Die Evangelischen auf der Hütte - Evangelischer Kirchenkreis An
March 18, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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An der Feldscheune
Die Evangelischen auf der Hütte von Ingo Zöllich
Als in den Jahren 1912 bis 1914 die Häuser der schwarzen Kolonie errichtet wurden, war der erste evangelische Gottesdienstraum auf der Hütte bereits Geschichte. Das Wachstum des Eisenwerks führte die ersten evangelischen Facharbeiter in die bisher weitgehend katholische Gegend. Sie wurden Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde Siegburg, deren Gebiet damals das gesamte untere Siegtal von Hennef bis zum Rhein umfasste. Generaldirektor Emil Langen, selbst evangelischer Christ, richtete 1864 für die evangelischen Arbeiter und ihre Familien in der „Kaserne“ des Werks einen Betsaal ein, in dem einer der beiden Siegburger Pfarrer alle zwei Wochen Gottesdienst hielt. Auch die katholische Gemeinde nutzte den Betsaal. Nachdem Langen die Hütte1868 verlassen und es in Siegburg nur noch einen evangelischen Pfarrer gab, wurden die Gottesdienste im Betsaal 1877 eingestellt. Die neue Siegburger Kirche wurde zum fernen geistlichen Zentrum der Hüttener Evangelischen. In den 1890er Jahren organisierte die Siegburger Gemeinde Gottesdienste in Troisdorfer Privathäusern, bis im Jahre 1903 die Johanneskirche fertig gestellt wurde. 1906 wurde der Westen der Siegburger Gemeinde (die heutigen Städte Troisdorf und Niederkassel, dazu Menden) als Evangelische Kirchengemeinde Troisdorf selbständig und erhielt mit dem schon seit 1896 für das Gebiet zuständigen Pfarrvikar Walter Neumann ihren ersten Pfarrer. Evangelische in der schwarzen Kolonie Bereits 1912/13 müssen sich die ersten Evangelischen in der schwarzen Kolonie angesiedelt haben. Das Konfirmationsbuch der evangelischen Gemeinde nennt für 1913 sechs Konfirmandinnen und Konfirmanden, die im Ort „Friedrich-Wilhelms-Hütte“ wohnen, aber in weiter Entfernung von hier geboren sind. Lediglich zwei Konfirmierte von 1913 sind auf der Hütte geboren. 1914 sieht es ähnlich aus: Von den sieben jungen Menschen aus Hütte, die zur Konfirmation gingen, sind vier in Troisdorf bzw. im heutigen Kölner Stadtgebiet und drei in weiterer Entfernung geboren. Zwei auf der Hütte Geborene wohnten zum Zeitpunkt ihrer Konfirmation in Troisdorf bzw. Obermenden. Zunächst war noch Pfarrer Neumann für die schwarze Kolonie zuständig, doch er ging 1913 in Ruhestand. Ihm folgten Karl Theiß (bis 1948) und Walter Klocke als Troisdorfer Pfarrer. Von Troisdorf nach Menden und zurück Nach dem 2. Weltkrieg stieg die Gemeindegliederzahl in der Evangelischen Kirchengemeinde Troisdorf stark an, weil Flüchtlinge aus dem Osten des ehemaligen Deutschen Reichs hier sesshaft wurden und der Wiederaufbau der Industrie vermehrt Arbeiter anzog. Um die Gemeinde überschaubar zu halten, wurden in den Nachbarorten von Troisdorf selbständige Gemeinden gebildet. 1964 wurde noch in der Troisdorfer Gemeinde ein 3. Pfarrbezirk eingerichtet, der mit dem Gebiet der damaligen Gemeinde Menden auch die FriedrichWilhelms-Hütte umfasste. Im selben Jahr entstand das evangelische Gemeindehaus in Menden, das später den Namen „Emmauskirche“ erhielt. Karl-Ludwig Henrichs wurde Pfarrer des Bezirks und ab 1966 auch erster Pfarrer der nunmehr selbständigen Kirchengemeinde Menden.
Nachdem die Hütte im Zuge der kommunalen Neugliederung 1969 Teil der neugebildeten Stadt Troisdorf geworden war, kam es im Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Menden zu Überlegungen, die Hütte auch kirchlicherseits an Troisdorf „zurückzugeben“. Wissend um die Pläne der Stadt Troisdorf, die Hütte erheblich zu erweitern, bemühte sich das Mendener Presbyterium zudem seit 1970, ein Grundstück „an der Feldscheune“ (unmittelbar an der damaligen Kirchgemeindegrenze) für ein zukünftiges Gemeindezentrum zu erwerben. Das Presbyterium der Troisdorfer Kirchengemeinde zögerte mit der Rücknahme der Hütte, bis 1972 die Errichtung einer 3. Pfarrstelle in Aussicht kam. (1971 war bereits eine 2. Pfarrstelle in Troisdorf errichtet worden, deren Bezirk die Oberstadt umfasste.) Zum 1.7.1973 wurde die Friedrich-Wilhelms-Hütte wieder Teil der Troisdorfer Kirchengemeinde. Dies entsprach dem „Wunsch der dort lebenden Evangelischen“, wie in den Protokollen ausdrücklich festgehalten wurde. Menden gab nicht nur 772 Gemeindemitglieder ab, sondern schenkte der Troisdorfer Gemeinde auch das inzwischen erworbene Grundstück. Pastor und Pfarrer Zur Vertretung der dritten Pfarrstelle entsandte die Kirchenleitung den Hilfsprediger Theodor von Weiß, der eine Pfarrwohnung im gemeindeeigenen Wohnhaus Kronprinzenstraße 12 bezog. Wegen seiner frischen Ideen ist er vielen noch in guter Erinnerung, doch sah er für sich keine Zukunft in Troisdorf und ging im Frühjahr 1974 als Pfarrer nach Bad Godesberg. Nachdem in den folgenden Monaten keine geeignete Person für die Hüttener Pfarrstelle gefunden wurde, bat das Presbyterium erneut um die Entsendung eines Hilfspredigers. Die Kirchenleitung erfüllte die Bitte und sandte Manfred Groß auf die Hütte. Zum 1.4.1975 trat er seinen Dienst an, ein Jahr später wurde er fest auf die Pfarrstelle gewählt. Sein Pfarrbezirk umfasste das Gebiet zwischen den Bahnlinien und die Friedrich-Wilhelms-Hütte von der Sieg bis zur Moselstraße. Das Dietrich-Bonhoeffer-Haus Für die Evangelischen auf der Hütte wurde zunächst ein sonntäglicher Gottesdienst in der Roncalli-Schule eingerichtet. Wegen des Baus der „neuen Hütte“ mit zahlreichen Reihen-, Mehrfamilien- und Hochhäusern rechnete das Presbyterium mit dem Zuzug von 3.000 Evangelischen bis 1976, für die ein eigenes Gemeindezentrum gebaut werden sollte. Noch 1973 wurde der Krefelder Architekt Erich Himmerlein mit Planungen für das Feldgrundstück beauftragt. Himmerlein hatte zuvor bereits das Gemeindezentrum in Menden und den Anbau am Gemeindehaus Kronprinzenstraße geplant. Für die Hütte entwarf er nun ein vollunterkellertes, zweigeschossiges Gebäude, an dessen Kirchraum zwei durch Faltwände abgetrennte Nebenräume angrenzen sollten. Das Projekt überstieg die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde deutlich und musste in den kommenden Jahren mehrfach abgespeckt werden. Übrig blieb ein eingeschossiges, nur zum kleinen Teil unterkellertes Haus. Der Kirchraum erhielt nur einen Nebenraum, der durch eine gemauerte Wand fest abgetrennt wurde. Zusätzlich zur ursprünglichen Planung wurde an der Nordseite ein Kindergottesdienstraum gebaut. Das Gebäude erhielt den Namen „Dietrich-BonhoefferHaus“. Am 19. September 1976 wurde es feierlich eingeweiht. Seitdem feiert die Gemeinde hier – von wenigen begründeten Ausnahmen abgesehen – jeden Sonntag um 10.45 Uhr Gottesdienst. Der Bau des benachbarten Pfarrhauses musste indes aus finanziellen Gründen verschoben werden. Pfarrer Groß nahm zunächst in der Kronprinzenstraße 12 Wohnung, dann wurde für ihn das Haus Moselstraße 109 als Pfarrhaus angemietet. 1979/80 wurde das Pfarrhaus dann
doch gebaut. Nachdem Pfarrer Groß eingezogen war, wurde das gesamte Kirchengrundstück mit Zäunen und Büschen eingefriedet, weil inzwischen auch die Bebauung in der Nachbarschaft zugenommen hatte. Nach seiner Einweihung wurde das Dietrich-BonhoefferHaus sukzessive eingerichtet und erweitert. 1977 wurden die Kanzel und eine elektronische Orgel der Firma Ahlborn angeschafft, 1980/1 kam das von Professor Kurt Wolf von Borries aus Köln entworfene Ensemble aus Tuffsteinaltar und Bronzekreuz hinzu. Der markante Glockenstuhl vor dem Haus wurde 1984 errichtet. Die Glocke erhielt die Inschrift: „ER ist unser Friede. Eph. 2,14“. Bildhauer Klaus Henning aus Altenstein gestaltete 1987 den bronzenen Dreifaltigkeits-Kerzenständer, der neben dem Altar aufgestellt wurde. 1988 erhielt der Kirchraum eine Beschallungsanlage. 1992/3 wurde im Nordosten der Gemeindesaal angebaut, mit geräumigem Jugendraum im Keller. Zugleich entstanden unter dem Altbau zwei Lagerkeller, und die Mauer zwischen Kirch- und Nebenraum wurde durch eine Faltwand ersetzt. Als letzte große Neuerung im Gebäude wurde 1999 die elektronische Ahlborn-Orgel durch eine echte Pfeifenorgel ersetzt. Die Bonner Orgelbauwerkstatt Klais errichtete das stattliche Instrument, das den Kirchraum heute nicht nur akustisch, sondern auch optisch prägt. Gemeindeleben Nach 34 Troisdorfer Dienstjahren wurde Pfarrer Groß 2009 in den Ruhestand verabschiedet. Seit Mai 2010 arbeitet das Pfarrehepaar Zöllich auf der Hütte – Ingo Zöllich wurde am 9. Mai 2010, Wiebke Zöllich am 1. Mai 2011 eingeführt. Pfarrer Groß hatte mit interessierten Gemeindemitgliedern zahlreiche Gruppen auf den Weg gebracht, die das Gemeindeleben bis heute tragen. Zu nennen sind vor allem die beiden Erwachsenenkreise, der Frauentreffpunkt, der Seniorenclub, das Rentnerfrühstück und die Gruppen aus der „AG 55+“. In den 1980er und 90er Jahren gab es zudem einen regen Pfadfinderstamm, und bis vor einigen Jahren traf sich der Ökumenische Singkreis im Bonhoefferhaus. In den 1990er Jahren wurde die Gemeinde durch den Zuzug von Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion bereichert, die zeitweilig eine eigene Gruppe in der Gemeinde bildeten. Neben dem Hauptgottesdienst baute Pfarrer Groß den Kindergottesdienst mit Helferkreis auf; er etablierte den ökumenischen Gottesdienst am Buß- und Bettag und bot immer wieder besondere Gottesdienste wie die Familien- oder die Salbungsgottesdienste an. Seit 2010 sind mit dem Spieletreff und einer neuen Eltern-Kind-Gruppe zwei Aktivitäten hinzugekommen; seit Anfang 2012 wird zudem regelmäßig einmal im Monat „FamilienKIRCHE“ gefeiert. Rund 10 Prozent der Gemeindemitglieder, nämlich zwischen 200 und 300 Menschen, suchen wenigstens einmal im Monat das Bonhoefferhaus auf, viele weitere kommen mehrmals oder wenigstens einmal im Jahr. Zudem engagieren sich viele Hüttener Evangelische an der Johanneskirche, der evangelischen Stadtkirche in Troisdorf, und bedienen dort im Kirchencafé oder singen in der Kantorei. Der dritte Pfarrbezirk ist nie so groß geworden, wie das Presbyterium 1973 annahm; heute gehören rund 2.400 Menschen dazu, und er umfasst neben der Friedrich-WilhelmsHütte auch den größten Teil von Troisdorf-West. Neben der Pfarrerin und den Pfarrern arbeiteten und arbeiten viele weitere Menschen hauptoder nebenamtlich im Bonhoefferhaus. Während der Sommermonate trifft sich der Jugendleiter hier mit seinen Jugendgruppen, die Kantorin bietet Workshops an. Für gute Musik während der Gottesdienste sorgten Rainer Brust (1977-1983), Melitta Bubalo (19831991) und David Ochel (1991-1997), seit 1997 begeistert Stephan Weidenbrück die Gemeinde mit seinem Orgelspiel. Die Vikarinnen Michaela Nieland-Schuller (1983-1985), Sonja Poliak (1990-1992), Barbara Brill-Pflümer (1992-1994), Dr. Ute Wendel (1994-1996) und die Vikare Hartmut Schüßler (1997-1999) und Rolf Schopen (2001-2003) lernten hier, im Pfarrdienst zu arbeiten. Erste Küsterin des Bonhoefferhauses war bis 1987 Getrud Bockfeld,
die zahlreiche Bäume und Sträucher auf der Kirchenwiese und im Pfarrgarten gepflanzt hat. Seit 1987 ist Renate Komusin die gute Seele des Hauses. Ihrem Einsatz und ihrer unübertroffenen Herzlichkeit ist es zu verdanken, dass das etwas versteckt liegende Haus an der ehemaligen Feldscheune nicht nur von Hüttener Evangelischen gerne und viel besucht wird.
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