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Siliconelastomere
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65. Jahrgang, Juli 2012
07| 2012
Siliconelastomere
Sieg über funktionellen Wettbewerb
2. Positionierung
Die Erfolgsgeschichte der Siliconelastomere O. Franssen, H. Bayerl* Im weltweiten Kautschukmarkt stellen Siliconelastomere mit ca. 1,5 % Anteil immer noch eine Nische dar. Gleichzeitig wachsen neue Anwendungen für Silicone schneller als der Durchschnitt der Industrie. Dies wird unterstützt durch „Megatrends“, wie die alternde Gesellschaft für medizinische Anwendungen, den Umweltschutz und die Emissionsverringerung für die Bereiche Automobil oder Energie, sowie die steigenden Erwartungen der Endverbraucher oder härtere Gesetzgebung für Konsumartikel. Während Silicone ein fast universelles Spektrum an physikalischen Eigenschaften aufweisen, sind sie manchmal aus Materialkosten-Überlegungen nicht die erste Wahl, wobei eine Systemkostenbetrachtung häufig eben nicht stattfindet. Erfolgreiche Anwendungen für Siliconelastomere ergeben sich, sobald die Entwickler die besonderen Eigenschaften von Siliconen verinnerlicht haben und diese kreativ als Vorteile in neuen Produkten und System einsetzen. Dieser Artikel soll helfen, die Siliconelastomere den Materialien gegenüberzustellen, die in einem funktionellen Wettbewerb zu ihnen stehen. Dazu gehören natürlich Elastomere wie FPM, ACM, EPDM oder NR, aber auch das Metall einer Feder oder transparente Kunststoffe und Glas in optischen Anwendungen. Beispiele sollen dabei verdeutlichen, wie spezifische Eigenschaften der Silicone bei erfolgreichen neuen Produktentwicklungen helfen können. In the global elastomers market, silicone elastomers continue to be a niche with approximately 1.5 % of the global demand in rubber. However silicones grow faster than many industries and economies. Due to megatrends including aging population, for healthcare applications, environmental awareness in automotive and energy or consumer perception and legislation for example in consumer good applications. While silicones have an almost universal set of physical properties for rubber applications, based on material cost considerations they are often not immediately selected instead of judging by system costs. Successful silicone elastomer applications can be achieved, when engineers understand the silicone product features and creatively apply their benefits for new applications and designs. This paper will help to position silicone elastomers vs. functionally competing materials including rubber materials like FKM, ACM, EPDM or natural rubber and metal in a spring or thermoplastics and glass in optical applications. Examples show how specific properties of silicone elastomers lead to successful new applications winning against functional competition.
Die ASTM D 2000 wurde eingeführt, um Elastomere einfach auf Basis ihrer unterschiedlichen Eigenschaften standardisieren und spezifizieren zu können. Wenn man die typischen Merkmale verschiedener Elastomere in Hitze und Öllagerung gegenüberstellt, wird in der Grafik die Position der Silicone gegenüber organischen Elastomeren verdeutlicht. Der Öllagerungstest teilt die Elastomere grob nach deren Polarität ein (und damit nach deren Eignung für unpolare Medien wie Öl, Fett oder Kraftstoff). Die Position in der Temperaturbeständigkeit ist Folge von enthaltenen Doppelbindungen (schlecht) oder hoher Bindungsenergie (gut in der Hitze) (Abb. 3). Ein universeller Elastomerwerkstoff existiert nicht. Ideale Eigenschaften wie die: • dynamische Flexibilität und Festigkeit von NR, • Barriereeigenschaften von BR oder FPM, • Hitze- und Säurebeständigkeit von FPM, • Tieftemperaturflexibilität und Konstanz der physikalischen Eigenschaften über einen breiten Temperaturbereich der Siliconelastomere (VMQ), können nicht innerhalb eines Werkstoffes dargestellt werden. Häufig können aber Konstruktionsänderungen und eine Optimierung auf die kritische Funktion einer Anwendung hin den Einsatz alternativer Werkstoffe sinnvoll machen. Siliconelastomere sind nicht immer die optimale Entscheidung für einzelne Erfordernisse. Aber wenn viele verschiedene Eigenschaften zur gleichen Zeit Abb. 1: Weltweiter Kautschukmarkt 2011
1. Überblick über die Elastomere
Siliconelastomere 0,3 Mio. t
* Oliver Franssen
[email protected] Global Marketing Director, Elastomers Transportation Heiko Bayerl Marketing Manager Elastomers, Automotive Europa Momentive Performance Materials GmbH, Leverkusen Vortrag, Silicone Elastomers 2012, 27. – 28. März 2012, Berlin, Smithers Rapra, Shawbury, Shrewsbury, Shropshire, UK
462
Im Vergleich zum weltweiten Kautschukmarkt spielen Siliconelastomere immer noch eine untergeordnete Rolle und haben etwa 1,5 % Marktanteil [1, 2] (Abb. 1). Wegen ihrer -Si-O- Hauptkette spricht man bei Siliconen von anorganischen Werkstoffen im Gegensatz zu allen anderen synthetischen Elastomeren und Naturkautschuk, die auf -C-C- Verbindungen aufgebaut sind. Dieser Unterschied ist aber der Grund für die speziellen Eigenschaften der Silicone, deren physikalischen Eigenschaften sich in vielfältiger Hinsicht von ihren funktionellen Wettbewerbern unterscheiden (Abb. 2).
Synthesekautschuk 14,4 Mio. t
Naturkautschuk 11,2 Mio. t
25,9 Mio. t im Jahr 2011
GAK 7/2012 – Jahrgang 65
in der gleichen Anwendung verlangt sind, stehen die Chancen nicht schlecht, dass der Einsatz von Siliconelastomeren eine sinnvolle Alternative ist.
3. Märkte für die Siliconanwendungen Die Siliconanwendungen lassen sich auf vier Bereiche aufteilen: • Verkehr (Kraftfahrzeuge, Luft- und Raumfahrt, Schienen- und Wasserfahrzeuge), • Energie (Hochspannungstechnik, Stromversorgung), • Konsumartikel (Unterhaltungselektronik, weiße Ware, Babycare), • Medizintechnik.
• Selbstschmierende Flüssigsilicone (LSR), die ein Öl zur Montageerleichterung ausschwitzen, • Antimikrobielle Silicone für medizinische Anwendungen, • Leitfähige Werkstoffe für die Elektrotechnik, • Hochtransparente Siliconelastomere für lichttechnische Anwendungen.
4. Vorteile gegenüber funktionellen Wettbewerbern Entscheidungswege der Werkstoffauswahl für Elastomere in neuen Anwendungen lassen sich unter den folgenden Überschriften einteilen: • Funktionalität integrieren
Innerhalb dieser Märkte wurde eine Vielzahl spezialisierter Silicone entwickelt, die gegenüber Standardwerkstoffen einen Zusatznutzen bringen. Beispiele sind: • Selbsthaftende Typen, die Hart-WeichVerbindungen mit vielen Kunststoffen oder Metallen ohne den Einsatz von Haftvermittlern ermöglichen, Abb. 2: Die Struktur der Silicone
R
R
R
R – Si - O – Si - O – Si - R R
R
R
R = -CH3 = -CH = CH2 = -Ph = -CH2-CH2-CF3
Beispiel: Neues Teiledesign für Zweikomponentenspritzguss. Dies ermöglicht Einsparungen durch Wegfall der Montage von Dichtungen oder Dämpfungselementen und verhindert auch Risiken von Montagefehlern. LSR ist in selbsthaftenden Formulierungen verfügbar. Diese sind durch ihre schnelle Vernetzung verarbeitungstechnisch kompatibel zum Zyklus typischer Thermoplaste für technische Anwendungen. Hierdurch lassen sich in vielen Fällen Einsparungen gegenüber kostengünstigeren organischen Elastomeren erreichen.
Beispiel: Durch die Globalisierung werden Teile- und Systemspezifikationen auf universellere Anforderungen erweitert. Im Automobilbereich muss die Funktion der Teile sowohl bei sehr niedrigen als auch bei relativ
FFKM
275
Temperatur / °C
250
FPM
225 200
VMQ FSL FVMQ = FSE / FQE / FFSL = HCR / HV / HTV = LSR AEM, ACM, HNBR
175 EPDM
125 70
CPE / CSM
IIR SBR NR
nicht 140 erforderlich
Beispiel: Die typische Elastomerverarbeitung ist durch einen hohen Lohn- und Maschinenkostenanteil gekennzeichnet. Oft ist der Anteil der Werkstoffkosten an den gesamten Herstellkosten eines Bauteiles gering. Maschinenkosten, Nacharbeit, Entgratung und Angussabfall können Kostentreiber sein. Die Zykluszeit im Bereich von mehreren Minuten macht eine wirtschaftliche Automatisierung schwierig. Aber der LSR-Spritzgießprozess ermöglicht eine volle Automatisierung für die grat- und abfallarme Teileherstellung in sehr kurzer Zykluszeit. In diesem Prozess hat das Material den Hauptanteil der Teilekalkulation. Speziell bei sehr großen Stückzahlen kleiner Teile kann LSR auch gegen billigere organische Elastomere gewinnen.
• Breitere Spezifikationen
Siliconelastomere: MQ Methylsilicon VMQ Vinylmethylsilicon PVMQ Phenylvinylmethylsilicon FVMQ Fluorvinylmethylsilicon
100
• Geringere Systemkosten
• Neue Technologien
n
150
hohen Temperaturen zuverlässig gewährleistet sein, (vom Start des Motors im Winter nördlicher Breiten bis hin zur Höchstgeschwindigkeit auf der deutschen Autobahn oder im Stau bei hochsommerlichen Temperaturen). Hierfür brauchen die Entwickler Elastomere, die auch noch weit unter dem Gefrierpunkt flexibel sind und gleichzeitig bei hohen Temperaturen unter der Motorhaube, vorzugsweise mit nur geringer Änderung der physikalischen Eigenschaften bestehen. Diese Erwartungen kann derzeit nur ein Siliconelastomer erfüllen.
NBR, ECO
CR
120
100
• Eigenschaften als Vorteil nutzen 80
60
40
30
Volumenquellung in IRM 903 Öl / %
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Beispiel: Die Beleuchtungstechnik ist eine der weltweiten Zukunftstechnologien. Energieeinsparung, geringerer CO2-Ausstoß und auch Sicherheit beschleunigen zum Beispiel die Einführung von LEDs. Der Anteil von LEDs in der Beleuchtung wird nach aktuellen Prognosen von 15 % in 2010 auf 45 % im Jahr 2015 wachsen und die traditionelle Glühbirne ersetzen [5]. Die Effizienz der LEDs entwickelt sich rasant weiter, allerdings steigen dabei auch die Temperaturen und der Blaulichtanteil. Hochtransparente Silicone sind für hohe Temperaturen und UV-Licht gleichermaßen geeignet und behalten dabei ihre guten optischen Eigenschaften.
20
10
Abb. 3: Grafische Darstellung nach ASTM D 2000
Für eine erfolgreiche Entwicklung mit Siliconelastomeren reicht es nicht, nur den 463
Siliconelastomere
Werkstoff einer Anwendung auf der Zeichnung auszutauschen. Speziell Flüssigsilicone (LSR) ermöglicht eine Vielzahl von Vorteilen, wenn man die typischen, gegenüber organischen Elastomeren unterschiedlichen, Eigenschaften bei der Konstruktion einfach und sinnvoll einsetzt. Zum Beispiel: • Die niedrige Viskosität ermöglicht sehr dünne Wandstärken und lange Fließwege. • Niedrige Härte wird ohne Weichmacher erreicht. • Silicone sind einfach und beliebig einzufärben, auch glasklare Werkstoffe sind verfügbar. • Die elastischen Eigenschaften sind fast linear, ähnlich einer Hookeschen Feder. • Silicone sind wasserabweisend (hydrophob). • Silicone sind hervorragende elektrische Isolatoren. Diese Eigenschaften vergrößern logischerweise die Anzahl der funktionellen Wettbewerber von Siliconen beispielsweise: • Isolatoren in der Hochspannungstechnik, wo Porzellan durch Silicon-Composite-Teile ersetzt wird, • Ersatz von Spiralfedern durch Gummifedern, • Einsatz an Stelle von transparenten Kunst-
stoffen oder Glas in optischen Anwendungen, wie in den folgenden Beispielen erklärt wird.
Der Fortschritt in der Leuchtenentwicklung und die Einführung hocheffizienter LEDs machte die Entwicklung neuer hochtransparenter Flüssigsilicone erforderlich. Durch deren Spritzgießfähigkeit werden auch komplexe Geometrien in großer Stückzahl möglich. Die neue LSR 7000-Familie von Momentive kombiniert hierzu hohe optische Transparenz mit hervorragender Beständigkeit gegenüber UV- und Blaulicht. Dieses neue ultra-transparente LSR ist damit ein hervorragender Kandidat, um transparente Thermoplaste wie PC oder PMMA in Lichtanwendungen, die hohe Temperaturanforderungen haben und eine hohe Designfreiheit benötigen, zu ersetzen oder um komplett neue lichttechnische Lösungen zu finden (Abb. 5, 6).
5. Ultra-transparente LSR gegenüber Glas und Kunststoff Hoch transparente Siliconvergussmassen werden bereits seit Jahren erfolgreich im Packaging der LED-Halbleiterchips eingesetzt. Die steigenden Temperaturen und die ausgeprägte Blaulichtstrahlung der hocheffizienten LEDs neuerer Generation erfordern die Eignung für hohe Temperatur und UV-Beständigkeit für die optische Einkapselung. Diese Eigenschaften stellen heute in den meisten LED-Kapselungen Silicone dar, die zusätzlich eine geringere Rissanfälligkeit haben.
PMMA
Abb. 5: Optische Thermoplaste und Silopren LSR 7000 Serie nach Temperaturlagerung für 6 480 h bei 150 °C [6]
PMMI Typ 1
Der naheliegende nächste Schritt ist der Einsatz der hochtransparenten LSRs für
PC
COP
LSR 7070
LSR 7080
PMMI Typ 2
PMMI Typ 1
LSR 7005
Abb. 4: Multifunktionale Linse aus Silopren LSR 7070 [4]
WRL 4984
LSR 7070 (Dicke 1.97 mm)
LSR7070 Transmission bei 6° Einfallswinkel LSR7070 Reflexion bei 6° Einfallswinkel
%
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 200
LSR 7060
Abb. 6: Transparenz über Wellenlänge Silopren LSR 7070 [7] Abb. 7: Silopren LSR 2645 im Vergleich [6]
300
400
500 600 700 Wellenlänge / nm
800
900
1 000
Abb. 8: Lebenszykluskosten für Isolatoren [3] 250
140 In Wasser gekocht
In Heißluft bei 70 °C gealtert
Weiterreißfestigkeit
120
200
100 USD / Jahr
Leistung / %
LSR 7070, 655 nm: 2,8 dB/m ⇒ 30 cm: 82 % Transparenz ⇒ 100 cm: 53 % Transparenz
80 60
Silicon-Composite Beschichtete Keramikscheibe Keramikscheibe mit Reinigung
150 100
40 50
20 0 LSR 2640
464
LSR 2645
Wettbewerber
0 132 kV
275 kV
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Sekundärlinsen, die auf die LEDs montiert werden (Abb. 4). Das Licht wird vom Einkapselungsmaterial gestreut. Um das Licht anschließend zu formen und weiterzuleiten, werden zusätzliche Sekundärlinsen und Lichtleiter benötigt. Bislang werden solche Optiken vorwiegend aus PC oder PMMA hergestellt. Um diese Kunststoffe vor der hohen Temperatur der Hochleistungs-LEDs zu schützen, können diese nicht direkt auf die Lichtquelle montiert werden – man braucht hier einen Luftspalt, um die Kontakttemperatur zu senken. Ergebnis sind unerwünschte Reflexionen an der Grenzfläche Kunststoff-Luft, die den Wirkungsgrad senken. Sekundärlinsen und Lichtleiter aus hochtransparentem und temperaturbeständigem LSR können direkt auf den LEDAbb. 9: Silicon-Hohlkörperisolator
Kern
Silicongehäuse
Flansch/Fitting Mechanische Belastbarkeit: Kern: Glasfaserverstärkte Röhre aus Epoxyd oder Polyester Fitting: Aluminium Gehäuse: Silicon (RTV, HTV, LSR)
Chip montiert werden und steigern daher die Effizienz. Gleichzeit hat das flexible LSR eine höhere Gestaltungsfreiheit als PC oder PMMA.
6. LSR gegenüber NR in Schnullern und Flaschensaugern Als LSR vor mehr als 30 Jahren auf den Markt kam, waren Flaschensauger für Babys eine der ersten Anwendungen, an der gearbeitet wurde. LSR sieht klar und sauber aus, ist einfach im Spritzguss in hohen Stückzahlen zu verarbeiten und ist neutral in Geruch und Geschmack. Damals war der Markt von Schnullern und Flaschensaugern aus Latex/Naturgummi geprägt. Studien haben gezeigt, dass LSR nicht nur die erforderlichen Regularien für Lebensmittel erfüllen kann, sondern dass auch deren Allergiepotenzial gegenüber dem Naturgummi wesentlich geringer ist. LSR ist lichtbeständig und hält kochendes Wasser ohne nennenswerte Änderung der physikalischen Eigenschaften oder Farbe aus. Die eigentliche Entscheidung für LSR in dieser Anwendung wurde aber tatsächlich von den Müttern und noch mehr von deren Babys getroffen, die Silicon dem Naturgummi einfach vorgezogen haben. Heute ist Babycare einer der größten Märkte für LSR weltweit. Auch in diesem schon so lange etablierten Segment gibt es immer noch Innovation, um die gestiegenen Erwartungen der nächsten Generation zu erfüllen, zum Beispiel mit höherer Weiterreißfestigkeit. Eine neue Entwicklung von Momentive hierzu ist LSR 2645 mit verbesserter Reißfestigkeit nach EN 1400-2 in Hitze (Abb. 7).
DMA 10 000
100
Anmerkung: Laut DBL 5555, Ausgabe 06-2004, wird der Tieftemperatur-Standard durch das Hauptmaximum des Verlustmoduls definiert.
100
10
1 -100
-50
0
50 Temperatur / °C
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100
150
0,15
10
0,10
1
0,05
0,1
Verlustmodul / MPa
1 000
tan δ
Speichermodul / MPa
Kristallisationstemperatur: –72 °C -71,62 °C Tieftemperatur-Standard < –80 °C
0,01 200
Abb. 10: DMA LIM* 8040 [6]
7.
Silicone gegenüber Porzellan in Hochspannungsanwendungen
Siliconelastomere in der Hochspannungstechnik kamen in den späteren 1960er Jahren auf, als die Experten nach leichteren und vor allem wartungsärmeren Lösungen suchten, um Glas oder Porzellan in CompositeIsolatoren wie Hohlkörperisolatoren (hollow cores) zu ersetzen (Abb. 9). Wichtige Erwartungen für diese Anwendung sind: • Niedriges Gewicht – hohe mechanische Festigkeit, • Einfaches Handling, • Niedrige Verschmutzung – niedrige Wartungskosten, • Flexibilität/Explosionssicherheit (Seismisches Verhalten). Ein funktioneller Wettbewerber der Silicone ist hier auch EPDM mit guter Bewitterungsbeständigkeit und guten Isolationswerten. Siliconisolatoren gewinnen wieder durch die eigentlich normalen Eigenschaften der Siliconelastomere. Die wichtigsten sind hier: • Flexibilität, • Niedrige Dichte, • Hydrophobie, • Niedrige Viskosität. Die Hydrophobie, die Verschmutzungen und Überschläge an der Oberfläche verhindert, und niedrige Viskosität, die das Gießen sehr großer Strukturen ermöglicht, sind hierbei die wichtigsten Unterschiede zwischen Silicon und EPDM. Silicon hat außerdem die interessante Fähigkeit, seine wasserabweisenden Eigenschaften auch auf Schmutzschichten, die sich in stark kontaminierter Umgebung ablagern können, zu übertragen. Ein gutes Produkt in dieser Anwendung ist Silopren Electro 242-0 von Momentive, das sich zusätzlich durch eine hervorragende Kriechstrombeständigkeit und Erosionsfestigkeit (1A 4,5 kV nach IEC 60587) auszeichnet. Bei bloßer Betrachtung der Fertigungskosten führt Silicon im Vergleich allerdings zum teuersten Bauteil. Aber bei Betrachtung der Gesamtkosten im Lebenszyklus, die Montage, Wartung und Demontage beinhalten, haben die Isolatoren aus Silicon die beste Kosteneffizienz [3] (Abb. 8). Einer der Hauptgründe ist die regelmäßig erforderli465
Siliconelastomere
che Reinigung der konventionellen Isolatoren (inkl. solcher aus EPDM), die beim hydrophoben Silicon unnötig ist.
8. Hitzebeständiges LSR ersetzt ACM oder FPM in Ladeluftkühlerdichtungen Der Trend zu immer effizienteren Antrieben steigert den Anteil von Motoren mit Turboladern. Der Turbolader hat eine Verlustölschmierung mit Motoröl, daher enthält die komprimierte Luft auch Ölpartikel. Die Ladeluft geht durch den Ladeluftkühler, um die Dichte zu erhöhen. Die Dichtung im Deckel des Ladeluftkühlers ist eine relative große rechteckige Dichtung, meist mit ringförmigem Querschnitt. Deren langer Fließweg ist in Prozess-Design und Herstellung aus organischen Elastomeren aufgrund deren rheologischen Eigenschaften nicht trivial. Der Elastomerwerkstoff muss neben der erforderlichen Ölbeständigkeit auch die Eignung für die hohe Temperatur der Ladeluft und eine gute Flexibilität bei sehr tiefen Temperaturen haben. Spezifi ziert wurden hier meist FPM (teuer und problematisch in tiefen Temperaturen) oder ACM (günstiger und besser in tiefen Temperaturen, aber begrenzt in der Hitzebeständigkeit). Festsilicon-Compounds wurden alternativ eingesetzt (modifiziert mit mineralischen Füllstoffen um niedrigere Ölquellung zu erreichen), aber auch diese Werkstoffe zeigen die gleichen potenziellen Scorch-Probleme in der traditionellen Elastomerverarbeitung. Etwa im Jahr 2000 qualifizierte ein namhafter OEM erstmals ein spezielles Flüssigsilicon von Momentive für diese Anwendung. Die Verarbeitungseigenschaften von LSR passen sehr gut zur anspruchsvollen Fertigung der Geometrie, wenngleich das LSR eine höhere Volumenquellung in Öl als die angeführten funktionellen Wettbewerber hat. • Die niedrige Viskosität des LSR erlaubt eine schnelle Füllung im Formgebungsprozess. • Die Inhibierung des LSR verhindert die Anvernetzung (Scorch). • Die platinkatalysierte Additionsvernetzung 466
macht eine volle Automatisierung wirtschaftlich. • Sehr geringer Materialverlust, möglich durch abfallarme und gratfreie Formsysteme. • Gute Hitzebeständigkeit und niedriger Druckverformungsrest. Silopren LSR 2670 trägt heute erfolgreich in dieser Anwendung zur Kosteneinsparung bei und ist in der Großserie im Einsatz.
9. LSR gegenüber Metallfedern – Festsilicone gegen NR in Motorlagern Bewegung erzeugt Vibration und Geräusch. Elektrische Motoren wie auch Verbrennungsmotoren müssen gleichzeitig fixiert und entkoppelt werden. Der ideale Werkstoff hierfür hat eine gute Rückprallelastizität, gepaart mit guten mechanischen Eigenschaften, die am besten über den gesamten Temperaturbereich der Anwendung konstant bleiben (Abb. 10). Siliconelastomere haben relativ stabile Modulwerte und Federeigenschaften von tiefen Temperaturen wie –40 °C bis zu hohen Temperaturen bis über 150 °C. Dank dieser einzigartigen Eigenschaft ersetzt LSR beispielsweise TPE im Entkopplungselement eines Lüftermotors. Das in diesem Fall selbsthaftende LSR erlaubt die Ausführung im Zweikomponenten-Spritzguss und damit die chemische Verbindung zwischen dem Kunststofftragkörper und den Haltelaschen. Damit wird der Motor gehalten und über einen breiten Temperaturbereich konstant und wirkungsvoll entkoppelt (Abb. 11). Ein anderes Beispiel ist der Einsatz von speziellen niedrigdämpfenden Silicontypen an Stelle von NR in Lagern für Verbrennungsmotoren von stationären Kleinkraftwerken. NR wird bei dauerhaftem Einsatz oberhalb 120 °C zerstört. Die hocheffizienten Motoren sind zur Geräuschdämmung gut gekapselt. Hierdurch steigen die Temperaturen um den Motor und machen neue Ideen zum Entkopplungsmaterial notwendig. Silicon-Motorlager arbeiten hier zuverlässig bei Temperaturen von 150 °C (Abb. 12).
10. Ausblick Die nächste erfolgreiche Anwendung, in der Silicon einen funktionellen Wettbewerber ersetzt, erfordert gute Zusammenarbeit von hervorragenden Entwicklern mit einem innovativen Rohstoffhersteller. Hierbei können spezielle Siliconwerkstoffe die Anwendung deutlich und durch mehr als nur Prozesseffizienz aufwerten. Wichtig bleiben immer kreative Entwickler, die um die Ecke denken können und die die notwendige Freiheit besitzen und benutzen, für bessere Funktionen zu konstruieren.
11. Referenzen [1] Dr. Stephen Evans, IRSG, Präsentation auf der China Rubber Conference, März 2011 [2] Momentive Markteinschätzung 2011 [3] EPRI, Transmission Line Reference Book, 115 – 138 kV Compact Line Design, RP 260, S. 29. [4] Foto von KIMW Lüdenscheid [5] Philips Global Lighting Market Study [6] Momentive Labordaten [7] Prof. Neyer, Techn. Universität Dortmund Abb. 11: Dämpfungskäfig für Lüftermotor
Abb. 12: Silicon-Motorlager
GAK 7/2012 – Jahrgang 65
Impressum Herausgeber Dr. Heinz B. P. Gupta Anschrift Dr. Gupta Verlag Am Stadion 3b, 40878 Ratingen Ust. Nr. DE 157894980 Postanschrift Postfach 10 41 25, 40852 Ratingen Tel. Fax
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