Forum der Geoökologie 1/2011

March 7, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Mitteilungen des Verbandes für Geoökologie in Deutschland e. V. (VGöD)

1/11 4,60 €

FORUM der GEOÖKOLOGIE Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?

ISSN 0939 6632

Die Jahrestagung 2010 Œ Vortrag von Prof. Klaus Töpfer Œ Zusammenfassungen der Workshops Boden Œ Wasser Œ Biodiversität Œ Ein Fazit

Außerdem in diesem Heft: Neuer Vorstand Œ Übersicht Ansprechpartner Œ Fachinformationssysteme im Bodenschutz Œ Nachhaltigkeitszertifizierung von Stadtquartieren Œ M.Sc. Geoökologie in Tübingen und Braunschweig Œ Wasserlimitierte Ökosysteme Œ Rezensionen Œ Kurzmitteilungen Œ Termine www.geooekologie.de

22. Jahrgang

Ausgabe 1

Mai 2011

Inhalt

Inhalt VGöD-Intern

Neues aus der Forschung

Der neue VGöD-Vorstand stellt sich vor Danke für die gute Arbeit!

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Übersicht: Ansprechpartner im VGöD Kurzmeldungen aus dem VGöD

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Modellierung und Management von wasserlimitierten Ökosystemen am Beispiel des Kuiseb River in Namibia .................................... 46

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Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? Ein Rückblick auf die Jahrestagung 2010 Von Viridiana Alcántara Cervantes ............................................................................................................... 12 Die Jahrestagung aus der Sicht zweier Erstis Von Eva Wendeberg und Sebastian Griesmeier

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„Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?“ Vortrag von Prof. Dr. Dr. hc. mult. Klaus Töpfer Von Stephan Mummert ....................................................................................................................................... 14 Workshop Boden Von Sarah Annika Arévalo

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Workshop Wasser Von Daniel Klein .................................................................................................................................................... 18 Verlust von Biodiversität – Verlust einer Ressource? Von Tillmann Buttschardt und Julia Baum ............................................................................................... 20 Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? Ein Fazit Von Jörg Matschullat ........................................................................................................................................... 26

Geoökologie Weiterentwicklung von Fachinformationssystemen im Bodenschutz ......................................... 28 Nachhaltigkeitszertifizierung von Stadtquartieren als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung 34 Geoökologie an der Universität Tübingen: Startschuss für den Master und Revision des Bachelor-Studiengangs ............................................... 39 Masterstudiengang Geoökologie an der TU Braunschweig ........................................... 42 Perspektive Geoökologie in Karlsruhe – ein voller Erfolg! ........................................................ 44 Neuer Studienkoordinator an der Uni Bayreuth ..................................................... 45 FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Rezensionen Zur Lage der Welt 2010

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Global Sustainability .................................................... 51 Postwachstumsgesellschaft ....................................... 52 Weak versus Strong Sustainability

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Sonstige Rubriken Editorial

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Impressum Termine

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55 1

Editorial / Impressum

Editorial

D

ie Fertigstellung dieser FORUM-Ausgabe hat sich mehrfach verzögert. Mit dem Frühling zogen die Themen für das Editorial ins Land – und hinweg. Waren da zunächst, als Aufhänger

passend zum Schwerpunkt dieses Heftes, die neuen Emissionszahlen der EU, platzte aus heiterem Himmel die Akte KT ins Haus resp. in die Redaktionsstube. Als Bayreuther Absolvent hätte ich den bekennenden Träger der Maxime „Verantwortung verpflichtet“ verständlicherweise nicht unbedacht lassen können; ebenso wenig die senil-wankelmütige Rolle des hochangesehenen Doktorvaters oder gar die 25 Jahre alten „Neue[n] Plagiatsvorwürfe in Bayreuth“, welche der Nordbayerische Kurier gleichsam als schlammwühlendes Nachspiel am 31. März verkündigte. Das wäre ein Spaß gewesen! Doch die Naturgewalten in Japan haben die Ereignisse um KT & Co. lappalisiert. Und uns allen vor Augen geführt, dass wir, d.h. zumindest die älteren Semester unter uns, seit 1986 viel Wissen um Sievert, Gray, Becquerel und verwandte Konsorten eingebüßt haben. Über

Fukushima und die Folgen (weltweit wie im Ländle) ist jedoch erschöpfend geschrieben worden, nun rutscht die „Katastrophe“ peu à peu aus den Schlagzeilen. Auch aus dem Bewusstsein? Nicht in Vergessenheit geraten soll jedenfalls die mittlerweile einige Monate zurückliegende Jahrestagung 2010 des VGöD. Aus diesem Grund greift der Schwerpunkt in diesem Heft die in Freiberg unter dem Titel „Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?“ durchgeführte Veranstaltung detailliert auf: als Erinnerung für die TeilnehmerInnen und zum Nachlesen für alle, die dem schmucken Städtchen ferngeblieben waren. Andreas Schellenberger (heute nicht ganz im Bilde)

Impressum

Das Forum der Geoökologie ist das offizielle Mitteilungsorgan des Verbandes für Geoökologie in Deutschland e. V. Es erscheint dreimal jährlich. Herausgeber: Verband für Geoökologie in Deutschland e. V., Alexanderstr. 9, D-95444 Bayreuth. Redaktionsadresse: Verband für Geoökologie in Deutschland e. V., Redaktion Forum, Alexanderstr. 9, D-95444 Bayreuth. E-Mail: [email protected]. Redaktion: Gerald Schmidt, [email protected] (V.i.S.d.P.); Andreas Schellenberger, [email protected]; Richard Harnisch, [email protected]; Andrea Mehling, [email protected]. Koordination des Schwerpunkts: Viridiana Alcántara Cervantes. Koordination im Vorstand: Ulrike Schade. Druck: Kössinger AG, Fruehaufstr. 21, D-84069 Schierling. Vertrieb: Geschäftsstelle des VGöD. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle Meinung des Verbandes wieder. Die Redaktion behält sich eine Redigierung der eingesandten Beiträge vor. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Zustimmung des Herausgebers gestattet. Auflage dieser Ausgabe: 850 Exemplare. Der Preis beträgt 4,60 €. Die Abgabe an die Mitglieder des VGöD erfolgt kostenlos. Gedruckt auf RecyStar Papier aus 100% Altpapier. ISSN 0939 6632. Autoren der mit Kürzeln gekennzeichneten Beiträge: Gerald Schmidt (gs) Homepage: www.geooekologie.de bzw. www.vgoed.de Der VGöD dankt dem Studiengang Geoökologie der Universität Tübingen für die Fördermitgliedschaft. Vorschau: 2/11: Berufsbild Geoökologie 3/11: Einfluss von artifiziellen Substanzen auf Bodenmerkmale 1/12: 25 Jahre Geoökologie in Karlsruhe Änderungen vorbehalten; Vorschläge und Moderation weiterer Schwerpunkte sind der Redaktion jederzeit willkommen.

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FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

VGöD-Intern

Der neue VGöD-Vorstand stellt sich vor Auf der Jahreshauptversammlung am 20. November 2010 wurde der Vorstand des VGöD neu gewählt. Die Namen der Vorstandsmitglieder wurden bereits in der letzten Ausgabe genannt; hier folgt die persönliche Vorstellung jedes Vorstandsmitglieds. Dr. Tobias Schneck, erster Vorsitzender

trete ich im Vorstand auch den Blickwinkel einer außeruniversitären Forschungseinrichtung. Neben der mit dem Amt verbundenen Vertretung des Verbandes nach außen und innen wird mein Hauptschwerpunkt auf den mit der Umstellung auf die neuen gestuften Studiengänge verbundenen Problemen und der damit nötigen Profilerneuerung des Verbandes liegen. Gerade auch die Rückkopplung mit potentiellen Arbeitgebern sehe ich als eine wichtige Herausforderung an.

Bereits im Jahr 2000 bin ich dem Verband und gleichzeitig dem Vorstand beigetreten. Zuerst war ich Beisitzer, dann ab 2002 der zweite Vorsitzende, und seit der letzten Wahl 2010 nehme ich im Vorstand die Position des ersten Vorsitzenden ein. Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern im Vorstand bin ich kein ausgebildeter Geoökologe, sondern habe in Tübingen Biologie studiert und im Januar 1998 mein Studium mit dem Diplom abgeschlossen. 2006 habe ich dann in der Geoökologie in Tübingen meine Promotion abgeschlossen. Parallel zu meiner Arbeit an der Dissertation habe ich von 1999 bis 2005 den neu aufgebauten Studiengang „Geoökologie/ Umweltmanagement“ betreut und koordiniert. Seit Dezember 2005 bin ich bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung als Direktionsassistent angestellt, was mit einem vollständigen Wechsel der Berufstätigkeit in das Wissenschaftsmanagement verbunden war. Damit verFORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Domstr. 53 63067 Offenbach Tel.: 069 / 7542-514 (dienstlich) Tel.: 069 / 26025821 (privat) Mobil: 0176 / 63296873 [email protected]

Stefan Reuschel, zweiter Vorsitzender

Bereits 1990 trat ich dem Verband für Geoökologie bei und war ab 2004 für sechs Jahre als Beisitzer im Vorstand tätig, bevor ich im Herbst

2010 zum zweiten Vorsitzenden gewählt wurde. Zu meiner Vorgeschichte: Auch ich gehöre zu denjenigen, die nach ihrem Studium eine andere Richtung einschlugen. Vom Geoökologen mit Diplom-Hauptfach Bodenkunde ist jetzt immerhin noch das „Geo“ übrig geblieben. Mein Studienbeginn in Bayreuth, voller Öko-Idealismus, war im Herbst 1988. Schon seit meiner Schulzeit an Naturwissenschaften interessiert, war ich froh, dieses Interesse mit einem auf den Umweltschutz ausgerichteten, breit angelegten Studium verbinden zu können. Nach dem Diplom Ende 1994, einem Stipendium und mehreren befristeten Arbeitsverträgen in Bamberg, Chemnitz und München boten sich mir durch mein Interesse für Geoinformationssysteme neue Perspektiven. Ab 1999 folgten drei anstrengende, aber spannende Jahre in einer kleineren GIS-Firma. 2002 wechselte ich als Geoinformatiker zur Abteilung Geologie der K+S AG in Kassel und schließlich zur Tochtergesellschaft K+S IT Services GmbH, wo ich seit 2006 als IT Consultant Geoinformationssysteme arbeite. Meine als Beisitzer verfolgten Ziele stehen nach wie vor auf dem Programm: Vernetzung und Kontaktpflege, z.B. im Rahmen von Alumniund Informationsveranstaltungen für Studierende, und natürlich auch weiterhin die Akquisition von Werbeanzeigen für unsere Verbandszeitschrift. In meiner neuen Funktion als zweiter Vorsitzender möchte ich nun dazu beitragen, dass Studium und 3

VGöD-Intern Verband weiter an Attraktivität gewinnen und wir uns neue Potentiale erschließen können.

wurde mir die wichtige, unabhängige Rolle des VGöD für die Geoökologie bewusst.

Übrigens: In der letzten Ausgabe des FORUMs (3/2010) hatte ich in der Liste der Vorstandsmitglieder ein „Dr.“ vor meinem Namen stehen. Das sah zwar schön aus, stimmte allerdings nicht – es geschah ganz ohne Absicht und einfach aufgrund eines Erratums, was hiermit korrigiert werden soll. Ich bin und bleibe weiterhin Diplom-Geoökologe.

Nach meinem Wechsel in die Praxis als Geschäftsführerin eines Vereins zur Förderung von Natur und Landschaft in der Rhön wollte ich den gewachsenen, sehr guten Kontakt zur Geoökologie und zum VGöD aufrecht erhalten und stellte mich auf der letzten Jahreshauptversammlung zur Wahl als Schriftführerin.

Kolitzstr. 10 34125 Kassel Tel.: 0561 / 8700007 Mobil: 0163 / 5100784 [email protected]

Ulrike Schade, Schriftführerin

Das durch die Vereinsmitglieder in mich gesetzte Vertrauen möchte ich vor allem in den Feldern der Studienqualitätssicherung bestätigen. Des Weiteren bin ich seit über einem Jahr Mitglied der AG Profilierung und des ID-Filmteams und freue mich auf die kommenden Aufgaben während meiner Zeit im Vorstand. [email protected]

Alexandra Nonnast, Finanzreferentin

Im Anschluss daran habe ich angefangen, Geoökologie in Potsdam zu studieren. Als Vertiefung habe ich Umweltmanagement an der FU Berlin gewählt, da ich die Themenbereiche Umweltpolitik und Umweltrecht interessant finde und auch für sehr wichtig erachte. Momentan schreibe ich meine Diplomarbeit zum Thema „Der Einfluss von Klima- und Landnutzungswandel auf Ökosystemdienstleistungen des Amazonasregenwaldes“. Ich freue mich, dass ich weiterhin für den Verband als Finanzreferentin tätig sein kann. In den letzten zwei Jahren meiner Vorstandsarbeit habe ich vielerlei gelernt, vom Erstellen von Forecasts hin zur Organisation einer Tagung, und ich habe viele interessante Menschen kennengelernt. All diese Tätigkeiten und Erfahrungen haben mir Freude bereitet und haben mich dazu bewogen, mich weitere zwei Jahre aktiv für den Verband zu engagieren. [email protected]

Nadine Hösel, Beisitzerin Vor dem Ende meines Geoökologiestudiums 2006 in Karlsruhe wurde ich Mitglied im VGöD. Insbesondere die Mailingliste mit den Stellenangeboten und die FORUM-Ausgaben gewährten mir mögliche Anhaltspunkte, mich ins Berufsleben zu integrieren. In den darauffolgenden Jahren als Studiengangskoordinatorin der Geoökologie in Karlsruhe (20072010) präsentierte sich für mich der Verband als übergeordneter Vernetzungsstratege. Gerade im Zusammenhang mit der Hochschulkonferenz Geoökologie, zu der alle Standorte sich einmal jährlich treffen, um über die zukünftigen Studienentwicklungen zu diskutieren, 4

Bereits am Ende meiner Schulzeit wusste ich, dass ich etwas studieren wollte, was sich mit Umweltproblemen befasst. Um vorher noch einen Einblick in die Welt außerhalb der Naturwissenschaften zu bekommen, habe ich nach meinem Abitur im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres in einem Wohnheim für körperlich und geistig behinderte Menschen gearbeitet.

Noch studiere ich Geoökologie auf Diplom in Potsdam und bereite mich auf meinen Studienabschluss vor. Meine Diplomarbeit plane ich im Bereich der Klimamodellierung zu schreiben. Während meines StudiFORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

VGöD-Intern ums war ich lange in der Fachschaft aktiv, engagierte mich in dieser Funktion für die Workshoptagung des VGöD in Potsdam und organisierte mit Unterstützung des Vorstands eine Veranstaltung für die Potsdamer Studierenden, den Gecko Erfahrungsaustausch. So bin ich 2007 zum Verband gekommen. Anfangs war ich als Lokalreferentin tätig; 2008 wurde ich dann in den Vorstand gewählt. Mein Hauptschwerpunkt liegt in der Betreuung der Lokalreferate. Privat hält mich ansonsten meine Tochter Emma in Schwung, die uns im Vorstand bisher gern begleitet. Deswegen ist das Thema Vereinbarung von Familie und Studium/Beruf eines, das mir am Herzen liegt. [email protected]

Dr. Dieter Eickhoff, Beisitzer

Jahr 1997 habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Reinhard Schmelzer das Büro ES Konzepte in Pforzheim gegründet, das wir bis heute führen. Meine Arbeitsschwerpunkte liegen seit 1988 in der Abfallwirtschaft und in der Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehören die Erstellung von Abfallwirtschaftskonzepten und –bilanzen, abfallstatistische Untersuchungen, Beratung von Privathaushalten und Gewerbebetrieben, Erstellung von Informationsmaterialien und Internetauftritten für die Abfallwirtschaft. Auch Öffentlichkeitsarbeit für den ÖPNV, den Klimaschutz oder die Organisation von Tagungen zu umweltrelevanten Bereichen gehören zu meinem Tätigkeitsspektrum. Diese Kenntnisse möchte ich in meine Arbeit als Beisitzer im Vorstand des VGöD einbringen, um unser Netzwerk und den Erfahrungsaustausch der Mitglieder zu vertiefen. Dabei möchte ich meinen Schwerpunkt unter anderem auf den Internetauftritt und die Vernetzung von berufstätigen und studierenden Mitgliedern legen.

Hallo, liebe Verbandsmitglieder und Interessierte. Mein Name ist Stephan Mummert und ich studiere derzeit Geoökologie auf Diplom an der Universität Potsdam. Als Vertiefungsfach habe ich die Fließgewässerökologie gewählt. Meine weiteren fachlichen Interessen liegen in der Umweltmikrobiologie und -toxikologie. Ich bin 2010 neu in den Vorstand eingezogen und hoffe, mich gewinnbringend für den Verband sowie für das Ansehen und das Verständnis der Geoökologie in der Öffentlichkeit einsetzen zu können. Ein wichtiger Punkt ist für mich auch die Vernetzung der Studienstandorte mit dem Verband und untereinander. Daher möchte ich künftig bei der Organisation der Arbeit der Lokalreferate einen Beitrag leisten. Ebertystr. 34 I 10249 Berlin [email protected]

Dr. Sonja Knapp, Beisitzerin

Pfälzerstr. 29 75177 Pforzheim Tel.: 07231 / 357601 (privat) Tel.: 07231 / 354879 (dienstlich) [email protected]

Bereits 1980 habe ich mit dem Geoökologiestudium am damals einzigen Studienort in Bayreuth begonnen und bin seit der Gründung Mitglied des VGöD. Nach meinem Diplom in der Fachrichtung Hydrologie/Meteorologie habe ich zunächst ab 1986 in einem Ingenieurbüro für Abwasser- und Abfalltechnik gearbeitet und bin 1988 zum Landratsamt Enzkreis ins Umweltschutzamt nach Pforzheim gewechselt. Neben der Berufstätigkeit habe ich von 1986 bis 1991 bei Prof. Dr. R. Eiden in Bayreuth promoviert. Im FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Stephan Mummert, Beisitzer

Liebe Mitglieder des VGöD, als Erstes möchte ich mich für die Wahl zur Beisitzerin im Vorstand des VGöD bedanken! Ich freue mich auf die kommenden zwei Jahre als Vorstandsmitglied und werde mein Bestes geben! Beigetreten bin ich dem Verband bereits, als ich in Tü5

VGöD-Intern bingen das 3. Semester meines Geoökologiestudiums begonnen hatte. Mit dem Verband bekannt gemacht hat mich damals Tobias Schneck, der mich auch auf die Idee brachte, im Vorstand aktiv zu werden. Eine meiner ersten Taten für den VGöD war, für die Jahreshauptversammlung 2001 in Tübingen Unmengen an Kaffee zu kochen. Auch wenn die Dosierung meine Mitstreiterinnen und mich vor eine Herausforderung stellte (ich hoffe, niemand hat ungute Erinnerungen an das Gebräu), so war es nebenbei der Einstieg in einen längerfristigen Hiwi-Job. Beim Kaffeekochen will ich es bei meiner weiteren Arbeit für den VGöD aber nicht belassen. Studiert habe ich in Tübingen von 2000 bis 2005, wobei ich das letzte Semester in der Uni-Stadt Halle an der Saale verbracht habe. Dort arbeite ich seit dem Frühjahr 2005 am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, auch bekannt als UFZ, zuerst als Diplomandin, dann als Doktorandin und inzwischen als wissenschaftliche Mitarbeiterin. In erster Linie beschäftige ich mich mit dem Einfluss städtischer Landnutzung auf die Biodiversität von Pflanzen. In Städten sind Biodiversität und menschliche Aktion direkt miteinander verknüpft, das macht das Thema für mich spannend! Für meine Arbeit im Vorstand des VGöD habe ich mir vorgenommen, die Homepage regelmäßig mit frischen fachlichen Inhalten zu versorgen. Erste Beiträge sind bereits in Planung – lasst Euch überraschen! Daneben wird es immer wieder andere Aufgaben geben, bei denen ich mit anpacken will.

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Zuletzt möchte ich diese kurze Vorstellung meiner Person dafür nutzen, speziell die Studierenden unter Euch auf die Möglichkeit aufmerksam zu machen, am UFZ Praktika zu absolvieren. Die Forschung am UFZ deckt alle Facetten der Geoökologie ab: Wasser, Boden, Atmosphäre, Biodiversität, Umweltmanagement, Umweltrecht, und, und, und. Ich hatte bereits zweimal die Gelegenheit, Praktika für Studenten der Geoökologie anzubieten und zu betreuen. Wer Interesse an einem Praktikum am UFZ hat, kann sich unter www.ufz.de/index.php?de=17590 über die Bedingungen informieren. Falls Ihr Euch für Themen rund um Biodiversität in der Stadt interessiert, könnt Ihr mich auch direkt anschreiben. [email protected] [email protected]

Ulrike Sturm, Beisitzerin

Studiert habe ich Geoökologie von 1998 bis 2004 in Karlsruhe; meine Diplomarbeit habe ich in Brasilien angefertigt. Von 2004 bis 2006 schloss ich im Naturkundemuseum Karlsruhe ein wissenschaftliches Volontariat in der Museumspädagogik an, bevor ich im Juli 2006 nochmals an die Uni Karlsruhe, das jetzige KIT, ging. Seit Juli 2006 arbeite ich dort am Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung (IPF) und befasse mich für meine Promotion mit dem Thema „Fernerkundungsgestützte Prozessanalyse im Küstenraum Benins“. Zwischendurch habe ich mich außerdem als Geschäftsführerin um den SFB Starkbeben (461) gekümmert. Wenn es die Zeit erlaubt, gebe ich weiterhin Führungen im Naturkundemuseum und arbeite im Sommer beim Naturforschercamp für Kinder mit dem Ökomobil des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Berufliche Leidenschaften meinerseits sind also angewandte Fernerkundung, insbesondere in Entwicklungsländern, und Umweltbildung. Seit November 2010 gehöre ich dem VGöD-Vorstand an; meine Vorstandstätigkeit wird aber erst diesen Sommer so richtig losgehen, wenn ich meine Doktorarbeit in Karlsruhe eingereicht und verteidigt habe. Mein Einstieg wird dann die Vorbereitung der Tagung Ende des Jahres in Karlsruhe sein. Ich freue mich auf die Vorstandsarbeit! Bis zum Sommer! Eure Uli

Liebe Mitglieder des VGöD, auch ich möchte mich Euch als eine der neuen Beisitzerinnen im Vorstand vorstellen:

[email protected]

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

VGöD-Intern

Danke für die gute Arbeit! Der neue Vorstand würdigt die Leistungen der ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder Von Tobias Schneck, Offenbach am Main, erster Vorsitzender

M

it der Wahl auf der letzten Jahreshauptversammlung (20. November 2010) hat sich der Vorstand fast zur Hälfte erneuert. Dies ist nicht etwa einer schlechten Stimmung im Vorstand oder einer Langweiligkeit der Aufgaben geschuldet, sondern entspricht der „normalen Dynamik“ innerhalb eines ehrenamtlichen Gremiums. Von den neun Mitgliedern des letzten Vorstands haben sich Viridiana Alcántara Cervantes, Friederike Meyer, Rita Irbe und Andreas Horn nicht mehr zur Wahl aufstellen lassen. Viridiana und Friederike waren beide eine Amtsperiode, also zwei Jahre, im Vorstand. Viridiana hatte sich mit viel Elan und Gewissenhaftigkeit dem Protokoll

angenommen und sichergestellt, dass zwischen den Sitzungen nichts in Vergessenheit geraten konnte. Friederike war einer der maßgeblichen Köpfe im Hintergrund bei der Organisation der Jahrestagungen. Rita wirkte insgesamt sechs Jahre im Vorstand mit; sie hatte zuerst vier Jahre lang die Finanzen geführt und sich die letzten beiden Jahre vor allem auf die Koordination der Lokalreferenten und die Praktikumsstellenliste konzentriert. Andreas war acht Jahre im Vorstand aktiv und davon die letzten sechs Jahre als erster Vorsitzender. Damit ist er in die Top 10 der „Vorstandsmitglieder mit der längsten Verweildauer“ aufgerückt. Zudem folgt er dem Beispiel der beiden vorherigen Vorsitzenden: Sowohl Michael Hub

(1992-1998) als auch Dieter Schäfer (1998-2004) hatten die Position des ersten Vorsitzenden drei Amtsperioden lang ausgefüllt. Durch seine gut strukturierte Arbeitsweise, gepaart mit der nötigen Portion „Zukunftsvisionen“, hat er die Geschicke des Verbandes – auch nach außen sichtbar – maßgeblich vorangebracht. Ihm ist es zu verdanken, dass alle Aktivitäten im Vorstand koordiniert und zielorientiert abgelaufen sind. Einen besonderen persönlichen Schwerpunkt legte Andreas bei der Mitwirkung im Mentoring-Programm. Er hat sich bereit erklärt, diese Aufgabe nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand weiterhin wahrzunehmen. Dir, Andreas, an dieser Stelle ein besonders herzliches Dankeschön.

Verabschiedung in Freiberg: Friederike Meyer, Tobias Schneck, Viridiana Alcántara Cervantes und Andreas Horn (v.l.n.r.). Foto: Stefan Reuschel FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

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VGöD-Intern Man könnte nun die Verdienste der Einzelnen weiter ausführen, aber das ist nach meinem Dafürhalten nicht erforderlich, da schon allein die sichtbaren Erfolge der Vorstandsarbeit (siehe z.B. Homepage, Mailingliste, FORUM…) das erfolgreiche Engagement eines jeden hinreichend veranschaulichen. Als „Zurückgebliebener“ ist es mir aber noch wichtig zu erwähnen, dass die

Zusammenarbeit mit allen großen „Spaß“ bereitet und die nötige Motivation für die eigene Arbeit gegeben hat. Dieser Spaß an der Zusammenarbeit und das Treffen von netten Geoökologinnen und Geoökologen ist – neben dem Voranbringen der geoökologischen Idee – der eigentliche Lohn für die ehrenamtliche Arbeit. Deswegen möchte ich die Gele-

genheit nutzen, jede/n zu ermutigen, sich aktiv zu beteiligen! Der neue Vorstand dankt im Namen aller Mitglieder an dieser Stelle noch einmal nachdrücklich allen ehemaligen „Vorständlern“ für deren engagierte Arbeit und hofft, dass der eine oder die andere weiterhin dem Verband aktiv verbunden bleibt.

Übersicht: Ansprechpartner im VGöD Nach der persönlichen Vorstellung der Vorstandsmitglieder folgt nachstehend eine Übersicht der Ansprechpartner im VGöD, d.h. aller Aktiven im Verband.

Geschäftsführung und Vorstand Bianca Schiffner Geschäftsführerin • Mitgliederbetreuung • Finanzverwaltung • Beantwortung allgemeiner Anfragen / Weitervermittlung Alexanderstr. 9 95444 Bayreuth Tel.: 0921 / 72159215 Fax: 0921 / 851497 [email protected] Dr. Tobias Schneck, Offenbach am Main 1. Vorsitzender • Rechtliche Vertretung des VGöD nach innen und außen • AG Profilierung • ID Film • Arbeitgeberumfrage • Kontakt zu Studiengangskoordinatoren • Teilnehmer der Hochschulkonferenz (HSK) Geoökologie • Verbandskontakte

Stefan Reuschel, Kassel 2. Vorsitzender • Rechtliche Vertretung des VGöD nach innen und außen • Werbung im FORUM der Geoökologie • Kontakt zu Standortpaten • Mentoring-Programm (BDG) • Vermittlung bei Auskunftsanfragen [email protected] Ulrike Schade, Ilmenau Schriftführerin • Sitzungsprotokolle • Kontakt zur Redaktion FORUM der Geoökologie • AG Profilierung • ID Film • Kontakt zu Studiengangskoordinatoren • Teilnehmerin der Hochschulkonferenz (HSK) Geoökologie

Alexandra Nonnast, Berlin Finanzreferentin • Finanzverwaltung • Pflege der Praktikumsstellenliste [email protected] Dr. Dieter Eickhoff, Pforzheim Beisitzer • Betreuung / Redaktion des Internetauftritts • Mailingliste • Aufbau der Expertenliste [email protected] Nadine Hösel, Offenbach am Main Beisitzerin • Betreuung Lokalreferate, Fachschaften • Studierendenumfrage • Vertretung auf Messen [email protected]

[email protected]

[email protected] 8

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

VGöD-Intern Sonja Knapp, Halle Beisitzerin • Öffentlichkeitsarbeit • Arbeitgeberumfrage [email protected]

Stephan Mummert, Potsdam Beisitzer • Öffentlichkeitsarbeit / Homepage • Betreuung Lokalreferate

Ulrike Sturm, Karlsruhe Beisitzerin • Im Augenblick keine festen Aufgaben [email protected]

[email protected]

Lokalreferenten Bayreuth

Braunschweig

Freiberg

Katrin Herbort

Hanna Schmitz Alana Steinbauer Britt Slopianka

Wolfram Canzler Robert Sieland

[email protected] Karlsruhe Callum Banfield Claudia Sonnenschein Viola Joncic Andrea Maute

[email protected]

[email protected] Tübingen Potsdam

Maria Georgi

derzeit unbesetzt

[email protected]

[email protected]

[email protected]

Weitere Aufgaben Auslandsreferat Silke Höfle [email protected] AG Profilierung Prof. Dr. Tillmann Buttschardt, Münster [email protected] Dr. Dieter Schäfer, Langenfeld [email protected] Dr. Tobias Schneck, Offenbach [email protected]

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Ulrike Schade, Illmenau [email protected]

(verantwortl., div.) [email protected]

Mentoring-Programm (BDG)

Richard Harnisch, Berlin (Koordination Rezensionen) [email protected]

Dr. Andreas Horn, Limburgerhof [email protected] Stefan Reuschel, Kassel [email protected] Redaktion FORUM der Geoökologie Dr. Gerald Schmidt, Frankfurt am Main

Andrea Mehling, Koblenz (Koordination Neues aus der Forschung) [email protected] Dr. Andreas Schellenberger, Bern (Qualitätskontrolle, div.) andreas.schellenberger @geooekologie.de Redaktions-Mailadresse: [email protected]

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VGöD-Intern

Kurzmeldungen aus dem VGöD Neustart des zweiten Publikationsorgans UWSF Æ ESEU Neben dem FORUM der Geoökologie hat der VGöD in der Vergangenheit die Zeitschrift „Umweltwissenschaften und Schadstoff-Forschung“ (UWSF) als zweites Publikationsorgan genutzt. Diese im Jahr 1989 begründete Peer-Review-Zeitschrift erschien zunächst im ecomed Verlag und wurde Ende 2007 vom Springer Verlag übernommen. Der VGöD veröffentlichte im Schnitt zwei bis drei Beiträge im Jahr als „VGöD Corner“ (jeweils eine bis zwei Seiten). Seit Anfang dieses Jahres heißt die Zeitschrift Environmental Sciences Europe (ESEU) und erscheint als Springer Open Journal. Dies bedeutet: Es gibt keine gedruckte Ausgabe und kein kostenpflichtiges Abonnement mehr, sondern alle Artikel werden ohne Zugangsbeschränkung im Internet veröffentlicht. Die Hauptsprache der Veröffentlichungen ist nun Englisch statt Deutsch – jedoch können auch deutsch- oder anderssprachige Artikel veröffentlicht werden. Mit dem Druck und dem Versand der Papierversion entfallen auch die Erscheinungstermine und die Abgabefristen für Beiträge; jeder akzeptierte Beitrag wird nach Ab-

schluss der Überarbeitung und Layout umgehend online veröffentlicht. Gemäß dem Open Access-Konzept sind die Produktionskosten von den Autoren zu tragen, daher kostet die Veröffentlichung eines Beitrags im Normalfall € 800. Der VGöD ist weiterhin als Partner an Bord (Society Affiliations) und hat daher die Möglichkeit, jährlich zwei Beiträge kostenfrei zu veröffentlichen. Diese können wie bisher als Corner angelegt sein oder auch in einem der üblichen Formate (Research, Book review and associated literature, Commentary, Discussion, Review). Bei Bedarf können sie auch Zusatzmaterial enthalten, z.B. Datensammlungen, Bilder, Filme, Tagungsbände etc. Der VGöD-Vorstand entscheidet wie bisher zusammen mit der FORUM-Redaktion, welche Beiträge eingereicht werden; Vorschläge aus der FORUM-Leserschaft sind dabei herzlich willkommen! Bei der englischsprachigen „Schwesterzeitschrift“ Environmental Science and Pollution Research bleibt übrigens alles beim Alten: Sie erscheint weiterhin als Print-Journal im kostenpflichtigen Abonnement. Die FORUM-Redaktion betrachtet diese Entwicklung mit Interesse! gs

Homepage von ESEU: www.enveurope.com

Lokalreferat in Potsdam zu besetzen! Bei den VertreterInnen des VGöD an den Geoökologie-Hochschulstandorten, genannt Lokalreferenten, handelt es sich in aller Regel um motivierte und engagierte Studierende. Naturgemäß führt dies auch dazu, dass die Besetzung recht häufig wechselt – sei es durch längere Auslandsaufenthalte oder einen zügigen Berufseinstieg nach erfolgreichem Studienabschluss. Derzeit ist aufgrund dieser Entwicklungen das Lokalreferat in Potsdam unbesetzt (siehe S. 9). Der VGöD dankt den bisherigen Lokalreferenten Larissa Hallermeier, Jörg Kairies und Matthias Steffenhagen sehr herzlich für ihr kontinuierliches Engagement und ruft potentielle Nachfolger auf, sich bei Interesse beim VGöD-Vorstand zu melden. Es lohnt sich! gs Kontakt: [email protected]

Downloads von www.geooekologie.de – die Top 10 Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 10

Beitrag Hinweise zum Studium und Praktikum im Ausland Faltblatt zum Geoökologiestudium in Deutschland FORUM 3/2006: „Flussparadies Franken“ (Anne Schmitt) Workshoptagung 2010 – Exkursion 2: Forschungsstation Oberbärenburg Workshoptagung 2010 – Exkursion 1: Erlebnisführung durch den Schacht „Reiche Zeche“ FORUM 2/2010: „Creeping Disasters als Folge schleichender Umweltveränderungen? – Ein Konzeptvorschlag“ (Tillmann Buttschardt) FORUM 3/2008: „Vielfalt vor der Haustür: Biodiversität in der Stadt“ (Sonja Knapp) Workshoptagung 2010 – Exkursion 3: Mineraliensammlung „terra mineralia“ und Stadtführung Standort Karlsruhe: Studienführer Geoökologie Orientierungsplan Workshoptagung 2010 in Freiberg

Downloads Nov 2010 – März 2011 81 64 56 55

Rang im Zeitraum Aug-Okt 2010 1

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47 39

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36 36 32

8 -

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FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

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Schwerpunkt

Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? Ein Rückblick auf die Jahrestagung 2010 Von Viridiana Alcántara Cervantes, Karlsruhe

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ie Workshoptagung „Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?“ in Freiberg ist bald ein halbes Jahr her. Als Teilnehmerin und Mitglied des Organisationsteams denke ich mit großer Freude an diese Zeit zurück. Ziel dieses FORUM-Schwerpunkts war ursprünglich, den Lesern die Inhalte der drei Workshops Boden, Wasser und Biodiversität zu präsentieren. Zusätzlich konnten wir jedoch Autoren gewinnen, welche einen Einblick in die gesamte Tagung geben. Zum Einstieg erleben die Leser das Wochenende aus der Sicht zweier Erstsemester aus Karlsruhe (Eva Wendeberg und Sebastian Griesmeier), die den weiten Weg bis Freiberg nicht nur überlebt, sondern auch glücklich in Erinnerung behalten haben (S. 13). Als nächstes schildert Stefan Mummert seine Eindrücke von Prof. Töpfers Vortrag, welcher für viele sicherlich das Highlight der Tagung darstellte (S. 14). Anschließend werden von den (Mit-) Gestaltern der Workshops die Ergebnisse ihrer Arbeitskreise zusammengetragen: Boden (Sarah-Annika Arevalo, S. 16), Wasser (Daniel Klein, S. 18) und Biodiversität (Tillmann Buttschardt und Julia Baum, S. 20). Ein Gesamtfazit von unserem Gastgeber Prof. Jörg Matschullat aus Freiberg schließt diesen Schwerpunkt ab (S. 26).

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Im VGöD betrachten wir die Tagung als eine sehr erfolgreiche Veranstaltung und bedanken uns bei den Freibergern für die tolle Zusammenarbeit bei der Organisation, besonders bei Prof. J. Matschullat und Constanze Richter. Viel Freude und Spaß beim Lesen und bis zur nächsten Tagung!

Viridiana Alcántara Cervantes [email protected] Viridiana Alcántara Cervantes studiert seit 2007 Geoökologie in Karlsruhe. Von 2008 bis 2010 war sie Schriftführerin im VGöD und hat letztes Jahr die Tagung „Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?“ in Freiberg mitorganisiert.

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Schwerpunkt

Die Jahrestagung aus der Sicht zweier Erstis Von Eva Wendeberg und Sebastian Griesmeier, Karlsruhe

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rei volle Autos! So viele Karlsruher sind schon lange nicht mehr zum Geoökologietreffen angereist. Und dann auch noch einmal quer durch Deutschland – bis nach Freiberg in Sachsen. Bestimmt irgendeine kleine, gewöhnliche Stadt bei Dresden, so dachten wir – doch so kann man sich täuschen! Durch Verspätung leider die Abendveranstaltung am Freitag verpasst, ging’s sofort zum Nachtquartier, wo Eva und ich herzlich empfangen wurden – ein schöner Anfang. Ein Ort zum Wohlfühlen!

Einblick in die anderen WorkshopThemen zu bekommen.

Das Samstagsprogramm war gespickt mit Veranstaltungen. Da war man als Erstsemester doppelt gefordert – sehr viele Neuigkeiten an allen Ecken und Enden! Die Vorträge am Vormittag waren vielfältig und führten uns mal wieder vor Augen, welch interessantes und facettenreiches Gebiet die Geoökologie abdeckt. Besonders in Erinnerung geblieben ist uns der Vortrag, in dem der ehemalige Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, Prof. Dr. Klaus Töpfer, den Schwerpunkt „Globaler Wandel“ ansprach. Die wohlverdiente Mittagspause ließ sich optimal nutzen, um mit all den anderen Göks der verschiedenen Unis ins Gespräch zu kommen. Für uns eine Gelegenheit, die nicht ausgelassen werden durfte!

Überwältigend! Der Saal! Das Buffet! Das Ambiente! Das Abenddinner ließ wirklich keine Wünsche offen. Im Freiberger Brauhof war dies der perfekte Ausklang des Tages. Selbst für Musik war gesorgt, die Partystimmung aufkommen ließ. Diesmal ergab sich eine tolle Möglichkeit, mit berufstätigen Geoökologen ins Gespräch zu kommen und wieder neue Eindrücke über das Berufsbild zu erhalten.

Vor dem Geselligen Abend war zum Abschluss die Jahreshauptversammlung des VGöD e.V. angesetzt, ein Kernstück dieses Treffens. Etwas geschlaucht vom Tagesverlauf nutzten wir diese, um zu entspannen und passiv das Geschehen zu verfolgen. Neben dem Jahresetat und der Neuwahl des Gremiums wurde ausgiebig über einen Geoökologie-Film diskutiert, der entstehen soll, um den Bekanntheitsgrad des Studienfachs Geoökologie zu steigern.

Der Sonntag war Freiberg-Tag! Es gab Ausflüge unter die Erde ins Erzbergwerk oder einen Besuch in die Mineralienausstellung „terra minera-

lia“ – eine der bedeutendsten der Welt!, verbunden mit einer Stadtführung durch die herausgeputzte Altstadt (siehe Foto unten). Freiberg – immer eine Reise wert! Unser Fazit vom Wochenende ist durchweg positiv. Auch wenn man als Erstsemester nicht überall mitreden konnte, hat man doch vieles Neues aufsaugen können – und dies auch noch im Herzen einer unvergesslichen Kleinstadt namens Freiberg!

Eva Wendeberg (oben) und Sebastian Griesmeier (Gruppenbild Mitte) studieren inzwischen im zweiten Semester Geoökologie in Karlsruhe. [email protected] [email protected]

Am Nachmittag standen drei Workshops auf dem Programm. Neben der Boden-Gruppe und der WasserGruppe fand ich (S.G.) das dritte Thema, Biodiversität, am spannendsten. Es war für mich komplettes Neuland, aber äußerst informativ. Aktiv arbeiteten wir gemeinsam an Schaubildern und Mind Maps, die wir anschließend vor dem gesamten Plenum vorstellten. So hatten alle Teilnehmer die Möglichkeit, auch einen FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

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Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?

„Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?“ Vortrag von Prof. Dr. Dr. hc. mult. Klaus Töpfer Eindrücke eines Zuhörers Von Stephan Mummert, Berlin

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en Samstagmorgen der Workshoptagung 2010 des VGÖD sollte der verdiente Umweltpolitiker Prof. Dr. Klaus Töpfer, Exekutivdirektor des Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. (IASS), der unter anderem auch den Ehrendoktor der Bergakademie Freiberg innehat, eröffnen. Durch höhere Gewalt verschob sich dessen Ankunft in den frühen Mittag hinein, was der Vortragsfreude des Redners aber keinen Abbruch tat.

habe durch die Entscheidung zur Ein-Kind-Politik und die bekannten Folgen für Geschlechterzusammensetzung und Demografie eher mit negativen Rückwirkungen auf die soziale Absicherung im Land zu

Fachlich eröffnete Prof. Töpfer mit der Aussage, dass der globale Wandel feststehe. Die Fragen, die nun zu stellen seien, sollten sich damit beschäftigen, was sich verändere und welche Konsequenzen aus diesen Veränderungen gezogen werden müssten.

Wirtschaftliche Ungleichgewichte verursachen Migration

2050: Dreimal so viele Afrikaner wie Europäer Den ersten Schwerpunkt setzte Prof. Töpfer auf das Bevölkerungswachstum und dessen Herausforderungen. Im Kontext des globalen Wandels stehe das weitere Wachstum der Bevölkerung fest. Der Gipfelpunkt werde wohl in der Mitte dieses Jahrhunderts bei etwa 9 Milliarden liegen. Nun stelle sich zuerst die Frage: Wo werden diese Menschen geboren? Ein Schwerpunkt wird in Afrika liegen, dessen Bevölkerung früher einmal einem Drittel derjenigen Europas entsprach. Bis 2050 wird sich dieses Verhältnis umgekehrt haben. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf dem indischen Subkontinent liegen. China dagegen 14

te, was natürlich erhöhtes Verkehrsaufkommen auslöste. Der Höhepunkt in dieser Entwicklung führte in gemäß der Charta von Athen erbauten Städten zu einer vollständigen Trennung von allen Funktionen und damit zu einer Maximierung des Verkehrs (z.B. Brasilia). Die derzeitige Entwicklung in Schwellenländern führe zu einer Art Wildwuchs, in dem keine Trennung nach Wohn- und Industriebereichen mehr vorliege.

rechnen. In Deutschland müsse hinsichtlich Geburtenrate und Demografie endlich ein Umdenken stattfinden, denn der Bevölkerungsrückgang führe zu sozialen wie auch zu infrastrukturellen Problemen. Im nächsten Abschnitt des ersten Teils seines Vortrags ging Prof. Töpfer auf die Herausforderungen der Urbanisierung ein. Die immer noch zunehmende Verstädterung brachte und bringe einen Umbruch in der räumlichen Verteilung der einzelnen Stadtkompartimente: So ging die Entwicklung im Laufe der Zeit weg von der gewachsenen Stadt hin zur industriellen Stadt mit einer räumlichen Trennung ihrer Kompartimen-

Als nächstes erörterte der Referent die Auswirkungen des Bevölkerungswachstums: Die stärkste Zunahme findet in den ärmsten Regionen der Welt statt, was zu einer Ausgleichstendenz über Migrationsbewegungen in Richtung der alten Industrienationen führe. Wir in der Europäischen Union (EU) versuchen zum Beispiel, uns gegen diese Entwicklung an unseren Außengrenzen mit Hilfe neuer Mauern abzuschirmen (z.B. auf Lampedusa und in Griechenland), um Wirtschaftsflüchtlinge, und auch zunehmend Umweltflüchtlinge, fernzuhalten. Das diese Migration auslösende wirtschaftliche Ungleichgewicht sei am Mittelmeer gut zu erkennen. So läge das jährliche Bruttoinlandsprodukt pro Kopf am Nordmittelmeer bei ungefähr 30’000 Euro, am Südmittelmeer hingegen nur bei 4’000 US-Dollar. Eine Entwicklung dieser und anderer Staaten müsse ermögFORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? licht werden, so wie in den Rio Principles 1992 verabschiedet. Eine Klausel wie das Right to development, ist sich Prof. Töpfer sicher, wäre heute nicht mehr mehrheitsfähig. Im zweiten Teil seines Vortrags beschäftigte sich Prof. Töpfer vorrangig mit der Frage, welche Ressourcen zur Entwicklung der benachteiligten Regionen benötigt werden.

Saubere Lösungen des Energieproblems mit endlichen Rohstoffen? Zunächst einmal Energie; denn Armut sei gleich Energiearmut. Der weltweite Energiebedarf werde derzeit zu etwa 75-80% mit Bergbauressourcen gedeckt (inkl. Water Mining). Neun Milliarden Menschen können sich aber nicht mit diesen endlichen Ressourcen versorgen. Deswegen müssten nachhaltige Lösungen gefunden werden. Weiterhin stelle sich die Frage, ob und wie eine saubere Kohlenutzung möglich werden könne, da ein Großteil der Energie weltweit weiterhin auf diese Art gewonnen werden wird. Gesetzliche Verordnungen zur Verbesserung der Technik können durchaus Erfolge bringen und die Industrie zum Handeln zwingen, so wie beim Entschwefeln der Kohlekraftwerke in den 1970er bis 1980er Jahren. Eine verordnete Technikentwicklung könne auch ökonomische Vorteile bieten. Aber wie soll das technisch mit dem Kohlenstoffdioxid geschehen? Carbon Dioxide Capture and Storage stelle nach Ansicht des Redners dabei nicht einmal eine Zwischenlösung dar. Eher noch müsse der Kohlenstoffkreislauf in den Industrieprozessen geschlossen werden. Zu eben diesem Thema werde auch am IASS in Potsdam geforscht (dessen Exekutivdirektor Prof. Töpfer ist). Eine Möglichkeit, den Kreislauf zu schließen, biete die Kohlenstoffnutzung unter Methanproduktion. FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Überall, wo Abfall entstehe, argumentierte der Referent, sei eine Technologie noch nicht nachhaltig. In jeder Produktionskette müsse jeder Beteiligte zur Nachhaltigkeit verpflichtet sein, auch derjenige, der beispielsweise die Verpackung produziere. Im Hinblick auf die vorhandene Spezialisierung auf bestimmte Verpackungsarten und deren oft kurze Lebensdauer könne der Produzent am besten für eine höhere Recyclingfähigkeit seiner Produkte sorgen.

Recycling gegen Ressourcenprobleme In Zukunft werde auch der Begriff Urban Mining mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. So könnte sich die Schweiz jetzt schon mit dem im Umlauf befindlichen Kupfer autark versorgen. Auch seien nach Ansicht Prof. Töpfers in Zukunft jene Volkswirtschaften führend, die am wenigsten Abfall produzieren. Denn beim Recyceln könne man gegenüber einer Neuproduktion der Rohstoffe eine hohe Energieersparnis erreichen. Bei Aluminium ließen sich ca. 90% Energie einsparen, bei Stahl ungefähr 70% und bei Kunststoffen noch immerhin 60-65%.

weitere Flächen durch Versalzung und andere Degradationsprozesse bedroht seien. Und das zumeist in Ländern der sogenannten Dritten Welt, die sich selbst ernähren müssen. Auch die Küstengebiete stehen unter immensem anthropogenem Druck. Abgeholzte Mangroven, sterbende Korallenriffe und erodierte Küsten seien da nur einige Probleme, die wieder auf den Menschen zurückfielen. Der Erhalt der Systeme Böden und Ozeane sowie der von ihnen bereitgestellten ökosystemaren Dienstleistungen stelle eine wichtige Zukunftsherausforderung dar, die es zu bewältigen gelte. Zum Abschluss seines Vortrags warf Prof. Töpfer schließlich noch die Frage auf, wie man in Zukunft die Gesellschaftsform der Demokratie in die aufkommende knowledge society integrieren könne. Der Vortrag bot einen anregenden Überblick über aktuelle, durch den Menschen verursachte Problemstellungen und erlaubte einen Einblick in die Ansichten eines erfahrenen Umweltpolitikers, die Prof. Töpfer immer auf unterhaltsame Weise und mit einem Schuss Ironie versehen zu präsentieren wusste.

Ein weiteres Ressourcenproblem, in dem wir schon mitten drin stecken, betreffe die seltenen Erden. Diesen Markt beherrsche China quasi monopolistisch, und während in den USA immerhin 50% recycelt werden, sei es in Deutschland nur knapp 1%. So gebe es auch EU-weit nur eine einzige Recyclinganlage (in den Niederlanden).

Böden und Ozeane als tragende Systeme Im letzten Abschnitt seines Vortrags ging der Referent kurz auf die Böden als das vergessene Kompartiment der Umweltpolitik ein. So merkte er in diesem Zusammenhang an, dass etwa 37% der fruchtbaren Böden erosionsgefährdet und viele

Stephan Mummert [email protected] Stephan Mummert studiert Geoökologie (Diplom) an der Universität Potsdam und ist seit November 2010 Beisitzer im Vorstand des VGöD (siehe S. 5).

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Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?

Workshop Boden Von Sarah Annika Arévalo, Freiberg

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ur VGöD Jahrestagung am 20. November 2010 fanden im Winkler-Bau der TU Bergakademie Freiberg 16 interessierte Teilnehmer zu einem Workshop unter dem Gesichtspunkt des Globalen Wandels und den Auswirkungen auf das Kompartiment Boden zusammen. Die erfreulich vielfältige Zusammensetzung dieser Gruppe aus Studierenden verschiedener Semester und Heimatuniversitäten, Teilnehmern aus der beruflichen Praxis sowie aus Forschung und Lehre, ermöglichte eine angeregte und kurzweilige Diskussion. Am Vormittag wurde das Thema mit einem Impulsvortrag von Pro-

Bild 1: Impulsvortrag von Prof. R. Hüttl. Foto: Stefan Reuschel 16

fessor Reinhard Hüttl, wissenschaftlicher Vorstand des Geoforschungszentrums Potsdam und Inhaber des Lehrstuhls für Bodenschutz und Rekultivierung an der BTU Cottbus, eingeleitet (Bild 1). Prof. Hüttl ging insbesondere auf die gesellschaftspolitische Herausforderung ein, die durch eine stetig wachsende Weltbevölkerung einerseits und die Limitierung der Georessource Boden andererseits entsteht. Der Druck, der aus dieser Konstellation auf die verfügbaren Böden resultiert, führt oft zu einer irreversiblen Bodendegradation. Als Beispiele wurden Erosion, Versalzung und Desertifikation dargestellt. Ein Ausdruck dieses Konflikts ist das Phänomen Land Grabbing, bei dem ausländische Investoren sich die Ressource Boden in Entwicklungsländern zu sichern versuchen. Die Herausforderungen für die Wissenschaft bestehen darin, so die Schlussfolgerungen des Referenten, die Prozesse des Wandels unserer Umwelt – und des Kompartiments Boden als Teil dieser Umwelt – durch Untersuchungen, die

auch langfristiges Monitoring einschließen, zu begreifen, zu beschreiben und vorherzusagen sowie Lösungen für den Umgang mit dem Wandel zu entwickeln. Durch den Impulsvortrag mit Hintergrundinformationen und viel Diskussionsstoff ausgerüstet, begann am Nachmittag der Workshop unter der Leitung von Dr. Claus Gerhard Bannick, Mitarbeiter im Wissenschaftlichen Vorstandsbereich des GFZ und Leiter der Geschäftsstelle des Forschungs- und Technologierates Bioökonomie bei acatech, Berlin mit einer Vorstellungsrunde aller Anwesenden (Bild 2). Die anschließende Diskussion lässt sich anhand einiger übergeordneter Fragen gliedern. Welche allgemeinen Auswirkungen hat der globale Wandel? Ein Aspekt des globalen Wandels ist das sich verändernde Klima, mit folgenden Konsequenzen: • Temperaturerhöhung • Veränderung der Niederschlagsverteilung • Extreme Wetterereignisse • Änderungen des Wasserhaushalts (Bodenwasser) • Gesundheitsaspekte (Mensch, Tier, Pflanze) • Verschiebung der Vegetationsperiode • Veränderungen in den Stoffkreisläufen (C, N, P). Als weiterer Aspekt wurde der Anstieg der Bevölkerung mit veränderten Mobilitätsansprüchen genannt, der ebenfalls gravierende Konsequenzen mit sich bringt: • Bedarfe an Biomasse (Pflanze, Tier) – Ernährungsgewohnheiten FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? • • • • • • • •

Biomassenutzung („Teller oder Tank“) Landnutzungsänderungen (Monokulturen, Rodungen) Bodendegradation (u.a. Erosion) Flächenumnutzung (Infrastruktur, Versiegelung) Emissionen Verknüpfung marine – terrestrische Ressourcen Migration Sozioökonomische Auswirkungen.

Welche konkreten Auswirkungen hat der globale Wandel auf die Böden? Die chemischen, physikalischen und biologischen Standortverhältnisse können sich ändern, was Auswirkungen auf die Bodeneigenschaften und damit auf die Bodenfunktionen hat. Ebenso können sich die Organismengemeinschaften im und auf dem Boden ändern. Aus diesen Veränderungen können Gefahren für die Böden folgen, unter anderem durch Wind- und Wassererosion, Versalzung, Verdichtung, Versiegelung und Übernutzung, die auch Eingang in EURechtssetzungsvorschläge gefunden haben.

der Fragestellung berücksichtigen: • global • regional • standörtlich • zeitliche Dimension. Welche Maßnahmen können ergriffen werden? Auf politischer Ebene können Übereinkünfte hergestellt werden (auch international), die entweder rechtliche Vorschriften (Gesetze, Verordnungen) beinhalten oder ökonomische Steuerungsinstrumente (beispielsweise Prämienzahlungen bei Einhaltung von Umweltstandards, Cross Compliance). In der Umsetzung kann dies Standortanpassungen bedeuten, einen sorgsamen Umgang in Form von optimaler Bewirtschaftung oder auch ökologische Maßnahmen. Wie wird Wissen vermittelt und umgesetzt? Eine wichtige Rolle wurde in dieser Frage den Verbänden zugeschrieben, die im Idealfall eine gute

Kommunikation zwischen Wissenschaftlern, Anwendern und Entscheidungsträgern ermöglichen. Eine frühe Kommunikation ist der entscheidende Faktor, um Probleme rechtzeitig zu erkennen und anzugehen. Zum Abschluss des Workshops wurden fünf Thesen formuliert, auf die sich alle Teilnehmer einigten, und mit denen sich die Ergebnisse des Workshops abschließend zusammenfassen lassen: These 1. Böden sind eine Georessource. Sie sind ein knappes, nicht vermehrbares Gut. Aus ökologischer und ökonomischer Sicht sind Böden nur unzureichend bewertet. These 2. Zur Bewertung der Georessource Boden ist die Betrachtung aller raum-zeitlichen Skalen notwendig. Geeignete Konzepte und dazu gehörige Indikatoren sind zu erarbeiten. These 3. Eine allgemein akzeptierte Bilanz zum erwarteten Verlust

Wie messen, quantifizieren und bewerten wir den Wandel? Bei der Frage, was und wie gemessen wird, spielt der Stand der Technik die entscheidende Rolle. Dabei muss die stetige Weiter- und Neuentwicklung in der Forschung berücksichtigt werden. Für die Bewertung der Messgrößen müssen Wissenschaftler vorrangig Ziele definieren und auch den Maßstab Bild 2: Fünf Thesen und viel Diskussionsbedarf im Workshop Boden. Foto: Stefan Reuschel FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

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Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? und zur Neubildung von Böden durch den Klimawandel liegt nicht vor.

Fachgebiet Boden- und Gewässerschutz TU Bergakademie Freiberg

These 4. Klimawandel und Bewirtschaftung (Bedarf an Biomasse) wirken auf die Bodenfunktionen sowohl negativ als auch positiv.

Agricolastr. 22 09599 Freiberg Tel.: 03731 / 39-3329 [email protected]

These 5. Aufgrund der Globalisierung sind internationale Vereinbarungen zum Umgang mit Böden dringend erforderlich. Derartige Regelwerke sollten auch Grundlage nationaler Rechtsprechung werden. Dipl.-Geoökologin Sarah Annika Arévalo

Sarah Annika Arévalo studierte 2003-2009 an der TU Freiberg. Seit März 2010 arbeitet sie im Fachgebiet Boden- und Gewässerschutz des Instituts für Bohrtechnik und Fluidbergbau an ihrer Promotion mit dem Thema „Verfahrensentwicklung zur ereignisbezogenen Simulation wild abfließenden Oberflächenwassers und damit verbundener Schlammdepositionen in Siedlungsgebieten“.

Workshop Wasser Von Daniel Klein, Braunschweig

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er Workshop zum Thema „Wasser“ wurde als Diskussionsrunde durchgeführt. Als Impuls thematisierte Prof. Broder Merkel anfänglich das Thema „Wasser und Eigentum“. Die Diskussion führte daraufhin schnell zur Frage, wie der Zugang zu Wasser insbesondere zwischenstaatlich geregelt werden könne. Positive Beispiele zeigten, dass eine grenzüberschreitende Betrachtung vollständiger Einzugsgebiete – unabhängig von politischen Grenzen – für alle Anrainer von Vorteil sein könne. Je größer der Druck auf die Ressource Wasser, desto komplizierter sei es jedoch, solche multilateralen Konzepte umzusetzen, was häufig durch schwierige politische Rahmenbedingungen zusätzlich erschwert werde.

Wird eine globale Wasserbehörde gebraucht? Somit stellte sich die Frage, wie grenzüberschreitende Konzepte in 18

politisch instabilen Regionen multilateral initiiert und durchgesetzt werden können. In diesem Kontext wurde diskutiert, inwiefern eine „globale Wasserbehörde“ diese Funktion innehaben könnte und welche Befugnisse sie haben müsste. Es wurde auf die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) verwiesen, die im Atomsektor eben diese Rolle übernehme und darin auch weitgehend akzeptiert sei. In der Folge wurde intensiv und unter reger Beteiligung der gut 20 Studierenden über das Für und Wider einer globalen Wasserbehörde diskutiert. So könnte sie zum Beispiel im Einzugsgebiet des Euphrat eine lenkende Funktion einnehmen, wo Staudämme im Ober- und Mittellauf zu Wassermangelsituationen im irakischen Unterlauf führen – wo allerdings die Ressource ebenfalls durch intensive Bewässerung übermäßig strapaziert werde. Es wurde betont, dass die Wassermengen in

der Region insgesamt – bei entsprechender Verteilung und entsprechend nachhaltigem Umgang – ausreichen müssten. Als kritisch wurde die möglicherweise fehlende Akzeptanz der Behörde angesehen, gerade wenn die Anrainerstaaten aufgrund einer möglichen übergeordneten Richtlinie in ihrer Nutzung des Wassers eingeschränkt würden. Im obigen Beispiel könne ein Mangel an Akzeptanz beispielsweise auch dadurch entstehen, dass neben dem Bedarf von Mensch, Landwirtschaft und Industrie zusätzlich Wasser für den Naturschutz bzw. den Erhalt von Ökosystemen zur Verfügung gestellt werden müsste, was im Sinne einer Nachhaltigkeit „auf allen Ebenen“ sicherlich empfehlenswert wäre. Ebenso kritisch wurde mehrfach in Frage gestellt, ob eine solche Wasserbehörde tatsächlich durchsetzungsfähig wäre bzw. wie sie Staaten sanktionieren könne, die sich FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? einer übergeordneten Entscheidung widersetzten. Konsens war schließlich, dass eine übergeordnete Behörde durchaus sinnvoll sein kann, allerdings eher im organisatorischen Bereich. So könne sie beispielsweise lokale Maßnahmen und Initiativen fördern, Wasser effizienter zu nutzen; ebenso könnten (lokale) Projekte zur Abwasserreinigung initiiert werden („Globale Mittel für lokale Lösungen“). Durch diese lokalen Konzepte werde in der Folge regional – also auf Einzugsgebietsebene – die Situation für alle Anlieger verbessert. Die Anreize zur Umsetzung solcher Konzepte seien in der Regel finanzieller Natur; ebenso wurde jedoch die Bedeutung von lokalen Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen betont, die eine finanzielle Förderung unbedingt ergänzen müssten. An der Umsetzung müssten somit verschiedene Ebenen (z.B. GIZ, lokale NGOs, Forschung…) beteiligt werden, damit u.a. technische, soziale und ökologische Aspekte adäquat berücksichtigt werden könnten. Die Kombination aus lokal geförderten Maßnahmen (bottom up) und übergeordneter Steuerung (top down) wurde als vielversprechend angesehen.

Die Wasserproblematik im Geoökologie-Studium Abschließend wurde ein Meinungsbild eingeholt, inwiefern die diskutierten Aspekte im Studium berücksichtigt werden sollten bzw. ob sie bereits angesprochen werden. Erwartungsgemäß gab es hier standortabhängig unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen. Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass wirtschaftliche, politische und ähnliche Fragestellungen grundsätzlich durchaus bereits in das Studium integriert sind, meist auf theoretischer, seltener auch auf praktischer Ebene (Seminare und Projektstudien). Betont wurde in allen Fällen, dass eine Verknüpfung der Aspekte – Interdisziplinarität also – unbeFORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

dingt erfolgen sollte, beispielsweise im Rahmen von entsprechend konzipierten Projektarbeiten. Offen blieb jedoch die Frage, in welcher Tiefe das Bachelor-Studium diese Aufgabe bereits leisten müsse bzw. überhaupt leisten könne. Die vertiefte, angewandte Betrachtung solle eher im Master erfolgen. Das starke Interesse an der Diskussion bestätigte jedoch die insgesamt große Relevanz dieses Themenfeldes. Für die zweite Diskussionsrunde wurden drei Themen zur Wahl gestellt, von denen „Virtuelles Wasser“ ausgewählt wurde. Das Konzept des virtuellen Wassers befasst sich, analog zu einer CO2-basierten Ökobilanz, mit dem Wasserbedarf, der zur Herstellung eines Produktes benötigt wird. Markante Zahlen sind 140 l Wasser für eine Tasse Kaffee oder 15’000 l für ein Kilogramm Rindfleisch. Analoge Bilanzen können auch für industrielle Produkte erstellt werden, so wird der Wasserverbrauch für die Herstellung eines Autos mit 400’000 l angegeben.

Verbraucherbewusstsein schärfen durch virtuelles Wasser Bereits zu Anfang wurde diskutiert, welche Aspekte das Konzept umfasst bzw. idealerweise umfassen sollte – gehe es „nur“ um Wasser oder auch um Fragen der Wasserqualität? Und wie können die regional gänzlich unterschiedlichen Rahmenbedingungen und vor allem Folgen des virtuellen Wasserverbrauchs berücksichtigt werden? Konsens der Diskussion dieser und ähnlicher Fragestellungen war, dass das Konzept nur dann zielführend sein könne, wenn eben diese Aspekte mit aufgenommen würden. Plakativ ausgedrückt: Ein Kilogramm Rindfleisch aus argentinischer Freilandhaltung könne durchaus tausende Liter virtuelles Wasser beinhalten, ohne dass daraus vor Ort ein Wassermangel entstehe. Landwirtschaftliche Güter aus intensivem Bewässerungsland-

bau seien hingehen weitaus kritischer zu sehen. Im weiteren Verlauf wurde insbesondere diskutiert, was Konsequenz und Nutzen solcher Konzepte sein können. Eine Kennzeichnung aller Produkte hinsichtlich ihres virtuellen Wassergehaltes im Sinne einer „Ampel“ würde (unabhängig vom mutmaßlich massiven Widerstand der Lebensmittelindustrie) vielleicht das Bewusstsein des Verbrauchers schärfen, wie es ja auch bei Bio-Lebensmitteln der Fall sei. Wesentlich an Stärke gewinnen würde das Konzept sicherlich durch die schon diskutierte „Globale Wasserbehörde“, die bei entsprechend machtvoller Ausgestaltung den globalen Anbau beispielsweise durch Auflagen, Subventionen, Zölle und Quoten steuern könnte. Analog zur vorherigen Diskussion stellte sich jedoch die Frage nach der Umsetzbarkeit und Verbindlichkeit solcher Festlegungen. Zudem seien die globalen Verflechtungen insbesondere der Landwirtschaft schwer zu erfassen, ebenso wie die regionalen Folgen einer evtl. restriktiveren Wassergesetzgebung. In diesem Kontext wurde beispielsweise auf Entwicklungsländer hingewiesen, die ein (virtuell intensiv bewässertes) landwirtschaftliches Exportgut aufgrund hoher Einfuhrzölle kaum noch nach Europa exportieren könnten. Interessant ist in diesem Kontext auch die Frage, ob virtueller Wasserverbrauch durch Strafzahlungen („Ablass“) legitimiert werden könne oder ob analog zum CO2-Handel ein globaler Zertifikatehandel einsetzen werde. Die Diskussion ergab kein klares, abschließendes Ergebnis. Ein ausdifferenzierteres Konzept, das insbesondere auch die „Quellen“ virtuellen Wassers, die Wasserqualität sowie klimatische Gegebenheiten berücksichtigt, könne durchaus das Bewusstsein schärfen und über ein geändertes Konsumverhalten auch „positive“ Wirkungen entfalten, wofür es durchaus Beispiele gebe. 19

Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? Die Angabe des virtuellen Wasserverbrauchs wäre vorerst jedoch nicht mehr als eine weitere Zahl auf der Verpackung und somit möglicherweise ohne jegliche Konsequenz, da ausschließlich der Verbraucherwille über Annahme und Ablehnung des Konzeptes entscheiden würde. Sinnvoller erscheine es daher, virtuelles Wasser als Entscheidungs- und Argumentationshilfe bei Maßnahmen vor Ort (Stichwort „Entwicklungshilfe“) zu nutzen, also wiederum ein bottom-up-Ansatz. Gegen die konkrete, nachdrückliche Umsetzung auf politischer Ebene, möglicherweise gar global, sprächen die oftmals betonte Komplexität der Zusammenhänge, die Schwierigkeiten einer Konsensfindung (was im Zuge der UN-Klimakonferenzen regelmäßig deutlich wird) und die Umsetzung, die ja wiederum eine (akzeptierte und durchsetzungsstarke) globale Behörde erfordern würde.

Eigendynamik entwickelten, kann das Fazit zum Workshop „Wasser“ nur positiv ausfallen. Die Stärke einer geleiteten Gruppendiskussion – der in unserem Falle relativ freier Lauf gelassen wurde – liegt ohne Zweifel in der Diskussion selbst, der damit verbundenen Reflektion sowie der Konfrontation mit möglicherweise gegenläufigen Meinungen und Argumenten. In diesem Sinne kann bzw. soll auch dieser Bericht nicht ein abschließendes Ergebnis fixieren, sondern eher als Diskussionsgrundlage dienen. Aufgrund der relativ freien Struktur der Diskussion konnten die Rahmenthemen des Workshops „Globaler Wandel, Verlust von Ressourcen und Biodiversität“ nur schwerlich gezielt und ergebnisorientiert bearbeitet werden, was jedoch den sehr positiven Gesamteindruck der Workshoptagung nicht schmälern soll.

Aufgrund der angeregten Diskussionen, die schnell eine produktive

Dipl.-Geoökol. Daniel Klein Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISW), TU Braunschweig Tel.: 0531 / 391-7942 [email protected] Daniel Klein studierte 2001 bis 2007 an der Universität Karlsruhe mit den Schwerpunkten Wasserchemie, Hydrologie, Hydrogeologie und Geochemie. Seit Mai 2008 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am ISW der TU Braunschweig mit den Arbeitsgebieten Nährstoffrecycling, Abwasserrecycling und Ressourcenökonomie.

Verlust von Biodiversität – Verlust einer Ressource? Biodiversität als Element des nachhaltigen Ressourcenmanagements (NRM) ist in der aktuellen Debatte um eine zukunftsgerechte Entwicklung der Gesellschaft(en) ein Kernthema, das auch die internationale Gemeinschaft mit dem abgelaufenen Jahr der Biodiversität (2010) und nun mit einer entsprechenden Dekade würdigt und damit auf die Agenda nimmt. Jedoch: Kaum ein anderes Umweltgut ist für die menschliche Wahrnehmung so wenig einzuordnen, in seiner Mannigfaltigkeit so schlecht erfassbar und in seinen Variationsformen so kaleidoskopartig vielfältig. Der Workshop „Biodiversität“ in der Jahrestagung 2010 des VGöD in Freiberg thematisierte unter dem Leitthema „Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?“ die Frage, welche Veränderungen langfristig für die Ressource Biodiversität zu erwarten sind. Hierfür wurden verschiedene Szenarien entworfen und wesentliche Treiber identifiziert. Zudem erarbeiteten die Teilnehmer eine Einschätzung, wie stark sich der globale Wandel auf die Biodiversität auswirken wird. In diesem Beitrag werden nochmals die Hintergründe der aktuellen Thematik dargestellt und die Ergebnisse des Workshops präsentiert. Von Tillmann K. Buttschardt, Münster, und Julia Baum, Karlsruhe

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Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? Biodiversität heute

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bwohl die Vielfalt der Lebewesen und Arten seit der Antike wahrgenommen und die biologische Taxonomie und Sammlungstätigkeit in den letzten 300 Jahren eine eindrucksvolle Entfaltung erfahren hat, ist doch festzustellen, dass der Begriff Biodiversität, wie er seit dem Ende der 1980er Jahre verwendet wird (vgl. Wilson 2001), umfassender ist und die Variabilität des Lebens auf der Erde in all seinen Erscheinungsformen einbezieht. Um diese unglaubliche Fülle für die Wissenschaft und die Kommunikation zugänglich zu machen, wird sie im modernen Konzept von „Biodiversität“ gemeinhin aufgeteilt in einzelne Elemente, die verschiedene Facetten ansprechen (Sodhi & Ehrlich 2010): die genetische, organismische und die ökologische Diversität, die alle zudem geographische und räumliche sowie zeitliche Dimensionen enthalten. Weitere Einteilungen haben sich etabliert mit der AlphaDiversität, welche die Anzahl von Objekten (z.B. Arten) kennzeichnet, und der Gamma-Diversität, welche die Verschiedenheit von Objektgruppen (z.B. alle Geophyten zweier Untersuchungsgebiete) beschreibt. Hinzu kommt die BetaDiversität. Mit ihr werden z.B. funktionelle Unterschiede (etwa Stoffflüsse, Bioaktivität oder RäuberBeute-Interaktionen) bezeichnet (Beierkuhnlein 1998). Aus der Komplexität des Phänomens heraus wird klar, dass es einen Parameter zur Erfassung und Beschreibung von Biodiversität nicht geben kann. In einer Annäherung werden in der Regel Häufigkeitsparameter (i.e.S. Artenzahlen) und/oder Heterogenitätsparameter (Indexmaße) herangezogen. Im Laufe der Erdgeschichte war der „Betrag“ der Biodiversität durchaus unterschiedlich. Fest steht heute, dass es mehrere Aussterbeereignisse FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

im Laufe der Erdgeschichte gegeben hat. Chapin et al. (2000) zählen insgesamt sechs auf, wobei das sechste und derzeit ablaufende das erste ist, das vom Menschen verursacht ist. Den Verlust an Biodiversität zu ermitteln, der durch menschliche Einflüsse entsteht, ist im Einzelfall bzw. für bestimmte Biotope, Lebensräume oder Ökosysteme detailliert möglich. Hauptbetroffen sind naturnahe Wälder und Feuchtgebiete, Mangroven oder Korallen, um nur wenige Beispiele zu nennen. Wie groß der Schaden oder die Gen- oder Arten- oder Betadiversitätsverluste genau sind, das ist nahezu unmöglich anzugeben. Ein der Vergleichbarkeit wegen herangezogener Parameter ist die Aussterberate (extinction rate), welche in Arten pro einer Million Jahre (extinctions per million species-years — E/MSY) angegeben wird. Rockström et al. (2009) haben den Versuch unternommen, die Geschwindigkeit der rezent ablaufenden Aussterbephase zu ermitteln, und kommen hierbei auf Werte von 10-100 E/MSY. Analysen fossiler Datensätze aus dem marinen Bereich ergaben dagegen lediglich 0,1-1 E/MSY. Der rezente Wert beträgt also das 100- bis 1000fache. Wie das Kreide/Tertiär-Ereignis mit dem Aussterben der Großechsen und der anschließend aufgekommenen Dominanz der Säugetiere in vielen Bereichen zeigt, verändern derartige Biodiversitätsverluste das gesamte Ökosystemgefüge dramatisch und nachhaltig, so dass der Einfluss der Biodiversität auf die ökosystemaren Abläufe und Regelkreise als wesentlich angesehen werden muss.

Biodiversität als Ressource Seit der letzten Dekade wird vermehrt das Konzept der „Ökosystem-

dienstleistungen“1 verwendet. Es geht zurück auf das Millennium Ecosystem Assessment MEA (2005a) und hat seit seiner Veröffentlichung eine breite Anwendung erfahren. Das Konzept ist rein anthropozentrisch und versteht unter Ökosystemdienstleistungen alle „direkte[n] und indirekte[n] Beiträge von Ökosystemen zum menschlichen Wohlergehen“ (TEEB 2010: 43). Selbstredend, dass diese Beiträge wesentlich von der Lebewelt beeinflusst werden, also von der Biodiversität abhängig sind. Das Begriffskonzept ist in der geographisch/geoökologischen Denkwelt weder eine Revolution noch eine Neuigkeit, basiert es doch auf dem Ansatz des Naturraumpotenzials (Neef 1966), das in der ökologischen Planung vielfältig weiterentwickelt wurde (v. Haaren 2007). Allerdings konnte dieses grundlegende und fundiert bearbeitete Konzept mangels „Übersetzung“ bislang nicht in die ökonomische (und mangels Wahrnehmung nicht in die englischsprachige) Literatur Eingang finden. Es wurde daher in einer groß angelegten Studie für die wirtschaftliche Denkweise aufbereitet (TEEB 2010), so dass die Gesamtheit der Ökosystemleistungen als Kapitalstock interpretiert wird, der einen Überschuss produziert, welcher wiederum als Ertrag bzw. Dividende abgeschöpft werden kann. In einer klassischen betriebswirtschaftlichen Rechnung könnte also unter einer nachhaltigen Nutzung verstanden werden, dass die Entnahmen aus dem Betriebskapital 1 Im Text wird eine in der ökologischen Planung übliche Unterscheidung in Potenzial und Funktion vorgenommen. Im Folgenden wird der Begriff „Ökosystemleistung“ immer dann verwendet, wenn das Potenzial angesprochen ist, wenn also Entwicklungskapazitäten aufgrund der landschaftlichen Basis (z.B. Klima, Geologie, Boden, Wasserhaushalt, Diasporenbanken) gemeint sind. „Ökosystemdienstleistung“ meint demnach die Funktion, also die tatsächlich entwickelte Leistungsfähigkeit eines Raumes, ganz gleichgültig, ob dieses Dargebot abgeschöpft wird oder nicht.

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Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? nur so hoch sein dürfen, wie dorthin durch Rücklagen wieder zurückfließt. Nun haben mehrere umfassende und sehr gründliche Studien wie der MEA (2005a, b), der Living Planet Report (WWF 2004), GEO4 (United Nations Environment Programme 2007) und die Statusberichte zur Biodiversität GBO2 und GBO3 (Secretariat of the Convention on Biological Diversity 2010) deutlich gemacht, dass die Ressource Biodiversität massiv übernutzt wird. In der Sprache der Ökonomen werden hier weder Rücklagen für getätigte und bevorstehende Entnahmen aus dem Kapitalstock gebildet, noch gibt es Rückstellungen, um bekannte Reparaturen und Regenerationsmaßnahmen (in der Sprache der Ökologen wiederum als Renaturierung oder Revitalisierung gebräuchlich) zu tätigen. Im Jahr der Biodiversität 2010 sollte – so hat es sich die Staatengemeinschaft im Jahr 2002 vorgenommen – der weltweite Verlust an Biodiversität signifikant verringert worden sein. Dieses Ziel konnte nicht nur nicht erreicht werden, sondern es stellt

sich nunmehr dar, dass • keines der Unterziele völlig erreicht werden konnte, • die meisten Indikatoren (siehe unten) negativ sind, • kein Mitgliedsland der Biodiversitätskonvention erfolgreich war sowie • die direkten Drücke konstant geblieben sind bzw. sogar zugenommen haben. Die Projektionen der genannten Studien zeigen fortdauernde und akzelerierende Aussterberaten, einen tiefgreifenden Landnutzungswandel, verstärkten Einfluss von biologischen Invasionen sowie Veränderungen in der räumlichen Verbreitung und einen generellen Rückgang der Biodiversität. Kenntnisse in Bezug auf die Relevanz des Schwindens der Ressource Biodiversität für die langfristige Stabilität der o.a. Ökosystemdienstleistungen sind praktisch nicht vorhanden. Es gibt nur grobe Abschätzungen darüber, welcher Betrag derzeit für eine wachsende Menschheit und deren steigende Konsum-

Abb. 1: Kategorien und Dimensionen von planetary boundaries (nach Rockström et al. 2009; neu gezeichnet). 22

bedürfnisse aus den Rücklagen ausgebucht wird. Diese deuten auf eine unweigerliche Zahlungsunfähigkeit in der Zukunft hin. Als Beispiel soll hier der peak catch der marinen Fischerei dienen, also die Tatsache, dass der Höhepunkt der Fangmengen in den Weltmeeren spätestens seit dem Ende der 1990er Jahre überschritten ist (WRI 2001) und sich seitdem die Fangkapazitäten weiter ausgeweitet haben (FAO Fisheries and Aquaculture Department 2010).

Biodiversität als weltweite Schlüsselgröße Rockström et al. (2009) erkennen im Verlust von Biodiversität eine von neun Grenzlinien, die sie in ihrem Konzept der planetary boundaries ausweisen (Abb. 1). Dieses Konzept beruht auf der Annahme, dass sich Mensch-UmweltSysteme durch eine gewisse Elastizität auszeichnen und gegen Störungen innerhalb gewisser Grenzen resilient sind. Über evolutionäre Zeiträume hinweg hat sich ein Modus herausgebildet, den wir kennen und an den sich – abgesehen von kleineren Klimaschwankungen im Holozän – die Menschheit ausreichend adaptiert hat. Durch die langsame Entwicklung hat sich ein Systemmodus etabliert, dessen Grenzen nur teilweise bekannt erscheinen und in den sich die menschliche Kultur eingepasst hat. In diesem Zustand der „sicheren Arbeitsumgebung“ liegen auch die biodiversitätsbasierten Ökosystemdienstleistungen auf einem ausreichend hohen Niveau. In welchem Grenzbereich massive Verluste auftreten, welFORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? che Dimension dieser Grenzbereich besitzt, ob er regional verschieden ist, ob das Eintreten in diesen Grenzbereich und die Abnahme der Ökosystemdienstleistungen linear oder sprunghaft erfolgt und ob ein Grenzwert diesen bzw. einen sogenannten Kipp-Punkt markiert – wir wissen es nicht. Unter Umständen handelt es sich beim Phänomen des Biodiversitätsverlustes nicht nur um eine schleichende Umweltveränderung, sondern um ein Creeping Disaster. Es ist unbekannt, ob wir uns im Bereich der frühen Anzeichen befinden oder Phänomene wie das Bienensterben oder der Artenrückgang bei den „Normallandschaftsbewohnern“ bereits als Superzeichen gedeutet werden müssen (weitere Erläuterungen bei Buttschardt 2010). Rockström et al. (2009) jedenfalls sehen die planetary boundary bezogen auf den Biodiversitätsverlust als massiv überschritten an. Sie fassen diesen als Schlüsselgröße auf, welche die Ökosystemfunktionen in kontinentaler bzw. ozeanweiter Dimension beeinflussen kann und viele andere Systeme, wie etwa das Klima, die Stoffkreisläufe, den Wasserhaushalt etc. beeinflusst. Ein verstärkter Biodiversitätsrückgang ist zudem auch ethisch problematisch, was sich dadurch begründen lässt, dass er auch im ideellen und psychischen Sinne Ökosystemdienstleistungen erbringt. Problematisch an diesem Faktor ist, dass • die Rolle der Biodiversität als Stellgröße im Gesamtsystem so ungeheuer komplex und noch so wenig verstanden ist, • die Biodiversität als Indikandum für die Verschiebung der planetary boundaries nicht sehr gut geeignet ist, da sie sich a) derzeit nicht oder nur kaum darstellen bzw. messen lässt (Buttschardt 2009), und b) geeignete bzw. aussagefähige Messparameter – und damit belastbare BiodiversitätsIndikatoren – fehlen, FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011





Schwellen-/Grenzwerte für massive Systemveränderungen auf verschiedenen Skalenebenen liegen, die sich wechselseitig beeinflussen können sowie die Lage der Schwellen-/Grenzwerte mit dem derzeitigen Kenntnisstand sehr unsicher ist.

Langfristige Entwicklungen und deren Monitoring Im Workshop bei der Jahrestagung 2010 des VGöD in Freiberg haben wir uns mit der Frage beschäftigt, welche Entwicklungslinie die Ressource Biodiversität in der fernen Zukunft nehmen wird, und hierzu Roadmaps aufgestellt, die verschie-

denen Zeitintervallen (2050 und 2100) sowie unterschiedlichen Entwicklungsszenarien entsprachen (best case, business as usual, worst case). Als für die Biodiversität maßgebliche Randbedingungen unter dem business as usual- und best case-Fall wurden • Nähr-/Schadstoffeinträge • Übernutzung/Degradation • Landnutzungswandel • Invasive Arten • Klimawandel als belastende Faktoren und • gezieltes Eingreifen durch Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen

Abb. 2: Stellwand im Workshop Biodiversität mit einem Netzdiagramm des worst case-Szenarios 2100. Foto: Stefan Reuschel 23

Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? als entlastende Einflussgrößen beschrieben. Im worst case-Szenario übten zudem Ressourcenänderungen/Ressourcenverluste anderer Medien zusätzlichen Druck auf die Biodiversität aus. Im Einzelnen genannt wurden • Monokulturen • Wasserverbrauch, Wassermangel • Versalzung • Kontamination (z.B. auch durch Radionuklide) • Gentechnik sowie • Feuer, welche negative Einflüsse ausüben, wobei Bränden durchaus auch fördernde Effekte zugeschrieben wurden. Die Erarbeitung und Darstellung für das Abschlussplenum wurde im Workshop mittels eines Netzdiagramms vorgenommen (Abb. 2). Bei der Erstellung stellte sich jedoch schnell heraus, dass ein Ansatz, der nur die Ökosysteme bzw. die Einflussfaktoren betrachtet, Schwierigkeiten bereitet. Daher wurde zur genaueren Analyse der Ansatz der DPSIR-Indikatoren herangezogen, welche die Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Umwelt wesentlich aussagekräftiger darstellen können. Dieses Modell dient auch zur Strukturierung der international gebräuchlichen Indikatorsysteme. Dieses unterscheidet Antrieb (Driver D), Druck auf das betreffende Naturhaushaltselement – also hier die Biodiversität (Pressure P), den aktuellen Zustand (State S), den Einfluss, den der beschriebene Duck auf den Zustand ausübt (Impact I) sowie mögliche Handlungs- und Reaktionsoptionen und Maßnahmen der Gesellschaft (Response R). Betrachtet man diesbezüglich das Indikatorenset der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt (NBS), welche die Bundesrepublik im Rahmen der UNCBD entwickeln musste (ausführlich dargestellt bei Sukopp et 24

al. 2010), so stellt man drei Dinge fest: 1. Von den insgesamt 19 Indikatoren für Einzelkomponenten der biologischen Vielfalt entfallen nur drei Variablen auf die Darstellung des Zustandes von Biodiversität, jeweils fünf Indikatoren zeigen pressure und response, also Belastungen und Maßnahmen an, sechs Indikatoren adressieren die Stärke des Einflusses bestimmter Parameter als Auswirkungsindikatoren. 2. Keiner der Indikatoren erreicht derzeit einen Zielerreichungsgrad von 80%. 3. Nur für sechs Indikatoren gibt es einen gleichbleibenden bzw. positiven Trend. 4. Für elf Indikatoren existiert derzeit noch keine Trendanalyse. Die im Workshop besprochenen Indikatorensysteme unterscheiden sich in ihren Trendaussagen nicht wesentlich. Egal, ob es sich um nationale Auswertungen oder um die globale Analyse des Global Biodiversity Outlook 3 handelt: Derzeit zeigen die Trends für den Erhalt der Ressource Biodiversität und damit der Gewährleistung der damit verbundenen Ökosystemleistungen in gravierender Weise nach unten.

Zusammenfassung und Wechselwirkungen mit den Ressourcen Wasser und Boden Um das Maß der Belastungsgrenzen und den derzeitigen Zustand des Ressourcenverlustes zu quantifizieren, fehlen vor allem in Bezug auf die Biodiversität hinreichend verlässliche Daten. Daher sollten in allen Bereichen des Monitorings weitere Indikatoren mit ausreichenden Datenreihen entwickelt werden. Auffallend ist, dass im Bereich der NBS-Indikatoren wesentliche Aspekte der planetary boundaries nicht abgedeckt oder nicht funktional sind. So existiert

z.B. kein Indikator, der die Säureund Nährstoffbelastung der Nordund Ostsee, die Verschmutzung der Böden und Landschaft mit Schadstoffen (persistente Organika, Nanopartikel) oder Interaktionen mit anderen Ressourcen, etwa dem Grundwasser, darstellt. Auch die aktuell zu beobachtenden Veränderungen der sogenannten „Normallandschaft“ werden kaum erfasst. Dies sind jene Gebiete, die einer intensiven Bodennutzung unterliegen, die nicht in naturnahe Waldbewirtschaftung eingebunden sind oder die im Zuge des Energiepflanzenbaus oder der Veredelungswirtschaft fruchtfolgereduziert bewirtschaftet oder gar bewässert werden müssen. Sie sind es, in denen Biodiversität rapide und teilweise unerkannt verschwindet.

Literatur •

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Institut für Landschaftsökologie Westfälische Wilhelms-Universität Münster Robert-Koch-Str. 26-28 48149 Münster Tel.: 0251 / 8330104 Fax: 0251 / 8338338 [email protected] Tillmann Buttschardt studierte und promovierte in Karlsruhe. Erhielt 2007 einen Ruf auf die Professur Landschaftskunde an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde und 2008 einen auf die Professur Angewandte Landschaftsökologie/Ökologische Planung an die WWU Münster. Aktuelle Forschungsgebiete sind langfristige Entwicklungen, permanente ökologische Planung und Landschaftsmanagement-Strategien.

Julia Baum Diplomstudiengang Geoökologie, 12. Semester [email protected]

Prof. Dr. Tillmann Buttschardt Dipl.-Geoökologe

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Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?

Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? Ein Fazit Von Jörg Matschullat, Freiberg

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in derart spannendes Thema, solch herausragende Redner und Moderatoren und dann so wenig Resonanz im Sinne relativ weniger TeilnehmerInnen, das war für mich schon während der Veranstaltung der ernüchternde Teil des Fazits. Diejenigen jedoch, die sich die Zeit für diese VGöD-Workshoptagung an der TU Bergakademie Freiberg genommen hatten, nahmen aktiv teil an einer faszinierenden Veranstaltung, die gleich in mehrfacher Hinsicht bleibende Erinnerungen und Eindrücke hinterlassen hat. Und von der wohl alle mit einem Gefühl der Bereicherung zurückkamen – dies ist der sehr erfreuliche Teil der Bilanz. Der engagierte und lebendige Abendvortrag von Prof. Dr. Boris Schröder, Universität Potsdam und ZALF, unter dem Titel „Globaler Wandel“ zog wohl alle in seinen Bann, stimmte auf den folgenden Tag ein und gab genug Futter zum Nachdenken. Prof. Dr. Klaus Töpfer, heute Gründungsdirektor des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), ebenfalls in Potsdam, trotzte erfolgreich allen Herausforderungen der Deutschen Bahn. Zwar konnte er den Eröffnungsvortrag nicht pünktlich halten, weil die Verspätung bei der Anreise zu groß gewesen war, doch tat dies der Veranstaltung keinen Abbruch. Im Gegenteil, die Anregungen seines Vortrages unter dem Tagungsthema „Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen?“ dienten noch lange als Stoff für angeregte Diskussionen. Wartezeit verursachte das verspätete Eintreffen auch kaum, denn wir 26

stellten kurzerhand den Zeitplan um und boten Prof. Dr. Broder Merkel (Schwerpunkt Wasser), Prof. Dr. Reinhard Hüttl (Schwerpunkt Boden) und Prof. Dr. Tilmann Buttschardt (Schwerpunkt Biodiversität) Gelegenheit, mit vorgezogenen Impulsreferaten Anregungen und Provokationen für die im Anschluss laufenden Workshops in das Plenum zu tragen. Der Ansatz der Tagung darf als sehr gelungen bezeichnet werden, denn die folgende Arbeit in den Workshops war äußerst konstruktiv und intensiv. Statt den Nürnberger Trichter zu bemühen, trafen sich Studierende, Doktoranden, PostDocs und „Alte Hasen“ zu je einem der Themen, um gemeinsam als Priorität erkannte Inhalte und Thesen intensiv zu diskutieren. Die Beiträge von Sarah Annika Arévalo, Daniel Klein und Tillmann Buttschardt & Julia Baum in diesem Heft legen davon beredt Zeugnis ab. Lernen und Umsetzen – unter diesen Stichworten kann das Fazit der

Workshoptagung wohl subsumiert werden. Statt wie so oft überwiegend passiv Vorträge anzuhören und (meist zu kurz) diskutieren zu können, bot die Freiberger VGöDTagung allen Teilnehmenden die Chance, sich aktiv in die Diskussion der spannenden Zukunftsthemen einzubringen, gemeinsam nachzudenken und zu erleben, dass das bisherige Wissen bereits wesentlich dazu beitragen kann, große Herausforderungen erfolgreich anzupacken und zu konkreten Lösungen beizutragen – die originäre Kernmotivation des Fachgebiets Geoökologie. Drei Exkursionen rundeten die Tagung bei bestem Wetter ab. Besonders hartgesottene und abenteuerlustige Geoökologen wagten sich unter Anleitung von und engagierter Betreuung durch Dr. Jürgen Weyer in die Tiefen der „Reichen Zeche“, dem universitätseigenen Bergwerk. Erst 1969 wurde es aus dem produzierenden Betrieb entlassen und dient seitdem Lehre und Forschung für Freiberger und auswärtige Gastwissenschaftler. Untertage gibt es

Bild 1: In der abschließenden Podiumsdiskussion führen die Workshopleiter ihre Themen zusammen. Foto: Stefan Reuschel FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Schwerpunkt: Globaler Wandel – Verlust an Ressourcen? mehr als nur Spuren des aktiven Bergbaus auf Silber und Buntmetalle aus sechs Jahrhunderten zu erfahren: von den schmalen, niedrigen Stollen des 15. Jahrhunderts bis zu den fast futuristisch anmutenden neuen Tunnelbaustrecken und der Sprengkammer für Ultrahochdruckversuche zur Synthese neuer Materialien. Auch für das in Gründung befindliche Ressourcentechnologieinstitut Freiberg ist diese Grubenanlage ein wichtiger Standortvorteil.

den Ergebnissen, von denen die Exkursionsteilnehmer ein paar Kostproben mitbekamen.

Gemeinsam mit dem Alumnitreffen und dem großen Buffet am Samstagabend wurden nicht nur die intellektuellen Bedürfnisse gestillt, sondern auch der wichtigen Netzwerkbildung unter der Zunft der Geoökologinnen und Geoökologen Rechnung getragen – siehe den Beitrag von Eva Wendeberg und Sebastian Griesmeier. Vor allem machte die Freiberger Tagung Mut, sich von Etwas gemütlicher ging es zu den großen Herausforderunbei einer Führung durch die gen nicht einschüchtern zu Mittelalterstadt Freiberg. lassen, und gab Zuversicht, Fast alle Besucher lassen sich mit dem Geoökologiestudifesseln von beeindruckenden um die richtige WerkzeugGebäuden aus acht Jahrhunkiste gewählt zu haben. Ersderten, darunter solche, die Bild 2: Geoökologin Melanie Siems im Kristallgitter teres ist besonders auch den viel vom Reichtum der früeingebaut (terra mineralia). Foto: Stefan Reuschel engagierten Rednern und hen Neuzeit und der der Workshop-Verantwortlichen Renaissance erzählen (und Freilandstation für Atmosphären-, zu verdanken, Letzteres dagegen heute wieder in altem Glanz erstrahKlima- und Waldökosystemfordürfen sich die Geoökologen selbst len), von einer weitgehend erhalteschung kennenlernen wollte, nahm zugute halten. nen Stadtbefestigung mit stattlichen die Gelegenheit wahr, die AnkerstaTürmen, beschaulichen und einlation Oberbärenburg bei Altenberg denden Plätzen sowie dem frisch im oberen Osterzgebirge zu besurenovierten Schloss Freudenstein am chen. Gemeinsam von TU Dresden Rand der Altstadt. Hier sind heute und TU Bergakademie Freiberg gedas staatliche Bergarchiv mit Dokutragen, liefert diese 1984 errichtete menten der letzten sechs JahrhunStation nicht nur regelmäßig hochderte sicher gelagert und einsehbar wertige Daten zur Luftqualität (De– und es beherbergt terra mineralia, position von Gasen, Aerosolen und die wohl bedeutendste (und beeinNiederschlags-Inhaltsstoffen), sondruckendste) Mineraliensammlung dern erlaubt auch SODAR-Mesder Welt. Auf einer „Reise um die sungen, bodenhydrologische und – Welt“ lassen sich deren Lagerstätchemische Untersuchungen für Fortenbezirke erfahren, die zum Teil schungsprojekte aller Art, von der fast unglaubliche Schönheit natürliBachelorarbeit bis zu Post-Doccher Kristallisation bewundern und Arbeiten und Verbundforschungsinteraktiv erleben, wozu wir als Prof. Dr. Jörg Matschullat projekten (z.B. VERTIKO in AFOmoderne Industriegesellschaft diese Direktor, Interdisziplinäres 2000 und derzeit REGKLAM in mineralischen Rohstoffe nutzen. Ökologisches Zentrum KLIMZUG). Sie bietet GastwissenTU Bergakademie Freiberg Dabei ist es kein Gerücht, dass imschaftlern mit ihrer Infrastruktur http://tu-freiberg.de/ioez mer wieder Besucher fragen, welche immer wieder neue ArbeitsmöglichDekan der Fakultät für GeowissenKünstler denn diese Schaustücke keiten. Aktuell verknüpfen wir die schaften, Geotechnik und Bergbau geschaffen hätten… langjährige Arbeit zur Aerosoldepohttp://tu-freiberg.de/fakult3/min/ geochemie Wer ein wenig das Erzgebirge ersition mit neuen Erkenntnissen der kunden und eine leistungsfähige [email protected] Klimaforschung – mit sehr spannenFORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

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Geoökologie

Weiterentwicklung von Fachinformationssystemen im Bodenschutz: Ein Brückenschlag von der EU-Bodenschutzstrategie hin zur föderalen Perspektive in Deutschland Die europäische Bodenschutzstrategie thematisiert die zentrale Bedeutung der Sicherung von Bodenfunktionen. Trotz intensiver politischer Bemühungen ist es dem Rat der Europäischen Union bislang nicht gelungen, eine politische Einigung über den Entwurf der europäischen Bodenrahmenrichtlinie zu erzielen. Die Etablierung des Bodeninformationssystems (BIS) auf Bundesebene und die kontinuierliche Entwicklung von teilweise länderübergreifenden Bodeninformationssystemen und Datenbanken ist für die Erfassung, Darstellung und Bewertung von Informationen im Bodenschutz grundlegend. Daten aus den Bodenmonitoringprogrammen der Bundesländer werden für eine regelmäßige Übertragung im Rahmen der Berichtspflichten gegenüber dem Bund und der EU vorbereitet. Von Andreas Lamprou, Freiburg/Breisgau

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Einleitung

itale Böden liefern als elementare natürliche Ressource die Basis für den Anbau gesunder Nahrungsmittel. Gleichzeitig haben sie eine große Bedeutung für den Klimaschutz und sind unmittelbar von den Folgen des Klimawandels betroffen (ABo 2009). Böden können, entsprechende Bewirtschaftungsformen vorausgesetzt, neben den Weltmeeren eine wirksame CO2Senke bilden und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des globalen KohlendioxidHaushalts. Boden als basales Umweltmedium steht in Wechselwirkung zu den anderen Kompartimenten Wasser und Luft und erfüllt dabei eine Vielzahl an lebenswichtigen Funktionen. Darüber hinaus sind Böden als Produktionsstandort von Biomasse und Plattform für die Tätigkeiten des Menschen insgesamt wichtig. Die Vorlage einer europäischen Bodenschutzstrategie stand auf der Agenda des 2010 ausgelaufenen sechsten Umweltrahmenprogramms der Europäischen Union. 28

Diese Strategie thematisiert die zentrale Bedeutung einer Sicherung von Bodenfunktionen im generellen Zielkorridor des Schutzes natürlicher Ressourcen. Damit verknüpft ist der Entwurf einer europäischen Bodenrahmenrichtlinie (EU-BRRL) vom 22.09.2006 als zentralem Element eines harmonisierten Bodenschutzes in Europa. Trotz intensiver Bemühungen ist es dem Rat der Europäischen Union nicht gelungen, eine politische Einigung der EUMitgliedstaaten über den Entwurf der europäischen Bodenrahmenrichtlinie zu erzielen (Abo 2009). Erst in der Folge der spanischen und belgischen Präsidentschaften 2010 rückte ein Neubeginn der Verhandlungen in diesem Kontext wieder in den Bereich der Realität (EU COM 2011).

EU Threats to Soil und die Kriterien eines harmonisierten Umweltmonitorings Böden stellen eine nicht erneuerbare Ressource dar. Sie sind in Europa zahlreichen Verschlechterungsprozessen unterworfen. Die EU-Kom-

mission hatte in ihrer Mitteilung zur Entwicklung einer spezifischen Bodenschutzstrategie bereits im Jahr 2002 acht spezifische Gefahren identifiziert (Threats to Soil, EU COM 2002): Erosion, Verlust an organischer Substanz, lokale und diffuse Kontamination, Versiegelung, Verdichtung, Verlust an Biodiversität, Versalzung und Erdrutsche. Sie verwies darin auf die Notwendigkeit eines zentralen Monitoringsystems als Wissensgrundlage für kohärente Maßnahmen in der Zukunft. Ein allgemeines Umweltmonitoring liefert Informationen über den Umfang und die Entwicklung verbreiteter Gefahren und bietet damit eine rationale Grundlage für umfassendere und präzisere politische Reaktionen. Ein spezifisches Bodenmonitoring ist demgegenüber auf lokale Gefahren und ihre Determinanten fokussiert und leitet aus diesen Erkenntnissen konkrete Maßnahmenpakete in jenen Bereichen ab, in denen Bodendegradation ihren Ursprung hat.

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Geoökologie Gegenwärtig nehmen Böden ubiquitär eine breite Palette verschiedener Schadstoffemissionen auf. Wenn sich bestimmte Schadstoffe im Boden akkumulieren, bilden sie eine Gefahr nicht nur für die Bodenfunktionen, sondern bei einem Übergang in Gewässer oder einer Bioakkumulation in Pflanzen auch für die Gesundheit von Mensch und Tier. Die Entwicklung einer spezifischen Bodenschutzstrategie auf europäischer Ebene gründet auf den Elementen • unmittelbarer Initiativen • eines Einbezugs des Bodenschutzes in andere Politikbereiche • des Bodenmonitorings • und der Entwicklung neuer Maßnahmen auf der Grundlage von Monitoringergebnissen. Im Grundsatzpapier der EU-Kommission zur Bodenschutzstrategie wird weiter ausgeführt, dass es sich bei der Sammlung von Daten der Bodenuntersuchung (physikalische und geologische Charakteristik der Böden) um eher statische Angaben handelt. Bei der Entwicklung von Boden-Monitoringsystemen kommt es darauf an, auf der Grundlage systematischer Probennahmen und Analysen Informationen über Veränderungen bei den für die Bodenfunktionen wichtigen Bodenparametern wie Nährstoffstatus, organische Substanz, biologische Vielfalt und Kontamination zu sammeln (EU COM 2011). Maßnahmen im Umweltschutz satteln auf vorhandenen Informationen. Um einen langfristigen Schutz der Böden zu gewährleisten, sind ein valider und vollständiger Informationsbestand, ein Monitoringsystem und Indikatoren für die vorherrschende Bodenbeschaffenheit von zentraler Bedeutung. Damit lassen sich die Auswirkungen politischer Maßnahmen und Verfahrensweisen untersuchen und nachvollziehen.

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Das europäische Monitoringsystem baut aus Effizienzgründen auf bestehenden nationalen Informationssystemen, Daten- und Wissensbeständen der Mitgliedsstaaten auf.

Bodeninformationssystem des Umweltbundesamtes Durch die Etablierung eines Bodeninformationssystems (BIS) auf Bundesebene und die kontinuierliche Entwicklung von zum Teil länderübergreifenden Boden-Datenbanken (Beispiel: Kooperation Niedersachsen und Sachsen-Anhalt) werden Aufgaben gelöst, die der Erfassung, Darstellung und Bewertung von Informationen zu Bodenfunktionen, zum Bodenzustand, zur Bodenbelastung und zu Aus- und Einträgen von Stoffen dienen. Der Aufbau des BIS erfolgte im Rahmen von UMPLIS-Vorhaben im Umweltbundesamt (UBA) (UMPLIS 1999). Das BIS ist als nationales Informationssystem der Steuerung

übergeordneter gesellschaftlicher Ziele verpflichtet, dient als fachliches System aber auch der Lösung von konkreten übergeordneten Aufgaben des Bodenschutzes. Mit der Verabschiedung des Bundesbodenschutzgesetzes wurden der vorsorgende Bodenschutz und die nachhaltige Nutzung der Böden gesetzlich festgeschrieben (BBodSchG 1998). Grundlage eines vorsorgenden Bodenschutzes sind Informationen aus einem Monitoring des Bodenzustandes in der zeitlichen Entwicklung. Die Struktur des BIS als Dachinstrument für bodenschutzrelevante Daten auf Bundesebene mit den drei differenzierten Fachinformationssystemen (FIS) • FIS Bodenkunde des BGR, Hannover • FIS Altlasten (ALIS) des UBA • und das FIS Bodenschutz, UBA ist in Abbildung 1 dargestellt. Den Hauptteil des BIS stellt das FIS Bodenschutz (UBA) dar, das zur

Abb. 1: Struktur des Bodeninformationssystems des Bundes (BIS) (Quelle: UBA). 29

Geoökologie

Bodeninformationssysteme in Baden-Württemberg

lung der Daten von Bodendauerbeobachtungsflächen (BDF) und Bodenzustandsuntersuchungen sind die Bundesländer in der Pflicht. Diese Datenpools dienen als Informationsarchive und liefern die Basis für Aussagen über die physikalische, chemische und biologische Beschaffenheit des Bodens und über die Bodennutzung.

Bei der Einrichtung von länderbezogenen Bodeninformationssystemen und dem Monitoring und der Samm-

Im Rahmen der Berichtspflichten an das UBA und in Anbindung an ein EU-weites Messnetz der BDF be-

Haltung bodenschutzrelevanter Daten beim UBA über eine Kern- und Verweisstruktur verfügt und die Anknüpfung und Kommunikation mit dem FIS Bodenkunde (BGR), der Bundesländer und anderen Bundesbehörden sicherstellt.

treibt die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden Württemberg (LUBW) seit mehr als 25 Jahren eine Erfassung von Bodenbelastungen. In Abbildung 2 sind Lage und Flächen-Nutzungstypen der Messstandorte des Basismessnetzes und des an „Umweltpressoren“ (Großstadtperipherie, intensive Landwirtschaft, Autobahn) ausgerichteten Intensivmessnetzes dargestellt. Das Fachinformationssystem Boden

Abb. 2: Bodendauerbeobachtungsflächen in Baden-Württemberg (Quelle: LUBW 2005). 30

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Geoökologie

Abb. 3: Bewertung der Bodenfunktion „Pufferkapazität von Böden“ (Quelle: Ausschnitt der Bodenkarte (BK 50) von Baden-Württemberg (LGRB)).

(FIS Bo) bildet als Modul des Informationssystems Wasser, Immissionsschutz, Boden und Altlasten, Abfall und Arbeitsschutz (WIBAS) in Baden-Württemberg die zentrale Datenbasis für Informationen über Schadstoffgehalte in Böden (WIBAS 2006). Als Auskunftssystem, in dem Daten und Untersuchungsmethoden zur Verfügung gestellt werden, ist es das Kernelement für die Ableitung fachlicher Entscheidungen und bei der Dokumentation und Bearbeitung von Fragen zur stofflichen Belastung von Böden. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) in Freiburg im Breisgau bearbeitet im Rahmen des Projekts Integrierte geowissenschaftliche Landesaufnahme (GeoLa) ein geowissenschaftlich/ bodenkundlich ausgerichtetes Informationssystem mit Daten zur geowissenschaftlichen LandesaufFORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

nahme (BÜK 200, BK 50, BK 25, Analyse und Erfassung von Bodenkennwerten) (GeoLa 2011). Abbildung 3 zeigt exemplarisch einen GIS-Auswertungsscreen „Pufferkapazität von Böden“ im Filstal bei Göppingen.

FIS StoBo als Informationspool in Nordrhein-Westfalen Daten und Informationen über die Böden in Nordrhein-Westfalen werden im landesweiten Bodeninformationssystem (BIS NRW) zusammengeführt. Ein wichtiger Baustein des BIS NRW ist das Fachinformationssystem Stoffliche Bodenbelastung (FIS StoBo). Es enthält mit ca. 60’000 Einzeldatensätzen und den zugehörigen Metainformationen umfassende, punktbezogene Informationen über Stoffgehalte in den Böden von NRW. Vorrangig werden Daten von Schwermetallen und

schwer abbaubaren organischen Verbindungen vorgehalten, die wegen ihrer Persistenz und hohen Akkumulationsraten in Böden toxikologische Relevanz aufweisen (FIS StoBo 2011). Mit den eingestellten Daten stellt das FIS StoBo wichtige Grundlagen für die vergleichende Beurteilung von Bodenbelastungen zur Verfügung. Sie sind in erster Linie für die Planung und den Vollzug von Bodenschutzmaßnahmen von Bedeutung. Gleichzeitig bietet der Datenpool des FIS StoBo der interessierten Öffentlichkeit Informationen über die Stoffgehalte der Böden in NRW. So können belastete Flächen erkannt und Rückschlüsse auf (natürliche) Belastungsursachen und den Einfluss der Bodennutzung gezogen werden. Das Fachinformationssystem stoffliche Bodenbelastung des Landes 31

Geoökologie NRW ermöglicht mit einem browsergestützten GIS-Portal seit einigen Jahren einen öffentlichen Zugriff auf diese Daten (FIS StoBo 2011). In einer höheren räumlichen Auflösung werden die Daten des FIS StoBo Kommunen und Fachanwendern über das Intranet des Landesverwaltungsnetzes zur Verfügung gestellt. Abbildung 4 zeigt eine Übersicht über Bleigesamtgehalte in Oberböden im Stadtgebiet Aachen aus dem online-Portal des NRW FIS StoBo. Ein weiterer wichtiger Anwendungsbereich des FIS StoBo ist die Ermittlung von landesweiten Hintergrundwerten für Stoffgehalte in Böden. Kenntnisse über Hintergrundgehalte von Schadstoffen in Böden gehören zu den Voraussetzungen für die Bewertung von Belastungen und Veränderungen in der Umwelt. Sie sind Grundlage für eine Abgrenzung von Flächen mit erhöhter Schadstoffbelastung. Hinter-

grundwerte setzen sich aus dem geogenen Grundinventar und einer differenzierten oder infolge diffuser Eintragspfade ubiquitären Stoffverteilung zusammen. Damit stellen Hintergrundwerte repräsentative Kenngrößen allgemein verbreiteter (Schad)Stoffgehalte in Böden eines bestimmten Gebietes dar (Kaufmann 2005). Für Nordrhein-Westfalen hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) eine Differenzierung der Hintergrundwerte nach Nutzungseinheiten, Gebietstypen und Ausgangsgesteinen der Bodenbildung vorgenommen.

Anforderungen an eine Weiterentwicklung von Bodeninformationssystemen Bei der Herstellung eines europaweit einheitlichen Verständnisses über die dominierenden Bodende-

gradationsprozesse ist die Vergleichbarkeit der Daten ein zentrales Thema. In den internationalen Normenorganisationen wie dem Europäischen Komitee für Normung (CEN) und der Internationalen Organisation für Normung (ISO) wird daher seit mehreren Jahren an der Entwicklung international anerkannter Normen gearbeitet, um eine Harmonisierung von Probennahmeverfahren und Bodenuntersuchungsmethoden zu erreichen. In der Handhabung moderner Informationssysteme ist es neben einer reinen Datenerfassung und –administration von zunehmender Bedeutung, die vorliegenden Belastungsdaten entsprechend definierter Abfrageselektionen gezielt auszuwählen und auf verschiedene Fragestellungen hin zu analysieren. Daten aus den Basis-Messnetzen der Bodendauerbeobachtungen der Län-

Abb. 4: Bleigesamtgehalte in Oberböden im Stadtgebiet Aachen (Quelle: FIS stoffliche Bodenbelastung des Landes NRW). 32

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Geoökologie der, die mit ihren Messstandorten zum Monitoring-Programm der EU zählen, werden mit der Entwicklung geeigneter Schnittstellen zum BIS des UBA für eine regelmäßige Übertragung im Rahmen der Berichtspflichten gegenüber dem Bund und der EU vorbereitet.



EU COM – European Commission Environment (2011): Proposal for a Soil Framework Directive on 22. Sep. 2006. http://ec.europa.eu/ environment/soil/three_en.htm



FIS StoBo (2011): Fachinformationssystem Stoffliche Bodenbelastung Nordrhein Westfalen. www.gis.nrw.de/fisstobo/recherche

Im Zuge der jüngeren Gesetzgebung zur Umweltinformation der Öffentlichkeit gewinnen Ansprüche an die Transparenz umweltbezogener Daten deutlich an Profil (UIG 2004). Damit bekommt die vom Gesetzgeber ausdrücklich angesprochene Möglichkeit des Verweises auf einschlägige internetgestützte Informationspools zu bestimmten Umweltthemen Rückenwind.



GeoLA – Integrierte geowissenschaftliche Landesaufnahme (2011): www.lgrb.unifreiburg.de/lgrb/Fachbereiche/ geologie/grundlagen/ integrierte_landesaufnahme





Literatur •





ABo – Aktionsplattform Bodenschutz (2009): Presseerklärung zur EU-Bodenschutzrichtlinie vom 26.06.2009. www.bvboden.de/abo BBodSchG – Bundesbodenschutzgesetz (1998): Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten. www.gesetze-im-internet.de/ bundesrecht/bbodschg/gesamt.pdf EU COM – European Commission Environment (2002): Mitteilung der Kommission vom 16. April 2002. Hin zu einer spezifischen Bodenschutzstrategie. http://europa.eu/ legislation_summaries/ environment/soil_protection/ l28122_de.htm

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Kaufmann, C. (2005): Abgrenzung von Gebieten mit erhöhten Schadstoffgehalten in Böden auf Grundlage lokaler Hintergrundwerte. Bodenschutz 10: 11-16. LUBW (2005): Bodendauerbeobachtungsflächen in BadenWürttemberg. Abbildung von Standorten des Grund-/Basis- und Intensivmessnetzes. Faltblatt. http://tinyurl.com/6dgnbkr



UIG – Umweltinformationsgesetz (2004): www.gesetze-iminternet.de/bundesrecht/ uig_2005/gesamt.pdf



UMPLIS – Informations- und Dokumentationssystem Umwelt (1999): www.umweltdaten.de/ publikationen/fpdf-l/2629.pdf



WIBAS (2006): Konzeption Informationssystem Wasser, Immissionsschutz, Boden und Altlasten, Abfall und Arbeitsschutz. www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/ 92427/konzeption_wibas_2006.pdf

Dipl.-Geoökol. Andreas Lamprou natres – Integriertes Management natürlicher Ressourcen Heinrich-Mann-Str. 5 79100 Freiburg/Breisgau Tel. 0761 / 6404826 [email protected] Andreas Lamprou studierte Chemieingenieurwesen (Universität Karlsruhe) und Geoökologie (Universität Bayreuth). Auf der Grundlage seiner langjährigen Berufs- und Projekterfahrungen im Umweltconsulting, dem Wissenschaftsmanagement und der Umweltadministration gründete er 2009 das Umweltberatungsunternehmen natres. Mit fachlichem Fokus auf die Bereiche UIS-Entwicklung, Flächenressourcen-, Landschafts- und Sanierungsmanagement wendet sich natres an Entscheidungsträger kommunaler und öffentlicher Institutionen. Seit 1998 Lehrtätigkeit als Fachdozent und Beteiligung an den Ausbildungscurricula verschiedener Bildungsträger, Fachverbände und Universitäten (TU Berlin, ZAG Tübingen, VEGAS Stuttgart).

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Geoökologie

Nachhaltigkeitszertifizierung von Stadtquartieren als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung In der Nachhaltigkeitsdiskussion rückt das Wohnumfeld immer mehr in den Fokus. Hierbei stehen die Stadtquartiere im Mittelpunkt der Betrachtung. Folgende Bewertungs- und Zertifizierungssysteme für Stadtquartiere sind bereits etabliert: BREEAM Communities, CASBEE for Urban Development (UD), LEED Neighborhood (ND) und estidama. Das System der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. für neuerrichtete Stadtquartiere (DGNB-NSQ) befindet sich in der Entstehung. Diese Systeme ermöglichen eine standardisierte, transparente und nachvollziehbare Beurteilung und leisten einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Städte. Dieser Artikel gibt einen Einblick in die aktuelle Entwicklung der nachhaltigen Quartiersforschung und die Entwicklung der Quartierslabels. Von Monika Heyder und Andreas Koch, Karlsruhe

I

n vielen unterschiedlichen Bereichen versuchen wir, den Nachhaltigkeitsaspekt in unser tägliches Leben zu integrieren. Neben dem Konsum alltäglicher Waren, die einem gewissen Standard entsprechen (FairTrade, Biosiegel, Demeter usw.), rücken immer mehr die Wohnstätte und das Wohnumfeld in diesen Fokus. Nicht nur einzelne Gebäude werden unter Nachhaltigkeitsaspekten geplant und realisiert, sondern ganze Quartiere und Stadtbauprojekte. Vaubaun in Freiburg, BedZED in Sutton nahe London, Masdar City in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder der momentane Wettbewerb „EcoQuartier“ in Frankreich sind Beispiele, die für diese Bewegung stehen (Scemama 2009, MEDDTL 2011, Nader 2009). Doch wie kann der Grad der Nachhaltigkeit dieser Projekte nachvollziehbar und vergleichbar beschrieben werden? Eine Möglichkeit bieten Nachhaltigkeitszertifikate, die Stadtquartiere im Neubau betrachten und eine standardisierte Bewertung ermöglichen.

Quartiere – Maßstab zwischen Gebäude und Stadt Ausgangspunkt für die Nachhaltigkeitsbewertung im Wohnsektor war 34

ursprünglich das Gebäude (Hatzfeld 2009). Durch den Gebäudesektor werden in der EU 35% der CO2Emissionen emittiert (Europäische Kommision 2007). Da jedoch nicht nur Gebäude, sondern die Interaktion der Bewohner und wiederum deren Interaktion mit dem Umfeld Einfluss auf den Umfang der Emissionen nehmen, wurde der Ansatz erweitert. Quartiere bieten hier einen geeigneten Untersuchungsmaßstab. Quartiere umfassen mehr als ein bloßes Gebäude und sind gegenüber einer Stadt in ihrer Größe überschaubar. Sie stellen daher eine Mesoebene für die Betrachtung dar, d.h. eine Ebene zwischen Stadt und Gebäude. Die unterschiedlichen Kriterien für eine Abgrenzung des Begriffs Quartier reichen von soziologischen bis hin zu baulichen Charakteristika. Eine Vielzahl von Definitionen versucht, dieses komplexe Zusammenspiel zu fassen (Galster 2001, Chaskin 1995, Kremer-Preiß & Stolarz 2005, Schnur 2008, Breuer & Schmell 2007). Galster (2001) gibt einen Einblick in das breite Spektrum der Determinanten, die ein Quartier beschreiben: • Bauliche Struktur (Dichte, Gestalt, Erneuerung)

• • • •

• •

• • •

Infrastruktur (Versorgung, Entsorgung, Transport, Straßen) Demographie (Altersstruktur, Religion) Soziale Struktur (Einkommen, Bildungsgrad) Lokale Dienstleistung (Bildungseinrichtungen, öffentlicher Raum, Verwaltung) Umwelt (Verschmutzung, Topographie) Erreichbarkeit (Hauptverkehrswege, Arbeitsplatz, Versorgungseinrichtungen) Politik (lokale Partizipation und Vertretung) Soziale Netzwerke (Konnektivität, Normen) Identifikation (historische Signifikanz, Verbundenheit).

Der individuell wahrgenommene Identifikationsraum, der die oben genannten räumlichen Determinanten beinhaltet, wird als Quartier bezeichnet. Durch diese individuelle Wahrnehmung können sich die Grenzen des Quartiers variabel gestalten und unterliegen somit einer gewissen Unschärfe (Schnur 2008, Wellman & Leighton 1979). Diese Komponente der individuellen und unscharfen Grenzen birgt für eine empirische Analyse, quantitativ oder qualitativ, Schwierigkeiten. FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Geoökologie Breuer & Schmell (2007) definieren dagegen ihren Quartiersbegriff wie folgt: Ein Quartier ist ein Gebiet von mehr als 10 ha oder mit mehr als 1000 Einwohnern, dem eine „einheitliche Städtebaukonzeption“ zugrunde liegt. Auf dies wird an Hand der Quartierslabel vertiefend eingegangen. Das Quartier lässt sich klar vom Begriff des Stadtbezirks abgrenzen, der eine administrative Einheit einer Gemeinde bezeichnet (vgl. z.B. Abs. 1, §64 GemO, Baden-Württemberg). Bezirke können mehrere oder nur Teile eines Quartiers einschließen. Im angelsächsischen Raum kommen die Begriff Neighborhood und Community dem deutschen bzw. französischen Quartier nahe (Schnur 2008, vgl. Tabelle 1). Es kann festgehalten werden, dass die Literatur kein feststehendes Konzept zur Definition des Quartiers Begriffs bereithält. Eine festgelegte Begrenzung des Untersuchungsraumes ist jedoch bei einer empirischen Analyse erforderlich.

Nachhaltigkeit in Quartieren – die Zertifikate im Überblick So vielfältig der Begriff der Quartiere in der Literatur verwendet wird, so vielfältig sind auch die Quartierslabel der Nachhaltigkeitszertifizierung. Weltweit sind neben BREEAM Communities, LEED-ND und CASBEE-UD noch estidama (entwickelt in den Vereinigten Arabischen Emiraten) etablierte Bewertungs- und Zertifizierungssysteme für Stadtquartiere. Das System DGNB-NSQ befindet sich momentan in der Pilotphase. Der Untersuchungsraum der unterschiedlichen Labels bezieht sich zumeist auf die Plangrenzen des Projektgebietes und erweitert dies um quantitative Größen (Einwohnerzahl, Ausdehnung oder Wohneinheiten). Im Falle von DGNB-NSQ ist die Grenze 1 ha Bruttobaulandfläche. Andere Labels betrachten die Anzahl der Wohneinheiten. Nach FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

diesen umfasst ein Quartier mehr als eine Wohneinheit. Somit können zwei Wohneinheiten für eine Zertifizierung genügen (z.B. BREEAM Communities), dies könnte theoretisch bereits eine Doppelhaushälfte umfassen. Tabelle 1 gibt einen Einblick in die untersuchten Zertifikate. Der Vergleich beschränkt sich auf die Systeme BREEAM Communities, LEEDND, CASBEE-UD und das System DGNB-NSQ. Die Benennung und die Dimensionen der Nachhaltigkeit der Systeme BREEAM Communities, CASBEE-UD und LEED-ND geben bereits einen ersten Hinweis auf die Schwerpunkte der Bewertung. Das Label der DGNB hingegen scheint in der Betrachtung der Quartiere eine Integration aller Nachhaltigkeitsaspekte (Ökologie, Ökonomie und Sozialaspekte) vorzunehmen. Dies muss jedoch in der konkreten Anwendung des Labels und innerhalb der momentanen Pilotphase 2011 bestätigt werden (vgl. Tabelle 1). Triebkräfte, die Nachhaltigkeit propagieren, kommen aus unterschiedlichen Bereichen. Nelson et al. (2010) untersuchten diese am Beispiel nachhaltiger Gebäude. Es wird von Seiten der Autoren dieses Artikels angenommen, dass diese Triebkräfte auch für nachhaltige Quartiere gelten. Sie wurden den folgenden Kategorien zugeordnet und erweitert: • Akteure (Regierung, Wissenschaft, Projektentwickler, Mieter und Eigentümer) • Ökonomische Belange (Wirtschaftlichkeit, Wertschöpfung, Nachhaltige Investitionen) • Gesellschaftsrelevante Entwicklungen (Globalisierung, Umweltbewegung). So wurde beispielsweise CASBEEUD in Zusammenarbeit von Regierung, Industrie und Wissenschaft entwickelt. Der Zusammenschluss einzelner Akteure ist auch für andere Labels gegeben. Es ist anzuneh-

men, dass die Entstehung der Labels, neben den oben genannten Triebkräften, zusätzlich durch die gewählten Geschäftsmodelle beeinflusst wird. Durch die Etablierung von eingetragenen Vereinen kann mittels geschickter Werbung eine Vielzahl unterschiedlicher Partner für die Entwicklung der Labels gewonnen werden, die im Zuge der Vereinsmitgliedschaft ihre Mitarbeit „ehrenamtlich“ erbringen. Das Spektrum der Akteure kann hierbei von Industriepartnern über Ingenieurbüros, Universitäten bis hin zu Vertretern von Städten und Kommunen reichen (siehe Tabelle 1; DGNB-NSQ). Allen Labeln liegt eine spezifische Berechung des Gesamtergebnisses zu Grunde. Für diese wird eine Gewichtung der Determinanten vorgenommen. In LEED-ND geschieht dies im Gegensatz zu BREEAM Communities und CASBEE-UD nicht durch Gewichtungsfaktoren, sondern durch eine unterschiedliche Anzahl an Kriterien in den einzelnen Dimensionen. Die abschließenden Bewertungen der erreichten Ergebnisse variieren. Die Bewertung bzw. Zertifizierung wird in den meisten Fällen von geschulten Auditoren übernommen und von dritter Stelle überprüft. Diese vergibt in der Regel auch das Zertifikat. In den meisten Fällen erfolgt die Bewertung bzw. Zertifizierung in drei Stufen: Planung, Konstruktion und Fertigstellung. Diese Stufen sind in den jeweiligen Handbüchern definiert. BREEAM Communities beschränkt die Bewertung auf zwei Stufen. Ein weiterer relevanter Punkt ist das subjektive Interesse der Akteure zum Zeitpunkt der Zertifizierung. Akteure sind neben Projektentwicklern Mieter und Eigentümer (s.o.). So ist eine Zertifizierung in der Planungsphase für Projektentwickler mit einem ökonomischen Interesse verbunden, wohingegen für Eigentümer und Mieter eine Zertifizierung nach Fertig35

Geoökologie Tabelle 1: Übersicht über die Quartierslabel BREEAM Communities, CASBEE-UD, LEED-ND und DGNB-NSQ. Quellen: Japan Sustainable Building Consortium (JSBC) 2008, Building Research Establishment (BRE) 2009, Congress for the New Urbanism 2009, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen 2011. BREEAM Communities

CASBEE-UD

LEED-ND

DGNB-NSQ

Building Research Establishment’s Environmental Assessment Method Communities

Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency for Urban Development

Leadership in Energy and Environment Design for Neighborhood Development

Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, Systemvariante „Neubau Stadtquartiere“

United Kingdom Green Building Council

Japan Green Building Council und Japan Sustainable Building Consortium

U.S. Green Building Council

Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB)

Geschäftsmodell Ursprungsland

Privatisiertes Bauforschungsinstitut

Konsortium

Non-Profit-Organisation

Eingetragener Verein

England

Japan

Vereinte Staaten von Amerika

Deutschland

Entwickelt

2009

2006 Neuauflage 2007

2009

2010 bzw. 2011

Dimensionen der Nachhaltigkeit

Climate and Energy Place shaping Community Ecology Transport Resources Business Buildings

Energy efficiency Resource efficiency Local environment Community Infrastructure

Smart Location and Linkage Neighborhood Pattern and Design Green Infrastructure and Building

Ökologische Qualität Ökonomische Qualität Soziokulturelle und funktionale Qualität Technische Qualität Prozessqualität

Ja, durch BRE Global

Kein offizielles Auditorensystem (self-assessment)

Ja, durch GBCI

Ja, durch DGNB

IBEC Institute for Building Environment and Energy Conservation

GBCI Green Building Certification Institute

DGNB

Bewertung

Outstanding Excellent Very Good Good Pass Unclassified

S (excellent) A (very good) B+ (good) B- (fairly good) C (poor)

LEED Platinum LEED Gold LEED Silver LEED certified

Bronze: 50 – 64% Silber: 65 – 79% Gold: ≥ 80%

Gewichtung

Regionale Gewichtung

dreistufige Gewichtung

Titel

Logo

Entwickler

Geschulte Auditoren Validierung und Zertifizierung durch

BRE Building Research Establishment

***** **** *** ** *

(80+) (60+) (50+) (40+)

Gewichtung durch unterschiedliche Anzahl Indikatoren pro Dimension

Gewichtung

Fokus liegt auf der Wahl des Standortes

Integration ökonomischer Aspekte

dreistufige Bewertung bzw. Zertifizierung (Planung, Konstruktion und Fertigstellung)

dreistufige Bewertung bzw. Zertifizierung (Planung, Konstruktion und Fertigstellung)

Charakteristika

Entwickelt für England

Stufen der Zertifizierung

zweistufige Bewertung bzw. Zertifizierung (Outline Planning, Detailed Planning)

Entwickelt für Japan und Asien, Risikovermeidung bei Naturkatastrophen dreistufige Bewertung bzw. Zertifizierung (Planung, Konstruktion und Fertigstellung)

Verbreitung und Anzahl der Zertifizierungen

zwei Projekte in England (30.09.2010)

ein Projekt in Japan (09.02.2011)

69 Pilotprojekte bis 2010 weltweit (30.09.2010)

Praxisphase 2011

Im Web

www.breeam.org

www.ibec.or.jp/CASBEE/ english/overviewE.htm

www.usgbc.org/ DisplayPage.aspx? CategoryID=19

www.dgnb.de/_de/gmbh/ teilnahme-pilotphasen-neuenutzungsprofile.php

36

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Geoökologie stellung von Interesse ist. Da BREEAM Communities in der Bewertung und Zertifizierung lediglich die Planungsphase berücksichtigt, ist zu vermuten, dass dieses Label in erster Linie Projektentwickler anspricht. Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, ist CASBEE-UD zwar das bereits am längsten etablierte Label, jedoch LEED-ND mit 69 zertifizierten Pilotprojekten das meistgenutzte Label. Dies lässt sich möglicherweise durch die Fokussierung von CASBEE-UD auf Asien und speziell Japan sowie die Risikovermeidung bei Extremereignissen erklären. Jedoch richten sich alle Label nach Standards in ihren jeweiligen Ursprungsländern. Teilweise integrieren sie international anerkannte Standards, wie ISO 14001 in BREEAM Communities. Dies trägt daher nur bedingt zur Erklärung des Sachverhaltes bei. Interessant ist, inwieweit die Label die länderspezifischen Standards lediglich abfragen oder ob in den Labeln ein darüber hinausgehender Erfüllungsgrad verlangt wird. In diesem Zusammenhang kann unterstellt werden, dass die planungsgetriebene Stadtentwicklung in Deutschland oder Frankreich bereits viele der in Zertifizierungen abgebildeten Feldern vorwegnimmt, während sich in einem entwicklergetriebenen Kontext, wie er oft in den USA oder Großbritannien anzutreffen ist, Nachhaltigkeitszertifikate im Sinne einer Qualitätssteuerung einsetzen lassen. Die Zertifikate in Ländern mit planungsrechtlich strikten Standards müssen über diese hinausgehen, um einen Anreiz zur Bewertung und Zertifizierung zu geben. Nach Nelson et al. (2010) würde dies die vergleichsweise späte Entwicklung des deutschen Zertifikates erklären.

Resümee und Ausblick Die derzeitigen Entwicklungen in Deutschland, Japan und Frankreich zeigen, dass Zertifikate nicht nur FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

eine für die Immobilienbranche relevante Entwicklung sind. Sie weisen darüber hinaus eine gesellschaftspolitische und ökologische Relevanz auf, die jedoch maßgeblich durch die Kriterien und die Stärke dieser Label determiniert wird. In diesem planungsbasierten Umfeld wird eine der Herausforderungen darin bestehen, die Nachhaltigkeitsindikatoren mit den in den jeweiligen Planungsdokumenten enthaltenen Zielsetzungen und Kennwerten zu harmonisieren, um langfristig eine nachhaltige Planung zu gewährleisten und transparent darzustellen. Eine weitere Herausforderung wird für Endnutzer in der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Quartierslabeln bestehen.



Galster, G. (2001): On the nature of neighbourhood. Urban studies 38: 2111-2124.



Hatzfeld, U. (2009): Zertifikate auch für Stadtquartiere? BundesBauBlatt 58: 36-37.



Japan Sustainable Building Consortium (JSBC) (2008): Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency (CASBEE) for Urban Development – Technical Manual 2007 Edition. Tokyo.



Kremer-Preiß, U., Stolarz, H. (2005): Werkstatt-Wettbewerb Quartier: Dokumentation der ausgezeichneten Beiträge. Projektträger: Bertelsmann Stiftung, Wissenschaftliche Leitung: Kuratorium Deutsche Altershilfe, Gütersloh/Köln.



MEDDTL Ministère de l’Écologie, du Développement Durable, des Transport et du Logement (2011): EcoQuartier. In Urbanisme, aménagement durable et ressources naturelles, ed. d. D. D. Ministère de l’Écologie, des Transport et du Logement. Paris.



Nader, S. (2009): Paths to a lowcarbon economy – The Masdar example. Energy Procedia 1: 39513958.



Nelson, A.J., Rakau, O., Dörrenberg, P. (2010): Nachhaltige Gebäude – Von der Nische zum Standard. In Aktuelle Themen Energie und Klimawandel, Ed. T. Just. Deutsche Bank Research, Frankfurt am Main.



Scemama, C. (2009): Sutton voit la ville en vert. L’Express 26.11.2009: 1.

Literatur •

Breuer, B., Schmell, R. (2007): Neue Stadtquartiere, Bestand und Qualitäten-Vorgehen und Ergebnisse der laufenden Bestandserhebungen des BBR zu neuen Stadtquartieren. Bonn.



Building Research Establishment (BRE) (2009): BREEAM Communities – SD5065B Technical Guidance Manual. Building Research Establishment (BRE).



Chaskin, R.J. (1995): Defining neighborhood: History, theory, and practice. Chapin Hall Center for Children at the University of Chicago.



Congress for the New Urbanism, Natural Resources Defense Council, U.S. Green Building Council (2009): LEED 2009 for Neighborhood Development.



Schnur, O. (2008): Quartiersforschung im Überblick: Konzepte, Definitionen und aktuelle Perspektiven. Quartiersforschung 1: 19-51.



Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) (2011): NSQ10-C00 Allgemeine Grundlagen. DGNB, Stuttgart.



Wellman, B., Leighton, B. (1979): Networks, neighborhoods, and communities. Urban Affairs Review 14: 363.



Europäische Kommision (2007): A lead market initiative for Europe. Brüssel. http://ec.europa.eu/enterprise/ policies/innovation/policy/ lead-market-initiative

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Geoökologie Monika Heyder studierte Geoökologie in Karlsruhe und ist seit 2010 wissenschaftliche Mitarbeiterin am EIFER. Andreas Koch studierte Architektur an der TUBerlin und City Design and Social Science an der London School of Economics. Er arbeitete als Architekt und Energieberater in Zürich und Berlin. Seit 2007 ist er für EIFER tätig.

Dipl. Geoökol. Monika Heyder Europäisches Institut für Energieforschung (EIFER) Emmy-Noether Str. 11 76131 Karlsruhe Tel.: 0721 / 6105-1475 [email protected]

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Dipl.-Ingenieur Andreas Koch, M.Sc.

Frau Heyder und Herr Koch vertreten EIFER in der Arbeitsgruppe „Stadtquartiere“ der DGNB, in der EIFER seit dem Jahr 2009 Mitglied ist.

Europäisches Institut für Energieforschung (EIFER) Emmy-Noether Str. 11 76131 Karlsruhe Tel.: 0721 / 6105-1430 [email protected]

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Geoökologie

Geoökologie an der Universität Tübingen Startschuss für den Master und Revision des Bachelor-Studiengangs Von Sabine Koch, Tübingen

G

eoökologie kann man an der Universität Tübingen bereits seit Oktober 2000 studieren, damals als Diplom-Studiengang. Der Studiengang ist an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät in den Fachbereichen Geowissenschaften und Biologie angesiedelt und profitiert damit vom breiten Studienangebot der beiden Fachbereiche. Zum Wintersemester 2007/2008 wurde mit dem Start des Bachelor of Science Geoökologie/ Ökosystemmanagement auf das neue Bachelor/Master-System umgestellt. Der Studiengang wurde mit 20 Studienplätzen zulassungsbeschränkt, um eine individuelle Betreuung zu gewährleisten. Das dreijährige Bachelorstudium wurde sehr gut angenommen und der erste Jahrgang erwarb im Sommer 2010 geschlossen den Bachelorabschluss. Der erste Abschlussjahrgang war auch der Startschuss für den Master of Science Geoökologie in Tübingen. Zum Wintersemester 2010/2011 wurde der M.Sc.-Studiengang lanciert, der auch jeweils zum Sommersemester begonnen werden kann. Ebenfalls zu Beginn des Wintersemesters 2010/11 wurde der Bachelorstudiengang grundlegend revidiert, um dem Wunsch der Studierenden nach größerer Wahlfreiheit Rechnung zu tragen. Für beide Studiengänge entfällt nun der frühere Zusatz „Ökosystemmanagement“, um die Namensgebung den anderen deutschen Hochschulstandorten anzugleichen.

M.Sc. Geoökologie – ein forschungsorientierter Studiengang FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Der Master of Science (M.Sc.) Geoökologie ist ein forschungsorientierter, interdisziplinärer naturwissenschaftlicher Studiengang. Aufbauend auf breit gefächerten Kenntnissen in Geowissenschaften, Biologie, Ökologie, Chemie, Physik und Mathematik eines grundständigen naturwissenschaftlichen Studiums soll ein quantitatives Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen Pedo-, Bio-, Hydro- und Atmosphäre sowie entsprechende Methodenkompetenzen zur erfolgreichen Bearbeitung umweltrelevanter naturwissenschaftlicher Fragestellungen vermittelt werden. Der Masterstudiengang steht allen Absolventinnen und Absolventen eines Bachelorstudiengangs Geoökologie offen, die mit einem überdurchschnittlichen Prüfungsergebnis, mindestens jedoch mit einer Note 3,0 abgeschlossen haben. Bewerber mit Studienabschlüssen anderer natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Fächer können ebenfalls zugelassen werden, wenn die geforderten Studienqualifikationen innerhalb der Regelstudienzeit des M.Sc.-Studiengangs erbracht werden können. Gefordert sind hier die Nachweise von mindestens 6 Leistungspunkten (ECTS) Umweltchemie/Ökotoxikologie, 6 ECTS physische Geographie, z.B. Bodenkunde oder Klimatologie, 6 ECTS Geologie, 6 ECTS organismische Biologie und 6 ECTS Ökologie oder Ökosystemmanagement. Als Die Serie „Umweltnaturwissenschaftliche Studiengänge neben der Geoökologie“ wird in dieser Ausgabe unterbrochen – zu Gunsten der beiden hier vorgestellten GeoökologieStudiengänge. Sie wird in den kommenden Ausgaben fortgesetzt.

Geoökologin oder Geoökologe hat man diese Anforderungen bereits mit dem Bachelorprogramm absolviert. Die Zulassung für Bewerber anderer Studienrichtungen wird dann u.U. mit Auflagen ausgesprochen, die fehlenden Qualifikationen während des Masterstudiums nachzuholen. Im Gegensatz zum Bachelorstudiengang Geoökologie, bei dem vier Semester durch Pflichtmodule vorgegeben sind, stehen die Weichen im Masterstudiengang weitgehend auf freier Entfaltung. Innerhalb einer Regelstudienzeit von zwei Jahren müssen Studierende 120 ECTS erwerben (Abb. 1). Pflichtmodule sind nur die Masterarbeit mit 30 ECTS, die darauf hinführenden Module wissenschaftliches Arbeiten 1 und 2 sowie wissenschaftliches Präsentieren mit jeweils 6 ECTS. Alle weiteren 72 ECTS werden durch frei zu wählende Wahlpflichtmodule abgedeckt. Als Strukturierungshilfe dienen dabei sogenannte Orientierungsrichtungen. Um eine interdisziplinäre geoökologische Ausbildung zu gewährleisten, muss eine Mindestanzahl von Leistungspunkten aus den Bereichen naturwissenschaftliche Geowissenschaften (12 ECTS) und organismische Biologie (12 ECTS) sowie eine fachübergreifend integrierende Veranstaltung (6 Leistungspunkte) im Masterstudium nachgewiesen werden. Außerdem besteht durch die Kooperation mit der Universität Hohenheim die Möglichkeit, Veranstaltungen aus den Bereichen Agrarwissenschaften/ Wirtschaftswissenschaften (Ökosystemmanagement) in den Studienplan einzubringen (maximal 12 ECTS). 39

Geoökologie Orientierungsrichtungen Um die Auswahl der Wahlpflichtmodule zu strukturieren, wurden sinnvolle Fächerkombinationen als sogenannte Orientierungsrichtungen zusammengestellt. Diese fünf Orientierungsrichtungen repräsentieren auch die geoökologischen Forschungsschwerpunkte der Arbeitsgruppen beider Fachbereiche. Jeder Orientierungsrichtung ist ein Koordinator zugeordnet, der den Studierenden beratend zur Seite steht. Die Orientierungsrichtung Systemmodellierung und Grundwasser fokussiert auf die quantitative Beschreibung von Umweltsystemen mit mathematischen Modellen. Koordinator ist Prof. Olaf Cirpka. Die Kernmodule behandeln die Modellierung von Strömungs- und reaktiven Transportvorgängen im Wasserkreislauf mit Schwerpunkt auf Grundwasseranwendungen. Das Lehrangebot im Grundwasserbereich 1. Semester

2. Semester

3. Semester

schließt auch Felduntersuchungsmethoden und Veranstaltungen zum Schadstoffverhalten im Grundwasser ein. Anwendungen liegen im Bereich des Grundwasserschutzes, der Bewirtschaftung von Wasserressourcen und der Geothermie. Die Orientierungsrichtung Biogeochemie soll das Verständnis für mikrobielle und geochemische Prozesse, welche die großen Stoffkreisläufe in der Biosphäre steuern, vertiefen. Die Ausbildung in den Kernmodulen vermittelt neben einem fundiertem System- und Prozessverständnis gleichermaßen auch Methodenkompetenz in modernen umweltmikrobiologischen und geochemischen Labor- und Feldtechniken. Koordinator ist Prof. Stefan Haderlein. Die Orientierungsrichtung Ökotoxikologie und Schadstoffforschung beschäftigt sich mit dem Verbleib und der Wirkung anthropo-

gener Umweltchemikalien im Kontext natürlicher (Stress-)Bedingungen im Habitat. Hierbei werden detaillierte Aspekte der Umweltchemie relevanter Stoffgruppen (Exposition, Transformation) sowie deren Bioverfügbarkeit und Wirkung auf unterschiedlichen biologischen Ebenen (molekular bis ökosystemar) vermittelt. Das Spektrum der Lehrveranstaltungen umfasst sowohl Grundlagenforschung (chemische Speziierung, Sorption, Stressreaktionen, Mikroevolution) als auch explizit anwendungsorientierte Thematiken (analytische Nachweismethoden, standardisierte Wirktests, Umweltrecht). Koordinator ist Prof. Heinz Köhler. Die Orientierungsrichtung Paläoökologie und Paläoklima stellt eine Schnittstelle zwischen der Untersuchung aktueller und fossiler Ökosysteme dar. Koordinator ist Prof. Michal Kucera. Durch die Kombination und das Verständnis beider

4. Semester

Struktur des Studiengangs

M6

Pflichtmodule: Wissenschaftliches Arbeiten 1 (je 6 LP) Wissenschaftliches Arbeiten 2 Wissenschaftliches Präsentieren

Masterarbeit 18 ECTS

M2

Wissenschaftliches Arbeiten 1

Masterarbeit 12 ECTS

M1

Aus dem Wahlpflichtbereich sind zu belegen: 2 Module aus dem Bereich Geowissenschaften (12 LP) 2 Module aus dem Bereich Biologie (12 LP) 1 Modul aus einer integrierenden Veranstaltung (6 LP) Maximal 12 LP sind aus dem Bereich Ökosystemmanagement anrechenbar

M3

M7

Wissenschaftliches Arbeiten 2

M4

M8

M 10

Geländetage (GT) Bis zum Masterabschluss sind mindestens 10 Geländetage vorzuweisen Davon können 5 GT auf vorhergehenden BSc.Studiengang angerechnet werden 5 GT müssen auf im Verlauf des MSc.Studiengangs abgeleistet werden (In MSc.-Modulen enthaltene GT sind anrechenbar) Wissenschaftliches Präsentieren

Masterarbeit (30 LP)

Voraussetzungen bei der Anmeldung zur Masterarbeit

M5

M9

M 11

M 12

Wahlpflichtmodul (davon 3 Kernmodule)

6 LP Umweltchemie / Ökotoxikologie 6 LP Physische Geographie 6 LP Geologie 6 LP Organismische Biologie 6 LP Ökologie und/oder Ökosystemmanagement Davon können max. 12 LP aus dem B.Sc. angerechnet werden

Allgemeines Pflichtmodul (insgesamt 3)

10 Geländetage (5 aus BSc anrechenbar)

Masterarbeit

Gutachter: 2 Gutachter (jeweils einer aus Fachbereich Geowissenschaften und dem Fachbereich Biologie)

Abb. 1: Struktur des M.Sc.-Studiengangs Geoökologie an der Universität Tübingen. 40

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Geoökologie Systeme wird die übergeordnete Problematik des Klima- und Umweltwandels erläutert und forschungsorientiert vermittelt. Der Fokus wird dabei sowohl auf neue Ansätze bei der Entschlüsselung und bei der Quantifizierung biotischer und abiotischer Interaktionen als auch auf die Bewertung von Steuerungsgrößen der Stabilität von Ökosystemen gelegt.

zum Wintersemester 2010/11 die Prüfungsordnung grundlegend revidiert. Ohne die Mindeststandards der HSK Geoökologie anzutasten, konnte das fünfte Semester praktisch von Pflichtveranstaltungen freigehalten werden (Abb. 2). Dadurch ist nun auch schon während des Bachelorstudiums ein Auslandssemester möglich, oder Studienschwerpunkte können durch die Wahlpflichtmodule individuell gesetzt werden. Als Wahlpflichtmodule werden zwar die früher im 5. Semester vorgeschriebenen Module empfohlen, alternativ können aber auch andere Bachelormodule oder maximal zwei Mastermodule aus geowissenschaftlich oder biologisch ausgerichteten Studiengängen der Universität Tübingen gewählt werden. Außerdem können im Wahlpflichtbereich Module aus

Die fünfte Orientierungsrichtung mit der Koordinatorin Prof. Katja Tielbörger ist Ökologie und Naturschutz. In den Kernmodulen werden Kenntnisse und Methoden der klassischen Ökologie vermittelt. Welche biotischen und abiotischen Faktoren bestimmen das Vorkommen und die Verteilung von Lebewesen? Wie kommt es zur Bildung von stabilen Lebensgemeinschaften im Ökosystem und wie können natür1. Semester 2. Semester liche Ökosysteme auf Dauer stabil Mathematik Mathematik 3 LP 3 LP gehalten werden?

B.Sc. Geoökologie – im neuen Gewand Durch die Erfahrungen mit dem ersten Bachelorabschlussjahrgang und dem Wunsch der Studierenden nach mehr Wahlfreiheit wurde

Chemie I (Allgemeine Chemie) 6 LP

Physik 6 LP

Dynamik der Erde 6 LP Geomikrobiologie 3 LP Einführung in die Geoökologie 3 LP Schlüsselqualifikationen 3 LP 30 LP Naturwissenschaftliche Basis

Physik 6 LP

3. Semester

Chemie II (Organik) 6 LP Chemie III (Analytik) 3 LP

den Bereichen Agrarwissenschaften oder Umweltmanagement der Universität Hohenheim belegt werden. Dr. Sabine Koch Studienberatung Geoökologie Universität Tübingen Sigwartstr. 10 72076 Tübingen Tel.: 07071 / 29-73126 [email protected] Weitere Informationen zu den beiden Studiengängen finden sich unter folgenden Links: www.geo.uni-tuebingen.de/studium/ studiengaenge/geo-undumweltwissenschaften/bscgeooekologie.html www.geo.uni-tuebingen.de/studium/ informationen-zu-denmasterstudiengaengen/mscgeooekologie.html

4. Semester

5. Semester

Biogeochemie 3 LP

Data Handling 3 LP

6. Semester

Wahlpflicht 3 LP

Allgemeine und physiologische Ökologie 9 LP

Wahlpflicht 6 LP

Bachelorarbeit 12 LP

Bodenkunde und Geoökologie 6 LP

Wahlpflicht 6 LP

Bachelorprüfung 6 LP Schlüsselquali. Projektmanagement 3 LP Schlüsselqualifikationen 3 LP

Zoologie 6 LP

Grundwasserhydrologie 6 LP

Botanik 6 LP

Klimatologie 3 LP Ökosysteme der Erde 3 LP

Geomorphologie und Bodenkune 6 LP Schlüsselq. 1 LP Geländepraktikum 2 LP 30 LP 60 LP

Systemanalyse 6 LP UmweltGeländemanagement praktikum 3 LP 6 LP Raum- und SchlüsselUmweltplanung qualifikationen 3 LP 3 LP 30 LP 90 LP 30 LP 120 LP

Geoökologie

Biologie

Geologie

Wahlpflicht 6 LP

Berufspraktikum Berufspraktikum 6 LP 6 LP 30 LP 150 LP 30 LP 180 LP Ökosystemmanagement

Hydrologie

Abb. 2: Revidierte Struktur des B.Sc.-Studiengangs Geoökologie an der Universität Tübingen. FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

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Geoökologie

Masterstudiengang Geoökologie an der TU Braunschweig Von Judith Kasperski, Wolfgang Durner und Harald Biester, Braunschweig Tradition und Umfeld

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ie Geoökologie blickt in Braunschweig mittlerweile auf eine über 20-jährige Tradition zurück. Seit Einrichtung des Diplomstudiengangs Ende der 1980er Jahre wird hier die Geoökologie als Umweltnaturwissenschaft mit einem traditionellen Schwerpunkt in der quantitativen Umweltsystemanalyse und Umweltmodellierung verstanden. Weiterhin ist sie in Lehre und Forschung stark mit den Bereichen Wasserbau sowie Ökologische und Nachhaltige Chemie der TU Braunschweig verknüpft. Braunschweig als größte Stadt zwischen Hannover und Berlin (ca. 240’000 Einwohner) liegt inmitten einer der forschungs- und entwicklungsintensivsten Regionen Europas. Charakteristisch für Braunschweig, die „Stadt der Wissenschaften 2007“, ist deshalb eine enge Bindung zwischen Forschung, Wissenschaft und Industrie. Dies ist ein großer Standortvorteil für die Studierenden, die somit schon während des Studiums Kontakte zu renommierten Forschungseinrichtungen und Unternehmen, wie z.B. dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, dem Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, der Gesellschaft für Anlagenund Reaktorsicherheit sowie der Volkswagen AG, knüpfen und an aktuellen Forschungsprojekten mitarbeiten können.

An der TU Braunschweig wurde das Studienkonzept der Geoökologie, im Vergleich zu anderen deutschen Standorten, bereits sehr frühzeitig in das konsekutiv organisierte Bachelor-Master-Studium gemäß der Strukturvorgaben des BolognaProzesses überführt (FORUM der Geoökologie 1/2007). Somit liegen insbesondere für den Bachelorstudiengang bereits mehrjährige Erfahrungen vor, die bei der Konzeption des Masterstudiengangs Berücksichtigung gefunden haben.

Von der Pflicht zur Kür Bereits seit dem Wintersemester 2008/09 bietet die TU Braunschweig den konsekutiven Masterstudiengang Geoökologie an. Er ist im Gegensatz zum Bachelorstudiengang durch einen sehr großen Wahlbereich geprägt, der es den Studierenden ermöglicht, entsprechend ihren Fähigkeiten und Inte-

ressen ihr ganz individuelles Fächerprofil zusammenzustellen. Eine Schwerpunktsetzung erfolgt durch den Erwerb vertiefter Kenntnisse in zwei Vertiefungsrichtungen, welche zusammen 40% der im Curriculum zu erbringenden Prüfungsund Studienleistungen ausmachen (Abb. 1). Es gibt sechs Vertiefungsrichtungen, die teils eher kompartiment-, teils eher prozessorientiert ausgerichtet sind und die von den Studierenden beliebig kombiniert werden können.

Vertiefungen und Schwerpunktsetzungen Folgende Vertiefungsrichtungen werden angeboten: Angewandte Hydrologie und Gewässermanagement Die Studierenden erlangen einen Einblick in die Bestimmung der Gewässergüte, die rechtlichen Rah-

Abb. 1: Curriculum des Masterstudiengangs Geoökologie an der TU Braunschweig. 42

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Geoökologie menbedingungen und Maßnahmen bezüglich des Gewässerschutzes, das aktive Flussgebietsmanagement, das Hochwasser-Risiko-Management und die Planung von nationalen und internationalen WasserwirtschaftsProjekten. In aktuellen Forschungsfragen spielt hier die Auswirkung von Klimaänderungen auf Wasserdargebot, Hochwasserrisiko und Gewässerbelastung eine bedeutende Rolle. Boden- und Landnutzungsmanagement Hier steht die Vermittlung von Bodeneigenschaften und –funktionen im Vordergrund. Daneben lernen die Studierenden verschiedene Bewirtschaftungsformen der Böden, deren Möglichkeiten, Probleme und bodenökologische Zusammenhänge kennen. Zudem erfolgt die Auseinandersetzung mit der Notwendigkeit von konkreten Maßnahmen des Bodenschutzes. Atmosphäre und Grenzschichtprozesse Diese Vertiefungsrichtung behandelt die grundlegenden Prozesse innerhalb der atmosphärischen Grenzschicht. Neben Wechselwirkungen zwischen Landoberfläche und Atmosphäre werden die Auswirkungen anthropogener Tätigkeit auf das mikro- und mesoskalige Klima sowie die Luftqualität thematisiert. Dabei erhalten die Studierenden Einblicke in experimentelle Methoden und Modellierungsansätze. Schadstoffmonitoring und -modellierung In dieser Vertiefungsrichtung werden künftige „Modellierer“ geschult, wie sie der Markt begehrt. Neben dem gezielten Training in der Entwicklung und Benutzung von Modellen zur Abbildung des Wasser-, Energie- und Stofftransports in unterschiedlichen Umweltkompartimenten (z.B. Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen) erfolgen praktische Erfahrungen mit Messkampagnen zur Bestimmung FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

der nötigen Parameter im Freiland und im Labor. Klimawandel und Stofftransport Die Studierenden werden in die Lage versetzt, aus der Vergangenheit Rückschlüsse für die zukünftige Entwicklung des Klimas und die globalen und regionalen Auswirkungen dieser Änderungen zu ziehen. Dabei werden Einblicke in die Klimamodellierung gewährt und die Bewertung dieser Modelle ermöglicht. Umweltchemie und Ökotoxikologie Auf Grundlage der Konzepte und Kriterien der Ökologischen Chemie erlernen die Studierenden hier Strategien zur umweltchemischen und umwelttoxikologischen Bewertung von in verschiedenen Umweltkompartimenten auftretenden Umweltchemikalien. Als Beitrag zur Vermeidung zukünftiger Umweltprobleme werden darüber hinaus die Prinzipien der Nachhaltigen Chemie einschließlich der Energieforschung als weitere Qualifikationsziele dieser Vertiefungsrichtung einbezogen.

Weitere Wahlmöglichkeiten Ergänzend zu ihren Vertiefungsrichtungen können die Studierenden individuell weitere Schwerpunkte setzen, indem sie drei Module aus einer breitgefächerten Palette von „fachspezifischen Grundlagen und Ergänzungsmodulen“ auswählen. Diese können inhaltlich als Erweiterung der gewählten Vertiefungen oder als zusätzlicher Schwerpunkt eigener Interessen angesehen werden. Die Interdisziplinarität des Studienprogramms, die durch die in der Einleitung angesprochenen Forschungseinrichtungen im Umfeld der TU Braunschweig ergänzt wird, ergibt für die Studierenden interessante forschungs- und anwendungsorientierte Themengebiete, die in Seminararbeiten und Fallstudien

näher kennengelernt und dann in der Masterarbeit anhand einer praxisnahen Aufgabenstellung vertieft werden können.

Erste Erfahrungen Das Akkreditierungsverfahren, welches von der Zentralen Evaluationsund Akkreditierungsagentur Hannover (ZEvA) begleitet wurde, konnte im Mai 2009 mit der positiven Entscheidung der Ständigen Akkreditierungskommission (SAK) abgeschlossen werden. Der Masterstudiengang ist somit bis 2014 akkreditiert, was auch bei der Studienwahl mittlerweile eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hat. Der aktuelle Anfängerjahrgang im Master setzt sich aus 28 Studierenden zusammen, die Bachelorstudiengänge der Geoökologie oder verwandter umweltwissenschaftlicher Disziplinen an der TU Braunschweig und an anderen deutschen sowie ausländischen Universitäten absolviert haben und damit zu einer interdisziplinären und interkulturellen Vielfalt beitragen. Bisher hat die Auswahlkommission, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Professoren-, wissenschaftlichen Mitarbeiter- und Studierendengruppe zusammensetzt und über die Zulassung zum Masterstudiengang Geoökologie entscheidet, auch fachfremde Bewerbungen größtenteils wohlwollend behandelt und kaum Auflagen ausgesprochen. Dennoch wird über die fachlich enge Verwandtschaft, die neben einem qualifizierten Bachelorabschluss und dem Nachweis der besonderen Motivation die Zugangsvoraussetzungen bilden, jeweils im Einzelfall entschieden. Im engen Kontakt der Lehrenden an den beteiligten Instituten der Umweltgruppe der TU Braunschweig, der Studiengangskoordinatorin und der Studierenden des Bachelor- bzw. des Masterstudienganges werden auftretende Schwierigkeiten, Hürden und Stolpersteine erkannt und 43

Geoökologie durch umgehende Nachbesserungen im Studienprogramm ausgeräumt. So trat zum WS 2010/11 eine revidierte Prüfungsordnung in Kraft, in der die Prüfungsmodalitäten vieler Module geändert wurden. Die Zahl der Prüfungen wurde verringert, die Zahl der Studienleistungen erhöht und damit versucht, die Studierbarkeit zu verbessern. Um trotz aller Individualität der persönlichen Studienverläufe die Studierenden eines Jahrgangs in einer integrierenden und schwerpunktübergreifenden Veranstaltung zusammenzubringen, wurde das „Praxisseminar“ in Form einer gemeinsamen Exkursion implementiert. Exkursionen sind seit jeher die praktischen Erfahrungen aus dem Studium, die in der Erinnerung der Studierenden präsent bleiben und zum besonderen Reiz des Geoökologiestudiums beitragen.

Fazit Insgesamt zeigen die Erfahrungen der ersten Durchläufe, dass die vielfältigen Wahlmöglichkeiten bei den Studierenden große Zufriedenheit hervorrufen und dass das Studieren als angenehm und selbstbestimmt empfunden wird. Dies und die Tatsache, dass die Reakkreditierung für den Bachelorstudiengang Geoökologie an der TU Braunschweig im Jahr 2011 ansteht, hat die Studiengangverantwortlichen dazu bewogen, das Bachelor-Curriculum durch die Kürzung des Grundlagenbereiches und die Einführung eines Wahl- bzw. Spezialisierungsbereiches zu flexibilisieren. Damit werden die BachelorStudierenden noch besser auf den Masterstudiengang Geoökologie an der TU Braunschweig vorbereitet, den bislang fünf Studierende des ersten Jahrgangs sehr erfolgreich

abgeschlossen haben und ihre wissenschaftliche Karriere im Rahmen von Doktorarbeiten an der TU Braunschweig bzw. dem HelmholtzZentrum für Umweltforschung (UFZ Leipzig) fortsetzen. Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften Studiendekan Prof. Dr. Harald Biester Stellvertr. Studiendekan Prof. Dr. Wolfgang Durner Studiengangskoordinatorin Dipl.Geoökol. Judith Kasperski Pockelsstr. 4 38106 Braunschweig Tel.: 0531 / 3912306 [email protected] www.tu-braunschweig.de/geo www.tu-braunschweig.de/ studieninteressierte/ studienangebot/geooekologie

Perspektive Geoökologie in Karlsruhe – ein voller Erfolg! Von Viola Joncic, Lokalreferentin Karlsruhe

D

ie Lokalreferenten am Standort Karlsruhe haben zusammen mit Annette Hildinger, Julia Baum, Arno Hartmann, dem Institut für Geographie und Geoökologie und der Fachschaft ein neues Forum für Networking, berufliche und studienbezogene Perspektiven und wissenschaftlichen Diskurs geschaffen. Bei der Abendveranstaltung werden jeweils ein bis zwei Geoökologen eingeladen, die über ihren Werdegang, ihr Tätigkeitsfeld oder ihre wissenschaftliche Arbeit berichten. Im Anschluss ist Raum für Diskussion und gemütliches Beisammensein bei Knabbergebäck und Getränken gegeben.

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An den bisherigen drei Terminen im Januar und Februar 2011 waren Geoökologen zu Gast, die über unterschiedliche Aspekte aus ihrem Berufsleben berichteten; einer der Referenten war u.a. der ehemalige erste Vorsitzende des VGöD Dr. Andreas Horn, der auch eine Verbindung zum Verband herstellte. Das Konzept traf bislang auf großen Anklang bei den Studierenden, so dass jeweils bis zu 45 Interessierte, darunter auch Professoren und Dozenten, den Vortragenden gelauscht haben. Jedoch ist „Perspektive Geoökologie“ nicht nur für Studierende gedacht, sondern soll auch explizit Alumni die Chance bieten, ehemalige Kommilitonen und/oder Kollegen

zu treffen und mit den aktuell Studierenden in Kontakt zu treten. Daher möchten die Organisatoren an dieser Stelle nochmals ausdrücklich alle Geoökologen im Raum Karlsruhe und alle, die sich als solche fühlen, zu den kommenden Terminen im Sommersemester in den 7. Stock des IfGG, Gebäude 10.50 auf dem Campus KIT einladen. Die nächsten geplanten Termine sind: 10.05., 24.05., 07.06., 21.06. und 05.07.2011 jeweils um 19:30 Uhr. Fragen und Anregungen gerne an: [email protected]

oder [email protected]

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Geoökologie

Neuer Studienkoordinator an der Uni Bayreuth Von Katrin Herbort, Lokalreferentin Bayreuth

N

achdem Robert Vandré im Oktober 2010 verabschiedet wurde, geht die Stelle der Studienkoordination in die zweite Runde. Ulli Seifert ist der neue Studienkoordinator in der Geoökologie an der Uni Bayreuth. Der Diplom-Geoökologe hat hier 2010 sein Studium abgeschlossen und ist damit schon ein bekanntes Gesicht auf dem Campus. Gut ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt erkundige ich mich nach seinem Wohlbefinden im Arbeitsleben. FORUM: Ulli, verläuft die Arbeit als Studienkoordinator so, wie du sie dir vorgestellt hast? Ulli Seifert: Total... Es macht echt Spaß, Bindeglied zwischen Studierenden und Dozenten zu sein, und es freut mich natürlich, von beiden Parteien immer wieder zu hören, wie schön es ist, dass es die Koordinationsstelle gibt. F.: Wie ist die Zusammenarbeit mit den Studierenden? U.S.: Ich wurde von Anfang an gut aufgenommen und als Ansprechpartner angenommen. Die Studierenden kommen mit kleinen (oft bin ich nur PrüfungsordnungsLesehilfe ;-)), aber auch größeren Problemen zu mir, und diese werden dann schnell von mir oder gemeinsam gelöst. Umgekehrt bin ich auch sehr zufrieden: Wenn ich mal Hilfe brauche (z.B. bei der Organisation einer Veranstaltung oder um

FORUM GEOÖKOL. 22 (1), 2011

Umfragebögen zu verteilen), findet sich immer ziemlich schnell jemand unter den Studierenden. F.: Und die Zusammenarbeit mit Professoren, Dozenten, Sekretären und sonstigen Uni-Angestellten, wie läuft die? U.S.: Anfangs war ich noch ein wenig unsicher im Umgang und in der Kommunikation, aber das hat sich schnell gelegt, und jetzt funktioniert alles reibungslos und ohne Berührungsängste. F.: Womit verbringst du deine Arbeitszeit hauptsächlich? U.S.: Allgemein mit dem Schreiben von E-Mails, die Antworten auf schriftliche Studentenfragen enthalten, oder Infos für die Studierenden oder zur Organisation von Veranstaltungen. Es gibt aber auch ab und zu Tage, an denen ein Student nach dem anderen zu mir in die Sprechstunde kommt und die EMails warten müssen. F.: Nach einigen Jahren als Student bist du jetzt im Berufsleben an der Uni, wie ist das für dich? U.S.: Für mich hat sich eigentlich fast nichts verändert. Das Gebäude... die Leute... alles ist ja wie vorher. Und ich gehe immer noch in die gleiche Mensa und in das gleiche gute, alte Lieblings-Glashaus. Andererseits kennen mich jetzt natürlich auch Studierende aus den unteren Semestern, und die Professoren kennen mich besser. Uuuund ich gehe jetzt lieber an die Uni...

Mir macht nämlich das Koordinieren viel mehr Spaß als das Studieren! Als Lokalreferentin vor Ort wünsche ich Ulli Seifert und der Geoökologie in Bayreuth einen weiterhin glatten Verlauf in der Organisation und Weiterentwicklung des Studiums.

Studienkoordinator Dipl. Geoökol. Ulli Seifert Koordinationsstelle Geoökologie c/o Abteilung Bodenphysik Universitätsstraße 30 95440 Bayreuth GEO II, Raum 115 Tel.: 0921 / 55-2249 [email protected] www.bayceer.unibayreuth.de/geooek/kos Sprechstunde: Di/Mi/Do 9-12 Uhr Lokalreferentin: [email protected]

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Neues aus der Forschung

Modellierung und Management von wasserlimitierten Ökosystemen am Beispiel des Kuiseb River in Namibia Dissertation von Sven Arnold, Brisbane Hintergrund

Ü

ber eine Milliarde Menschen leben in Gebieten, die von Wasserknappheit geprägt sind. Diese Gebiete machen etwa ein Drittel der terrestrischen Erdoberfläche aus. In 20 der 53 afrikanischen Länder befinden sich über 90% der landwirtschaftlich genutzten Fläche

in solch wasserlimitierten Regionen, was die soziale, ökologische und ökonomische Dimension dieser Gebiete verdeutlicht. Wasserlimitierte Ökosysteme sind durch ein Defizit an pflanzenverfügbarem Wasser geprägt. Die Niederschlagsereignisse unterliegen großen räumlichen und zeitlichen Schwankungen und genügen oftmals nicht, um ober- oder unterirdische Wasserspeicher zu bilden. Allerdings führen gelegentliche Flutereignisse entlang von sogenannten Trockenflüssen (auch Wadi, Rivier oder Creek genannt) zur Entstehung von Grundwasserreservoirs, von denen flussnahe Wälder mit Wasser versorgt werden können. Die ökologische und sozioökonomische Bedeutung dieser Wälder wird durch den oftmals verwendeten Begriff „lineare Oase“ widergespiegelt.

Die Kopplung zwischen Wasserressource und PflanAbb. 1: Einzugsgebiet des Kuiseb River in Namibia. Das Satel- zengesellschaft ist litenbild zeigt einen Teil des trockenen Unterlaufs zusammen selten so stark ausmit einem dichten Waldökosystem. Der Kuiseb trennt die geprägt wie entlang nördliche Namibwüste (Stein-/Geröllebenen) von der südlivon Trockenflüssen. chen Namib (Sanddünen). Quelle: Google Earth, 2008 46

Die öko-hydrologische Rückkopplung kann sowohl die Wasserverfügbarkeit für Mensch und Natur als auch die Artenzusammensetzung des Ökosystems beeinflussen (Arnold et al. 2009). Die Nutzung der beiden Ressourcen Wasser und Vegetation durch den Menschen kann die Intensität der Rückkopplung verstärken. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Modellierung und dem Management der „linearen Oase“ entlang des Kuiseb River − dies ist einer der vom Menschen am umfangreichsten genutzten Trockenflüsse Namibias (Abb. 1). Der Kuiseb entspringt im Khomas Hochland und umfasst ein Einzugsgebiet von 15’500 km2. Abbildung 2 illustriert stark vereinfacht das komplexe Zusammenspiel zwischen Klima, Landund Ressourcennutzung und dem

Du möchtest auch gerne Deine Arbeit bekannt machen – und ggf. frühzeitig knappes und wissenschaftliches Schreiben trainieren? In dieser Rubrik reservieren wir in jeder Ausgabe • je eine Seite für bis zu zwei Bachelorarbeiten • eine Doppelseite für eine Master-/ Diplomarbeit • vier Seiten für eine Doktorarbeit (= max. Umfang jeweils inklusive Abbildungen und Fotos). Die Arbeiten sollten vor kurzem abgeschlossen worden sein (
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