how to spend it - Felix Rohrbeck
February 12, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Anschmiegsam: Ob mit Schnörkeln, Bommeln oder Punkten, für Sommer, Winter, die Oper oder zum Bedienen des iPhone – Roeckl zieht Hände an
Die Finger im S 32
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Aus der Haut von Urwaldwildschweinen und mithilfe historischer Maschinen entstehen in der Manufaktur des Familienunternehmens Roeckl feinste Handschuhe. Felix Rohrbeck hat beim Schneidern zugeschaut
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egina rattert wie ein Maschinengewehr. Sicht unglaublich“, sagt Roeckl. Sie selbst hat als „Die ist ein Maschinengewehr“, sagt Phi- Kind noch auf dem Schlossspeicher gespielt. Dann aber, als junge Frau, rebellierte sie, trug aus lipp Süß, 40, Brille, Bauchansatz. Ein Jahr lang hat der Wirtschaftsingenieur Protest keine Handschuhe. Nie. Um die Familienversucht, Regina durch moderne Maschi- tradition abzuwehren. Nach einer kurzen Ehe fing die nen zu ersetzen. Doch er ist, wie er sagt, „erst einmal alleinerziehende Mutter eher aus praktischen Grüngescheitert“. Die gusseiserne Regina, Baujahr 1922, den eine Ausbildung im Unternehmen an. Dann fiel stampft noch immer ihre knubbeligen Knötchen- ihre eigene Mutter aus – und sie musste einspringen. nähte in das dunkle, äthiopische Haarschaf- Die Verantwortung gefiel ihr. Schließlich übernahm leder. Und Süß, der Beschaffungsleiter von sie die Firma gemeinsam mit ihrem Bruder Stefan. Roeckl, der sie ersetzen wollte, steht fasziniert Wobei die Bereiche klar getrennt sind: Er leitet das ausgelagerte Unternehmen Roeckl Sports, sie ist daneben und sagt: „Das ist wie Tanzen.“ Den Rhythmus dieses Tanzes gibt Mariana alleinige Geschäftsführerin der Bereiche Mode und vor. Die 36-Jährige tritt mit Füßen, die in Accessoires. Es gibt kein gemeinsames Marketing, Gummisandalen stecken, die beiden Pedale. keine gemeinsamen Lieferanten – nur den Namen Gleichzeitig dreht sie mit der rechten Hand Roeckl, den teilen sich die Geschwister. Von der einstigen Ablehnung ist heute nichts an einer Kurbel und sorgt so für die rundliche Form der Naht, die nicht nur ein mehr zu spüren. Annette Roeckl streift im MünchDesignelement ist, sondern den Handschu- ner Roeckl-Laden einen Lederhandschuh über, der hen auch eine zusätzliche Raffung verleiht. ihr bis zum Ellenbogen reicht. Der Handschuh heißt Mit der linken Hand führt sie das Leder Regina, so wie die Nähmaschine, weil sich deren freihändig auf der Stichplatte, wobei der Knötchennähte den ganzen Schaft hinaufziehen. Sie streichelt ihn glatt, damit er sich anAbstand zwischen Außenschmiegen darf. Es ist die Demonskante und Naht maximal Topform: Chefin Annette Roeckl tration des Roeckl-Phänomens: einen Millimeter betragen trägt Autofahrerhandschuhe darf. Es ist eine Kunst, die so nur sie beherrscht. Was, wenn Mariana krank ist? „Das ist schlecht“, sagt Süß. Und wenn Regina ausfällt? „Ein Desaster.“ Es ist der Sieg einer alten Handwerkskunst, den man in der HandschuhmanufakturdesFamilienunternehmens Roeckl in Timisoara, der zweitgrößten Stadt Rumäniens, beobachten kann. Mag anderswo die Tradition immer mehr der modernen Technik weichen, hier wird noch produziert wie im 19. Jahrhundert. Männer in Unterhemden ziehen mit purer Muskelkraft quietschend Lederfelle über die Tischkanten. Frauen bedienen mit wippenden Füßen Maschinen, die so aussehen, als gehörten sie ins Museum. Das alles, sagt Annette Roeckl im 1000 Kilometer westlich gelegenen München, habe nichts mit Nostalgie zu tun. Sie ist schlicht davon überzeugt, dass so die besten Handschuhe entstehen. Die 45-jährige Chefin führt das Unternehmen mit einem Umsatz von 25 Mio. Euro in sechster Generation. Der Platz in München, an dem das schlichte Firmengebäude steht, nennt sich wie das Unternehmen: RoecklPlatz. Früher erhob sich hier das prachtvolle Roeckl-Schloss. In den 70er-Jahren wurde es abgerissen. Zu groß, zu unpraktisch. „Aus heutiger
Spiel
Man schlüpft hinein, das Leder sitzt wie eine zweite Haut und leiert nicht aus. Warum das so ist, wird im Erdgeschoss der Manufaktur in Timisoara klar. Hier befindet sich der Zuschnitt. 22 Männer klackern an Holztischen mit großen Metallscheren oder klopfen mit ihnen zwei Lagen Leder fest aufeinander. Vor Silvius Krall, dem Chef der Abteilung, liegt ein dunkles Stück PeccaryLeder. Es ist völlig zerlöchert. „Schwierig, da ein großes Stück herauszubekommen“, sagt er. Früher war Krall Kfz-Mechaniker, Barkeeper und Schreiner – bis er 1996 zu Roeckl kam. Seitdem hat ihn das Handschuhmachen nicht mehr losgelassen. Kein Leder, sagt Krall, sei so weich, zäh und zugleich dehnbar wie das vom Peccary-Wildschwein. Dummerweise lebt es im südamerikanischen Dschungel. Es ist, wie Beschaffungsleiter Süß formuliert, „klein, rundlich und relativ aggressiv“. Es reibt sich gern an Baumstämmen und suhlt sich im Schlamm. Dabei entstehen jede Menge Kratzer auf seinem Fell. Schlimmer: Wenn es geschossen wird, nicht wegen des Leders, sondern wegen seines Fleisches, dann meist mit einer streuenden Schrotflinte, weil man es im dichten Urwald sonst kaum erwischt. Das Ergebnis liegt vor Krall auf dem Tisch.
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Die Herausforderung liegt darin, ein ausreichend großes Stück Leder zu finden, das nicht komplett zerkratzt oder zerlöchert ist. Darum ist ein PeccaryHandschuh, bei dem Vorder- und Unterseite aus nur einem Stück entstehen, so selten. Süß sagt: „Der 11013388 ist der Mercedes unter unseren Handschuhen.“ Die Artikelnummer steht für den Royal Peccary, Roeckls teuersten Handschuh. Im Laden kostet das Paar 369 Euro. Süß spricht gern in Artikelnummern. Für einen Royal Peccary ist das Leder auf dem Tisch ungeeignet, es soll für einen 11013942 dienen, sagt er. Das ist ein Autofahrerhandschuh, der aus immerhin zwei großen Stücken Peccary-Leder besteht und nur 149 Euro kostet. Das Leder wandert zu Livio Neicomi, der die Kunst des Handschuhmachens mit 15 Jahren unter Ceausescu gelernt hat. Der 61-Jährige zieht es über die Tischkante. Die linke Hand, die oben liegt, ist von dicken Hornhauthügeln überzogen. Fast eine halbe Stunde wird die Wildschweinhaut hin und her gezogen. Es geht darum, die „richtige Dehnung zu fixieren“, erklärt Süß. Zuschnittchef Krall, der sonst nur Rumänisch und Englisch spricht, ruft das deutsche Wort „Zugabe“. Und tatsächlich verbirgt sich hinter diesem Begriff das Geheimnis der so angegossen sitzenden Roeckl-Handschuhe. Das Verfahren, das in Timisoara praktiziert wird, ist der französische Tafelschnitt. Neicomi dehnt das Leder erst „allongé“, also längsseitig, anschließend „travers“, sprich quer. Dabei definiert er die Zugabe, also das, was er zur eigentlichen Breite des Hand-
Die Leidenschaf t für erstklassigen Ser vice ist nur einer der G r ü n d e, d i e d i e E U R O PA z u m b e s te n K r e u z f a h r t s c h i f f d e r We l t m a c h e n ( l t. B e r l i t z C r u i s e G u i d e 2012). H ö c h s te A n s p r ü che dür fen Sie selbstverständlich auch an Ihr persönliches R e i c h a u f S e e s te l l e n: U n s e r e l u x u r i ö s e n S u i te n, d i e f a s t a l l e ü b e r e i n e e i g e n e Ve r a n d a v e r f ü g e n, b e g e i s te r n m i t a l l e n A n n e h m l i c h ke i te n u n d e i n e m h e r r l i c h e n B l i c k ü b e r d a s M e e r.
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Werdegang: Im Roeckl-Werk im rumänischen Timisoara schneiden Männer feines Leder auf traditionelle Art zu. Frauen vernähen die Stücke an alten Maschinen wie der Regina des Herstellers Rusana. Oder per Hand wie bei Roeckls Prunkstück Royal Peccary (u.)
schuhs hinzugibt. Bei dem Autofahrerhandschuh ist das ein französischer Zoll. Neicomi misst ihn mit einem Lineal ab, dessen Skala die alte französische Maßeinheit zeigt. Dann markiert er das Material an der entsprechenden Stelle. Es ist so weich, dass er dafür nur seinen rechten Daumennagel gebraucht. Wie bei allen Männern im Zuschnitt ist er deutlich länger als die Nägel der anderen Finger. Dann zieht er das Leder noch einmal allongé und nimmt mit einer Pikette, einer Art stumpfem Messer, noch mehr Dehnbarkeit heraus. Wichtiger als die Kraft, sagt Neicomi, sei das Gefühl. Zehn Jahre habe er gebraucht, um es zu entwickeln.
Das Ergebnis dieses französischen Tafelschnitts ist ein Handschuh, wie ihn Annette Roeckl in München am Arm trägt. Wenn sie hineinschlüpft, dehnt er sich ein wenig aus und passt sich ihrer Hand an. Legt sie ihn wieder ab, zieht sich das Leder in seine ursprüngliche Form zurück. Roeckl bezeichnet die
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