empfinden. Ich wünsche dir Zeit, auch um Schuld zu vergeben. Ich wünsche dir: Zeit zu haben zum Leben!“1

Quelle: 1. Elli Michler Aus: Elli Michler: Dir zugedacht, Wunschgedichte, © Don Bosco Medien GmbH, München, 22.Aufl.2014 www.ellimichler.de Mit freundlicher Abdruckgenehmigung

TEMPO ein kleiner Erfahrungsbericht über die Schnelllebigkeit von Eigenschaften „Tempo, jetzt mach aber mal dalli! Du bist heute aber wieder mal eine alte Trödelliese.“ Das sind meine Worte, die ich mehr aus der Ferne höre, während ich mein vierjähriges Kind über den lauten Hermannplatz in Berlin ziehe. Dann ein kurzer Moment des Bewusstseins – Warum haben wir es eigentlich so eilig? Und was bewegt mein Kind dazu so „rumzutrödeln“? Oder andersherum: Was bewegt mich dazu, so gestresst zu sein und mir rauszunehmen meinem Kind nicht zuzuhören, mit ihm so respektlos zu sprechen, es am Arm zu packen und es einfach so schnell wie möglich über den Platz zu ziehen? Meine Motivation ist mir ziemlich schnell klar. Ich finde den Hermannplatz ungemütlich, viel zu laut, möchte schnell noch in die Bibliothek die Bücher zurück bringen und neue ausleihen. Gerne schnell noch ins warme Café mit meinem Kind, damit wir auch mal ein bisschen Zweisamkeit haben, bevor wir wieder im turbulenten zu Hause landen. Eigentlich zumindest aus meiner Sicht - dem Kinde zu Liebe. Das aber hat es gar nicht eilig, möchte sich die kleinen Feen anschauen, die durch das Schaufenster fliegen, ist begeistert von der Geigenspielerin, die jeden Tag an der gleichen Ecke steht. Nach unserem wirklich entspannten CaféBesuch komme ich beim Zahlen mit der Kellnerin ins Gespräch. Draußen wird ein Auto mit dem Kran auf einen LKW geladen. Mein Kind reißt an meinem Arm und will jetzt unbedingt und sofort raus. Mich stresst das total: Typisch

Kinder, immer müssen sie einem am Arm ziehen und alles sofort bekommen! „Mama guck mal, komm schnell!“ Deshalb sag ich: „Du siehst doch, dass ich mich gerade unterhalte, warte kurz, dann komm ich ja.“ Darauf bekomme ich gesagt: „Mama du bist echt eine alte Trödelliese!“ Da wird mir bewusst, dass das permanente Gezerre nicht typisch Kind ist, sondern wohl noch häufiger von Erwachsenen ausgeht. In der Reflektion bin ich beeindruckt mit welcher Gelassenheit Kinder dieses Gezerre ertragen, wenn ich es vergleiche mit den Reaktionen vieler Erwachsener auf das Gezerre von Kindern. Ich denke an die Partizipationsgruppe der Profifamilien® in Berlin, die sich kritisch damit auseinandersetzt, wie wir Erwachsenen mit jungen Menschen reden. Dort habe ich gelernt, dass wir auf der Hut sein sollten junge Menschen sprachlich in eine Schublade zu schieben, ihnen Eigenschaften auf Dauer zuzuschreiben. Ich nehme mir vor das nächste Mal nicht „Trödelliese“ zu sagen, sondern lieber nur auf das Verhalten hinzuweisen. Das nächste Mal am Hermannplatz werde ich sagen: „Wow, gerade bist du langsam unterwegs!“ Jetzt weiß ich ja, dass ich in der nächsten Situation diejenige sein könnte, die trödeliger ist! Während wir in aller Ruhe zuschauen wie der Kran das Auto auf den LKW lädt, schlägt mein Kind mir weise vor: „Morgen will ich nach der Kita den ganzen Nachmittag nur nach Hause gehen. Das reicht doch schon!“ Entschleunigung- ein toller Programmpunkt.

ANNE BACKHAUS Inklusionsbeauftragte BKJH

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TEMPO - GEDANKEN ZUR SCHNELLIGKEIT Wahrscheinlich kennt jeder Zitate wie: "In der Ruhe liegt die Kraft" (Konfuzius). Ebenso werden es viele kennen, dass dies im Alltag nicht immer so einfach umsetzbar ist. Wir haben viele Dinge zu erledigen, vielleicht noch Termine die einzuhalten sind, die "Todo-Liste" wird länger und länger. Wir merken, dass der Tag nur 24 Stunden hat, werden in unseren Tätigkeiten schneller, weil wir meinen, dass wir nur so alle Aufgaben erfüllen können. Schnelligkeit ist für mich nicht grundlegend negativ. Jeder hat seine eigene Geschwindigkeit. Überschreiten wir unser individuelles Tempo und sind schneller, als wir eigentlich können (zu schnell), entsteht Eile, Hektik, Druck und darauf aufbauend auch Stress. Folgende Fragen sind mir hierzu eingefallen, die sich jeder persönlich für sich stellen kann: (die Umschreibungen "schnell"/"zu schnell" sind individuell zu definieren) • Nehme ich meine Umgebung noch richtig wahr, wenn ich zu schnell bin? • Arbeite ich besser und effizienter wenn ich meine Tätigkeiten schnell ausführe? • Empfinde ich noch Freude bei dem was ich tue, wenn ich es schnell erledige? • Kann ich aus meiner Geschwindigkeit noch herauskommen, wenn es nötig ist? • Wird meine Tätigkeit durch Tempo wirklich früher fertig? • Brauche ich nach einer Tätigkeit mehr Entspannung, wenn ich diese unter Druck ausführe? • Merke ich überhaupt immer, wenn ich zu schnell bin? • Wie reagiert mein Körper auf Hektik, Eile, Druck und Stress? • Wie wirkt meine Schnelligkeit auf Außenstehende? Bezüglich des letzten Punktes habe ich Freund_innen, Bekannte, Kolleg_innen und Kinder befragt. Folgende Aussagen (sinngemäß zusammengefasst) bekam ich auf die Fragestellung: "Wie wirkt auf dich jemand, der hektisch, gestresst und in Eile ist? Was löst das bei dir aus?": • "Es stört eher, ich werde unruhig, es steckt an, ich gehe dann weg." • "Es macht mich selber auch hektisch oder ich werde dadurch auch sehr gestresst, wenn ich aber selbst tiefenentspannt bin, stört es mich überhaupt nicht." • "Bin ich selber gestresst, macht mich so jemand noch hektischer, bin ich aber relaxt,

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stört mich das nicht so." • "Ich schwinge mit, habe das Gefühl, selbst nicht schnell genug zu sein, es nervt." • "Es kommt darauf an, wer es ist und in welcher Situation. Es wirkt auf mich besorgniserregend, wenn diese Person für mich ansprechbar sein sollte, inkompetent, wenn es beispielsweise ein Arzt ist. Ich stelle mir die Frage ob so jemand gründlich arbeitet und ich ihm etwas anvertrauen kann. Es kann als Überforderung gedeutet werden." • "Toleranz - dieser Mensch tut mir leid. Der Körper holt sich die gewonnene Zeit wieder." • "blöd - bei der Person kann man z.B. nicht aussprechen, weil sie in Stress ist." • "Je nach Situation - ich habe Mitleid und Verständnis oder ich bin genervt und es steckt an. Dieser Mensch tut mir leid, weil man ihm nicht helfen kann." • "Ich wünsche mir ein Mittelding für die Leute in meinem Umfeld (z.B. Erzieher_innen). Sie sollten nicht zu gestresst sein aber auch nicht zu ruhig und langsam." Für Menschen, die selbst eilig, hektisch und gestresst durch den Tag "rennen", mögen Menschen beneidens- und bewundernswert sein, die am Ende des Tages in Ruhe und Gelassenheit ihr Tageswerk vollbracht haben. Sie haben vermutlich mehr Freude und angenehme Gefühle erlebt und gegeben, als der, der ständig der Zeit hinterher gerannt ist. Zum Abschluss eine Geschichte zum Nachdenken:

NADINE ZISSER Erzieherin Backhaus Vollersode BKJH Bremen / Vollersode

Till Eulenspiegel und der Kutscher Till Eulenspiegel ging eines schönen Tages mit seinem Bündel an Habseligkeiten zu Fuß zur nächsten Stadt. Auf einmal hörte er, wie sich schnell Hufgeräusche näherten und eine Kutsche hielt neben ihm. Der Kutscher hatte es sehr eilig und rief: “Sag schnell - wie weit ist es bis zur nächsten Stadt?” Till Eulenspiegel antwortete: “Wenn Ihr langsam fahrt, dauert es wohl eine halbe Stunde. Fahrt Ihr schnell, so dauert es zwei Stunden, mein Herr.” “Du Narr” schimpfte der Kutscher und trieb die Pferde zu einem schnellen Galopp an und die Kutsche entschwand Till Eulenspiegels Blick. Till Eulenspiegel ging gemächlich seines Weges auf der Straße, die viele Schlaglöcher

Quelle: Lothar J. Seiwert: "Wenn du es eilig hast, gehe langsam", S. 21

hatte. Nach etwa einer Stunde sah er nach einer Kurve eine Kutsche im Graben liegen. Die Vorderachse war gebrochen und es war just der Kutscher von vorhin, der sich nun fluchend daran machte, die Kutsche wieder

zu reparieren. Der Kutscher bedachte Till Eulenspiegel mit einem bösen und vorwurfsvollen Blick, worauf dieser nur sagte: “Ich sagte es doch: Wenn Ihr langsam fahrt, eine halbe Stunde…”

UNTERBRECHUNGEN IM ARBEITSLEBEN Wie sieht heute ein Arbeitstag aus: Besonders bei „normaler Büroarbeit“ ist er geprägt von Unterbrechungen. Waren früher Unterbrechungen durch Kolleg_innen oder Telefonate eine gelungene Abwechslung sind sie heute ein „Fluch“. In den letzten Jahren ist die Flut der Unterbrechungen zu einem Grundübel geworden. Wissenschaftler haben mit der Stoppuhr herausgefunden, dass „normale“ Büroarbeiter_innen sich 11 Minuten mit einem Thema beschäftigen können ohne unterbrochen zu werden. Die Wissenschaftlerin Gloria Mark hat diese 11 Minuten genauer untersucht. In der Regel wendet sich nach einer Unterbrechung der Mitarbeiter_innen zunächst zwei anderen Arbeiten zu - das sind dann schon mal 25 Minuten. Nun dauert es entsprechend länger nach einer fast halbstündigen Unterbrechung wieder den Faden zu finden. „Nach so vielen Ablenkungen dauert es natürlich, bis er sich wieder in die alte Aufgabe hineingedacht hat. Der Schreibtisch ist mittlerweile von neuen Papierschichten überlagert, die Fenster auf dem Monitor müssen neu zurechtgezogen werden und was war das noch mal für ein Geistesblitz vorhin, kurz bevor es an der Tür klopfte? Er ist wahrscheinlich dahin.“ (Zeit.de.) Deutlich ist, dass es kein individuelles Problem ist, welches durch mehr Konzentration oder durch Selbsthilfebücher zu bearbeiten ist. Die Unterbrechungen sind in den letzten Jahren zu einem Grundproblem geworden. Die Technologiefirma Basex hat für die USA errechnet, dass die ständigen Unterbrechungen am Arbeitsplatz der amerikanischen Volkswirtschaft jährlich 588 Milliarden Dollar kosten (vgl. a.a.O.). Interessant oder zum Nachdenken ist die Erkenntnis, dass der Arbeitstag mittlerweile nicht nur von externen sondern auch von internen Unterbrechungen gekennzeichnet ist.

Die Arbeitgeber_innen unterbrechen sich selber genauso oft. Nach einer kurzen Phase der Konzentration wird sich einer andern Aufgabe zugewandt. „Zerstreute Leute hat es schon immer gegeben, aber noch nie betrieben so starke Mächte die Erziehung der Menschheit zum Kurzdenken. Das zersplitterte Bewusstsein der Unterbrochenen ist inzwischen die herrschende Geisteshaltung unserer Zivilisation.“ Der Psychiater Edward Hallowell sagt, dass Aufmerksamkeitsschwächen sich stark verbreitet haben. Die moderne Arbeitswelt, in der alles schnell gehen muss, auf Emails schnell reagiert werden muss, ständige Erreichbarkeit gewährleistet ist, Multitasking ein Stichwort ist, führt dazu, dass die Menschheit verlernt längere Konzentrationsphasen einzuhalten. Die Schnelligkeit verursacht einen Adrenalinrausch, führt aber dazu, dass die Leistungsfähigkeit dramatisch sinkt. Die Firmen müssen dagegen steuern und auch Zeit zum Nachdenken geben. Die Computer können nicht mehr abgeschafft werden, ohne Emails ist das Arbeitsleben nicht mehr denkbar, aber „(n)achdem die Programmierer in den letzten dreißig Jahren daran gearbeitet haben, alle mit allen zu vernetzen, suchen sie jetzt nach Möglichkeiten der Entnetzung. Die Utopie: eine Software, die nur die Informationen, die man braucht - und zwar dann, wenn sie nicht stören.“ weiterzuleiten. (a.a.O.) Natürlich gibt es aktuell auch simplere Methoden: Die Slow-E-Mail-Bewegung hat den Slogan: Lies E-Mails nur noch zweimal am Tag! Hol dir deine Lebenszeit zurück und lerne wieder zu träumen!“ Bisher ist dies noch kein Siegeszug. Es ist auch schwer dies im Alltag umzusetzen. Selbst wenn man – in diesem Falle ich - sich das vornimmt, gelingt es nicht, weil oft das Ping, das eine Mail angekommen ist, doch zu verlockend ist. Und schon wird nachgeschaut.

MARION WISCHKA Abteilungsleitung BKJH Emsland Süd

Quelle: www.zeit/de/2006/46/Un terbrechungen

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SNOEZELN ZUR ENTSCHLEUNIGUNG DES ALLTAGS Eine Maßnahme in der Therapeutischen Wohngruppe zum Entspannen vom Alltagsgeschehen

Das alltägliche Einhalten von Regeln und Strukturen, der Schulbesuch, aber auch besondere Termine wie Hilfeplangespräche, Arzttermine etc. und die Wahrnehmung von Hobbies innerhalb und außerhalb der Einrichtung kann Stress für die jungen Menschen

bedeuten. Um ihnen etwas zu geben, bei dem sie sich entspannen können und dem Tempo des Alltags ein wenig entfliehen können, bieten wir den jungen Menschen tägliches Snoezeln an. Hierfür halten wir mehrere Entspannungsmusik- CD´s bereit, die die jungen Menschen sich jedes Mal selbst aussuchen können. Innerhalb der Zimmer habe sie eine Kuschelecke oder das Bett wird zum Snoezeln genutzt. Dabei ziehen sie sich gemütliche Kleidung an, das Zimmer wird verdunkelt und eine Lichtwassersäule positioniert. Mittlerweile hat sich das tägliche Snoezeln zu einem festen Ritual entwickelt das die jungen Menschen innerhalb der TWG nicht mehr missen möchten und das besonders bei Einsatz in der Mittagspause deutliche Erfolge im Hinblick auf die weitere Stimmung im Nachmittags- und Abendbereich hat.

JENNIFER DEPMANN Hausleitung Therapeutische Wohngruppe BKJH Emsland

CD-AUSWAHLLISTE DER TWG ZUM SNOOEZELN Sabine Kalwitzki Fantasiereisen für jeden Tag “Fühl die warmen Sonnenstrahlen“ , Loewe Verlag Sabine Kalwitzki Fantasiereisen für jeden Tag „Flieg mit auf der Kuschelwolke“, Loewe Verlag Arnd Stein Traumland „Sanfte Musik zum Träumen und Wohlfühlen“ , VTM Verlag Susanne Hühn „Wie dein Schutzengel dich führt“ Meditation für Kinder, Schirner Verlag

GEDANKEN ZUM THEMA „TEMPO“ Die jungen Menschen aus der Jungedwohngruppe „Alte Molkerei“ haben immer wieder von den Erwachsenen gehört, dass es früher anders war und dass die Zeiten sich geändert haben und alles viel schnelllebiger und unpersönlicher geworden sei. Einige junge Menschen wurden sehr neugierig und wollten mehr davon wissen, wie meint Ihr das? Was war früher anders oder wie habt ihr das gemacht, als ihr in unserem Alter wart? Diese Fragen haben uns zum Nachdenken angeregt und wir sind darüber ins Gespräch gekommen, was sich denn alles geändert habe. Früher spielten Werte und Normen eine große und wesentliche Rolle im Leben, aber auch Loyalität und Moral sind Schlagwörter, die früher eine große Rolle spielten. Heute hat sich die Gesellschaft verändert und die jungen

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Menschen scheinen andere Prioritäten zu haben als vor einigen Jahren. Das fängt schon mit den Statussymbolen wie Smartphone an, das muss heute jeder haben und auch wird viel Wert auf Markenbekleidung gelegt. Die Wertschätzung und die Moral scheinen von Generation zu Generation zu variieren. Jeder Einzelne wird durch die Familie und durch seine Umwelt beeinflusst. Die Werte die einem vorgelebt werden und was man sieht und am eigenen Leib spürt, macht uns zu dem was wir sind. Jeder junge Mensch sucht nach Vorbildern und Idolen die man versucht nachzuahmen und nachzuleben. Doch wirkt sich das immer positiv auf den jungen Menschen aus? Wie kann man versuchen die Situation zu verbessern? In Zeiten des demographischen Wandels wird

BIRGIT SABEL Hausleitung Jugendwohngruppe „Alte Molkerei“ BKJH Emsland

deutlich, dass die jungen Menschen heutzutage in einer viel härteren Realität aufwachsen und vieles vom Tempo der einzelnen jungen Menschen abhängt. Nach Robert M. Pirsig,

sollte man Berge mit möglichst wenig Anstrengung und ohne Ehrgeiz ersteigen, denn unsere eigene Natur sollte das Tempo bestimmen.

ENTSCHLEUNIGEN…

Es ist Weihnachtszeit. Die besinnlichste Zeit des Jahres wird von vielen Ritualen gezeichnet und lädt uns Alle zum Genießen ein. Auch im Clearinghaus läuten wir die weihnachtliche Zeit langsam ein und ein besonderer Zauber der Stille liegt in der Luft. Um uns an dieser Zeit erfreuen zu können lesen wir Mitarbeitenden den jungen Menschen Weihnachtsgeschichten vor und naschen dazu das ein oder andere selbstgebackene Plätzchen. An jedem Tag wird ein Türchen unseres großen Adventskalenders geöffnet, indem sich

eine Kleinigkeit für jeden jungen Menschen befindet. Auch für uns Mitarbeitenden ist die Vorweihnachtszeit eine ganz besondere, da einerseits eine besinnliche Stimmung zelebriert wird und sich so das Tempo innerhalb unserer schnelllebigen Gruppe verlangsamen soll. Andererseits beginnt die Zeit zu rasen, weil noch so viele Dinge vorbereitet werden müssen. Sind alle Wunschzettel geschrieben? Du liebe Güte, der Weihnachtsbaum fehlt noch! Auch unter den Bewohner_innen ist eine Dynamik zu beobachten, besonders häufig sind Gefühle wie Trauer, Wut und Heimweh an der Tagesordnung. Nachvollziehbar, denn das Weihnachtsfest ist das Fest der Liebe, das jede_r Einzelne mit seinen Liebsten verbringen möchte. So sehnen sich auch die jungen Menschen nach ihrer Herkunftsfamilie. Da es in diesem Rahmen nicht möglich ist, möchten wir Mitarbeiter_innen die Vorweihnachtszeit und natürlich das Weihnachtsfest unter besonderen Umständen schön und besinnlich gestalten.

OLIVIA WELT Erzieherin Clearinghaus BKJH Emsland

„MACH SCHNELL, WILLI WIBERG“ - EINE BUCHEMPFEHLUNG Willi Wiberg mag sich an diesem Morgen so gar nicht beeilen. Er muss immer schnell noch etwas machen. Sein Papa erklärt ihm immer wieder, dass Willi zu spät in den Kindergarten kommen wird, doch Willi hat noch wichtige Dinge zu tun. Bis er plötzlich das ganze Morgenprogramm ganz schnell meistert. Doch als er damit fertig ist, ist sein Papa derjenige, der

schnell noch seinen Artikel zu Ende lesen muss. Es gibt viele Willi Wiberg Geschichten, die den Alltag von Willi Wiberg begleiten. Das besondere an diesen ist, dass sie die Kinderperspektive ernst nehmen. Einige Geschichten führen dem vorlesenden Erwachsenen humorvoll vor Augen, dass es lohnenswert ist die eigene erwachsene Perspektive in Frage zu stellen. Ganz selbstverständlich ist bei allen Geschichten, dass Willi Wiberg bei seinem Vater aufwächst. Eine hervorragende Ergänzung zu all den Büchern, in denen kein Vater vorkommt und vor allem für alleinerziehende Väter zu empfehlen. Aber nicht nur für diese!

ANNE BACKHAUS Inklusionsbeauftragte BKJH

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PETER SAMMELT DIE ZEIT (VON HELGA HÖFLE) "Vati, gehst du mit mir angeln?" "Keine Zeit, Peter." "Mutti, spielst du mit mir?" "Keine Zeit, Peter." "Oma, erzählst du mir eine Geschichte?" "Keine Zeit, Peter, später." "Kein Mensch hat Zeit", sagt Peter, "und dabei ist doch so viel Zeit da." Aber die Erwachsenen haben keine Zeit mehr. "Ob ich auch keine Zeit mehr habe, wenn ich erwachsen bin?" Peter überlegt lange. Er möchte gerne immer Zeit haben. "Ich werde mir Zeit sammeln und sie aufheben, bis ich groß bin. Ich werde überall in den Zeitungen und Büchern die Zeit ausschneiden und sie in diesen Schuhkarton legen. Wenn ich keine Zeit habe, hole ich mir Zeit aus meinem Schuhkarton. Ich möchte immer Zeit haben." Von da an schnitt Peter alle Stunden und Minuten aus, die er in der Zeitung las. Stand da zum Beispiel: "Drei Stunden Verspätung hatte der Eilzug aus München ", so schnitt er sich die drei Stunden aus. Er sammelte auch Minuten. Die zwei Minuten, die gestern der Präsident im Fernsehen sprach, sammelte er genauso wie die fünf Minuten, die jemand zu spät kam. Seine Schachtel wurde voll von Stunden und Minuten. Oft nahm er seine Schachtel, legte seine gesammelte Zeit vor sich auf den Tisch. Er würde immer Zeit haben. Beruhigt packte er seine gesammelte Zeit wieder ein und versteckte sie im Kleiderschrank. Manchmal zählte er seine Zeit zusammen. Erst waren es 80 Stunden und drei Minuten. Zwei Wochen später zählte er schon 100 Stunden und 20 Minuten. Im Herbst hatte er bereits 240 Stunden und acht Minuten. Peter kam sich reich an Zeit vor. Er überlegte sogar, ob er nicht Zeit verleihen oder gar verkaufen könnte an Leute, die keine Zeit hatten. Er fand, das sei eine gute Idee. Ein Geschäft, in dem man Zeit kaufen konnte, gab es in der Stadt nicht. Er packte seine Schachtel unter den Arm und ging. Zuerst sah er eine Frau mit zwei Kindern. Sie zerrte ihre Kinder gerade von einem Spielzeugschaufenster weg. "Kommt doch, ich habe keine Zeit!", rief sie. "Hallo, ich habe Zeit für Sie", sprach Peter die Frau an. "Hier in meiner Schachtel ist viel Zeit.

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Wie viel brauchen Sie?" "Quatsch", sagte die Frau, "Zeit in einer Schachtel. Du glaubst wohl noch an Märchen?" Sie zog ihre Kinder mit sich fort. Peter ging enttäuscht weiter. Er sah ein Liebespaar an einer Haustür. "Tut mir leid", sagte der junge Mann gerade, "weine nicht, ich habe doch keine Zeit mehr." "Entschuldigung", mischte sich Peter ein, "ich könnte Ihnen Zeit leihen. Hier in meiner Schachtel ist sehr viel Zeit. Ich habe sie gesammelt. Wie viel Zeit wollen Sie?" "Drei Stunden", sagte das Mädchen und lächelte Peter an. "Hier, bitte schön." Peter legt ihr drei Stunden in die Hand. Glücklich ging er weg. Das Liebespaar lachte. Sie warfen die drei Stunden weg. Sie flogen leicht davon. Der junge Mann ging eilig über die Straße. Peter kam an einer Autoreparaturstelle vorbei. Da stand ein tolles rotes Sportauto. "Was ist das für einer? Darf ich mal zuschauen?", fragte Peter den Mechaniker. "Ich habe keine Zeit", murmelte der, "ich muss die Reparatur fertig machen." "Hier, ich schenke Ihnen drei Minuten Zeit. Ich sammle nämlich Zeit", meinte Peter. "Junge, hau ab, du spinnst ja. Zeit kann man nicht sammeln. Sammle lieber Autobilder." Peter ging weiter und dachte: "Erwachsene sind merkwürdig. Das, was sie am nötigsten brauchen, wollen sie nicht. Er ging nach Hause. Sein Vater arbeitete noch in seinem Büro. Er ging zu ihm. "Peter, was ist denn? Ich habe keine Zeit. Das siehst du doch. Hier ist eine Mark. Kauf dir was dafür." "Ich will dir Zeit verkaufen oder auch schenken." Was willst du? "Ja, schau, hier habe ich mir 240 Stunden und acht Minuten gesammelt. Ich könnte dir ein wenig Zeit verkaufen. Für die Mark bekommst du zwei Stunden. Damit könnten wir doch angeln gehen. Ich war schon in der Stadt und wollte den Leuten Zeit schenken oder verkaufen. Aber sie wollten sie nicht nehmen." Peters Vater schaute lange in die Schuhschachtel. Dann nahm er zwei Stunden heraus, legte sie in seine Brieftasche und sagte: "Komm, Peter, wir gehen angeln. Hebe dir deine gesammelte Zeit gut auf. Vielleicht sammle ich mir auch welche."

MARION LAMMERS Hausleitung Kleinstheim Meppen Abteilungsleitung GPE Meppen BKJH Emsland

Quelle: Helga Höfle aus „Texte für die Primarstufe, TP3“ Hermann Schroedel Verlag KG, Hannover 1973, S. 92-93 www.lesa21.de/lernen/z/ zeit/texte/text2; 27.11.14

SPIELEMPFEHLUNG: „TEMPO, KLEINE SCHNECKE!“ Tempo, kleine Schnecke ist ein von Spieleautor Alex Randolph entwickeltes einfaches kombiniertes Farbwürfel- und Brettspiel der Firma Ravensburger. Es ist ausgelegt für zwei bis sechs Spieler_innen in der Altersstufe von 3,5 bis 7 Jahre und kann Kindern beim Erlernen der Farben eine Unterstützung sein. Es wurde in mehreren Sprachen veröffentlicht und laut Herbert Feuerstein über 7 Millionen Mal verkauft. Spielbeschreibung Das Ziel des Spiels steht unter dem Motto „Welche Schnecke macht das Rennen?“; in der Spielanleitung ist erklärend ausgeführt, dass sich sechs Schnecken zu einem Wettrennen zusammengefunden haben, um ihre Kräfte zu messen und herauszufinden, wer von ihnen am schnellsten ist. Als Spielfigur dienen sechs farbig lackierte Holzschnecken (rot, gelb, grün, rosa, blau, orange), die einer Schnecke mit Schneckenhaus nachempfunden sind. Sie werden durch das Würfeln mit zwei Farbwürfeln über das Spielfeld bewegt. Das Spielbrett ist eingeteilt in sechs gerade Rennbahnen mit jeweils neun Feldern, inklusive je einem entsprechend gekennzeichneten Start- und Zielfeld pro Bahn. Die Start- und Zielfelder sind farblich markiert in den Farben der Schnecken. Das eigentliche Rennfeld ist umrandet mit einer kindgerecht gemalten Blumenwiese, auf der sich verschie-

dene etwas vermenschlichte Tiere als Zuschauer des Schneckenrennens befinden. Zu Beginn des Spiels werden die sechs Schnecken auf die farblich passenden Startfelder gestellt, so dass jede eine Rennbahn vor sich hat. Die Spieler_innen würfeln nun reihum mit beiden Farbwürfeln und je nach angezeigten Farben werden die jeweiligen Schnecken um je ein Feld vorgezogen. Zeigen beide Würfel die gleiche Farbe an, darf die passende Schnecke zwei Felder vorgesetzt werden. Erreicht eine Schnecke das Ziel, ist sie Sieger und das Spiel beendet. In einer zweiten Spielvariante wird solange weiter gespielt, bis alle Schnecken die rotweiße Ziellinie ihrer Rennbahnen überquert haben. Zeigen bei einem Wurf beide Würfel die Farbe einer Schnecke an, die bereits im Ziel ist, darf der Spieler noch einmal würfeln. Zeigt nur ein Würfel diese Farbe an, wird lediglich die Schnecke vorgezogen, die sich noch im Rennen befindet. Sieger sind bei dieser Spielregel die Spieler der ersten und der letzten Schnecke, die das Zielfeld erreicht. Die Anwendung der zweiten Spielvariante, bei der das Spiel erst endet, wenn alle Schnecken im Ziel sind, ist hilfreich, um bei den spielenden Kindern das Interesse zu erhalten. Die Spieldauer pro Durchgang beträgt rund 15 Minuten.

ASTRID MÖLLERHAUS Leitung der Kinderredaktion BKJH Emsland

WAS BEDEUTET DER BEGRIFF „TEMPO“ Die jungen Menschen aus dem Kinderredaktionsteam haben sich gefragt, welche Bedeutung das Wort „Tempo“ eigentlich hat. Klar wurde, dass es zweideutig ist, sowohl, das Tempo zum Nase putzen ist jedem ein Begriff, als auch das Tempo in Bezug auf die Ge-

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schwindigkeit. Aus diesem Grund haben wir draußen verschiedene Tempoarten mit dem eigenen Körper ausprobiert und in drei Kategorien zur Umsetzung eingeteilt: leichtmittel-schwer:

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DAVID, ANNA, NORA, JASMIN, SOPHIA Kinderredaktionsteam BKJH Emsland

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Unser Ergebnis: 1 Schnell: leicht 2 Rasen: leicht 3 Spazieren: leicht 4 Joggen: mittel 5 Schneckentempo: schwer

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DIE ZEIT VERGING IM FLUGE - TEMPO „Die Zeit verwandelt uns nicht, sie entfaltet uns nur“ (Max Frisch). Die Veränderungen der Persönlichkeiten, die in unserer Arbeit aufeinander treffen, geschehen stetig, bunt und manchmal gnadenlos. Genau wie auf die Kinder, trifft dieses Zitat auch auf uns Mitarbeitenden zu. Wir bleiben nie gleich und jeder Mensch, dem wir in unserem Leben und in unserer Arbeit begegnen, verändert uns ein kleines bisschen. Letztes Jahr im Sommer, nachdem ich meine Ausbildung als Heilerziehungspflegerin abgeschlossen hatte, machte ich mich auf die Suche nach meinem Platz in der Arbeitswelt. Ich hatte nie vorgehabt oder mir gewünscht einmal mit Kindern zu arbeiten, aber dann fand ich diese Stellenanzeige. Obwohl ich nie darüber nachgedacht hatte, reizte sie mich und ich beschloss mir die Einrichtung Backhaus näher anzuschauen. So nahm alles seinen Lauf. Inzwischen arbeite ich seit über einem Jahr in der Wohngruppe in Vollersode und als mir das klar wurde, konnte ich kaum glauben wie schnell es vergangen war. Die Zeit ist komplex und nicht selten täuscht sie uns, auch wenn wir gelernt haben die Uhr zu lesen oder ein gewisses Zeitgefühl entwickelt haben. Immer wieder kommt es vor, dass wir uns denken „Ist es schon so spät? Die Zeit verging ja wie im Fluge“ oder dass es uns im Gegenteil wie Stunden vorkommt, obwohl nur wenige Minuten vergangen sind. Im Alltag geht das Gefühl für das „Große Ganze“ oft verloren. Und dann gibt es zwischendurch diese kleinen Momente, in denen wir ein Kind anschauen und uns fragen, seit wann es so selbstständig geworden ist, oder ob es nicht gestern erst gewesen sei, als es uns noch bis zu den Schultern reichte, obwohl es uns inzwischen längst bis zum Kinn geht. Ich habe in meiner Zeit in der Wohngruppe schon unglaublich viel erlebt und viele verschiedene Kinder kennengelernt, die alle einzigartige Persönlichkeiten und Pakete mit und in sich trugen. Während dieses Jahres, sind mir ein paar Momente besonders im Gedächtnis geblieben. Die Jahreszeiten, mit ihren dazugehörenden Unternehmungen und Festlichkeiten, zu zelebrieren, ist ein übliches und alltäglich angewandtes Medium, um gemeinsam mit den Kindern, den Weg durch das Jahr zu gehen und ihnen dabei zu helfen, ein Gefühl für diesen Zeitraum zu entwickeln. Ich stelle

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wieder einmal fest, dass, obwohl ich längst kein Kind mehr bin, auch bei mir die alljährlichen Feste und Aktivitäten, welche ich mit den Kindern durchlebt und angeleitet habe, auch für mich ihren besonderen Stellenwert behalten haben. Sie sind es, die ich sehr genossen habe und an die ich mich besonders gut zurück erinnern kann. Eine neue Arbeitsstelle ist immer aufregend und die erste wahrscheinlich ganz besonders. Ich brauchte eine Zeit bis ich die vielen Abläufe und die komplexen Regelwerke, die für die anderen Kolleg_innen schon selbstverständlich waren, verinnerlicht hatte. Ich musste mich besonders aufgrund meines jungen Alters durchsetzen und viele Grenzen setzen. Lieber ein wenig zu streng als zu locker, sagte man mir, und es stimmte. Nach einer Weile wurde ich, obwohl 20 Jahre jung (Drei Jahre älter als der älteste Junge der Gruppe), von den Kindern und Jugendlichen akzeptiert und respektiert. Diese erste Phase war anstrengend und gleichzeitig unheimlich spannend für mich. Wenn ich daran zurückdenke, sehe ich mich mit einem Jungen der Gruppe einen Kürbis für Halloween schnitzen. Einen ereignisreichen Monat hatte ich hinter mir und diese Aktivität klappte völlig reibungslos, was mir sehr gut tat. Das Resultat, den schrecklich-schön grinsenden Kürbisgeist, bewunderte die ganze Gruppe noch tagelang. Ein kleines, aber umso schönes Erlebnis. Der Winter kam und ich hatte bereits die Verantwortung für ein erstes Bezugskind bekommen, ein neues Mädchen in der Gruppe. Der Winter war zeitweise durchwachsen und es gab auch mal Konflikte. Ich überlegte ob das wirklich der Berufszweig war den ich ausüben wollte. Meine Kolleg_innen unterstützten mich und sagten mir, es sei ganz normal, dass es etwas Zeit und Erfahrung bräuchte um sich vollständig wohl zu fühlen, ich würde das auf jeden Fall schaffen. Weihnachten kam und ging und in der langen Winterzeit die mir zwischendurch schwierig vorkam, ist mir im Nachhinein vor allem die Weihnachtszeit im Gedächtnis geblieben. Heiligabend mit den Kindern und dem echten Weihnachtsmann, der uns besuchen kam und die Geschenke brachte. Es war schlicht und einfach schön und sehr festlich. Wieder ist es diese positive Erinnerung, die die prägnanteste von allen darstellt. Ich denke heute, dass sie mir Zuversicht gegeben hat und mir zeigte wie wunderbar die Arbeit in der Wohngruppe

KLARA DIETZEL Erzieherin Backhaus Vollersode BKJH Bremen / Vollersode

sein kann, wenn man sie richtig gestaltete. Der Frühling nahte und als er kam, musste mein Bezugskind die Gruppe verlassen. Die Zeit war emotional für mich und ich fragte mich ob ich hätte mehr tun können, damit sie bei uns bleibt, aber das stand nicht in unserer Macht. Danach folgte eine Zeit, die mehr Gelassenheit beinhaltete und das ist auch das Grundgefühl meiner schönsten Erinnerungen an den Frühling. Ich veranstaltete mit den jungen Menschen viele entspannte Picknicks im großen Garten und wir machten es uns auf Decken im Gras gemütlich. Kekse und Saft durften nicht fehlen. Die Sonne zu genießen, ausgelassen auf dem Hüpfkissen springen, Plaudereien und viel Spaß prägten das Frühjahr. Oft führte ich in diesen Picknickrunden auch die Kinderkonferenz durch. In der Sommerzeit unternahmen wir viele wunderbare Sachen, aber das schönste von allem war unsere Ferienfreizeit nach Schloss Dankern. Es war meine erste Fahrt dieser Art und ich war positiv überrascht wie toll es war, mit den jungen Menschen diese Reise zu machen. In der kleinen Gruppe, mit einer Kollegin und drei Kindern im Ferienhaus zu

wohnen, schaffte eine Nähe die sonst so nicht möglich war. Man lernte sich besser und intensiver kennen und es gab viel Zeit für Gespräche, Kartenspiele oder das beliebte Armbänder knüpfen. Beziehungen wurden gestärkt und vertieft, und die ganze Ferienfreizeit verlief ausgesprochen harmonisch. Dieses Ereignis war mein persönliches „Highlight“ des Jahres. Ich fühle mich inzwischen sicher in der Arbeit und habe meinen Weg mit den jungen Menschen gefunden. Den Gedanke den Arbeitsplatz zu wechseln, habe ich seit dem Spätwinter nicht mehr gehabt. Meine Kolleg_innen hatten Recht: Lernt man auch mit den schwierigen Seiten dieser Arbeit umzugehen, wird man umso mehr mit den schönen Dingen belohnt. Unsere Zeit ist wertvoll. Wir haben es in der Hand so viel wie möglich davon zu nutzen und sie zu einer guten und schönen Zeit zu machen, für die Kinder aber auch für uns Mitarbeitenden. „Uns gehört nur die Stunde. Und eine Stunde, wenn sie glücklich ist, ist viel“ (Theodor Fontane).

Quelle: Max Frisch: http://zitate.net/max%20f risch.html Theodor Fontane: http://zitate.net/theodor %20fontane.html

Das Jahr verging wie im Fluge

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EIN ORT DER „ENTSCHLEUNIGUNG“ Am Wochenende 21.11. bis 23.11.2014 waren mein Mann und ich mit den uns anvertrauten jungen Menschen wieder traditionell im Novembermonat im Ferienhaus der Backhaus Kinder- und Jugendhilfe in Vlagtwedde. Seit vielen Jahren ist es ein fester Bestandteil, schon fast eine Tradition, der Aktivitäten im Kleinstheim Meppen. Besonders in diesem Jahr wurde mir bewusst, wie sehr es auch ein Ort der „Entschleunigung“ sein kann. Ich kam zuvor aus wieder einmal vielen Terminen und hatte eigentlich gar nicht die Lust, nun am Wochenende weg zu fahren. Gut, dass es fest geplant war und die jungen Menschen mir nicht eine Wahl ließen, da sie sich mir gegenüber immer wieder äußerten, sich so sehr

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darauf zu freuen. Auch eine Kollegin wünschte uns eine gute Erholung, was ich in dem Moment nicht so erkennen konnte, da der Stressfaktor zu dem Zeitpunkt noch im Vordergrund stand. Das erlebte Wochenende bewies mir etwas anderes. Wir hatten Glück mit dem Wetter, da es kaum regnete, so dass die jungen Menschen viel draußen sein konnten. Besonders der See direkt am Ferienhaus bietet eine gute Möglichkeit zum Angeln und Beobachten von Tieren, besonders die vielen Enten. Beeindruckend war zu beobachten, wie positiv, ausgleichend und beruhigend sich das Angeln oder auch nur das Zuschauen und Beobachten des Angelns sich auf die jungen Menschen

MARION LAMMERS Hausleitung Kleinstheim Meppen Abteilungsleitung GPE Meppen BKJH Emsland

auswirkte. Selbst die „aktivsten“ jungen Menschen behaftet bspw. durch ADHS konnten sich über Stunden ans Wasser setzen und ruhig darauf warten, dass endlich ein Fisch anbeißt. Dann fällt auch noch Angelmaterial ins Wasser und es wird nicht direkt gemeckert und sich gegenseitig beschuldigt, sondern gemeinsam in Ruhe überlegt, wie bekommen wir es gemeinsam wieder zurück. Tolle Erfahrungen für die jungen Menschen. Hier ist wieder zu erkennen, dass der Spruch „in der Ruhe liegt die Kraft“, welchen wir schon oft verwendet aber auch schon von unseren Eltern bspw. gehört haben, etwas Wahres zu erkennen ist. Die Möglichkeit mit dem MoonCar den Park Emsladermeer zu erkunden und die Vielzahl der Spielplätze zu entdecken, war eine weitere Beschäftigung, welches die jungen Menschen gerne nutzten. Durch diese unterschiedlichen Aktivitäten wirkten alle ausgeglichen und konnten sich positiv aufeinander einlassen. Es war angenehm zu beobachten, dass sich die Konstellationen der jeweiligen Gruppen die gemeinsam etwas unternahmen, immer wieder anders zusammensetzten. Jedes Gruppenmitglied unternahm mit jemand anderem etwas gemeinsam. Das Alter, die jeweilige Persönlichkeit oder das Geschlecht spielte dabei keine Rolle. Es war eine gute Zeit und Begebenheit um die Gruppe wieder etwas intensiver zusammen wachsen zu lassen. Besonders nach den Wechseln des Personals

und dem Auszug eines Gruppenmitgliedes, tat es allen jungen Menschen gut für eine gewisse Zeit, auf engerem Raum, in „fremder“ Umgebung, mit enger Begleitung durch uns Erwachsenen, zusammen zu wachsen und sich zu finden. Deutlich wurde, dass die ruhige, gemütliche und naturnahe Umgebung intensiv dazu beigetragen hat alles etwas ruhiger und entspannter zu erkennen und umzusetzen. Auch wir Erwachsenen wirkten dadurch ausgeglichener und ruhiger und übertrugen es entsprechend auf die jungen Menschen. Wir waren entfernt vom Alltag und konnten die dennoch notwendige Struktur in Urlaubsatmosphäre umsetzen. Selbst die engeren Räumlichkeiten konnten positiv genutzt werden, da so alles gut im Blickfeld des Erwachsenen geschehen konnte und nicht immer die enge Begleitung notwendig machte. So erhielten die jungen Menschen die Möglichkeit ihre Erfahrungen in der eigenen Problembewältigung zu machen. Sie wussten, dass die Erwachsenen es im Blick hatten, sie sich selbst aber in der Verantwortung sahen, diese Situationen eigenständig zu regeln und zu besprechen. Eine weitere positive Auswirkung auf die Intensivierung der Gruppengemeinschaft. Wir hatten wieder eine tolle gemeinsame Zeit, in der wir weiter zusammen gewachsen sind und durch den Ort der Ruhe und Entspannung auch einen Ort der „Entschleunigung“ gefunden haben!

EIN KLEINER GRUSS AUS DER JUGENDWOHNGRUPPE BOKELOH Ich habe für alle Bewohner_innen und Erzieher_innen der JWG Bokeloh Trinkgläser mit meiner eigenen Schleifmaschine graviert. Die Gläser sind spülmaschinenfest und etwas für die Ewigkeit  Judith und ich hatten die Idee es ganz genau über Bestellscheine und Auftragszettel zu machen. So wussten wir genau, wieviel Gläser ich „prodozieren“ musste. Judith erhielt sogar eine Bestellbescheinigung in zweifacher Ausfertigung (eine für sie und eine für mich). Mein Name ist Hendrik und ich möchte euch meine selbstdesignten Gläser präsentieren.

Liebe Grüße Judith und Hendrik

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MIT TEMPO DURCH DEN HERBST... ...hieß es in der Wohngruppe Seehausen. Am 24.10.2014 rief die Wohngruppe Seehausen der BKJH Uckermark zum „Herbstcup“ (einem Hindernis-Parcours). Alle Kinder und Jugendlichen der Wohngruppen, welche in den Herbstferien nicht die Kita bzw. den Hort besuchten, waren eingeladen. Man traf sich hierzu beim Spielplatz im benachbarten Blankenburg. Erst mal hieß es Aufwärmung. Dazu machten alle gemeinsam Gymnastikübungen, jeder junge Mensch brachte eine Idee hervor, welche gemeinschaftlich durchgeführt wurde. Nachdem dies erledigt war, wurde der Parcours unter dem Motto „Wer flitzt am Schnellsten und Sichersten durch den

Herbst?“ zusammen mit den Erzieher_innen abgelaufen und geübt. Dann bekam nach und nach alle Teilnehmenden die Möglichkeit ihr Können unter Beweis zu stellen. Es wurde geklettert, gelaufen, geschlängelt und balanciert. Die Uhr lief bei jedem mit, denn wir wollten das Kind, was am schnellsten flitzt, ermitteln. Die Kinder und Jugendlichen gaben ihr Bestes, das merkte man ihnen an. Verlierer_innen gab es bei diesem kleinen Wettbewerb nicht, denn alle Teilnehmenden bekam eine Urkunde zum Umhängen und eine kleine Herbstbastelei. Der schnellste Teilnehmer ergatterte eine herbstlichschaurige Deko-Lampe, die seit jenem Tag abends immer im Zimmer leuchtet.

BKJH UCKERMARK Seit 1999 wird auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nach dem bewährten Bindungskonzept der BKJH gearbeitet. Die BKJH Uckermark ist die erste Gesellschaft der Backhaus Kinder- und Jugendhilfe auf ostdeutschem Boden. Nicht weit von der polnischen Grenze entfernt, hatte sie bis vor kurzem ihren Sitz in Seehausen, 15 km südlich von Prenzlau gewählt, und ist nun in Warnitz, auf der gegenüberliegenden Seite des Oberuckersees, ansässig. Die BKJH verfügt über mehr als 55 Heimplätze, die sich in den Bereichen Prenzlau, Angermünde, Templin, Pasewalk und Neustrelitz verteilen. Neben den 20 Profifamilien® gibt es drei Erziehungswohngruppen mit innewohnender Hausleitung, in denen vorwiegend junge Geschwistergruppen ihr Zuhause ge-

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funden haben. Die Uckermark im nordöstlichsten Teil Brandenburgs. Das Ambiente dieser weich geformten Landschaft mit ihren Weiten, sanften Hügeln, Kuppen und Senken, Seen und Kleingewässern, Sümpfen und Bächen wurde von der Eiszeit geprägt. Der häufige Wechsel von Bewaldung, Offenland, Wiesen, Äckern und Wasserflächen verleiht der Uckermark einen ganz eigenen Charme. Mitten in dieser wunderschönen Gegend liegt das Pädagogische Zentrum in Warnitz. Alle zwei Stunden geht eine Zugverbindung nach Berlin oder Stralsund. Hier finden Eltern - Kind Kontakte, Hilfeplanungen mit dem Jugendamt und Vormündern, Verwaltung, Elternschulung, Feste und die Koordination mit den Außenstellen statt.

JUDITH SCHOLZ Erzieherin Wohngruppe Seehausen BKJH Uckermark

KLAUSURTAGUNG IN MEPPEN Wie auch in den vergangenen Jahren traf sich die Leitungsebene der Backhaus Kinder und Jugendhilfe zu einer zweitägigen Klausurtagung in Meppen. Die Klausurtagung diente alljährig einem gemeinsamen Austausch. Neben einem fachlich interessanten Input ging es besonders am ersten Tag des Treffens um einrichtungsinterne Dinge. So wurden die Neuerungen unseres Verbindlichkeiten-Buches bekannt gegeben, es wur® de über die Akquise neuer Profifamilien gesprochen und Ideen gesammelt. Ein besonderes Merkmal unserer Einrichtung ist der Vorbereitungskurs. In der vergangenen Klausurtagung bildete sich eine Gruppe interessierter Erziehungsleiter_innen, die in den vergangenen Monaten den Vorbereitungskurs unserer heutigen Zeit angepasst und novelliert haben. Dieser wurde vorgestellt und allen

Erziehungsleiter_innen zur Verfügung gestellt. Ein extern von der Firma beauftragter Datenschützer stellte sich und seine Arbeit, die er gemeinsam mit einer Steuerungsgruppe in unserer Einrichtung geplant hat, vor. Durch den Vortrag wurde allen Mitarbeitenden das Thema etwas näher gebracht. Herr Prof. Dr. Gerlach (Rechtsanwalt) beantwortete uns die sich aus der Arbeit ergebenen Fragen zum Thema Recht. Großes Thema war hier die Unterbringung nach dem SGB XIII oder SGB XII. Ebenso wurde die Frage nach besonderen Leistungen bei Unterbringung nach § 35 a oder einer anerkannten Pflegestufe diskutiert. Die Partizipationsgruppe stellte ihre Arbeit des vergangenen Jahres vor und zum Thema § 8 a konnte eine feste Verfahrensanweisung für unser QM verabschiedet werden. Besonders interessant waren Neuerungen für

YVONNE SCHAUF Gesamtleitung BKJH

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das Jahr 2015, die ich Ihnen im kommenden Durchblick genauer erklären werde. Eine Klausurtagung mit 52 Mitarbeitenden der Einrichtung ist eine große Organisation für alle Beteiligten. Besonders durch die zum Teil längeren Anfahrten.

Dennoch hilft dies nicht nur zum Kennen lernen der einzelnen Mitarbeiter_innen oder zur freundschaftlichen kollegialen Beratung. Es ist ein wichtiges Instrument dafür, dass in all unseren Bereichen einheitlich mit hoher Qualität im Sinn von KiM gearbeitet werden kann.

WORKSHOPS IN DER KLAUSURTAGUNG Am zweiten Tag der Klausurtagung wurden drei unterschiedliche Workshops angeboten, die jeweils von allen Teilnehmenden besucht werden konnten. Die Workshops gingen jeweils über 1,5 Stunden und konnten somit einen Einblick in die jeweilige Thematik geben. Zur Vertiefung der Themen können die jeweiligen Referent_innen je nach Bedarf zu weiteren Fortbildungsveranstaltungen eingeladen werden. Im ersten Workshop ging es um Verhalten unter Stress. Dieser Workshop wurde von Dr. Matthias Wolter von der IGSK durchgeführt. Inhaltlich handelte der Workshop darüber, wie unser Gehirn unter Stress arbeitet und wie wenige gelernte Dinge unter stressigen Be-

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dingungen von unserem Gehirn noch abrufbar sind. Viele Handlungsweisen passieren automatisch, da sie schon lange im Gehirn abgelegt sind, was wiederrum bedeutet, dass es günstig ist wenige Handlungsalternativen zu trainieren, um sie in Stresssituationen automatisch abrufen zu können, anstatt viele Handlungsalternativen zu kennen, diese aber unter Stress nicht einsetzen zu können. Dr. Matthias Wolter plädiert dafür, sich nicht stetig mit den Dingen zu beschäftigen, die nicht so gut gelaufen sind, als vielmehr mit denen, die gut gelaufen sind. Das trainiert das Selbstwertgefühl, was wiederum in unserem Berufszweig wichtig ist, um sich selber weniger Stress zu machen.

EVA MARIA KEEVE Abteilungsleitung GPE Emsland BKJH Emsland

Der zweite Workshop wurde von Frau Dr. Lisa Schulze-Steinmann angeboten. Sie zeigte verschiedene Handlungsvorschläge zum Umgang mit psychisch erkrankten Eltern und Menschen auf. Dabei ging sie intensiv auf die Rolle der Erziehungs- und Hausleitungen ein, die nicht für die Betreuung und Hilfe der Eltern verantwortlich sind und sich davon auch immer distanzieren sollten. Im Übrigen zeigte sie auf wie viele Menschen im Laufe ihres Lebens in Deutschland im Schnitt eine psychische Erkrankung erleiden. Der Prozentsatz von nahezu 50% war für die meisten Teilnehmenden eine erschreckende Zahl, wobei zu diesem Prozentsatz auch alle Erkrankungen der Demenz zählen. Ebenfalls stellte Frau Dr. Schulze-Steinmann den ICD-10 als eine Sammlung zur Kategorisierung von psychischen Erkrankungen vor, den sie persönlich aus dem Grunde heraus für wichtig hält, als das er weltweit eine einheitliche Diagnostik von psychischen Erkrankungen darstellt.

Der Verein Kinderwelten e.V. aus Berlin stellte im dritten Workshop ihr Familienspiel „Alle Familien sind gleich, jede Familie ist anders“ vor. Dieses Spiel wie auch der Verein selber möchte dazu beitragen, einen bewussteren Umgang mit Vorurteilen zu erlernen. Jeder Mensch wird im Laufe seiner Sozialisierung von Vorurteilen geprägt, die nicht von alleine ausgeblendet werden können, sich aber diese bewusst zu machen, ist wichtig um dafür sensibilisiert zu werden und sie somit schrittweise auch abbauen zu können. Das Spiel selbst ist ähnlich wie ein Memory aufgebaut und bildet unterschiedlichste Kinder auf der einen Karte und ihr Familien auf der anderen Karte ab. Alle drei Workshops haben inhaltlich zum einen bereits bekannte Dinge und Sachverhalte noch mal wieder bewusster gemacht und ebenfalls neue Ideen und Input gegeben. An dieser Stelle möchten wir uns daher noch mal bei allen Referent_innen bedanken.

TEAMTAGE IN VLAGTWEDDE Um als Gruppe noch intensiver zusammenarbeiten zu können, trafen sich die Mitarbeiter_innen der Erziehungskonferenz Gruppe 2 zu gemeinsamen Teamtagen im Erholungsund Fortbildungshaus in Vlagtwedde. Zu fünft trafen wir uns am Mittwoch zum Frühstück in Vlagtwedde. Nach Einzug und Vorbereitung haben wir lecker gegessen und waren guter Dinge, als Renate Weusthof unsere Erziehungsleitung um 14.30 Uhr zu uns stieß. Unsere Erziehungskonferenz konnte beginnen. Zur Einstimmung auf die gemeinsame Arbeit und Freizeit bekamen wir von einer Kollegin eine erholsame Klangschalen-Meditation, somit waren wir entspannt und konnten uns gut auf das erste Thema: „Unverschämt weiblich“ Wie Frau zu sein hat - lebendig sein kann einlassen. Mit unterschiedlichen Methoden kamen wir dem Frau Sein in der heutigen Gesellschaft näher. Unsere eigene Weiblichkeit und welche Rollen wir ausfüllen erkannte jede Einzelne bei der Zusammenstellung einer Collage aus Zeitungsausschnitten. Zum Abschluss

wurden wir paarweise zusammengebunden und konnten beim Laufen durch den Garten unterschiedliche Erfahrungen machen, z. B. Erkennen unserer eigenen Stärke, sowie den Vor- und Nachteilen des “Zusammengebunden-Seins“ oder auch des Gehens allein. Es gab viel zu lachen, auch später beim gemeinsamen Essen in der Gaststätte. Die Nacht war kurz..., uns ging es gut, weil wir noch so viel gemeinsame Zeit vor uns hatten. Am folgenden Tag begannen wir mit dem nächsten Thema: „Unsere Gruppe ist wie ein Zug, manchmal bleibt er mit uns stehen, manchmal bringt er uns weiter manchmal…..“ Zuerst setzten wir uns im Stuhlkreis zusammen und durften einen Platz für unseren linken Schuh im Kreis finden. Jede durfte die Schuhe immer wieder umstellen, bis alle mit den Plätzen zufrieden waren. Diese kleine Darstellung brachte viele Erkenntnisse. Dann kochten wir unseren Gruppeneintopf. Dafür bekam jede von uns einen Bogen mit vielen Sätzen, die eine Gruppe beschreibt. z. B. Gruppe...

INGRID TSCHORN Profimutter und Erziehungsleitung BKJH Emsland / Schapen Text verfasst in Zusammenarbeit mit Frau Welp, Frau Knoop, Frau Lohe, Frau Lüns

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da erlebe ich Enttäuschungen da werde ich ernst genommen ist für mich sehr wichtig darauf freue ich mich immer da habe ich schon viel gelernt hilft mir mein Leben zu gestalten da darf es auch mal krachen da erfahre ich Geborgenheit da ist eine für die andere da da kann ich Luft ablassen da gehöre ich dazu da kann ich offen über meine Probleme reden da fühle ich mich noch fremd da fühle ich mich mitverantwortlich

Hier galt es, dass jede sich für sechs Sätze entschied.

Diese dreißig Sätze kamen in einen Topf, die wir dann nach und nach im Plenum ansahen und besprachen, was wir wirklich als wichtige Zutat für unsere Gruppe ansehen. Diese Entscheidungsfindung sorgte für intensive anregende Gespräche. Als der Eintopf dann fertig „gekocht“ war, waren wir froh uns so viel mit uns und unseren Themen auseinandergesetzt und wieder zusammengesetzt zu haben. Es war eine gute, aber auch anstrengende Zeit. Danach ließen wir unsere Eindrücke in unterschiedlichen Tätigkeiten nachwirken. Zum Abschluss der gemeinsamen Zeit wurde das Haus gereinigt und in der letzten Runde das Feedback der gemeinsamen Frei- und Arbeitszeit gegeben. Insgesamt zwei wundervoll gelungene Tage.

1 Die Gruppe EK2 vom Pädagogischen Zentrum in Schapen 2 Renate Weusthof 3 Erziehungskonferenz 4 und 5 Teamaufgaben im Freien 6 Das Erholungs- und Fortbildungshaus Vlagtwedde

Bildung- und Erholungshäuser Die intensive pädagogische Arbeit innerhalb ® einer Profifamilien und im Schichtdienst in den gruppenpädagogischen Einrichtungen erfordert oft ein Höchstmaß an Einsatz und Belastungsfähigkeit. Als ein Teil der Mitarbeitenden-Fürsorge stehen allen Kollegen_innen und ihren Familien Feriendomizile / -wohnungen zur Verfügung, die als Entspannungsoasen diesen Belastungen entgegen wirken. Die BKJH wirkt hier ein

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Ausbrennen der Mitarbeitenden entgegen und schafft ein günstiges Angebot, um auch kinderreichen Familien Urlaub zu ermöglichen. Darüber hinaus werden diese Immobilien für Fortbildungszwecke oder für einzelne Teams genutzt, die dort konzentriert arbeiten - abseits der Ablenkungen des Alltages. (Mehr unter www.bkjh.de/de/mitarbeit/bil dung-und-erholung.html)

DIE NEUE WOHNGRUPPE BACKHAUS LINGEN Wie in der letzten Ausgabe schon angedeutet, haben wir zum 3.11.2014 mit dem Betrieb der neuen Wohngruppe in der Nachbarstadt Lingen begonnen. Mittlerweile sind schon drei Kinder in die neuen Räume eingezogen und genießen die ruhige und angenehme Situation, dass viele Erzieher_innen und wenig junge Menschen zusammen sind. Insgesamt bietet die Wohngruppe Backhaus Lingen für 8 Mädchen und Jungen im Alter von fünf bis dreizehn Jahren ein neues Zuhause. Insgesamt arbeiten sechs Pädagog_innen in der Wohn-

gruppe im Schichtdienst zusammen. Alle Schulen sind in der näheren Umgebung und auch das Zentrum der Stadt Lingen ist zu Fuß oder auch mit dem Fahrrad schnell zu erreichen. Die ersten Bewohner_innen wünschen sich einen Schwimmkurs im Erlebnisbad Linus. Die Stadt bietet sich neben den Schwimmattraktionen auch für weitere Wassersportarten an. Hier nun einige Fotos von der Inneneinrichtung der Wohngruppe Backhaus Lingen. Hier einige visuelle Impressionen:

DIETER ROBBEN Abteilungsleitung Nord Stellv. Leitung BKJH Emsland

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BIOGRAFIEARBEIT MIT JUNGEN MENSCHEN Warum sie so wertvoll ist?

„Drum muss ich noch einmal zurück an so viele Orte, um mich wiederzufinden…“ Pablo Neruda Bericht vom Fachtag der BKJH Emsland „Wer bin ich? Wo komme ich her? Wem gleiche ich? Wer ist meine leibliche Familie? Warum musste ich fort? Warum lebe ich hier? Was wird aus mir……“ Immer wieder begegnen uns im Zusammenleben mit den uns anvertrauten jungen Menschen diese offenen oder auch unausgesprochenen Fragen. Junge Menschen, die nicht mehr in ihren Herkunftsfamilien leben können, spüren oft keinen sicheren „Boden“. Vielmals fehlen ihnen auch einfachste Informationen, die einen „Beweis ihrer Existenz“ geben können. Wir, das Team der BKJH Emsland, konnten dazu Frau Irmela Wiemann gewinnen, sich mit uns im Rahmen eines Fachtages mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Frau Wiemann (Psychologische Psychotherapeutin, Familientherapeutin und Autorin, Bild 1) gestaltet schon seit Jahren mit Eltern, Pflege- und Adoptiveltern sowie auch mit Fachkräften der Jugendhilfe Fortbildungen und Seminare zu oben genanntem Thema.

Sie unterstreicht immer wieder, wie hilfreich es für unsere jungen Menschen ist, durch Biografiearbeit Geschehnisse des eigenen Lebens zu verstehen und letztlich dann auch annehmen zu können. Die Kinder bekommen dadurch die Chance, ihre eigene Geschichte zu verstehen, ihre aktuelle Lebenssituation bewusster zu erleben und letztlich ihre Zukunft zielsicherer zu planen. Biografiearbeit ist hierfür eine hervorragende Methode für alle Menschen, besonders aber auch für Kinder und Jugendliche in spezifischen Familiensituationen wie Pflege- oder Adoptionsfamilie, Heimerziehung, Patchworkfamilien etc: Informationen, Daten, Archivieren von Erinnerungen, Zuordnen von Ereignissen, Bilder, Fotos, Briefe, u.v.m. werden dabei in sogenannten „Lebensbüchern“ für die jeweiligen Kinder festgehalten. Durch die gewonnene Klarheit über bedeutsame Lebens- und Familienereignisse, durch das Wissen um die eigene Geschichte, um Ähnlichkeiten, um Fähigkeiten und Begabungen wird dadurch das Selbstbewusstsein der Kinder und Jugendlichen gestärkt. Das eigene „Ich“ bekommt deutlichere Konturen und die eigene Identität wird gefestigt. Anhand von Skulptur-Aufstellungen (Bild 2) Rollenspiele, Selbsterfahrungseinheiten und eines schon vorbereiteten Handouts mittels einer Power Point Präsentation gestaltete Frau Wiemann einen intensiven und erlebnisreichen Fachtag für unsere Mitarbeitenden. Frau Wiemann wies darauf hin, dass die Fachkräfte und Bezugspersonen, die mit dem jeweiligen Kind biografisch arbeiten, verlässlich und einfühlsam sein müssen. Sie benötigen zudem auch Kreativität und die Bereitschaft, schmerzhafte Aspekte in der Lebensgeschich-

RENATE WEUSTHOFF Erziehungsleitung BKJH Emsland / Schapen

1 Frau Wiemann 2 Aufstellung, begleitet von Frau Wiemann 3 Frau Wiemann hält Ihren Fachvortrag

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te des Kindes mit ihm zu tragen und auch zu betrauern. Als wichtiges Element benannte sie dabei auch die „Trauerarbeit“ der Kinder, ihre Eltern nur begrenzt gehabt zu haben. Der Trauer einen Platz zu geben sei sehr wichtig, so Frau Wiemann: „Wir können unseren Kindern den Schmerz nicht nehmen, können ihnen aber dabei helfen, diesem einen Ort zu geben, ihn zu verarbeiten und damit leben zu können.“ Wer seine Vergangenheit, sein persönliches Schicksal mit all dem Schmerz und auch der Trauer annehmen lernt, ist auch offen für sein gegenwärtiges und auch zukünftiges Leben. Gleichzeitig empfahl Frau Wiemann aber auch, immer wieder positive Erinnerungen, Erfahrungen hervorzuheben, um das Selbstbe-

wusstsein des Kindes zu stärken und damit auch die eigene Identität positiv zu beeinflussen. Frau Wiemann betonte, wie wichtig es in der Biografiearbeit sei, viele kleine „Glücksmomente“ zu sammeln. Der Nachmittag stand dann unseren Mitarbeitenden zur Verfügung, fallbezogene Fragen erörtern zu können. Wir danken Frau Wiemann an dieser Stelle noch einmal für diesen intensiven und aufschlussreichen Tag, der uns zum einen in unserer Arbeit bestätigte, zum anderen aber auch viele neue Impulse gab und uns noch einmal Mut machte, intensiv weiter mit und für unsere jungen Menschen an der eigenen Lebensgeschichte mit all dem was dazu gehörte, dazu gehört und noch dazu gehören wird, zu arbeiten.

Mit freundlicher Genehmigung geben wir im Folgenden eine auf dem Fachtag zur Verfügung gestellte Zusammenfassung von Frau Wiemann weiter.

BIOGRAFIEARBEIT Heilungschance für seelisch verletzte Kinder Warum Biografiearbeit? Biografiearbeit ist eine moderne Methode, Kindern und Jugendlichen bei der Rekonstruktion ihrer Vergangenheit zu helfen, verschwundene Angehörige und verschwundene Zeiten wieder zugänglich zu machen und so die seelische Reifung und Weiterentwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern und ihnen das Gefühl zu vermitteln, ein kompletter, wertvoller Mensch zu sein. Das Erarbeiten der Biografie (griech. = Lebensbeschreibung) gibt den Kindern zumindest symbolisch ihre Geschichte, ihr Land, frühere Lebensorte, verlorene Familienmitglieder oder Vorfahren, zurück. Ursprung und Identität In Großbritannien bekommt heute jedes Pflege- oder Adoptivkind bereits von den Behörden ein „fife story book“ mit auf den Lebensweg. Hier wird kindgerecht, oftmals bebildert und in klarer Sprache dargestellt, weshalb Kinder ihre Herkunftsfamilie verlassen mussten. Sie bekommen Antworten auf ihre zentrale Frage: „Weshalb musste ich fort?“ Noch bevor sie diese Frage stellen müssen und

noch bevor sie darüber grübeln mit nicht ausgesprochenen Gedanken wie: „Wer bin ich? Wo komme ich her? Wem gleiche ich? Was war an mir nicht richtig, dass meine Familie mich nicht wollte? War ich schuld? Habe ich etwas falsch gemacht?“ Ebenso bewegen Identitätsfragen fremdplatzierte Kinder und Jugendliche: „Ist meine Mutter ein schlechter Mensch, weil sie ihr Kind fortgab und bin ich deshalb auch schlecht? Ist mein Vater ein dunkles Kapitel in meinem Leben und werde ich so werden wie er?“ Fast alle fremdplatzierten Kinder definieren sich bewusst oder unbewusst trotz neuer, oftmals dichter und sicherer Bindungen als Teil ihrer Herkunft. Das Wort Identität kommt aus dem Lateinischen von ldem und bedeutet derselbe. Es bindet vielseelische Energie, die für die übrige Entwicklung nicht ausreichend zur Verfügung steht, wenn Verwirrung, Angst oder nur ein Teilwissen besteht darüber, was zur Fremdplatzierung eines Kindes geführt hat und wenn ein Kind sich nicht darüber im Klaren ist, worin es seinen Eltern gleicht und worin es sich unterscheidet.

IRMELA WIEMANN Psychologische Psychotherapeutin, Familientherapeutin und Autorin

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Inhalte und Methode Die Lebensbeschreibung befasst sich mit den Lebensstationen des Kindes, mit den Übergängen. Besonders wichtig sind hier nicht nur die Herkunftseltern sondern auch Geschwister, Halbgeschwister, die aus anderen Partnerschaften der Elternteile hervorgegangen sind, Großeltern, Tanten und Onkel, wichtige soziale Beziehungen z.B. Kindergarten, frühere Schulen, frühere Bezugspersonen aus dem Kinderheim oder aus Bereitschaftspflegefamilien, Freundinnen und Freunde. Von großem Gewicht sind auch die Orte des bisherigen Lebens: Das Land, der Wohnort, die Straßen früherer Wohnungen etc.. Wichtig bei der Biografiearbeit ist zum einen der Prozess: das Erarbeiten, Zusammentragen und Besprechen bestimmter Ereignisse mit einem nahestehenden Erwachsenen. Z.B. weshalb musste ich von meiner Familie fort? Zum anderen soll ein konkretes Ergebnis, das immer wieder angefasst und angeschaut werden kann, eine Dokumentation, ein Produkt entstehen: ein Lebensbuch, ein Lebensbrief, ein Schnellhefter mit Urkunden, Fotos, ein Videoband, eine Hörkassette, gemalte Bilder, Grafiken, Zeittafeln, Chroniken, ein Genogramm, Landkarten u.v.a.m.. Gesprochene Worte gehen wieder verloren, werden umgedeutet oder vergessen. Deshalb ist die Dokumentation so bedeutsam. Ein Lebensbuch hat immer auch die aktuelle, gegenwärtige Beschreibung des Kindes und seine Erlebnisse und Erfahrungen zum Inhalt: Sein Aussehen, seine Vorlieben, seine Stärken und Schwächen, seine Hobbies, Gesundheit und Krankheit, Einschlafen und Aufwachen, ein Tag oder eine Woche im aktuellen leben, Daten und Beschreibung wichtiger Menschen (Geschwister, Freundinnen und Freunde, deren Alter, etc.). Thema sind auch die Gefühle des Kindes: (Worüber bist du besonders froh? Worüber ärgerst du dich?). Gegen Ende des Lebensbuches werden auch Aspekte der Zukunft (Was wird aus mir, wie möchte ich einmalleben?) angeschaut. Der geeignete Zeitpunkt Wichtig ist, nicht zu warten, ob und wann ein Kind oder junger Mensch nach seiner Vergangenheit fragt, sondern vom Erwachsenen aus initiativ zu werden. Denn viele Kinder haben Hemmungen, dieses Thema von sich aus anzusprechen. Sie befinden sich im inneren Widerstreit, ob sie sich mit den schmerzlichen, kränkenden Ereignissen befassen wollen oder sich auf die Flucht vor diesen schwe-

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ren Realitäten begeben. Biografiearbeit ermöglicht auch niedrigschwellig Zugang zur Vergangenheit des Kindes oder Jugendlichen. Es werden zunächst äußere Daten und Fakten gesammelt, es werden Zeichnungen angefertigt oder Vorlagen ausgefüllt, dies wirkt auf das Kind weniger bedrohlich. Das Kind kann Tempo und Dosierung bestimmen. Biografiearbeit kann schon sehr früh im Leben beginnen. Selbst Säuglinge und Kleinkinder nehmen die Botschaften der Erwachsenen gefühlsmäßig auf und wachsen selbstverständlicher in ihre besondere Lebenssituation hinein, wenn ihnen schon früh ihre Herkunft optisch und durch Vorlesen ihrer Lebensgeschichte dargestellt wird, als wenn es irgendwann zu einer „Eröffnung“ oder „Aufklärung“ kommt. Es ist aber auch nie zu spät, damit zu beginnen. Wir wissen von Jugendlichen und Erwachsenen, die erstmalig biografisch arbeiten, dass sie sich in ihrer Persönlichkeit gestärkt fühlen und mit sich selbst besser in Kontakt kommen. Biografiearbeit wird schon sehr lange in der Altenarbeit angewandt, sie ist letztendlich eine wirkungsvolle Methode für jedes Lebensalter. Dosierungen Weil mit der Vergangenheit viele tiefe Kränkungen und Verletzungen, so viele offene Fragen verbunden sind, ist es wichtig, mit den Kindern in kleinen Einheiten zu arbeiten. Es reicht, ein paar Daten aufzunehmen und anzuschauen, darüber zu sprechen oder eine Zeichnung anzufertigen, ein Blatt eines Lebensbuches auszufüllen. Es genügt, eine halbe Stunde pro Woche fest einzurichten. Mit Geschwistergruppen kann auch gemeinsam gearbeitet werden, aber jedes Kind soll ein eigenes Lebensbuch oder eine eigene Dokumentenmappe bekommen. Es kann ein halbes, bis zu einem Jahr brauchen, bis die Informationen gesucht, gesammelt, besprochen und dokumentiert worden sind. Andere Elemente der Biografiearbeit benötigen weniger Zeit: Eine niedrig dosierte Übung ist z.B. der Steckbrief den ein Kind für sich ausfüllen kann. Mehr Bedeutung bereits hat die Vorlage: Mein inneres Haus und noch tiefer geht die Selbstreflektion bei: Das Haus meines Lebens. Vielen Kindern macht es Spaß, dem Erwachsenen etwas zu diktieren. Oder beide geben die Informationen abwechselnd in den PC ein. So kann die Schreibunlust mancher Kinder überwunden werden, wenn es darum geht,

Schriftstücke anzufertigen oder Erinnerungen aufzuschreiben. Die innere Haltung des Erwachsenen Es ist am sinnvollsten, wenn eine nahestehende Bezugsperson mit dem Kind oder Jugendlichen arbeitet. Das können Pflege- und Adoptivelternteile sein, Heimerzieher_innen, pädagogische Mitarbeitende in Einrichtungen der Jugendhilfe. Auch wenn Kinder vorübergehend platziert sind, z.B. bei Bereitschaftspflegeeltern, können die Bezugspersonen in dieser Krisenzeit mit den Kindern ein Stück biografisch arbeiten. Wichtig ist, dass das Kind Vertrauen zu dem Erwachsenen hat, der mit ihm an seiner Lebensbeschreibung arbeitet. Eine therapeutische Ausbildung ist nicht erforderlich. Biografiearbeit will und kann Therapie durch ausgebildete Therapeutinnen und Therapeuten nicht ersetzen, kann aber auch sehr gut in eine professionelle Therapie eingebaut werden. In der Herkunftsfamilie des Kindes oder Jugendlichen gab es möglicherweise Gewalt, Missbrauch, Armut, Kriminalität, Drogenabhängigkeit, Psychiatrie, Alkoholismus u.v.a.. Es hilft Kindern und Jugendlichen nicht, wenn die Erwachsenen in eigenen Affekten verharren oder sich von diesen „schlimmen Ereignissen“ und „schlechten Verhältnissen“ distanzieren. Ziel von Biografiearbeit ist es auch, dass Kinder und Jugendliche lernen, ihre Eltern mit ihren positiven und negativen Seiten in ihr Leben einzuordnen. Kinder, die keine Möglichkeit haben, stolz auf ihre Eltern oder Elternteile zu sein, sehen für sich kaum positive Zukunftschancen. Wenn die Bezugspersonen bittere und positive Seiten der Vorgeschichte und der Herkunftseltern nebeneinander stehen lassen können, bekommen Kinder eine Chance, bei sich selbst „gute Seiten“, die sie von ihren Eltern mit auf den Lebensweg bekommen haben, wahrzunehmen. Kinder und Jugendliche benötigen hier die Assistenz des Erwachsenen, die Ursachen für solche Krisen zu verstehen und möglicherweise Wut und Verbitterung umzuwandeln in Trauer. In meinem Buch „Wie viel Wahrheit braucht mein Kind?“ finden sich viele Anregungen für die Bearbeitung besonders schwerer seelischer Lasten zusammen mit den Kindern, aber auch eine Fragebogen-

Vorlage für ein Lebensbuch. Lattschar rät zu Supervision und Austausch mit anderen Menschen, die Biografiearbeit durchführen und betont „Das Reden über die Eltern des Kindes in einer nicht-wertenden Weise, ein Prinzip der Biografiearbeit erfordert vom Erwachsenen oft ein hohes Maß an Professionalität und innerer Distanz.“1 Umgang mit Informationslücken Eine der häufigsten Fragen von betroffenen Pflege- und Adoptiveltern, aber auch von Fachkräften heißt: «Ich weiß nicht genug, wie soll ich denn Biografiearbeit mit dem Kind machen?» Biografiearbeit reduziert sich nicht auf das möglichst komplette Erstellen von Daten und Informationen. Es geht manchmal darum, für das Kind Bausteine seiner selbst nachzubilden. Beruhigend wirkt auf die Kinder, wenn wir dort, wo wir etwas nicht wissen zu Generalisierungen greifen: „Es gibt viele Mamas und Papas, die nicht mit ihren Kindern zusammenleben können. Weil sie selbst als Kind nicht genug Menschen hatten, die für sie liebevoll gesorgt haben, haben sie nicht die Reife gehabt, für ein Kind Tag und Nacht das Richtige zu tun. Das war auch bei deinen Eltern vermutlich so.“ Die Biografie des Kindes kann also manchmal nicht anhand von Fakten erstellt werden sondern anhand von allgemeinem Grundwissen. Wo es Lücken in der Geschichte gibt, bedeutet das Befassen mit diesen Lücken, zu trauern. Im Lauf der Jahre gelingt es manchen „entwurzelten“ Menschen in einem langsamen Prozess, die bleibenden schmerzhaften Lücken als zu ihrem Leben dazugehörig anzunehmen. Ausblick Mit Biografiearbeit helfen wir dem Kind, das innere Chaos ein Stück zu ordnen. Viele Pflegeeltern berichten, dass sie ihre Kinder und Jugendlichen erstmals besser erreichen können. Viele Kinder und Jugendliche bekommen ein anderes Zeitgefühl können mehr Verantwortung für sich selbst übernehmen, sie sind koordinierter. Dazu wird das Vertrauen in die nahestehenden Bezugspersonen gestärkt, wenn diese ihm helfen, die Vergangenheit anzuschauen und wenn diese dem Kind zeigen, dass verlorene Menschen und vergangene Zeiten selbstverständliche Teile des heutigen Kindes sind und bleiben.

Quelle: 1 Birgit Lattschar, Unsre Jugend, S. 209

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WIR REDEN MIT! Vernetzungstreffen der regionalen Partizipationsgruppen in Schneverdingen

Vom 24-26.10.2014 fand das erste überregionale Partizipationstreffen im früh-herbstlichen Schneverdingen statt. Hier hatten die Vertretungen der Partizipationsgruppen (PG) die Gelegenheit sich über die aktuellen gruppeneigenen Projekte auszutauschen. Vertreten war eine bunte Mischung an Menschen die in der BKJH leben und arbeiten. Gemeinsam wurden mögliche Beschwerdeverfahren diskutiert mit dem Schwerpunkt auf Möglichkei® ten der Beschwerde in Profifamilien . Herr Thünemann führte lebhaft durch den Tag und moderierte die Gruppe. Für Staunen sorgte Jannek, der sich als leibli® ches Kind aus einer Profifamilie für die Partizipation leiblicher junger Menschen einsetzt und seinen Vater, der auch Profivater ist, mitbrachte. Dominik und Jasmin, die als aufgenommene junge Menschen in einer Profifami® lie leben, wollen ein Mentor_innenprogramm für junge Menschen, die neu in eine ® Profifamilie kommen starten. Mentor_innen sind junge Menschen, die bereits die Erfah® rung gemacht haben neu in eine Profifamilie zu kommen. Sie können als Expert_innen andere junge Menschen sehr gut in dieser aufregenden und aufwühlenden Zeit begleiten, beraten und ihnen bei Problemen und auch Glücksmomenten zur Seite stehen. Jasmin und Lars, die als Vertretungen der Gruppenpädagogischen Einrichtungen (GPEs) aus dem Emsland anreisten, beeindruckten durch ihr fundiertes Wissen im Bereich Kinderrechte und ihre Kompetenz im Vortragen. Yannick, der die GPE aus Schneverdingen vertreten hat, gilt unser großer Dank, weil er als Jüngster sehr viel Geduld aufgebracht hat. Er hat uns noch einmal vor Augen geführt hat, dass wir daran arbeiten müssen in einer leicht verständlichen Sprache zu reden, damit alle uns verstehen. Wir arbeiten daran!

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Auch die erwachsenen Teilnehmenden haben spannende Impulse in das Wochenende eingebracht. Aber im Sinne der Partizipation wollen wir hier einige der Teilnehmenden selbst zu Wort kommen lassen: Das Treffen in Schneverdingen war für mich eine tolle Erfahrung. Es war interessant Kinder aus einer Wohngruppe zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen und auch mal zu hören wie es einem leiblichen Kind von Profieltern mit einem „Pflegekind" in der Familie geht. Ich fand es auch Klasse, dass die Idee von Dominique und mir noch weiter ausgearbeitet wurde und wir nun richtig an die Sache rangehen können. Für mich war es auch interessant, die Ideen von den anderen Partizipationsgruppen hören und so zu merken wie weitläufig das Thema Partizipation eigentlich ist. Durch dieses Treffen merkten wir als Jugendliche aus einer Profifamilie®, dass wir in der Familie schon sehr viel partizipieren. ® (Yasmin, Vertretung der in Profifamilie lebenden Jugendlichen) Die jungen Menschen haben mich mit ihren Ideen und ihrem Engagement sehr beeindruckt und es hat Spaß gemacht, gemeinsam beim Workshop zu arbeiten! (Christina Andrasch, Sprecherin der PG der ® Profifamilien Berlin, Profimutter) Am ersten Tag fühlte man sich sofort in die kleine Gruppe integriert. Am interessantesten waren für mich die Integration der leiblichen Kinder und das Arbeiten mit den Wohngruppen. Zudem hat man auch Zeit gefunden, um sich kennenzulernen. Ich glaube wenn die Partizipation mit gleicher Kraft und Engagement fortgeführt wird, werden Ideen heraus kommen die alle unterstützen, die in jeglicher Hinsicht mit Backhaus zu tun haben. ® (Dominique, Vertretung der in Profifamilie lebenden jungen Menschen) Aus Meppen nahmen die Kindergruppensprecher Jasmin und Lars, die Partizipationsleiter Frank und Anne, sowie die Psychologin Susan daran teil. Gemeinsam mit drei weiteren Kin® dern aus dem Bereich der Profifamilien wurde besprochen, welche Partizipationsthemen bisher bearbeitet wurden. Die Gruppenpädagogische Einrichtungen arbeiten zurzeit an

ANNE BACKHAUS Inklusionsbeauftragte BKJH

den Kinderrechten und die Kinder aus den ® Profifamilien besprechen gerade die streitschlichtenden Themen. Zu diesem Thema haben wir einiges, mit Herrn Thünemann gemacht. Anschließend haben wir uns unsere Ergebnisse gemeinsam angeschaut. Am 20.10. machten wir uns gemeinsam auf den Heimweg! (Jasmin, in GPE lebender junger Mensch, stellvertretende Sprecherin der PG der GPEs im Emsland) Mir hat gut gefallen, dass wir mit Mentoren gesprochen haben. Sehr gut fand ich, dass wir uns über die Altersbeschränkungen unterhalten haben. Das Essen war sehr lecker. (Yannick, stellvertretender Sprecher der jungen Menschen aus der GPE Schneverdingen) Überrascht war ich von der Initiative der Jugendlichen, denn sie hatten alle ein sehr gutes Auftreten und tolle Ideen zur Partizipation. Eine Arbeitsgruppe, die nur aus den Jugendlichen gebildet wurde, hat intensiv und motiviert am Thema Partizipation gearbeitet, das war für mich bemerkenswert. Die anschließende Vorstellung aus der Arbeitsgruppe war voller Ideen und Vorstellungen. Ich denke, die Jugendlichen werden sich nach dieser Sitzung noch intensiver mit der Thematik Partizipation auseinander setzen und sie weiter mit viel Engagement voranbringen. Letztlich war ich als Vater auch sehr stolz auf meinen Sohn Jannek. Ich bin froh ihn zu dieser Veranstaltung mitgenommen zu haben. In Schneverdingen habe ich erst bemerkt, das die Interessen, Ideen und Vorstellungen von meinem Sohn zu den Erziehungskindern gar nicht so weit auseinander liegen. Er ist weiterhin hoch motiviert für die leiblichen Kinder in der Fa. Backhaus etwas zu tun. Ich hoffe, die Gruppe der leiblichen Kinder kommt zustande. (Albrecht Schneider, Vertretung der Profifamilien® in Aurich, Profivater) Besonders gut haben mir die unterschiedlichen Formen der Kleingruppenarbeit gefallen, diese waren sehr abwechslungsreich. Vor allem fand ich den Austausch mit den anderen Wohngruppen interessant. Toll fand ich, wie sich die Kinder mit Ideen eingebracht haben. (Mareike Böxler, Praktikantin in Schneverdingen)

Ich fand das Treffen gut und informativ, da man so auch mal gesehen hat was die anderen Bereiche, wie die Profifamilien®, so in der Zeit hinbekommen haben. Es wurden die verschiedensten Themenbereiche bearbeitet, was einen guten Überblick für das ganze Thema bereitstellte. Wir lernten in einem Workshop den Aufbau eines Beschwerdemanagements, was uns zeigte, wie unterschiedlich man den Begriff „Partizipation“ deuten kann und was zu diesem Themenfeld auch dazugehört. Ich freue mich schon meine „Partizipationskollegen“ der anderen Gruppen einzuweihen, was wir an diesem Tag in Schneverdingen besprochen haben und dieses Wissen in unsere Arbeit mitaufzunehmen. (Lars, in GPE lebender Jugendlicher, Sprecher der PG der GPEs im Emsland) Ich fand das sehr schön in Schneverdingen ich habe viele Menschen kennengelernt. Mit Herrn Thünemann haben wir Gruppenarbeit gemacht und das war toll. Am letzten Tag haben wir uns dann verabschiedet mit einem tollen Frühstück. (Jannek, Vertretung der leiblichen jungen Menschen in Profifamilien®) Die Stunden haben uns insgesamt einiges für unsere weitere Tätigkeit gegeben. Insgesamt fanden wir den Arbeitstag am Samstag sehr lehrreich und informativ. Herr Thünemann hat es verstanden, alle Beteiligten mitzunehmen und alle zur Mitarbeit anzuregen. Happy waren natürlich unsere Jüngsten wie Jasmin und Dominik, weil sie den ganzen Tag lobend erwähnt wurden und damit gar nicht gerechnet hatten. Auf uns insgesamt wird es nun ankommen, dass sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen können und da werden wir sie auch tatkräftig unterstützen. Nochmals herzlichen Dank an alle und bis zum nächsten Mal maximale gemeinsame Erfolge bei der Partizipation. (Peter Feike, Sprecher der PG Uckermark, Profivater) In jeglicher Hinsicht war das Treffen abwechslungsreich und produktiv. Der Austausch mit allen war sehr interessant. Schön zu hören, dass sich alle Gruppen viele Gedanken gemacht haben. Jeder hat seinen Beitrag geleistet. Die jungen Menschen beeindruckten mich sehr. Mit viel Begeisterung und Motivation

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haben sie sich mit dem Thema Partizipation auseinandergesetzt und ihren Beitrag geleistet. (Anne Leinweber, stellvertretende Erzieher_innenprecherin der PG der GPEs im Emsland) Ich fand es gut zu sehen, an was die Anderen arbeiten und wie weit sie gekommen sind. Ich konnte daran erkennen, dass alle ein anderes Thema gewählt haben und doch ALLE WICHTIG sind. Das Arbeiten mit der Gruppe an

demselben Thema hat mir sehr gut gefallen und man konnte sehen und merken wie viele neue Ideen in dem Thema Partizipation stecken. Es war toll die Jugendlichen mit in der Gruppe zu haben, die noch einmal ein ganz anderes Licht auf das Thema Partizipation geworfen haben. Es war ein schönes Wochenende und hat mir sehr viel Freude bereitet. (Frank Behnken, Erzieher_innensprecher der PG der GPEs im Emsland)

FASD - EINE VERMEIDBARE BEHINDERUNG Am 26. und 27. September fand in Dresden die jährliche Fachtagung zum Thema „Leit(D)pfade durch das Leben mit FASD“ statt. Wir, zwei Profimütter aus der Uckermark bekamen die Möglichkeit, daran teilzunehmen. In beiden Familien leben junge Menschen mit dem Verdacht auf FASD, dem fetalen Alkoholsyndrom. Besondere Aufmerksamkeit wurde auf eine alkoholfreie Schwangerschaft gelegt, und eindringlich verdeutlicht, wie der Alkohol in den verschiedenen Phasen der Schwangerschaft die Kinder im Mutterleib dauerhaft

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schädigt. Kinder, die davon betroffen sind, zeigen eine Vielzahl von Symptomen, wie zum Beispiel Gesichtsveränderungen, Untergewicht, Minderwuchs, Augenfehlbildungen aber auch organische Schäden, Skelettfehlbildungen, geistige und motorische Entwicklungsverzögerungen, Verhaltensauffälligkeiten und vieles mehr. Um eine genaue Diagnose dieser irreversiblen Behinderung erstellen zu können, müssen die Ärzt_innen die körperlichen, geistigen und seelischen Defizite zu einem Gesamtbild zusammenfügen.

CARMEN WEGENER ASTRID HOFFMÜLLER Profifamilien® BKJH Uckermark

Weitere wichtige Themen waren: • das Bekanntmachen dieser Behinderung in der Öffentlichkeit und vor allem beim Jugendamt, Sozialamt, in Schulen, bei Krankenkassen usw. • die Diagnostik und deren Grenzen • die Beschulung der Kinder mit dem fetalen Alkoholsyndrom in Regelschulen • die Begleitung dieser betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht nur bis zur Volljährigkeit sondern auch darüber hinaus. In Podiumsdiskussionen und Workshops fand ein reger Austausch mit betroffenen Familien, Mitarbeitenden verschiedener Ämter, Therapeut_innen und Ärzt_innen statt. Umfangreiches Informationsmaterial konnte teilweise sofort mitgenommen bzw. bestellt werden. Sofort vergriffen war das Buch einer von FASD Betroffenen. Sehr bezeichnend der Titel: „Ich, das Kind aus der Schnapsflasche“. Grit Wagner beschreibt darin sehr eindringlich in ihrer Sprache das Leben mit dem Fetalen Alkoholsyndrom, war zur Fachtagung anwesend und erzählte aus ihrem Leben.

Mehr Informationen über FASD gibt es für jeden Interessierten auf www.fasd-deutschland.de. Wir als Profifamilien® haben das Ziel für die bei uns lebenden und eventuell betroffenen jungen Menschen mit Hilfe einer gezielten Diagnostik Klarheit zu bekommen um dann den jungen Menschen die erforderlichen Hilfsangebote im Alltag zu ermöglichen. Wir wissen dass dies in den nächsten Monaten eine neue Herausforderung für uns als Profieltern sein wird und benötigen auch in diesem Prozess die Unterstützung aller derjenigen die am Beziehungs- und Erziehungsprozess der uns anvertrauten jungen Menschen beteiligt sind. Nach diesem sehr inhaltsreichen Fachtag werden wir die Möglichkeit nutzen unser Wissen den anderen Pro® fifamilien und Erzieher_innen der Wohngruppen in der Uckermark zur Verfügung zu stellen. Vielleicht entwickelt sich in der Perspektive auch in der Uckermark eine Arbeitsgruppe zu dieser Thematik, der Bedarf des gegenseitigen Austausches zu dieser Thematik ist unseres Erachtens gegeben.

WIR SIND KEINE SORGENKINDER „Die Jugend liebt heute den Luxus, sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und plaudert, wo sie arbeiten sollte. Sie verschlingt die Speisen, legt die Beine übereinander und tyrannisiert die Eltern.“ (Sokrates, gr. Philosoph, 470-399 v.Chr., Version 4) Über die „Jugend von heute“ wird nicht immer besonders gut gesprochen. Häufig fallen dabei Begriffe wie „Ihre Leistungen in der Schule seien miserabel“ („Pisa-Katastrophe") „Generation ADHS", „Generation Porno", „Generation Stress" „und die Eltern hätten das Erziehen verlernt". Die Ursachen sind dabei schnell gefunden. Alles muss immer schneller gehen. Ein weit verbreitetes Gerücht besagt, dass Eltern und ihre Kinder die meiste gemeinsame Zeit im Auto verbrächten. Somit gibt es keine Zeit für Erziehung. Schon im Kindergarten soll Kindern eine Fremdsprache beigebracht werden. Am liebsten Chinesisch. Alles wird auf Leistung ausgelegt. Es gibt keinen Raum für Zwischenmenschlichkeit. Soziale Kompetenzen

scheinen zu verkümmern. Doch stimmt alles, was uns die Medien so reißerisch zu verkaufen versuchen? Die Zeitung „ZEIT-ONLINE“ setzte sich im vergangenen September mit dem Thema auseinander. Dabei ist das Ergebnis an vielen Stellen sehr interessant. Der Vorwurf, dass Eltern das Erziehen verlernt haben, wird immer wieder auf den Tisch gebracht. Bei genauem Hinschauen, wird aber deutlich, dass sie es nicht verlernt, sondern verändert haben. Es wird weniger autoritär aber dafür mehr partnerschaftlich erzogen. Die Kinder und Jugendlichen bekommen mehr Möglichkeiten sich Gehör zu verschaffen. Ein väterliches Machtwort zu sprechen dauert nicht so lange, wie Regeln zu erarbeiten und immer wieder zu korrigieren. Durch Maschinen, vorbereitetes Essen und Putzhilfen ist es berufstätigen Frauen heutzutage möglich, genau soviel Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, wie den Hausfrauen aus den 1960er Jahren. Es wird deutlich, dass die Leistungen in der Schule damals und heute sehr unterschiedlich

DIRK JAKOBS Erzieher Intensivpädagogische Wohngruppe Borken BKJH Emsland

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gefördert werden. Manch einer kennt es noch, dass es bei schlechten Schulnoten eine Tracht Prügel gab. Heutzutage machen sich Eltern strafbar, sollten sie ihr Kind Ohrfeigen. Es ist üblich geworden, dass Eltern ihren Kindern helfen, die Inhalte aus der Schule besser zu verstehen. In den Medien wurden Kindergärten verpönt, in denen Chinesisch als Fremdsprache angeboten wird. Es wäre überzogen, unseren Kindern diese Sprache zuzumuten. In ganz Deutschland gibt es zehn Kitas, welche einen bilingualen Alltag mit chinesischer Sprache bieten. Dieses Angebot wird hauptsächlich von Migrantenfamilien genutzt. Im Anbetracht der Migrationszahlen, ist die Anzahl der Kitas eigentlich zu gering. Dieser Teil wird gerne verschwiegen. Immerhin 20 Kitas bieten einen bilingualen Alltag an, in der die Zweitsprache Plattdeutsch ist. Auch beim Thema „Aufmerksamkeitsdefizit“ gibt es eine Meinung. „Eine Schulstunde am Stück nur zuhören, dazu sei kaum ein Kind mehr fähig. Aber so ein Unterricht sei auch

wenig sinnvoll.“, sagt Christiane Albers, welche seit 20 Jahren Lehrerin ist, über Grundschüler_innen einer dritten Klasse. Dafür erkennt sie hervorstechende Bereiche. So sind Drittklässler heutzutage in der Lage, Vorträge auf englischer Sprache zu halten oder zu erarbeiten woran andere Religionen glauben. Ähnliche Inhalte hat es auch in der Vergangenheit gegeben, allerdings erst in der späteren Schullaufbahn. Das Vorurteil, dass die heutige Jugend sozial inkompetent sei, lässt sich anhand der Tatsache widerlegen, dass es wiederholt, mehr Bewerber_innen für ein „freiwilliges soziales Jahr“ als freie Stellen gegeben hat. „Wie kann das sein: Obwohl es den Kindern immer besser geht, glaubt man, dass sie es immer schwerer haben? Dazu eine These: Man muss das "obwohl" durch ein "weil" ersetzen. Der Eindruck, dass alles schlechter wird, liegt daran, dass es tendenziell besser wird. Nicht die Probleme der Kinder wachsen ständig, sondern es wächst die Sensibilität dafür. Nicht die Erziehungskompetenz der Eltern sinkt, es steigen vielmehr die Anforderungen an sie.“

Quelle: http://www.zeit.de/2014/ 38/kindheit-deutschlanderziehung

WAS IST LOS IN DER BKJH CELLE FORTBILDUNG ZUM THEMA: „KINDER PSYCHISCH KRANKER ELTERN“ Am 08.10.2014 trafen sich in dem Pädagogischen Zentrum Celle Profimütter, Profiväter und weitere Fachkräfte der BKJH Itzehoe, BKJH Schneverdingen, BKJH Lüneburg und BKJH Celle, um sich bei einer Inhouse-Veranstaltung von Herrn Klaus Wilting ( KinderJugendpsychotherapeut) zum Thema „Kin-

der psychisch kranker Eltern“ fortbilden zu lassen. Herr Wilting informierte rundum umfassend und sehr transparent zum Thema Daten, Zahlen, Fakten, Übersicht über Störungsbilder, Risikofaktoren, Schutzfaktoren, Besuchskontakte und deren Ausgestaltung, „Erste Hilfe nach Besuchskontakten“, subjektive Belastung für den jungen Menschen, familiäre Auswirkung KATRIN WICHERN Erziehungsleitung BKJH Celle

38 DURCHBLICK Ausgabe 101

und Bewältigung des Alltages in der Erziehungsstelle. Zudem stellte Herr Wilting einen Büchertisch voller Fachliteratur zum Thema zur Verfügung. Bei Interesse, kann eine Literaturliste über die BKJH Celle eingefordert werden. PARTIZIPATION IN DER BKJH CELLE Am 14.10.2014 lud die Partizipationssprecherin und Profimutter Annika Dietrich die Profimütter der BKJH Celle zu einer gemeinsamen Erziehungskonferenz ein, um über mögliche Partizipationsmöglichkeiten und Verfahren der Beteiligung von jungen Menschen an strukturellen Entscheidungen in der Einrichtung sowie zu Beschwerdeverfahren in persönlichen Angelegenheiten zu reflektieren. (vgl. §8b SGB VIII ) Hierbei ist es besonders wichtig, die jungen ® Menschen in den Profifamilien bei allen betreffenden Ereignissen und Entscheidungsprozessen einzubeziehen. Doch wie kann das

gelingen, wenn die aufgenommenen jungen ® Menschen in den Profifamilien ganz klein sind. Würden die Profieltern die Kinder nicht maßlos mit den Entscheidungsprozessen überfordern? Hier sind die pädagogischen Fachkräfte gefragt, altersgerechte Formen und Methoden der Beteiligung zu eruieren. Grundsätzliche Resonanz des Treffens war, ® dass Profifamilien den Weg zur Beteiligung ohnehin täglich ganz selbstverständlich aufweisen, in dem sie die Kinder dahingehend erziehen, sich für ihre eigenen Belange einzusetzen. Täglich sollen sich junge Menschen damit auseinandersetzen, in ein demokratisches System hineinzuwachsen. Ziel muss sein, die jungen Menschen über die Mitbe® stimmung in der Profifamilie zur Selbstbestimmung zu führen, sodass sie darüber zur Selbstverwaltung erwachsen können, um somit ein gutes Fundament für ein autarkes und autonomes Lebenskonzept zu verinnerlichen.

SAUBERKEITSERZIEHUNG Das Kind bestimmt das Tempo!

Das Kind möchte im dritten Lebensjahr selbstständig werden. „Es lernt, seinen Körper zu kontrollieren.“ Jüngere Kinder sind sehr damit beschäftigt, krabbeln, laufen und sprechen zu lernen. „Gleichzeitig zu erwarten, dass es lernt, auf die Toilette zu gehen, ist zu viel verlangt.“

Die bewusste Beherrschung der Blasen- und Aftermuskulatur ist vor dem zweiten Lebensjahr nicht möglich. „Ist das Kind schon früher sauber, beruht dies eher auf Dressur.“ Das Kind geht nicht auf eigenen Wunsch auf die Toilette oder auf das Töpfchen, sondern auf den Wunsch der Eltern. Durch zu frühes Topftraining können entwicklungspsychologische Störungen hervorgerufen werden. Demnach könnten Kinder, die schon früh dazu gezwungen wurden, auf die Toilette zu gehen, Autoritätskonflikte entwickeln, unter Schuldgefühlen leiden und dazu neigen, sich zu sehr anzupassen und keinerlei Selbstbewusstsein zu besitzen. Liegt die Entscheidung beim Kind, wann es zur Toilette gehen möchte, ist das ein Schritt in die Selbstständigkeit. Eltern, die das „Sauber werden“ erzwingen, nehmen dem Kind jegliche Freiräume. Es ist wichtig, dass das Kind die nötige Reife besitzt. Der Prozess der Sauberkeitserziehung

SASKIA JOOSTBERENDS Erzieherin Intensivpädagogische Wohngruppe Bokeloh BKJH Emsland

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darf nicht abgekürzt werden. Lediglich können Eltern dabei unterstützend wirken. Wann soll man mit der Sauberkeitserziehung beginnen? „Die Fähigkeit, die Darm- und Blasenmuskulatur zu beherrschen, kann ein Kind in der Regel frühestens mit 26 Monaten entwickeln.“ Zu diesem Zeitpunkt kann es schon ein bisschen sprechen. Teilweise kann sich das Kind schon an- und ausziehen. Außerdem kann es sich auf den Topf oder Toilettenaufsatz setzen. „Auch wenn einige Kinder im gleichen Alter bereits selbstständig auf das Töpfchen gehen können: Lassen Sie Ihrem Kind Zeit.“ Es muss lernen, einen Vorgang, der zunächst automatisch abläuft, nun bewusst zu steuern. Eine gute Jahreszeit, um mit der Sauberkeitserziehung zu beginnen, ist zweifellos der Sommer. Das Kind kann sich im Freien ohne das Tragen einer Windel bewegen und merkt, wenn etwas „daneben geht“! „Ungünstige Zeitpunkte sind Umzug, Krankheit oder die Geburt eines Geschwisterchens.“ Das Kind ist dadurch innerlich mit anderen Themen beschäftigt. Sauberkeitserziehung - wie geht's? Da sich zweijährige Kinder sehr für ihre Umwelt interessieren, fällt es ihnen natürlich auf, wenn Erwachsene auf die Toilette gehen. „Ein natürlicher Umgang mit diesem Thema erleichtert es dem Kind, selbst ein unverkrampftes Verhältnis zu seinen Ausscheidungen zu entwickeln.“ Die Eltern können das Kind mit auf die Toilette nehmen, wenn sie das möchten. Mit einem Vorbild lernt es sich außerdem leichter. Ältere Geschwister oder Kinder im Kindergarten sind

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die idealen Begleiter_innen auf dem Weg zur Sauberkeit. Die Eltern sollten mit dem Toilettentraining beginnen, wenn das Kind Interesse an dem Thema zeigt. Dem Kind kann das Töpfchen angeboten werden, zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind gewöhnlich Stuhlgang hat. „Es hat eventuell bereits beim Erwachsenen gesehen, was auf der Toilette gemacht wird.“ Hilfreich ist dabei Kleidung, die das Kind leicht selbst an- und ausziehen kann. Es soll sich auf dem Töpfchen oder der Toilette wohl und sicher fühlen. Ein wackeliger Toilettenaufsatz ist daher weniger hilfreich. Ein Töpfchen, welches dem Kind zudem ermöglicht, festen Boden unter den Füßen zu haben, ist zweifellos von Vorteil. Wenn etwas im Töpfchen gelandet ist, sollte man das Kind loben, aber keine Riesensache daraus machen. Ebenso wie Laufen oder Sprechen lernen ist ein großer Schritt getan für das Kind selbst. Die ständig gestellte Frage: “Musst du noch zur Toilette?“ wird irgendwann sehr nervig für das Kind selbst. Am besten ist es, das Kind zu bestimmten Zeiten an den Toilettengang zu erinnern (nach dem Essen, vor dem Schlafen gehen oder bevor man das Haus verlässt). Die meisten Kinder aber merken von selbst, wenn etwas drückt und machen von sich aus aufmerksam. Wie lange dauert es, bis ein Kind sauber ist? Jedes Kind benötigt in seiner Entwicklung seine eigene Zeitspanne, so auch beim „sauber werden“! „Die körperliche Reife und das Verständnis für den Zusammenhang zwischen Blasen- und Darmspannung und dem Entleeren sind die Voraussetzungen. Oft landen die großen Geschäfte zuverlässiger im Topf als die kleinen.“ Häufig ist das Kind tagsüber sauber, benötigt nachts aber noch eine Windel. Es ist wichtig, dem Kind die Zeit zu lassen, die es benötigt, um spätere Probleme zu vermeiden. „Der Darm kann von einem Großteil der Kinder bis zum vierten Lebensjahr nicht kontrolliert werden. Aus diesem Grund sind viele Kinder erst mit vier oder fünf Jahren dauerhaft "trocken"!“

Quelle: elternimnetz.de/kinder/ kindergartenalter/sauber keit.php Bild: .experto.de/b2c/fa milie/erziehung/sauber keitserziehung-bei-klein kindern-wie-gehtdas.html

ZIELENTWICKLUNG IN DER HILFEPLANUNG Die zentrale Grundlage für ein ressourcenund zielorientiertes Vorgehen in der Hilfeplanung (§ 36 SGB VIII) ist das Konzept des Empowerment. Empowerment möchte in diesem Kontext wirken mittels: Strategien und Maßnahmen, die geeignet sind, den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben von Menschen oder Gemeinschaften zu erhöhen und es ihnen ermöglichen, ihre Interessen (wieder) eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten. Aus dieser Definition ergeben sich entscheidende Qualitätsmerkmale im Rahmen der Zielentwicklung in der Hilfeplanung: - Hilfesuchende bei der Erarbeitung von Lösungswegen begleiten, - Ressourcen der Klient_innen nutzen bzw. aktivieren, - aus dem wichtigsten Anliegen und dem resultierenden Willen Ziele erarbeiten. Einen besonderen Stellenwert hat die Zielentwicklung im Kontext Kindeswohlgefährdung. Im Grau- oder Gefährdungsbereich geht es in erster Linie um Themen, die den Fachkräften gesetzlich vorgegeben sind. Nämlich, die Überprüfung bzw. Abwendung einer drohenden Kindeswohlgefährdung. In diesem Zusammenhang werden mitunter auch Auflagen erteilt oder Anordnungen ausgesprochen (vgl. Tornow, S. 406 f.). Zielentwicklung im Prozess Ausgehend von dem Willen, dass Adressat_innen für sich selbst stimmige Ziele formulieren, die zugleich von den Familienmitgliedern und den beteiligten Helfenden akzeptiert werden können, und ausgehend von dem Willen, dass sie an der Umsetzung ihrer Ziele konkret arbeiten, bedarf es dazu eines Ziele-Entwicklungs-Prozesses. Im Sinne der Hilfeplanung (§ 36 SGB VIII) beginnt grundsätzlich der Ziele-EntwicklungsProzess im Hilfeplangespräch selbst immer wieder aufs Neue oder wird dort abgeschlossen. In der Diskussion über den bisherigen Entwicklungsverlauf und der Überprüfung der damit verbundenen jeweiligen Ziele der abgeschlossenen Planungsperiode, wird der IstStand der Zielerreichung definiert. Die Bewertung dieses Ist-Standes kann unter Umständen von den beteiligten Personen unterschiedlich ausfallen. Dementsprechend stellt sich anschließend die Ausganslage für den Entwicklungsprozess der neuerlichen Zielformulierung dar. Wichtig für ein Gelingen

sind flankierende Vor- und Nachgespräche. In den Vorgesprächen, z.B. im Rahmen des Erstellens des Vorlageberichtes für das Hilfeplangespräch, können Bewertungspositionen bzgl. der Hilfeentwicklung aus Sicht der beteiligten Akteur_innen offen dargelegt werden und Wünsche präsentiert werden. Diese Positionierungen sorgen im Vorfeld für eine Orientierung aller Akteur_innen und unterstützen eine realistische eigene Zielformulierung. In den Nachgesprächen kann die Umsetzung der gemeinsam formulierten Ziele kontrolliert, evaluiert und gesteuert werden. Die Ergebnisse des Zielentwicklungsprozesses werden schließlich im Hilfeplangespräch durch schriftliche Formulierungen abgesichert und überprüfbar gemacht (vgl. Jordan, S. 874 ff.). Ziel und Willen bzw. Wollen Mit der Zielformulierung führt sich der_die Akteur_in selber (und ggf. auch anderen) vor Augen, was er erreichen will. Da sich „sein Wille“ nicht immer erreichen lässt, kann dieser Prozess auch mit Scheitern oder Enttäuschung einhergehen: „Wo kein Wille ist, ist auch kein Ziel. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – zum Ziel!“ Ziele sind positive zukünftige Zustände Ziele sind wichtig und bedeutungsvoll für die Betroffenen. Sie sind überschaubar und realistisch (sprich erreichbar) formuliert und haben weiter einen konkreten und klaren Umriss. Inhaltlich sind Ziele positiv artikuliert bzw. mit einem Erreichungstermin versehen. Die entsprechende Zielerreichung liegt in der Hand der Betroffenen und sinniger Weise sind die Zielformulierungen in der „Sprache“ der Betroffenen fixiert - verständliche Sprache, Fachtermini nur an angemessener Stelle (vgl. Tornow, S. 407 f.). Er/ Sie-Ziele, Ich-Ziele, Wir-Ziele Die sogenannten Er/ Sie-Ziele richten sich an jemanden anderen: Die andere Person hat oder macht Probleme, sie soll ihr Verhalten ändern. Er/ Sie-Ziele machen auch deutlich, dass die Verantwortung an andere delegiert wird. Die Person möchte weder als Teil des zu bearbeitenden Problems, noch als Teil der Lösung behandelt werden. Die Formulierung von Er/ Sie-Zielen kann auch bedeuten, dass diese Herangehensweise aus einer Unsicherheit heraus resultiert. Ich-Ziele sind Zielformulierungen, in denen der_dem Adressat_in angibt, eine Veränderung bei sich selbst erreichen oder ein bestimmtes Verhalten lernen zu wollen. Der Adressat übernimmt mit der For-

CLEMENS DETERS Erziehungsleitung BKJH Emsland

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mulierung von Ich-Zielen die volle Verantwortung für die Gestaltung der Situation. Damit definiert er sich selbst als jemanden, der Verhaltensspielräume hat. Wir-Ziele sind Zielformulierungen, in denen ein_e Adressat_in einen Verhaltenskomplex als eine zu

Delegation

bewältigende Aufgabe für mehrere Personen definiert. Damit ist eine Einladung verbunden, zusammen die Verantwortung für die Gestaltung einer Situation zu übernehmen (vgl. Jordan, S. 877 f.).

Eigenbeteiligung

Ich Ziele

Er/Sie -

und / oder

Ziele

Wir Ziele Vom Fremdziel zum Eigenziel PROBEWEISE ZU EIGEN GEMACHTES FREMDZIEL →

Nicht immer, aber manchmal (oder öfters) Nicht alles, aber (ausgesuchte Teile) Nicht für immer, aber für eine Zeit Nicht auf diesem, aber auf einem anderen Weg Nicht mit dieser, aber mit einer anderen Absicht Nicht für Sie/ Ihn, aber für mich Nicht alleine, aber zusammen bzw. mit Unterstützung Nicht machen, aber klären ob und wie es gehen könnte Nicht (regelmäßig) machen, aber wissen bzw. lernen, wie es geht. Dimensionen von Zielen In der Formulierung ist eine Abgrenzung von Zielen (gewünschter Zustand) und Handlungsschritten (Handlungen, die zur Zielerreichung führen sollen) unbedingt zu beachten. Ergänzend ist eine Differenzierung zwischen Wirkungszielen (z.B. es soll ein friedvolles Miteinander in der Familie geben) und Handlungszielen (z.B. jeden Abend wird der Tag reflektiert, damit Streitsituationen besprochen werden können) wichtig. Weiter ist in den Blick zu nehmen, ob es gleiche oder unterschiedliche Ziele für Kinder( Jugendliche,

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VORGESCHLAGENES EIGENZIEL

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-

Welcher Teil entspricht mir? Welche Idee könnte auch von mir stammen? Wie müsste man es formulieren, dass es zu mir passt? Was von dem Fremdziel berührt meine eigenen Interessen?

Eltern/ Sorgeberechtigte und den verschiedenen Helfersystemen gibt. S.M.A.R.T. - Kriterien Dem S.M.A.R.T - Modell liegen 5 Prüfkriterien, die einer mehrperspektivischen und möglichst nachhaltigen Formulierung von Zielen dienen sollen, zu Grunde: S pezifisch bzw. konkret, - M essbar bzw. überprüfbar, - A kzeptiert bzw. ausgehandelt, - R ealistisch, - T erminiert. Spezifisch bzw. konkret: Formuliere das Ziel

so konkret wie möglich bezogen auf die Verhaltensweisen, die getan bzw. sich verändern sollen. Messbar und überprüfbar: Eine Zielformulierung ist erst dann vollständig, wenn sie angibt, auf welche Art und Weise die Arbeit am Ziel und /oder die Zielerreichung überprüft werden können bzw. sollen. Akzeptiert und ausgehandelt: Prüfe mit dem_r Adressat_in, ob die Zielformulierung von allen Beteiligten, insbesondere den Betroffenen, in dieser Form akzeptiert werden kann bzw. ob (weitere) Aushandlungsprozesse stattfinden müssen. Realistisch: Prüfe mit den Adressat_innen, ob das, was sie von anderen erwarten oder das, was sie sich an eigenen Beiträgen vorgenommen haben, mit ihren momentanen Ressourcen (Kompetenzen) oder mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Unterstützung erreicht werden kann. Verändere die Zielformulierung ggf. so, dass die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung nach Einschätzung der Adressat_innen und der eigenen Einschätzung 70% und mehr beträgt. Terminiert: Achte darauf, dass die relevanten zeitlichen Dimensionen klar definiert werden und über Zeiträume bzw. Fristen möglichst Konsens herrscht (vgl. Jordan, S. 877). Fallbeispiel Die Wohngruppe und die Mutter unterstützen die Verselbstständigung von Regina bezogen auf: - Alltagspraktische Fähigkeiten und bezogen auf - Mehr Selbstvertrauen bzw. eine größere emotionale Unabhängigkeit von der Mutter. Spezifisch: Das heißt ganz konkret (wer mit wem was?) Lebenspraktische Fähigkeiten: Frau Sonne erlernt mit Regina das Schleifebinden. Regina wird wie alle Kinder bei Gruppenämtern wie Tischdecken, Tischabräumen, Spülmaschine ausräumen und Spülen bzw. Abtrocknen beteiligt. Dazu erhält sie am Anfang regelmäßige Begleitung durch Erzieher_innen oder weiterentwickelte Kinder/ Jugendliche. Frau Römer fordert Regina auch zu Hause auf sich an diesen Arbeiten zu beteiligen. Sie ist sich sicher, was Regina umsetzen kann und wo sie sich absichtlich verweigert („Du kannst das, du willst das jetzt nur nicht - schade!“). Messbar: Man bemerkt die Zielannäherung/ Zielerreichung daran, dass … Die Erzieher_innen erstellen in den ersten 8 Tagen ein Fähigkeitenprotokoll (Grob- und Feinmotorik-Manual 2) und halten die Lern-

zugewinne anfangs alle 2 Wochen, nach 3 Monaten einmal pro Woche fest. Diese werden Frau Römer anfangs in wöchentlichen Telefonaten, später in monatlichen Elterngesprächen mitgeteilt und mit den Beobachtungen der Mutter verglichen. Das wiederholte Abgleichen der Beobachtungen soll dazu beitragen, dass Regina an beiden Orten gleich gefordert wird. Akzeptanz: Art und Grad der Akzeptanz (Konsens, Dissens, Skepsis von…etc.) Regina erscheint in Bezug auf lebenspraktische Selbstständigkeit aufgeschlossener, als in Bezug auf größerer emotionale Unabhängigkeit. Trotzdem kann es sein, dass sie mit wachsender Selbstständigkeit weniger Zuwendung bekommt („Aschenputtel-Gefühl“). Deswegen wird es darauf ankommen, ihr die neuen Fähigkeiten im Kontakt spielerisch zu vermitteln. Die Mutter hat die Aufgabe, Regina wegen der neuen Fähigkeiten zu loben. Am besten macht sie die Küche, während Regina ihre „Ämter“ macht und spricht mit ihr beim Arbeiten. Realistisch: Realistisch weil (…) aufgrund von Beobachtung/ Prüfung von… (…) Arzt und Ergotherapeutin Funktionsstörungen ausgeschlossen sind und laut Ergotherapeutin die Feinmotorik im engen Sozialkontakt deutlich besser wird. Realistisch: Wenn (Bedingungen, die zu schaffen sind/ stimmen müssen: (…) regelmäßig in der Wohngruppe geübt wird, Regina viel Lob und Anerkennung erfährt, sie nicht das Gefühl hat, dadurch die Mutter oder überhaupt Kontakt und Zuwendung zu verlieren („Aschenputtel-Gefühl“). Terminiert: (wie lange, wie oft, ab wann, etc.): Schleifebinden ca. 3-4 Wochen (jeden Tag 10 Min.). andere Handlungskompetenzen Schritt für Schritt, beginnend mit Tischabräumen und Tischdecken als Schwerpunkt für die ersten 34 Wochen, Spülmaschine zum Schluss, da derzeit nicht aus den Haushalt übertragbar). Literatur Jordan, Erwin (2001): Jugendhilfeplanung, in: Handbuch Sozialarbeit/ Sozialpädagogik, Otto, Hans-Uwe; Thiersch, Hans (Hrsg.), Luchterhand Verlag, Neuwied, Kriftel, S. 874-884 Tornow, Harald (2014): Qualitätsentwicklung und wirkungsorientierte Steuerung von Hilfen zur Erziehung, in: neue praxis, Otto, HansUwe; Thiersch, Hans (Hrsg.), neue praxis Verlag GmbH, Lahnstein, 04/ 2014, S. 406-411

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BIOGRAFIEARBEIT - KREATIV UND LEICHT BRÜCKEN BAUEN Ein Fachtag der BKJH Oldenburg zu dem Thema Biografiearbeit. Pädagogisches Han® deln und Verstehen in der Profifamilie fand im Oktober unter Leitung von Frau Karen Duggen statt. Frau Duggen ist Diplom-Pädagogin, Supervisorin und Organisationsberaterin und war in verschiedenen Tätigkeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Sie eröffnete den Fachtag mit einem Zitat von Portengen (2006), welches mir sehr gut gefällt: „Wir können die Kinder aus ihren Familien nehmen, aber nicht die Familien aus den Kindern.“ Sehr praxisnah und mit mehreren Übungen in Kleingruppen widmeten wir uns an diesem Tag dem Thema. Neben der Bedeutung der Biografiearbeit für die aufgenommenen jungen Menschen schauten wir auch auf unsere eigene Biografie. Denn wir alle haben eine Biografie, die uns geprägt und/ oder auch gebunden hat. Die daraus resultierenden Glaubenssätze und auch Loyalitäten haben eine lange Wirkungsdauer und leiten unser Denken und Handeln. Die jungen Menschen bringen ihre Familie und deren Glaubenssätze und/ oder auch Leitbilder mit in die Profifamilie®. Diese treffen dann auf unsere eigenen Glaubenssätze, die uns in die „Wiege“ gelegt wurden und die wir von klein auf verinnerlicht haben. Eine Übung zum Einstieg in das Thema stellte die sogenannte Coverstory dar. Wenn ein junger Mensch aufgenommen wird, muss es dieses seinem neuen Umfeld gegenüber häufig erklären. Es wird im Kindergarten, Schule, Verein, Nachbarschaft, Freundeskreis o.ä. ® gefragt, warum es in einer Profifamilie lebt. Damit das Kind sich nicht entblößt oder ins Straucheln kommt, kann man es vorbereiten und altersentsprechend mit ihm eine wahre, für ihn passende und recht neutrale Erklärung finden, mit der es seinen Status leicht beschreiben kann. Solch eine Coverstory könnte sein: „Meine Eltern konnten nicht gut für mich sorgen, darum lebe ich jetzt in einer Pflegefamilie.“ Biografiearbeit ist eine sinnvolle und hilfreiche Strukturierungsmethode, um in der pädagogischen Arbeit Fakten, Erfahrungen und Ereignisse des bisherigen Lebens zu dokumentieren, zu bewältigen, zu bewahren und besser zu verstehen. „Wo gehöre ich hin?“ Ordnung und Zugehörigkeit wird geschaffen und „Brücken über Brüche“ können gebaut werden.

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Die Dokumentation des eigenen Lebens erfüllt für die Betroffenen gleich mehrere Bedürfnisse (siehe B. Lattschar, I. Wiemann, s.u.): - den Beweis des eigenen Daseins zu führen - mit sich selbst zu kommunizieren und reflektieren - Bewältigung von Traumata und seelischem Schmerz Inhalte der Biografiearbeit mit Kindern - ermöglicht die konkrete Auseinandersetzung mit der bisherigen Lebensgeschichte - beschreibt das aktuelle Kind und seine Erlebnisse (Aussehen, Vorlieben, Stärken und Schwächen etc.) - bietet auch Ausflüge in die Zukunft (Was wird aus mir? Was möchte ich mal werden? Wo möchte ich leben?). Wirkungen der Biografiearbeit mit jungen Menschen - hilft das innere Chaos zu ordnen - stärkt das Wissen über sich selbst - beantwortet schmerzliche Fragen und ordnet Gefühlsdurcheinander - ist ein Mittel und eine Arbeitsmethode, um das Gespräch zwischen dem jungen Menschen und Erwachsenen zu erleichtern - trainiert den Umgang mit Emotionen und sich mitzuteilen in sozialen Prozessen Zu diesem letzten Punkt Gefühle zu erfassen und zu benennen haben wir in Gruppen von 4-5 Personen ein „Lebenslinienspiel“ gespielt. Auf dem Spielbrett gibt es einen Start- und Zielpunkt und Spielfiguren; mit Würfeln geht´s vorwärts. Kommt eine Figur auf ein grau markiertes Feld, wird eine Karte gezogen mit einer Frage, die laut vorgelesen wird. Bei Beantwortung der Frage darf die Spielfigur so viele Felder vorrücken wie angegeben, will man nicht antworten, bleibt man stehen. Die Fragen sind keine Wissensfragen, sondern beziehen sich auf die Person, die gerade dran ist. Die Fragen lauteten z. B. Was möchtest du gern können? Oder: Was gefällt dir an deinem Aussehen? Was macht dich glücklich? Was ist dein größter Wunsch? Was macht dich wütend? Kommt eine Spielfigur auf ein Feld mit einem Stern, darf diese Person einer anderen eine selbst formulierte Frage stellen. Beantwortet diese sie, darf sie zwei Felder vorgehen, wenn nicht, bleibt sie stehen. Wir hatten alle viel Spaß an diesem Spiel! Es kann leicht selbst gebaut/ gebastelt werden. In der Übung Schätze aus der Familie… ging es direkt um uns. Fähigkeiten und Fertigkei-

PETRA SCHMACKPFEFFER Erziehungsleitung BKJH Oldenburg

ten, die wir aus unserer Familie mitbekommen haben und solche, die wir uns selbst erworben haben, galt es zu erfassen und zu notieren. In einer anschließenden Zweierübung schrieben wir die Ressourcen auf, die jeder individuell dem aufgenommenen jungen Menschen gibt. Man ging sie visuell auf einer Linie ab, mit jeder Fähigkeit oder Ressource bewegte man sich auf den jungen Menschen zu. Das Sammeln, Dokumentieren und Aufbewahren der Lebensgeschichte der jungen Menschen kann sehr unterschiedlich und individuell gestaltet sein. Es gibt zahlreiche Methoden der Biografiearbeit, z.B. Recherche, über Fotos die Vergangenheit besuchen, Zeichnungen und Schaubilder, Rollenspiel, Filme, Musik etc. Es gibt fertige, käufliche Bücher zum Ausfüllen oder auch Anleitungen zu Lebensbüchern, die gratis online herunter geladen werden können und natürlich leicht zu erweitern sind. Selbst erstellte Lebensbücher, z. B. ein Ringordner, lassen viele Möglichkeiten offen und sind individueller zu gestalten. Ein Lebensbuch sollte folgende Bereiche beinhalten (siehe auch B. Lattschar): Das bin ich, meine Familie (Herkunftsfamilie), meine Profifamilie®, meine Geschichte, meine Gefühle und meine Zukunft. Es kann für besondere sensible Themen auch zugeklappte Seiten geben. Das Lebensbuch gehört dem jungen Menschen. Mit ihm sollte vereinbart werden, wer es ansehen darf und dass der vertraute Erwachsene, der es mit ihm erstellt, das Buch für den jungen Menschen an einem sicheren

Ort aufbewahrt. Wir haben alle an dem Fachtag viele Anregungen und konkrete Umsetzungsmöglichkeiten sowie Vordrucke mitbekommen. Den Profieltern, meinen Kolleginnen und mir hat dieser kurzweilige und informative Tag sehr gut gefallen und wir sind motiviert, dem Thema Biografiearbeit und Lebensbuch konkret mehr Raum in der pädagogischen Arbeit zu geben. Frau Duggen empfahl den Profieltern, Biografiearbeit mit den aufgenommenen jungen Menschen als einen offenen, kreativen und verbindenden Prozess durchzuführen. Zudem habe ich geplant, in der Rolle der Erziehungsleiterin ein Gruppenangebot zum Thema Biografiearbeit für interessierte Kindern und Jugendliche der BKJH Oldenburg anzubieten. So können die Kinder sich untereinander und mit mir als vertraute und „neutrale“ Bezugsperson über ihre Geschichte austauschen und gemeinsam sowie individuell auf „Spurensuche“ gehen. Von großer Bedeutung für die Biografiearbeit mit den aufgenommenen jungen Menschen ist unsere innere Haltung, die Haltung, mit der wir uns dem Thema widmen und mit der wir der Geschichte, den Eltern und den Erlebnissen des aufgenommenen jungen Menschen begegnen. Wir können einen wichtigen Beitrag auf pädagogischer Ebene für die jungen Menschen leisten, ihre Biografie zu kennen, zu verstehen und mit ihr in Versöhnung zu leben.

Literaturtipps: Birgit Lattschar, Irmela Wiemann: Mädchen und Jugend entdecken ihre Geschichte, Grundlagen und Praxis der Biografiearbeit (2013) Tony Ryan, Rodger Walker: Wo gehöre ich hin? Biografiearbeit mit Kindern und Jugendlichen (2007) Referentin Karen Duggen

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INTERVIEW MIT FRAU SCHAUF AM 13.10.2014 Wie ist Ihr Name? Ich heiße Yvonne Schauf Welche Position haben Sie in der Einrichtung? Ich arbeite als Gesamtleitung der BKJH. Seit wann arbeiten Sie hier in der Einrichtung und in welchen Gruppen haben Sie schon gearbeitet? Insgesamt arbeite ich seit 13 Jahren in dieser Einrichtung. 2001 habe ich in der Jugendwohngruppe in Borken gearbeitet und bin 2002 zum Clearing gewechselt. In den darauffolgenden Jahren habe ich bei dem Aufbau der Gruppen mitgeholfen und ausgeholfen. Seit 2010 bin ich als Gesamtleitung in der BKJH tätig. Welche Aufgabenbereiche bearbeiten Sie in ihrer täglichen Arbeit? Im Ganzen bearbeite ich alles was für die Einrichtung wichtig ist. Es gibt verschiedene Bereiche wie z.B. die pädagogischen Kräfte, die Hausmeister, die Hauswirtschaftskräfte, die Gärtner, die verschiedenen Einrichtungen (Berlin, Uckermark usw.) und ganz wichtig seid natürlich auch ihr Kinder und Jugendlichen. Was für Ziele haben Sie in Ihrem Beruf? Das es allen jungen Menschen in der Einrichtung gut geht und dass wir alle Ihnen ein sicheres Zuhause bieten können.

Wieso haben Sie diesen Beruf gewählt? Erzieherin wurde ich, weil ich gerne mit jungen Menschen arbeite. Zudem konnte und durfte ich aus gesundheitlichen Gründen keine Pferdewirtin werden . Welche Hobbys haben Sie in Ihrer Freizeit? Ich mag gerne Pferde und ich spiele gerne Tennis. Auch arbeite ich gerne im Garten. Ein großes Hobby ist es im Urlaub tauchen zu gehen. Welche Farbe gefällt Ihnen am besten? Meine Lieblingsfarbe ist grün wie die Hoffnung, aber das kommt auch auf die Gegebenheiten an, sowie Kleidung, Autos usw. Welche Musik hören Sie am liebsten? Ich höre gerne Mischmasch und am liebsten Radio 21. Welches ist ihr Lieblingsspiel? Siedler von Catan, Rummy cup oder Yenga Nennen Sie uns ganz spontan und ohne lange darüber nachzudenken drei Begriffe zu: - Auto: Sprit, teuer, Unfall - Fußgänger: Vorsicht, Zeit, Zebrastreifen - Fahrradfahrer: Kinder, Helm, freihändig fahren - Schnecke: langsam, Haus, Garten - Erkältung/Taschentuch: Fieber, Schlafen, Tempo Interviewer: Nora und Jasmin

ASTRID MÖLLERHAUS Leitung der Kinderredaktion BKJH Emsland

MIT 19 BIN ICH AUSGEZOGEN Ich heiße Melanie und wollte mal über meine Zeit in der Profifamilie® berichten. Ich bin mit 14 Jahren in die Pflegefamilie gekommen und mit 19 Jahren dann ausgezogen. Mittlerweile bin ich nun 25 Jahre alt und habe zu meiner Pflegefamilie immer noch einen sehr engen Kontakt. Ich bin von der Pflegefamilie in eine betreute Wohngruppe gezogen und der Umzug war nicht so leicht für mich, aber im nach hinein war es gut. Ich bin sehr froh darüber, dass ich immer noch Kontakt zu meiner Pflegefamilie habe. Meine Pflegefamilie ist für mich meine zweite Familie geworden und ich fühle mich in der Familie wohl. Sie sind für mich meine Familie und ich bin immer willkommen zu Hause. An den Feiertagen wie z. B. Ostern und Weihnachten bin ich immer im Kreise der Familie und den anderen Teil in meiner leiblichen Familie. Ich gehöre zu der Familie dazu und sie sagen

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auch, dass ich ein Teil der Familie bin. Ich finde es schön, dass der Kontakt nach meinem Auszug nicht abgebrochen ist. Ich bin einfach nur froh, dass ich so eine schöne Familie bekommen habe, die mich alle lieb aufgenommen haben. Für die leiblichen und auch aufgenommenen Kinder bin ich die große Schwester. Meine Pflegemama, die für mich meine Mama ist, bin ich ihre Große. Ich habe einen sehr guten Kontakt zu ihr und erzähle ihr immer noch alles. Sie ist einfach für mich da und hört mir zu, wie eine Mama eben. Ich danke meiner Mama, dass sie mich damals aufgenommen hat und dass sie immer für mich da ist und an mich glaubt, auch in Zeiten wo es bei mir nicht so läuft. Es ist einfach schön zu wissen, dass man eine Familie hat, auch wenn es nicht die leibliche ist, in der man willkommen ist.

MELANIE VOß ehemaliges aufgenommener junger Mensch BKJH Aurich

Irgendwann zieht jedes aufgenommene Kind mal aus, weil es Erwachsen geworden ist und dann auf eigene Beine stehen kann. Aber auch nach einem Auszug kann der Kontakt bestehen bleiben! Ich bin froh, dass die Bin-

dung und Beziehung die ich zu der Familie aufgebaut habe nach meinem Auszug bestehen blieb. Und ich werde noch viele weitere Jahre mit meiner zweiten Familie verbringen, denn sie sind für mich alle sehr wichtig.

ALLTAG IN DER HAUSWIRTSCHAFT, GIBT ES DAS? Der Beruf der Hauswirtschaft wurde schon mehrmals im Durchblick vorgestellt. Anhand der verschiedenen Lernfelder kann auch der „Nichtprofi“ erkennen, dass viele Ausbildungsinhalte mit „Alltagskompetenzen“ zu vergleichen sind. Das reicht von der richtigen Ernährung bis hin zu wirtschaftlichem Handeln. Jugendliche in die Welt der gesunden Ernährung einführen und ihnen dabei auch noch Grundlagen des ökonomischen Prinzips zu vermitteln, ist die „alltägliche“ Herausforderung der Mitarbeitenden. In der Wohngruppe Borken wird versucht, diese Herausforderung in kleine Schritte einzuteilen. Eine mehr oder weniger bewährte Methode hierfür sind die „Ämter der jungen Menschen“. Diese Ämter bestehen aus verschiedenen haushaltsnahen Tätigkeiten. Hier gilt es, das Anspruchsniveau der Hauswirtschaft mit dem Können der Jugendlichen in einen Einklang zu bringen. Das ist keine einfache Aufgabe und ein enges Zusammenarbeiten von Hauswirtschaft und Erzieher_innen ist hierbei vorteilhaft. Diese Kombination bringt im Alltag viel Spannung, dem zum Glück die Pädagog_innen gewachsen sind.

Da ist es schon leichter mit den Bewohner_innen zusammen das Wohnumfeld zu gestalten. Auch hier gilt es die Bedürfnisse der Jugendlichen mit den Bedürfnissen der Hauswirtschaft zu verbinden. So sind die Fensterbilder aus Tonpapier total verpönt und gehören in den „Kindergarten“. Auch die Ikeabilder, die liebevoll im stylischen Rahmen im Wohnzimmer für Atmosphäre sorgen, mussten sich harte Kritik gefallen lassen. Einigkeit auf beiden Seiten gibt es aber auch. Bei Geburtstagen z.B.. Da gibt es ein Wunschessen (O.K., wenn es zu ungesund ist, wird auf eine gesunde Komponente geachtet) und einen Kuchen nach Wahl. Kurzfristige Änderungen von Seiten des Geburtstagskindes sind mit einkalkuliert. Der Ehrenplatz darf ruhig üppig geschmückt sein, Ähnlichkeiten mit Kindergarten sind ausdrücklich gewünscht. Richtig harmonisch und friedlich wird es in Borken bei der Weihnachtsfeier. Alle freuen sich darauf. Das Haus ist entsprechend dekoriert, die Kiddies durften mitbestimmen was sie unbedingt essen möchten (könnte es bitte Krabben geben!), und sie singen freiwillig Weihnachtslieder. Dann ist der Alltag weit weg.

SUSANNE VOGEL Hauswirtschaftsleiterin Intensivpädagogische Wohngruppe Borken BKJH Emsland In Zusammenarbeit mit Monika Wester

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DER BACKHAUS HOF GEHT IN DEN S T R I K E! An einem Freitagabend hat der Bereich der Verselbstständigung und SGB XII der BKJH einen Ausflug zu einer Bowlingbahn in Lingen unternommen. An einem reichhaltigen Büfett konnten sich alle den Bauch voll schlagen. Anschließend bekamen alle Teilnehmenden ihre Bowlingschuhe und es konnte endlich losgehen. In einem spannenden Kopf an Kopf rennen, konnten alle Teilnehmenden ihr Können unter Beweis stellen. Während des zweistündigen temporeichen „Wettkampfes“ wan-

delte sich die Bowlingbahn zu einer kleinen Diskothek um, ein DJ spielte alle Musikrichtungen, was bei uns für eine ausgelassene Stimmung sorgte. In Feierlaune beschlossen wir anschließend noch die nahegelegene Diskothek „Joker“ in Lingen zu besuchen. Dort fegten wir dann wiederum Temporeich mehrere Stunden über das Parkett, um anschließend glücklich und erschöpft die Rückreise anzutreten.

PATRICK ORZELSKI Sozialpädagoge BA in Anerkennung Backhaus Hof BKJH Emsland

HALLOWEEN-KÜRBISSE SCHNITZEN Passend zur Jahreszeit, haben wir in der Samstags -AG verschiedene Halloween-Kürbisse geschnitzt. Jeder der fünf Teilnehmenden aus den einzelnen Wohngruppen durfte sich ein eigenes Motiv aussuchen.

Dann haben wir diese Motive auf die Kürbisse vorgezeichnet. (Bild 3) Es folgte das Ausschneiden. Am Ende der AG hatten alle einen eigenen Kürbis geschnitzt und durften ihn mit in ihre Wohngruppen nehmen. (Bild 4)

MAIK SCHMIDT Küchenchef Café KiM BKJH Emsland

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SÜSSES ZUR ADVENTSZEIT - GEBRANNTE MANDELN

Adventszeit ist Weihnachtsmarktzeit. - Überall duftet es herrlich nach gebrannten Mandeln. Um den Duft ins Haus zu holen, Geld zu sparen und trotzdem lecker zu essen, machen wir die Mandeln zu Hause gerne selbst. Und Jannik ist immer mit Begeisterung dabei. Hier also das Rezept:

Zutaten: 1 Kaffeebecher (200g) Mandeln) ½ Becher Zucker ¼ Becher Wasser 1 Tüte Vanillinzucker Alle Zutaten werden in einen Kochtopf gegeben. Dieser sollte so groß sein, dass die Mandeln nicht übereinander liegen. Nun die Masse zum Kochen bringen. Anschließend bei mittlere Hitze weiterköcheln lassen. Gelegentlich umrühren. Wenn das Wasser verkocht ist, beginnt der Zucker zu kristallisieren. Nun beginnt man, kontinuierlich zu rühren. Der Zucker karamellisiert und umschließt die Mandeln. Haben die Mandeln die gewünschte Bräunung erreicht, werden sie auf einen großen Teller zum Auskühlen ausgebreitet. Vorsicht! 1. Der Zucker kann schnell anbrennen. 2. Die Mandeln sind beim Herausnehmen sehr heiß. Na dann, Guten Appetit! Übrigens funktioniert das Rezept auch gut mit Sonnenblumenkerne.

RENATE BÖSCH Profimutter BKJH Bremen

WINTERGEMÜSE: GRÜNKOHL

Der Grünkohl wird auch Blätterkohl oder Krauskohl genannt und ist vor allem im Norden und Westen unseres Landes bekannt und wohl mit das beliebteste Wintergemüse unserer Region. Von einem Stengel aus wachsen krause Blätter in unterschiedlichen Grüntönen. Geerntet wird er nach der ersten Frosteinwirkung und eignet sich bestens für deftige Zubereitungsarten. Der Bedarf an Grünkohl wird praktisch voll-

ständig aus heimischer Ernte gedeckt, denn außer diesem Anbauschwerpunkt ist er weltweit relativ unbedeutend. Am besten schmeckt er nach den ersten Nachtfrösten, da diese seine Stärke in Zucker umwandelt und ihn so leichter verdaulich macht. Die Köpfe (Blattrosetten) überstehen selbst hohe Minusgrade unbeschadet. Die Zubereitung von Grünkohl ist ähnlich wie bei anderen Kohlsorten relativ einfach, variiert jedoch von Region zu Region. Während in der einen Region der Kohl, die Kartoffeln und die Würstchen kleingeschnitten alle zusammen gekocht und serviert werden, wird der anderen Region alles einzeln serviert. Ein Grundrezept nur für den Kohl für ca. 10 Personen sieht wie folgt aus: Zutaten 2,5 kg Grünkohlblätter 50 g Schweineschmalz 250 g Speckwürfel 350 g Zwiebelwürfel 0,5 l Gemüsebrühe

MAIK SCHMIDT Küchenchef Café KiM BKJH Emsland

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100 g Mehlschwitze Salz, Pfeffer, Muskat Zubereitung Die gewaschenen Grünkohlblätter in gesalzenem Wasser blanchieren (einmal kurz aufkochen) und direkt wieder in reichlich Eiswasser abschrecken. Nach dem Abtropfen die Blätter grob hacken. Den Speck in Schmalz glasig anschwitzen und die Zwiebelwürfel zugeben. Dann den Grünkohl ebenfalls mit anschwitzen, mit der Brühe auffüllen und etwa eine

Stunde zugedeckt Topf, oder im heißen Ofen schmoren lassen. Eventuell nach einiger Zeit nochmal etwas Brühe nachgießen. Die kalte Mehlschwitze mit dem heißen Grünkohlschmorfond vermischen und aufkochen. Das verhindert Klümpchenbildung. (Grundsätzlich gilt: Kalte Mehlschwitze mit heißem Fond auffüllen und heiße Mehlschwitze mit kaltem Fond auffüllen). Den Grünkohl nun wieder zugeben, nochmals gut aufkochen und abschmecken. Guten Appetit!

DER AUFPOLIERTE WEIHNACHTSMANN „Also“, sprach der Himmelvater, als persönlicher Berater, zu dem Weihnachtsmann: “Ich nehme an, du hast Probleme?" „Weißt du“, sagt der rote Dicke, „wenn ich in den Spiegel blicke bin ich oft am überlegen, ob die Menschen mich noch mögen? Denn mein Outfit, das entspricht der neuen Mode längst schon nicht mehr. Seh' mich nicht als Weihnachtsbote, mehr als rote Chili-Schote. Rudolph, diese lahme Ente sollte auch bereits in Rente, denn es wird heut’ – ungelogen längst mit Überschall geflogen! Wenn es schneit in meinen Schlitten sitze meistens ich inmitten knöchelhohem Schnee beim Fliegen. Werd' wohl bald das Rheuma kriegen. Viele Kinder mailen, chatten mir, was sie so gerne hätten, aber der PC samt Maus wird verschenkt vom Nikolaus! Ein Gerücht wird auch verbreitet von Erwachs’nen, das bedeutet: dass es mich nicht gibt auf Erden! Damit soll ich fertig werden?“ „Nun“, der Himmelvater nickte, „das ist's, was dich so bedrückte? Schad’, wenn wegen dieser Dinge Weihnachten nun flöten ginge! All die Großen und die Kleinen würden sicher um dich weinen.

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Gegen einige der Sachen, kann bestimmt man etwas machen. Ein paar Engel, ein paar Elfen sollen dir in Zukunft helfen. Und vergiss nicht für die Nerven, ständig Kekse einzuwerfen. In dem Spiegel zu dem Affen sag’: Jawoll, ich werd’ es schaffen! Du bekommst dann noch, mein Guter, deinen eigenen Computer. Trag’ das Outfit, dieses Rote, doch versuch’ mal eine Schote Chili Rudolph anzudrehen. Na, da wird die Post abgehen! Und weil der sich schon seit Jahren wünscht, mal richtig schnell zu fahren, wird dein Schlitten jetzt ein Heuler: kriegt 'nen Motor, Dach und Spoiler!“ "Danke! Ja, das hilft mir weiter" sprach der Weihnachtsmann da heiter und schritt stolz, wie nie zuvor, durch das gold'ne Himmelstor. Zu dem Christkind und den Engeln draußen rief er:„Schluss mit Quengeln!“ und danach in alter Sitte: „Rudolph, vor den Schlitten bitte! Doch heut' brauchst du nicht zu ziehen. Wenn erst unsre Düsen glühen, hat das Tempo keine Schranken! Doch zuvor muss ich noch tanken." Vom Computer unterstützt, saust er heuer wie ein Blitz, durch den weihnachtlichen Himmel. Horch mal! Hörst du sein Gebimmel?

IRENE STEHMANN Erziehungsleitung BKJH Emsland

Mit freundlicher Genehmigung der Autorin © Sonja Bartl

KEIN „ZIGEUNERSCHNITZEL“ MEHR IM CAFÉ KIM Ab sofort wird es im Café KiM kein „Zigeunerschnitzel“ mehr geben. In Zukunft wird das gleiche Gericht Paprikaschnitzel genannt. Analog wird die Soße auch Paprikasoße heißen. Im Herbst letzten Jahres forderte das „Forum Sinti und Roma“ aus Hannover, dass der diskriminierende Begriff „Zigeunerschnitzel“ abgeschafft wird. „Zigeuner“ wird von vielen Sinti und Roma als diskriminierend empfunden. Es ist keine Eigenbezeichnung. In der Sprache Romanes existiert kein äquivalentes Wort. Während des Nationalsozialismus wurden Sinti und Roma unter dem Begriff „Zigeuner“ verfolgt und auch heute wird der Begriff z.B. auf Kinderspielplätzen als Schimpfwort genutzt. Der Vizevorsitzende des Zentralrats der deutschen Sinti und Roma Peritore fragt in einem

Interview mit dem Spiegel: „Warum haben die Lebensmittelhersteller vor Jahren das Wort "Negerkuss" abgeschafft? Warum macht man da einen Unterschied? Warum hatte man den Respekt gegenüber jenen, die als Neger stigmatisiert wurden - und bringt den gleichen Respekt nicht auf für jene, die als Zigeuner bezeichnet werden?“1 Fragen und Grund genug für die Stadt Hannover und für das Café KiM das „Zigeunerschnitzel“ umzubenennen. Wir wollen mit dieser Umbenennung die Eigenbezeichnung der Sinti und Roma und damit von potentiellen Mitarbeitenden, jungen Menschen und ihren Herkunftsfamilien akzeptieren. Es geht darum Angehörige der Sinti und Roma wertzuschätzen und sie nicht zu beleidigen.

ANNE BACKHAUS Inklusionsbeauftragte BKJH Quelle: 1. www.spiegel.de/ panorama/gesellschaft/zi geunersossen-streit-in terview-mit-silvio-peri

In diesem Sinne Guten Appetit!

tore-a-916760.html Zugriff am 10.2.2014

WIR STELLEN EIN LEBKUCHENHAUS HER Gemeinsam mit den jungen Menschen aus der Hauswirtschafts- AG wurde auch im Jahr 2014 wieder ein großes Lebkuchenhaus hergestellt. Dieses ist in der Weihnachtszeit ein schöner Blickfang im Café KiM. Alle Kinder durften auch ein kleines Lebkuchenhäuschen mit nach „Hause“ nehmen. In Zusammenarbeit mit der Hausmeisterei wurde für das große Lebkuchenhaus eine Unterkonstruktion aus Sperrholz gefertigt. Das gibt dem Lebkuchen eine erwünschte Stabilität. Die Unterkonstruktion kann jedes Jahr wieder verwendet werden. Für den Lebkuchen Teig benötigt man 400 g Honig 150 g Butter oder Margarine 200 g Zucker 2 Eier

1 Packung Lebkuchengewürz 1 Prise Salz 800 g Mehl 4 gestrichene TL Backpulver 20 g Kakao 1 Eiweiß 100 g Puderzucker Herstellung: Honig, Margarine oder Butter und Zucker in einem Topf unter Rühren zerlassen bis der Zucker gelöst ist. Abkühlen lassen. Eier und Gewürze unter die Honigmasse rühren. Mehl, Backpulver, Kakao mischen, sieben. 2/3 davon nach und nach zufügen, den Rest auf der Arbeitsfläche mit der Hand unterkneten. Den glatten Teig ca. 1 Stunde ruhen lassen. Den Teig auf die bemehlte Fläche knapp 1 cm dick ausrollen. Je nach Art der Verarbeitung die Stücke für Hauswände und Dach aus-

MAIK SCHMIDT Küchenchef Café KiM BKJH Emsland

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schneiden. Aus dem restlichen Teig können noch Sterne und Bäume für die Dekoration ausgestochen werden. Die einzelnen Teile bei 175 °C 10-15 Minuten backen. Die Teile müssen komplett auskühlen und können am folgenden Tag weiter verarbeitet werden.

Das Eiweiß schaumig schlagen und den Puderzucker nach und nach zugeben. Die Masse in einen Spritzbeutel mit kleiner Rundtülle geben und damit die Teile des Hauses zusammen kleben und dekorieren. Wenn das Haus lange als Deko offen im Zimmer steht, kann es danach nicht mehr gegessen werden.

VORSTELLUNG: KLAUS GERKEN Liebe Mitarbeiter_innen, ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich Ihnen als neuen Kollegen vorzustellen. Seit dem 15. Februar 2014 erweitere ich das Team der Erziehungsleitung in Berlin. Mein Name ist Klaus Gerken, geboren in Bremen, also wie in Berlin gesagt würde, ein „Fischkopp“. Mein beruflicher Werdegang führte mich über eine Ausbildung im Zahntechnikerhandwerk in die Pädagogik, initiiert durch den Zivildienst in der offenen Jugendarbeit. An der evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik und Diakonie HEPHATA im nordhessischen Schwalmstadt Treysa, legte ich zunächst das Erzieher_innenexamen ab, um mich anschließend der Ausbildung zum Diakon zu widmen. Nach der drei jährigen Ausbildungsexkursion in den hessischen Norden, verschlug es mich wieder in den Norddeutschen Raum, in die Hansestadt Lübeck. Zunächst absolvierte ich mein Anerkennungsjahr in einer Internatsgruppe des Bugenhagen Berufsbildungswerkes; danach in unterschiedlichsten Wohngruppen/Wohnformen, überwiegend im Wohnbereich der Verselbständigungsgruppen und im Einzelwohnen. Dies war eine spannende Zeit, lernte ich doch viel über Ausbildungsinhalte verschiedener Berufsgruppen kennen. Hinzu kam, dass sich zu der Zeit in Lübeck das Gebiet jenseits der Grenze öffnete und Lübeck sich als Stadt im Zonenrandgebiet zu einer Stadt entwickelte, in der sich viele Menschen neu ansiedelten. So kamen auch junge Menschen aus einem anderen Staat, sozialisiert und geprägt durch diesen, in die Ausbildung des Berufsbildungswerkes. Dies bot allen ein lebendiges Lernen und Erfahren voneinander.

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Nach 12 Jahren beruflicher Tätigkeit dort, entschloss ich mich zum Umzug nach Berlin. Da meine Grenzen hinsichtlich der beruflichen Entwicklung deutlich wurden, konnte ich mich einem Weiterbildungsinstitut hier in Berlin anschließen. Dieses Institut qualifizierte mich berufsbegleitend zum systemischen Therapeuten, Familientherapeuten und Berater. In dieser Zeit konnte ich das gerade Erlernte, bei einem Träger der ambulanten Sozialpsychiatrie umsetzen. Im Rahmen der Eingliederungshilfe im SGB XII, war ich in der Begleitung psychisch kranker Menschen tätig. Daneben gab es die konzeptionelle Entwicklung, Hilfen im ambulanten Bereich nach SGB VIII aufzubauen – hier in der Besonderheit, Familien unterstützende Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern anzubieten. Daneben war ich gerne auch als Einzelfallhelfer für Kinder tätig, die dem § 35a im SGB VIII zugeordnet waren. Meine 3 ½-jährige Leitung einer Kontakt- und Beratungsstelle im Bezirk Prenzlauer Berg rundeten mein Profil ab. Einmal die Luft der Systemtheorie inhaliert, entschloss ich mich, die systemische Supervisionsausbildung und Organisationsberatung, ebenfalls hier in Berlin, abzuschließen. Nach 12 Jahren im Bereich der ambulanten Sozialpsychiatrie war es Zeit zum Trägerwechsel. Ich nahm das Angebot an, bei einem Träger der teilstationären Jugendhilfe, als Familientherapeut tätig zu werden. Dieser Träger hatte das Konzept einer lernpsychotherapeutischen Einrichtung, Tagesgruppe und nahm Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 14 Jahren auf, die an einer Regelschule nicht mehr beschulbar waren. Der Schwerpunkt meiner Tätigkeit dort, war die Unterstützung der Erziehungsleitung in der

KLAUS GERKEN Erziehungsleitung BKJH Berlin

Elternarbeit – hier im Besonderen, durch die ressourcenorientierte Genogrammarbeit mit den Eltern. Nun freue ich mich auf meine Tätigkeit als Erziehungsleiter hier in Berlin, bei der Backhaus Kinder und Jugendhilfe, in einem Team,

welches mir zunächst ermöglicht, die umfangreiche Arbeit kennenzulernen. Ich hoffe meine erworbenen beruflichen Erfahrungen für das Unternehmen, für die Pro® fifamilien und die jungen Menschen im Besonderen, gewinnbringend mit einzubringen.

HEIKE HAUEIS AUS DER FINANZBUCHHALTUNG STELLT SICH VOR Da ich nun schon fast ein Jahr zum Team der Backhaus Kinder- und Jugendhilfe gehöre, möchte ich die Zeit nutzen, um mich kurz vorzustellen. Mein Name ist Heike Haueis, ich bin 35 Jahre alt und seit 5 Jahren verheiratet. Im Anschluss an meine Ausbildung zur Industriekauffrau – auch hier in der Nähe bei der Firma Glunz habe ich eine Weiterbildung zur Finanzbuchhalterin und EDV Systembetreuerin gemacht. Nach einem vierjährigen Abstecher, u.a. in ein Steuerbüro in Bremen, haben mein Mann und ich die Segel in der Hansestadt gestrichen und es hat uns als heimatverbundene Emsländer_innen wieder zu unseren Familien nach Meppen gezogen. Hier genießen wir es sehr, in unserer Freizeit mit unserem Hund durch Wiesen, Wald und Felder zu spazieren. Seit dem 01. Februar 2014 arbeite ich für die BKJH in der Verwaltung in Meppen und betreue die Buchhaltung und den Zahlungsver-

kehr für die Einrichtungen Celle, Hamburg, Lüneburg, Münster und Uckermark. Ebenso bin ich für das Einpflegen der laufenden Kostenzusicherungen in der Archivierung zuständig. Trotz meiner Affinität zu Zahlen ist es zwischen all den Belegen der Profifamilien®, Eingangsrechnungen, Quittungen, Ausgangsrechnungen an die Jugendämter und Kontoauszügen sehr schön für mich, jetzt wieder in so einem lebendigen Unternehmen zu arbeiten. Auch wenn mich so mancher Schicksalsschlag zwischen all dem Zahlenwerk sehr nachdenklich stimmt, ist diese Arbeit etwas ganz besonderes und macht mir sehr viel Spaß. Ich möchte mich auf diesem Weg herzlichst für die freundliche und offene Aufnahme in das Team bedanken und wünsche allen Leser_innen eine gemütliche Adventszeit, ein besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes und glückliches neues Jahr 2015.

HEIKE HAUSEIS Verwaltungsangestellte Buchhaltung BKJH Emsland

WIE FUNKTIONIERT DIE NEUE TAUSCHBÖRSE Es gab seitens einiger Profifamilien® Rück® fragen, wie die von der Profifamilie Schirmer initiierte Tauschbörse der BKJH genau funktioniert. ® Profifamilien , die z.B. gebrauchte Sachen abzugeben haben, mailen diese Information mit kurzer Beschreibung, evtl. finanzielle Vorstellung, gern mit Bild und den eigenen Kon® taktdaten an die Profifamilie Schirmer über die E-Mail-Adresse: [email protected] Familie Schirmer leiten alle Anfragen gebündelt an die BKJH-Zentrale weiter, die über den internen Email-Verteiler alle Erziehungs-

leitungen informiert. Von den Erziehungslei® tungen erhalten andere Profifamilien dann entsprechend die Information und können mit dem_r Anbieter_in Kontakt aufnehmen und alles weitere direkt klären. Aktuell prüft die BKJH noch andere Informationswege. Aber dazu evtl. später mehr. Erst einmal hoffen wir, dass die gute Idee von der ® engagierten Profifamilie Schirmer angenom® men wird und dass viele Profifamilien diese neue Möglichkeit nutzen. Ein Beispiel: Die Tochter der Erziehungsleiterin Frau

KATRIN FELDMEYER Erziehungsleitung BKJH Aurich

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Schmidt-Rademaker wohnt in Ostfriesland und hat zu Hause ein Waveboard stehen, dass sie nicht mehr benutzt und gerne an eine_n Jugendliche_n abgeben möchte. Frau Schmidt-Rademaker beschreibt das intakte Waveboard kurz und fügt ein Foto bei. Dann sendet sie eine E-Mail mit Beschreibung, Foto und evtl. Preisvorstellung (es kann aber auch ® verschenkt werden) an die Profifamilie Schirmer unter der Email-Adresse: [email protected] ® Profifamilie Schirmer sammelt eingehende Angebote und sendet diese an die Zentrale nach Meppen. Von dort werden die Angebote

über den Email-Verteiler an alle Erziehungsleitungen verschickt. Diese stellen in den Erziehungskonferenzen die Angebote vor oder hängen diese im pädagogischen Zent® rum aus. Interessiert sich eine Profifamilie für ein Angebot, kann sich diese dann direkt mit dem/der Anbieter_in in Verbindung setzen. In diesem Fall sieht eine Familie aus dem Emsland das Angebot und macht einen Ausflug nach Ostfriesland, um das Waveboard abzuholen. Viel Erfolg beim Tauschen, Verkaufen und Kaufen!

AUSBILDUNG BEI DER BACKHAUS KINDER- UND JUGENDHILFE Die Backhaus Kinder- und Jugendhilfe bietet verschiedene Berufsausbildungen in staatlich anerkannten Ausbildungsberufen an. Diese Ausbildung wird sozialpädagogisch begleitet und soll Jugendliche und junge Erwachsene mit besonderen Lern-, Leistungs- und Sozialisationsdefiziten fördern. Die Ausbildung orientiert sich an das jeweilige Berufsbild und den damit verbundenen Ausbildungsrichtlinien. Darüber wird der Schwerpunkt gelegt auf die Entwicklung der Persönlichkeit, als den entscheidenden Faktor, die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten in der betrieblichen Realität anwenden zu können. Die Stärken und Fähigkeiten jedes Ein-

zelnen werden gefördert. Es werden Wege aufgezeigt, um Konflikte besser bewältigen zu können und das Verhalten zu stabilisieren. Mit diesem Auftrag verbinden sich insbesondere folgende Zielsetzungen: • Berufliche Ausbildung im dualen System • Beitrag zur Verselbständigung mit eigener Lebensperspektive zur Existenzsicherung • Qualifizierung für die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit • Hilfestellung beim Übergang in die Arbeitswelt und die Vorbereitung hierauf Die sozialpädagogische Förderung und Begleitung – ein wichtiger Stützpfeiler für die Auszubildenden.

ORIGINAL UND FÄLSCHUNG

Auf dem rechten Bild haben sich 6 Fehler eingeschlichen. Wer findet sie?

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Weitere Infos: http://www.bkjh.de/de/a ngebote/ausbildung.html

„DIE WEIHNACHTSNACHRICHT“ IN DER HEUTIGEN PRESSE? Säugling in Stall gefunden - Polizei und Jugendamt ermitteln Schreiner aus Nazareth und unmündige Mutter vorläufig festgenommen Bethlehem, Judäa | In den frühen Morgenstunden wurden die Behörden von einem besorgten Bürger alarmiert. Er hatte eine junge Familie entdeckt, die in einem Stall haust. Bei Ankunft fanden die Beamten des Sozialdienstes, die durch Polizeibeamte unterstützt wurden, einen Säugling, der von seiner erst 14-jährigen Mutter, einer gewissen Maria H. aus Nazareth, in Stoffstreifen gewickelt in eine Futterkrippe gelegt worden war. Bei der Festnahme von Mutter und Kind versuchte ein Mann, der später als Joseph H., eben- falls aus Nazareth identifiziert wurde, die Sozialarbeiter abzuhalten. Joseph, unterstützt von anwesenden Hirten, sowie drei unidentifizierten Ausländern, wollte die Mitnahme des Kindes unterbinden, wurde aber von der Polizei daran gehindert. Festgenommen wurden auch die drei Ausländer, die sich als weise Männer eines östlichen Landes bezeichneten. Sowohl das Innenministerium als auch der Zoll sind auf der Suche nach Hinweisen über die Herkunft dieser drei Männer, die sich anscheinend illegal im Land auf- halten. Ein Sprecher der Polizei teilte mit, dass sie keinerlei Identifikation bei sich trugen, aber in Besitz von Gold, sowie von einigen möglicherweise verbotenen Substanzen waren. Sie widersetzten sich der Festnahme und behaupteten, Gott habe ihnen angetragen, sofort nach Hause zu gehen und jeden Kontakt mit offiziellen Stellen zu vermeiden. Die mitgeführten Chemikalien wurden zur weiteren Untersuchung in das Kriminallabor geschickt. Der Aufenthaltsort des Säuglings wird bis auf weiteres nicht bekannt gegeben. Eine

schnelle Klärung des ganzen Falls scheint sehr zweifelhaft. Auf Rückfragen teilte eine Mitarbeiterin des Sozialamts mit: Der Vater ist mittleren Alters und die Mutter ist definitiv noch nicht volljährig. Wir prüfen gerade mit den Behörden in Nazareth, in welcher Beziehung die beiden zueinander stehen.

KATRIN BARTH Abteilungsleitung BKJH Berlin

Maria ist im Kreiskrankenhaus in Bethlehem zur medizinischen und psychiatrischen Untersuchungen. Sie kann mit einer Anklage rechnen. Weil sie behauptet, sie wäre noch Jungfrau und der Säugling stamme von Gott, wird ihr geistiger Zustand näher unter die Lupe genommen. In einer offiziellen Mitteilung des Leiters der Psychiatrie steht: Mir steht nicht zu, den Leuten zu sagen, was sie glauben sollen, aber wenn dieser Glaube dazu führt, dass - wie in diesem Fall - ein Neugeborenes gefährdet wird, muss man diese Leute als gefährlich einstufen. Die Tatsache, dass Drogen, die vermutlich von den anwesenden Ausländern verteilt wurden, vor Ort waren, trägt nicht dazu bei, Vertrauen zu erwecken. Ich bin mir jedoch sicher, dass alle Beteiligten mit der nötigen Behandlung in ein paar Jahren wieder normale Mitglieder unserer Gesellschaft werden können. Zu guter Letzt erreicht uns noch diese Info: Die anwesenden Hirten behaupteten übereinstimmend, dass ihnen ein großer Mann in einem weißen Nachthemd mit Flügeln (!) auf dem Rücken befohlen hätte, den Stall aufzusuchen und das Neugeborene zu seinem Geburtstag hoch leben zu lassen. Dazu meinte ein Sprecher der Drogenfahndung: Das ist so ziemlich die dümmste Ausrede vollgekiffter Junkies, die ich je gehört habe.

Quelle: unbekannt

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LÖSUNGEN HEFT 100 POLYGONBRÜCKE Links noch einmal das Polygonenchaos und rechts die Brücke.

Zahlenschloss Die Zahl der Kombinationen aus drei verschiedenen Buchstaben ist 226 x 25 x 24 gleiche 15600. Damit liegen die Chancen bei 0,0064 %.

Derbysieger Nach jedem beliebigen Sieger können sechs Pferde auf den zweiten Platz kommen. Zu jeder der 42 möglichen Kombinationen aus ersten und zweiten Platz gibt es fünf mögliche Drittplatzierungen. Also sind 7 x 6 x 5 gleich 210 verschiedene Kombinationen aus Rennpferden möglich.

Überlappende Dreiecke Diese Dreiecke können durch Überlappen maximal 19 Regionen bilden.

Meine Klasse Mindestens zwei Jungen erfüllen dieses Kriterium.

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RÄTSEL FUßBALLTURNIER Bei einem Auswahlturnier sind 58 Mannschaften gemeldet. Wie viele Spiele sind auszutragen, bis eine Manschaft als Turniersieger feststeht?

Puzzle Ein Puzzle besteht aus 100 Teilen. Bei einem Zug werden zwei Gruppen von Teilen miteinander verbunden oder ein Teil an eine Gruppe angefügt. Welche ist die kleinstmögliche Zahl von Zügen?

Gläser verteilen Auf einem Tisch stehen 14 Weingläser; sieben sind voll und sieben halb voll. Teilen Sie, ohne etwas am Inhalt zu ändern, die Gläser in drei Gruppen so ein, dass auf jede Gruppe gleich viel Wasser entfällt.

Richtige Gleichung Durch Bewegen einer Ziffer wird aus der falschen Gleichung eine richtige. (Das Bewegen von Zeichen ist nicht erlaubt.)

Klostergarten Setzen Sie in die äußeren Kästchen des Quadrats Ziffern zwischen 0 und 9 ein. In allen roten und in allen gelben Kästchen sollte jeweils die gleiche Zahl stehen. Auf jeder Seite soll die Summe 9 ergeben. Wieviele Lösungen finden Sie (ohne die bereits angegebene Lösung zu zählen)?

Streichhölzer Durch Umlegen eines einzigen Hölzchens erhalten Sie eine stimmige Gleichung. Ganz einfach, oder?

Rauf und runter Ein Basketball wird in die Luft geworfen. Was dauert länger, ein Flug nach oben oder sein Sturz?

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FAST DAS LETZTE Der Kapitän fragt den neuen Matrosen: „Sie wollen also bei mir anheuern. Können Sie denn überhaupt schwimmen?“ „Das nicht, aber in 23 Sprachen um Hilfe rufen.“

„Moritz, du hast die gleichen sechs Fehler im Diktat wie dein Tischnachbar. Wie erklärt sich das wohl?“ Moritz: „Ganz einfach. Wir haben denselben Lehrer!“ „Das ist doch kein gemischter Chor?“, sagt ein Besucher bei einem Shantytreffen verwundert. „das sind doch alles Männer.“ Der Chorleiter erwidert: „Das stimmt, aber die einen können singen und die anderen nicht.“ Der Lehrer behandelt in der Klasse die drei Steigerungsgrade: „Werner, steigere bitte das Wort ‚leer‘!“ Werner beginnt: „Leer, leerer“, dann stockt er, und plötzlich strahlt er über das Gesicht: „Oberlehrer!“ Wann sagt der Chinese „Guten Tag“? - Wenn er deutsch spricht.

„Hitze dehnt aus, Kälte zieht zusammen. Wer weiß ein Beispiel?“ „Die Ferien im Sommer dauern sechs wochen, die im Winter nur zwei!“ „Na, hattes du auf deiner Griechenlandtour Schwierigkeiten mit deinem neuen Sprachcomputer?“ „Ich nicht, aber die Griechen…“ Ein Lehrer fragt seine Schüler_innen, wie man die Geschöpfe nennt, die im Wasser und an Land leben können. Ein Schüler antwortet: „Matrosen.“ Eine Frau erzählt dem Arzt, dass ihr Mann glaubt, ein UFO zu sein! Der Arzt meint, dass er deswegen in seine Sprechstunde kommen solle. Darauf die Frau: „Super, wo kann er landen?“ „Hier ist die Addition, Herr Lehrer, die ich machen sollte. Ich habe die zehnmal nachgerechnet.“ „Da warst du aber fleißig.“ „Ja, hier sind die zehn Ergebnisse!“ Die Ärztin: „Ich glaube, Seeluft würde Ihnen gut tun.“ Der Patient reagiert erfreut: „Das ist ja Klasse! Sie müssen nämlich wissen, ich bin Matrose!“ Ein Mann kommt in ein Elektrogeschäft und fragt den Verkäufer, ob er eine kaputte Glühlampe habe. Darauf der Verkäufer: „Wozu brauchen Sie denn eine kaputte Glühlampe?“ Der Mann antwortet: „Für meine Dunkelkammer natürlich.“

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Else Knauser geht mit ihrem Mann an einem Würstchenstand vorbei. „Oh, wie das Duftet!“ „Wenn du willst, gehen wir auf dem Rückweg noch einmal daran vorbei!“ Der Kapitän schreit seinen Matrosen im Ausguck an: „Schrei nicht dauernd ‚Land in Sicht‘ , solange wir noch im Hafen liegen!“ Klient: „Meine Frau hält mich für verrückt, weil ich Würstchen mag.“ Psychologe: „Das ist doch Unsinn! Ich mag auch Würstchen.“ Klient: „Ja? Toll, soll ich Ihnen meine Sammlung zeigen? Ich hab‘ schon über hundert.“ Welches Tier ist am bescheidensten? Die Motte. Sie frisst nur Löcher.

WISSENSWERTES DER BKJH Wer Sind Wir? Wir sind die Mitarbeiter_innen, Leiter_innen und Träger_in eines sozialen Unternehmens, das sich seit 1976 für die Vermittlung nachhaltiger Bindung einsetzt. In der Balance zwischen Professionalität, Leidenschaft und Realität leben wir unser Leitbild KiM – Kind im Mittelpunkt. Dies ist das Leitmotiv für unser gesamtes Wirken und alle die von uns zu treffenden Entscheidungen. Unser Engagement für junge Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können, wurzelt in der aktiven Auseinandersetzung mit der Heimkampagne der 1970er Jahre. Wir kehrten uns bewusst von Großeinrichtungen ab. Unserer Überzeugung nach kann eine sichere Bindung zwischen aufgenommen Kindern / Jugendlichen und Bezugspersonen nur im kleinen, möglichst familienähnlichen Rahmen erreicht werden. Gleichzeitig wird ein professioneller Wirkungskreis benötigt, um den oft traumatischen Vorerfahrungen der jungen Menschen gerecht zu werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass durch die BKJH-Konzepte und dem Engagement der BKJH-Fachkräfte verlässliche Bindungen entstehen, die einen therapeutischen Effekt erzielen und Traumata auffangen können.

ZIELE UND ABSICHTEN Wir unterbrechen die tradierte Fremdunterbringung in den Generationen und können diesbezüglich in den vergangenen Jahrzehnten nachweislich Erfolge aufweisen. Unsere Absicht ist die Förderung der jungen Menschen zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten, die mit Freude einem sinnerfüllten Leben entgegen blicken. Unser Ziel ist, die uns anvertrauten Menschen zur nachhaltigen Unabhängigkeit von staatlichen Hilfeleistungen zu befähigen.

METHODEN Den überwiegend emotional unterversorgten Kindern und Jugendlichen bieten wir im Rahmen des Bindungskonzeptes das „Nachnähren“ von Grundbedürfnissen in einem geschützten Rahmen an. Die Erfah® rungen von zuverlässigen Bezugspersonen, in Profifamilien zuverlässigen „Ersatzeltern“, stellen das Fundament dar, die Ziele der BKJHAngebote zu erreichen. Dabei ist der professionelle Umgang mit der Herkunftsfamilie der aufgenommenen jungen Menschen unabdingbar und wird nach Möglichkeit durch die BKJH gefördert. So können die Kinder und Jugendlichen ihre Angstbindungen lösen, Übertragungsmechanismen abbauen, das Zurückfallen in alte Verhaltensweisen vermeiden und sich ihrer Wurzeln bewusst werden.

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PROFIFAMILIE® ®

Die Profifamilie (Erziehungsstelle nach § 34 SGB VIII) bildet das Kernstück der BKJH. Mit über 35 Jahren Erfahrung in der pädagogischen ® Begleitung von Profifamilien , schauen wir auf die Lebensentwicklung von mehreren Generationen junger Menschen zurück. Das Vorleben von Werten und das Befriedigen von Grundbedürfnissen sind die wich® tigsten Aufgaben einer Profifamilie . Mindestens ein Elternteil einer ® Profifamilie verfügt über eine pädagogische Ausbildung und wird über ein halbes Jahr in einem Intensivkurs der BKJH vorbereitet. Nach er® folgreichem Abschluss können Profifamilien bis zu zwei junge Menschen aufnehmen. Auch Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche Paare kommen für diese Aufgabe in Frage. Wichtiger Bestandteil dieses pädagogischen Engagements ist die Zusammenarbeit mit der Erzie® hungsleitung im jeweiligen Pädagogischen Zentrum. Die Profifamilien treffen sich dazu wöchentlich in den Erziehungskonferenzen unter der Moderation der Erziehungsleitung und erhalten somit die kontinuierliche Möglichkeit zu Austausch, Reflektion und Beratung. Auch die notwendigen Kontakte zum Herkunftssystem werden durch die Erziehungsleitungen gestaltet und begleitet. Sie finden in der Regel in den Pädagogischen Zentren statt. Die BKJH bietet dem pädagogisch ausgebildeten Elternteil ein sozialversicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis.

DAS CLEARINGHAUS Das Clearinghaus in Meppen ist eine diagnostische Einrichtung mit acht Plätzen für junge Menschen im Alter von 0 bis 14 Jahren. In einem Zeitraum von drei Monaten bieten wir für die Jugendämter eine pädagogische/psychologische Diagnostik an, mit der wir eine Empfehlung für die weitere Lebensperspektive des Kindes abgeben. Weitere diagnostische Fragestellungen werden in Kooperation mit dem Sozialpädiatrischen Zentrum in Meppen abgeklärt.

KLEINSTHEIME In Berlin und in Meppen halten wir zwei besondere Angebote bereit, die jungen Menschen einen familienähnlichen Rahmen in einer Kleinstgruppe bieten. In diesen Häusern leben die hauptverantwortlichen Fachkräfte mit den jungen Menschen zusammen (innewohnend).

INTENSIVPÄDAGOGISCHE UND THERAPEUTISCHE WOHNGRUPPEN Die Erfahrungen im Clearinghaus haben uns gezeigt, dass einige junge Menschen mehr Förderung benötigen und nach der Diagnostikphase nicht in ein niederschwelliges Setting wechseln können. Somit haben wir in Meppen drei Wohngruppen mit unterschiedlichen pädagogisch/psychologischen Leistungsangeboten gegründet, u. a. mit einem tiergestützten Angebot auf einem Bauernhof. Ein wesentlicher Bestandteil der inhaltlichen Arbeit dieser Wohngruppen ist die enge Zusammenarbeit mit dem psychologischen Dienst der BKJH.

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HEIMREGELGRUPPEN An unterschiedlichen Standorten in der Bundesrepublik betreiben wir Heimregelwohngruppen. In der Uckermark bei Berlin sind diese in den Orten Seehausen, Warnitz und Templin angesiedelt. Im Westen Deutschlands befinden sich die Wohngruppen in Vollersode und Schneverdingen. Nach Möglichkeit haben wir in diesen Wohngruppen ® auch sogenannte Krisenplätze integriert, um Profifamilien im Notfall Entlastung bieten zu können.

JUGENDWOHNGRUPPEN Mit den Wohngruppen „Alte Molkerei“ und „Bokeloh“ in Meppen halten wir zwei Einrichtungen für heranwachsende junge Menschen aus ® Profifamilien vor. In einigen Fällen ist das Zusammenleben in der ® Profifamilie für die Jugendlichen zunehmend problematisch und der familiäre Rahmen kann zu eng werden. Mit der Aufnahme in eine Ju® gendwohngruppe wird der Kontakt zur Profifamilie nach Möglichkeit fortgeführt, so dass die Bindung weiter erhalten und gefördert werden kann. In einigen Fällen kehren die jungen Menschen nach einer Aus® zeit / Klärungszeit wieder in die Profifamilie zurück. Die Jugendlichen nutzen hier besonders die Förderung im schulischen Bereich und die Angebote der BKJH-Ausbildung.

BERUFSAUSBILDUNG Für die heranwachsenden jungen Menschen haben wir verschiedene Möglichkeiten der beruflichen Ausbildung geschaffen, die sozialpädagogisch intensiv begleitet werden. Diese Ausbildungsbereiche sind ® speziell für junge Menschen aus Einrichtungen / Profifamilien der BKJH entwickelt, die auf dem freien Ausbildungsmarkt keine Chancen bekommen. In Meppen finden sich folgende Ausbildungsangebote zur_m • • • • •

Garten- und Landschaftsbauer_in Hauswirtschafter_in Köchin / Koch Einzelhandelskauffrau_mann Bürokauffrau_mann.

Angegliedert an die Einrichtungen in Berlin und Vollersode wird auch hier in den Bereichen Hauswirtschaft und Gartenbau ausgebildet. Fachkräfte des Verselbständigungsbereiches begleiten die Auszubildenden. Durch dieses weitere Angebot der BKJH ist eine enge Verknüpfung von Ausbildung und Pädagogik gewährleistet.

ERHOLUNGSMÖGLICHKEITEN Um unseren Mitarbeitenden und ihren Familien eine Freude zu bereiten und möglicher emotionaler und geistiger Erschöpfung vorzubeugen, bieten wir an verschiedenen Standorten Erholungsmöglichkeiten an. Folgende Auswahl stellen wir zur Verfügung: • • • •

Ferien- und Fortbildungshaus in Vlagtwedde (NL) Ferienhaus in der Lüneburger Heide Ferienwohnung im Pädagogischen Zentrum der BKJH-Aurich Ferienwohnungen im Pädagogischen Zentrum der BKJH-Berlin

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DIE NÄCHSTE AUSGABE N° 102 // Erwachsen werden Im kommenden Heft möchten wir unter diesem Thema einiges veröffentlichen. Wir würden uns freuen, wenn auch viele außerhalb des Redaktionsteams dazu Beiträge einreichen würden. Es müssen nicht immer seitenfüllende Artikel sein, auch kurze Bemerkungen, Hinweise und Statements können wir unterbringen. Wir freuen uns auf Ihre Mitarbeit!

Beiträge bitte an BODO HANSMANN Backhaus Kinder- und Jugendhilfe Emsland Fillastraße 7 | 49716 Meppen [email protected] T 059  21  . 72  31 47 Hinweise zur Lieferung Beiträge können sowohl als Brief oder als Datenträger gesendet werden (alle gängigen Dateiformate können bearbeitet werden). Vom Fax bitte ich möglichst abzusehen. Bei Einsendungen von Fotos bitte darauf achten, dass diese scharf, hell und nicht zu klein sind. Jede Einsendung bitte mit der Rubrik, für die sie bestimmt ist, und mit dem Namen des Autors versehen. Hinweise zum Inhalt Für folgende Rubriken können Beiträge verfasst werden: Vorstellungen des Leiterteams, aller Kolleginnen und Kollegen (nicht nur aus dem pädagogischen Bereich) und ihrer Familien, sowie potentieller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aktuelles (z. B. Presseschau, Allgemeines zur Heimerziehung, ­politische Sicht) Berichte über Aktivitäten unserer Familien (z.B. Feste, Urlaub) Buchbesprechungen (Kinder- und Fachbücher) Kinderseiten, die auch von Kindern gestaltet sein sollten Informationen über interne und externe Fortbildungsangebote Witze, Kindermund und Rätsel Kleinanzeigen (suche, biete, tausche …) Leserinnen- und Leserbriefe Praktische Tipps (Basteln, Werken, Rezepte …) Interne und externe Termine und Veranstaltungshinweise Sonstiges

Im Internet finden Sie uns unter: www.bkjh.de

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