Ein Gasthaus voller Musik

March 15, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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3. Jahrgang, 2. Ausgabe, Mai 2007

Foto: Dörte Gerlach

Die Hauszeitung des SchillerGartens zu Dresden-Blasewitz

Ehret die Frauen! Sie flechten und weben himmlische Rosen ins irdische Leben.

Editorial

Foto: Archiv

„Würde der Frauen“, Friedrich Schiller

Vor 210 Jahren schrieb Schiller an seinem Wallenstein, dem Drama um Treue und Verrat, Liebe und Intrige. Siehe auch Seite 6.

Repro: Archiv SchillerGarten

Kupferstich des Feldherrn Wallenstein

Ein Gasthaus voller Musik Inhalt In eigener Sache: Potz Blitz hat Geburtstag . . . . . 3

Der besondere Gast: Eduard Geyer . . . . . . . . . . . . . 5

Kultur: Wallenstein in Leipzig . . . . . . 7

Historie: Musik im SchillerGarten . . . 12

Unternehmer: Feinkost Fendler . . . . . . . . . . 15

Umgebung: Ludwig-Richter-Weg . . . . . . . 17

Hinter den Kulissen: Von 6–11 im SchillerGarten . 20

Das Jahr 1730 wird als das eigentliche Gründungsjahr des SchillerGartens angesehen. Seit dieser Zeit gab es etwa 25 Wirte, Besitzer und Pächter, die dem Gasthaus an der Elbe ein Gesicht gaben und es mit speziellen Angeboten, musikalischen Aufführungen und kulinarischen Besonderheiten prägten. Spätestens seit der Zeit des legendären Besitzers und Wirtes Louis Köhler, der das Haus 20 Jahre lang von 1874 bis 1894 führte, war der SchillerGarten immer auch ein Haus voller

Musik. Vom Zeitgeist inspiriert, gab es Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts zahlreiche Militärkonzerte mit Gardereiterregimentern, später kamen Opern- und Operettenaufführungen hinzu, die auf einer festen Bühne im Biergarten aufgeführt wurden. Eine weitere musikalische Blüte erlebte das Haus in den 1950er und 1960er Jahren als stadtweit beliebte Tanzgaststätte. Lassen Sie sich in die musikalische Geschichte des SchillerGartens entführen und lesen Sie weiter ab Seite 12.

Ein zeitiges Frühjahr, liebe Leser, haben die Gastwirte mit Plätzen im Freien wahrscheinlich alle gern. Die Menschen zieht es an die frische Luft, auch wenn es noch etwas kühl ist. Die Sonne lockt mit dem Vorgeschmack, wie es bald im Sommer sein könnte. So ging es auch uns im SchillerGarten. Die Gartenmöbel waren nur kurze Zeit untergestellt, schon im März öffnete unser Biergarten und die Menschen genossen das schöne Wetter. Wenn es Sie interessiert, welche Vorbereitungen für einen solchen Biergartentag im SchillerGarten nötig sind, empfehle ich Ihnen, die Seiten 20/21 zu lesen. Aber auch unsere Mittelseiten mit einem großen Artikel über die Musiktradition im SchillerGarten sind spannend – Sie sollten sich also ein wenig Zeit für Potz Blitz nehmen! Ihr Gastwirt Frank Baumgürtel

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Foto: Daniella Fischer

Dixieland im SchillerGarten

Am Donnerstag, dem 10. Mai, findet ab 18.30 Uhr parallel zur Riverboat-Shuffle auf der Elbe ein Dixieland-Konzert mit drei Bands im Biergarten statt. Mit von der Partie ist auch die Imperial-Jazzband aus der Schweiz. Wenn die Dampfer

das Blaue Wunder und den SchillerGarten passieren, werden sie traditionell mit fröhlichem Hallo und Feuerwerk begrüßt. Höhepunkt dieser langen Dixienacht ist der Auftritt von Thomas Stelzer und Friends gegen 21.30 Uhr. Das Traditionslokal ist mittlerweile zum dritten Mal Spielort während des Internationalen Dixielandfestivals in Dresden und wird sicher wie in den letzten Jahren zahlreiche Besucher anlocken. Der Eintritt zu dieser Dixieland-Veranstaltung im SchillerGarten ist frei.

Erich Ponto geehrt Mit Schillers „Räubern“ debütierte er im Schauspielhaus in Dresden – das war 1913. Drei Jahrzehnte später, 1945, krönte er seine faszinierende Karriere mit Lessings „Nathan“ auf dieser Bühne. Noch im Januar 1945 hatte Ponto Lesungen aus Goethes „Faust“ in der für den Spielbetrieb geschlossenen Staatsoper gehalten, im Herbst übernahm er die Generalintendanz und war in Dresden sehr beliebt, was er wohl wegen politischer Probleme gen Westen verließ. 50 Jahre nach seinem Tod erhielt er im April 2007 nun seine letzte Ruhestätte in Dresden, das Familiengrab der Pontos in Hamburg wurde aufgelöst. Bekannt wurde Ponto unter anderem durch die legendäre Verfilmung der „Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann, in der er Prof. „Schnauz“ spielt sowie als „Frauenarzt Dr. Prätorius“.

Schillerhäuschen geöffnet Das Schillerhäuschen auf der Schillerstraße ist seit Ostern bis Ende September wieder an allen Samstagen, Sonn- und Feiertagen jeweils von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Zum Elbhangfest soll am Samstag, 23. Juni, von 11 bis 19 Uhr, am Sonntag, 24. Juni, von 10 bis 17 Uhr geöffnet werden. Zur Museumsnacht am 14. Juli ist ein Besuch bis 22 Uhr möglich. Sonderführungen für Gruppen können gerne bei der Bürgerstiftung unter Telefon 0351/315810 angemeldet werden (pro Teilnehmer 2 Euro). Der Eintritt in das Schillerhäuschen ist ansonsten frei, Spenden für die weitere Rekonstruktion sind gern willkommen.

„Schau an der schönen Gärten Zier“ Vom 22. bis 24. Juni 2007 lustwandeln im Grünen auf dem 17. Elbhangfest Gartenkunst und Gartenlust, Gastfreundschaft im Grünen, vom Weinberg bis zum Schrebergarten – dies alles steht im Mittelpunkt des diesjährigen Elbhangfestes, dessen Motto die Veranstalter aus einem über 350 Jahre alten Gedicht des Pfarrers und Dichters Paul Gerhardt (1607–1676) auswählten. So sind denn auch die offenen Gärten am Hang und im ganzen Festgelände Basis und Rahmen für das gesamte Ereignis. Gartenkunst in Parks und an Denkmalen sollen gezeigt und belebt werden, auch rücken vergessene oder verwilderte Anlagen wieder in den Blick2

punkt. Der Festumzug als eine Schau der Jahreszeiten, beginnend mit dem Sommer, wird mit dem Wagen „Früchte der Nacht“ bereits auf den abendlichen Höhepunkt neugierig machen. Rosenball in Wachwitz für Kavaliere der alten Schule, Gänseblümchen- oder Brennnesselball fordern die Kreativität der Gäste heraus, Schlaraffen-Garten, UnkrautGarten, Bier-Garten oder IrrGarten laden ein, dem Müßiggang zu frönen und vielleicht einen besonderen Schnappschuss für den Fotowettbewerb „Wer am schönsten im Garten sitzt“ zu schießen. Das Ab-

schlusskonzert, Carl Orffs „Carmina Burana“ vom Mittelsächsischen Theater Freiberg, wird einen glanzvollen Höhepunkt mit abschließendem Feuerwerk bieten.

Impressum Herausgeber: SchillerGarten Dresden GmbH, Schillerplatz 9, 01309 Dresden Tel. 0351 / 811 99 0 • Fax 0351 / 811 99 23 • www.schillergarten.de Konzept, Gesamtherstellung & Verlag: 2dPROJECT, Enderstr. 59, 01277 Dresden Tel. 0351 / 250 76 70 • Fax 0351 / 250 76 80 • www.2dproject.de Redaktion: Verantw.: Daniella Fischer, Tel. 0351 / 250 76 70 [email protected] Manfred W. Fritz, Jens Mersiovsky, Dagmar Möbius, Christian Mögel, Birte Urban Fotos: Dörte Gerlach, Rolf Arnold, Balance Film GmbH, Susanna Fendler, Archiv SchillerGarten Satz, Druckvorlagen, Produktionsleitung: Dörte Gerlach Lektorat: Rosemarie Knöfel Druck: addprint AG, Am Spitzberg 8a, 01728 Possendorf www.addprint.de Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Druckfix, ausgezeichnet mit dem „Blauen Umweltengel“ Anzeigenleitung: Barbara Groß, Tel. 0177 / 705 58 50 [email protected] Anzeigenschluss für Ausgabe 3/2007: 20.07.07 Redaktionsschluss für Ausgabe 3/2007: 20.07.07 Erscheinungstermin Ausgabe 3/2007: 10.08.07

22.–24. Juni 2007 Dresden Schau an der schönen Gärten Zier

Nachdruck, Vervielfältigung, Verbreitung in elektronischen Medien von Inhalten und Abbildungen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Anzeigen sind urheberrechtlich geschützt. Für unverlangt eingesandte Unterlagen übernimmt der Verlag keine Haftung. Zurücksendung erfolgt nicht. Der Verlag übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben in den veröffentlichten Texten. Alle Rechte vorbehalten. Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 01.02.2005.

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In eigener Sache

Potz Blitz hat Geburtstag Mit dieser Ausgabe, liebe Leser, feiert Potz Blitz seinen 2. Geburtstag. Freilich ist dies kein „rundes“ Jubiläum, das es zu feiern gilt, aber einen kurzen Moment des Rückblicks ist es uns wert. Im Mai 2005, wenige Monate nach Wiedereröffnung des SchillerGartens im November 2004, erschien die erste Zeitung. Nach nur dreimonatiger Konzeptions- und Redaktionsphase ging ein Blatt an die Öffentlichkeit, das vier Mal im Jahr auf 24 vollfarbigen Seiten Neues aus dem SchillerGarten berichtet, aber auch interessante Reportagen aus der Umgebung und historisch spannende Geschichten veröffentlicht. Alle Themen um Friedrich Schiller interessieren naturgegeben, da der Dichter von 1785 bis 1787 des Öfteren hier weilte und das Haus seit 1859 seinen Namen trägt. Der SchillerGarten als Herausgeber hat mit Potz Blitz eine Art Stadtteilmagazin etabliert, für das von Anfang an sehr großes Interesse bestand und dessen

7.000 kostenlose Zeitungen, die für jede Ausgabe gedruckt werden, regelmäßig vergriffen sind. Das sind im Übrigen etwa 450 Kilogramm eines speziellen umweltfreundlichen Papiers. Ideengeber und besondere Gäste Ohne die Blasewitzer und Loschwitzer, die ihr Wissen, ihre Fotos und Bücher zur Verfügung stellen, die mit Anregungen und Ideen immer neue Themen zu Tage fördern, würde es Potz Blitz nicht geben können. Ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt! Oftmals ist die Themenfülle so groß, dass wir über das, was wir streichen müssen, mehr nachdenken als über das, wofür wir Platz zur Veröffentlichung haben. Auch an unsere „besonderen Gäste“ wie Wolfgang Stumph, Tom Pauls, Matz Griebel, Prof. Albrecht und Eduard Geyer geht unser Dank, die sich für unser kleines Blatt Zeit für ein Interview genommen

und es durch ihre Gedanken bereichert haben. Bundesweite Leserbriefe und Zuschriften zeigen uns, dass Potz Blitz längst nicht mehr nur in Dresden gelesen wird.

sche Phantasie. Mitunter sind wir geneigt, einen Preis für die schönste Anzeige zu vergeben! In diesem Sinne, liebe Leser, wollen wir Sie auch weiterhin unterhalten, interessieren und Kreative Anzeigenpartner informieren, ein positives Ein ganz besonderes Lob Blatt sein und Ihnen eine möchten wir an dieser Stelle schöne, anregende Lesezeit an unsere Anzeigenpartner bereiten. richten. Sie haben Potz Blitz nicht nur als ernstzunehmen- Die Redaktion des Potz Blitz de und attraktive Plattform gemeinsam mit den für ihre Produkte erkannt, Herausgebern sondern zeigen mit ihren Agenturen in den Anzeigen viel Kreativität und Schiller-

Viele Gäste, die über den Haupteingang den SchillerGarten betreten oder verlassen, bleiben seit einiger Zeit länger als üblich im Treppenhaus stehen. Begeistert und interessiert betrachten sie eine neu gestaltete Wand im Eingangsbereich, die Gastwirt Frank Baumgürtel schon länger attraktiver und einladender gestalten wollte. Nun kleben hier in einem von den Möbelwerkstätten Klotzsche passend zum Interieur des

SchillerGartens gebauten Rahmen alte Anzeigen des Hauses aus den Jahren 1880 bis 1920. Sie erinnern an die lange Tradition des Gasthauses, als dessen Geburtsjahr 1730 gilt. Germanistikstudentin Anke Hoppert durchforstete im Rahmen eines Praktikums für den SchillerGarten zahlreiche alte Zeitungen und stellte dem Haus mehrere Ordner mit Kopien von Anzeigen zusammen. Dörte Gerlach vom Potz Blitz

hatte die Qual der Wahl, daraus einen bunten Querschnitt von Speisen- und Getränke-, aber auch Konzertanzeigen herauszusuchen und die Wand zu bekleben. Nehmen auch Sie sich einige Momente Zeit und lassen sich in die Vergangenheit entführen! delfi

Foto: Dörte Gerlach

Stau im Eingang des SchillerGartens

Alte Anzeigen des SchillerGartens aus den Jahren 1880 bis 1920 schmücken den Eingangsbereich

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thon. Bei idealem Laufwetter warteten am 29. April etwa 600 Lauffreunde auf den Startschuss von Schauspieler und Kabarettist Tom Pauls, dann setzte sich das Läuferfeld in Bewegung. Für die Läufer der vollen Distanz und des Halb-Marathons gab es am SchillerGarten Tee, isotonische Fast geschafft, könnte man schaftsmarathons sowie Ver- Getränke, Bananen und Powerleichtsinnigerweise sagen, wenn pflegungsstation und Start- Riegel. Sieger über die 42 Kilodie Läufer des Oberelbe-Mara- punkt für den 10-Kilometer- meter wurde der Pole Jarosthons den SchillerGarten pas- Lauf beim Oberelbe-Mara- law Janicki mit 2:27:22 Stunsieren. Seit ihrem Start in Königstein haben sie am Blauen Wunder schon 35 Kilometer in den Beinen, lassen sich von Chearleadern und dem Beifall des Publikums anspornen, auch die letzten Kilometer bis zum Ziel im Heinz-Steyer-Stadion zu bewältigen. Doch die haben es durchaus noch in sich. Bereits zum zweiten Mal war der SchillerGarten einer der Hauptsponsoren des Land-

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Fotos: Dörte Gerlach

Kilometer 35: Marathonis am SchillerGarten

Tom Pauls gibt den Startschuss

den, bei den Frauen Bianca Stanienda mit 3:02:12 Stunden. Organisationsleiter Uwe Sonntag war überaus zufrieden mit dem Lauf, auch wenn keine Streckenrekorde gebrochen wurden. „Unser Lauf hat sich etabliert, mit über 3.900 Teilnehmern verzeichneten wir einen Teilnehmerrekord.“ delfi

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Der besondere Gast

Eduard „Ede“ Geyer

Mit welchen Erinnerungen verbinden Sie Ihre aktive Fußballzeit bei Dynamo Dresden? Die aktive Zeit ist das Schönste. Du musst dir kaum Gedanken machen, hast viele Freunde, Spaß. Das kapieren die Spieler von heute oftmals nicht, sie machen sich zu wenig Gedanken über ihren Beruf. Bei Dynamo hatten wir eine wirklich gute Mannschaft, es war eine sehr schöne Zeit mit vielen positiven Emotionen für mich. Wollten Sie immer schon Fußballer werden? Wir waren viel auf der Straße, Fernseher und Computer waren rar. Wir haben Fußball gespielt und Handball, haben Kugelstoßen und Weitsprung gemacht – doch der Fußball ließ mich nicht los. Ich habe aber auch einen Beruf erlernt und ein Ingenieurstudium als Maschinenbauer abgeschlossen. Das ließ sich aber mit ganztägigem Fußballtraining schlecht verbinden. Später habe ich ein Studium als Diplomsportlehrer beendet und hätte auch an einer Schule arbeiten können. Der Fußball hat Ihr ganzes Leben geprägt. Haben Sie ihn manchmal verwünscht? Als Spieler nicht, aber als Trainer gibt es schon Momente, wo man sich ungerecht behandelt fühlt und am liebsten alles in die Ecke hauen will. Man trägt die ganze Verantwortung und muss für alle Dinge seinen Kopf hinhalten. Und oftmals ist man gegen bestimmte Entwicklungen machtlos. Was muss ein junger Mann

heute mitbringen, um ein guter Fußballer zu werden? Etwas Talent kann nicht schaden, er braucht einen ausgeprägten Charakter, Willenskraft, Leidenschaft und muss kritikfähig sich selbst gegenüber sein. Und er muss den Ehrgeiz haben, sich selbst etwas zu erarbeiten. Sind die jungen Leute heute anders? Wir hatten bei Dynamo jedes Jahr ein, zwei gute Talente. Die Sportförderung, die KJS (Kinder- und Jugendsportschule, die Red.), das war alles im Einklang. Die Jungs heute sind anders geprägt, aber wenn man mit ihnen zielorientiert und kontinuierlich arbeitet und klare Regeln für alle gelten, macht es sehr viel Freude, mit ihnen zu arbeiten. Spieler, die ordentlich trainieren, für die Mannschaft alles geben und sich einsetzen, werden jede Unterstützung von mir erhalten. Wie halten Sie sich fit? Ich laufe, wandere, gehe ins Fitnessstudio, spiele Tennis. Wenn es mir mal schlecht geht, ich mich ärgere oder Resultate nicht so gekommen sind wie erwartet, dann ist eine Stunde Joggen in der Dresdner Heide das Beste. Gibt es ein Leben neben dem Fußball? Ja, sonst wird man ja zum Fachidioten. Ich gehe hin und wieder in die Semperoper, ins Kabarett oder Theater und heute Abend zum Beispiel in das Grüne Gewölbe. Außerdem lese ich sehr viel, meist zwei oder drei Bücher gleichzeitig.

Foto: Dörte Gerlach

Der Trainer, Sportdirektor und Ex-Fußballer von Dynamo Dresden über Erinnerungen, Fitness und eine gute Ehe

Eduard Geyer ist oft zu Gast im SchillerGarten

Sie sind 40 Jahre verheiratet – was ist Ihr Geheimnis? Meine Frau. Man braucht einen Partner mit viel Verständnis und beiderseitiges Vertrauen. Auch das Getrenntsein hat vielleicht positive Seiten, aber man muss einfach wissen, wo man hingehört. Ich habe zwei Söhne und auch zwei Enkel und wir haben alle ein sehr gutes Familienverhältnis mit viel Achtung voreinander. Wann kommt Ihre Autobiografie? Die sollte ich schon zu meinem 60. schreiben, aber – da haben wir’s – meine Frau sagte: mach’s nicht. Wozu ich Lust hätte wäre ein Buch mit vielen kleinen Anekdoten, lustigen Begebenheiten, aber auch weniger sympathischen Dingen aus meinem Leben. Es gibt so viele Trittbrettfahrer im Fußball, die keine Ahnung

haben und trotzdem über Leute entscheiden, die es besser wissen. Aber das muss natürlich auch jemand lesen wollen, in der Ramschkiste für fünf Euro will ich nicht landen. Was verbindet Sie mit dem SchillerGarten? Ich wohne nicht weit weg und habe einen guten Draht zu Frank Baumgürtel und Thomas Jacob schon seit ihrer Zeit im Brauhaus am Waldschlößchen, dort habe ich 30 Jahre gelebt. Das Blaue Wunder, die Loschwitzer Hänge, der SchillerGarten, das ist schon was Besonderes, ein herrliches Ambiente. Ich gehe außerdem gerne essen und finde es schön, wenn man den Gastwirt kennt und sich austauschen kann. Ich hoffe, dass das ewig so bleibt! Das Gespräch führte Daniella Fischer

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Wie „Wallenstein“ entstand Es war Frühling in jenem Jahr 1797, die Natur begann zu erwachen, vielleicht blühten die Blumen so wie hier im Foto zu sehen, und die ersten Sonnenstrahlen wärmten die Haut. In dieser Zeit zog Friedrich Schiller mit seiner Frau Charlotte und den beiden Kindern in das Jenaer Gartenhaus. Ein großzügiger Vorschuss auf seinen „Wallenstein“ hatte ihm den Kauf dieses Häuschens ermöglicht. So war nunmehr genügend Platz für die ganze Familie. Charlotte konnte sich im ersten Stock mit den Kindern gut einrichten, Schiller selbst fand in der Mansarde ausreichend Ruhe und Platz zum Arbeiten. Das Haus war genau recht für ihn, nunmehr mit einem Werk wie dem Wallenstein zu beginnen. Erste Ideen dazu hatte er bereits sechs Jahre vorher. Noch heute, 210 Jahre später, ist Wallenstein Schulstoff und immer wieder Reiz für Regisseure zu neuen Inszenierungen. In diesem Jahr können Besucher im Schauspiel Leipzig alle drei WallensteinTeile in einer packenden Acht-

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Stunden-Inszenierung unter der Regie von Wolfgang Engel erleben, oder in Berlin mit Klaus-Maria Brandauer als Wallenstein. Das Balladenjahr Das Jahr 1797 wird später als das so genannte „Balladenjahr“ Schillers in die Geschichte eingehen. Später berühmt gewordene Gedichte wie „Der Taucher“, „Der Ring des Polykrates“ oder „Die Kraniche des Ibykus“ entstanden zu jener Zeit. Gemeinsam mit Goethe schrieb Schiller an den „Xenien“, kurze und prägnante Epigramme als gemeinsames dichterisches Werk, bei dem sie sich von aktuellen politischen Situationen oder einfach dem Tagesgeschehen leiten ließen. Oft trafen sie sich dazu an dem alten Steintisch unter dem Pavillon im Gartenhaus. Zwischen diesen Dichtungen und dem Wallenstein lagen für Schiller tiefe Gräben. Auch nach längerem intensiven Quellenstudium fand er zunächst keinen Zugang zum Stoff, schrieb sogar resignierend an seinen Freund

Christian Gottfried Körner nach Dresden: „Mit einem Wort, es ist mir fast alles abgeschnitten, wodurch ich diesem Stoffe nach meiner gewohnten Art beikommen konnte.“ Doch er kämpfte sich weiter und konnte so Ende Mai 1797 Goethe einen ersten Entwurf vorlegen, der noch den Titel „Die Wallensteiner“ trug. Aufgrund der immensen Stoffmenge schlug Goethe vor, das Stück zu dreiteilen, aus den Wallensteinern wurde der erste Teil, „Wallensteins Lager“, und Schiller schrieb später, dass ohne diesen Vorschlag Wallenstein wohl „ein Monster“ geworden wäre. Wallenstein in Weimar Bereits ein Jahr später, 1798, wurde „Wallensteins Lager“ mit großem Erfolg zur Eröffnung des Weimarer Theater uraufgeführt. Schiller kam somit immer wieder in den Genuss, die Wirkung seiner Stoffe auf das Publikum zu erleben. Unverzüglich nach der Aufführung begann er an den „Piccolomini“, dem zweiten Teil, zu schreiben und wurde sowohl von Goethe als auch von seinen Verlegern

Foto: Dörte Gerlach

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Schillers Gartenhaus in Jena

gedrängt, auch den dritten Teil, „Wallensteins Tod“ möglichst rasch fertig zu stellen. Im Januar 1799 erlebten die „Piccolomini“ dann tatsächlich ihre Uraufführung, im März 1799 „Wallensteins Tod“. Der Erfolg der Aufführungen war immens, sogar der Herzog beglückwünschte Schiller. Der war von den Aufführungen im Theater ebenso begeistert und schrieb, dass er seine eigenen Stücke wohl erst richtig durch die Darstellung auf einer Bühne veredelt fände. Mit dem Wallenstein war Schiller nun in seine letzte Schaffensperiode als die reifste seines Lebens eingetreten. Daniella Fischer

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Sie rappen im nächtlichen Fackelschein, tanzen mit Stahlhelm zu Mozart und preisen ihren Dienstherrn: Das singende Vielvölkerheer des legendären Feldherrn Wallenstein setzt vor dem Völkerschlachtdenkmal den Schlusspunkt eines acht Stunden dauernden „Feldzugs durch Leipzig“. So lautet der Untertitel einer neuen Fassung der berühmten Schiller-Trilogie „Wallenstein“, die in Leipzig Premiere hatte. In Shuttle-Bussen pilgerte das Publikum von einer alten Baumwollspinnerei zum Schauspielhaus und schließlich zum Völkerschlachtdenkmal. Mit viel Beifall und Bravo-Rufen feierten die knapp 700 Besucher die Inszenierung des Leipziger SchauspielIntendanten Wolfgang Engel. Das Schiller-Drama um Treue und Verrat, Liebe und Intrige beginnt in einem Gemäuer, das an Kriegsruinen erinnert. In der einstigen Baumwollspinnerei blättert die Farbe von Decke und Wänden, der Putz ist längst von den Ziegelsteinen abgefallen. Ein Kaminfeuer, rote

Orientteppiche, ein robuster Holzschreibtisch und einige Stühle bilden die Ausstattung auf der ungewöhnlichen Bühne. Wallenstein – gespielt vom 33-jährigen Stefan Schießleder – hat seine Offiziere und seine Familie im böhmischen Pilsen zusammengerufen, um Kriegsrat zu halten. Das mehr als 200 Jahre alte Stück spielt im 30-jährigen Krieg (1618-1648). Damals war Wallenstein selbst auch in Leipzig: Am 1. November 1632 eroberte er die Stadt mit dem Heer von Kaiser Ferdinand II. In der Trilogie entzieht der Habsburger seinem General das Vertrauen und dieser wiederum will mit den Schweden gegen den Kaiser ins Feld ziehen. Allerdings intrigiert sein Generalleutnant Octavio Piccolomini (Matthias Hummitzsch), der bald die meisten der anderen Offiziere an seiner Seite hat. Auf der Bühne des Schauspielhauses, die schlicht und modern in schwarz-rot ausgestattet ist, spitzt sich das Drama zu. Die Ratschläge seiner engsten Vertrauten ignoriert Wallenstein – und schließlich

Foto: Ralf Arnold/Schauspiel Leipzig

Wallenstein in Leipzig

Wallenstein – gespielt vom 33-jährigen Stefan Schießleder

wird er von zwei Hauptmännern ermordet. Octavio Piccolomini übernimmt das Kommando – und das Publikum zieht zum dritten Teil der Trilogie, der eigentlich bei Schiller der erste Teil ist: „Wallensteins Lager“. Ausgediente Bundeswehr-Pontons, die auf einem Teich vor dem Völkerschlachtdenkmal schwimmen, sind die nächtliche Bühne. Das Publikum steht auf den Treppen des Völkerschlachtdenkmals – mit dem riesigen Bauwerk im Rücken. Auf der schwimmenden Bühne rappen Jugendliche zusammen mit jungen

Darstellern des Schauspielhauses Schillers Verse. Begleitet werden sie unter anderem von einem Schlagzeuger des Erfurter Rappers Clueso, einem DJ und im Studio vorproduzierten Musik-Sounds. Schillers Trilogie wird im deutschsprachigen Raum derzeit noch von Peter Stein in einer ehemaligen Brauerei in Berlin inszeniert – mit dem 63-jährigen Klaus Maria Brandauer in der Hauptrolle. (dpa)

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Zu Gast bei Prof. Dirk Syndram Kartonagen stapeln sich in der Ecke neben der mit Wurzelholz furnierten Kommode, denn Professor Dirk Syndram zieht um. Vom Georgenbau wechselt der Direktor des Grünen Gewölbes in den wiederhergestellten Teil des Residenzschlosses – ganz nahe an die einzigartigen Museen, die den Reichtum der sächsischen Fürsten sowie die hohe Qualität der Goldschmiedekunst des 16., 17. und 18. Jahrhunderts widerspiegeln. Dirk Syndram trinkt einen Schluck aus seiner irdenen, organisch geformten Teetasse. Er sagt: „Die Kraft dieser Objekte, Menschen zu verzaubern, existiert noch heute. Dagegen immun zu sein, ist eine seltene Krankheit.“ Egal, ob es sich dabei um Prominente wie Angela Merkel, Henry Kissinger, James Last oder ganz normale Bürger handelt, alle erliegen der Faszination der kunstfertigen und kunstvollen Schätze. Mit seinen jährlich 800.000 Besuchern zählen das Neue sowie das Historische Grüne Gewölbe im Residenzschloss seit der Eröffnung 2006 zu den meistbesuchten deutschen Museen. „Es gab auch an anderen Höfen solche Sammlungen“, so Dirk Syndram, „aber nur in Dresden konnte diese Schatzkammer durch die Jahrhunderte hinweg mit ganz wenigen Verlusten erhalten werden. Das Grüne Gewölbe ist somit viel mehr als eine historische Dokumentation, es ist etwas Einzigartiges.“ Bereits zu Zeiten Augusts des Starken war ein Teil der Objekte in einem Museum zu sehen, weshalb das Grüne Gewölbe auch zu den ältesten musealen Sammlungen Europas zählt.

Syndrams Vorgänger hatten nach 1945 das Grüne Gewölbe als Museum in damals kleineren Räumen populär gemacht. Über 40 Jahre dauerten die Vorbereitungen für die Wiederherstellung des Residenzschlosses mit Museum, schließlich galt es unter anderem Quecksilberspiegel anzufertigen, Vergoldungen auf Spiegeln aufzubringen – eben alte handwerkliche Verfahren zu beherrschen, die nur durch jahrzehntelanges Experimentieren wieder meisterlich erlernt werden konnten. Nah dran am Kunstwerk 1.000 Menschen pro Tag dürfen nun das Historische Grüne Gewölbe besuchen, die barocke Schatzkammer Augusts des Starken. „Rund ein Viertel der Karten werden an der Tageskasse verkauft, weshalb ich die Dresdner herzlich einlade, ihr Weltkulturerbe anzuschauen“, sagt Dirk Syndram. Die Konzeption im neuen Museumsteil erlaubt es, um die einzelnen Kunstwerke in den Vitrinen ganz dicht herumzulaufen und sie von allen Seiten zu betrachten. „Ich wollte diese Nähe zu den Objekten als Bildungserlebnis herstellen, um wie zu höfischen Zeiten Gespräche über die Kunstwerke zu entzünden.“ Für „seine Kunstschätze“ brennt der Kunsthistoriker noch immer. Wie es sich für einen richtigen Vater gehört, liebt er sie alle gleich; einen Favoriten habe er nicht. Wenn er durch die Sammlung geht, begrüßt er jeden Mitarbeiter per Handschlag. Er ist der Direktor des Hauses, ein freundlicher Mann, der trotz seiner herausragenden Position in der

Foto: Dörte Gerlach

Direktor des Grünen Gewölbes

Professor Dirk Syndram vor dem berühmten Mohr

deutschen Museumslandschaft noch immer Mensch geblieben ist. Wenn er ein verlorenes Papiertaschentuch beim Rundgang entdeckt, entsorgt er dieses persönlich. „Geborgen“ in Striesen Seit 1993 fühlt sich der Museumsdirektor nun schon im „wunderbar provinziellen Dresden geborgen“, vor allem im Stadtteil Striesen, wo der gebürtige Duisburger mit seiner Familie wohnt. Im geschäftigen Berlin könne er nicht leben, sagt er. Zur Ruhe kommt er jeden Abend in seiner Küche, wenn er die Familie bekocht. Ihn entspannt die sinnliche Kreativität, ein schönes Gericht zuzubereiten. „Ich bin aber auch gerne faul“, erklärt der bekennende Frankreich-Fan.

Unter Faulsein versteht er, auf dem Sofa liegend die Zeitung zu lesen, dabei die Pfeife im Mund und Brahms oder Schubert im Ohr zu haben. Professor Dirk Syndram wird noch eine Weile in Dresden bleiben: „Die Arbeit, die ich bisher leisten durfte, war eine außerordentlich schöne. Ein altes historisches Museum entstand und gleichzeitig auch etwas Neues.“ Diese Arbeit wird er fortsetzen, denn auf weiteren 4.000 Quadratmetern ist ein Museum geplant, in dem neben Objekten des Grünen Gewölbes auch aus anderen Dresdner Museen Stücke zu einer einzigartigen Sammlung zusammengefügt werden sollen. Für 2013 ist die Eröffnung geplant. Birte Urban

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Mit 600 Volt übers Blaue Wunder

Foto: Archiv SchillerGarten

Die längste Obus-Linie querte den Schillerplatz

Zu Fuß, per Fahrrad, mit Bus und Bahn, per Schiff oder mit dem Auto. Kaum ein Standort in Dresden ist auf so vielfältige Weise zu erreichen wie der SchillerGarten am Schillerplatz. Diese verkehrstechnisch exponierte Lage verdankt er auch der Nähe zur östlichsten Dresdner Elbquerung, der Loschwitzer Brücke. Weit über 30.000 Fahrzeuge am Tag queren das „Blaues Wunder“ genannte, 1893 fertig gestellte Bauwerk heute. Aber nicht nur Autos, auch drei Buslinien sowie zahlreiche Radfahrer und Fußgänger sind täglich

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zwischen Blasewitzer und Loschwitzer Ufer unterwegs. Bis 1986 fuhr auch die Straßenbahnlinie 4 nach Pillnitz über das Blaue Wunder. Doch die Tragfähigkeit der Brücke ließ das nicht mehr zu. Noch bis 2006 waren die alten Gleise am Loschwitzer Brückenkopf sichtbar. Am 28. November 1975 hingegen wurde ein Verkehrsmittel in ganz Dresden stillgelegt, das ebenfalls das Blaue Wunder kreuzte und an das sich viele noch erinnern werden. Seine Spuren allerdings kann man heute nur noch

bei genauerem Hinsehen entdecken. Die Rede ist vom Oberleitungsbus (kurz Obus). Vorteil Antriebsenergie Erst nach dem Krieg wurde in Dresden mit dem Aufbau des Obus-Betriebes begonnen, der in vielen deutschen Städten schon um 1930 begonnen hatte. Der öffentliche Nahverkehr war durch Kriegszerstörungen von Straßen, Schienen und Fahrzeugen sowie durch Reparationsleistungen an die Sowjetunion stark beeinträchtigt. Man erkannte die Vorteile des Obusses gegenüber der Straßenbahn und des Kraftomnibusses (KOM). Vor allem die nicht benötigten Schienenwege und die billige elektrische Kraft als Antriebsenergie, aber auch die Wartungsarmut der elektrischen Antriebe waren in der schwierigen Zeit nach dem Weltkrieg ein klarer Vorteil. Anfang 1947 war Baubeginn für die Obuslinie C Südvorstadt–Loschwitz. Es wurden die ersten fünf Fahrzeuge beschafft, hergestellt in der Waggonfabrik Werdau. Die Motoren entwickelten eine Leistung von 88,5 KW (120 PS) bei einer Spannung von 600 Volt. Die

Fahrzeuge besaßen 28 Sitzund 45 Stehplätze. Bereits am 8. November 1947 wurde dann der Betrieb mit fünf Bussen auf dieser 8,3 Kilometer langen Strecke feierlich aufgenommen, und schon im Eröffnungsjahr konnten 499.720 Fahrgäste befördert werden. Im Jahr 1948 erreichte die Zahl der beförderten Fahrgäste 4,5 Millionen und die Kapazitäten der Fahrzeuge reichten nicht mehr aus. Eine Lösung musste gefunden werden, man führte den Anhängerbetrieb ein. In den Folgejahren wurde die C-Linie mehrmals verlängert. Erst 1964 erreichte sie zwischen Löbtau und Weißig ihre Maximallänge von 16,9 Kilometern. Vor allem die an der Strecke gelegene Technische Universität bescherte der Linie ein hohes Fahrgastaufkommen. Die Takte wurden in der Hauptverkehrszeit auf 7,5 Minuten verdichtet. Dennoch waren die Busse oft hoffnungslos überfüllt. Aufgrund von Materialmangel in der DDR wurden Oberleitungsanlagen und Fahrzeuge oft nur notdürftig instand gesetzt. Dies führte zu Verspätungen oder gar Ausfällen von Fahrten. Anfang der 1970er Jahre wurden deshalb einige Teilabschnitte auf Kraftomnibusse umgestellt. Am 28. November 1975 schlug die letzte Obus-Stunde: der gesamte Obusbetrieb wurde eingestellt und die Fahrzeuge verschrottet. Sucht man heute nach Spuren, so findet man in der Tolkewitzer Straße unweit vom SchillerGarten das denkmalgeschützte ehemalige ObusDepot. Die Linie 61 existiert noch in ihrer gesamten Länge zwischen Löbtau und Weißig über das Blaue Wunder, allerdings als Kraftomnibus. Jens Mersiovsky

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Dresdner Wiesenspektakel beim Sandmännchen Nanina Bauer schreibt Drehbücher für das Kinderfernsehen ten möchte. „Doch nach vier Jahren habe ich vor den Akten gesessen und mich gefragt, was als Nächstes kommt.“ Sie kündigt und beginnt zu schreiben. Herausgekommen ist eine Kinder-CD, die zum Türöffner für die Sandmännchen-Kommission wird: „Mein Mann hat Freunden diese CD mitgebracht, die in der Neustadt eine Film-Werkstatt betreiben. Die waren begeistert und haben die CD 1999 Redakteuren beim MDR vorgespielt. Es dauerte jedoch noch, bis die Sandmännchen-

Foto: Dörte Gerlach

(PH) in Dresden hat sie auf Lehramt Kunst und Deutsch studiert und promoviert. Sie lernt ihren Mann Jörg-Peter Bauer kennen, einen freischaffenden Künstler. Durch die Auflösung der PH verliert sie ihre wissenschaftliche Stelle. Nach der Geburt des Sohnes gibt sie ihre Lehrerstelle in Heidenau auf. In Dresden übernimmt sie die Leitung des Bereiches Kultur an der Volkshochschule. Der Leiter des Kulturamtes sprach sie 1994 an, ob sie nicht die Abteilung für Soziokultur lei-

Nanina Bauer

Quelle: Balance Film GmbH

„Was ist denn heute im Wiesengrund los? Nichts. Nichts?“ So beginnen bald die weiteren 13 Folgen des Wiesenspektakels beim Sandmännchen, die sich die Dresdnerin Nanina Bauer ausgedacht hat. „Ich mag gerne Kinder und die Natur“, erzählt die promovierte Pädagogin. Und beides hat sie in ihren liebevollen Geschichten vereint. Sie will Kinder auf die Natur gleich nebenan auf der Wiese aufmerksam machen. In den Geschichten rund um die Freundschaft zwischen der Ameise Alberto, dem Schmetterling Friedericke und dem Rosenkäfer Zwanz werden aus Nussschalen Boote gebaut oder aus Pflanzen Farben gezapft. „Die Tiere erfinden Dinge, die jedes Kind im Garten oder auf der Wiese an der Elbe selbst nachmachen kann“, erklärt Nanina Bauer. Der Weg vom Mädchen aus dem Vogtland zur 48-jährigen Sandmännchen-Drehbuchautorin ist voller Schaffenskraft und dem Mut zum immer neuen Aufbruch: An der Pädagogischen Hochschule

Kommission der ARD-Sender überzeugt war, die noch unbekannte Dresdnerin für das Sandmännchen schreiben zu lassen. „Es hieß immer, die Geschichte sollte nicht so didaktisch sein“, erinnert sich Nanina Bauer, die mit ihrem Mann gemeinsam das „Studio Klarheit“ in Striesen betreibt. Etliche Male schreibt sie ihre Geschichte um. Herausgekommen ist das Wiesenspektakel – made in Dresden, wie es in der ersten Staffel 2006 gesendet wurde. Birte Urban

Bild aus der Kinderzeichentrickserie „Das Wiesenspektakel“ für das Sandmännchen der ARD

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Von „Tongemälden“ bis Dixieland

Fotos: Archiv SchillerGarten

Der SchillerGarten und seine musikalischen Traditionen

Gardereiter-Regiment

„Zwei derartige Schlager an einem Abende sind bis jetzt noch nie geboten worden.“ Dies schrieb die „Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse“ am 11. August 1909 über eine Musikveranstaltung im SchillerGarten. Mit „Schlagern“ meinte sie allerdings nicht das, was wir heute darunter verstehen, sondern den „Brand von Moskau“, ein Stück von Tschaikowski, und das „Schlachtenpotpourri“ von Saro. Militärkonzerte waren es vor allem in jener Zeit, die aufgeführt wurden, gespielt von Königlich Sächsischen Schützenregimentern

und Kapellen der Leibgrenadier- oder Gardereiter-Regimenter. Die Aufführungen wurden „mit stürmischem

Beliebtes Tanzlokal Weitestgehend verschont vom letzten Krieg blieb die Gegend um den Schillerplatz. Zwar fiel das so genannte „Schillerhaus“ Tolkewitzer Str. 1, auf dem heute das Gebäude der Sparkasse steht, einer Bombe zum Opfer, aber der SchillerGarten selbst blieb recht unversehrt. Kein Wunder, dass die Bewohner der Anzeige von 1909

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Glockengeläute“ begleitet, und zur Darstellung des Brandes kamen etwa 100 Kilogramm Buntfeuer zur Verwendung.

Gewehrfeuer und Kanonenschläge wurden improvisiert und bei Eintritt der Dunkelheit „wird das ganze Etablissement feenhaft und vollständig illuminiert sein“. Wenn dann noch das große „Tongemälde der Völkerschlacht bei Leipzig“ intoniert wurde, erreichte die Begeisterung ungeahnte Ausmaße. Was für Ereignisse zur damaligen Zeit! Der Eintritt betrug 50 Pfennig pro Person. Jede Woche fanden diese Militärkonzerte statt und waren fester Be-standteil der Musikkultur des SchillerGartens. Obwohl es auch in anderen Lokalitäten wie dem Kurhaus in Kleinzschachwitz oder auf dem Louisenhof Militärkonzerte gab, waren die im SchillerGarten immer etwas Besonderes.

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Innenstadt ihre Ausflüge gerne in das wunderschön gelegene Restaurant machten und die Kriegswunden der Innenstadt hinter sich ließen. 1948 übernahm das Gastwirtsehepaar Sonja und Claus Bongers die Pacht des SchillerGartens und machte ihn zu einem beliebten und bestens besuchten

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Lokal am Rande der Stadt. Mit ihnen kam Lebensfreude und Lebenslust zurück, sie etablierten Tanz- und Vergnügungsveranstaltungen. Nie wurde im SchillerGarten soviel getanzt wie zu Zeiten dieses Gastwirtsehepaars. Günter Hörig, später mit den Dresdner Tanzsinfonikern bekannt geworden, begann im SchillerGarten seine Karriere, Kultbands wie Theo Schumann, das Jochen Fischer Quartett, die Pepitas oder Heinz Kunert boten ein Musikprogramm voller Abwechslung. Von Heinz Kunert stammt im Übrigen auch der „SchillerGarten-Tango“, in dem es heißt: „Fahr mal mit der 6, mein Schatz, vom Wilden Mann zum Schillerplatz. Denn im SchillerGarten tanzt man noch den Tango wie vor vielen Jahren“. 1952 eröffnete im SchillerGarten die „Clabo-Bar“. Deren Mobiliar, so erinnerte sich Sonja Bongers, wurde auf die verückteste Weise organisiert, eine Meisterleistung zur damaligen Zeit. Alles, was Rang und Namen hatte, traf sich dort.

Königlicher Musikdirektor Max Feiereis während der bekannten „Feiereis-Konzerte“

Musik für alle Anfang der 1950er Jahre machte ein Mann im SchillerGarten von sich reden, der zwar auch Militärmusiker war, aber noch 1914 von König August III. zum „Königlich Sächsischen Musikdirektor“ ernannt wurde: Max Feiereis. Zu den so genannten „Feiereis-Konzerten“ strömten über 1.000 Menschen in den SchillerGarten. Er spielte mit dem „Dresdner Konzert-Orchester“ Wagner, Verdi und Beethoven sowie beliebte Operettenmelodien, vorbei waren die Zeiten des Gewehrfeuers und Kanonendonners. Wer im Biergarten keinen Platz mehr fand, setzte sich an die

Elbe und genoss von da aus die weithin hörbare Musik. Hin und wieder, so erinnerte sich Sonja Bongers einmal, musste sogar das Blaue Wunder gesperrt werden, weil zu viele Leute die Brücke bevölkerten und in den Genuss der Musik kommen wollten. An den normalen Wochenenden standen die Leute oft schon um 16 Uhr bis zum Schillerplatz an, um pünktlich 18 Uhr im Lokal zu sein. (Fortsetzung folgt) Daniella Fischer

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Foto: Dörte Gerlach

Mit „Schlendernden Schuhen“ zum Jazz in den SchillerGarten

Pianist und Arrangeur Nach einigen Startschwierigkeiten und unbezahlten Probeaufnahmen Mitte der 1950er „Potz-Blitz“ – schon 80?! Ein Tusch für Professor Günter Hörig Jahre begannen die bis ins Jahr 1989 reichenden Rundfunk, Fernseh- und Schallplattenproduktionen von Günter Hörig – vom Trio bis zur Bigband-Besetzung der Dresdner Tanzsinfoniker – denen er seit 1952 als Chef, Pianist und Arrangeur vorstand. Und an dieser Stelle sei auf die „Schlendernden Schuhe“ eingegangen: Obschon die Stilistik „gestattet“ war, der OrigiJazzer im SchillerGarten „Hörig, jazzen Sie noch?“ – denen Hörig von 1943 bis 1944 naltitel war es nicht. Und so lautete die strenge Frage eines angehören musste, fand aller- Mitte der 1950er muss es ge- wurden aus der am 15. Juni Lehrers vorm klassischen Kla- dings durch einen bornierten wesen sein, als SchillerGarten- 1955 eingespielten Gerryvier-Examen 1952 an der da- Feldwebel aus genau jenen Grün- Wirt Claus Bongers Günter Mulligan-Komposition „Walkmaligen „Akademie für Musik den ein jähes Ende. 1946 holte Hörig mit seinem „Moder- ing Shoes“ eben die „Schlenund Theater“ – heute Hochschu- Günter Hörig das Abitur nach. nen Sextett“ hörte. Die Musi- dernden Schuhe“ … Zeitgeist le für Musik. Nun, zumindest Die Einschätzung seiner natur- ker spielten zu einem Vergnü- ... Geschichte. bei der Prüfung tat er’s mit wissenschaftlichen Fähigkeiten gen, für das die Veranstalter Paul Hindemiths erster Kla- durch einen Professor als „ma- die Gaststätte gemietet hatten. Dozent und Professor viersonate wohl kaum und auch thematischer Hungerturm“ und Aus diesem Zufall und dem Auch mit seiner von 1962 bis die „Fidelio-Ouvertüre“ geriet „physikalisches Nebelhorn“ Sachverstand des Wirtes, dass zum Mai 2006 (!) reichenden unter seiner Stabführung nicht ließen ihn dann endgültig zur hier exzellente Musikanten Unterrichtstätigkeit – seit 1984 zum „Play Beethoven“. Ver- Musik wechseln und er begann zu erleben sind, wuchs ein als Dozent, seit 1992 Profesständnisvoll reagierte hingegen 1947 das Kapellmeisterstudium. regelmäßiges Musizieren bis sor – wirkt Günter Hörigs sein Lehrer im Fach Dirigie1961. (Und da gerade von künstlerisches Schaffen in ren, Ernst Hintze, der Hörig Prägender Impulsgeber „legendären Spielstätten“ die die Zukunft. Stellvertretend nach dessen „Geständnis“ im Leider wurde auch in den fol- Rede ist: In der Kakadu-Bar für seine Schüler sei wenigstens 5. Studienjahr, kein „Klassiker“ genden Jahren die Musik, für des Parkhotels hat Günter ein Name genannt: Günter werden zu wollen, mit dem die sich der junge Hörig ent- Hörig entgegen aller Veröffent- „Baby“ Sommer – SchlagSatz: „Dass Sie mir nicht ver- schieden hatte, in starkem lichungen nie gespielt.) Friwi zeuger, ebenfalls Lehrer und hungern!“ in die unsicheren Maße beargwöhnt, ja sogar Sternberg, Heinz Holek, Professor an der Dresdner Welten der Tanzmusik und des wie im Falle des Orchesters Hans Hempel, Lothar Spiller, Musikhochschule – und interJazzes entließ. „Heinz Kretzschmar“ krimi- Siegfried Ludwig und schließ- national hochgeschätzter Freenalisiert. Die Folge war das lich Günter Hörig am Piano Jazzer und Improvisator. Ein „physikalisches komplette „Verschwinden“ der ließen den SchillerGarten zu Diesem Musizieren hat Hörig Nebelhorn“ Band bei Nacht und Nebel einem anspruchsvollen „Jazz- kaum Zeit gewidmet, aber: Bei einem Freund kam Günter 1951 (das war dann selbst club“ höchsten Ranges wer- „Alles ist machbar, wenn die Hörig erstmals mit dem Jazz den Behörden unangenehm den. Einige dieser Konzerte Musiker miteinander könin Berührung. Hier hörte er und die „Organe“ schoben wurden sogar vom damaligen nen, auf sich hören und reaLouis Armstrong und Duke sich gegenseitig die Schuld Sender Dresden vor Ort mit- gieren.“ Und so hoffen wir, Ellington. Aber auch Kompo- an dieser kulturpolitischen geschnitten. In den späten dass Günter Hörig mit solchem sitionen von Michael Jary, die Peinlichkeit in die ideologi- 1990ern wurde diese Tradi- wachen Geist auch weiterhin die progressiven Elemente des schen Stiefel). Einer aber tion noch einmal aufgegrif- mit noch vielen Musikern amerikanischen Swings ver- blieb: Günter Hörig – der dem fen und Günter Hörig musi- „kann“, zu seiner und zu unwendeten und damit geschickt Musikleben Dresdens als auch zierte (bis zur Flut 2002) mehr- serer Freude … und dass die „Unkultur“-Vorwürfe der dem Jazz und der anspruchs- fach mit dem Gitarristen auch die geliebte ModelleisenNazis umgingen, regten zum vollen Unterhaltungsmusik Rüdiger Krause im Duo und bahn allzeit unter Dampf „Selbstmachen“ an. Die Exis- in der kleinen, oftmals engen auch einmal im Quartett mit steht. Christian Mögel tenz einer ersten Band, beste- Republik entscheidende künst- Heinz Kretzschmar. hend aus jungen Flakhelfern, lerische Impulse gab. 14

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Als die „Negerküsse“ kamen

Fotos: Susanna Fendler

Feinkost Fendler am Schillerplatz

Ganzjährig Dominosteine, Stichpimpuli-Schnaps, feine Kaffees und Tees – all das gab es noch bis 1993 am Schillerplatz bei Feinkost Fendler. Dann musste der alteingesessene Laden schließen. Der Immobilienpoker um das Haus begann, dessen Eigentümer die Fendlers niemals waren. Das Fotoalbum, das Susanna Fendler für Potz Blitz öffnet, beginnt 1911. Großvater Wilhelm Hielscher war es, der kurz nach dem Bau der Häuserzeile am Schillerplatz um 1910 mit seinem Wild- und Geflügelladen dort einzog. Schon seit 1892 besaß er eine Kolonial-

Der Wild- und Geflügelladen 1911

warenhandlung und versprach sich nun vom Handel mit Wild und Geflügel ein gutes Geschäft. Das brummte dann auch richtig, nachdem es Susannas Vater 1918 übernommen hatte. Er jagte im Königsbrücker Wald selbst und verkaufte die Beute an-

schließend im Laden. Die kleine Susanna stand so manches Mal dabei, als Hasen und anderes Wild angeliefert wurden und wuchs „hinter der Ladentheke“ auf. Nur folgerichtig war es, dass sie im Geschäft lernte und schließlich ihren Kaufmannsbrief machte. Das war 1936. Auch während des 2. Weltkrieges hatte der Laden geöffnet, Susanna arbeitete mit und heiratete 1943 Kurt Fendler, einen Feinmechaniker und Flieger. Den Angriff auf Dresden erlebte sie im bebenden Keller am Schillerplatz. „Es war so ein Verbrechen, in den letzten Kriegstagen diese Stadt noch zu bombardieren“, erinnert sich die reizende 88-jährige Dame. Noch heute kommen ihr die Tränen, wenn sie sich an die brennende Loschwitzer Kirche erinnert, die sie durch die geborstenen Scheiben ihrer Wohnung am Schillerplatz sah. Ihr Vater versuchte noch mit anderen Blasewitzern, den Brand im Eckhaus Tolkewitzer Straße 1 zu löschen – vergebens. Als die Russen über das Blaue Wunder in die Stadt einmarschierten, blieben die Geschäfte um den Schillerplatz und so auch die Fendlers nur deshalb von den üblichen Plünderungen verschont, weil die schweren Fahrzeuge nicht auf der Brücke

halten durften. Ihren Vater holten die Russen bald darauf ab, einfach so – sie sah ihn nie wieder. Jahre später erfuhr sie davon, dass er in einem Lager verstorben sei. Mit ihrem Mann Kurt, der unversehrt aus dem Krieg zurückkehrte, führte sie nun den Laden weiter, verkaufte statt Wild und Geflügel zunächst Wäscheknöpfe und Stürzenhalter. Beide bauten das Geschäft mit zuweilen acht Angestellten zu einem Geheimtipp aus. Kurt Fendler entwickelte sich zu einem Einkaufsmeister, beschaffte schier Unmögliches und tauschte Waren mit anderen Händlern, um sein Angebot zu erweitern. Susanna übernahm die Buchführung und war im Laden, wann immer sie gebraucht wurde. Wenn die „Negerküsse“ kamen, standen die Leute Schlange, Erdbeeren und Obst wurden gleich aus dem Hausflur verkauft. Trotz der vielen Arbeit pflegten die Fendlers Treffen mit Freunden wie dem Dirigenten Rudolf Kempe, lasen viel und gingen in die Konzerte der Staatskapelle, auch wenn sie wegen des späten Ladenschlusses oft erst beim dritten Klingelzeichen im Konzertsaal saßen.

1975 entschlossen sie sich zur Spezialisierung, verkauften nun nur noch Spirituosen, Wein und Süßwaren. Zehn Jahre später übergaben sie das Geschäft an ihren jüngsten Sohn Andreas. Er führte den Laden erfolgreich weiter – bis er von einer Reise in den Westen nicht zurückkehrte. Sohn Michael übernahm – und konnte gerade noch das 100jährige Firmenbestehen erleben – 1993 kam das Aus. Noch heute trifft sich Susanna Fendler gelegentlich mit ehemaligen Verkäuferinnen und erinnert sich gern an die Zeiten bei „Feinkost Fendler“ zurück. Nach dem Tod ihres Mannes Kurt vor drei Jahren lebt Susanna mit den beiden Söhnen in einem Haus in Blasewitz. Dem Schillerplatz ist sie treu geblieben, erledigt noch heute ihre Einkäufe und Geschäfte an diesem Platz selbst. Daniella Fischer

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Über die Brücke, erste rechts, ein Bogen über den Loschwitzer Dorfplatz, vorbei an Buchhaus Loschwitz und Loschwitzer Kunststube – und der Blick fällt auf das schöne Eckhaus Veilchenweg 2, wo „Radsport Päperer“ sein 75. FirmenClaus Päperer mit seinem Sohn Patrick jubiläum feiert. „Wegen Warenbeschaffung geschlossen“ – IFA-Vertrieb einkaufen konnte. 1990 wenn Claus Päperer dieses Schild zu erwarb er das Haus am Veilchenweg und DDR-Zeiten in die Tür hing, ahnte er erweiterte damit auch das Sortiment. die Menschenschlange am nächsten Tag. Besonders sein attraktives BekleidungsSein Geschäft war dafür bekannt, auch angebot mit trendiger RadsportbekleiUnmögliches zu beschaffen und so er- dung führender Hersteller, das seine hofften sich die Kunden begehrte Er- Frau Gabriele mit Sachverstand und satzteile, aber auch neue Fahrräder. Gespür für Mode und Funktionalität Claus Päperer hatte seine Quellen, fuhr managt, zieht Kunden an. Den Päperermit Trabi und Hänger private Groß- Fahrradverleih nehmen besonders Touhändler an und besorgte, was gebraucht risten, aber auch Hotels und Pensionen wurde – eigentlich alles. an, deren Gäste die schöne ElblandMit jungen 23 Jahren hatte er 1977 das schaft auf dem Sattel erkunden wollen. großväterliche Geschäft übernommen. Mit Sohn Patrick ist seit 2001 nun die 4. Rudolf Päperer sen. hatte es 1932 auf Päperer-Generation im Geschäft, in dem der Schillerstraße gegründet, betrieb es man hochwertige Markenräder kaufen später mit den Söhnen Rudolf jun. und und das eigene Fahrrad reparieren lasGünther, reparierte Fahrräder, verkauf- sen kann. Das Päperer-Team kommt te Ersatzteile, aber auch Grammofone selbst leider nur selten dazu, sich auf das und Nähmaschinen. Etwas Stabilität in Fahrrad zu schwingen, doch wenn, dann die Warenbeschaffung brachte Claus genießt es die Natur und trifft dabei oftPäperer später durch den 1980 abge- mals viele vorbeiradelnde Kunden. schlossenen Kommissionsvertrag mit Daniella Fischer der HO, da er nun direkt im ehemaligen

Foto: Dörte Gerlach

Radsport Päperer feiert 75. Firmenjubiläum

Buchempfehlung „Die wüste Stadt. Sieben Dichter über Dresden“ Hrsg. Renatus Deckert, Insel Verlag, ISBN 3-45-834849-2, 12,50 Euro In diesem Band geben acht in Dresden geborene Dichter Auskunft über das „Barockwrack“ an der Elbe, jene einstige Sandsteinschöne, die in einer Februarnacht „zerbrochen und verkrüppelt“ wurde. Volker Braun, Heinz Czechowski, Karl Mickel und B.K. Tragelehn, Autoren, die in den 1930er Jahren geboren wurden, waren noch Kinder, als die Bomben auf Dresden fielen. Von dem Feuersturm, in dem Tausende ums Leben kamen, haben Thomas Rosenlöcher und Michael Wüstefeld nur aus Erzählungen der Überlebenden erfahren. Auf Überlieferungen müssen auch Durs Grünbein und Christian Lehnert zurückgreifen, wenn sie sich ein Bild von der Stadt machen wollen. Hellerau leuchtete. Zeitzeugen und Erinnerungen Hrsg. Erhardt Heinold, Verlag der Kunst Dresden, ISBN 3-86-530077-4, 19,90 Euro Die 1909 gegründete Gartenstadtsiedlung Hellerau hat ihre Strahlkraft als umfassendes Projekt der frühen Moderne bis heute nicht verloren. Die Einheit von Wohnen und Arbeit, Kultur und Bildung zog Anfang vorigen Jahrhunderts Reformbegeisterte aus ganz Europa an, die Zeuge der real praktizierten Lebensform werden wollten. Einige besuchten Hellerau nur für kurze Zeit, andere blieben, und viele berichteten über ihre Erfahrungen. Die Anthologie vermittelt eine umfassende Übersicht über die innovative Gartenstadt aus der Sicht der beteiligten und erlaubt damit ganz neue Einblicke in das epochemachende Projekt.

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Mit Matz Griebel auf Ludwig Richters Spuren

So beginnt unser Weg auf Ludwig Richters Spuren im Garten des Leonhardi-Museums auf der Grundstraße. Efeuberankt findet sich hier das einzige noch erhaltene Dresdner Ludwig-Richter-Denkmal. Die Grundstraße bergauf zweigen wir rechts in den Ziegengrund ab. Diesen Weg musste Ludwig Richter einst nach jedem durchzechten Abend vom Fuße des Körnerplatzes bis hinauf nach Oberloschwitz laufen. Der Weg durch den Wald hatte früher kein Geländer wie heute und es mag beschwerlich gewesen sein, mit einigen Schoppen Wein im Blut hier hinauf zu wanken. Nachdem wir in den Oberen Ziegengrundweg abgebogen sind, lässt sich ein herrlicher Blick über den Weißen Hirsch und Loschwitz genießen. An diesem Punkt ist gut nachzuvollziehen, warum Dresden „der Hals der schönen Frau oder sogar die schöne Frau selbst“ genannt wird. „Unter uns im Tal lag früher die Tintenfabrik Leonhardi, die in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts aus Gründen des Landschaftsschutzes weggerissen wurde“, berichtet Matz Griebel. Der Wald ist hier ziemlich dicht und Sonnenstrahlen dringen kaum hindurch. Keine Lampe er-

hellt den Pfad. Vorbei an drei Dutzend, bis zu zwei Meter gen Himmel ragenden Baumstümpfen – Reste einer unvollendeten Baumfällaktion – geht es über unebene Wege, verwitterte Treppen bis zur Ziegengrundquelle, an der die Loschwitzer früher ihr Kaffeewasser holten. „Hier hatte Ludwig Richter den halben

Foto: Dörte Gerlach

Obwohl der Maler Ludwig Richter fast 30 Sommer seines Lebens (1803–1884) in Loschwitz verbrachte, sind seine Spuren heute nur mit einem Insider nachzuvollziehen. Das Dresdner Urgestein Matz Griebel, Oberloschwitzer und langjähriger Stadtmuseumsdirektor, kennt nicht nur unzählige Anekdoten, sondern auch alle Schleichwege am Elbhang.

den Öffnungszeiten der Schwebebahn mit dem Aufzug zu einer noch höher gelegenen Plattform fahren und einen atemberaubenden Ausblick über das Elbtal genießen. Vorbei an der Gaststätte Schöne Aussicht geht es weiter in die Krügerstraße. Hier soll Ludwig Richter in der Nummer 13 einen oder mehrere Sommer verbracht haben, doch ist das noch nicht hundertprozentig sicher. Verbürgt sind hingegen die Sommer-

Wilde Romantik an der Ziegengrundquelle

Weg nach oben geschafft, saß auf der (heute nicht mehr vorhandenen) Bank, rauchte eine Zigarre und schöpfte Kraft für den restlichen Aufstieg“, so Matz Griebel. Weiter geht es an Gartengrundstücken entlang und plötzlich bietet sich gen Norden eine herrliche Aussicht zum Luisenhof. Benannt ist dieser übrigens nach Kronprinzessin Luise von Toscana, der in ihrer Zeit beliebtesten und berühmtesten Frau Sachsens. Wenige Schritte weiter ist man im früheren Ortsteil Schöne Aussicht angekommen. Eine Gegend, die zu Ludwig Richters Zeiten sehr einsam war, weil es noch keine Straßen gab. An der Bergstation der Schwebebahn hat man die Wahl zwischen rechter und linker Aussichtsterrasse. Wer Zeit und Muse hat, kann zu

sitze in der Malerstraße, in der Hermann-Vogel-Straße und in der Ludwig-Richter-Straße. An einigen Häusern sind Tafeln angebracht, die darüber informieren. Ein Medaillon an der Hauswand der

Hermann-Vogel-Straße 2 kündet von Ludwig Richters Anwesenheit. Im Haus LudwigRichter-Straße 8 starb Richters Frau Auguste, erfahren wir. Der benachbarte AlbertVenus-Weg ist nach Ludwig Richters Freund und Lieblingsschüler benannt. In seinem ersten Loschwitzer Sommer, in dem der Maler mit seiner Familie im Veilchenweg wohnte, verbrachte er viel Zeit in seinem Arbeitsstübchen im Weinberg des Fotografen August Kotzsch am heutigen Kotzschweg. Von hier aus ist es nur einen Katzensprung bis zum Wachwitzer Höhenpark. Der einst königliche Wald grenzt an die heutige Helios-Klinik. Das Gelände ist frei zugänglich und hat man es vorbei an Weinbergen durchquert, kommt man auf der Malerstraße an. Dort schließt sich der Kreis auf Ludwig Richters Pfaden. Sicher ist, es werden noch einige Geheimnisse um ihn gelüftet, auch wenn sich Matz Griebel bei seinen Forschungen nach wie vor nicht auf einen Computer, sondern allenfalls auf seine unzähligen Bücher und zeitgenössische Überlieferungen verlässt. Dagmar Möbius

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Hier tickt’s richtig

Foto: Dörte Gerlach

50 Jahre Uhren-Zietz in der Schiller Galerie

Christiane Zietz in ihrem Laden in der Schiller Galerie

Am 1. April 1957 eröffnete Dieter Zietz nach bestandener Meisterprüfung eine eigene Uhrenreparaturwerkstatt. Hätte es damals schon die SchillerGalerie gegeben, wäre er vielleicht gleich hier eingezogen. Doch so begann Dieter Zietz sein Geschäftsleben zunächst auf der Niederwaldstraße, verlegte es später auf die Preller- und danach auf die Pohlandstraße. Ab 1963 verkaufte er als HO-Kommissionshändler gemeinsam mit seiner Frau Christine Uhren und Schmuck und erweiterte die Werkstatt. Wer von Dieter Zietz ein goldenes Schmuckstück kaufen wollte, musste noch bis 1989 Altgold abgeben.

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Bereits recht früh begann er Lehrlinge auszubilden, war von 1970 bis 1990 ehrenamtlicher Obermeister des Uhrmacherhandwerks und im Kammervorstand Dresden Ost tätig. Die Jahre als Uhren- und Schmuckfachhändler in der DDR waren nicht einfach, es herrschte Mangelwirtschaft. Die begehrten Konsumgüter wurden den Einzelhändlern durch den staatlichen Großhandel zugeteilt. Es war nicht daran zu denken, auf Messen das einzukaufen, wovon man glaubte, dass es die eigene Kundschaft mögen würde. Diese freien Entscheidungsmöglichkeiten hatte erst Tochter Christiane nach der Wen-

de. Sie stieg 1981 mit in das Geschäft ein und leitet es noch heute. Fast 15 Jahre arbeitete sie mit den Eltern, bis diese sich 1995 ins Privatleben zurückzogen. Dieter Zietz blickte auf ein erfolgreiches Geschäftsleben zurück: 17 Lehrlinge bildete er aus, einige von ihnen legten in der Werkstatt ihre Meisterprüfung ab und führen auch heute in Dresden eigene Geschäfte. Sogar in den USA wurde ein Meister ansässig. Das Geschäft auf der Tolkewitzer Straße bedeutete für Tochter Christiane 1995 erst

einmal: Straßenbauarbeiten und Umsatzeinbußen. Als im Jahr 2000 die SchillerGalerie fertig ist, gibt es für Christiane keine Frage: Hier möchte sie zukünftig ihr Geschäft betreiben. Das tut sie seither mit Erfolg. Sie verkauft Uhren der Marken Bruno Söhnle, Festina, Boccia, Regent, Mühle-Nautische Instrumente Glashütte, Rolf Cremer, Skagen sowie wunderschönen Schmuck, den sie stets persönlich aussucht, um ihrer Blasewitzer Kundschaft etwas Besonderes zu bieten. delfi

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Leser-Geschichte

Meine Geschichte vom SchillerGarten … … beginnt kurz nach der Wende. Als „Wessi“, der zuvor den anderen Teil Deutschlands nur unter schwierigen Bedingungen betreten durfte, da ich dort keinerlei Verwandtschaft nachweisen konnte, stürmte ich sofort los. Endlich konnte ich den Spuren meines hochverehrten Landsmannes Friedrich Schiller nachgehen, um seine Wirkungsstätten aufzusuchen und genauer kennenzulernen. So kam ich nach Bauerbach, Rudolstadt, Jena, Weimar, Bad Lauchstädt, Leipzig und natürlich nach Dresden. Meinen Stützpunkt nahm ich im nahen Tharandt, wohin der Dichter einst von seinem Freund Christian Gottfried Körner wegen seines amourösen Intermezzos mit Henriette von Arnim ins Exil geschickt wurde. Stets begleitete mich ein Büchlein, das ich einst im Antiquariat erstand und das den treffenden Titel „Reisen zu Schiller“ hatte. Auf Seite 36/37 fand ich Blase-

witz und – kleingedruckt – unter Gaststätten: „SchillerGarten, Schillerplatz 9“. Nix wie hin, mit Frau und zwei kleinen Kindern! Doch – das Haus war verschlossen … „hier wendet sich der Gast mit Grausen“ („Der Ring des Polykrates“) … im Hinterhof empfing uns eine Wildnis. Derer Herr zu werden hätte man fast eines Buschmessers bedurft … „leergebrannt ist die Stätte“ … „in den öden Fensterhöhlen wohnt das Grauen …“ („Das Lied von der Glocke“). Doch Moment mal: Zwischen dem chaotischen Ambiente blickt mir mein großes Idol entgegen: Friedrich „der Große von Schwaben“! Ich drücke die störenden Äste zur Seite, lese und notiere mit Mühe den Text: „Wanderer, hemme den Schritt. Du stehst auf geheiligtem Boden …“ Jetzt reichte es aber, meine Empörung treibt mich zum Entschluss, das Denkmal ins Auto zu laden und es in Schillers Heimat, die ja auch

mein Zuhause ist (schließlich wohne ich in Ludwigsburg bei Marbach am Neckar, dem Geburtsort Schillers!) zu entführen. Nein, nicht aus Habgier oder Sammelleidenschaft wollte ich ihn stehlen, vielmehr tat er mir unendlich leid, so dass ich ihm einen würdigeren Platz zukommen lassen wollte. Allein das Vorhaben ist zum Scheitern verurteilt: zu kleiner Kofferraum, zu schwer. Ich nehme IHN also nur auf dem Foto mit.

es Leben blüht aus den Ruinen …“ (Wilhelm Tell). Man hat meinen Schiller vom Dornröschenschlaf erweckt! Er steht an einem würdigen Platz, schaut über die Elbe hin nach Loschwitz – so, als ob er auf seine Gustel wartet und – ich darf an diesem Glück teilnehmen! Ja, ich habe hier im SchillerGarten wichtige und unvergeßliche Momente verbracht. Für mich ist ein Wunder geschehen, und zwar ein neues, denn das „Blaue“ – das gab es zu Schillers Zeit ja noch Wie überrascht bin ich, als gar nicht! ich nach einigen Jahren wieManfred W. Fritz Manfred W. Fritz ist 2. Vorsitzender des Schillerverder an den „Tatort“ zurückeins in Marbach und bekennender Schiller-Fan. In Sammelleidenschaft erwarb er manches kehre: der SchillerGarten ist vieljähriger Sammlerstück, eine reiche Bibliothek und lernte Menschen kennen, mit denen er meist total verwandelt … „und neu- zahlreiche herzlich über Schiller ins Gespräch kam.

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Bevor die Gäste kommen

Fotos: Dörte Gerlach

Von 6 bis 11 Uhr morgens im SchillerGarten

Ein schöner Vormittag an einem Wochenende. Bei strahlend blauem Himmel sind die ersten Gäste bereits eine Weile vor Öffnung des Hauses im Biergarten, suchen sich ein Sonnenplätzchen, genießen die Luft und den herrlichen

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Tag. Es ist noch nicht ganz 11 Uhr, die eigentliche Öffnungszeit des SchillerGartens, da nimmt das Servicepersonal die ersten Bestellungen auf: Der eine möchte noch frühstücken, der andere bestellt schon Haxe, der nächste startet mit

einem großen Eisbecher. Den Morgentau hat das Servicepersonal von den Tischen gewischt, auf denen nun die Bestecke stehen, die Biergartenmöbel sind gerade gerückt, die Wege geharkt. Nach Plan werden die Reservierungs-

schilder eingesteckt und die Prüfung der Getränkevorräte hat ergeben: alles aufgefüllt und startklar. Dem prüfenden Blick der Restaurantleiterin Barbara Zeiss würde nichts entgehen. Der Tag im SchillerGarten hat jedoch schon Stunden vorher begonnen, 6 Uhr morgens. Eigentlich begann er sogar schon in der Nacht vorher, als nach der Schließung um 1 Uhr die Gesellschaftsräume im Obergeschoss für eine Feierlichkeit am nächsten Tag eingedeckt wurden. Hausmeister Axel Kirsch ist dann der erste, der morgens ins Haus kommt. Er füttert nicht nur den SchillerGarten-Hund „Alf“, sondern belädt auch seinen Wagen mit bereitstehenden Torten und Kuchen, die der SchillerGarten ins „Paulaners“ oder den „Radeberger Spezialausschank“ in die

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Stadt ausliefert. Bereits um 7.30 Uhr beginnt das Küchenpersonal mit seiner Arbeit, bereitet Suppen und Salate vor, portioniert, kümmert sich um die Bereitstellung der Beilagen und organisiert alle Vorbereitungen für das Mittagsgeschäft. Das Geflügel muss

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in den Grill, der Kloßteig wird vorbereitet, das Gemüse gewaschen und geschnitten, die Kartoffeln werden geschält, Suppen und Soßen angesetzt – im SchillerGarten kommt nichts aus der Tüte. So entspannt die meisten Gäste an diesem Tag sind, so sehr herrscht am Morgen organisierte Hektik in der Küche, erzählt Küchenchef David Schubert. Der vermeintliche Nachteil der Enge in der Küche erweist sich als klarer Vorteil: Alles ist in Reichweite, die Wege sind effektiv und damit im wahrsten Sinne des Wortes nichts anbrennt, sieht jeder nach allem. Im Biergartenausschank werden derweil Pauschalkräfte eingewiesen: wohin mit den gebrauchten Gläsern, wie wird

die Spülmaschine bedient und in welcher Ordnung haben die frischen Gläser im Regal zu stehen. Die ersten Bratwürste liegen auf dem Grill, die ersten Brezeln purzeln auf das Blech. So langsam füllt sich das Restaurant immer mehr, die Vor-

bereitungen sind auch fast alle abgeschlossen. Ein neuer Tag im SchillerGarten kann beginnen – er wird bis in den nächsten dauern. Daniella Fischer

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Recht einst und heute Als Friedrich Schiller 1785 auf Einladung seines Freundes Christian Gottfried Körner seinen Aufenthalt in Dresden begann, war er jeglicher materieller Sorgen enthoben. Seinen Lebensunterhalt konnte er bis dahin als freier Schriftsteller kaum verdienen. Die 1859 in Dresden gegründete und seinen Namen tragende Schillerstiftung unterstützte später notleidende Schriftsteller und Künstler. Eine Familienstiftung, mit der Schillerstiftung allerdings nicht vergleichbar, ist heute eine geeignete Möglichkeit, Vermögen zu vererben und dabei Steuervorteile zu erhalten. Weitere Möglichkeiten zur Vererbung sind zum Beispiel Schenkungen. Das derzeitige Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht ist allerdings vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden und muss bis Ende 2008 vom Gesetzgeber geändert werden. Auch das Pflichtteilsrecht wird damit einer Reform unterzogen werden. Unternehmer sind schon jetzt gut beraten, ihre Kinder frühzeitig durch eine größere Geldsumme bei gleichzeitigem Verzicht auf den Pflichtteil abzu-

finden, womit auch Unternehmen vor Liquiditätsproblemen bewahrt werden können, denn der Pflichtteil ist nach dem Erbfall sofort als Geldanspruch fällig. Die Erbschaftssteuern selbst existieren schon seit langer Zeit, in Rom schon unter Augustus, in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert, in England seit 1694. Das heutige deutsche Steuerrecht wurde aus dem Steuersystem der Weimarer Republik abgeleitet, wobei unter „Steuern“ auch „Zölle“ eingeordnet wurden. Hierbei soll nicht unerwähnt bleiben, dass zur Passage des Blauen Wunders noch bis zur Eingemeindung von Blasewitz im April 1921 Brückenzoll erhoben wurde: Erwachsene drei, Kinder zwei und Fuhrwerke 10 Pfennige. Im Übrigen kann ein Erbe auch ausgeschlagen werden, etwa dann, wenn ein überschuldeter Nachlass besteht oder er nur seinen Pflichtteil geltend machen will. Dies muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen geschehen. Im älteren deutschen Recht war die Haftung der Erben anders geregelt: Der Erbe konnte die Erbschaft ohne einen wirtschaftlichen Nachteil antreten, falls er innerhalb einer gesetzten Frist ein Nachlassverzeichnis einreichte.

Jürgen Schille & Coll. – Rechtsanwälte – Beratung • Kompetenz • Vertrauen Angelsteg 5 • 01309 Dresden – am Schillerplatz – Tel. 0351/448 40-0 • [email protected]

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An der langen Leine SchillerGarten-Hausmeister Axel Kirsch und SchillerGarten-Hund „Alf“

Hausmeister Axel Kirsch mit Alf vor seinem neuen Hundezwinger

„Blitz – der deutsche Schäferhund“ war der Titel eines Filmes, der im alten Kino im SchillerGarten gezeigt wurde. Welche Abenteuer „Blitz“ erlebte, ist leider nicht überliefert, aber dafür gibt es heute „Alf“, den SchillerGartenHund. Ein Schäferhund ist er nicht, wohl aber ein wachsamer Labrador-Rottweiler und alteingesessener Blasewitzer. Im April erhielt er einen neuen Zwinger hinter dem Biergartenausschank und fühlt sich seitdem „pudelwohl“. Fast Zeit seines Lebens wohnte er schon hier, nur einmal stand

er kurz davor, seine Tage in einem Tierheim verbringen zu müssen, als sein Herrchen wegen Renovierung und Umbau aus dem alten Haus neben dem SchillerGarten ausziehen musste und ihn nicht mitnehmen konnte. Gastwirt Frank Baumgürtel führte ein sehr persönliches Gespräch mit Alf und als dieser ihm dabei die Pfote durchs Gitter reichte war klar: Alf wird der SchillerGarten-Hund und darf bleiben. Weil sein Benehmen noch nicht ganz dem eines ordentlichen Gasthaushundes entsprach, kam er zunächst für

sechs Wochen auf ein HundeInternat, lernte dort gehorchen und sich gut zu führen. Seitdem gehen nun die Menschen mit ihm spazieren und nicht mehr er mit ihnen. Neben Frank Baumgürtel kümmert sich vor allem einer um den Hund: Hausmeister Axel Kirsch. Er gehört schon seit Anbeginn zum Team des SchillerGartens und ist der Mann für alle Fälle. Sein Tag beginnt sehr früh, mitunter ist er der erste im Gasthaus. SchillerGarten-Hund Alf erkennt schon am Motorengeräusch von Axel Kirschs Fahrzeugen, dass es nun bald Frühstück geben wird. Wie der Hausmeister erzählt, frisst Alf viel, wobei darauf geachtet wird, dass er ausgewähltes und gesundes Hundefutter erhält. Das sieht man Alf auch an, er ist kräftig und muskulös. Meist ist der Hausmeister den Vormittag über unterwegs, um verschiedene Wege zu erledigen und Einkäufe zu tätigen. Mitunter darf Alf dann mit im Auto fahren, was er liebend gern tut. Von so einem anstrengenden Autovormittag erholt er sich

später im SchillerGarten bei einem Mittagsschläfchen. Axel Kirschs Arbeitstag ist da noch lange nicht zu Ende. Das große Grundstück, dessen Grün regelmäßig bewässert werden will, das Gebäude des SchillerGartens mit seinen vielen Räumlichkeiten und veschiedener Technik fordern ihn immer wieder. Wenn Alf Glück hat, dann bleibt trotz allem noch ein wenig Zeit für ihn und einen kleinen Spaziergang. Daniella Fischer

Fotos: Dörte Gerlach

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Die Region: Das Rheingau – Deutschland Am Rheinknie liegt der Rheingau mit einer Rebfläche von etwa 3.200 Hektar. Vom Taunus geschützt, gibt es hier milde Winter und warme Sommer, deren klimatische Bedingungen auf leicht geneigten sonnigen Südhängen beste Voraussetzungen zum Reifen des Rieslings oder Blauen Spätburgunders sind. Die Böden bestehen aus Schiefer, Quarz, Kiesel und Sandstein. Der Riesling ist eine langsam reifende Rebsorte, deren prägendes Element die fruchtige Säure ist. Die Tradition des Weinbaus im Rheingau, begründet und lange von Klöstern und großen Gütern getragen, verbindet sich heute mit den Methoden moderner Vinifikation.

Der Winzer: Weingut Schloss Reinhartshausen Seit 1337 wird hier Wein angebaut. Im 12. Jahrhundert noch Sitz der Ritter von Erbach, gehörte das Land ab 1275 den Rittern von Allendorf. Ende des 18. Jahrhunderts übernahmen die Freiherren Langwerth von Simmern den Besitz – nach Phillip Reinhard wurde das Schloss auch benannt – und verkauften 1800 an die Grafen von Westfalen. Sie bauten Schloss Reinhartshausen in der heutigen Form. 1855 übernahm Prinzessin Marianne von Preußen die Ländereien, im 20. Jahrhundert führten Gutsverwalter das Weingut. 1957 wurde das Schloss zum Hotel umgebaut, von 1987 bis 1991 unter der Familie Willi Leibbrand restauriert und erweitert.

Der Wein: Riesling Der „typische“ Riesling ist von blassgelber, ins grünlich-gelbe tendierender Farbe, im Duft dominieren Pfirsich oder Apfel, im Mund spürt man eine rassige Säure. Der Kellermeister baut die Spitzenweine in kleinen Edelstahlgebinden aus, um die charakteristischen Besonderheiten der einzelnen Toplagen in Erbach und Hattenheim herauszustellen. Mit individueller Temperaturführung kontrolliert er die Gärung, damit die feinfruchtigen Aromen erhalten bleiben. Besonders kräftige Weine mit Potenzial für längere Reifezeit lagern in traditionellen Rheingauer Holzfassgebinden.

Foto: Dörte Gerlach

Der Weintipp

Manfred Hempel, Fa. KGS

Die Empfehlung: Leichte Rieslingweine, trocken bis fruchtig süß, sind ideale Sommerweine. Also was gibt es Schöneres, als zur Spargelzeit diesen Riesling gut temperiert zu den frisch zubereiteten Spargelgerichten im SchillerGarten zu genießen?

Der „Weintipp“ wird präsentiert von KGS – Knüttels Getränkespezialitäten, dem Lieferanten des SchillerGartens.

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Blasewitzer Geschichten

Sicherheitskommissarius Hänsel und die Wäscheleine In recht verzwickte Situationen von oft unfreiwilliger Komik kann man geraten, wenn man beim Ausgehen den Korridorschlüssel vergisst. Eine Blasewitzer Küchenfee, die dieser Tage die Wohnung verließ, nachdem sie zuvor den ihrer Obhut anvertrauten dreieinhalbjährigen Familiensprößling sorglich zu Bett gebracht hatte, merkte das Fehlen des Schlüssels erst, als sie wieder vor der Korridorthür stand, und begann nun, in der Hoffnung, den Kleinen zu erwecken und zum Öffnen zu bewegen, anhaltend und immer heftiger zu klingeln. Der Effekt war, dass „Hänsel“ wirklich nach einer Weile aus süßen Knabenträumen emporfuhr; aber in

völliger Verkennung der Sachlage begann er, statt gehorsam die Pforte zu erschließen, mächtig zu schreien. Was tun? Das ausgesperrte Mädchen kam auf die geniale Idee, vom ersten Stock in den Hausgarten hinabzusteigen und vor dort aus mit Hänsel durch das glücklicherweise offene Schlafstubenfenster zu parlamentieren. Es gelang ihr, das Kind zunächst durch sanfte Worte so zu beruhigen, dass es vertrauensvoll ihre Bitte, die Korridorthür zu öffnen, entgegennahm. Aber sofort erhob es den stichhaltigen Einwand: „Wenn ich doch im Bettchen liege, dann kann ich doch nicht aufmachen.“ Der Rat, herauszusteigen, wurde mit der Motivie-

Auf Schillers Versen

Würde der Frauen Ehret die Frauen! Sie flechten und weben himmlische Rosen ins irdische Leben, Flechten der Liebe beglückendes Band, Und in der Grazie züchtigem Schleier Nähren sie wachsam das ewige Feuer schöner Gefühle mit heiliger Hand. Ewig aus der Wahrheit Schranken schweift des Mannes wilde Kraft; Unstät treiben die Gedanken auf dem Meer der Leidenschaft; Gierig greift er in die Ferne, Nimmer wird sein Herz gestillt; Rastlos durch entlegne Sterne jagt er seines Traumes Bild. Aber mit zauberisch fesselndem Blicke winken die Frauen den Flüchtling zurücke, Warnend zurück in der Gegenwart Spur, in der Mutter bescheidener Hütte Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte,Treue Töchter der frommen Natur. Feindlich ist des Mannes Streben, Mit zermalmender Gewalt Geht der Wilde durch das Leben, Ohne Rast und Aufenthalt. Was er schuf, zerstört er wieder, Nimmer ruht der Wünsche Streit, (Auszug) SchillerGarten Dresden GmbH Schillerplatz 9, 01309 Dresden Telefon: 0351/ 811 99-0 Telefax: 0351/ 811 99-23

E-Mail: [email protected] Internet: www.schillergarten.de Öffnungszeiten: Täglich 11.00 – 01.00 Uhr

rung abgelehnt: „Wenn ich raussteige, falle ich doch hin.“ Alle Schmeichelreden vermochten nicht, den kleinen Sicherheitskommissarius von seiner Ruhestätte zu locken. Da griff das Dienstmädchen nach längerer Diskussion zum letzten verzweifelten Mittel: Sie appellierte an Hänsels Kindesliebe. In rührenden Worten schilderte sie die schlimme Lage der Eltern, die auch gleich nach Haus kommen und nicht herein können würden. Hänsel vertiefte sich nachdenklich in dieses Problem und schwieg einige Minuten gänzlich. Schon keimte Hoffnung in des Mädchens Busen auf, als der liebende Sohn sie mit der neugierigen Frage zerstörte: „Weint denn Papa und Mama, wenn sie nicht reinkommen können?“ Die Aussicht, sein teures Elternpaar weinen zu sehen, schien ihm weit amüsanter, als der

halsbrecherische Gang vom Bettchen zur Korridorthür. Dem Dienstmädchen blieb weiter nichts übrig, als sich zum Nachbar im ersten Stock zu begeben, der eine Wäscheleine um ihre Taille schlang und sie so vom Fenster aus längs des Gesimses bis zum Balkon der benachbarten Wohnung klettern ließ, der ohne Unfall von Selma erreicht wurde und dessen geöffnete Thür ihr endlich den Eingang zu den heimischen Penaten ermöglichte. Aus „Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse“ vom 28. Juli 1900

Unsere Schiller-Frage Schiller schrieb Gedichte wie „Der Taucher“, „Der Ring des Polykrates“ oder „Die Kraniche des Ibykus“ in einer sehr produktiven Zeit, die später als sein „Balladenjahr“ bezeichnet werden wird. In welchem Jahr war das? Ihre Einsendungen richten Sie bitte an: Agentur 2dPROJECT, Redaktion SchillerGarten, Kennwort: Schiller-Frage, Enderstr. 59, 01277 Dresden Unter den Einsendungen werden drei Gewinner ausgelost, die je einen Gutschein im Wert von je 20,- Euro für den SchillerGarten erhalten. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mitarbeitern des SchillerGartens sowie von 2dPROJECT und ihren Angehörigen ist die Teilnahme nicht gestattet. Einsendeschluß: 15. Juli 2007

Auflösung Schillerfrage Ausgabe 01/2007 Friedrich Schiller dichtete den Ausspruch „Wie kommt mir solcher Glanz in meine Hütte“ in dem Stück „Die Jungfrau von Orleans“. Herzlichen Glückwunsch unseren Gewinnern: Kerstin Schönfelder und Käthe Jochmann aus Dresden, Günther Kießlich aus Leipzig Gutbürgerliche Küche Hauseigene Patisserie Eigene Eisproduktion Großer Biergarten mit Elbblick

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