Ganzes Projekt als

April 25, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Projektarbeit

„Pump it up“ - Zwischen Körperkult und Körperwahn

Eine Arbeit von Kerstin Setrdle. Betreut von Herrn Prof. Armin Lindauer.

Inhalt

1.0 Das Massenphänomen Doping 1.1 Ethische Bewertung von Doping 1.2 Geschichte des Dopings 1.3 Doping im Freizeitsport 2.0 Anabolika 2.1 Definition und Erklärung 2.2 Anabole Wirkstoffe 2.3 Betroffene Sportarten 2.4 Möglichkeiten der Anabolikazufuhr 3.0 Nebenwirkungen und Folgen 4.0 Das Geschäft mit dem Doping 5.0 Die Ursachen 5.1 Gesellschaftliche Ursachen 5.2 Psychologische Begründungen 6.0 Wer ist betroffen

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1.0 Das Massenphänomen Doping

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1.1 Ethische Bewertung von Doping

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1.1 Ethische Bewertung von Doping

• Die Einnahme von Dopingmitteln stellt meist eine lebensbedrohliche Gefährdung der Gesundheit dar. • Mit dem Selbstverständnis von Sport ist es nicht vereinbar, wenn jemand dopt, um seine Leistungsgrenzen zu verschieben. • Der Gebrauch von Dopingmitteln verletzt das Fairnessgebot im Sinne der Chancengleichheit.

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1.2 Geschichte des Dopings

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1.2 Geschichte des Dopings

Bereits in der Antike wurden bei Sportwettkämpfen stimulierende Substanzen eingesetzt, um Vorteile im Wettkampf zu erzielen. Inwieweit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Wiederbeginn der Olympischen Spiele bis Ende der 60er Jahre Dopingsubstanzen zur Leistungssteigerung im Sport eingesetzt wurden, kann nur vermutet werden. Auf jeden Fall gab es noch keine Regeln, die Doping einschränkten bzw. verboten. Nachdem es in den 60er Jahren zu einigen Todesfällen im Radrennsport, insbesondere in Verbindung mit der Einnahme von Stimulanzien aus der Reihe der Amphetamine, gekommen war, wurden von den Sportverbänden Antidoping-Regeln aufgestellt. Der bekannteste Todesfall im Radrennsport war der des Radrennfahres Tom Simpson, der 1967 während der Tour de France tödlich zusammenbrach. Ursache hierfür war die Einnahme von Amphetamin im Zusammenwirken mit der extremen Temperaturbelastung. Die ersten Antidopingregeln wurden gegen die Anwendung von Stimulanzien und Narkotika im Wettkampf ausgesprochen. Dieses Verbot wurde im Laufe der Jahre auf weitere Substanzklassen erweitert.

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1.3 Doping im Freizeitsport

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1.3 Doping im Freizeitsport

Der IOC (Internationales Olympisches Komitee) definiert Doping als einen Mißbrauch von Arzneimitteln im Sport, durch Athleten zur Verbesserung der sportlichen Leistung. Seit 1968 wird Doping im Sport vom IOC und den meisten internationalen und nationalen Sportfachverbänden bekämpft. Die Medizinische Kommission des IOC erstellte eine Liste aller verbotenen Wirkstoffgruppen und Anwendungsmethoden: 1. Verbotene Wirkstoffgruppen • Stimulantien (Aufputschmittel), • Narkotika (Schmerzmittel), • anabole Wirkstoffe (Anabolika), • Diuretika (harntreibende Mittel), • Peptidhormone (EPO, Wachstumshormone). 2. Verbotene Methoden: • Blutdoping (Transfusion von mit roten Blutkörperchen angereichertem Blut), • Manipulation des Urins. 3. Mit Einschränkung zugelassen: • Alkohol, • Marihuana, • lokale Betäubungsmittel, • Beta-Blocker, • Kortikosteroide.

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1.3 Doping im Freizeitsport

Doping im Spitzensport sorgt regelmäßig für Schlagzeilen, besonders bei den Olympischen Spielen. Doping im Freizeitsport findet dagegen kaum öffentliches Interesse, obwohl es Experten zufolge nicht weniger verbreitet ist. Vor allem unter Jugendlichen werden die schnellen Muskelmacher immer beliebter. Schätzungen zufolge soll jeder zehnte jugendliche Kraftsportler zu Pille und Spritze greifen. Genaue Zahlen gibt es jedoch nicht. In einer Studie des Mediziners Carsten Boos von der Universität Lübeck gaben 22 Prozent der in kommerziellen Sportstudios befragten Männer und 8 Prozent der Frauen an, anabol wirkende Substanzen einzunehmen. Acht Prozent der Untersuchten waren unter 18 Jahre. Boos schätzt, dass es mindestens 300 000 AnabolikaKonsumenten in Deutschland gibt, mit steigender Tendenz. “Die Szene ist eine eingeschworene Gemeinschaft. Kaum einer will sich outen, zumal viele Konsumenten gleichzeitig Dealer sind”, beschreibt Boos die Probleme der Forschung. Außerdem mangele es an öffentlichem Interesse. “

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2.0 Anabolika

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2.0 Anabolika

Die sportliche Leistungsfähigkeit eines Menschen wird im wesentlichen durch individuelle genetische Strukturen bedingt. Weiterhin wird die Leistungsfähigkeit durch die Qualität sowie die Quantität des Trainings beeinflusst. Der Lübecker Mediziner Carsten Boos geht davon aus, dass das genetische Potenzial nach zwei Jahren regelmässigen Trainings erschöpft ist. Ein Plus an Muskelmasse ist dann nur noch schwer zu erreichen und Fortschritte sind meist so klein, dass sie kaum bemerkt werden. Viele, die diesen Frust nicht erleben wollen, helfen chemisch nach und greifen zu ergogenen Hilfen (leistungssteigernd), um einen zusätzlichen Leistungszuwachs zu erzielen.

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2.1 Definition und Erklärung

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2.1 Definition und Erklärung

die Anabolika, das Anabolikum

anawolí (griech.): die Vertagung, die Aufschiebung

Anabolika, auch als anabole Steroide bezeichnet, zählen zu der Gruppe der synthetischen Steroide. Sie wirken auf den Anabolismus (Aufbaustoffwechsel) insbesondere auf den Eiweißaufbau fördernd. Anabolika wurden ausgehend von dem Befund, dass androgene Hormone wie Testosteron neben der geschlechtsspezifischen (androgene) Wirkung auch eine allgemeine aufbauende (anabole) Wirkung haben, entwickelt. Sie werden medizinisch vor allem bei Krankheiten mit starkem Körpergewichtsverlust sowie bei Entwicklungs- und Wachstumsstörungen angewandt. Verboten ist die Anwendung von Anabolika bei Sportlern, da dadurch ein verstärkter Muskelaufbau erzielt werden kann. Zu dem verstärkten Muskelaufbau kommt es durch die eiweißaufbaufördernde Wirkung, da Muskeln aus Eiweiß bestehen. Auch werden Anabolika in der Tiermast verwendet, jedoch ist dies in Deutschland verboten.

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2.2 Anabole Wirkstoffe

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2.2 Anabole Wirkstoffe

Die Gruppe der anabolen Wirkstoffe wird in: 1. Anabol androgene Steroide (wie auch das körpereigene Testosteron) und in 2. ß2-Agonisten unterteilt. Es handelt sich bei diesen beiden Gruppen um Verbindungen die in der Trainingsphase von Athleten eingesetzt werden. Die Sportler erhoffen sich durch ihre Einnahme einen verbesserten Muskelaufbau und somit auch eine Verbesserung der sportlichen Leistung. Die synthetisch anabol androgene Steroide sind seit 1974 verboten. 1984 wurde auch das körpereigene Testosteron verboten. Die ß2Agonisten jedoch wurden erstmals 1993 als Dopingsubstanz verboten, da diese Art von Verbindungen bei erhöhter Dosis anabole Wirkungen zeigen.

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2.3 Betroffene Sportarten

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2.3 Betroffene Sportarten

• Werfer und Kugelstoßer In den Wurf- / Stoßdisziplinen sind anabole Steroide die wirksamsten unterstützenden Mittel. Aus Erfahrungen der leistungssportlichen Praxis, stellt dieser Konsum eine wesentliche Rolle dar. Es dient als Reserve für weitere Leistungssteigerungen in der Entwicklung von Weltspitzenleistungen. • Sprinter und Hürdenläufer Anabolikadoping war bei den Sprintern und Hürdenläufern seit Ende der 60er Jahre üblich, wie in den Sprungübungen auch. • Mittel- und Langstreckenläufer und Geher Seit den frühen 70er Jahren wurden Anabolika auch im Mittelund Langstreckenlauf eingesetzt, vor allem zur Belastungssteigerung im Training, bei Frauen auch in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung. Sogar minderjährige Langstreckenläuferinnen wurden schließlich schon von ihren Trainern hormonell angedopt. Daß selbst die Geher schon seit den 70er Jahren regelmäßig ihre Trainingsbelastbarkeit durch Anabolikadoping erhöhten, ist durch das schriftliche Bekenntnis des früheren Gehers Fred Sparmann bewiesen. • Gewichtheber Die Gewichtheber sind gemeinsam mit den Werfern und Kugelstoßern der Leichtathleten, die klassischen „ Anaboliker“. Sie dopen schon lange und kräftig und stellen auch den Rekordanteil der bei offiziellen Dopingkontrollen ertappten Anabolika-Positiven. Die Gewichtheber haben zusammen mit den Bodybuildern eine Subkultur entwickelt, in der Anabolika eine zentrale Rolle spielen. In der jüngsten Vergangenheit sind auch der Schwimmsport und besonders der Radrennsport in Verruf geraten.

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2.4 Möglichkeiten der Anabolikazufuhr

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2.4 Möglichkeiten der Anabolikazufuhr

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Anabolikazufuhr, so kann es in Form von Tabletten, gelöst in Flüssigkeiten, in Pulverform oder auch über Spritzen zugeführt werden. Eine weitere Form ist das sogenannte Blutdoping: Athleten lassen sich kurz vor dem Wettkampf Eigen– oder Fremdblut, welches etwa vier Wochen vorher entnommen wurde, injizieren, um damit ihre, schon alleine durch das Training erhöhte, Anzahl der roten Blutkörperchen und somit auch ihre Leistungsfähigkeit noch mehr zu steigern. Jedoch birgt auch diese Methode Gefahren, so besteht vor allem bei der Fremdbluttransfusion das Risiko einer Infektionsübertragung, wie Hepatitis oder Malaria sowie Aids. Auch sind Unverträglichkeitsreaktionen bezüglich des Fremdblutes möglich.

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3.0 Nebenwirkungen und Folgen

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3.0 Nebenwirkungen und Folgen

Der Toxikologe Hans Sachs vom rechtsmedizinischen Institut der Universität München erläutert die möglichen Folgen: „Gerade in der Wachstumsphase ist die Einnahme von Substanzen wie Clenbuterol, Nandrolon oder Wachstumshormonen besonders gefährlich. Ebenso können Testosteron-Präparate den Hormonhaushalt durcheinanderbringen. Auch Gemütsschwankungen mit depressiven und aggressiven Phasen oder auch Persönlichkeitsveränderungen („Roid Rage-Phänomen“) treten häufig auf.“ Häufig sind auch Herz- und Leberschäden. Bluthochdruck, Hodenkrebs, Depressionen, Herzinfarkt und Impotenz stehen ebenfalls auf der Liste möglicher Nebenwirkungen. Gefährlich ist vor allem ein Mix von Präparaten, der jedoch unter Anabolika-Konsumenten weit verbreitet ist. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind: • Akne vulgaris starke Verunreinigung der Haut, eitrige Pickel vor allem in den Wangenpartien, aber auch auf dem Dekoltée und dem Rücken.

Bei weiblichen Anabolika-Konsumenten: • Wassereinlagerungen, • tiefere Stimme, • Veränderung der Geschlechtsorgane, • Bartwuchs, • veränderter Menstruationszyklus, • “Vermännlichung”.

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3.0 Nebenwirkungen und Folgen

Bei männlichen Anabolika-Konsumenten: • • • • • • • • • • • • • •

Brustwachstum, Abnahme der Spermienzahl, Abnahme des Hodenvolumens, Veränderung des Gefäßbettes, Schließen der Wachstumsfugen im Knochen, Größenwahn, Konzentrationsstörungen, Haarausfall, Prostatatumore, Kammerflimmern, vergrössertes Herz, Arteriosklerose, Schlaganfall, Lebertumore und EInblutungen.

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4.0 Das Geschäft mit dem Doping

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4.0 Das Geschäft mit dem Doping

Obwohl die meisten Präparate in Deutschland verschreibungspflichtig sind, wenn überhaupt zugelassen, ist es für Jugendliche nicht schwer sie zu bekommen. Michael Sauer, zuständig für Dopingaufklärung am Institut für Biochemie der Sporthochschule Köln, beobachtet, dass die meisten Präparate aus der Türkei kommen, wo sie ohne Rezept in Apotheken erhältlich sind. Aber auch aus den USA, über das Internet oder über einschlägige BodybuildingStudios lassen sich Anabolika problemlos beziehen. Der Handel lohnt sich zudem: von 150 bis 1000 Euro rangieren die Preise für eine „Kur“ mit mehreren Präparaten. Eine Amphetamintablette ist für ein Euro zu bekommen, Wachstumshormonpillen kosten hingegen bis zu 30 Euro. Der illegale Handel mit Dopingmitteln ist ein Riesengeschäft: jährlich werden damit ca. 100 Millionen Euro auf dem Schwarzmarkt in Deutschland umgesetzt. Der Reiz des schnellen Geldes zieht jedoch auch „Schwarze Schafe“ an. Viele der auf dem Schwarzmarkt angebotenen Anabolika sind gestreckt und mit anderen, teils giftigen Stoffen verunreinigt. Was genau sie enthalten, ist oft unbekannt. Rein optisch sind die Arzneimittelfälschungen nur schwer von den Originalpräparaten zu unterscheiden. Die Muskelfans gehen mitunter ein lebensgefährliches Risiko ein, wenn sie die Präparate zu sich nehmen. Oftmals sind es die Krankenkassen, die den illegalen Handel mit Dopingmitteln aufspüren. Die DAK beispielsweise bekommt von den Apotheken rund fünf Millionen Rezepte im Monat, die sie gezielt in einem speziellen Fachzentrum in Bremen auf Rezeptbetrug hin überprüfen. So ist zum Beispiel ein Fall von mehreren Apotheken ans Licht gekommen, die mit Fehlern übersäte Rezepte eingelöst haben. Auf den Vordrucken eines Zahnarztes war vielfach das Präparat „Genotropin“ im Wert von 5.500 Euro verschrieben worden. „Genotropin“ ist ein Wachstumshormon für Kinder. Die Apotheken

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4.0 Das Geschäft mit dem Doping

haben es herausgegeben, obwohl die Patienten keine Kinder waren und dieses Medikament sonst nie von Zahnärzten verordnet wird. Es ist wahrscheinlich in ein Fitness-Studio gelangt. Der Fall wurde an die Kriminalpolizei übergeben.

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5.0 Die Ursachen

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5.1 Gesellschaftliche Ursachen

Der Zweite ist nicht nur im Sport bereits der erste Verlierer. Hintergrund dieser Bewertung ist die Tatsache, dass wir in allen Bereichen des Lebens Leistung mit Erfolg verwechseln. Leistung ist das, was ich selber hervorbringe, was durch einen bestimmten „Gütemaßstab“ messbar und vergleichbar ist. Erfolg aber wird von außen zugeschrieben und ist mit Anerkennung verbunden. Seit geraumer Zeit vollzieht sich auch in der Gesellschaft eine Verschiebung von der selbsthervorgebrachten Leistung zu dem von außen festgestellten Erfolg. Erfolg zu haben ist der eigentliche Motor des Handelns, nicht das Streben nach Leistung. Genau genommen müsste man unsere Gesellschaft nicht als eine Leistungs-, sondern als eine Erfolgsgesellschaft bezeichnen. Und weil diese äußere Anerkennung so wichtig geworden ist, hat die Neigung zum Doping zugenommen. Damit ist ein Phänomen entstanden, das man als „Alltagsdoping“ bezeichnen kann. Aus diesen alltäglichen, schon in früher Kindheit beginnenden Erfahrungen entsteht das, was man eine „Missbrauchkarriere“ nennt. Im alltäglichen Leben vollzieht sich ein Prozess, in dem die Bereitschaft wächst und es nahezu selbstverständlich wird, Hilfsmittel zu nutzen, um den angestrebten Erfolg zu erreichen. Wenn sich im Sport gesellschaftliche Phänomene spiegeln, dann muss man feststellen, dass Sport nicht besser ist als die Gesellschaft, aber auch nicht schlechter! Sport ist ein Spiegel der Gesellschaft. Er ist keineswegs unabhängig und besitzt eine „eigene Wirklichkeit“. Sport spiegelt all die Werte, Vorstellungen, Normen und Ansprüche wieder, die in der konkreten Gesellschaft bestehen. Deutschland beispielsweise ist eine „Drogengesellschaft“. Es lässt sich ein selbstverständlicher Umgang mit Medikamenten erkennen: „Wer Kopfschmerzen hat, wirft eine Tablette ein. Wer dicke Muskeln will, eine Pille.“ In dieser Selbstverständlichkeit liegt das grosse Problem. Oftmals werden die anabolen Präparate mit Vitamintabletten

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5.1 Gesellschaftliche Ursachen

und Nahrungsergänzungsmitteln gleichgesetzt. Der Heidelberger Molekularbiologe Werner Franke, der einer der bekanntesten DopingExperten für den Spitzensport in Deutschland ist, spricht von einer „tolerierten Kriminalität“. Trotz der Verschärfung des Arzneimittelgesetzes 1998, das die Abgabe von Dopingmitteln an Jugendliche mit Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren ahndet, folgen der Androhung viel zu selten Taten. Der Anabolika-Mißbrauch wird als Kavaliersdelikt gesehen, trotz der enormen Nebenwirkungen. Auch bei der „Nationalen Anti Doping Agentur“ (Nada) sieht man für den Anabolikamißbrauch vor allem gesellschaftliche Ursachen: „Der Körperkult ist aus den Medien in den Breitensport hinübergeschwappt. Es wird ein Körperbild transportiert, das realitätsfern ist und dem einzelnen nahe legt, daß man an sich etwas ändern muss - ähnlich wie bei Schönheitsoperationen.“

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5.2 Psychologische Begründungen

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5.2 Psychologische Begründungen

Die Natur hat Grenzen gesetzt für Muskelwachstum: Der Lübecker Mediziner Boos geht davon aus, dass das genetisch vorgegebene Potenzial nach zwei Jahren regelmäßigen Trainings erschöpft ist. Ein Plus an Muskelmasse ist dann nur noch schwer zu erreichen und Fortschritte sind meist so klein, dass sie kaum bemerkt werden. Viele, die diesen Frust nicht erleben wollen, helfen chemisch nach: Eine sechs- bis achtwöchige Kur mit Anabolika baut Muskeln auf, parallel geschluckte Diuretika entwässern den Körper, damit sich die Muckis deutlich unter der Haut abzeichnen. Laut des Kölner Psychologen Werner Hübner gibt es einen Grund, warum Anabolika gerade für junge Männer zur Sucht werden. Wer wenig Selbstbewusstsein hat, sich schlecht behaupten kann, keine Perspektive auf Job oder Anerkennung hat, für den wird die eigene Hülle mit viel Muskeln zum Schutz und zum Ersatzselbstbild. Diese jungen Männer haben ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper, sie sind muskelsüchtig (Biggerexie). Doch da die Muskeln weniger antrainiert sind als durch Präparate aufgebaut, schwindet ein Teil wieder, sobald die „Kur“ endet. So beginnt die Abhängigkeit, die einer Sucht ähnelt. Eltern bekommen davon noch viel später etwas mit als bei anderen Drogen: Sie sind froh, dass ihre Kinder nicht auf der Strasse rumhängen, stattdessen etwas für ihre Gesundheit tun; über schnell wachsende Muskeln wundern sie sich nicht.

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6.0 Wer ist betroffen?

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6.0 Wer ist betroffen?

Die bereits zuvor erwähnte Studie des Mediziners Carsten Boos kommt zu folgenden teils überraschenden Ergebnissen:

Vergleichende Ergebnisse der Sportler NA = keine Anabolika-Konsumenten A = Anabolika-Konsumenten NA (%)

A (%)

Gesamt (n=255)

79

21

Männer (n=204)

76

24

Frauen (n=51)

92

8

< 20

15

12

21-25

27

37

26-30

30

29

> 30

28

22

Gewicht (kg)

81,6

91,8

Grösse (cm)

180,2

180,6

ledig

58

53

Partner

23

37

verheiratet

19

10

Hauptschule

17

32

Realschule

41

48

Abitur / FHR

42

20

33

6.0 Wer ist betroffen?

NA (%)

A (%)

Handwerker

32

43

Angestellte

37

32

Beamte

6

14

Polizei, BGS

7

5

höhere Beamte, leit. Angestellte

11

3

Selbständige, Freiberufler

6

3

Drogenabusus

14

41

Cannabis

90

80

Kokain

38

25

Ecstasy, Amphetamine

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Familienstatus Anabolikakonsumenten lebten häufiger in einer festen Partnerschaft, Nichtkonsumenten waren häufiger verheiratet. Trainingsmotivation Als vorrangiges Trainingsziel gaben 69% aller Sportler den Aufbau von Muskelmasse (Anabolikakonsumenten 92%) an, gefolgt von Kraftzuwachs mit 51% (Anabolikakonsumenten 61%). Auf die Frage nach den Gründen für die Medikamenteneinnahme gaben 62% den Aufbau von Muskelmasse, 43% Kraft- und Leistungssteigerung und je 9% die Teilnahme an Wettkämpfen sowie Fettabbau an. Die Sportler, die keine Medikamente einnehmen oder eingenommen hatten, begründeten diesen Verzicht zu 84% mit

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6.0 Wer ist betroffen?

den zu erwartenden Nebenwirkungen, zu 49% wegen Unsportlichkeit, zu 30% mit dem hohen Preis und zu 7% mit Beschaffungsproblemen. 5% planten, zukünftig ihr Training durch Medikamente zu unterstützen. Dieser Zahl stehen 72% der Anabolikakonsumenten gegenüber, die auch in Zukunft weiterhin Medikamente einnehmen wollten. Bezugsquellen Als Bezugsquelle für die Medikamente gaben 14% Arzt, 12% Trainer, 16% Apotheke, 56% Bekannte und 53% Mitsportler an. 31% der Konsumenten lassen ihre Medikamenteneinnahme ärztlich kontrollieren. Die Aufklärung über Nebenwirkungen fand in 43% durch einen Arzt, in 26% durch einen Trainer, in 31% durch Medien, in 71% durch Mitsportler und in 83% durch das Literaturstudium statt.

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6.0 Wer ist betroffen?

Eingenommene Substanzen Wirkstoff

Handelsname

Fälle (%)

Methandrostenolon Dianabol, Metanabol

37,5

Nandrolon

Deca-Durabolin

37,5

Testosteron

Systanon, Testoviron

37,5

Oxandrolon

Anavar, Oxitosona

15,0

Stanozolo

Winstrol, Stromba

39,0

Methenolon

Primobolan

27,5

HCG

Clomifen

5,0

STH

Somatotropin

2,5

Clenbuterol

Spiropent

37,5

sonstige anabole Steroide

Omnadren, Proviron

60,9

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