der Kongressdokumentation

March 16, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Überhört und übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen Dokumentation des Internationalen Medienkongresses vom 27. bis 29. Oktober 1999 in Köln

Kuratorium Deutsche Altershilfe

Herausgegeben vom: Kuratorium Deutsche Altershilfe An der Pauluskirche 3, 50677 Köln Telefon 02 21 / 93 18 47-0 Telefax 02 21 / 93 18 47-6 Internet: http: //www.kda.de E-Mail: [email protected] Redaktion: Hans Nakielski (Leitung), Regine Hebestreit, Ines Jonas, Anne Kleiber, Volker Kowitz, Harald Raabe, Hanne Schweitzer Satz: typeXpress, Köln Fotos: alle: André Zelck, Essen, mit Ausnahme der Fotos, bei denen andere Bildnachweise angegeben sind Textkorrektur: Karin Bergmann, Köln Druck: Greven & Bechtold, Hürth © Copyright by Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln ISBN 3-932882-96-2 Erstellung und Herausgabe dieser Dokumentation wurden ermöglicht durch finanzielle Förderung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Der Internationale Medienkongress „Überhört und übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ war eine zentrale Veranstaltung im Rahmen des Internationalen Jahres der Senioren (IJS).

Veranstalter war:

Kuratorium Deutsche Altershilfe

in Zusammenarbeit und mit Förderung von: Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen

Westdeutscher Rundfunk

Nederlands Platform Ouderen en Europa

Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.)

Überhört und übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen Dokumentation des Internationalen Medienkongresses vom 27. bis 29. Oktober 1999 in Köln

Gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Köln 2000

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

..........................

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„Wo bleibt eigentlich meine Generation auf dem Bildschirm?“

Begrüßungsrede des KDA-Vorsitzenden Prof. Dr. Buhlmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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„Realistische Altersbilder prägen“

Rede von Bundesseniorenministerin Dr. Christine Bergmann . . . . . . . . . . . . . . .

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„Medienkompetenz älterer Menschen stärken“

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Vorurteile und Fakten zum Alter(n) . . . . .

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Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

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Plenum: Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (k)ein Thema fürs Programm?

Mit Statements von: • Österreichischer Rundfunk, ORF (Österreich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . • Radio France (Frankreich) . . . . . . . . . . . • Zweites Deutsches Fernsehen, ZDF (Deutschland) . . . . . . . . . . . . . . . . . • British Broadcasting Corporation, BBC (Großbritannien) . . . . . . . . . . . . . . . • RTL (Deutschland) . . . . . . . . . . . . . . . . . • Algemene Omroepvereiniging, AVRO (Niederlande) . . . . . . . . . . . . . . . • Sat 1 (Deutschland) . . . . . . . . . . . . . . . . . • Westdeutscher Rundfunk, WDR (Deutschland) . . . . . . . . . . . . . . . . Podiumsdiskussion: Brauchen wir eigene Sendungen für ältere Hörer und Zuschauer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Mit Vertretern des Plenums sowie zwei Redakteurinnen von Seniorensendungen von WDR und AARP (USA)

2

• Das Mediennutzungsverhalten älterer Menschen im internationalen Vergleich . . • Was Ältere am liebsten im deutschen Fernsehen und Hörfunk sehen und hören • Lebensbilder älterer Menschen in Alltag und TV – eine qualitative Studie im Auftrag des WDR . . . . . . . . . . . . . . .

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Workshop 8: Inkompetent und skurril? Zum Altersbild im Fernsehen

Rede von NRW-Familienministerin Birgit Fischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Ergebnisse einer KDA-Umfrage . . . . . . . . . .

Aus Medienforschung und -praxis Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer – Ergebnisse der Medienforschung

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• Das Altersbild im Fernsehen – ein Ländervergleich USA-Japan-Deutschland . . . . . . • Frauen im Fernsehen werden bereits als alt betrachtet, obwohl sie noch jung sind . . . • Ergebnisse der BBC-Studie „Older people on Television“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • Bilder des Alters und des Alterns im Fernsehen – eine Inhaltsanalyse im Auftrag des WDR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • Wie sich durch Filme Einstellungen zum Alter(n) ändern . . . . . . . . . . . . . . . .

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Workshop 3: Unerwünschte Kunden? Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung

• Werbung mit Älteren – positive und negative Beispiele . . . . . . . . • Ältere in der Werbung – ein internationaler Vergleich . . . . . . . . . . • Ergebnisse der Grey-Studie „Master Consumer“ . . . . . . . . . . . . . . . . • Zielgruppe 50 Plus . . . . . . . . . . . . . . . . . • Hallo, Kundschaft! – Konsum und Konsumwünsche älterer Menschen . . . . .

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Praxis Fernsehen Workshops 2 und 6: TV-Sendungen für Ältere

• • • •

„Seniorenclub“ (ORF) . . . . . . . . . . . . . . „Addi’s Stunde“ (WDR) . . . . . . . . . . . . . „Aktiv“ (ORB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Maturity Broadcast News“ (Senioren-Nachrichten) (AARP / USA) . . . • VdK-Magazin (DSF) . . . . . . . . . . . . . . . . • „Life Wise“ (KRMA-TV / USA) . . . . . . . . • „Tor Mai Toa“ (NPS / Thailand) . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

Workshop 9: Service für Hör- und Sehgeschädigte

• • • • •

Hörfilm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Videotext-Untertitelung . . . . . . . . . . . . . . Teletext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebärdensprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Internet-)Programminformationen für Blinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

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Workshop 10: Dokumentationen, Fernsehfilme und Features zu Altersthemen

• „Altenheim – über den Alltag im Seniorenzentrum“ (WDR) . . . . . . . . . . . . • „Das 3. Leben“ (SWR) – Langzeitbeobachtungen bei 30 Älteren nach dem Ende ihres Berufslebens . . . . . . . . . . • „Abschied vom Ich“ (ZDF) . . . . . . . . . . . • „Das vergessene Leben“ (WDR, ORF, arte) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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• „Conrad & Co“ (ZDF) . . . . . . . . . . . . . . 160 • „Addi’s Stunde“ (WDR) . . . . . . . . . . . . . 161 • „ARD-Buffet“ (SWR) . . . . . . . . . . . . . . . 161 Praxis Hörfunk Workshop 1: Rundfunk-Sendungen für Ältere (I)

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„MEMO“ (DRS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Seniorenparty“ (Slovensky Rozhlas) . . . „La Voz de la Experiencia“ (UNAM) . . . „Mature Focus“ (AARP) . . . . . . . . . . . . .

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Medieninitiativen Workshop 7: Ältere machen ihr Programm selbst

• „HerbstRadio“, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . • „Seniorenradio“, Unna . . . . . . . . . . . . . . • Fernsehmagazin „55 – Plus“, Dortmund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • „Seniorama“, Offener Kanal – TV Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • Das NRW-Israel-Senioren-Projekt . . . . . . • Die letzte Chance – Alt und Jung finden über die Medienarbeit zusammen . . . . . .

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Abschlussplenum: Altersthemen leichter angehen . . . . . . . .

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Elf Forderungen zum Abschluss des Medienkongresses . . . . . . . . . . . . . . .

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Workshop 5: Rundfunk-Sendungen für Ältere (II)

• • • •

Radio Bleue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . RTÉ Radio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radio Flora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . NDR 1 Welle Nord . . . . . . . . . . . . . . . . . HR 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WDR 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SFB Berlin 88,8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SWR 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MDR 1 Radio Sachsen . . . . . . . . . . . . . . Radio Melodie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Workshop 12: Talk & Co – auch für Ältere

• „L’asso nella manica“ (Das Ass im Ärmel) (RAI) . . . . . . . . . . . . • „De tijd van je leven“ (Die Zeit deines Lebens) (AVRO) . . . . . . • „Hvad er den ret y hvad er din pligt“ (Ihre Rechte, Ihre Pflichten) (DR) . . . . . . • „Über den Tag hinaus“ (BR) . . . . . . . . . . • „In unserem Alter – Begegnungen und Informationen“ (WDR) . . . . . . . . . .

• • • • • • • • • •

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Begleitausstellung zum Internationalen Medienkongress

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Pressekonferenz zum Internationalen Medienkongress . . . . . . .

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Rund um den Medienkongress: Schwerpunktwochen zu Altersthemen in Hörfunk und TV . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren . . . . . . . . . . . 222 Kongressteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

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Vorwort

Vorwort Ältere Menschen zählen zu den stärksten Konsumenten von Fernsehen und Hörfunk. Obwohl mit der wachsenden Zahl Älterer auch die Zahl und der Anteil älterer Radiohörer und Fernsehzuschauer steigt – in Deutschland genauso wie in vielen anderen Ländern – werden sie als Zielgruppe von den meisten Sendern vernachlässigt. Ältere und altersrelevante Themen sind in vielen Programmen deutlich unterrepräsentiert. Vielfach werden auch Altersbilder gezeichnet, die überhaupt nicht der Realität entsprechen, wenn etwa Ältere durchweg als krank und pflegebedürftig oder als Lehnstuhlopas oder dauerhaft häkelnde Omas dargestellt werden. In manchen Sendungen und Werbespots werden ältere Menschen sogar verhöhnt und verspottet – als trottelige Tattergreise oder schrullige Omas. Es war also höchste Zeit, das Thema breit mit Programmgestaltern, Programmverantwortlichen, Werbefachleuten, Medienwissenschaftlern, Politikern und Seniorenvertretern zu erörtern. Diese Möglichkeit nutzten rund 200 Fachleute aus 15 Ländern auf dem Internationalen Medienkongress „Überhört und übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ vom 27. bis 29. Oktober 1999 in Köln. Der Kongress war eine zentrale Veranstaltung in dem von den Vereinten Nationen ausgerufenen „Internationalen Jahr der Senioren“ (IJS). Er wurde veranstaltet vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in Zusammenarbeit und mit Förderung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), dem Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) und der Nederlands Platform Ouderen en Europa (NPOE). Die Reden, Diskussionen und Vorträge aus den Plenarveranstaltungen und zwölf Workshops werden hier dokumentiert. Ebenso finden sich auf Seite 210 die elf Forderungen, die zum Abschluss des Internationalen Medienkongresses aufgestellt worden sind. Gefordert sind aus der Sicht des KDA vor allem mehr und realistischere Bilder und Informa-

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tionen zum Alter. Seniorenthemen müssen nicht nur einen größeren Stellenwert im Gesamtprogramm bekommen. Es sollte auch spezielle Sendungen für Ältere geben. Auch ältere und immobile Menschen, für die Hörfunk und Fernsehen oft Fenster zum Leben außerhalb der eigenen vier Wände sind, haben, genau wie jüngere, ein Anrecht auf spezifische Informationen für ihre Lebenslage. Alle Beiträge, die auf dem Kongress in Englisch, Französisch oder Italienisch gehalten wurden, sind ins Deutsche übersetzt. Leider nicht wiedergegeben werden können im Rahmen dieser Dokumentation die – ermutigenden und erschreckenden – Beispiele zum Thema „Alter“ aus den vielen Hörfunk- und Fernsehsendungen, die auf dem Kongress zu hören und zu sehen waren. So kann auch der beeindruckende Zusammenschnitt zum Altersbild im Fernsehen und in der TV-Werbung, der mit Unterstützung des WDR von DIBSFILM eigens für diesen Kongress produziert wurde, hier nicht dokumentiert werden. Dafür eignet sich ein Printmedium leider nicht. Einige Vorträge sind mit zusätzlichem Material ergänzt worden. Aufgenommen wurden auch einige wichtige Informationen zum Thema „Hörfunk und Fernsehen für Ältere“ aus den Monaten nach dem Kongresstermin. Dazu gehört auch: Zwischen Dezember 1999 und April 2000 wurden gleich drei TV-Sendungen für Ältere in Deutschland abgesetzt (siehe Seite 132). Damit gibt es jetzt im deutschen Fernsehen keine regelmäßige Sendung speziell zu Altersthemen mehr. Das KDA sieht darin einen „medienpolitischen Affront gegen die ältere Generation.“ Die Leitfrage des hier dokumentierten Kongresses „Ältere in Hörfunk und Fernsehen – überhört und übersehen?“ muss damit leider einmal mehr mit „Ja“ beantwortet werden.

Hans Nakielski Köln, im Mai 2000

Rede von Prof. Dr. Günther Buhlmann

„Wo bleibt eigentlich meine Generation auf dem Bildschirm?“ Begrüßungsansprache von Prof. Dr. Günther Buhlmann, Vorsitzender des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, am 28. Oktober 1999 (1. Kongresstag) Sehr verehrte Frau Bundesministerin Bergmann, sehr geehrter Herr Tielen, sehr geehrte Damen und Herren, im Namen des Kuratoriums Deutsche Altershilfe möchte ich Sie sehr herzlich zum Internationalen Medienkongress „Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ begrüßen. Ich freue mich, dass so viele Fachleute von Funk und Fernsehen, von Werbeagenturen, aus der Medienforschung und dem Medienjournalismus sowie von Ministerien, Behörden, Bildungsinstituten – und nicht zuletzt von Seniorenorganisationen hier sind.

mal: Wo bleibt eigentlich meine Generation, wo bleiben die Älteren auf dem Bildschirm? Werden wir von der Mattscheibe verdrängt, wenn unsere Haare grauer und weniger werden und wenn die Falten im Gesicht nicht mehr zu verbergen sind? Zählen unsere Erfahrungen, unser Wissen und vielleicht auch unsere Kompetenz dann nicht mehr? Und wenn ich manchmal Radio höre, dann scheint es so, als ob es viel mehr auf den Sound als auf den Inhalt ankommt und es gar nicht so wichtig ist, ob

Besonders willkommen heißen möchte ich auch unsere zahlreichen Gäste aus dem Ausland, die teilweise von sehr weit her – etwa aus Thailand, Mexiko, Kanada oder den USA – zu diesem Kongress in die Medienstadt Köln gekommen sind. Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir zu Beginn dieses Kongresses eine persönliche Bemerkung. Wenn ich es mir gelegentlich vor dem Fernseher gemütlich mache – und das tun ja, wie die Medienforscher herausgefunden haben, sehr viele Ältere außerordentlich oft – dann sehe ich auf dem Bildschirm zumeist junge Gesichter: hübsche, dynamische und manchmal auch etwas hektische Reporter, Talkmaster, Moderatoren, Nachrichtensprecher, Schauspieler, Showmaster oder Entertainer. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen diese jungen Leute. Einigen von ihnen bin ich bei Unterhaltungssendungen für die ARDFernsehlotterie persönlich begegnet, und ich habe viel von ihnen, ob sie nun vor oder hinter der Kamera standen, gelernt. Ihre Offenheit, Spontaneität, Einsatzfreude und ihr Teamgeist haben mich beeindruckt. Dennoch frage ich mich aber manch-

Prof. Dr. Günther Buhlmann.

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Begrüßung

man auch alles versteht. Die Beiträge, die sie dann anmoderieren, sind ja ohnehin meist schon nach wenigen Sekunden wieder vorbei. Selbstverständlich, meine Damen und Herren, haben die Sendungen, die sich mit ihrer Darstellungsform, Musik, Themenauswahl und Sprache an ein jüngeres Publikum richten, ihre Berechtigung. Aber wo bleiben bei den vielen jugendorientierten Wellen und Programmen die Sendungen für uns, für die Älteren? Zwar gibt es jetzt in Deutschland einige Hörfunkkanäle, deren Musik vor allem älteren Menschen gefällt. Und in einem Workshop morgen werden diese Sendungen ja auch vorgestellt. Aber ich frage mich, warum bringen diese Wellen zwar viel Musik, aber so wenig tiefgründige Informationen für uns? Glauben die Medienmacher etwa, dass die Älteren nicht mehr interessiert oder interessieren sollte, was in dieser Gesellschaft vor sich geht? Oder meinen sie, dass wir das nicht mehr verstehen können oder müssen? Ich jedenfalls möchte nicht nur Evergreens, Schlager, Operetten und volkstümliche Musik hören.

„Spezielle Bedürfnisse älterer Menschen berücksichtigen“ Ich vermisse Sendungen mit Themen, die auf unsere Informationsbedürfnisse eingehen. Ist es nicht genauso wichtig wie über Techno- und Hip-HopMusik, Inlineskating, Handys, Computerspiele oder Ausbildungsplatz-Mängel auch über Aktivitäten von und Angebote für ältere Menschen zu berichten? Zum Beispiel über die Leistungen, die Großeltern bei Betreuung ihrer Enkel aufbringen. Immerhin betreuen in der Bundesrepublik knapp die Hälfte aller Großmütter ihre Enkelkinder regelmäßig – und ermöglichen so den oft allein erziehenden Eltern die Berufstätigkeit. Berichtet werden könnte zum Beispiel auch mal über die „Seniorenexperten“, die ihre Erfahrungen in Ländern der Dritten Welt einbringen oder über die Gefahren, die die so genannte Bioethik-Konvention für Eingriffe an nichteinwilligungsfähigen älteren Menschen mit sich bringt. Auch über scheinbar so banale Themen wie Ernährung, Wohnen, Bildung,

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Sport oder Reisen für Ältere oder über Produkte, Geräte, Techniken, Verkehrssysteme und Läden, die die speziellen Bedürfnisse älterer Menschen berücksichtigen, wird leider viel zu wenig berichtet. Schwer verständlich finde ich es auch, dass das Jahr 1999 zwar von den Vereinten Nationen zum „Internationales Jahr der Senioren“ erklärt wurde, womit die UNO auf die „noch nie da gewesenen Herausforderungen“ aufmerksam machen will, die mit dem weltweit steigenden Anteil älterer Menschen verbunden sind. Bisher haben die großen Massenmedien – zumindest in Deutschland – aber leider darauf kaum reagiert. Nicht nur die feierliche Eröffnung des Internationalen Jahres durch den UN-Generalsekretär in New York fand ohne deutsche Fernsehkameras statt. Bisher gab es auch im allgemeinen Hörfunkund Fernsehprogramm kaum Features oder Dokumentationen über die gravierenden gesellschaftlichen Auswirkungen des demographischen Wandels. Wenn überhaupt dazu etwas gebracht wurde, dann ging es dabei leider fast immer nur um die leidige Frage der Bezahlbarkeit der Renten. Dabei gibt es noch so viele andere Themen, die in einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft wichtig sind.

„Intensiver über Ältere in Hörfunk und Fernsehen diskutieren“ Meine Damen und Herren, Sie mögen aus dieser Kritik ersehen, dass es aus Sicht des Kuratoriums Deutsche Altershilfe – gerade im Internationalen Jahr der Senioren – an der Zeit ist, über das Thema „Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ endlich intensiver zu diskutieren. Ich freue mich, dass unsere Idee, dieses bislang kaum beleuchtete Thema auf einem internationalen Fachkongress zu erörtern, bei zahlreichen Fachleuten im In- und Ausland auf Interesse gestoßen ist. Insbesondere gilt mein Dank dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie dem Ministerium für Frauen, Jugend, Fami-

Rede von Prof. Dr. Günther Buhlmann

Medienpartner bei der Vorbereitung dieses Kongresses und der Seniorenmedien-Präsentation im Kölner Gürzenich mitgewirkt. Er widmet auch dem Thema „Alter“ – begleitend zu diesem Kongress – sowohl in seinem WDR-Fernsehprogramm als auch in WDR Radio 5 zurzeit eine eigene Schwerpunktwoche mit zahlreichen Sendungen rund ums „Älterwerden“.

Prof. Dr. Günther Buhlmann war bis Anfang November 1999 Vorsitzender des KDA. Er gab dann nach 13-jähriger Amtszeit auf eigenen Wunsch bei Neuwahlen seinen Vorsitz ab und gehört jetzt weiterhin dem Vorstand des KDA an.

lie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen, die durch ihre großzügige finanzielle Unterstützung und Zusammenarbeit diesen Kongress ermöglicht haben. Mein Dank gilt auch dem Westdeutschen Rundfunk. Der WDR hat nicht nur als

Bedanken möchte ich mich auch bei einem weiteren Kooperationspartner – der Nederlands Platform Ouderen en Europa, die sich schon lange mit dem Thema „Ältere und Medien“ auseinander setzt und deren Kenntnisse und Vorarbeiten wir für diesen Kongress wesentlich nutzen konnten. Schließlich möchte ich mich auch bei der Beauftragten und der Geschäftsstelle des Internationalen Jahres der Senioren in Bonn bedanken, die bei der Vorbereitung und Öffentlichkeitsarbeit für diesen Kongress wesentlich geholfen haben. Ich wünsche Ihnen allen in den nächsten zwei Tagen viele anregende Diskussionen, viele neue Erkenntnisse und zahlreiche Kontakte zu interessanten Kollegen, von denen Sie vielleicht auch etwas lernen können. Und ich wünsche mir, dass das Motto unseres Kongresses „Überhört und übersehen?“ bei der nächsten Tagung zum Thema „Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ nicht mehr stimmt.

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Begrüßung

„Realistische Altersbilder prägen“ Rede der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Christine Bergmann, am 28. Oktober 1999 (1. Kongresstag) Sehr geehrter Herr Professor Buhlmann, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich möchte Sie herzlich zu diesem Internationalen Medienkongress begrüßen. Wir haben gerade einige Beispiele für das Altersbild im Fernsehen und in der Werbung gesehen. Sicher nicht repräsentativ, aber doch typisch, wie ich finde. Alte sind schrullig, etwas tüdelig, man macht sich über sie lustig – mal mehr, mal weniger charmant –, sie sind gebrechlich, pflegebedürftig und fristen ein würdeloses Leben, – oder sie sind vergnügungssüchtige Kreuzfahrer auf Luxuslinern. Dies sind Stereotype des Altersbildes, die uns häufig begegnen. Ohne uns, wie es sprichwörtlich heißt, „ein Bild machen“ zu können, hätten wir in der heutigen Zeit Schwierigkeiten, die täglich auf uns einströmenden Informationen zu verarbeiten. Ohne uns ein Bild von Dingen oder anderen Menschen zu formen, ist keine Verständigung möglich. Das gilt auch für das Altersbild in unserer Gesellschaft. Wer wüsste das besser als diejenigen, die täglich in den Medien mit der Vermittlung von Informationen und Bildern befasst sind.

über das, was andere Alte tun oder erleben, prägt die eigene Einstellung zum Leben und kann manchmal die Qualität einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung gewinnen. Es ist daher von großer Bedeutung, wie ältere Menschen in den Medien dargestellt werden, in welchen Rollen sie gezeigt werden und wie sie beschrieben werden. Darum halte ich es auch für so wichtig, im Rahmen dieses Internationalen Medienkongresses mit Vertreterinnen und Vertretern der Berufsgruppen zusammenzutreffen, die wesentlichen Einfluss auf das öffentliche Bild des Alters und des Alterns nehmen: Journalisten, Programmplaner, Progammverantwortliche, Medienwissenschaftler, Public-Relations-Experten sowie fachkompetente Seniorinnen und Senioren.

Bilder vom Alter werden beeinflusst durch persönliche Kontakte zu alten Menschen, innerhalb der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis, aber auch durch Selbstdarstellung des Alters und gesellschaftliche Repräsentanz der älteren Menschen. In einer Zeit, in der das Zusammenleben der Generationen in einem gemeinsamen Haushalt seltener geworden ist, werden Altersbilder in besonderem Maße und zunehmend durch die Medien beeinflusst und geprägt. Vieles, was Ältere in den Medien wahrnehmen über ihre Lebenssituation und

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Dr. Christine Bergmann.

Rede von Bundesministerin Dr. Christine Bergmann

Sorgfältig, umfassend und verantwortungsbewusst sollte der Umgang mit Informationen über den Lebensabschnitt Alter sein. Wer wollte sich dieser Forderung nicht anschließen?

Alter ist eben keine Abweichung von der Jugend, sondern Alter ist ein eigenständiger Lebensabschnitt mit eigenständigen Bedürfnissen, Ansprüchen, Vorstellungen und Erlebnismöglichkeiten.

Aber diese Forderung aufzustellen ist eine Seite, ihr nachzukommen die andere.

Die Alten von heute, und noch mehr die von morgen, verfügen in vielfacher Hinsicht über ein besseres Rüstzeug als die Vorgängergenerationen. Sie verfügen über eine vergleichsweise bessere Bildung, ihre materielle Situation ist mehrheitlich relativ gut, ebenso ihre gesundheitliche Situation.

Das Problem ist, dass die Wahrnehmung der Alternsprozesse und der älteren Generation heute außerordentlich schwierig ist.

„Senioren stellen 21,4 Prozent der Bevölkerung“ Dies hängt damit zusammen, dass es kaum eine Altersgruppe in unserer Bevölkerung gibt, die so differenziert und so heterogen und so stark im Umbruch begriffen ist wie die Älteren von heute. Wenn man sich mit der Rolle der älteren Menschen in unserer heutigen Gesellschaft beschäftigt, ist es notwendig, zunächst einen Blick auf die demographischen Veränderungen in der Bundesrepublik zu werfen. In Deutschland leben zurzeit circa 82 Millionen Menschen; davon sind 17,5 Millionen Menschen 60 Jahre und älter. Die Senioren stellen damit 21,4 Prozent der Bevölkerung. Im Jahr 2030 wird der Anteil älterer Menschen nach zuverlässigen Prognosen auf über 30 Prozent ansteigen. Dabei ist die Zunahme der Hochbetagten, der über 80-Jährigen, die eigentliche demographische Besonderheit. Der Anteil der über 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten deutlich zunehmen, zum ersten Male haben heute bis zu fünf Generationen die Möglichkeit, am Leben der jeweils anderen teilzunehmen. Das Alter hat eigene Bedürfnisse und eigene Ausdrucksformen. Und neue Bedürfnisse und neue Ausdrucksformen entwickeln sich. Dies müssen wir begreifen und akzeptieren. Und wir müssen uns den Blick bewahren für die Gestaltungskräfte des Alters.

Lassen Sie mich das am Beispiel von älteren Frauen verdeutlichen. 1994 hatten fast 60 Prozent der Frauen zwischen 60 und 65 Jahren keinen Berufsabschluss. In 15 Jahren wird dies nur noch für ein Viertel der Frauen dieser Altersgruppe gelten. Gleichzeitig vervierfacht sich die Zahl der Frauen, die einen Hochschulabschluss haben.

„Altersimage endlich der Realität anpassen“ Ganz wichtig ist es gerade angesichts der wachsenden Zahl der wacheren, besser ausgebildeten Älteren, das Altersimage, das immer noch geprägt ist von Vorstellungen, die vor 50 Jahren verbreitet wurden und die längst überholt sind, endlich der Realität anzupassen. Der Werbespot des kanadischen Seniorenministeriums hat das deutlich gemacht. Viele der rüstigen älteren Menschen fühlen sich selbst nicht alt, sie werden aber in ein Korsett des Altseins gesteckt, weil wir – die Gesellschaft – es von ihnen erwarten. Ältere Menschen sind keineswegs vorrangig Hilfsbedürftige und Adressaten einer auf Hilfe und Versorgung ausgerichteten Altenpolitik. Es gilt, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Alter nicht grundsätzlich gleichbedeutend ist mit Armut, Krankheit und nachlassenden geistigen Fähigkeiten – obwohl alle diese Faktoren natürlich auch vorhanden sind und nicht geleugnet werden sollen.

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Begrüßung

Es gilt jedoch, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass die überwältigende Mehrheit der Älteren eben nicht in Alters- oder Pflegeheimen lebt, sondern in der eigenen Wohnung, und sich selbst ganz oder fast ohne fremde Hilfe versorgt. 90 Prozent der älteren Menschen sind nicht hilfsund pflegebedürftig! Es gilt darauf hinzuweisen, dass die Zahl der Alzheimer-Kranken erst jenseits von 80, 85 Jahren deutlich ansteigt, und gleichzeitig Wege aufzuzeigen, wie diesen Kranken und ihren Angehörigen, vor allem den oft noch voll berufstätigen Töchtern und Schwiegertöchtern, die häufig die Pflege übernehmen, geholfen werden kann. Wir sind von seiten der Politik zurzeit dabei, den Schutz der Hilfe- und Pflegebedürftigen zu verbessern und die Qualität in der Pflege zu sichern, durch ein bundeseinheitliches Altenpflegegesetz und die Novellierung des Heimgesetzes. Die Medien sehen zu Recht ihre Aufgabe darin, auf Missstände z. B. im Bereich der Altenpflege hinzuweisen, den Finger sozusagen in die Wunde zu legen. Dafür bin ich Ihnen dankbar. Ich würde mich jedoch auch freuen und hielte es für die umfassende Aufklärung der betroffenen Personen sowie deren Familien für sehr wichtig, wenn die Medien auch über die sukzessive zu erreichenden gesetzlichen Verbesserungen berichten und informieren würden.

„Ältere Menschen sind eine Bereicherung“ Zum Altersbild trägt entscheidend bei, welche Bilder über das Verhältnis der Generationen in unserer Gesellschaft vermittelt werden. Gerade in letzter Zeit gibt es immer wieder Stimmen, die unbedacht oder auch absichtlich das Gegeneinander von Jungen und Alten schüren. In einer Reihe von Publikationen wird ein „Krieg der Generationen“ heraufbeschworen, erst in dieser

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Woche spricht ein großes deutsches Nachrichtenmagazin vom „Kampf der Generationen“. Die Konsequenzen, die sich aus der demographischen Entwicklung in unserer Gesellschaft ergeben, werden in erster Linie aus sozial- und wirtschaftspolitischer Sicht diskutiert. Das zeigt sich auch in der aktuellen Debatte um die Rentenreform. Ältere Menschen werden als Belastung für unseren Sozialstaat dargestellt. Von einer „Rentnerschwemme“ ist in einigen Medien die Rede, auch Demographen und Sozialplaner bringen mit dem fachlich gemeinten Begriff von der „Alterslast“ unbewusst Wertungen ins Spiel. Zweifellos muss unser Altersvorsorgesystem reformiert werden im Hinblick auf die demographischen Herausforderungen. Dabei geht es auch um die Solidarität der Älteren mit den Jüngeren, um das Rentensystem auf Dauer finanzierbar zu halten. Klar ist, dass eine Gesellschaft ohne Jugend und ohne Lebensperspektiven für die Jugend keine Zukunft hat. Wahr ist aber auch, dass eine Gesellschaft, die glaubt, auf die Erfahrungen und die Kenntnisse der älteren Generation verzichten zu können, sich das Fundament für ihre Zukunft entzieht. Ältere Menschen sind eine Bereicherung, weil sie über Potenziale verfügen, die unserer Gesellschaft insgesamt zugute kommen. Sie sind kompetent und verfügen über ein hohes Maß an Erfahrungswissen, das sie im Verlauf ihres Lebens gesammelt haben! Die Gesellschaft kann auf das Engagement und die Erfahrung der Älteren nicht verzichten. Bei den Älteren gibt es hohes soziales, kulturelles, politisches, sportliches und nachberufliches Engagement. Dieses Engagement müssen wir verstärkt fördern. Grundvoraussetzung ist, dass die Rahmenbedingungen gestärkt werden: für das Engagement des Einzelnen ebenso wie bei der Ausgestaltung gesellschaftlicher Strukturen und durch die Berücksichtigung altersgerechter Kriterien bei Angeboten und Dienstleistungen.

Rede von Bundesministerin Dr. Christine Bergmann

Die Partizipationsmöglichkeiten für ältere Menschen müssen erweitert werden, neue Tätigkeitsfelder müssen erschlossen werden, die dem Anspruch nach selbstverantwortetem Gestalten Rechnung tragen. Wir sind darauf angewiesen, die Erfahrungspotenziale des Alters für die nachfolgenden Generationen zu nutzen, die aktiven und innovativen Fähigkeiten des höheren Lebensalters zu stärken. Für den inneren Zustand unserer Gesellschaft in den nächsten Jahren und Jahrzehnten spielt das Verhältnis der Generationen und das Bild, das hiervon gezeichnet wird, eine entscheidende Rolle. Manche erwarten im 21. Jahrhundert harte gesellschaftliche Interessenkonflikte und Verteilungskämpfe, andere verweisen demgegenüber auf Anzeichen für eine neue Kultur des solidarischen Miteinanders in der Gesellschaft. Die Kernfrage ist, ob in einer Gesellschaft, die durch zunehmende Singularisierungs- und Individualisierungstendenzen bestimmt ist, künftig Gemeinschaftswerte wie Freundschaft, Nachbarschaft, Familie nicht mehr zählen oder ob nicht im Gegenteil gerade der neue Individualismus die Chance bietet, Hilfe und Solidarität nicht nur aus Pflichtgefühl, sondern aus freien Stücken anzubieten. Vieles spricht dafür, dass wir die Chance zu einer Reaktivierung, eventuell sogar zu einer Renaissance solidarischer Werte und solidarischen Handelns tatsächlich haben. Ich denke hier beispielsweise an die ermutigenden neuen Forschungsergebnisse zur Generationensolidarität, die wir vorliegen haben. Danach ist es um die Generationensolidarität in Deutschland wesentlich besser bestellt als dies häufig in den Medien vermittelt wird.

Alltagsfragen. Diese Solidarität steht auf einem guten Boden. 92 Prozent aller Befragten würden Angehörigen Hilfe leisten, auch wenn man die Angehörigen nicht immer besonders mag. In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf folgenden Aspekt hinweisen: Der wachsende Anteil der Älteren in unserer Gesellschaft wird ihnen in Zukunft die politische Mehrheit verschaffen. Die Älteren werden künftig eine ihrer Lebenslage angemessene stärkere Altenorientierung des politischen Denkens und Handelns erwarten. Mit ihrer Mehrheit könnten sie dies gegebenenfalls auch durchsetzen. Wir brauchen daher eine Balance zwischen Altenorientierung und Nachwuchsorientierung der Politik. Wir brauchen eine solche Balance aber ebenso bei der Vermittlung des Bildes, das die Medien von unserer Gesellschaft zeichnen. Denn die Älteren werden die Erwartungen, die sie an die Politik haben, auch an ihr Erscheinungsbild in den Medien haben. Eine Untersuchung der unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen in Kiel hat 1994 belegt, dass die älteren Menschen immer seltener in den elektronischen Medien vorkommen. Und wenn ältere Menschen im Fernsehen gezeigt werden, dann sind es vor allem Männer. Ältere Frauen sind, obwohl sie deutlich in der Mehrzahl sind, nur marginal vertreten. Auf diesem Kongress wird eine neue Studie des WDR zur Präsenz älterer Menschen im Fernsehen vorgestellt (siehe Seite 110). Ich bin gespannt auf diese neuen Daten.

„Ich bin eine Befürworterin von Alt und Jung unterstützen sich auf vielfältige Weise. Ältere geben Kindern und Enkelkindern primär finanzielle Unterstützung. Ältere erhalten von Kindern und Enkelkindern in der Regel praktische Hilfe oder auch emotionale Unterstützung, Rat bei

Sendungen für Ältere“ Lassen Sie mich eine andere Frage ansprechen, die auf diesem Kongress auch eine Rolle spielen wird. Das ist die Frage, ob es sinnvoll und erforderlich

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Begrüßung

ist, spezielle Sendungen in die Programme aufzunehmen, die das Informations- und Unterhaltungsbedürfnis älterer Menschen gezielt befriedigen. Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bin eine Befürworterin von Sendungen für Ältere. Zum einen, weil ich denke, dass den spezifischen Informationsbedürfnissen der größer werdenden Gruppe der Älteren angemessen Rechnung getragen werden sollte. Und zum anderen, weil gerade den Älteren, die nicht von Kindesbeinen an gelernt haben, sich in der heutigen Medienflut zurechtzufinden, eigene Angebote eine wichtige Orientierungshilfe sind. So bietet der WDR seit langem sowohl im Bereich Hörfunk wie im Fernsehen spezifische Sendungen für Ältere an: „In unserem Alter“ mit Gretel Rieber (siehe Seite 171) und „Addi’s Stunde“ (siehe Seite 127) erfreuen sich großer Beliebtheit. Genauso gefällt mir, wie z. B. der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg mit seiner Sendung „Aktiv“ (siehe Seite 129) vorgeht und seit einer Reihe von Jahren Themen anspricht, die ältere Menschen besonders interessieren. Nach Auswertung einer Umfrage des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA), die uns Herr Nakielski gleich noch genauer vorstellen wird, wissen wir, dass ORB und WDR inzwischen nicht allein dastehen. Spezielle Sendungen bzw. Programmwellen bieten fünf öffentlich-rechtliche und zwei private Fernsehanstalten, elf Bürgerfunk- und Offene-Kanal-Initiativen sowie sechs öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (siehe Seite 22 ff.). Bei den Sendungen handelt es sich zumeist um einen Mix aus Ratgebern zu Gesundheit, Rentenfragen und Unterhaltung; ein Mix also, der offensichtlich sein Publikum besonders gut erreicht. Ich würde es jedenfalls für richtig halten, wenn sich auch diejenigen, die bisher solchen Sendungen noch skeptisch gegenüberstehen, überzeugen ließen und ihr Augenmerk zukünftig noch stärker auf die Gruppe der Älteren lenken. Dabei bin ich mir darüber im Klaren, dass die Frage nach spezifischen Seniorensendungen keineswegs einhellig beantwortet wird.

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Manche sprechen von Ghettoisierung, wenn es um spezielle Sendungen für die ältere Generation geht. Wie aber ist es dann mit speziellen Jugendsendungen? Hier ist mir dieses Argument noch nicht begegnet. Gerade die öffentlich-rechtlichen Anstalten verfolgen entsprechend ihrem Programmauftrag einen generationenübergreifenden Ansatz. Dies muss aber doch keineswegs Sendungen für spezielle Zielund Altersgruppen widersprechen. Ich denke, das dies ein Bereich ist, bei dem noch Nachholbedarf besteht. Sie als Vertreterinnen und Vertreter der Medien können realistische Altersbilder mitprägen, mitgestalten und in die Köpfe der Zuschauerinnen und Zuschauer, der Hörerinnen und Hörer, projizieren. Dabei sind wir uns alle, denke ich, darüber im Klaren, dass Menschen, bei dem was sie tun, ihre eigene Subjektivität nicht ausschließen können und folglich ihre Wertungen einfließen in das Ergebnis ihrer Arbeit. Was der eine als positiv empfindet, ist für den nächsten negativ besetzt. Weil aber Objektivität nicht möglich ist, ist Pluralität umso wichtiger. Ich bitte Sie daher herzlich, von diesem Kongress vielfältige Anregungen für Ihr eigenes Altersbild und Ihre eigene Arbeit über das Alter und Altern mitzunehmen und einfließen zu lassen in Ihr weiteres Wirken. Ich freue mich, dass allein die Tatsache, dass dieser Kongress stattfindet, bei einer Reihe von Medienanstalten zu Konsequenzen geführt und eine intensivere Berichterstattung über ältere Menschen zur Folge hatte und hat. Es ist wichtig, dass dies nicht ein einmaliger Impuls bleibt, sondern dass hier dauerhaft Veränderungen greifen. Denken Sie daran: Früher oder später werden auch Sie einmal alt werden. Damit Sie sich dann nicht über ein verzerrtes Altersbild in den Medien ärgern, sollten Sie schon heute dazu beitragen, ein adäquates Bild der älteren Menschen in unserer Gesellschaft zu vermitteln.

Rede von Ministerin Birgit Fischer

„Medienkompetenz älterer Menschen stärken“ Rede der Ministerin für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen, Birgit Fischer, am 29. Oktober 1999 (2. Kongresstag) Ich begrüße Sie sehr herzlich zum zweiten Tag des Internationalen Medienkongresses hier im Kölner Dorint-Hotel. Ich hoffe, dass Sie gestern bereits wichtige Erkenntnisse mitnehmen konnten und dass Sie noch ein wenig Gelegenheit hatten, die Stadt Köln kennen zu lernen. Mein besonderer Dank gilt heute dem Kuratorium Deutsche Altershilfe, das die Idee zu diesem Kongress hatte und sie – wie ich meine – hervorragend umgesetzt hat. Danken möchte ich auch dem Westdeutschen Rundfunk, der sich hier so engagiert beteiligt. Allein daran wird deutlich: Der WDR hat das Thema „Ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen“ als Zukunftsthema erkannt.

Ministerin Birgit Fischer.

Die Vereinten Nationen haben das Internationale Jahr der Senioren unter das Motto gestellt: „Eine Gesellschaft für alle Lebensalter.“ Alle Staaten sind aufgefordert, sich den Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft zu stellen.

Deshalb freue ich mich, dass an diesem Kongress auch so viele Gäste aus dem Ausland teilnehmen. Ich möchte Sie ebenfalls an dieser Stelle recht herzlich hier in Nordrhein-Westfalen willkommen heißen.

Dabei ist für die Vereinten Nationen eine solidarische Gesellschaft für Seniorinnen und Senioren das Ziel.

Ich begrüße es sehr, dass wir gemeinsam das Internationale Jahr der Senioren zum Anlass nehmen, die Situation und Präsenz der älteren Generation in den Medien zu beleuchten.

Es geht um • die gesellschaftliche und politische Teilhabe älterer Menschen, und • es geht um Selbstbestimmung und den Erhalt menschlicher Würde – unabhängig vom Alter. Das Internationale Jahr der Senioren bietet die Möglichkeit, unser eigenes Handeln entlang dieser Leitlinie zu überprüfen und dabei auch von den seniorenpolitischen Entwicklungen in anderen Ländern zu lernen.

Denn: Ältere Menschen haben ein Recht darauf, sich in den Medien angemessen wiederzufinden. Und die Medien haben umgekehrt die Pflicht, ältere Menschen und ihre Bedürfnisse und Wünsche entsprechend ernst zu nehmen. Dass dies in den letzten Jahren etwas kurz gekommen ist, muss ich, glaube ich, nicht näher erläutern. Sie haben gestern sehr intensiv darüber diskutiert. Ich möchte deshalb die Aufmerksamkeit auf einen Aspekt lenken, der auch Thema eines der heutigen

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Begrüßung

Workshops ist. Es geht um die aktive Beschäftigung mit den Medien, um den Wechsel von der Konsumentenrolle in die Rolle des Gestalters und Produzenten, kurz: Es geht um das Selbermachen.

Seniorenpolitik stärkt Menschen in ihrer Selbstständigkeit Gerade wenn wir über und mit älteren Menschen reden, ist dies ein Aspekt, der weit über die Medienpolitik hinausgeht. Für uns in Nordrhein-Westfalen bedeutet Seniorenpolitik gerade nicht, an Stelle älterer Menschen zu handeln, sondern im Gegenteil die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ältere Menschen ihr Leben möglichst lange aktiv, selbstbestimmt und eigenverantwortlich gestalten können. Wir wollen nicht, dass ältere Menschen zum Objekt von Fürsorge werden, sondern wir wollen sie in ihrer Selbstständigkeit stärken. Denn die Zeiten, in denen Altsein gleichbedeutend war mit Ausgeschlossensein, sind vorbei. Sie entsprechen heute nicht mehr der Lebenswirklichkeit. • Neues ausprobieren, • Veränderungen wagen und • sich weiterentwickeln sind längst nicht mehr Privileg nur der jüngeren Menschen. Immer mehr Ältere nehmen heute wie selbstverständlich für sich und ihre Generation in Anspruch, neue Wege zu gehen, ihren Alltag aktiv zu gestalten und mitzuwirken bei gesellschaftlichen Fragen. So ist beispielsweise allein in NordrheinWestfalen die Zahl der Selbsthilfegruppen von Seniorinnen und Senioren von 850 im Jahre 1992 auf heute rund 2.050 gestiegen. Allein diese Entwicklung zeigt: Ältere Menschen nehmen die Gestaltung ihres Lebens in die eigene Hand. Allerdings: Sie sind angewiesen auf Rahmenbedingungen, die ihnen dieses Engagement auch tatsächlich ermöglichen und sie auch ein Stück weit dazu ermutigen. Dies gilt erst recht, in den Lebensfel-

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dern, die wie die Medien- und Kommunikationswelt durch komplizierte Strukturen und rasanten technologischen Fortschritt geprägt sind. Angesichts dessen über Eigenproduktionen von Bürgerinnen und Bürgern in Hörfunk und Fernsehen zu reden, erst recht von älteren Menschen, scheint ein besonderes Wagnis zu sein. Allerdings: In Nordrhein-Westfalen haben wir unter Beweis gestellt, dass sich hoch technisierte Medienwelt und aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger nicht ausschließen müssen – im Gegenteil. Vor dem Hintergrund der nordrhein-westfälischen Erfahrungen sind dabei aus meiner Sicht zwei Dinge entscheidend: Erstens: Der rechtliche und organisatorische Rahmen muss klar abgesteckt sein, und zweitens müssen die Menschen die Möglichkeit haben, Medienkompetenz zu erwerben.

Voraussetzungen für Medienpartizipation Den rechtlichen Rahmen haben wir in NordrheinWestfalen mit dem Rundfunkgesetz abgesteckt. 1990 begann bei uns das Zeitalter des Lokalfunks. Das Konzept für den Lokalfunk wies von vornherein zwei Besonderheiten auf, die in der bundesdeutschen Medienlandschaft einmalig und für die Medienpartizipation der Bürgerinnen und Bürger entscheidend sind. • Zwei-Säulen-Modell Die erste Besonderheit ist unser so genanntes ZweiSäulen-Modell: Es sieht vor, dass die wirtschaftliche und programmatische Verantwortung im Lokalfunk klar voneinander getrennt sind. Jeder Sender besteht aus zwei rechtlich selbstständigen Einrichtungen. Zum einen ist dies die nicht-kommerzielle Veranstaltergemeinschaft, die am Gemeinwohl orientiert

Rede von Ministerin Birgit Fischer

ist. Hier sind alle maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppen am Ort vertreten (Kirchen, Sport-, Jugendverbände etc.). Die Veranstaltergemeinschaft ist für das Programm allein verantwortlich. Die zweite Säule ist die so genannte Betriebsgesellschaft, die die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stellt und gewinnorientiert arbeitet. Einen Einfluss auf die Programmgestaltung hat diese Betriebsgesellschaft nicht. • Bürgerfunk Gerade Letzteres ist von erheblicher Bedeutung für die zweite nordrhein-westfälische Besonderheit des Lokalfunks: Das ist der Bürgerfunk. Unsere Lokalradios sind gesetzlich verpflichtet, 15 Prozent ihrer täglichen Sendezeit (max. zwei Stunden) Bürgerinnen und Bürgern für selbst gestaltete Beiträge zur Verfügung zu stellen. Das heißt: Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, dass die von ihnen hergestellten Programme im Bürgerfunk ihres Lokalradios auch ausgestrahlt werden. Dieses Modell für die Bürgerbeteiligung an Medien ist in der Bundesrepublik einzigartig und wird von den Bürgerinnen und Bürgern hervorragend angenommen. Seit Bestehen des Bürgerfunks ist die zur Verfügung gestellte Sendezeit kontinuierlich gestiegen, und

zwar allein zwischen 1997 und 1998 von 15.200 auf 16.300 gesendeten Stunden. Das heißt: In Nordrhein-Westfalen werden von den 46 Lokalsendern täglich fast 45 Stunden Bürgerfunk ausgestrahlt. • Medienkompetenz Die rechtlichen Voraussetzungen für Medienpartizipation zu schaffen ist die eine Seite. Mindestens genauso wichtig ist jedoch die Medienkompetenz, denn niemand ist als Rundfunkreporter oder Fernsehmacherin geboren. Bürgerfunkgruppen brauchen Beratung und Unterstützung. Sie brauchen kompetente Menschen, die ihnen helfen, ihre Themen und Anliegen mediengerecht zu gestalten. Im Bereich des Rundfunks bieten in NRW mittlerweile 165 so genannte Radiowerkstätten Hilfe und Unterstützung an. Die Radiowerkstätten, die in allen Sendegebieten des Lokalfunks vorhanden sind, sind die Produktionsorte des Bürgerfunks. Sie stellen die Technik, und sie beraten bei der Produktion der Beiträge. Darüber hinaus bieten einige Werkstätten Qualifizierungs- und Trainingsprogramme rund um die Radioproduktion an: Das geht vom „Radio-Schnupperkurs“ bis zum ausgefeilten Moderationstraining.

Große Resonanz für Bürgerfunk und Bürgerfernsehen – auch bei Senioren

Ministerin Birgit Fischer auf dem Kongress.

Dank dieser guten Infrastruktur ist es heute für Schulklassen, Jugendgruppen, Naturverbände, Frauengruppen und insbesondere auch für Seniorinnen und Senioren vielfach selbstverständlich geworden, einen Radio- oder Fernsehbeitrag zu erstellen, um so auf ihre speziellen Anliegen und Themen aufmerksam zu machen. Dabei zeichnet sich vor allem das von Senioren gestaltete Radio- und Fernsehprogramm durch seine besondere Vielfalt aus. Dazu gehören altersspezifische Themen wie das Portrait einer Seniorengruppe oder einer Alten-

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Begrüßung

einrichtung oder auch Tipps zur Ernährung im Alter. Dazu gehören aber auch generationenübergreifende Themen wie Zukunftsforum Lokale Agenda 21, das Thema Aids oder die Auseinandersetzung mit aktuellen kommunalpolitischen Themen. Der Bericht über ein Frauenberatungszentrum fehlt genauso wenig wie die literarische Sendung über Berthold Brecht. Eine Bürgerfunkgruppe mit dem schönen Namen „Spätlese“ beschrieb ihr Engagement wie folgt: „Die Gruppenarbeit macht Freude, gibt gegenseitige Anregung und fördert das Gemeinschaftsgefühl. Die Beschäftigung mit schwierigen Themen ist für uns Herausforderung und Bereicherung zugleich.“ Für mich ist dieses Engagement darüber hinaus Ausdruck der hohen Bereitschaft von Seniorinnen und Senioren, sich mit eigenen und gesellschaftlichen Belangen kreativ auseinander zu setzen, ihre eigene Sicht zu finden – und: diese Sicht auch öffentlich zu äußern, sich zu beteiligen und sich einzumischen. Die Themen, die von den Seniorinnen und Senioren bearbeitet werden, geben zudem deutliche Hinweise auf ihre Wünsche und Bedürfnisse. Und, meine Damen und Herren, hier kann mancher Profi noch so einiges lernen. An erster Stelle steht der berechtigte Anspruch, integriertes Mitglied unserer Gesellschaft zu sein. Es geht um aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in seiner gesamten Breite und nicht in irgendwelchen Nischen. Und es geht darum, das Generationenverständnis zu stärken. Gerade hier bieten der Bürgerfunk und das Bürgerfernsehen, aber auch darüber hinaus, zahlreiche Chancen und Möglichkeiten, die wir bewusster wahrnehmen und entschlossener nutzen sollten.

Zusammenarbeit zu fördern. Denn sie haben eine Schnittstelle, die, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise, Jung und Alt verbindet: Das ist die Technik. Junge Menschen sind häufig fasziniert von ihr, lernen sie fast spielerisch nebenbei, während ältere Menschen ihr teils fasziniert, teils abgeschreckt, zumindest aber unsicher gegenüberstehen. Wobei ich zugebe, dass das Alter hier sehr relativ ist. Selbst 30- oder 40-Jährige fühlen sich angesichts der Geschwindigkeit technischer Neuerungen manchmal schon sehr alt. Im Bereich von Bürgerfunk und Bürgerfernsehen funktioniert diese generationenübergreifende Zusammenarbeit häufig sehr gut. Es gibt mittlerweile zahlreiche Projekte oder Sendungen, die z. B. von Jugend- und Seniorengruppen gemeinsam durchgeführt werden. Eindeutigen Nachholbedarf sehe ich allerdings bei der Nutzung der neuen Medien durch Seniorinnen und Senioren. Die Beschäftigung mit modernen Informationsund Kommunikationstechnologien durch ältere Menschen ist nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch für die meisten älteren Menschen noch alles andere als selbstverständlich. Wenn wir über „Medienkompetenz“ reden, dann meinen wir zumeist die „Medienkompetenz“ junger Menschen und Menschen in mittlerem Alter, die auf die Anforderungen der Informationsgesellschaft vorbereitet werden sollen. Ältere Menschen kommen in dieser Diskussion bestenfalls am Rande vor, sie drohen, auf dem Weg in die Informationsgesellschaft verloren zu gehen. Eine solche Entwicklung wäre gleich dreifach verhängnisvoll:

Neue Medien und Senioren Hörfunk, Fernsehen und neue Kommunikationstechnologien wie z. B. das Internet sind hervorragend geeignet, um die generationenübergreifende

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• Ohne Zugang zu den neuen Informations- und Kommunikationstechniken werden ältere Menschen von gesellschaftlichen Kommunikationswegen abgeschnitten und sozial isoliert;

Rede von Ministerin Birgit Fischer

• die mangelnde „Medienkompetenz“ verschließt die Potenziale einer raum- und zeitungebundenen Kommunikation, die für ältere Menschen von besonderem Wert sein können; • die fehlende Vertrautheit mit den neuen Techniken wird die Akzeptanz von Multimedia-Anwendungen in der Betreuung und medizinischen Versorgung älterer Menschen erschweren. Gleichwohl wissen wir aus den Erfahrungen mit dem Bürgerfunk, dass das Interesse älterer Menschen, sich Medienkompetenz anzueignen, sehr hoch ist, ohne dass dem ausreichende und passende Angebote gegenüberstehen. Die Landesregierung hat daraus Konsequenzen gezogen und fördert Initiativen, die versuchen, Zugangsbarrieren für Ältere zu den Informations- und Kommunikationstechnologien abzubauen. Seit Sommer dieses Jahres fördert das Land NRW darüber hinaus das Medienkompetenzzentrum für Seniorinnen und Senioren in Münster. Unser wesentliches Anliegen ist es, ältere Menschen an die aktive und kreative Nutzung der neuen Medien heranzuführen und ihnen mögliche Gestaltungsräume und Partizipationswege aufzuzeigen und anzubieten. Dabei verfolgt das Projekt der aktivierenden Medienarbeit mit älteren Menschen im Medienkompetenzzentrum verschiedene Ziele: • Medieninhalte, Darstellungsformen und die eigene Mediennutzung sollen kritisch beleuchtet werden; • Themen und deren mediale Umsetzung sollen aus Sicht älterer Menschen bearbeitet werden; • und schließlich soll die Nutzung dieser Medien neue Möglichkeiten der Selbstdarstellung erschließen, die soziale Integration erhöhen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichern. Die generationenübergreifende Zusammenarbeit nimmt dabei einen besonderen Stellenwert ein. Um einen Austausch zwischen den Generationen zu gewährleisten, wird Seniorinnen und Senioren die Le-

benswelt von Kindern und Jugendlichen und umgekehrt nahe gebracht. Denn wir wissen: Die Kluft zwischen Jung und Alt entsteht häufig nur auf Grund von Unverständnis und Ablehnung der jeweils anderen Lebenswelt. Generationenübergreifende Medienarbeit kann hier beiden Seiten viel Neues bringen. Darüber hinaus wird beim Medienzentrum die Multiplikatorenschulung eine große Rolle einnehmen. Denn wir wissen, dass Senioren die besten Vorbilder für andere Senioren sind, sich mit den neuen Medien auseinander zu setzen. Natürliche Hemmungen, wie „dafür bin ich zu alt“ oder die bereits erwähnte Angst vor der Technik können so leichter abgebaut werden. Aus diesem Grund werden Senioren auch zu Kursleiterinnen und Kursleitern geschult. Diese Aktivitäten werden darüber hinaus auch Einfluss haben auf die Darstellung der Seniorinnen und Senioren in den Medien. Das Bild, das hier oftmals gezeichnet wird, entspricht nämlich noch lange nicht dem einer aktiven Seniorengeneration, die mitten in der Gesellschaft steht. Das ist aber die Wirklichkeit. Ich erhoffe mir von diesem Projekt, dass die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung der älteren Generation weiter gestärkt wird, dass der Austausch und die Solidarität der Generationen untereinander gefördert und die gesellschaftliche Integration unterstützt wird. Nach den Erfahrungen, die wir in NRW bisher mit den klassischen, aber auch den neuen Medien gemacht haben, bin ich davon überzeugt, dass wir hier ein wichtiges Instrument besitzen, um die gesellschaftliche und politische Teilhabe älterer Menschen zu sichern – ganz im Sinne der Ziele des Internationalen Jahres der Senioren. Ihnen allen wünsche ich noch einen spannenden und aufschlussreichen Tag hier in Köln, und ich hoffe, dass Sie am Ende dieses zweitägigen Kongresses mit vielen neuen Ideen nach Hause fahren, die dann ganz schnell umgesetzt werden.

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Kongress-Impressionen

Zahlreiche Filmbeispiele zum Thema „Alter“ wurden während des Kongresses gezeigt.

Viele Kongressteilnehmer nutzten die Kopfhörer, über die sie die simultan übersetzten Vorträge und Diskussionen verfolgen konnten.

Rund 200 Teilnehmer kamen zum Internationalen Medienkongress.

Zwischenfrage eines interessierten Teilnehmers aus dem Publikum.

Der Organisationsbeauftragte Volker Kowitz in Aktion.

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Aufmerksame Zuhörer.

Kongress-Impressionen

Auch viele jüngere Medienschaffende beteiligten sich an den Diskussionen. Journalisten von TV, Hörfunk und Presse führten zahlreiche Interviews mit Kongressteilnehmern – hier mit Bundesseniorenministerin Dr. Bergmann.

Zum Auftakt des Kongresses gab der WDR einen Empfang im Schatten der Domtürme.

Simultan-Dolmetscher übersetzten alle Wortbeiträge deutsch, englisch und französisch.

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Einführung

Vorurteile und Fakten zum Alter(n) Klaus Großjohann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) und Dr. Hans-Peter Tews, Stiftung Rehabilitation Heidelberg (SRH-Gruppe) und KDA-Kurator

Dr. Hans-Peter Tews.

Unter den zahlreichen Vorurteilen, die gegenüber älteren Menschen in der Gesellschaft bestehen, griffen Großjohann und Tews neun heraus. Klaus Großjohann.

Vorurteil 1:

Alte Menschen sind arm! Das Altersbild wird in Deutschland häufig von Vorurteilen bestimmt, die teilweise auch durch die Medien verbreitet werden. Nicht selten sind die veröffentlichten Fakten zum Alter(n) veraltet oder sogar falsch. In einem Dialog versuchten deshalb der Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA), Klaus Großjohann, und der KDA-Kurator und ehemalige Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie, Dr. HansPeter Tews, mit einigen gängigen Vorurteilen aufzuräumen. Bei ihrem Dialog-Vortrag bezogen sie sich u. a. auf die Berliner Altersstudie, in der 1990 bis 1993 eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern über 500 Frauen und Männer aus Berlin zwischen 70 und 104 Jahren untersucht hat.*

* Mayer, K. U. / Baltes, P. B. (Hrsg.): Die Berliner Altersstudie. Akademie Verlag GmbH, Berlin 1996

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Fakt ist: Sie sind zumeist nicht arm, aber sie sind

auch nicht reich. Sie haben zum Glück an der Wohlstandsentwicklung teilgenommen, was ein großer Erfolg unseres Sozialsystems ist. Ältere Männer haben allerdings gegenüber den gleichaltrigen Frauen ein eindeutig höheres Einkommen. Über die geringsten Einkommen verfügen Frauen ab 85. Vorurteil 2:

Ältere Personen sind überwiegend pflegebedürftig! Fakt ist: Mit zunehmendem Alter nimmt zwar die

Pflegebedürftigkeit zu, aber sie liegt sogar bei Menschen, die älter als 90 Jahre sind, erst bei rund 25 Prozent. Insgesamt sind nur 8 Prozent der über 60Jährigen Leistungsempfänger der Pflegeversicherung. Vorurteil 3:

Viele ältere Menschen leben im Heim!

Vorurteile und Fakten zum Alter(n)

Bei Straßenumfragen vermuteten die Befragten oft, dass bis zur Hälfte aller Älteren in Heimen wohnen. Sogar bei Umfragen unter Sozialarbeitern lagen die Schätzungen zwischen 15 und 40 Prozent. Fakt ist: Der letzte Altenbericht zum Thema Wohnen im Alter zeigt die Realität. 93 Prozent der Älteren wohnen in normalen Wohnungen. Demgegenüber leben in Heimen nur 5,3 Prozent der über 65Jährigen, in Altenwohnungen nur 1,6 Prozent. Vorurteil 4:

Ältere Menschen sind krank! Fakt ist: Hier muss man unterscheiden zwischen

dem subjektiven und dem objektiven Gesundheitszustand. Orientiert man sich an den Diagnosen, die möglich sind, kommt man zu dem Ergebnis, dass 33 Prozent der über 70-Jährigen mindestens eine ernsthafte oder lebensbedrohliche Erkrankung haben. Das heißt, sie sind schon relativ häufig krank. Wichtiger ist jedoch der subjektive Gesundheitszustand. Über zwei Drittel der Älteren empfindet den eigenen Gesundheitszustand sehr gut bis befriedigend. Nur 14 Prozent empfinden ihn als mangelhaft. Vorurteil 5:

würde. Circa 17 Prozent der über 70-Jährigen haben kognitive Störungen im pathologischen Sinne. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Altersdemenz eine der größten und schwierigsten Herausforderungen für die Zukunft darstellt. Vorurteil 7:

Alte Menschen beschäftigen sich nur mit ihrer Vergangenheit und nicht mit ihrer Gegenwart oder Zukunft! Fakt ist: 40 Prozent der über 70-Jährigen geben an, dass sie am meisten über die Gegenwart nachdenken, 30 Prozent berichten vor allem von Gedanken über die Vergangenheit und 25 Prozent machen sich überwiegend Gedanken über die Zukunft. Vorurteil 8:

Ältere Menschen können nichts Neues mehr lernen. Fakt ist: Diese Behauptung ist falsch. Wenn sie

nicht unter Demenz leiden, dann sind sie bis ins hohe Alter lernfähig. Vorurteil 9:

Alte Menschen haben keine ausgeprägten Lebensziele mehr!

Ältere Menschen leiden unter Depressionen! Fakt ist: 94 Prozent der an der Berliner AltersstuFakt ist: Diese Behauptung ist falsch. Es wird so-

gar schnell unterstellt, dass Depressionen nicht nur im höheren Alter, sondern auch mit zunehmendem Alter häufiger auftreten. In Wirklichkeit unterscheidet sich die Häufigkeit der depressiven Erkrankungen zwischen den Altersgruppen der 70bis 100-Jährigen statistisch nicht signifikant voneinander. Vorurteil 6:

Ab 70 aufwärts lässt die geistige Leistungsfähigkeit nach! Fakt ist: Der altersbedingte Rückgang der geistigen

Leistungsfähigkeit ist nicht so groß, dass er bei den meisten Älteren pathologische Werte aufweisen

die beteiligten über 70-jährigen Personen entwarfen Zukunftsszenarien, die ein breites Spektrum an Bereichen und Lebenszielen abdeckten.

Klaus Großjohann betonte abschließend: Auch bei diesen Tatsachen, die die Situation der älteren Menschen ins richtige Licht setzten, dürfte man nicht den kleinen Prozentsatz der älteren Menschen vergessen, die unsere besondere Aufmerksamkeit, unsere besondere Fürsorge und unseren besonderen Schutz benötigten. Diese prozentual zwar kleine, jedoch zahlenmäßig immer noch große Gruppe dürfe man auch in den Medien keinesfalls aus den Augen verlieren.

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KDA-Umfrage

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen Ergebnisse einer Umfrage des Kuratoriums Deutsche Altershilfe In Vorbereitung des internationalen Medienkongresses „Überhört und übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ hat das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in Zusammenarbeit mit der Firma Projektmanagement & InformationsDienste (PID) im Frühjahr 1999 eine Umfrage bei in- und ausländischen Sendern durchgeführt.

sammenfassung der Umfrage-Ergebnisse. Einige der Sendungen für Ältere, die in dieser Erhebung aus dem Frühjahr 1999 aufgeführt sind, wurden allerdings Ende 1999 /Anfang 2000 eingestellt, andere neue Sendungen für Senioren kamen inzwischen hinzu (siehe dazu auch Seiten 197 und 133).

Vorrangiges Ziel der Erhebung, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wurde, war es festzustellen, • welche Sender spezielle Programme und Sendungen für Ältere anbieten; • um welche Art von Sendungen es sich handelt; • aus welchen Gründen Sender keine Sendungen für ältere Menschen anbieten; • welche speziellen Angebote für Seh- und Hörbehinderte bestehen (siehe dazu auch S. 134 ff.). Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage wurden von Hans Nakielski, Leiter der Abteilung Information und Öffentlichkeitsarbeit im KDA, auf dem Medienkongress in Kurzform vorgestellt. Hier veröffentlichen wir eine etwas längere schriftliche Zu-

Hans Nakielski (rechts) bei der Präsentation der Ergebnisse der KDA-Umfrage.

Befragte Sender und Methodik der Umfrage Befragt wurden 15 öffentlich-rechtliche Sender in Deutschland, 107 private Hörfunk- und Fernsehsender in Deutschland, 71 Bürgerfunk- und Offener-Kanal-Initiativen in Nordrhein-Westfalen (NRW) und 64 ausländische – mehrheitlich staatliche – Hörfunk- und Fernsehsender. Die Beurteilung, ob und welche Sendungen oder Programme für ältere Menschen konzipiert sind, wurde bewusst den befragten Sendern überlassen. Das KDA gab bei der Befragung weder Altersangaben für die Zielgruppe noch inhaltliche oder the-

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matische Vorgaben für die Einstufung als „Seniorensendung“ vor. Die Kontaktaufnahme mit den Sendern verlief zunächst telefonisch bzw. per E-Mail. In einem zweiten Schritt wurden den Abteilungen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bzw. für Unternehmenskommunikation oder den Chefredaktionen der Sender zwei Fragebögen zugesandt: • Fragebogen A für die Programmverantwortlichen, • Fragebogen B für die zuständigen Redaktionen von Seniorensendungen.

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Die Rücklaufquote der Fragebogen betrug • bei den öffentlich-rechtlichen Sendern 100 Prozent; • bei den privaten Sendern 50 Prozent; • bei Bürgerfunk und Offener Kanal in NRW 57 Prozent; • bei den ausländischen Sendern 47 Prozent.

Vier Antwortgruppen Anhand der ausgefüllten Fragebögen lassen sich vier Antwortgruppen festlegen: • Zielgruppe 50 + Spezielle Sendungen bzw. Programmwellen für alte Menschen bieten nur fünf öffentlich-rechtliche und drei der privaten Sendeanstalten in Deutschland, elf Bürgerfunk- und Offener-Kanal-Initiativen in NRW sowie sechs befragte staatliche Rundfunkanstalten und fünf private Sender im Ausland an. Bei den Sendungen handelt es sich zumeist um einen Mix aus Ratgebern zu Gesundheit, Rentenfragen und Unterhaltung. Viele dieser Sendungen haben auch einen starken Regionalbezug und bringen Erzähl-Beiträge (Lebenserinnerungen und Biografien) von Älteren. Eine Ausnahme bildet der SüdwestRundfunk (SWR). Im Rahmen einer Langzeitdokumentation „Das 3. Leben“ beobachtet der Sender seit 1993 – mit wissenschaftlicher Begleitung – wie sich das Leben von insgesamt 30 Älteren nach ihrem Ausscheiden aus dem Beruf entwickelt (hat). Bisher sind 29 Folgen dieser beispielhaften Langzeitdokumentation gesendet worden (siehe auch Seite 153). Als spezielle Programmwelle für ältere Menschen ist vor allem „Radio Bleue“ (Radio France) zu nennen, das ein 24-Stunden-Programm für Hörer ab 50 Jahre produziert (siehe auch S. 182). • Programme für Jung und Alt Alle öffentlich-rechtlichen Sender gaben an, einen generationenübergreifenden Ansatz zu vertreten, der sich aus ihrem Programmauftrag ergäbe. Ein weiteres Argument für diesen Ansatz war das Ergebnis der Studie „Ältere Menschen und Medien“ der ARD / ZDF-Medienkommission von 1988. Danach wünschten sich 53 Prozent der befragten Äl-

teren keine speziellen Senioren-Sendungen. Bei den generationenübergreifenden Programmen ist zwischen zwei Gruppen zu unterscheiden: Erstens den Sendern, die „bewusst“ diesen Ansatz verfolgen und sowohl das Thema „Alter“ als auch die Interessen von alten Menschen und deren (realistische) Darstellung in den Programmen berücksichtigen. Und zweitens denjenigen Sendern, die auf Grund des hohen Durchschnittsalters ihrer Hörer angaben, ein generationenübergreifendes Programm anzubieten. Diese korrespondieren eng mit der Antwortgruppe 3. Als Beispiele für die erstgenannte Gruppe sind N3 Fernsehen oder NDR 1 Hörfunk zu nennen. Bei den ausländischen Sendeanstalten ist insbesondere die BBC (Großbritannien) hervorzuheben, die ebenfalls ein generationenübergreifendes Programm anbietet, darüber hinaus aber einen Kodex verabschiedet hat, der sich gegen die Diskriminierung von alten Menschen, aber auch Frauen oder Ethnien in Sendungen der BBC richtet. • Nicht eingeladen, aber dennoch willkommen Hier handelt es sich um Hörfunk- oder Fernsehsender, deren Programm nicht explizit generationenübergreifend konzipiert wurde, die aber dennoch für einzelne Sendungen einen besonders hohen Zuschauer- bzw. Zuhöreranteil älterer Menschen aufweisen. Dazu zählen beispielsweise Talk- bzw. Fernseh-Shows (z. B. Hans Meiser, RTL)*, Comedy (z. B. FC de Kamionen, VRT, Belgien), Gesundheitsratgebersendungen und Fernsehserien. • 50 +? Nächste Tür! Sendeanstalten, deren Zielgruppe unter 50, 40 Jahre oder noch jünger ist und deren Programme nicht bzw. so gut wie überhaupt nicht von älteren Menschen gehört bzw. gesehen werden. Abgesehen von speziellen Jugend- und Kindersendern, handelt es sich hier in erster Linie um private Hörfunkanstalten, die auf Grund ihrer Musikfarbe nicht von älteren Konsumenten genutzt werden. * Vgl. Gajczyk, A. / Klingler, W. / Zöllner, O.: Fernsehverhalten älterer Menschen. In: Media Perspektiven 4/98, Frankfurt / Main

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KDA-Umfrage

ben“ – Fernsehen), Westdeutscher Rundfunk („Addi’s Stunde“ – Fernsehen, „In unserem Alter“ – Hörfunk) – spezielle Sendungen für ältere Menschen anbieten (siehe auch Seite 24 ff.).

1. Öffentlich-rechtliche Sender in Deutschland Insgesamt wurden zwölf öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten und 13 öffentlich-rechtliche Hörfunkanstalten angeschrieben. Der Rücklauf der Fragebögen ergab, dass fünf Sender – Bayerischer Rundfunk („Das Notizbuch“, „Über den Tag hinaus“ – beide Hörfunk), 3sat („Seniorenclub“ – Fernsehen), Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg („Aktiv“ – Fernsehen), Südwestrundfunk („Das 3. Le-

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Alle anderen Sender gaben an, keine Zielgruppensendungen für Ältere anzubieten, sondern einen generationenübergreifenden Ansatz zu verfolgen, der ihrem öffentlich-rechtlichen Programmauftrag entspräche. Hinzu kommt, dass man eine „Ghettoisierung“ älterer Menschen vermeiden will. Dies wird zum Teil mit dem Ergebnis der Studie „Ältere Menschen und Medien“ der ARD / ZDF-Medienkommission von 1988 begründet. Danach wünschten 53 Prozent der befragten Älteren keine besonderen Senioren-Programme. Bei den generationenübergreifenden Programmen ist wiederum zu unterscheiden zwischen denjenigen, die „bewusst“ diesen generationenübergreifenden Ansatz in speziellen Sendungen oder Programmwellen verfolgen (N3 Fernsehen, NDR 1 Hörfunk) und denjenigen, die auf Grund des Durchschnittsalters ihrer Hörer bzw. Zuschauer meinen, ein generationenübergreifendes Programm anzubieten.

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Hörfunksendungen, die speziell für ältere Zuhörer konzipiert wurden Bayerischer Rundfunk – Hörfunk (Bayern 2) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Familie, Dr. Hubert Fritz Mitarbeiterzahl: 1 fest angestellter, 10 –15 freie Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: 2 freie Mitarbeiter Durchschnittsalter: 30 – 40 Jahre Altersspanne: 25 – 75 Jahre

Sendebeginn: 1960 Sendezeit: 10.04 –11.00 Uhr Sendedauer: 56 Minuten Senderhythmus: 14-tägig

Zuhörerzahl: ca. 60.000 Alter: ab 60 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Das Notizbuch“

Sendeart: Magazin

Inhalt: Alle Themen von Wohnen im Alter, Tätigkeiten, Gesundheit, Ehrenamt, Pflege, Demenz, Sterben, Hospizbewegung

Bayerischer Rundfunk – Hörfunk (Bayern 2) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Familie, Dr. Hubert Fritz Mitarbeiterzahl: 1 fest Angestellter, 10 –15 freie Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: 2 freie Mitarbeiter Durchschnittsalter: 30 – 40 Jahre Altersspanne: 25 – 75 Jahre

Sendebeginn: als spezielle Biografie-Reihe seit 1989 Sendezeit: 19.00 –19.30 Uhr Sendedauer: 29 Minuten Senderhythmus: wöchentlich

Zuhörerzahl: ca. 30.000 Alter: ab 60 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Über den Tag hinaus“

Sendeart: Dokumentation

Inhalt: Biografien – ältere Menschen erzählen ihr Leben (Prominente und Unbekannte)

25

KDA-Umfrage

Westdeutscher Rundfunk – Hörfunk (WDR 4) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Gesellschaft, aktuell Gretel Rieber Mitarbeiterzahl: 1 fest Angestellter, 15 freie Autoren Älter als 60 Jahre: 1 fest Angestellter, 4 freie Mitarbeiter Durchschnittsalter: 40 – 50 Jahre Altersspanne: 28 – 63 Jahre

Sendebeginn: 1986 Sendezeit: 8.05 – 8.55 Uhr Sendedauer: 50 Minuten Senderhythmus: wöchentlich

Zuhörerzahl: ca. 2 Mio. Alter: ab ca. 50 Jahre

Werbeanteil: 1% Beworbene Produkte: Müsli, Alkoholika, Lotto, WDREigenwerbung

„In unserem Alter – Begegnungen und Informationen“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Dokumentation, Feature

Inhalt: Alle Lebensaspekte, die relevant sind für Menschen ab 50, z. B. Gesunderhaltung und Krankheit, Sterbebegleitung und Trauer, Pflege und Pflegeversicherung, Sozialversicherung, Rente, Wohngeld, Heime und Betreutes Wohnen, Wohngemeinschaften, Wohnungsanpassung, Sport und Ernährung, Reisen und Freizeit, Studium und Weiterbildung, PC und Internet, Werbung und Kaufkraft, Geld, Medien, Bücher, Arbeitsmarkt und Gewerkschaften, Religionen und Weltanschauungen, Toleranz gegenüber dem Fremden, Ausländer im Rentenalter, deutsche Geschichte und Aufarbeitung der Nazizeit, Lebenserinnerungen, Kino, Stars, Schlager, Kabarett, Theater der vergangenen Jahrzehnte und der Gegenwart, Politik von Älteren und für Ältere, neue Gesetze, Zukunftsvisionen im Hinblick auf den demographischen Wandel, internationale Kongresse, Tagungen, Begegnungen.

26

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Fernsehsendungen, die speziell für ältere Zuschauer konzipiert wurden Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg – Fernsehen Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Bildung / Wissenschaft / Ratgeber im Ressort Gesellschaft, Kultur und Familie; Siegwart Kluge, Wolfgang Tauscher Mitarbeiterzahl: 3 fest Angestellte, 3 freie Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: keiner Durchschnittsalter: 50 – 60 Jahre Altersspanne: 43 – 59 Jahre

Sendebeginn: 1992 Sendezeit: So. 19–19.30 Uhr Sendedauer: 30 Minuten Senderhythmus: 1 x pro Monat, Sommerpause Juli, August

Zuschauerzahl: ca. 50.000 Alter: ab ca. 50 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Aktiv“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Musik (in jeder Sendung Auftritt eines Gesangsinterpreten bzw. einer Musikgruppe

Inhalt: Lebenshilfe im weitesten Sinne: Gesundheit im Alter, altersgerechtes Wohnen, Seniorenreisen, Rentenfragen, Rechtsfragen

27

KDA-Umfrage

Südwestrundfunk – Fernsehen Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Kultur und Gesellschaft, Paul Schlecht Mitarbeiterzahl: 1 fest Angestellter, 1 freier Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: 1 fest angestellter Mitarbeiter Durchschnittsalter: 50 – 60 Jahre Altersspanne: 46 – 61 Jahre

Sendebeginn: 1992 Sendezeit: 15.15 –15.45 Uhr Sendedauer: 45 Minuten Feature, 120 Minuten Diskussion Senderhythmus: 4 x pro Jahr

Zuschauerzahl: ca. 190.000 (5,6 % Marktanteil) Alter: ab ca. 60 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Das 3. Leben“

Sendeart: Dokumentation, Feature (3 x pro Jahr) Diskussionssendung

Inhalt: Aufzeichnung eines realistischen Altersbildes im Deutschland um die Jahrtausendwende. Langzeitprojekt, das über zehn Jahre angelegt ist (1992 – 2002), Schwerpunkte: Verlusterfahrung (1997), Altern als Gewinn (1998), Älterwerden als Mann und Frau (1999). Themen der bisherigen Sendungen: Diskussion: Abschied von der Arbeitswelt. Von alten Partnerschaften und neuen Beziehungen. Dokumentation: Die Zeit zu zweit – Neue Rollen für alte Bindungen. Späte Liebe – von der Zweisamkeit und einem Wohnexperiment. Allein neue Pfade suchen – Zwei Singles auf dem Weg zu sich selbst. 1994: Diskussion: Späte Freiheit – späte Pflicht: Generationen zwischen den Stühlen. Dokumentation: Abschiede: Vom Festhalten und Loslassen. Gratwanderungen: Zwischen Eltern, Kindern und Eigenleben. Zusammenleben: Großfamilie und Familienverbund. 1995: Diskussion: Vom Vorbeugen und Wohlfühlen. Dokumentation: Weder Rast noch Ruh’ – Von Managern auf dem Altenteil. In der Fremde daheim – Vom Hierbleiben und Wegsehnen. Lebens-Wandel – Auf der Suche nach dem neuen Sinn. 1996: Diskussion: Neue Zeiten – Alte Menschen. Vom Umgang mit Älteren in unserer Gesellschaft. Dokumentation: Vom Weglaufen und Durchkommen – Zwei Lebenswege in Ost und West. Die Kleinigkeiten genießen – Über die Freude am Suchen und Entdecken. Nie allein im Verein – Vom selbstverständlichen Helfen. 1997: Diskussion: Das Leben geht weiter – Über den Umgang mit Verlusten. Dokumentation: Das erste Mal mit gemischten Gefühlen – Über den Umgang mit dem Fernsehen. Herzeleid – Trennung im Alter. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge – Über den Umgang mit Krankheit im Alter. 1998: Diskussion: Leben in geschenkten Jahren. Die Vorteile des Alters. Dokumentation: Ein runder Geburtstag. Familienbande. Lebenserfahrung – erfahrenswert? Begleitforschung: Langzeitbeobachtung an 30 Personen, von der Zeit ihres Ausscheidens aus dem Erwerbsleben bis zehn Jahre danach. Zwischenbilanz.

28

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Westdeutscher Rundfunk (WDR Fernsehen) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Addi’s Stunde, Angelika Plank Mitarbeiterzahl: 1 fest Angestellter, 7 freie Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: 1 freier Mitarbeiter Durchschnittsalter: 40 – 50 Jahre Altersspanne: 34 – 66 Jahre

Sendebeginn: Jan. 1999 Sendezeit: 15.00 –17.00 Uhr Sendedauer: 60 Minuten Senderhythmus: 14-tägig freitags

Zuschauerzahl: Zahlen im Juni Alter: ab 50 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Addi’s Stunde“

Sendeart: Ratgebersendung, Talkshow, Service-Talk

Inhalt: Unterhaltung, Service und Talk mit einem prominenten Gast. Stationen und Lebenserfahrung des Gastes, verknüpft mit Servicebeiträgen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Gesundheit, Wirtschaft, Soziales, Bildung, Freizeit, Kultur, Reisen etc. Humor (Zuschauerwunsch) und Wiedersehen alter Filmausschnitte, filmische Kontaktanzeigen – Partnersuche für Ältere.

29

KDA-Umfrage

Angebote für seh- und hörbehinderte Menschen Rundfunkanstalt

Angebote

ARD Fernsehen

Hörfunk

• Videotext • Spielfilme mit Audiodeskriptoren (Beschreibung von Filmen für sehbehinderte Menschen auf einem extra Ton-Kanal)

Fernsehen Hörfunk

• VT-Untertitel AD-Audiodeskription k. A.

Fernsehen Hörfunk

Westdeutscher Rundfunk Fernsehen

k. A.

k. A. k. A.

Nein

Hörfunk

Hessischer Rundfunk Fernsehen Hörfunk

k. A. Nein

Mitteldeutscher Rundfunk Fernsehen

Hörfunk

Videotext, Audiodeskription, Gebärdensprache Nein

Norddeutscher Rundfunk Fernsehen Hörfunk Radio Bremen Hörfunk

30

Nein Nein

• Videotext • Internet

Hörfunk

3sat Fernsehen

k. A. Nein

Südwestrundfunk

DeutschlandRadio Funkhaus Köln Funkhaus Berlin

k. A. k. A.

Sender Freies Berlin

Fernsehen

Deutsche Welle Hörfunk

Angebote

Saarländischer Rundfunk

Bayerischer Rundfunk Fernsehen

Rundfunkanstalt

• Video-TextUntertitelung • Gebärdensprachendolmetscher (z.T.) • schriftl. Info-Material über Faxabruf • Info-Brief • Internet • Programminformation für Blinde in Koop. mit dem Blindenbund • Internet für Blinde

Zweites Deutsches Fernsehen Fernsehen

Videotext-Untertitelung, Audiodeskription über Zweikanalton. PHOENIX überträgt das „heute journal“ mit Gebärdensprachdolmetschern. Mit rund 37.000 untertitelten Sendeminuten hat das ZDF 1998 die Spitzenposition bei der Videotext-Untertitelung eingenommen.

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Hörfunksendungen, die speziell für ältere Zuhörer konzipiert wurden Wetzlar – Evangeliums Rundfunk Sendung

Redaktion

Sendedaten

Name:

Name: Hörfunkredaktion und Seelsorgeabteilung: Heino Welcher, Frau Stark Mitarbeiterzahl: 3 fest Angestellte, 10 freie Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: 10 freie Mitarbeiter Durchschnittsalter: 40 – 50 Jahre Altersspanne: k. A.

Sendebeginn: Zuhörerzahl: vor ca. 30 Jahren k. A. Sendezeit: Alter: Verweis auf ab 60 Jahre Programmzeitschrift „Antenne“ Sendedauer: 30 Minuten Senderhythmus: mehrmals wöchentlich

„Für kranke Hörer“, „Senior-Magazin“; Schiene für Senioren jeden Nachmittag

Zuhörer

Werbung

Werbeanteil: keiner

Inhalt: Theologisch-seelsorgerisch; Glaubens- und Lebenshilfe; Gesundheitstipps

München – Radio Melodie (Kabel, Eutelsat, UKW) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: CvD: Susanne Zimmerer Mitarbeiterzahl: 4 fest Angestellte Älter als 60 Jahre: nein Durchschnittsalter: 30 – 40 Jahre Altersspanne: 27 – 55 Jahre

Sendebeginn: 1991 Sendezeit: 24 Stunden Sendedauer: 24 Stunden Senderhythmus: zwei Mal wöchentlich

Zuhörerzahl: 73.000 / Stunde Alter: ab 40 Jahre

Werbeanteil: 5% (CDs, Markenartikel, Veranstaltungen, Eigenwerbung)

Vollprogramm bundesweites Volksmusikprogramm

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Nachrichten, Musiksendungen, Feature

Inhalt: Volksmusik, volkstümliche Schlager, Brauchtum, Tradition, Bayern

31

KDA-Umfrage

2. Private Sender in Deutschland Insgesamt wurden 107 private Hörfunk und Fernsehsender angeschrieben. Von den 51 Sendern, die auf die Umfrage geantwortet haben, bieten zwei spezielle Sendungen für ältere Menschen an: Radio Flora in Hannover („Silberstreif“) im Rahmen eines Seniorenradio-Projektes und der Evangeliums Rundfunk in Wetzlar („Senior-Magazin“ und „Für kranke Hörer“). „Radio Melodie“ in München bietet ein 24 Stunden Vollprogramm für ältere Zu-

hörer an. Als generationenübergreifender „Familiensender“ versteht sich beispielsweise SAT.1. Der Sender will sowohl alte als auch junge Zuschauer ansprechen. Einschränkend wird jedoch hinzugefügt: „SAT.1 muss als privater Fernsehsender die Refinanzierung der Produktionen vor Auge haben. Das bedeutet die Etablierung von Sendeformaten, die attraktiv für die werberelevante Zielgruppe sind. Die Währung der werbetreibenden Wirtschaft sind momentan die 14- bis 49-Jährigen. SAT.1 muss sich danach richten“ (siehe auch S. 114 ff.).

Hörfunksendungen, die speziell für ältere Zuhörer konzipiert wurden Hannover – Radio FLORA (106,5 MHz, 102,15 Kabel) Sendung

Redaktion

Name:

Name: Sendebeginn: Zuhörerzahl: Redaktion: Kay Pabst, 1997 k. A. Walter Zeis, Sendezeit: Alter: Marlene Geber. 15.00 –16.00 Uhr ab 60 Jahre Seniorenredaktion, Sendedauer: Ältere Menschen 60 Minuten gestalten die Sendung Senderhythmus: selbst und fungieren sonntags, jeweils als für die 14-tägig Sendung verantwortliche Redakteure. Intern sind zwei Personen als Koordinatoren benannt. Mitarbeiterzahl: 15 freie Älter als 60 Jahre: 14 freie Durchschnittsalter: über 60 Jahre Altersspanne: 57 – 98 Jahre

„Silberstreif“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Hörspiel

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Werbeanteil: keiner

Inhalt: Human Interests – Gesundheit, Service, seniorenrelevante Interessen allgemein, Tipps, Unterhaltung (Musik, selbstverfasste Gedichte, Sketche, Gartentipps). Rubrik: Literatenfenster (Hobby, Literaten stellen sich und ihre Werke vor), Politik (Seniorenbeirat, Alltag, Geschichte), kritisches, nachfragendes Begleiten lokaler Entwicklungen, Vorstellung diverser Senioreneinrichtungen, Schwerpunktsendungen (Hören, Tod, Liebe im Alter etc.) Ergänzende Bemerkung: Am 25. März hat Radio Flora anlässlich des IJS eine Ausstellungseröffnung mit Begleitprogramm präsentiert. Die Seniorenredaktion Silberstreif ist ein Projekt innerhalb des nichtkommerziellen Lokal-Radio-Projektes Radio FLORA. Eine autarke Redaktion. Angestrebt ist eine Vernetzung seniorenadäquater Kontakte, relevanter Informationen, Themen, Tipps usw., die Senioren nicht nur an das Radio FLORA binden, sondern aufmuntern soll, daran teilzunehmen.

32

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Angebote für seh- und hörbehinderte Menschen Rundfunkanstalt

Angebote

Köln VOX

• Videotext

Hannover Radio FLORA

• Produktion von Sendungen mit Sehbehinderten

Wetzlar Evangeliums Rundfunk

• Seelsorge-Angebote per Brief, Telefon, Internet (E-Mail)

3. Bürgerfunk-Initiativen in Nordrhein-Westfalen Insgesamt wurden 71 Bürgerfunk-Gruppen und Offene-Kanal-Initiativen in Nordrhein-Westfalen (NRW) angeschrieben. Ihnen stehen nach dem Landesrundfunkgesetz 15 Prozent der täglichen Sendezeit im Rahmen der privaten Lokalradios in NRW für selbstproduzierte Programmbeiträge zu (siehe auch Seite 15). Von den 41 Initiativen, die auf die Umfrage geantwortet haben, bieten elf Sendungen speziell für und von älteren Menschen an. Hörfunksendungen werden von den Bürgerfunk-

Werkstätten in Bonn, Herne, Dülmen, Düren, Düsseldorf, Leichlingen, Münster und Unna produziert. In Dortmund und Münster werden auch Fernseh-Sendungen für Ältere erstellt. Sendungen, die zwar nicht speziell für ältere Menschen, aber dennoch von ihnen bevorzugt gesehen bzw. gehört werden bieten 13 der befragten Initiativen an.

33

KDA-Umfrage

Hörfunksendungen, die speziell für ältere Zuhörer konzipiert wurden Bonn – SMF – SeniorenMedienForum Bonn, Senioren-Echo • Senioren-Radio Bürgerfunk bei Radio Bonn / Rhein-Sieg Sendung

Name:

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Name Sendebeginn: Zuhörerzahl: derjenigen, die den 1997 10.000 – 40.000 Magazin“, „NibelunFragebogen ausgefüllt Sendezeit: Alter: gen-Funk Mehlem“, hat: Celia Schmidt, 19.00 –20.30 Uhr k. A. „Radio WEST DuisLeiterin des SeniorenSendedauer: dorf“, SeniorenRedak- MedienForums Bonn, 26 bzw. 52 Minuten tion International Geschäftsführerin des Senderhythmus: „ErzählCafé“ / Dialog Fördervereins Lokalradio zwei Mal wöchentlich der Generationen Bonn und Rhein-Sieg e.V., Deutsch-russische Leiterin Europ. BildungsKulturarbeit „Semiinstitut für lokale Kommmunikation nar am Samowar“/ und politische Partizipation Alte Heimat, Mitarbeiterzahl: 4 fest Angestellte (halbtags), 12 Freie neue Heimat Älter als 60 Jahre: 1 fest Angestellter, 8 Freie (unterschiedliche Durchschnittsalter: 40 – 50 Jahre kulturelle Angebote, Altersspanne: 35 – 60 Jahre Berichte, Reportagen über Exkursionen, eigene Veranstaltungen) Sendeart: Magazin, Nachrichten, Dokumentation, Feature, Hörspiel „HerbstRadio-

Werbung

Werbeanteil: Konzertbesuche in Köln / Bonn

Inhalt: „HerbstRadio-Magazin“: Aktuelle Informationen, Schwerpunktthemen z. B. „Was ist eigentlich alt?“, Reportagen, z. B. „Tag der Pflege in Bonn“, Bonner Altenhilfe, Vorstellen von Einrichtungen und neuen Konzepten (z. B. GeriClownin, Literarisches, Diskussion, Interviews, Meinungsumfragen). NibelungenFunk Mehlem: Literarisches, Denkanstöße, Erzählen. Radio WEST Duisdorf: Entwicklung des Stadtteils, Persönlichkeiten. ErzählCafé: Zeitzeugen, Themen wie EURO, Neue Medien, Umzug des Bundes nach Berlin, Kosovo etc. Dialog der Generationen zu gesellschaftspolitischen Themen im Rathaus der Stadt Bonn. SeniorenRedaktion International mit älteren Migrantinnen, zurzeit in den Sprachen: Farsi, Portugiesisch, Kurdisch, Russisch. Ergänzende Informationen: Seit 1997 Schwerpunkt Radio und Forum für ältere Menschen mit medienorientierter Bildungsarbeit, Produktions- und Sendetätigkeit der älteren Bonner Bürger(innen) sowie Vernetzung mit Printmedien der Stadt Bonn. Die Vernetzung der Medien Hörfunk, Zeitung „Senioren-Echo“ und (demnächst) Internet sowie der Ansatz medienpädagogisch journalistischer Anleitung und Begleitung älterer Menschen bei der Erstellung neuer Programme hat einen hohen Wert zukunftsorientierter Altenarbeit: Impulse für aktive Kommunikation, Sprachrohr für Belange der Senioren, Diskussionsforum, Öffentlichkeitsarbeit für Altenhilfe und Träger von Alteneinrichtungen, Information und Unterhaltung, soziale Integration, kommunikative Kompetenz und Medienkonzeptvermittlung, äußerst positive Resonanz und wachsende Beteiligung / Nutzung.

34

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

LoCom Europäisches Bildungsinstitut (Bürgerfunk bei Radio Bonn / Rhein-Sieg) Sendung

Redaktion

Name:

Name Sendebeginn: Zuhörerzahl: derjenigen, die den 1991 10.000 – 40.000 Fragebogen ausgefüllt Sendezeit: Alter: hat: Celia Schmidt, 19.00 –20.30 Uhr ab 60 Jahre Leiterin des SeniorenSendedauer: MedienForums Bonn, 26 bzw. 52 Minuten Geschäftsführerin des Senderhythmus: Fördervereins Lokalradio zwei Mal wöchentlich Bonn und Rhein-Sieg e.V., Leiterin Europ. Bildungsinstitut für lokale Kommmunikation und politische Partizipation Mitarbeiterzahl: 1 – 2 fest Angestellte (halbtags), 2 – 4 Freie Älter als 60 Jahre: nein Durchschnittsalter: 30 – 40 Jahre Altersspanne: 28 – 54 Jahre

„Erzählte Geschichte(n)“, „Altsein in Europa“

Sendeart: Dokumentation, Feature, Hörspiel

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Werbeanteil: kulturelle Veranstaltungshinweise

Inhalt: „Erzählte Geschichten“: Mehrjährige Sendereihe: Zeitzeugen berichten über Erlebnisse, die ihr Leben geprägt haben (NS-Zeit, 1. und 2. Weltkrieg, Flucht, Vertreibung, Wiederaufbau). Porträts von Persönlichkeiten – Menschen aus der Region. Erzählte Geschichte(n) – gelebte Gegenwart: Diskussion mit der Jugend über früher und heute, z. B. Erziehung, Umgang miteinander, Berufswahl, „Angst der Alten vor den Jungen“, Kultur, Musik, Kino sowie Einfluss der Medien heute auf die Menschen (Jung und Alt). „Altsein in Europa“: Feature zur Bedeutung der EU-Verträge. Vergleich: Umgang mit Positionen alter Menschen in den Ländern Europas – teilweise doppelsprachig.

35

KDA-Umfrage

Dülmen – Verein für Medienarbeit an der VHS e.V.: Radio Kieperkerl, Radio FV Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Hans Deckenhoff (Studioleiter), Siegrid Blumenthal, Wolfgang Thiemann

Sendebeginn: 1997 Sendezeit: 19.00 Uhr Sendedauer: 50 Minuten Senderhythmus: monatlich

Zuhörerzahl: k. A. Alter: k. A.

Werbeanteil: keine

„Mosaik Dülmen“ „Mosaik Haltern“

Sendeart: Magazin

Mitarbeiterzahl: 1 fest Angestellte, 4 Freie Älter als 60 Jahre: 1 Freier Durchschnittsalter: 50 – 60 Jahre Altersspanne: 40 – 60 Jahre Inhalt: Informationen und Musik für ältere Mitbürger. Kiepenkerlgeschichten von Autoren, Rezitationen.

Düren – Arbeitsgemeinschaft Gewerkschafter für Lokalfunk im DGB-Kreis, Region Düren-Euskirchen (Radio Rur) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Name: k. A.

Name: Redaktion: Karl Panitz (ist älteren Kollegen bei Produktionen behilflich) Mitarbeiterzahl: 5 – 8 Freie Älter als 60 Jahre: 2 Freie Durchschnittsalter: 40 – 50 Jahre Altersspanne: 25 – 68 Jahre

Sendebeginn: Zuhörerzahl: 1999 k. A. (Bürgerfunk Alter: seit 1994) k. A. Sendezeit: Mo. 19.04 – 20.00 Uhr Sendedauer: 52 Minuten (Bürgerfunk) Senderhythmus: alle 2 Wochen (Bürgerfunk)

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Dokumentation

Zuhörer

Werbung

Werbeanteil: keine

Inhalt: Der IG-Metall-Seniorenarbeitskreis stellt sich vor und berichtet über seine bisherigen und zukünftigen Aktivitäten und auf welche Weise man sich beteiligen kann.

36

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Düsseldorf – Radio Kö (Antenne Düsseldorf) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Radiowerkstatt im ASG-Bildungsforum, Burkhard Wischemann (Koordination), Charlotte Zimmer

Sendebeginn: 1989 Sendezeit: Mo. 19.04 Uhr Sendedauer: 48 Minuten Senderhythmus: 2 – 4 x jährlich

Zuhörerrzahl: k. A. Alter: ab 65 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Eine Sendung von Radio Kö aus der Radiowerkstatt im ASG-Bildungsforum“

Sendeart: Magazin, Dokumentation

Mitarbeiterzahl: 8 Freie Älter als 60 Jahre: 8 Freie Durchschnittsalter: über 60 Jahre Altersspanne: 62 – 81 Jahre

Inhalt: Seniorenthemen wie Seniorenbeirat, Wohnen im Alter, Kulturelles aus dem Stadtteil, Geschichtsthemen, Diverses, Gesundheit im Alter. Ergänzende Bemerkungen: Der Verein „Radio Kö“ in Düsseldorf war bisher ein stadtteilgruppenorientierter Verein ohne Mitgliederbeiträge. Zurzeit wird an Strukturveränderungen gearbeitet. Die technische Voraussetzung wird durch die Radiowerkstatt im ASG-Bildungsforum unterstützt, personelle, technische und redaktionelle Unterstützung muss der Verein finanzieren.

Leichlingen – Radiotreff GL (Radio Berg UKW 96,9; 99,7; 105,2; 105,7) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Radiotreff GL: Ursula Hellmann Mitarbeiterzahl: 9 ehrenamtlich Älter als 60 Jahre: 4 freie Mitarbeiter Durchschnittsalter: 50 – 60 Jahre Altersspanne: k. A.

Sendebeginn: 1995 Sendezeit: Mi. 20 – 21.00 Uhr Sendedauer: 55 Minuten Senderhythmus: wöchentlich

Zuhörerzahl: k. A. Alter: ab ca. 30 Jahre

Werbeanteil: ja

„Radio von Bürgern für Bürger“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Feature, Hörspiel, Studiogespräche, Satire mit kulturem Hintergrund

Inhalt: Feature von regionalen Vereinen und interessanten Einzelpersonen, Berichte, Interviews etc. von lokalen Ereignissen; es kommen Menschen zu Wort, die ihre Lebenswurzeln in der biblischen Botschaft haben, Veranstaltungshinweise, schreiben und inszenieren einfacher Hörspiele.

37

KDA-Umfrage

Münster – VHS-Bürgerfunkstudio (Radio Antenne Münster 95,4) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Werner Conradi Mitarbeiterzahl: 1 Fester, 1 Freier (viele Ehrenamtliche) Älter als 60 Jahre: keiner (Ehrenamtliche 50 – 80 Jahre) Durchschnittsalter: 40 –50 Jahre Altersspanne: 30 – 50 Jahre

Sendebeginn: 1998 Sendezeit: So. 10.04 Uhr Sendedauer: 24 Minuten Senderhythmus: monatlich

Zuhörerzahl: 1.000 – 2.000 Alter: ab 65 Jahre

Werbeanteil: k. A.

„Seniorenmagazin“

Sendeart: Magazin

Inhalt: Informationen über Organisationen für ältere Menschen (z. B. Altersheime), Beratung für ältere Menschen (Gesundheit, Geld etc.), Kultur (Chöre, Theater), Seniorenpolitik, Prominentenvertreter (Schlagerstars, Bischof etc.), klassische Musik, Volks-, Schlagermusik

Unna – Seniorenradio (Antenne Unna 104,4 – 105,7) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Horst Weickelmann, Matthias Rodax Mitarbeiterzahl: 6 freie Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: 3 freie Mitarbeiter Durchschnittsalter: 50 –60 Jahre Altersspanne: 35 – 65 Jahre

Sendebeginn: 1995 Sendezeit: 20.04 Uhr Sendedauer: 52 Minuten Senderhythmus: s. o.

Zuhörerzahl: k. A. Alter: ab 50 Jahre

Werbeanteil: manchmal

„Seniorenradio“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Musiksendung

Inhalt: Gespräche mit älteren Menschen. „Was macht eigentlich…?“ Informationen über Gerontologie, Geragogik, Medien, Politik, Sozialarbeit, Bildungsarbeit, Bürgergespräche. Ältere Menschen im Ruhestand, Nachbarschaftshilfe, Veranstaltungen

38

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Fernsehsendungen, die speziell für ältere Zuschauer konzipiert wurden Offener Kanal Dortmund e.V. Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Herbert Reker Mitarbeiterzahl: 10 – 15 freie Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: k. A. Durchschnittsalter: über 60 Jahre Altersspanne: 50 – 70 Jahre

Sendebeginn: 1994 Sendezeit: Fr. 18.00 Uhr Sendedauer: 60 – 90 Minuten Senderhythmus: monatlich

Zuschauerzahl: k. A. Alter: ab 55 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Seniorenmagazin 55 Plus“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Nachrichten, Theateraufzeichnungen

Inhalt: Zielgruppenrelevante Themen mit lokalem Bezug

Offener Kanal Dortmund e.V. Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Erich Karzewski Mitarbeiterzahl: 5 freie Mitarbeiter Älter als 60 Jahre: alle Durchschnittsalter: über 60 Jahre Altersspanne: 60 – 80 Jahre

Sendebeginn: 1990 Sendezeit: 18.00 Uhr Sendedauer: 30 – 40 Minuten Senderhythmus: monatlich

Zuschauerzahl: k. A. Alter: ab ca. 60 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Erna-DavidSeniorenmagazin“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Nachrichten, Theateraufzeichnungen

Inhalt: Schwerpunkte der Sendung sind Themen, die im Erna-David-Seniorenheim aktuell sind. Die Sendung berichtet immer bezogen auf das Altenheim „Erna-David“. Das Team sind Bewohner(innen) des Heims.

39

KDA-Umfrage

Münster – Offener Kanal Münster (Kabelkanal 3 Münster) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Karl Klaes, Seval Kocaman, Michael Kofort Mitarbeiterzahl: 2 Feste, 15 Freie Älter als 60 Jahre: fast alle Durchschnittsalter: über 60 Jahre Altersspanne: 55 – 70 Jahre

Sendebeginn: 1997 Sendezeit: Mi. 19.15 Uhr Sendedauer: 30 Minuten Senderhythmus: monatlich und Wiederholung

Zuschauerzahl: 25.000 Alter: ab 55 Jahre

Werbeanteil: Sponsorclips

„seniorama“

Sendeart: Magazin, Talkshow

Inhalt: Information / Kultur / Unterhaltung / lokaler Bezug. Es werden Themen aufgegriffen, die besonders die ältere Generation interessieren.

Angebote für seh- und hörbehinderte Menschen Rundfunkanstalt

Angebote

Herne Hörfunk – Radiowerkstatt VHS Herne

• Tonbandzeitung (wöchentlich/ monatlich) mit Lokalnachrichten für stark sehbehinderte und blinde Schalke-Fans

Iserlohn HörfunkFörderverein Lokalfunk Iserlohn

40

• Tonbandzeitung (wöchentlich)

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

4. Ausländische Hörfunk- und Fernsehsender Insgesamt wurden 64 ausländische Sendeanstalten angeschrieben: 30 Fernsehsender, 27 Hörfunksender sowie sieben Fernseh- und Hörfunksender. Von den 30 Sendern, die auf die Umfrage geantwortet haben, bieten die staatlichen Rundfunkanstalten in Dänemark (DR-Hörfunk: „Hvad er den ret y hvad er din pligt“), Italien (RAI-TV: „Domani e’ un altro giorno“; RAI-Hörfunk: „L’asso nella manica“), Österreich (ORF: „Seniorenclub“), Schweiz (DRS1: „MEMO“; DRS2: „Kontext“), der Slowakischen Republik („Senioren Party“ u. a.), der Tschechischen Republik (CT1: „Seniorenclub“) spezielle Sendungen für ältere Menschen an. Der Sender arte hat bereits mehrere Themenabende zum Thema „Alter“ produziert. Darüber hinaus konnten im Rahmen der Umfrage private Rund-

funkstationen in den Niederlanden (AVRO-Radio), Japan (JSB), Mexiko (Radio Universidad) und USA (Prime Time Radio, KRMA-TV u. a.) ermittelt werden, die ebenfalls Sendungen für diese Zielgruppe anbieten. Ein eigenes Gesamtprogramm bietet „Radio Bleue“ (Radio France). Andere Sender, vor allem die britische BBC, vertreten ausschließlich einen generationenübergreifenden Ansatz, der zum Teil damit begründet wird, dass eine Ausgrenzung und „Ghettoisierung“ bestimmter Altersgruppen vermieden werden solle. Das Altersprofil der TVZuschauer zeigt, dass die höheren Altersgruppen bei einem weit gefächerten Genreangebot den Hauptteil einnehmen. Einige Hörfunkwellen berücksichtigen vornehmlich altersspezifische Interessen.

Hörfunksendungen, die speziell für ältere Zuhörer konzipiert wurden Dänemark – Danish Broadcasting Corporation – Hörfunk Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion „Soziales“: Thomas Haugaard, Hanne Reintoft (verantwortlich) Mitarbeiterzahl: k. A. Älter als 60 Jahre: 4 feste Mitarbeiter, 1 Freier Durchschnittsalter: 40 – 50 Jahre Altersspanne: 21 – 69 Jahre

Sendebeginn: 1949 Sendezeit: samstags, 8.30 – 9.00 Uhr Sendedauer: 30 Minuten Senderhythmus: wöchentlich

Zuhörerzahl: ca. 120.000 Alter: ab 50 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Hvad er den ret y hvad er din pligt“ (Ihre Rechte, Ihre Pflichten)

Sendeart: Ratgebersendung

Inhalt: Die Ratgebersendung richtet sich an Menschen, die mit öffentlichen Sozialeinrichtungen zu tun haben. Der Redakteur gibt Rat und Orientierung in konkreten Fragen über die sozialen Rechte und Ansprüche, Pflichten bzgl. Renten, Krankheit, Arbeitslosigkeit und anderen Krisensituationen.

41

KDA-Umfrage

Frankreich – Hörfunk – France 3 Alsace Sendung

Redaktion

Sendedaten

Name:

Name: Redaktion: Christian Hahn, Monique Seeman Mitarbeiterzahl: k. A. Älter als 60 Jahre: keiner Durchschnittsalter: 30 – 50 Jahre Altersspanne: k. A.

Sendebeginn: Zuhörerzahl: „Rund um“: 1989 k. A. „Teledisch“: 1992 Alter: Sendezeit: ab 45 Jahre „Rund um“: 18.55 Uhr „Teledisch“: 11.50 Uhr samstags Sendedauer: k. A. Senderhythmus: k. A.

„Rund um“ „Sur un Siess“ „Teledisch“

Sendeart: Talkshow, Aktuelles

Zuhörer

Werbung

Werbeanteil: keiner

Inhalt: „Rund um“: Lokale Informationen. „Sur un Siess“: Kochrezepte. „Teledisch“: Aktuelles und Freizeit.

Italien – Radio Televisione Italiana – Hörfunk RAI Sendung

Name:

Redaktion

Sendedaten

Name: Sendebeginn: „L’Asso Nella Manica“ Redaktion „Soziales“: 1999 (Januar) (Das Ass im Ärmel) Daniele Recine Sendezeit: (Programmverantw.), 23.00 Uhr Sendeart: Silvana Matarazzo, Sendedauer: Magazin, Marina Cepeda Fuentes 15 Minuten Ratgebersendung Mitarbeiterzahl: Senderhythmus: ein fester und wöchentlich ein freier Autor Älter als 60 Jahre: keiner Durchschnittsalter: 30 – 40 Jahre Altersspanne: 30 – 45 Jahre

Zuhörer

Werbung

Zuhörerzahl: k. A. Alter: ab 60 Jahre

Werbeanteil: keiner

Inhalt: Kurzinterviews mit älteren, bekannten Persönlichkeiten. Beantwortung von Zuhörerfragen durch Experten. Informationen über Vereine, die auf eine ältere Zielgruppe ausgerichtet sind („Non píu giovani“), Reiseinformationen und Freizeitaktivitäten für Ältere, Büchertipps. Musik, die auf die Zielgruppe „ältere Menschen“ ausgerichtet ist.

42

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Mexiko – Hörfunk – UNAM 96,1 FM – Radio Universidad Nacional Sendung

Redaktion

Name:

Name: Sendebeginn: Zuhörerzahl: Redaktion La Voz de 1993 k. A. la Experiencia Sendezeit: Alter: Rafael Angel Figueroa Samstagmittag 60 % der (Leitung), Laura Sendedauer: Zuhörer sind Barranco, Gustavo 60 Minuten bis zu 60 Jahre Hernández, Antonia Senderhythmus: alt, 40 % sind Rodriguez u. a. wöchentlich jünger Mitarbeiterzahl: 1 fest Angestellter, 2 Teilzeit Älter als 60 Jahre: einige Volunteers, die als Reporter arbeiten, sind über 60 Jahre Durchschnittsalter: 15 – 73 Jahre Altersspanne: 41 – 48 Jahre

„La Voz de la Experiencia“

Sendeart: Magazin, Dokumentation

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Werbeanteil: 10 % (Inhalt: Arzneimittel, Telefonkarten für Ferngespräche)

Inhalt: Die Sendung hat drei Ziele: Das Erfahrungswissen älterer Menschen wieder zu entdecken und es mit anderen Generationen zu teilen. Die Analyse aktueller Themen, wie soziale Probleme, Wirtschaft, Politik, Sexualität etc., um hierbei die Sichtweise älterer Menschen kennen zu lernen. Die Präsentation von Experten zum Thema „Alter“, um die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen aufzuzeigen.

Niederlande – AVRO-Radio – Hörfunk (Radio 5) Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Radio 1 und 5 Joop de Wilde Mitarbeiterzahl: 4 Teilzeit Älter als 60 Jahre: keine Durchschnittsalter: 50 – 60 Jahre Altersspanne: 43 – 59 Jahre

Sendebeginn: 1995 Sendezeit: samstags 12.00 –13.00 Uhr Sendedauer: 50 Minuten Senderhythmus: wöchentlich

Zuhörerzahl: 20 – 30.000 Alter: ab 50 Jahre

Werbeanteil: keiner

„De tijd van de leven“

Sendeart: Magazin, Nachrichten

Inhalt: Nachrichten, Reportagen, Kultur, Musik und eine Serie über Radio in der Vergangenheit

43

KDA-Umfrage

Schweizer Radio – Hörfunk – DRS 1 Sendung

Redaktion

Name:

Name: Sendebeginn: Redaktion MEMO 1991 Brigitt Flüeler (Leitung), Sendezeit: Dora Arnhof, Maja 9.05–10.00 Uhr Brunner, Simone Meier, Sendedauer: Silvia Temperli 55 Minuten Mitarbeiterzahl: Senderhythmus: 6 fest Angestellte täglich (Teilzeit), 5 Freie Älter als 60 Jahre: 1 freier Mitarbeiter Durchschnittsalter: 40 – 50 Jahre Altersspanne: 41 – 48 Jahre

„MEMO“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Dokumentation, Feature, Hörspiel

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Zuhörerzahl: Werbek. A. anteil: Alter: keiner ab ca. 45 – 50 Jahre

Inhalt: „MEMO“ besteht aus folgenden Teilen: Geburtstagsgratulation für die über 95-jährigen Schweizer(innen), acht Minuten Wortbeitrag zu „MEMO“-Thema. Samstags an Stelle des „MEMO“-Themas: „Wetterfrosch“ und die Bilanz der Sammelaktion „Denk an mich“. Am Sonntag ist der „Text zum Sonntag“ zu hören. „MEMO“ vermittelt Information, Beratung und Unterhaltung für Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Die „MEMO“-Themen verfolgen die Entwicklung in der Alterspolitik, beleuchten gesellschaftliche Aspekte des Alters, vermitteln Kultur und Unterhaltung sowie Einblicke in die Zeitgeschichte. „MEMO“ bietet in Zusammenarbeit mit Fachleuten auch praktischen Rat für Alltag, Gesundheit und Freizeit. Alte Menschen kommen so oft wie möglich selber zu Wort, als Gäste, Gesprächspartner als Kommentatoren oder in Porträts. Die Musik richtet sich im Moment noch eher nach dem Geschmack des älteren Publikumssegments (traditonelle Unterhaltungsmusik, Operette, Schellack-Schlager, Instrumentalmusik, leichte Klassik). Es ist geplant, den Musikstil zu verjüngen.

44

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Schweizer Radio – Hörfunk – DRS 2 Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion Gesellschaft Hansjörg Schulz (Leitung), Martin Heule, Christoph Keller, Michael Kochlin, Regula Renschler, Hans Stefan Rüfenacht, Angelika Schett, Antoinette Schwab Mitarbeiterzahl: k. A. Älter als 60 Jahre: k. A. Durchschnittsalter: k. A. Altersspanne: k. A.

Sendebeginn: k. A. Sendezeit: 9.00 – 9.30 Uhr Sendedauer: 30 Minuten Senderhythmus: täglich

Zuhörerzahl: k. A. Alter: k. A.

Werbeanteil: k. A.

„Kontext“

Sendeart: k. A.

Inhalt: Pro Jahr werden 30 Sendungen produziert, die speziell auf Themen älterer Menschen eingehen.

Slowakische Republik, Hörfunk – Regina Bratislava / Regina Banská / Regina Kosice Sendung

Redaktion

Name:

Name: Sendebeginn: Zuhörerzahl: WerbeRedaktion „Senioren1995 200 – 400.000 anteil: Party“: Eva Chudinova Sendezeit: „Kontakte“: keine Redaktion „Auf einer „Senioren-Party“: 500 – 800.000 silbernen Linie“: Mo.-Fr. 11 –12 Uhr Alter: Ladislav Hyza Di. 10 –11 Uhr 60 – 65 Jahre Redaktion „Auf den „Auf den silbernen (Hauptzielgruppe) silbernen Wellen“: Wellen“: Fr. 9.05 –10.00 Uhr P. Himic „Auf einer silbernen Linie“: Fr. 15.05 –16.45 Uhr Mitarbeiterzahl: Sendedauer: k. A. unterschiedlich Senderhythmus: s. o. Älter als 60 Jahre: freie Mitarbeiter (ohne Zahlenangabe) Durchschnittsalter: 40 – 50 Jahre Altersspanne: k. A.

„Senioren-Party“ „Auf einer silbernen Linie“ „Auf den silbernen Wellen“ „Kontakte“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Musiksendung

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Inhalt: Alle vier Sendungen: Gesundheitsfürsorge, Rente, Freizeit, zwischenmenschliche Beziehungen

45

KDA-Umfrage

USA – Prime Time Radio – Public Radio Satellite System Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Janelle Haskell Mitarbeiterzahl: 1 Vollzeit, 1 Teilzeit Älter als 60 Jahre: 1 Teilzeit Durchschnittsalter: 50 – 60 Jahre Altersspanne: 47– 65 Jahre

Sendebeginn: 1993 Sendezeit: unterschiedlich Sendedauer: 59 Minuten Senderhythmus: 1 x pro Woche

Zuhörerzahl: k. A. Alter: ab 50 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Prime Time Radio“

Sendeart: Interview, Diskussion

Inhalt: „Prime Time Radio“ stellt mit Hilfe von Interviews ein weites Themenfeld vor, das ältere Menschen betrifft. Dazu gehören Soziales, Politik, Gemeinwesen, Familie und Alter und andere Themen wie Reise, Kunst, ehrenamtliche Arbeit, Forschung und Biografien.

USA – Mature Focus Radio – verteilt an über 500 Privatsender Sendung

Name:

Redaktion

Name: „Mature Focus Radio“ Redaktion: Janelle Haskell Sendeart: Mitarbeiterzahl: Feature 1 Vollzeit, 1 Teilzeit Älter als 60 Jahre: 1 Teilzeit Durchschnittsalter: 50 – 60 Jahre Altersspanne: 47– 65 Jahre

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Sendebeginn: 1993 Sendezeit: unterschiedlich Sendedauer: 90 Sekunden Senderhythmus: täglich

Zuhörerzahl: k. A. Alter: ab 50 Jahre

Werbeanteil: keiner

Inhalt: „Mature Focus Radio“ ist ein tägliches 90-Sekunden-Feature über alle möglichen Themen, die für ein älteres Publikum interessant sind.

46

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Programmwellen, die speziell für ältere Zuhörer konzipiert wurden Frankreich – Radio France – Radio Bleue – Landesweites Programm Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuhörer

Werbung

Name:

Name: Hörfunkdirektion: Françoise Dost Mitarbeiterzahl: 60 (Journalisten, Produzenten, Regisseure) Älter als 60 Jahre: 2 oder 3 „Spezialisten“ für Jazz, Operette etc. Durchschnittsalter: 30 – 40 Jahre Altersspanne: k. A.

Sendebeginn: 1980 Sendezeit: –– Sendedauer: 24 Stunden Senderhythmus: ––

Zuhörerzahl: 500.000 täglich 2,2 Mio. wöchentlich Alter: ab 50 Jahre

Werbeanteil: keiner

„Radio Bleue“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Talkshow, Aktuelles, Dokumentationen, Musiksendungen, Hörspiele

Inhalt: „Radio Bleue“ zielt vor allem auf die über 50-Jährigen, möchte aber nicht zu einer „Ghettoisierung“ beitragen. Insofern versteht es sich als intergenerativ.

47

KDA-Umfrage

Fernsehsendungen, die speziell für ältere Zuschauer konzipiert wurden Europa – arte Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Antoinette Spielmann Mitarbeiterzahl: k. A. Älter als 60 Jahre: k. A. Durchschnittsalter: k. A. Altersspanne: k. A.

Sendetermin: 25. 5. 1997 Sendezeit: k. A. Sendedauer: k. A. Senderhythmus: einmalig

Zuschauerzahl: k. A. Alter: k. A.

Werbeanteil: k. A.

„Graue Haare, junge Pläne. Umzug auf die alten Tage“

Sendeart: Spielfilme, Dokumentationen

Inhalt: Lina Braake – Die Interessen der Bank können nicht die Interessen sein, die Lina Braake hat. (Bernhard Sinkel). Traumhaus gesucht (Reportage von Wolfgang Korruhn). Erbschaft auf Rädern – Amerikas Rentner machen mobil (Dokumentation Richard Curson Smith). x-mal Mensch Stuhl (Kunstaktion von Angie Hiesl). Sun City, Arizona (Dokumentation Herbert Fell)

Europa – arte Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Antoinette Spielmann, Christine Reisen Mitarbeiterzahl: k. A. Älter als 60 Jahre: k. A. Durchschnittsalter: k. A. Altersspanne: k. A.

Sendetermin: 21. 4. 1998 Sendezeit: 21.50 Uhr Sendedauer: 210 Minuten Senderhythmus: einmalig

Zuschauerzahl: k. A. Alter: k. A.

Werbeanteil: k. A.

„Mensch, willst du ewig leben?“

Sendeart: Spielfilme, Dokumentationen

Inhalt: arte zeigt die Facetten eines wissenschaftlichen Abenteuers: die Suche nach unserer biologischen Uhr. Altern hat seine Zeit (Dokumentation von Jean-Bernard Andro), Lebenslinien (Dokumentation von Peter Friedmann, Jean-Francois Brunet), In den Fesseln von Shangri-La (Spielfilm von Frank Capra).

48

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Tschechien – Ceska Televize – Fernsehen – CT 1 Sendung

Name:

Redaktion

Name: „Seniorklub“ Redaktion: Mr Drda, Mr Pistoriusova Sendeart: Mitarbeiterzahl: 3 TV-Teams arbeiten 2 fest Angestellte, beim Seniorklub 8 freie Mitarbeiter (2 aus Prag, eines aus Älter als 60 Jahre: einem Regionalstudio). keiner Ein Team betreut das Durchschnittsalter: Magazin zu Gesund40 – 50 Jahre heit, ein zweites zu Altersspanne: Soziales, ein drittes 30 – 55 Jahre die Talkshow „Seniorklub“.

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Sendebeginn: 1993 Sendezeit: 11.00 Uhr, Wdh. 15.00 Uhr am nächsten Tag Sendedauer: 30 Minuten Senderhythmus: wöchentlich mit einer Wiederholung

Zuschauerzahl: k. A. Alter: ab ca. 60 Jahre

Werbeanteil: keine

Inhalt: Gesundheit, Seniorenaktivitäten, Wohlfahrt, Gespräche mit interessanten älteren Persönlichkeiten etc.

49

KDA-Umfrage

Italien – Radio Televisione Italiana – Fernsehen – RAI 2 Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion „Domani é un alto giorno“: Alda E’Eusanio (verantw.), Giuseppe Sciacca, Roberta Franzoni, Claudio Cortellessa u. a. Mitarbeiterzahl: k. A. Älter als 60 Jahre: k. A. Durchschnittsalter: k. A. Altersspanne: k. A.

Sendebeginn: 1997 Sendezeit: 10.00 –17.00 Uhr Sendedauer: k. A. Senderhythmus: wöchentlich

Zuschauerzahl: k. A. Alter: k. A.

Werbeanteil: keine

„Domani é un altro giorno“ (Morgen ist ein anderer Tag)

Sendeart: k. A.

Inhalt: „Domani é un altro giorno“ ist die einzige Sendung im italienischen Fernsehen, die für ältere Menschen konzipiert ist. Es gibt immer mehr ältere Menschen. Die Sendung will daher einen Beitrag zur Lösung kleiner und größerer Probleme dieser Altersgruppe bieten. Berichte von Zuschauern, die an die Redaktion schreiben oder anrufen zu Themen wie Rente, Beziehungen, Armut, Perspektiven, werden vorgestellt. Vertreter von öffentlichen Institutionen, die in der Regel für Privatpersonen schwer oder gar nicht zu erreichen sind, geben auf verschiedene Problemstellungen der Zuschauer Antwort. Das Fernsehen steht hiermit im Dienst der Öffentlichkeit und stellt sich der Veränderung der Gesellschaft. Individuelle Probleme werden als allgemein interessante Fragestellungen behandelt. Seit 1999 gibt es ein Telefonspiel, das nach Inkrafttreten des „Bassanini-Gesetzes“ entwickelt wurde. (Inhalt des Gesetzes: Für Rentenanträge, Bewerbungsverfahren etc. mussten Italiener bisher bei öffentlichen Institutionen „Atteste“ (im Sinne von Geburtsurkunden, Heiratsurkunden etc.) beantragen. Dieses Verfahren war für die Antragsteller langwierig und mühsam. Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes können die Bürger diese „Atteste“ selbst schreiben. Bei dem Telefonspiel sollen Zuschauer mitteilen, was das Gesetz alles ermöglicht.

50

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Österreich – Österreichischer Rundfunk – Fernsehen – ORF 2 Sendung

Redaktion

Name:

Name: Sendebeginn: Ressort Familie, 1968 Redaktion Seniorenclub: Sendezeit: Kurt Farasin 17.05 –17.50 Uhr Mitarbeiterzahl: Sendedauer: 4 feste Angestellte, 45 –50 Minuten 2 freie Mitarbeiter Senderhythmus: Älter als 60 Jahre: wöchentlich 1 fest angestellter Mitarbeiter Durchschnittsalter: 30 –40 Jahre Altersspanne: 28 – 67 Jahre

„Seniorenclub“

Sendeart: Magazin, Ratgebersendung, Fernsehspiel, Musiksendung

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Zuschauerzahl: ca. 320.000 (28 % Marktanteil, ca. 55 % Marktanteil in der Zielgruppe, Durchschnittsalter 65) Alter: ab ca. 55 Jahre

Werbeanteil: ProductPlacement: Kochzutaten, Wein

Inhalt: Spezifische Themen der älteren Generation (50 +), Kultur, Reisen, Veranstaltungen, Unterhaltung (Musik, Theater, neue Volksmusik), Gesundheit, Lebenskultur. Lizenzprodukte: Seniorenclub Reiseservice, Seniorenclub Ratgeberservice (Kurorte in Österreich, Heimtiere, Garten etc.) Kooperationen mit Schwerpunkt Wellness

USA – KRMA-TV Sendung

Redaktion

Sendedaten

Zuschauer

Werbung

Name:

Name: Redaktion: Trux Simmons Mitarbeiterzahl: k. A. Älter als 60 Jahre: k. A. Durchschnittsalter: k. A. Altersspanne: k. A.

Sendebeginn: 1996 Vorläufer: 1987 Sendezeit: k. A. Sendedauer: 30 Minuten Senderhythmus: wöchentlich

Zuschauerzahl: k. A. Alter: ab 54, Frauen

Werbeanteil: k. A.

„Life Wise“

Sendeart: Magazin

Inhalt: Die Sendung ist für und über Senioren. Sie bietet Orientierung für „erfolgreiches Altern“ und konzentriert sich auf Themen, die ältere Zuschauer und deren Familien interessieren.

51

KDA-Umfrage

Angebote für seh- und hörbehinderte Menschen Rundfunkanstalt

Angebote

Belgien Fernsehen – VRT Hörfunk / Fernsehen RTBF

• Videotext – Teletext

Fernsehen

• Journal Télévise mit Gebärdensprache (traduction gestuelle)

Hörfunk

Fernsehen Nein

Hörfunk

• 50 % der Sendungen, inklusive Live-Untertitelung von Nachrichtensendungen • wöchentlich erscheinendes Magazin (See, Hear) für Nutzer der britischen Gebärdensprache (BSL) • spezielle Richtlinien, die gemeinsam mit dem Royal National Institute for the Blind (RNIB) verabschiedet wurden, zur Untertitelung und grafischen Aufbereitung sowie Einbeziehung von Kerninformationen in Ton und Bild • In Touch (weekly) für sehbehinderte Hörer. Does he take sugar? (weekly) für körperbehinderte Hörer

Europa Fernsehen – arte

52

• ein Mal im Monat ein Hörfilm

• Untertitel • Gebärdensprache

Island

Großbritannien Fernsehen

Angebote

Irland

Frankreich Hörfunk – MFM

Rundfunkanstalt

• Nachrichten in Gebärdensprache / 8 Min. pro Tag • Untertitel für alle ausländischen Sendungen • Untertitel on TextTV für alle wichtigen inländischen Filme und Produktionen

Italien Fernsehen Hörfunk

k. A. k. A.

Programme und Sendungen für ältere Menschen in Hörfunk und Fernsehen

Rundfunkanstalt

Angebote

Österreich Fernsehen ORF

Rundfunkanstalt

Angebote

Schweiz Mit einem finanziellen Aufwand von rund 11 Millionen Schilling pro Jahr untertitelt die ORFTeletext-Redaktion mehr als 150 TV-Sendestunden pro Monat. Mit diesem Gehörlosen-Service nimmt der ORF im deutschen Sprachraum nach wie vor die Spitzenposition ein. Zusätzlich zu den Untertiteln bietet ORF-Teletext den Hörbehinderten mit dem Magazin „Lesen statt Hören“ eine permanent aktualisierte elektronische Zeitung an. Außerdem wird die ORF-Sendung „Wochenschau“ mit einem Rückblick des aktuellen Dienstes auf die jeweils vergangene Woche mit Gebärdensprache und Untertitel ausgestrahlt.

Fernsehen Hörfunk

Nein

Slowakische Republik Fernsehen Hörfunk

Nein

Tschechien Fernsehen

• Untertitel • Gebärdensprache

USA Fernsehen – KRMA-TV

„Closed Captioned“ audio für Hörbehinderte für alle Lokalsendungen und „Descriptive Video“ für Sehbehinderte auf ausgewählten Programmen

53

Plenum

Plenum: Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm? Im ersten Teil dieser Runde im Plenum nahmen leitende Programm-Verantwortliche von neun bedeutenden europäischen Sendern in kurzen Statements Stellung zum Plenungsthema „Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?“

Ehe sie auf die Fragestellung eingingen, stellten einige Referenten – insbesondere diejenigen aus dem Ausland – zunächst ihren Sender und das Programm (für Ältere) vor. Sofern nähere Ausführungen dazu später auch in einzelnen Workshops erfolgten, entfällt die Vorstellung der Sender und Programme an dieser Stelle.

ORF-Ressortleiter Farasin: „Wir müssen auf die von uns vermittelten Bilder achten“ WDR-Fernsehen-Chefredakteurin Marion von Haaren, die die Moderation der Plenumsveranstaltung übernommen hatte, erteilte zunächst Kurt Farasin, dem Leiter des Familienressorts des Ös-

von reiner Unterhaltung immer mehr in Richtung Information und Service für die eher hochbetagten Senioren entwickelt habe. Der Altersdurchschnitt der Zuschauer hatte zuletzt bei 68 Jahren gelegen.

terreichischen Rundfunks (ORF), das Wort. Farasin stellte dar, wie der ORF zum Thema „Alter“ steht und wie er seine älteren Zuhörer und Zuschauer bedient. Letzteres gelänge über drei Schienen. Da sei zum einen natürlich die klassische „Senioren-Zielgruppenfernsehsendung“: Der „Seniorenclub“, den der ORF seit 32 Jahren produziere und ausstrahle (siehe dazu Seite 125). Farasin berichtete, wie sich die Sendung in dieser langen Zeit

Doch Ältere würden sich auch von anderen Sendungen angesprochen fühlen. „Eine dieser Programmflächen trägt den Titel ‚Willkommen Österreich‘. Dabei handelt es sich um eine von montags bis freitags ausgestrahlte zweistündige Servicesendung mit Themen wie ‚Gesundheit‘, ‚Reisen‘ und ‚Rente‘. Der Altersdurchschnitt ihrer Nutzer liegt zwischen 60 und 63 Jahren – obwohl die Sendung nicht als Seniorenprogramm deklariert ist“, erklärte der ORF-Ressortleiter. Eine andere allgemeine, „sehr beliebte Schiene“, mit der der Österreichische Rundfunk Senioren anspräche, sei der Bereich „Unterhaltung“ mit denSchwerpunkten „Volksmusik“ und heimatbezogenen Themen.

Von links nach rechts: Martin Hoffmann (SAT 1), Anneke Krijnen (AVRO), Martin Berthoud (ZDF), Alexander Isadi (RTL) und Kurt Farasin (ORF).

54

Allerdings würden im Alltag des Senders „viele Maßnahmen abgeblockt“, die ältere Menschen betreffen, kritisierte der Österreicher. „Denn der ORF ist sozusagen mit der Werbewirtschaft eng verbandelt. Wir leben eben auch von den Werbeeinnahmen.“ Und für die Werbewirtschaft zähle

Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

eben nur das Publikum bis zu 49 Jahren. Doch Farasin wollte es nicht bei dem Eindruck bewenden lassen, dass sein Sender beim Diktat durch die Werbewirtschaft nur geduldig still halte. Man versuche schon, die Werbeleute über die Bedeutung der Zielgruppe 50 plus „aufzuklären“. So habe es bereits 1994 „eine ganz große ORF-Enquete“ über dieses „neue Marktsegment“ gegeben, um die Werbewirtschaft auf die Zielgruppe und Kaufkraft Älterer aufmerksam zu machen. Außerdem würde die Werbeabteilung des Senders Dauer-Überzeugungsarbeit leisten: „Die liefert Fakten und Aufklärungsmaterial an die Werbeindustrie und sagt dabei: ‚Schaltet doch Werbung, denn wir haben interessante Zielgruppen und wir haben dazu interessante Programmflächen‘.“ „Alter und Altern stellen bei uns im Sender auf je-

den Fall ein Thema, das ständig diskutiert wird, dar“, lobte Farasin weiter den ORF. „So gibt es seit drei Jahren die Arbeitsgruppe ‚50 plus‘, in der interne Diskussionen über das Altersbild geführt werden. So haben wir uns dabei schon gefragt, ob es wirklich sein muss, dass in einer Sendung wie ‚Zeit im Bild‘ immer stereotype Bilder zur Visualisierung gezeigt werden? So werden zum Beispiel beim Thema ‚Pensionen‘ immer zwei alte Herrschaften gezeigt, die mit dem Gehstecken auf der Wiese stehen. Wir müssen eben auch auf die von uns vermittelten Bilder achten. Dann setzen wir uns mit der Frage auseinander, wie beispielsweise ein Programm verstärkt in Richtung Service für ältere Zusehergruppen, die ja unsere Hauptnutzer sind, gehen kann. Dazu wird ein Entwicklungskonzept erarbeitet.“ Als nächste Referentin stellte Marion von Haaren

„Radio Bleue“-Programmchefin Dost: „Wir schaffen kein ‚Ghetto‘ für ältere Hörer“ Francoise Dost von „Radio France“ vor. Sie ist

Programmdirektorin des französischen Senders „Radio Bleue“ (siehe auch Seite 182), der sich ursprünglich völlig auf Senioren spezialisiert hatte und als Zielgruppensender natürlich anders mit der mit der Frage, ob „Alter(n) (k)ein Thema fürs Programm“ ist, umgeht. Ihr Radioprogramm, das täglich 500.000 und wöchentlich zwei bis zweieinhalb Millionen Zuhörer erreicht, verfolge ausdrücklich das Ziel, „das negative Erscheinungsbild des Alters zu ändern. Wir wollen auch dazu beitragen, dass sämtliche Menschen, die älter geworden sind, in allen Bereichen des Alltags besser leben können. Wir wollen ihnen helfen, ihren Alltag besser zu verstehen und diesen zu bereichern“, so Francoise Dost. Trotz Ausrichtung auf die Zielgruppe der Senioren habe der Sender aber niemals ein „Ghetto“ für ältere Hörer geschaffen. Mittlerweile sei die Entwicklung sogar dahin gegangen, dass sich „Radio Bleue“ heute als allgemeiner Radiosender mit Aufgaben der kulturellen Bereicherung, der Information und der Unterhaltung betrachte, erklärte die

Francine Dost.

55

Plenum

Französin. „Unsere Daseinsberechtigung liegt darin, dass wir den Dingen im Dienst der Öffentlichkeit auf den Grund gehen und damit keineswegs eine Alterserscheinung darstellen.“ Damit würde Radio Bleue aber keineswegs von den älteren Hörern abkehren. Francoise Dost: „Selbstverständlich bleiben wir gewillt, Themen im Zusammenhang mit Alter und Altern eingehend zu behandeln, aber eben nicht nur die. Diese Themen sind nicht mehr das Rückgrat unseres Senders.“ Die Verlagerung vom reinen Senioren-Zielgruppensender hin zum breiteren Publikumsfunk hatte auch mit der Tatsache zu tun – so Dost –, dass „Radio Bleue“ im Lauf der Jahre einfach „keine Fortschritte mehr gemacht hat“. Die Programmdirekto-

rin bezog das beispielsweise auf die Frequenzen, wo ihr Sender seit Jahren auf Hindernisse aller Art gestoßen sei. „Wir haben einfach ein bisschen zu viel unseren Willen kundgetan, uns an Senioren zu wenden.“ Für diese „unattraktive Zielgruppe“ musste der Sender dann bei den Frequenzvergaben büßen: „Vor einigen Monaten wurde im öffentlichrechtlichen Programm von Radio France ein neues Programm gegründet – ein Programm für junge Leute mit dem Namen ‚Le Move‘. Dabei wurden UKW-Frequenzen für die jungen Leute gefunden. Auf diese Frequenzen hatten wir bei ‚Radio Bleue‘ schon lange Jahren gewartet“, stellte Francoise Dost enttäuscht fest. Scheinbar problemlos scheint das Zweite Deutsche

ZDF-Hauptabteilungsleiter Berthoud: „Wir achten auf tragende Rollen für Ältere“ Fernsehen (ZDF) mit dem Thema „Alter(n)“ umzugehen. Diesen Eindruck vermittelte jedenfalls Martin Berthoud, der beim Mainzer Sender als Hauptabteilungsleiter für die Programmplanung zuständig ist.

Martin Berthoud.

56

Seinen Beitrag begann er mit den Worten: „Wenn man die Fragestellung unserer Runde hier damit beantwortet, dass sich der Jugendkult im Fernsehen durchgesetzt habe und das Thema ‚Alter‘ zum Non-Thema gemacht worden ist, halte ich das schlicht für falsch. In der Bundesrepublik können die Haushalte durchschnittlich 35 Programme empfangen, und noch nie hat es in dieser Angebotsvielzahl so viele Sendungen für Jung und Alt und so viele Sendungen über Jung und Alt gegeben. Nach meiner Ansicht ist das, was wir heute diskutieren, zu einem bestimmten Teil kein Sachproblem, sondern ein Wahrnehmungsproblem.“ Doch nicht nur die falsche Wahrnehmung von Zuschauern und Fernsehkritikern sei schuld am Bestehen der Altersdiskriminierungsthese, sondern es gäbe auch einen rationalen Hintergrund für diese Diskussion. „Das ist die gesamte Diskussion in den

Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

elektronischen Medien, die eingesetzt hat mit der teilweisen Kommerzialisierung und dem direkten Durchschlagen von Werbestrategien auf die Programmgestaltung. Werbestrategien, die eben darin enden, dass man sagt, die eigentliche Zielgruppe der Medien sind die 14- bis 49-Jährigen“, erklärte Berthoud weiter. Die öffentlich-rechtlichen Anbieter würden auf Grund ihres Programmauftrages nach einem Integrations-und Vielfaltskonzept arbeiten. Berthoud: „Wir bieten thematische Vielfalt, wir sprechen unterschiedliche Publikums- und Altersgruppen sowie die Generationen übergreifend an. Insofern kommt es für uns überhaupt nicht in die Tüte zu sagen, Altern sei kein Thema fürs Programm.“ Das ZDF, das in der Gunst der älteren Zuschauer ganz vorne liegt (im ersten Halbjahr 1999 waren 71,9 Prozent der ZDF-Zuschauer älter als 50 Jahre, siehe dazu Grafik auf Seite 58) und deshalb nicht selten als „Senioren-Fernsehen“ tituliert wird, störe es nicht, dass es seine Erfolge in dieser Zielgruppe erziele, so der ZDF-Programmplaner. Heutzutage könne ohnehin nur der Sender Erfolg auf dem Markt der elektronischen Medien haben, der auch Ältere zu seinem Publikum zähle. Um diese These zu untermauern, führte Berthoud Daten über die hohe Mediennutzung älterer Menschen an (siehe dazu auch Seite 82 ff.). „Wir haben aber natürlich – und ich glaube, das schließt sich überhaupt nicht aus, denn es ist kein Gegensatz – auch darauf zu achten, dass wir jüngere Zuschauer in unser Publikum nachwachsen lassen“, fügte Berthoud hinzu. Weil das ZDF seine älteren Zuschauer und das Thema „Alter“ für so wichtig erachte, würden beide vom ZDF kontinuierlich berücksichtigt. „Wir berücksichtigen es in der ganzen Breite unserer Genres, unserer handwerklichen Mittel.“ Das beginne schon bei der Präsentation des Programms. „Bei uns wird kein Moderator oder Nachrichtensprecher deswegen aus dem aktiven Geschäft genommen, weil er die 50-Jahr-Grenze überschritten hat“, sagte Berthoud. Er erläuterte, dass sich die Bildschirmpräsenz Älterer auch auf den fiktionalen

Bereich, also auf Spielfilme und Serien übertragen lasse und verwies dabei auf Produktionen wie den „Großen Bellheim“ und „Forsthaus Falkenau“. „Wir achten bewusst darauf, dass darin ältere Protagonisten eine tragende Rolle spielen.“ Damit leiste sein Sender einen ganz entscheidenden Schritt zur Verbesserung des Altersbildes in der Gesellschaft, sagte Martin Berthou. „Denn nach unserer Erkenntnis ist es letztlich auch wirkungsvoller, wenn man beispielsweise in einer Serie wie ‚Forsthaus Falkenau‘ vier bis fünf Millionen Zuschauer hat, die eine bestimmte Darstellung alter Menschen sehen, als wenn man ein Seniorenmagazin für 500.000 bis 600.000 Zuschauern anbietet".“ Aus diesem Grunde habe sich das Zweite Deutsche Fernsehen auch gegen das Separieren und damit gegen eine spezielle Altensendung entschieden. Moderatorin Marion von Haaren stellte nach so viel lobenden Worten über das ZDF die – wie sie sagte – „rhetorische Frage“, ob denn nicht doch gelegentlich auf den Fluren des Mainzer Senders darüber gelächelt würde, dass man so einen hohen Anteil älterer Zuschauer habe. Berthoud ging auf diese kleine Provokation nicht ein, sondern erläuterte vielmehr die Gründe für die hohe Senioren-Beliebtheit des ZDF. Es habe sicherlich etwas mit Programmtraditionen zu tun und damit, dass sein Haus so lange zu Recht an erfolgreichen Formaten festhalte. Aber es habe auch damit zu tun, „dass knapp die Hälfte unseres Programms – und das ist auch bei der ARD so – aus Informationen besteht“, erläuterte er. Denn rund ein Drittel des Fernsehkonsums der älteren Bevölkerung ab 50 Jahren würde auf Informationssendungen entfallen. „Das heißt, unser gesamter Programmmix und unser Programmspektrum ist schon von seiner Mischung her, die natürlich auch etwas mit unserem Auftrag zu tun hat, von vorneherein eher affin zu älteren Zielgruppen als bei kommerziellen Anbietern“, schloss der ZDFHauptabteilungsleiter.

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Plenum

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Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

BBC-Gleichstellungsbeauftragte Prosser: „Wir haben Richtlinien zur Vermeidung von stereotypen Altersdarstellungen“ Daran anschliessend stellte Marion von Haaren Shelagh Prosser aus Großbritannien vor. Sie ist bei der „British Broadcasting Corporation“ (BBC) als „Head of the BBC Broadcast Equality Unit“ tätig. Diese Berufsbezeichnung machte natürlich zuerst eine nähere Beschreibung ihrer Arbeitsbereiche notwendig. Die „Equality Unit“, die eine Art Abteilung für Gleichstellungsfragen sei, habe die Aufgabe, darauf zu achten, in welchem Ausmaß die BBC als eine öffentliche Rundfunkanstalt die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in Bezug auf Geschlecht, Behinderung, ethnischer Zugehörigkeit und Alter widerspiegelt, erklärte Prosser. Daneben ginge es darum, die Gleichstellungspraktiken in der BBC selbst unter die Lupe zu nehmen. Ihre weiteren Ausführungen begann die Britin zunächst mit einigen allgemeinen Angaben zum Fernsehverhalten von Senioren im Vereinigten Königreich. Wie in der Bundesrepublik, so sehen auch dort Menschen mit zunehmenden Alter immer mehr fern. So konsumierten die ab 55-jährigen Briten wöchentlich durchschnittlich 36 Stunden lang Fernsehprogramme, während die Gruppe der 16bis 44-Jährigen nur durchschnittlich 21 Stunden in der Woche fernsieht. Ganz gleich, wie oft welche Altersgruppe die BBC einschalte: Deren Programme hätten die Interessen des gesamten Publikums ungeachtet seines Alters zu beachten, sagte Shelagh Prosser. „Als ein öffentlicher Sender, der über eine Universallizenz finanziert wird, hat die BBC die Aufgabe, alle Teile der britischen Gesellschaft zu bedienen und die Vielfalt der Bevölkerung in Großbritannien in unseren Programmen, unserem Service und in unserer Belegschaft besser widerzuspiegeln. 1996 haben wir zu dieser Verpflichtung zum ersten Mal eine öffentliche Erklärung, eine Art Versprechen gegenüber unseren Zuhörern und Zuschauern abgegeben. Unser jährlicher Bericht informiert darüber, wie wir gegen diese Versprechen verstoßen haben.“

Shelagh Prosser.

Das Alter bilde ein Kriterium innerhalb dieser so genannten Gleichstellungserklärung. Diese würde sowohl auf die Beschäftigten innerhalb der BBC als auch im Hinblick auf das Programm angewendet. „Wir sind damit beauftragt, solche Praktiken zu implementieren, die niemanden aus Altersgründen diskriminieren. Wir mussten jedoch feststellen, dass sich in der Rundfunk- und Fernsehindustrie im Vereinigten Königreich und auch weltweit, das Altersprofil der Belegschaften verjüngt“, sagte die BBC-Gleichstellungswächterin. So seien von den annähernd 23.000 Beschäftigten ihrer Medienanstalt nur drei Prozent 55 Jahre oder älter. Das Durchschnittsalter der BBC-Beschäftigten läge mittlerweile bei 36 Jahren. Damit würden die Programmmacher und der „BBC-Kernmarkt“, die älteren Hörer und Seher, altersmäßig sehr auseinander klaffen. Shelagh Prosser ist der Ansicht, dass dadurch die Verantwortung der BBC-Verantwort-

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lichen wachse, das ältere Publikum und seine Bedürfnisse zu verstehen. Falsche Annahmen und Vorurteilen über das Alter und Alte, die die jüngeren Angestellten möglicherweise hätten, müsse rechtzeitig entgegen getreten werden. Das sei eben genau eine der Aufgaben ihrer „Equality Unit“. Shelagh Prosser: „Um die Programmgestalter zu unterstützen, haben wir ein Regelwerk von redaktionellen Standards erstellt. Dieses gilt für jeden, der an der Programmgestaltung der BBC beteiligt ist, sei es als fest Angestellter oder als freier Produzent. Die Richtlinien für Produzenten enthalten ein Kapitel mit Empfehlungen für die Darstellung von Menschen und weisen aus, wie man am besten Stereotype und Wiederholungen vermeiden kann. In diesem Kapitel haben wir einen speziellen Teil, der ältere Menschen betrifft (siehe auch Seiten 207 und 210). Darin heißt es wörtlich: ‚Viele ältere Menschen führen eine aktives und erfülltes Leben. Bilder, die sich darauf konzentrieren, sie als Randgruppe darzustellen – abhängig, gebrechlich, passiv – ignorieren die Tatsache, dass Menschen, die Berufstätigkeit und Familienphase hinter sich haben, oft beschäftigt, aktiv und nutzbringend sind. Das Alter sagt uns nicht notwendigerweise etwas über das Können, den Geistes- oder Gesundheitszustand aus. Das Alter sollte nur dann Inhalt sein, wenn es relevant ist. Die BBC setzt keine obere Altersgrenze bei der Teilnahme an Programmen, weder beim Publikum noch bei den Kandidaten, Teilnehmern oder Künstlern. Das einzige Kriterium sollte die Fähigkeit sein, das Geforderte leisten zu können.‘ Sie können nun sagen“, wandte sich Prosser an das Kongressplenum, „dass das alles bloß schöne Worte sind. Doch alle unsere Absichten spiegeln sich in unseren Programmen wider.“ Bedauerlicherweise gebe es aber auch Belege dafür, dass diese Vorsätze nicht immer eingehalten würden. „Vor einigen Jahren haben wir eine Untersuchung durchgeführt, wo herausgefunden wurde, dass nur sieben Prozent der Akteure in der Fernsehwelt im Verinigten Königreich – das ist also nicht nur für die BBC spezifisch – 60 Jahre und älter sind und dass ältere Männer die älteren Frauen um 73 Prozent übertreffen (siehe Seite 108 ff.). Das steht offensichtlich im Gegensatz zu den tatsächlichen de-

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mographischen Werten. Die Forschung hat ebenfalls herausgefunden, dass es weiterhin negatives Stereotypisieren gegenüber Älteren gibt, zum Beispiel Mürrisch-Sein, Verlegenheit beim Sex oder Ältere in der Rolle als passive Beobachter. Wir sind verpflichtet, alles, was die Darstellung von Menschen betrifft, in unseren Auftragsunterlagen aufzuzeigen. Jeder, der der BBC ein Programmangebot macht, hat das zu berücksichtigen. Das Forschungsprojekt ist ein anspruchsvollerer Weg, unser Publikum zu verstehen. Anstatt uns einfach die demographischen Daten anzusehen, schauen wir auf Schauplätze des Lebens, Lebensstile, Leidenschaften der Menschen. Wir versuchen, robuste Prüfkriterien bei der Darstellung von Menschen einzusetzen, um die Umsetzung zu messen. Wenn wir keine Messungen vornehmen, wie wüssten wir dann, ob wir in unseren Sendungen Fortschritte dabei machen, die Vielfalt der britischen Gesellschaft widerzuspiegeln?“, fragte Prosser in die Runde.

Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

Als weitere Maßnahme auf dem Weg zu einer ausgewogeneren Altersdarstellung nannte Prosser die kürzlich erfolgte Bestellung eines Vorstandsmitglieds als Altersbeauftragte für die Organisation. „Sie ist verantwortlich für die Umsetzung unserer Politik und dafür, unsere Verpflichtungen in diesem Bereich vor und hinter der Kamera voranzubringen. Außerdem suchen wir nach praktikablen Lösungen, die Vielfalt auf dem Bildschirm zu verbessern. Wir haben zum Thema Vielfalt eine Datenbank eingerichtet. Diese Datenbank soll den Programmmachern dabei helfen, ein größeres Angebot an Mitarbeitern zu finden. Dieses Werkzeug wird immer weiter entwickelt und enthält gegenwärtig 331 Menschen, die 55 Jahre oder älter sind. Das sind derzeit 17 Prozent der in der Datenbank erfassten Mitarbeiter. 23 Prozent dieser älteren Menschen gehören gleichzeitig Minderheiten an, und 31 Prozent dieser älteren Menschen sind Experten auf einem speziellen Gebiet. Die Menschen sind in dieser Datenbank auf Grund einer Reihe von Gründen verzeichnet: sie sind entweder Experten, oder sie möchten an einem Programm als Mitwirkende teilnehmen.“ Abschließend ging Prosser noch auf spezielle Programme für Ältere bei der BBC ein: „In diesem Jahr, in dem wir das Millenium feiern, haben wir

zahlreiche Hauptprogramme für die Zielgruppe der älteren Menschen, zum Beispiel hieß ein Programm, das kürzlich anlief, „A hundred years young“ („Hundert Jahre jung“), welches Hundertjährige feierte. Auch befinden wir uns mitten in einem historischen Projekt, das über das Lokalradio gesendet wird und „The century speaks“ („Das Jahrhundert spricht“) heißt. Wir haben jedoch erkannt, dass die wahre Herausforderung darin liegt, wie wir von diesen Jubiläumsprogrammen zum Milleniumswechsel zu einer Sendeumgebung kommen, in der die Darstellung älterer Menschen eher die Routine als eine Ausnahme ist.“ Moderatorin Marion von Haaren begeisterten die Sendenamen der BBC: „Diesen Titel ‚Hundert Jahre jung‘ finde ich einfach genial. Das sollten wir uns einfach mal merken.“ Als nächsten Programmverantwortlichen kündigte von Haaren den ersten Vertreter eines Privatsenders an. Alexander Isadi ist bei RTL Deutschland Direktor für „Corporate Operation“. Die Moderatorin fragte ihn: „Herr Isadi, aus dem Mund Ihres ehemaligen Chefs Thoma kommt ja das bekannte Wort ‚Für die Kukidents machen wir kein Programm‘. Bleiben Sie wirklich dabei?“

RTL-Direktor Isadi: „Die Kukidents stellen nicht die Hauptmasse“ Isadi antwortete: „Ich freue mich, dass RTL hier in dieser Runde dabei sein kann. Uns beschleicht natürlich bei solchen Veranstaltungen, wo die Mehrzahl der Kombattanten auf dem Plenum aus der öffentlich-rechtlichen Tranche kommt, immer das Gefühl, dass wir als Feigenblatt bzw. als Agent provocateur eingeladen werden. Ich hoffe, Sie sehen mir dieses nach, Frau von Haaren, insofern haben Sie mit dem Eingangsstatement, das Sie mir auferlegt haben, unseres ehemaligen Geschäftsführers Dr. Thoma, natürlich schon eine gewisse Zielvorgabe gegeben, dass wir für die Kukidents kein Programm machen. Das wäre ja noch schöner, wenn

die Eigentümer der Kukident-Fabrik bei uns das Programm bestimmen könnten. Lassen Sie mich mal so aus der Sache herausreden.“ Marion von Haaren: „Sehr ehrenhaft.“ Alexander Isadi: „Ansonsten ist es natürlich richtig – und das hat ja auch seine Bewandnis in der Zusammenstellung dieses Plenums –, dass die privaten Veranstalter eine grundsätzlich andere Ausrichtung haben und nach unserer Auffassung auch haben müssen.“ Kommerzielle Medien-Veranstalter hätten am Ende des Geschäftsjahres bestenfalls ein Ziel: möglichst Geld zu verdienen. Das müsse bei der Fragestellung: „Was passiert mit den Älteren in der Pro-

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vielen Zuschauern zu transportieren.“ Damit sei die Fokussierung auf die für die Werbewirtschaft relevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen (siehe Seite 114 ff.) naheliegend.

Alexander Isadi.

grammdarstellung und in der Programmauswahl?“ unbedingt berücksichtigt werden. „Ältere Menschen sind nach Ansicht von RTL per se keine Gruppe, die es besonders anzusprechen gilt, weil wir sie auch nicht besonders ausgrenzen wollen. Es ist richtig, dass Herr Dr. Thoma gesagt hat, für die Kukidents machen wir kein Programm. Lassen Sie mich das insofern aufgreifen: Wir machen natürlich hauptsächlich massenattraktives Programm. Und die Kukidents stellen nicht die Hauptmasse dar.“ RTL sei nun mal ein kommerzieller Veranstalter. Und da im nicht-öffentlich-rechtlichen Fernsehen Geld nur durch Werbung (die Ausnahme bildet das so genannte „Bezahlfernsehen“) verdient werden könne, bedeute das: „Wir privaten, das heißt kommerziellen Veranstalter, sind eine Art Dienstleistungsunternehmen. Wir transportieren nämlich eine möglichst hohe Zuschauermenge zu der Werbewirtschaft und versuchen wiederum andererseits, eine Botschaft der Werbewirtschaft zu möglichst

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Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern sei das etwas anderes, denn „es trifft zu, was mein Kollege vom ZDF und die Kollegin von der BBC gesagt haben: Wer Gebühren bekommt und einen besonderen Programmauftrag hat, muss auch sehen, dass er diesem Programmauftrag nachkommt, denn das ist ein Teil der Gebührenlegitimation“, stellte Isadi fest. Mit einem Seitenhieb auf die „Gebühreneinnehmer“ fragte er: „Aber wie sieht denn überhaupt das Vorabendprogramm der Öffentlich-Rechtlichen aus – und damit die Zeit, in der die Werbung dort eine maßgebliche Rolle spielt, weil dann dort geworben werden darf? Sie werden feststellen, dass das Vorabendprogramm der Öffentlich-Rechtlichen sich von dem der Privaten nach 20.15 Uhr in keiner Weise unterscheidet. Im Gegenteil: Es wird dort vehement versucht, ähnliche Zielgruppen anzusprechen, wie es die Privaten den ganzen Tag über versuchen. Insofern haben es die ÖffentlichRechtlichen – ketzerisch gesagt – ein wenig leichter. Sie können nämlich aus zwei Töpfen schöpfen und können sich die Mentalität und die Ideologie zweier Finanzierungsformen zu Gemüte führen. Das können die Privaten leider nicht.“ Der RTL-Direktor für Corporate Design setzte sich auch kritisch mit der „heiligen Kuh“ der Werbebranche, also mit den 14- bis 49-Jährigen, auseinander: „Bei dieser Gruppe ergibt sich von vornherein ein kleines denklogisches Problem. Denn man spricht ja immer von den Leuten, die über möglichst viel Ressourcen verfügen, die zum Konsum geeignet sind, sprich über Geld. 14-jährige Haushaltsführende gibt es in der Regel nicht. Das heißt, wenn man von der Werbewirtschaft ausgehend sagt, die Haushaltsführenden sind die, die im Konsum stehen, im Konsum am meisten tätig sind, dann müsste man eigentlich sagen, man fängt bei 18 Jahren an. Es wäre sicherlich auch von Vorteil zu überlegen, warum denn die Zäsur oben bei den 50-Jährigen liegt. Das Erwerbsleben geht doch eigentlich bis zum 60. oder 65. Lebensjahr weiter. Ist

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es da nicht vielleicht sinnvoller darüber nachzudenken, dass man die 18- bis 55-Jährigen oder die 18bis 60-Jährigen als Kernzielgruppe definiert? Aber das kann man natürlich nur mit den entsprechenden Daten und entsprechenden Erhebungen aus der Marktforschung, wenn man sieht, dass dort die Werbewirtschaft einen entsprechenden ansprechbaren Kreis hat. Solange das nicht der Fall ist, wird die Definition der 14- bis 49-Jährigen für die kommerziellen Veranstalter zumindest die Kernzielgruppe sein.“ Wenn in der Werbeindustrie in dieser Hinsicht ein Umdenkungsprozess und eine Ausweitung der Altersgrenze stattgefunden habe, dann hätten auch die kommerziellen Sender mehr Möglichkeiten, Ältere anzusprechen. Alexander Isadi versäumte es allerdings nicht zu erwähnen, dass RTL – trotz der alleinigen Abhängigkeit von der Werbung und der vorausgegangen „Kukident“-Diskussion – auch bei älteren Zuschauern sehr beliebt sei. So waren im ersten Halbjahr von 1999 immerhin 45,5 Prozent der RTLNutzer 50 Jahre und älter (siehe dazu Seite 58). „Uns ist es gelungen, den Spagat in den Zielgruppen und demographischen Gruppen so zu machen, dass man die Jungen begeistern kann, ohne die Alten vor den Kopf zu stoßen. Massenattraktiv zu sein, bedeutet für uns auch, dass die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Programm Elemente finden, die sie dazu bringen, RTL einzuschalten.“

großen Anzahl – ähnlich wie bei den Öffentlichrechtlichen – für das Programm zu begeistern. Das sei aber ausgesprochen schwierig. Isadi: „Wenn man sich als Senior vor ein Programm setzt, ist man natürlich schneller enttäuscht, wenn das Programm, das einem dargeboten wird, nicht die ganze Palette der eigenen Lebenserfahrung abdeckt. Damit wird es unter redaktionellen Gesichtspunkten verdammt schwierig. Wenn Sie ein Programm primär für die 14- bis 49-Jährigen gestalten wollen, dann müssen Sie versuchen, ganz bestimmte Schwerpunkte zu setzen. Die nicht angesprochenen Schwerpunkte fehlen dann natürlich, um eben diesem breiten Rezeptionshintergrund der älteren Menschen gerecht zu werden.“ Ältere könnten bei Privatsendern „natürlich nicht so vehement in den Schwerpunkten vorkommen wie bei einer Programmgestaltung, die sich mit ihrer historischen Zusammensetzung, ihrem Programmauftrag und der Gebührenlegitimation zur Integration aller gesellschaftlichen Gruppen verpflichtet hat. Insofern könnte man eigentlich ein bisschen provokant sagen: Solange das ZDF so großen Erfolg bei den älteren Menschen hat, solange kann sich RTL auf die 14- bis 49-Jährigen stärker konzentrieren. Insofern ist das duale System doch eigentlich eine prima Sache. Das würden wir auch sofort unterschreiben.“

Und das, obwohl der neue RTL-Geschäftsführer Zeiler (der frühere ORF-Generalintendant) unter der Zielsetzung angetreten war: „Das, was ich beim ORF begonnen habe, nämlich eine starke Fokussierung und Ausrichtung auf die 14- bis 49-Jährigen, das kann ich nun bei RTL legitimerweise noch stärker fortführen.“ Für Isadi ist das „unter kommerziellen Gesichtspunkten genau der richtige Ansatz“. Eine echte, massenattraktive Programmwirkung könne allerdings nur erreicht werden, wenn es gelänge, auch die über 49-Jährigen in einer richtig

Martin Berthoud, Alexander Isadi, Kurt Farasin.

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AVRO-Radiodirektorin Krijnen: „Wir werden unser Zielgruppenprogramm für Ältere fortsetzen“ Auf Grund der fortgeschrittenen Zeit richtete Marion von Haaren an die folgenden Referenten die Bitte, sich nun sehr kurz zu fassen. Das ist der Grund dafür, dass die nun zusammengefassten Statements recht knapp ausfallen. Als nächste sprach Anneke Krijnen aus den Niederlanden. Sie ist Radio-Programmdirektorin von AVRO-Radio (Algemene Omroepvereiniging), „einem von neun Partnern, die in den Niederlanden für das öffentliche Radio und Fernsehen Programme machen“. AVRO sei mitten in einem Prozess der Spezialisierung, berichtete sie. „Wir wollen Programme für spezielle Interessen machen. So soll es beispielsweise um Gesundheit, Sicherheit, Justiz, Kultur und klassische Musik gehen. Für das Fernsehen planen wir eine tägliche Gesundheitssendung, die sich natürlich an die Älteren richtet. Wir werden es nur nicht als spezielles Seniorenprogramm verkaufen.“ Das mache AVRO allerdings bei anderen Sendeformaten schon. Denn seit mittlerweile fünf Jahren gebe es ausdrücklich ein Seniorenprogramm mit durchschnittlich 30.000 bis 40.000 Zuhörern (siehe Seite 167). Zusätzlich bietet AVRO ein Musikprogramm („Die Top-Hits der Vergangenheit“) an. „Wir haben diese Initiative ergriffen, weil unsere Seniorenbürgerinitiativen geplant haben, einen eigenen Radiosender zu gründen, und wir das als öffentlicher Sender nicht wollten. Um das zu vermeiden, machten wir ein spezielles Zielgruppenprogramm. Wir initiierten ein spezielles Informationsprogramm mit dem Namen ‚The time of your life‘ (‚Die Zeit deines Lebens‘). Es ist ein Nachrichtenund Themenprogramm für aktive Senioren“, erklärte Anneke Krijnen. Dann berichtete sie über eine Studie, die im Vorfeld des Internationalen Medienkongresses entstanden war. „Bei unseren qualitativen Untersuchungen haben wir gefragt, wie Senioren das Programm beurteilen und ob sie ein solches Zielgruppenprogramm überhaupt haben möchten. Es wurden zwei Stichproben untersucht,

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deren Alter von 45 bis 75 Jahren variierte. Die meisten Befragten waren älter als 55. Wir kamen zu folgendem Ergebnis: Wenn man ein spezielles Programm für Ältere macht, muss man sie in drei Gruppen einteilen, nämlich die 50- bis 60-Jährigen, die 60- bis 70-Jährigen und die über 70-Jährigen. Das Angebot muss für jede Altersgruppe anders aussehen. Das ‚Time of your Life‘-Format richtet sich an die aktive Gruppe, die aktiven Senioren, die 50- bis 70jährigen. Die Befragten bevorzugten das Format eines Magazins aufgrund der Themenvielfalt, die in so einem Programm enthalten sein kann und sie mögen die Musik der 50er und 60er Jahre. Mehr als 50 Prozent der Befragten wollen kein spezielles Programm für Senioren. Sie sind der Meinung, dass nicht das Alter, sondern allgemein Interessierendes im Vordergrund stehen sollte. Doch wir glauben, die Älteren dürfen nicht vergessen oder übersehen werden. Deshalb werden wir unser Zielgruppenprogramm fortsetzen“, schloss die Niederländerin ihren Beitrag.

Martin Hoffmann, Anneke Krijnen.

Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

SAT.1-Programmgeschäftsführer Hoffmann: „Für die Leute über 50 bekommen sie keine Mark bezahlt“ Ähnlich wie RTL war auch der private Fernsehsender SAT.1, der durch seinen stellvertretenden Programmgeschäftsführer Martin Hoffmann vertreten wurde, vor einiger Zeit im Hinblick auf das Thema „Ältere“ in die Schlagzeilen geraten. Bei SAT 1 hatte man nämlich die Serie „Der Bergdoktor“ abgesetzt, weil zu viele nicht „werberelevante“ Ältere die Sendung gesehen hätten. So hieß es damals in der Presse. So war es Hoffmanns erstes Anliegen, die „Bergdoktor“-Diskussion erst einmal „ein bisschen zu versachlichen“: „Der ‚Bergdoktor‘ ist bei uns 96 Mal in die Gletscherspalte gefallen, und irgendwann haben Sie ein natürliches Ende eines Formats, weil den Autoren einfach keine Geschichten mehr einfallen“, erklärte er. „Aber natürlich haben wir auch anderweitig in unserem Haus darüber diskutiert. Es hing alles zusammen mit unserer vor vier Jahren zentral notwendig gewordenen Imageveränderung. Auch die Positionierung musste dringend verändert werden. Wir wären sonst schlichtweg nicht mehr überlebensfähig gewesen. Denn auch wir müssen Geld verdienen. Doch bei unserer Serienausrichtung und Serienstruktur haben wir dann in der Tat nicht radikal die ältere Zuschauerklientel verschreckt. Wir haben sie modifiziert. Den Weg, den wir gegangen sind, ist der der Modifikation. Eine ähnliche Diskussion hatten wir bei der Krimi-Serie ‚Wolffs Revier‘. Da haben wir einen älteren Kommissar sozusagen seinen Serientod erleben lassen. Und auch das führte zu einem Aufschrei in der gesamten Presse. Und was ist passiert? Das Format hat mittlerweile eine deutlich höhere Akzeptanz – auch im Alterssegment der über 50-Jährigen.“

haben Erfahrungen aus den USA fruchtbar gemacht. All diese Dinge tun wir. Und nichts wäre uns lieber, als diese 14-bis-49er-Diskussion auszudehnen. Wir selbst haben Auswertungen gemacht. Das tut man gerne gegenüber den Konkurrenten und sagt: Bei den 14- bis 55-Jährigen sind wir Marktführer. Das ist schon in unserem eigenen Interesse. Meine Bitte um Verständnis: Diese 1449er-Diskussion führen wir, aber die werbetreibende Wirtschaft oktroyiert es uns. Sie bekommen keine Mark bezahlt – das ist einfach Faktum – für die Leute, die Sie über 50 erreichen. Das ist traurig und sicher nicht in unserem Interesse. Wir arbeiten massiv daran, diese Zielgruppendiskussion zu verändern, und sind ganz optimistisch, denn es gibt erste, leichte erste Schritte zu einer Veränderung.“

Als Vertreter eines kommerziellen und damit ausschließlich von Werbeeinnahmen lebenden Senders, äußerte sich Martin Hoffmann auch zur angeblich einzig werberelevanten Zielgruppe der 49bis 49-Jährigen: „Diese Zielgruppe haben wir nicht erfunden. Wir von Sat.1 haben mehrfach Untersuchungen unternommen zum Thema Konsumverhalten der Alten, junge Alte, dynamische Alte. Wir

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WDR-Programmchef Brender: Plädoyer gegen „mediale Altersheime“ Nikolaus Brender, zurzeit des Medienkongresses

noch amtierende Programmchef des WDR-Fernsehens (im Frühjahr 2000 wurde er ZDF-Chefreakteur), gab sein Statement als letzter Redner ab. Er stellte die These auf: „Ich glaube, auf keinem Fernsehmarkt der Welt werden die älteren Menschen besser bedient als hier in Deutschland. Und auf keinem Fernsehmarkt der Welt kommen sie in der Darstellung ihrer Lebenswirklichkeit auch besser weg. Zwei nationale öffentlich-rechtliche Programme, neun regionale öffentlich-rechtliche Programme, ein nationales privates Programm – Herr Hoffmann sitzt hier – die sich in ihrer Programmphilosophie und in der Wahrnehmung, im Ergebnis vor allem an Menschen über 50 Jahre wenden und dort gesehen werden. Es gibt also von dieser Seite her überhaupt keinen Grund zum Lamentieren.“ Alte oder ältere Menschen hätten die Programme vieler Fernsehsender jahrelang gemacht und machten sie heute noch, erklärte Brender. „Sie planen, realisieren, verantworten, moderieren und räsonieren – Menschen über 50 Jahre.“ In den öffentlich-rechtlichen Anstalten liege das Durchschnittsalter der Programmmitarbeiter um die 50 Jahre. Diese Realität habe natürlich auch etwas mit dem Programm zu tun, das wir dort sehen, mit der Verfassung, und mit der Geschichte der einzelnen Sender“, sagte der WDR-Fernseh-Programmchef. Nicht bei den Alten, sondern bei den Jungen sieht Brender „große Probleme“: „Den öffentlich-rechtlichen Auftrag der Integration haben wir eher im Hinblick auf die Jungen nicht richtig wahrnehmen können, nicht bei den Alten. Die Jungen werfen uns doch zu Recht vor, die vermittelte Wirklichkeit zu sehr aus dem Blickwinkel der über 50-Jährigen und mit dem Gefühl und der Sprache älterer Menschen zu zeigen. Deswegen sind sie nicht in unseren Informationsprogrammen. Es muss ein Interesse der Älteren sein, diesen Dialog herzustellen, nur so kann eine Gesellschaft auch existieren, eine Bürgergesellschaft. Offensichtlich lehnen die jungen Menschen die öffentlich-rechtlichen Sender eben aus

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diesen Defiziten heraus ab“, meinte Nikolaus Brender. Auch die bei Jüngeren beliebteren privaten Sender hätten es nicht geschafft, mit ihren Informationsprogrammen junge Menschen in ihr Programm zu holen. Brender: „Das ist unser großes Problem für die nächsten Jahre: Wie schaffen wir es, die jungen Menschen in dieser Bürgergesellschaft und in dieser Demokratie in der Vermittlung der Medien zu beteiligen? Das ist für mich ein viel größeres Problem als das Problem, inwieweit sich ältere Menschen im Fernsehen wiederfinden in den öffentlichrechtlichen Sendern, wo wir den Auftrag haben, Gemeinschaft zu stiften, und es im Grunde dort eben auch nicht tun. Schauen Sie sich doch mal unsere Programme an, wie sie von den über 50jährigen gesteuert und auch profiliert werden. Die Moderatoren der wichtigsten Nachrichtensendungen und Nachrichtenmagazine – exzellente Kolleginnen und Kollegen, das sind Repräsentanten einer älteren Generation, die aus ihrer Wirklichkeit ihre Moderation schnitzen, ihre Erfahrungen wieder bringen, aber dann auch die Sender repräsentieren. Oder schauen Sie sich die Talkshows an, ‚Boulevard Bio‘ oder ebenso ‚Hans Meiser‘ – welche Ex-

Francine Dost, Nikolaus Brender, Moderatorin Marion van Haaren.

Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

perten werden denn in die Sendungen eingeladen? Ist es mal eine Jüngere oder ein Jüngerer, dann wird dann schon an der Kompetenz gezweifelt.“ An der „These des Jugendkults“ sei „wirklich nichts dran“, meinte Brender. „Von Jugendkult ist nun wirklich keine Rede. Wer besetzt denn die politischen Gesprächsrunden im Fernsehen? Bei Christiansen oder Illner in der ZDF-Sendung ‚Berlin Mitte‘, im ‚Presseclub‘ oder bei ‚Halb 12‘ im ZDF? Wann haben Sie hier das letzte Mal Leute unter 50 gesehen? Die können Sie an einer Hand abzählen. Sie vermitteln Wirklichkeit dieser Republik aus dem Gesichtspunkt der über 50-Jährigen. Auch in den massenattraktiven Spielfilmen der Öffentlich-Rechtlichen, ‚Derrick‘, ‚Tatort‘ oder ‚Kleefisch‘ – Gott sei Dank nicht altersstarr –, ist von der Jugendbewegung auch nicht viel zu sehen.“ Serien wie die ‚Lindenstraße‘ hätten mit Mutter Beimer die „Mutter der Nation“ geschaffen, deren Sicht der Welt jeden Sonntag Millionen angucken würden. Auch die neue WDR-Serie „Die Anrheiner“ integriert sehr bewusst ältere Menschen. „Ich kritisiere das nicht, ich stelle nur fest, dass an der Kritik, dass die älteren Menschen und die Alten in den Programmen nicht genügend berücksichtigt würden, absolut nichts dran ist“, sagte Brender, der dann auf die Rentendiskussion der letzten Monate einging. Sie werde „aus der Kraft und der Macht der Älteren geführt, nicht der Jüngeren. Wo ist denn wirklich mal mit derselben Intensität, wie Herr Zwickel und ähnliche die Rente mit 60 fordern, von den Jungen auch mal gesagt worden in unserem Programm: ‚Donnerwetter, ihr fresst unsere Zukunft weg!‘“ Abschießend nahm Brender zu Interessen von und Programm-Angeboten für Ältere Stellung: „Ich glaube, der richtige Ansatz, dass die Interessen der Älteren auch in den Programmen sich wiederfinden, ist der Programmansatz, Dialogformen zwischen älteren und jüngeren Menschen zu finden. Der lebendige Dialog zwischen den Generationen ist das, was uns weiterbringt. Von einer Verspartung der Programme halte ich überhaupt nichts. Da wehren sich die meisten älteren Menschen, ins Altersheim zu kommen, und dann schaffen wir im

Fernsehen und im Hörfunk mediale Altersheime – es kann doch nicht wahr sein! Wir hatten Sendungen, die hießen früher ‚Schaukelstuhl‘. Diesen Titel würde ich heute für eine junge Sendung nehmen, da hätte es möglicherweise noch Sinn. Wenn Sie mal gucken, welche Servicesendungen die älteren Menschen gucken – jeder würde sagen: hauptsächlich zur Gesundheit. Nichts da! Die älteren Menschen gucken ‚Service Reisen‘, sie gucken ‚Service Essen und Trinken‘, weil das natürlich was mit Genuss und Beteiligung am Leben zu tun hat. Es ist der Auftrag gerade der öffentlich-rechtlichen Sender, zu informieren über die Lebenswirklichkeit aller Generationen, natürlich auch der älteren. Aber die ältere Generation ist am Drücker. Über sie berichten wir ohnehin. Vielleicht noch mal ein kleiner Hinweis: Die Jugendprogramme, junge Programme, die Spartenprogramme Viva und die anderen, die ohnehin nur wenige sehen, sind doch nur deswegen eingerichtet worden, weil die Jungen das Gefühl haben, in den großen Vollprogrammen im Grunde nicht mit ihrer Wirklichkeit vorzukommen. Deswegen halte ich überhaupt nichts von Spartenprogrammen, gerade weil Ältere sich in den Programmen ja auch wirklich wiederfinden.“ Zum Schluss brachte Brender noch eine persönliche Anmerkung: „Mein Vater ist 92 Jahre. Wenn

Szene aus „Die Anrheiner“. (Foto: WDR)

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ich dem sagen würde, eine meiner ersten Erfindungen möglicherweise im ZDF, wo ich ja hingehe, wäre ein Programm für alte Menschen, der würde nicht mal protestieren, der würde sich umdrehen, der würde es schlicht nicht wahrnehmen, weil er die Sendungen sehen möchte, die die gesamte Ge-

sellschaft sehen will, die Nachrichtensendungen, die Informationssendungen, nicht Zielgruppensendungen – Themensendungen, die die unterschiedlichen von uns so formierten Zielgruppen interessieren. Das ist das Thema.“

Brauchen wir eigene Sendungen für ältere Hörer und Zuschauer? Der zweite Teil im Plenum verlief unter der Fragestellung „Brauchen wir eigene Sendungen für ältere Hörer und Zuschauer?“ Zu der Podiumsrunde kamen noch Gretel Rieber (Redakteurin der WDR-Hörfunk-Sendung „In unserem Alter“) und Jannelle Haskell (Produzentin von

Radio-Programmen der AARP, siehe Seite 179) hinzu. Bei der folgenden Podiumsdiskussion, die – hier etwas gekürzt – im Wortlaut wiedergegeben wird, richtete die Moderatorin Marion von Haaren die erste Frage an Gretel Rieber.

Marion von Haaren:

Ich denke, es sollte schon Programme geben, die speziell sich an die Leute über 50 wenden, wobei – und da gebe ich Frau Krijnen Recht – es sind dann mindestens drei Generationen, die da angesprochen sind. Aber so ein Programm sollte die anderen nicht ausschließen. Wenn es so ist, dass auch die Jüngeren sich dafür interessieren, dann ist es natürlich ein Programm der Integration. Dann muss man nicht künstlich Dialoge schaffen, sie ergeben sich von selbst, weil sich Großeltern für die Probleme ihrer Enkel interessieren. Haben sie Drogenprobleme? Haben sie eine Arbeit? Wie geht’s mit denen weiter? Und interessanterweise wird mein Programm auch von vielen Enkeln gehört. Sie schreiben mir dann und sagen: „Ja, also meine Großmutter kommt jetzt ins Heim. Und es ist interessant, was Sie da in Ihrer Sendung gesagt haben. Und ich habe das Problem auch. Ich gehöre zwar noch nicht zu Ihrer Zielgruppe, höre aber regelmäßig Ihr Programm.“ So bekomme ich sehr, sehr viele Briefe.

Wenn Nikolaus Brender eben so ein flammendes Plädoyer gehalten hat eigentlich gegen spezielle Altensendungen und eher in die andere Richtung hin argumentiert und sagt, dieser Jugendwahn finde zumindest bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht statt, Frau Rieber, wie würden Sie das beurteilen? Gretel Rieber (WDR):

Was mir aufgefallen ist, jeder hat einen 92-jährigen Vater, und was der sagt, das gilt dann allgemein. Viele haben aber auch 92-jährige Mütter. Und die Mütter sind meistens ein bisschen anderer Meinung als die Väter. Sie, Herr Brender, haben natürlich Recht, wenn Sie sagen, dass das Programm in öffentlich-rechtlichen Sendern maßgeblich von den 50jährigen bestimmt wird. Die Programmrealität auch im WDR wird immer noch wesentlich von Männern bestimmt, und die sind um die 50. Aber es ist halt so: Männer haben in der Regel ein bisschen größere Probleme als wir mit dem Älterwerden. Sie haben ihre eigenen Methoden, wie sie das Problem lösen. Die Frauen sind einfach durch ihre Biologie gezwungen, sich mit den Fragen des Älterwerdens etwas realistischer zu befassen. (…)

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Also ich denke schon, dass es Programme geben sollte, die sich an eine bestimmte Altersgruppe richten, weil es besondere Probleme gibt in dem Alter. Auch für Männer. (…) Ich werde ein bisschen mehr über das Programm erzählen im Workshop, ich will da jrtzt nicht so

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Gretel Rieber.

lang ausholen. Es ist nur so: Mein Programm gibt es jetzt seit 14 Jahren auf WDR 4, was sowieso der meistgehörte Sender ist für die etwas Älteren ist, aber es wird auch von Jungen gehört. Dadurch habe ich natürlich ein tolles Umfeld, klar, aber dennoch hat meine Sendung bei den Quoten so einen richtigen kleinen Buckel nach oben. Vorher oder nachher ist die Zuhörerzahl dann aber nicht so hoch in der Einschaltquote. Das zeigt mir doch, dass ich offenbar mit der Art, das Programm zu machen, den richtigen Nerv getroffen habe.

besonders in den Fernsehprogrammen – und den Tatsachen zu geben. Ich denke, dass wir bei den Radioprogrammen für ältere Menschen vor allem deshalb eine bessere Arbeit leisten, weil es in den Vereinigten Staaten 12.000 Radiosender gibt und aus diesem Grund die Lokalsender die Chance haben, ihre eigenen Programme zu produzieren. Auf nationaler Ebene mag sich das Programm nicht so direkt an ältere Menschen richten. Die Zielgruppe der Werbung im gesamten Fernsehen der USA sind die 18- bis 35-Jährigen, also etwas enger und jünger gefasst als bei Ihnen mit den 14- bis 49-Jährigen. Was mir allerdings interessant erscheint, ist, dass das Durchschnittsnettoeinkommen der 50plus-Haushalte in den Vereinigten Staaten 15 Prozent über dem nationalen Durchschnitt liegt. Deshalb kann man kaum verstehen, weshalb die Werbeleute weiterhin auf den jüngeren Markt setzen, weshalb sie weiterhin Programme für Jüngere machen, wenn doch mehr verfügbares Einkommen in den Märkten für Ältere vorhanden ist. Dies ist also durchaus etwas, womit sich die Fernsehleute ein wenig mehr beschäftigen sollten. Ich würde sagen, dass sich Herr Isadi ausgezeichnet für das amerikanische Werbungsnetzwerk eignen würde.

Marion von Haaren:

Frau Rieber, ich fand, das war nach Herrn Brender ein flammendes Plädoyer genau von der anderen Seite des gleichen Hauses (WDR). Frau Haskell, Sie kommen von der größten Seniorenorganisation der Welt. Ich nehme an, dass Sie das Plädoyer von Frau Rieber voll übernehmen werden und sogar möglicherweise noch kämpferischer vertreten. Janelle Haskell (AARP):

Ich glaube nicht, dass ich noch flammender sein kann, doch sicherlich kann ich unterstützend wirken. AARP hat in den ganzen Vereinigten Staaten 33 Millionen Mitglieder. Die 50 plus-Bevölkerung der Vereinigten Staaten übersteigt gerade die 70Millionen-Marke – dazu gehören 35 Prozent aller Erwachsenen des Landes. Bei einigen der Vorträgen hier scheint es mir eine Diskrepanz zwischen der Darstellung des Alters –

Marion von Haaren:

Ja, Herr Isadi, Sie sind direkt angesprochen. Ich glaube, Sie wollten auch noch eine kleine Entgegnung auf Herrn Brender geben. Herr Brender sagte vorhin, dass die Informationssendungen bei RTL bei den Jungen nicht so gut ankommen. Unsere Zahlen sagen genau das Gegenteil, aber ich will das gar nicht weiter ausführen. Zu Ihrer Frage: Die Amerikaner haben für meine Begriffe etwas von der Logik der demographischen Aufteilung besser verstanden und einfach stringenter umgesetzt, nämlich, dass die 18- bis 35-Jährigen dort die kommerzielle Hauptrolle spielen. Daran sieht man eben, dass die 18-Jährigen dort die Wasserscheide sind für die werbetreibende Wirtschaft und nicht die 14-Jährigen. Dass es in den USA nur bis 35 geht, liegt sicher daran, dass eben die bis zu 35-Jährigen im Arbeitsprozess wesentlich stärker eingebunden zu sein scheinen in den Augen

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der Werbewirtschaft und ab da eine kommerzielle bzw. eine Ressourcenänderung stattfindet, was wiederum eine Diskrepanz darstellt zu dem, was auch gesagt wurde, dass eben die über 50-Jährigen im Schnitt 15 Prozent mehr verfügbares Einkommen haben als der nationale Durchschnitt. In der Tat sind das alles Überlegungen, die auch – wie Herr Hoffmann es schon sagte – bei den privaten Veranstaltern immer wieder Anlass zur Diskussion mit der Werbewirtschaft geben. Diese Diskrepanz muss irgendwie aufgelöst werden. Natürlich ist ein Faktor, der die Werbewirtschaft immer wieder umtreibt, der: Wer viel Geld hat, muss es nicht unbedingt immer im Sinne der Werbewirtschaft ausgeben. Denn viel Geld zu haben heißt nicht unbedingt, dass man jeden Tag seinen Geschmack wechselt. Das wäre natürlich am optimalsten für die Werbewirtschaft, dass man sich jeden Tag eine andere Zahnpasta kauft und jeden Tag ein anderes Auto bestellt und jeden Tag eine andere Reise bucht. Aber das Markenbewusstsein bei den älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern einfach stärker verwurzelt. Da ist die Sprunghaftigkeit längst nicht so ausgeprägt wie bei den Jüngeren. Von daher ist die Werbewirtschaft auch immer sehr vorsichtig, was die älteren Zielgruppen anbelangt. Marion von Haaren:

Darf ich da einfach noch mal nachfragen, was das Verhalten der Werbewirtschaft angeht? Das scheint mir ja ein Dreh- und Angelpunkt gerade bei den privaten Sendern zu sein. 14 bis 49 war vorgegeben. Aber wenn Sie mit denen verhandeln, ist das eine feststehende Grenze? Wir wissen ja auch, dass sich die Älteren in ihrem Konsumverhalten extrem verändern. Also wir haben nicht mehr die Generation derer, die nach dem Kriege alles zusammengehalten haben. Wir haben eine konsumfreudige ältere Generation. Also warum diese starre Festlegung? Wie genau wird denn das überhaupt festgelegt und erforscht? Martin Hoffmann (Sat 1):

Das ist eine Währung. Man kann es nicht anders sagen. Ich gebe Ihnen mal ein paar Zahlen dazu. Sat 1 hat einen Bruttowerbeumsatz im Jahr von

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drei Milliarden Mark. Diese drei Milliarden Mark werden ausschließlich gebucht. Die einzig relevanten Zahlen für dieses Buchungsvolumen sind die 14- bis 49-Jährigen. Man kann es eigentlich auch gar nicht mehr rational nachvollziehen, warum es diese genaue Eingrenzung 14 /49 gibt, aber es ist im Bewusstsein der Macher, der Werbetreibenden, der Programmverantwortlichen schlichtweg gesetzt. Ich habe vorhin gesagt, dass wir massiv daran interessiert sind, das auszuweiten. Ich sage Ihnen aber ganz einfach, wie die Werbeindustrie arbeitet. Wenn Sie heute ein Programm mit sechs Millionen Zuschauern haben und Marktanteile bei den 14bis 49-Jährigen von 20 Prozent und haben Marktanteile bei den Älteren von der gleichen Größe, also auch 20 Prozent, dann gehen Sie zu Ihrem Kunden und sagen: Bitte schön, Sie haben mit Ihrem Werbeprogramm genau auch die Zielgruppe erreicht, für die Sie gar nicht bezahlt haben. Das ist ja unser Argument, weil Sie ausschließlich bezahlt werden für 14/49. Dann sagt der Werbekunde Ihnen: „Das ist schön, das möchte ich auch so behalten. Warum soll ich denn für etwas zahlen, was ich sowieso erreiche?“ Das ist die Logik. Und wir haben genau die Studien, die Sie hier erwähnen, in extenso vorbereitet mit Nutzungsverhalten – ich kann es Ihnen durchdeklinieren – über die Kosmetik, Nutzung der Zielgruppe der Frauen ab 60. Nur, die werbetreibende Industrie sagt: „Schön, nur ich möchte dafür kein Geld ausgeben.“ Da gibt es den so genannte Tausender-KontaktPreis. Das bedeutet: für 1.000 Menschen zahlen sie den Betrag x. Wenn Sie damit sozusagen die Älteren hinzunehmen, wird der Tausender-KontaktPreis teurer. Das ist ja dieses Ringen um das Dogma der 14- bis 49-Jährigen. Uns ist das überhaupt nicht recht, ganz im Gegenteil. Marion von Haaren:

Dann frage ich einfach noch mal weiter Frau Haskell. Was fehlt denn dann ganz genau? Nun sprechen Sie für den amerikanischen Markt, auch für den amerikanischen Werbemarkt. Wo müsste es denn da die Weiterentwicklung geben programmlich und was die Werbewirtschaft angeht?

Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

Janelle Haskell (AARP):

Ich stimme der Untersuchung von Frau Krijnen zu, dass ältere Menschen kein einheitliches Zielgruppenprogramm möchten. Unserer Erfahrung nach wollen sie keine für sie spezifischen Sendungen. In unseren Radiosendungen wird auf ein breites Themenspektrum geachtet. Es handelt sich eher um eine Frage der Qualität und der Inhalte als um eine Zielgruppenorientierung. Ich produziere eine wöchentliche Radiosendung (siehe Seite 179), ein einstündiges Interviewprogramm mit gewöhnlich zwei Teilen. Meine Zuhörerschaft möchte nicht jede Woche über soziale Sicherheit sprechen, sondern sie möchten über Reisen, Kochen, Familienthemen sprechen. Kürzlich haben wir ausführlich die „Sandwich-Generation“ besprochen. Das ist die Generation der geburtenstarken Jahrgänge („Babyboomers“), die sich nicht nur um die Kindererziehung zu kümmern hat, sondern auch um ihre alternden Eltern. Hier haben wir also wieder diese Bandbreite, wenn wir über 50 plus sprechen, wie Sie es ja auch schon herausgearbeitet haben. Es existieren riesige Unterschiede zwischen den 50bis 60-Jährigen, den 70- bis 80-Jährigen und den über 80-Jährigen. Das betrifft genau die Frage der Vielfalt. Ich kann nicht für die Werbeleute sprechen. Ich weiß nicht, warum amerikanische Werbeleute weiterhin gezielt den jüngeren Markt ansprechen, wenn sich doch – ich greife wieder auf die statistischen Daten in den USA zurück – 41 Prozent des verfügbaren Einkommens in den 50 plus-Haushalten befindet. Ich kann also einfach nicht verstehen, dass die Werbung sich trotz dieses geschilderten Sachverhalts weiter nur an die Jüngeren richtet. Aber, wie bereits gesagt wurde, sind wir alle uns dessen bewusst, dass die geburtenstarken Jahrgänge nun die 50 überschreiten und immer älter werden. Auf lange Sicht werden sich Programmentwicklung, Werbung und Konsumverhalten wahrscheinlich von selbst verändern.

klar zu sein, dass wir uns hier darauf einigen können: Es bedarf keiner speziellen Alters- oder Altensendungen. Es geht wirklich um die Themen. Wie werden sie besetzt, wie werden sie ausgesucht, und wie werden sie bearbeitet? Welche Sprache wird gepflegt, und welche Bilder sehen wir im Fernsehen? Sind die Alten repräsentiert im Programm? Frau Rieber, dazu müsste man eigentlich fragen: Was fehlt denn speziell im Programm heute, auch im Fernsehprogramm? Gretel Rieber (WDR):

… Es kommt auf die Themen an, und genau die bearbeite ich in meiner Sendung. Die Sendung ist zwar eine Sendung für Ältere, aber natürlich sind es die Themen, die interessant sein müssen, um die Leute anzusprechen. Es scheint so zu sein, also bei 1,8 Millionen bis zwei Millionen Zuhörern jeden Samstag bei meinem Programm, dass die Themenbreite wirklich das Spektrum wiedergibt – von der Unterhaltung über Reise, Begegnungen mit anderen Ländern, auch ein Stück Geschichte, deutscher Geschichte – und auch ganz wichtig in meinem Programm ist die Pflegeversicherung, die natürlich auch einmal im Jahr drankommen muss. Oder auch die Frage „Alzheimer“, das aber nicht öfter als einmal im Jahr, weil es sonst zu viel wird. Es kommt auf die Themen an, es kommt auf die Qualität der Beiträge an. Ich freue mich, dass hier eine ganze Reihe von meinen Mitarbeiterinnen und freien Mitarbeitern sitzen, die ausgezeichnete Arbeit leisten. Ohne sie hätte ich nicht den Erfolg, den ich habe, weil die Beiträge wirklich von großer Professionalität und Qualität sind. Das ist, glaube ich, die Antwort. Zum Fernsehen kann ich eigentlich keine Antwort geben. Marion von Haaren:

Danke, Frau Rieber, aber die Antwort möchte gerne Herr Isadi geben.

Marion von Haaren:

Alexander Isadi (RTL)

Für mich scheint nach dem bisherigen Stand der kurzen Statements und der Diskussion – mit Ausnahme der Hörfunksituation – eigentlich relativ

Ich glaube, ein ganz wesentlicher Aspekt – insofern ist das, was Sie eingeworfen haben, Frau Rieber, sicherlich richtig, dass in der Werbewirtschaft ver-

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stärkt junge Menschen – ob es nun vornehmlich Männer sind, das mag durchaus sein – das Sagen haben und dass sie die Werbebudgets und die Werbeetats der Firmen verteilen. Was für das kommerzielle Fernsehen gilt, gilt natürlich für die Werbewirtschaft in der Potenz. Da geht es wirklich nur um die Frage „Wie habe ich das Geld meines Auftraggebers möglichst effektiv verteilt? Wo habe ich Streuverluste? Wie kann ich sie vermeiden? Und wie kann ich zurückgehen zu meinem Auftraggeber und sagen, die Zigmillionen, die du mir gegeben hast, habe ich richtig eingesetzt für das Produkt, das du vertrittst?“ Eines Tages wird sich die Werbewirtschaft überlegen: Ist es opportun, tatsächlich Kampagnen zu starten, die ältere Menschen anspricht? Wenn das finanziell valide ist, dann wird das auch passieren, denn dann werden die Werber noch viel schneller als alle anderen Leute sagen: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Da kann ich jetzt auch Geld verdienen.“ Und dann machen die das auch. (…) Aber es ist ein schleichender Prozess. Vielleicht sitzt man in zehn Jahren in einer ähnlichen Veranstaltung und sagt: „Mensch, was waren die damals dumm. Das hätten die doch viel schneller haben können.“ Aber ob das so ist, das weiß ich nicht.

also mit anderen zu tun. Also jetzt diese klassischen Gesundheitsthemen, die man in Älteren-Programmen sieht, von Prostata- bis Brustkrebs, von Altersheim bis Krankheit oder Alzheimer – natürlich betrifft das die älteren Menschen besonders. Aber damit zu tun haben die Familien, die Jungen auch. Diesen Zusammenhang herzustellen, das ist, glaube ich, wichtig, dass man das im Allgemeinprogramm tut. Dort wird es auch gesehen. Die Familien wissen, um was es geht, und fühlen sich auch interessiert durch diese Themen. Bei den Gesundheitsthemen ebenso: Fragen des Krankenhauses oder der Altersheime – das ist ein Sozialthema, das natürlich auch junge Leute interessiert. Wir machen erstaunlicherweise auch die Erfahrung bei unseren Dokumentationen und Features gerade zu solchen Themen, dass sie auch besonders von jungen Menschen gesehen werden. Also es geht um das Thema und nicht um die Zielgruppe.

Also Sie setzen in die Entwicklung. Herr Brender wollte was dazu sagen.

Richtig ist sicherlich, dass im Radio andere Verhältnisse herrschen als im Fernsehen. Also das, was ich eben auch von der Kollegin von Radio Bleue gehört habe, fand ich toll, aber in einem Fernsehprogramm, glaube ich, ist so etwas nicht durchsetzbar zurzeit, es sei denn, dass die Vollprogramme sich von ihren jetzigen Philosophien abwenden und so jung werden, dass sich viele ältere Menschen dort auch nicht mehr wiederfinden. Das ist in Deutschland aber noch einige zeitlang nicht der Fall.

Nikolaus Brender (WDR):

Martin Berthoud (ZDF):

Wenn Sie sich diesen neuen Spot der Dresdner Bank ansehen: Ein freundlich trotteliger Opa erzählt seiner Enkelin, wie toll ein Sparbuch ist. Und das Enkelchen geht zurück uns sagt: „Nee, Sparbuch nicht, ich muss investieren.“ Also wen die Werbung da erreichen will, weiß ich nicht so genau. Das Bild vom trotteligen alten Opa ist genauso falsch wie das des altklugen Mädchens.

Ich habe zufälligerweise ein Beispiel zum Thema Alzheimer. Wir hatten einen Fernsehfilm „Reise in die Nacht“ zu diesem Thema 1997 ausgestrahlt. Der hatte 4,6 Millionen Zuschauer, 1,8 Millionen unter 50 Jahren. Das ist für unsere Verhältnisse überdurchschnittlich. Und wir hatten sehr viele, sehr intensive Reaktionen auf dieses Stück. (…) Ich glaube, über solche Beispiele nachzudenken und darüber nachzudenken, wo sind die Themen? Wo sind auch mal die Angebotsformen, wo sind die Kommunikationsformen, die fehlen? Das ist zumindest für die großen Vollprogramme eine viel wichtigere und interessantere Aufgabe als in einer Verspartung, also in einzelnen Sendekästchen oder -nischen das Heil zu suchen …

Marion von Haaren:

Darum komme ich jetzt auf die Inhalte. Bei der Werbung sind die Inhalte, was ältere Menschen angeht, genauso wichtig wie in unserem Programm. Ich vertrete die Meinung, dass es im Grunde kein spezifisches Altersthema gibt. Jedes Thema hat etwas mit anderen Generationen oder mit Familien,

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Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

Ob wir bei der Werbewirtschaft eine andere Währung bekommen, das muss man abwarten. Unser Werbefernsehen hat das aus Ihnen nachvollziehbaren Gründen schon vor vier, fünf Jahren mal mit Studien versucht, auch so bis 55 oder Anfang 60 (bei der Währung) zu gehen. Das hat damals auch nicht geklappt. Man muss natürlich ganz klar sehen: Wenn man von 49 auf 55 oder wo auch immer hingeht, dann wird es für die werbetreibende Wirtschaft teurer, denn dann muss ja für mehr Zuschauer bezahlt werden. Das heißt, letztendlich sind Sie da immer so in subtilen Preisverhandlungen, wenn Sie über diese Währung reden. Insofern dürfen wir damit rechnen, dass die werbetreibende Wirtschaft sicherlich sehr, sehr lange an dieser Währung festhalten wird, denn sie nimmt natürlich auch wahr, dass sie jetzt einen Teil der Zuschauer noch umsonst oben drauf bekommt. (…) Aber ich denke, in den Inhalten, in den Themen und in der Ausrichtung des Programms in den verschiedenen Genres und in der Frage, wer das Programm präsentiert, da muss man darüber reden. Aber wir sollten nicht in Richtung Spartenkanal oder einzelne Sendekästchen denken. Ich glaube, das ist auch den Funktionsweisen unseres Mediums gemäß eigentlich ein Schritt zurück und in die Vergangenheit. Françoise Dost (Radio France):

Vor 20 Jahren haben wir viel weniger von Demographie, vom Altern der Bevölkerung etc. gesprochen. Heute sind, so glaube ich, wirklich vor allem diese Themen ausschlaggebend (…) Und diese Themen werden immer mehr von den allgemeinen Sendern verarbeitet, damit sie angeschaut und gehört werden und damit wir gemeinsam über Generationen sprechen. Und das hat sich in zwanzig Jahren … oder in zehn Jahren prächtig entwickelt, scheint es mir. Auch wenn Gretel Rieber nicht einer Meinung mit mir sein wird : Vor vierzehn Jahren war ich hierher gekommen, um einer Sendung beizuwohnen, die aus der Taufe gehoben wurde: „In unserem Alter“. Heute spürt man diesen Bedarf danach nicht mehr. Ich jedenfalls spüre diesen Bedarf nicht mehr – das erklärt zweifellos auch die Entwicklung von Radio Bleue (siehe Seite 182) –, denn

Moderatorin Marion von Haaren (Chefredakteurin WDR-Fernsehen).

die anderen Massenmedien mit einem viel bedeutenderen Publikum haben sich auch auf Altersthemen gespitzt und interessieren sich für die wirklichen Themen, anstatt sie aus Desinteresse zur Seite zu schieben. Marion von Haaren:

Merci. Ich frage mich trotzdem: Wir haben vor dieser Diskussion und vor diesen Statements die ganzen Vorurteile gehört. Wir haben gesehen, dass junge Leute immer noch glauben, Alte sind gebrechlich, sind miesepetrig, sind nicht lernfähig, leben in Heimen, sind schlecht drauf. Und wir wissen, dass das alles widerlegt ist. Also irgendeinen Zusammenhang muss es bei allem Optimismus, Frau Dost, doch geben zwischen dem vermittelten Bild in den Medien und der Wahrnehmung und den Vorurteilen in der Öffentlichkeit. Herr Farasin, auch Sie bieten ein Programm an, unter anderem den „Seniorenclub“, der sich mit den älteren Leuten beschäftigt. Ich frage mich natürlich

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trotzdem manchmal, was da für ein Bild vermittelt wird an Betulichkeit, an Sanftheit, an Beschwichtigung, harte Töne bleiben möglichst außen vor, den Alten darf man das nicht zumuten. Kontroversen darf man ihnen eigentlich auch nicht zumuten, weil sie ja unglaublich harmoniebedürftig sind. Offenbar hält man das im Alter auch nicht mehr aus. Also wir tun hier im Moment so, als wenn die ganzen Vorurteile vom Stern kommen, aber nicht von uns. Kurt Farasin (ORF):

Die angesprochene Sendung „Seniorenclub“ – wir wissen, dass wir mit dieser Sendung natürlich in einem sehr hohen Alterssegment liegen. Wir haben sehr, sehr traditionelle Zuseher, die mehr oder weniger diese Sendung als ein erweitertes Wohnzimmer sehen. Wir haben auch den Eindruck, dass es wirklich auch fast schon eine Betreuung über den Fernsehschirm ist. Also Ältere richten bewusst auf diesen Termin hin ihren Tagesablauf ein. Wir haben eine außergewöhnlich hohe Zusehertreue und vor allem eine überdurchschnittlich hohe Rezepierung. Jede Kleinigkeit wird gesehen, jede Veränderung wird kritisiert oder gelobt. Wir wissen auch, dass wir in einem sehr hohen Alterssegment sind, wo wir mit dieser Sendung vor allem gesellschaftlich zurückgezogene Leute treffen. Diese Betulichkeit mag vielleicht ein äußeres Bild sein, aber von den Themen her haben wir uns auch entschlossen, in diesen Themenmix zu gehen. Nicht nur die Unterhaltung steht vorne, sondern sehr wohl auch die Generationen überschreitenden Probleme in der Sendung. Diese Sendung funktioniert gut. Wir erreichen 60 Prozent der Leute in der Zielgruppe, nämlich 60 plus. Sie ist sicherlich ein Baustein in einem Gesamtangebot, für uns ein wesentlicher Baustein, der wirklich sich mit dieser nochmals älteren, teilweise von der Gesellschaft sich isoliert fühlenden, teilweise mit Zukunftsängsten geplagten Zuseherschicht befasst. Marion von Haaren:

Man muss natürlich dazu sagen: Nach bestimmten Untersuchungen ist es ja wohl auch so, dass die absoluten Vielgucker unter den Älteren oft eben sol-

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che Menschen sind, die sehr zurückgezogen sind, sehr starke Lebensängste haben. Herr Hoffmann, dieses Bild, was vorherrscht in der Öffentlichkeit über das Alter – haben daran auch die Jugendsender mitgearbeitet? Martin Hoffmann (Sat 1):

Oh, das ist eine schwierige Frage. Ich weiß auch nicht, ob ich jetzt berufen bin, das zu beantworten. Ich kann nur für unseren Sender sprechen. Ich glaube, ich habe Ihnen das versucht zu verdeutlichen: Wir sind ein Sender, der versucht, das gesamte Alterssegment abzudecken. Wir haben einen Schwerpunkt, weil wir ihn wirtschaftlich so setzen müssen. Wir haben aber Programminhalte – und da kann ich mich nur anschließen –, die das gesamte Spektrum abdecken. Wenn Sie unsere Movies angucken, finden Sie Thematiken, die natürlich mit einer anderen Lebenswirklichkeit teilweise zu tun haben. Aber lassen Sie mich noch eine Sache sagen: Nehmen Sie die Show, was wir ja überhaupt nicht diskutiert haben! Auch da finden Sie natürlich eine eindeutige Aufsplittung. Beim ZDF – und ich muss sagen: für uns Gott sei Dank – finden Sie mittlerweile in Tradition die gesamten Volksmusiksendungen, und zwar in einer Penetration permanent. Das heißt für die Programmplanung von uns am Sonntag abend wissen wir: 20 Prozent der „Alten“ – das sage ich bewusst in Anführungszeichen – sind dort. Das heißt, wir werden dann sofort ein ande-

Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

res Segment bedienen. Wir programmieren nicht eine Show dagegen, aber wenn wir es täten, würden wir die Glücksspirale dagegen programmieren. Da haben Sie eine völlig andere Zuschauerstruktur. Um Ihre Frage zu beantworten: Ich kann sie nicht beantworten. Ich kann nur für unseren Sender oder für unsere Programmwirklichkeit sagen, wir versuchen, das Spektrum abzudecken, und haben einen Fokus. Ob wir an dem Bild, das zum Alter vorherrscht, schuld sind, das mögen die Zuschauer und Zuhörer beantworten. Marion von Haaren:

Bei der Volksmusik denke ich immer an so eine Schnabeltasse, aber vielleicht ist das ein falsches Bild – es tut mir leid. Frau Haskell, wie ist das in Amerika? Gibt es diese Vorurteile über das Alter dort auch? Wir hatten eben im Vorfeld dieser Diskussion so ein paar dieser typischen, gängigen Klischees, wie Alter auszusehen hat, wie sich die unter 50-Jährigen das Alter vorstellen. Ich denke immer, das ist so ein bisschen angstbehaftet. Wie ist das in Amerika? Ich höre immer, Ihre Organisation ist besonders kämpferisch und selbstbewusst. Können Sie da ein Stück weit etwas an diesem Bild ändern? Janelle Haskell (AARP):

Sicherlich ist eines der Ziele von AARP, diese Stereotypen zu ändern. Ganz bestimmt haben wir da noch einen langen Weg vor uns. Ich habe gerade eben etwas über Markentreue gehört. Eine Untersuchung der AARP hat gezeigt, dass ältere Menschen keine größere Markentreue als jüngere Menschen haben und sich durchaus bereitwillig in ihrem Kaufverhalten ändern, in vielen Fällen sogar ohne weiteres, weil sie nicht so markentreu sind. Wir arbeiten sehr hart an der Änderung von Stereotypen. Es ist aber schwierig in der Medienwelt, weil sie so zersplittert ist. Es gibt drei große Sendeanstalten, die auf Grund von Kabelfernsehen und mehr und mehr Kanälen täglich Anteile verlieren. Aus diesem Grund ist es schwierig, die Quelle dieser Stereotypen auszumachen und dagegen vorzugehen. Besonders in diesem Jahr sind die Sender heftig dafür kritisiert worden, dass es in ihren Pri-

me-time-Programmen, sowohl was neue Sendungen als auch was Wiederholungen angeht, keine Vielfalt gibt. Sicherlich werden Sie auch hier viele dieser Sendungen kennen: Spielfilme, Krimis, Komödien – überall nur junge weiße Akteure. Das liegt daran, dass sowohl die Drehbuchautoren als auch die verantwortlichen Redakteure meist jung und weiß sind. Es herrscht also ein dramatischer Mangel an Vielfalt. (…) Das gilt insbesondere für ältere Menschen, die deutlich unterrepräsentiert sind. Age Concern, die britische Schwesterorganisation der AARP, hat in einer Übersicht gezeigt, dass offensichtlich eine hohe Diskrepanz zwischen dem Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung besteht und ihrem Anteil in Fernsehsendungen (siehe Seite 109). Das gleiche gilt auch für uns. Das ist aus dem Grunde überraschend, weil die geburtenstarken Jahrgänge nun 50 werden und sie nicht nur zahlenmäßig dominierend sind, sondern auch entscheidenden Einfluss haben. Ich denke, wir sollten weiterhin die Hoffnung haben, dass sich diese Dinge ändern werden. Wir erkennen bereits erste Veränderungen. So gibt es jetzt einen eigenen Kabelkanal für ältere Menschen, ebenso jeweils einen für „Essen“, „Sport“ oder „Nachrichten“ – das sind, nebenbei bemerkt, zurzeit einige der beliebtesten Kabelkanäle. Unsere Untersuchung hat ergeben, dass die beliebtesten Themen der älteren Menschen „Information“, „Nachrichten“ und „Sport“ sind. Die Hauptmedien meinen aber jetzt, sich nicht unbedingt ändern zu müssen, weil es inzwischen spezielle Kanäle für ältere Menschen oder ethnische Gruppen gibt. Alexander Isadi (RTL):

Wenn Sie fragen: „Warum müssen wir uns mit diesen Vorurteilen beschäftigen, wo doch keiner diese Vorurteile zu transportieren scheint?“ (…) Wenn Sie bei Musiksendern wie Viva oder MTV – das sind jung ausgerichtete Programme, in ihrer Darstellung, Sprache, Schnittfolge, Bilderwahl – die Protagonisten sehen, dann sind das vornehmlich junge Leute. Das sind Leute, die sich eben noch nicht vorstellen können, wie es ist, wenn man 40, 50 oder 60 ist, die sich das auch gar nicht vorstellen wollen und auch nicht müssen, weil die kommerziellen Hintergründe andere sind, der Auftrag

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ein anderer ist, und die natürlich dann, wenn man diese Diskrepanzen so porträtiert, dazu beitragen, dass diese Vorurteile sich manifestieren. Nun können Sie aber von einem Jugendsender nicht verlangen, dass er es zu seinem Auftrag macht, das Bild der Alten in der Gesellschaft zurechtzurücken. Das heißt also, Sie dürfen sich nicht wundern, wenn diese Sender etwas porträtieren, was ihrem Auftrag entspricht. Auf der anderen Seite entsteht daraus natürlich ein Gefälle. (…) Marion von Haaren:

Herr Brender, Sie wollten noch was dazu sagen? Nikolaus Brender:

Nur kurz zu dem, was Herr Isadi sagte. Vorurteile entstehen natürlich vor allem über solche Verhältnisse, die bei dem, der das Vorurteil dann vermittelt oder es hat, nicht gekannt ist. Das heißt, bei ganz jungen Leuten sind offensichtlich die Lebensverhältnisse, die Energien, die Umstände, unter denen ältere Menschen leben und wie sie selbst leben, nicht bekannt. Ich glaube übrigens, dass die Vorurteile nicht mehr so stark sind, wie wir sie hier transportieren. Wir gehören ja zu denen, die aufgewachsen sind mit einem ganz anderen Bild des Alters. Wie unsere Großeltern aufgewachsen sind – das ist doch heute völlig anders, als wie es unsere Eltern ihren Enkeln, das heißt unseren Kindern, vermitteln. Ich glaube auch, dass zwischen 30 und 40 ein realistischeres Bild von Alter entstanden ist. Und was Herr Isadi richtig sagte, die Jugendsender haben nicht die Aufgabe, den jungen Leuten das Problem des Alters nahezubringen, aber das haben wir. Die Öffentlich-Rechtlichen haben umgekehrt die Aufgabe, jungen Leuten zu zeigen, wie man gemeinsam leben kann und wie die Natürlichkeit des Alters inzwischen aussieht.

Nach dieser Diskussion im Podium bezog die Moderatorin Marion von Haaren das Publikum mit in die Diskussion ein. Im Folgenden können aus Platzgründen nur einige der Fragen, Antworten und Statements aus dieser Runde dokumentiert werden.

Älterer Kongress-Teilnehmer:

Mir macht große Sorge, Herr Isadi, dass Sie nicht mehr Moral haben. Bei Lessing gab es immer noch Inhalt, also Handlung, Ort und Zeit. Sie haben nur zwei: Sie haben die Werbung, also das Geld, und dass das richtig ankommt. Was Sie machen, ist egal. Sie gestalten aber Wirklichkeit. Das macht mir große Sorge. Große Sorge macht mir auch, Herr Berthoud, dass Sie glauben, dass das Rentnerehepaar, das in einem Schloss wohnt und keine Sorgen hat, die die normalen Alten haben, die Vertreter der Alten sind. Ich würde mir da viel mehr wünschen, dass vielleicht auch einmal durchaus die ehrenamtlichen Dinge, die so viele Hunderttausend Ältere in Deutschland machen, im Fernsehen in der Öffentlichkeit widergespiegelt werden, weil sie sicherlich genauso wesentlich und wichtig sind. Und Herr Brender, was die Alten erwarten, das müssen die Alten vielleicht auch mal in Beiräten oder in irgendeiner Weise mit zum Ausdruck bringen. Ich meine, da ist man mit 50 auch noch nicht alt genug. Da gibt es auch 70-Jährige, die haben vielleicht auch noch andere Fragen, zumal Sie eben sagten, dass Sie sich als 50-Jähriger mehr als 40Jähriger fühlen. Ich fühle mich als 60-Jähriger auch mehr als 50-Jähriger. Und mir macht es Sorgen, dass eigentlich die Inhalte auf der Strecke bleiben. Wir haben solche Riesenthemen auf dem Tisch, nämlich dass Menschen in der Mitte des Lebens nicht mehr arbeiten können, weil keine Arbeit da ist, dass sie für die Enkelkinder und für die Kinder Sorge tragen und dass sie für die Alten, die sie in der Familie haben, auch noch die Pflege übernehmen. Und diese Menschen stehen mitten im Leben. Sie haben tausend Fragen,

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Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

und die beantwortet weder der „Bergdoktor“ noch das Ehepaar im Schloss noch sonst wer. Ich denke, wenn da das Leben wieder realistischer im Fernsehen widergespiegelt würde, hätten wir auch mehr Zuschauer. Wenn das alles nur noch die Werbung diktiert, weiß ich nicht, wohin wir kommen. Martin Berthoud (ZDF):

Ich wollte etwas sagen zu der Frage: Wie wirklichkeitsgetreu ist die Darstellung dort? Ich finde, diese Frage ist legitim. Man kann das immer diskutieren. Das, was ich hier als Beispiel genannt habe, das muss nicht jedem gefallen. Ich möchte aber auf eines doch noch mal hinweisen. Deswegen habe ich vorhin notwendigerweise aus Zeitgründen nur andeutungsweise eine ganze Reihe von Beispiele genannt. Natürlich ist das Bild, was wir dort zeichnen sozusagen quer über verschiedene Genres. Das, was Sie fordern, gibt es bei uns zum Teil in Informationssendungen. Ich meine, sogar auch in fiktionalen Programmen gab es in dem „Bellheim“ so etwas, wo auch Sorgen und Nöte jetzt natürlich in einer bestimmten sozialen Situation und Aktivität gezeigt wurden. Das heißt, meines Erachtens machen Sie damit letztendlich eine allgemeine Diskussion auf, die gar nicht an der Frage „Alter oder Nicht-Alter“ allein nur zu führen ist, denn diese Diskussion hören wir natürlich auch aus anderen Zusammenhängen immer mal. Letztendlich ist das ein neues Thema. Man kann aber nicht sagen, wenn man das Gesamtangebot bei uns in den verschiedenen Genres, in den verschiedenen Programmfarben ansieht, dass wir dort an der Wirklichkeit vorbeigehen. Wir haben natürlich Programme, die eher unterhaltenden Charakter haben, wo die Problemdimensionen nicht so stark enthalten sind, aber wir haben auch Fernsehfilme – ich habe einen jetzt mal genannt, ich könnte Ihnen ein paar weitere Beispiele nennen –, wo das auch sehr realistisch, auch mit einer gewissen Härte und durchaus mit einer Anforderung an den Zuschauer verbunden ist. Also ich teile diese Meinung nicht, dass das alles nur in einer unverbindlichen Soße aufgeht, weder für das Thema „Alter“ noch für das allgemeinere Thema „Darstellung sozialer Realität“, wobei ich immer bereit bin, mich über einzelne Programme zu streiten.

Alexander Isadi (RTL):

Ich möchte gern auf den Herrn von vorhin kurz reagieren. (…) Ich persönlich und auch RTL sind froh, dass im Rundfunkstaatsvertrag weder was von Ethik noch Moral steht, denn diese Begrifflichkeiten können erklärtermaßen sehr unterschiedlich ausgelegt werden. Von daher möchte ich insoweit zu Ihrem Einwand sagen: Natürlich haben Sie recht, wenn Sie sagen, die kommerziellen Veranstalter scheinen sich nach ihrer Auffassung primär um das Kommerzielle zu bemühen. Wenn man kommerziell tätig ist, dann muss man diese Ausrichtung tolerieren. Wenn man sie toleriert, muss man schauen, was man trotz dieser Ausrichtung im Sinne dieser Runde und im Sinne des Programms tun kann. Ich bin sehr dankbar für Ihren Einwand, dass Sie sagten, ich würde nur von der Werbung reden. Ich habe davon gesprochen, dass die Werbung natürlich bei den kommerziellen Veranstaltern maßgeblich die Ausrichtung der demographischen Gruppen beeinflusst. Völlig richtig. Auf der anderen Seite sind aber die kommerziellen Veranstalter keine Einrichtungen, die per se als Auftrag haben, ganz bestimmte Organisationen, gesellschaftliche Gruppen etc. zu unterstützen. Wir versuchen, eine Massenkultur, ein massenattraktives Programm zu machen. Das ist unser Versuch. Dass wir dabei natürlich in vielen Tranchen nicht immer das Optimum erreichen, ist auch völlig klar. (…) Mein Kollege von Sat 1 hatte schon gesagt, wir werden für die älteren Menschen nicht bezahlt. Wir versuchen, Wege zu finden, wie wir die älteren Menschen abbilden können und dafür bezahlt werden. Ältere Kongress-Teilnehmerin:

Herr Brender hat von der Bürgergesellschaft gesprochen. Die Bürgergesellschaft findet aber über die Medien überhaupt nicht statt, weder über die Öffentlich-Rechtlichen noch die Privaten, denn wir Bürgerinnen und Bürger haben im Prinzip nichts zu sagen. Ich bin im wesentlichen Hörfunk-Hörerin, weil ich mit meinen 65 Jahren ein aktives Leben führe, wie es manche andere nicht tun, und im Wesentlichen

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Marion von Haaren:

Das war eine interessante Beobachtung. Ich denke, diese Beobachtung stimmt vielfach. Ich denke auch, dass man so ein Stück Medienkritik ruhig entgegennehmen kann, weil wirklich sehr häufig Stereotype transportiert werden, gerade was Frauen angeht. Das wundert mich immer wieder. Ich weiß nicht, ob Sie jetzt direkt eine Antwort darauf erwartet haben von Herrn Brender, aber ich denke, das war mehr ein Statement. Nikolaus Brender (WDR):

Von links nach rechts: Jannelle Haskell (AARP), Shelagh Prosser (BBC), Françoise Dost (Radio France), Nikolaus Brender (WDR) und Moderatorin Marion von Haaren.

Natürlich haben die Zuschauer bei den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ihr Votum. Es gibt im WDR zum Beispiel – beim ZDF weiß ich das nicht – einen Vertreter der älteren Generation im Rundfunkrat. Frau:

eigentlich nur dazu komme zu hören, wenn ich im Auto Radio hören kann. Da finde ich dann Sender, da kann ich die Musik nicht ertragen, da wären vielleicht die Wortbeiträge sehr interessant, aber da muss ich mir eine Musik zumuten. Dann mache ich das lieber ganz weg, weil ich die Musik nicht hören will. Das geht ja ein bisschen auseinander. Frau von Haaren hat geredet von der Sanftheit und Harmonie. Das ist ein politischer Wille. Zwei Drittel aller alten Menschen sind Frauen. Wir Frauen haben uns immer über Sanftheit und über Harmonie und über Zurücknehmen definieren dürfen, und wir sollen uns angeblich um Gottes willen nicht im Alter dann politisch einmischen. Denn dass wir alten Frauen auch politische Frauen sind, dass wir eine Meinung haben zur Zukunft, dass wir mit dem, was in dieser Welt geschehen ist, nicht einverstanden sind und unsere Kinder und Enkelkinder darin unterstützen wollen, dass die Welt menschlicher und lebenswerter und wärmer wird, das will die Öffentlichkeit – und da gehe ich mal von aus, wenn da überall in den Medien und in der Werbung 30-Jährige sitzen, dann haben die natürlich überhaupt kein Interesse daran, dass wir Alten uns da einmischen, noch dazu, wenn wir Frauen sind. Die sollen bitte schön den Mund halten und weiterhin dienen und dulden.

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Einen Vertreter! Nikolaus Brender (WDR):

Es gibt einen Vertreter für die ältere Generation, für die älteren Menschen. Es gibt ja viele Interessengruppen in dieser Gesellschaft. Man kann sich um Gottes willen nicht nur nach Alter aufschneiden – das geht nicht. Es gibt Arbeiter, es gibt Unternehmer, es gibt Kirchen, es gibt junge Leute, es gibt Sportverbände. Frau von eben:

Einen Vertreter oder eine Vertreterin? Nikolaus Brender:

Einen Vertreter. Dieselbe Frau:

Es leben wesentlich mehr Frauen im Alter als Männer. Warum sitzt denn da ein Mann und nicht eine Frau? Nikolaus Brender:

Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Nur, das können Sie jetzt uns, der Rundfunkanstalt nicht vorwerfen, weil die Verbände der älteren Menschen ihre Vertreter wählen. Da müssen Sie sich dort aktiv einsetzen und sagen: So, jetzt endlich eine Frau! (…)

Jenseits vom Jugendkult – Alter(n): (K)ein Thema fürs Programm?

Andere Kongress-Teilnehmerin:

Also ich habe mich die ganze Zeit gefragt: Was wollen eigentlich die Alten sehen? Hier wurde viel darüber geredet, welche Segmente bedient werden müssen für die Werbewirtschaft. Wichtig fand ich dabei, dass festgestellt wurde, dass es offensichtlich jüngere Leute sind, die dieses Segment bestimmen, aber sie machen das ja auch nicht nur, weil sie jung sind, sondern sie wollen ja in erster Linie Geld verdienen. Also werden sie Gründe haben, warum das so ist. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass das Bild des Alters nicht nur bei den Jungen vorurteilsbehaftet ist, sondern vielleicht auch bei den Alten selbst und dass es immer noch so ein Ideal gibt, das eben an der Jugend orientiert ist. Da gibt es ja auch andere Vergleiche. Ich denke zum Beispiel an Frauenzeitschriften. Wer sieht schon aus wie ein Model? Trotzdem werden diese Zeitschriften gekauft. Das ist das Ideal. Vielleicht gibt es auch bei den Älteren ein Ideal an der Jugend oder eine Orientierung an der Jugend, das kann ja auch sein. Marion von Haaren:

Herzlichen Dank. Da ist sicherlich was dran. Andere Kongress-Teilnehmerin:

(…) Als Fazit für diese Veranstaltung aus dieser Diskussion habe ich eigentlich gezogen, dass sowohl die öffentlich-rechtlichen wie die privaten Medienmacher kein Spartenradio oder keine Spartenfernsehgeschichten wollen. Dann sollten sie das vielleicht den Senioren der Altersgruppe selbst überlassen, ein Radio und ein Fernsehen mit ihren Inhalten zu bestimmen. Das gehörte dann auch eigentlich entsprechend gefördert, auch gefördert durch die Präsenz hier in diesem Plenum oder in dieser Kongressveranstaltung. Wir haben festgestellt, dass die Diskrepanz zwischen Jung und Alt, die da so beschworen wurde heute, eher von den Medien gemacht wird und gar nicht in der Natur in der Gesellschaft vorhanden ist. Auch dieses Spartendenken oder dieses Abkapseln ist gar nicht vorhanden. Dieser integrative Ansatz,

den Sie eben genannt haben, ist per se da, nur die Medien picken sich immer irgendwo eine Geschichte heraus, die eben für sie – und da nehme ich die Öffentlich-Rechtlichen auch nicht aus – kommerziell verwertbar ist. Älterer Kongress-Teilnehmer:

Herr Brender, Sie haben eben sehr konterkariert gegen die Sendung von Gretel Rieber Stellung bezogen. Aber fragen Sie sich auf der anderen Seite mal, weshalb diese Sendung von Gretel Rieber diesen Erfolg hat. Wir haben jetzt immer viel über Inhalte gesprochen. Ich glaube, es ist nicht nur eine Frage der Inhalte. Ich arbeite seit fünf Jahren mit alten Menschen zusammen und mache mit denen Radioprogramme sowohl im Bürgerfunk und habe solche Dinge auch schon für den WDR gemacht, und sie sind gut angekommen. (…) Aber was ich immer wieder in diesen fünf Jahren gehört habe, sind zwei Dinge: 1. Die Länge der Beiträge ist in diesen schnellen Sendern – ich will sie gar nicht einzeln benennen –, Musterbeispiel 1:30, so kurz, dass in dem Moment, wo das Interesse der Älteren anfängt auf dem Ohr, das Ding zu Ende ist, die Information beendet ist und das Thema weg ist. Der zweite Punkt ist aber auch die Form, nämlich die Sprache. Eine EinsLive-Sprache ist für ältere Menschen zu schnell. Wir müssen also bei den Älteren einfach auf eine formale Sprache Rücksicht nehmen, die verständlich bleibt. Das hat nichts mit Betulichkeit zu tun, überhaupt nicht. Es ist nur eine Frage des Tempos. Vielleicht klingt es polemisch: Es gab mal einen Verein zur Verlangsamung der Zeit. Vielleicht brauchen wir einen Verein zur Verlangsamung des Radios. Nikolaus Brender (WDR):

Ich habe mich ja nicht gegen die Sendung von Frau Reiber ausgesprochen. Ich habe nur große Probleme mit einer Verspartung insgesamt von Programmen, weil sie eben nicht zu einer Zusammenbindung der Gesellschaft führt. Das ist doch das große Problem, unter dem wir hier in Deutschland leiden, dass die Interessengruppierungen so auseinanderfallen und sie nicht mehr zusammenfinden. (…) Deswegen sage ich ja auch, die Interessen der älte-

79

Plenum

ren Menschen müssen im öffentlich-rechtlichen Gesamtprogramm wahrgenommen werden. Sie werden es auch. (…) Ich möchte, dass die Generationen miteinander sprechen können, das heißt die Ausbildung einer gemeinsamen Sprache, nicht einer Generationssprache, weil wir nur – ich kann mich da nur wiederholen – gemeinsam die Probleme unserer Gesellschaft meistern können. Derselbe Kongress-Teilnehmer:

Ich stimme Ihnen vollkommen zu: keine Verspartung in diesem Sinne. Aber ich denke, die Verständlichkeit für alle Generationen sollte da sein. Jetzt zur Sprache: Das Wunder an dieser Gretel-RieberSendung ist ja, dass diese Sprache offensichtlich keine Generationensprache allein ist, sie wird ja auch von Jüngeren gehört. Das ist ja ein Beweis dafür, dass es gewisse Dinge gibt, die man machen kann, ohne nur auf eine Generation Rücksicht zu nehmen. Und da stimmen wir sicherlich überein. Marion von Haaren:

Tun wir das, Herr Brender?

Wir haben von Werbung gesprochen. Meine Mutter ist 80 Jahre alt, und sie hat mir als erste etwas über die modernen Produkte beigebracht, weil ich sehr konservativ bin. Sie hat von Mikrowelle, Tiefkühlkost etc. erzählt. Und Werbung für die jungen Leute, das ist Blödsinn, denn die Jungen haben kein Geld. Kongress-Teilnehmer:

(…) Ich komme aus Holland. (…) Ich mache einmal pro Woche eine Stunde Fernsehen in Amsterdam auf dem Kabel. Das heißt „Gut grau“, weil es in einem Programm für multikulturellen Gruppen in unserem Zusammenleben gemacht ist. Das Programm ist „weiß“, „braun“ usw. Ich hatte nur fünf Wochen eine Fernsehsendung gemacht, da kam schon das offizielle Fernsehen zu meinem Älterenverband in Holland, ein Bund für 50 plus, und fragte uns: „Haben Sie ein Problem für uns? Dann können wir das auch im Fernsehen besprechen.“ Dann sage ich „Ja. Dahin müssen wir.“ (…) Wenn ich höre, was der WDR sagt, dann sind wir einige Schritte weiter. Vielleicht ist es möglich, auch hier zu sehen, wie Ältere bei der Vorbereitung des Programms einbezogen werden können.

Nikolaus Brender (WDR):

Also ich weiß nicht. Vielleicht sollten wir diesen Dissens einfach mal stehenlassen. (…) Also ein bisschen skeptisch bin ich schon. Frau Rieber, entschuldigen Sie, jeder oder jede, der Seniorensendungen macht, natürlich sagen sie alle: Es guckt auch der Enkel zu. Genauso wie die, die die Jugendprogramme machen, sagen: Es guckt auch der Großvater zu. Das ist immer so ein bisschen gequält. Darüber müsste man also sicher noch mal diskutieren. Kongress-Teilnehmerin:

Ich bin aus Italien hier. Ich möchte nur sagen, dass man wirklich Programme braucht, jedoch nicht für die älteren Menschen, sondern um die jungen Leute auf das Älterwerden vorzubereiten. Warum? In der heutigen Zeit wird die Weltbevölkerung älter, und wir müssen uns jetzt darauf vorbereiten. Das ist das wichtigste. (…)

80

Anneke Krijnen:

Ja, es ist möglich, dass bei uns auch die Älteren mitarbeiten können an den Programmen. Zumindest beim Radio ist das der Fall. Speziell ältere Leute werden eingeladen für das Älterenprogramm. Marion von Haaren:

Das war aber eine kurze Antwort. Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen, die sich hier auf dem Podium bereitgefunden haben und die mitdiskutiert haben. Ich denke, die Anregungen, hier auch noch stärker die Alten selber zu Wort kommen zu lassen, nehmen wir sicher gerne auf.

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer – Ergebnisse der Medienforschung • Das Mediennutzungsverhalten älterer

• Was Ältere am liebsten im deutschen

Menschen im internationalen Vergleich:

Fernsehen und Hörfunk sehen und hören:

Dr. Wolfgang Neumann-Bechstein, Medienwissenschaftler und Fernsehjournalist, Deutschland

Andreas Grajczik, Referent Medienforschung Südwestrundfunk, Deutschland Moderation: Hans Nakielski, KDA

• Lebensbilder älterer Menschen in Alltag und TV – eine qualitative Studie im Auftrag des WDR:

Thomas Windgasse, WDR-Medienforschung und Frank Szymkowiak, Unit-Leiter rheingoldInstitut, Deutschland

Moderator Hans Nakielski vom KDA bemerkte zu Beginn des Workshops, dass der im Programm angekündigte Referent Dick Vigers, Fernsehproduzent und Direktor vom Leitungsgremium HelpAge International (Thailand), der Untersuchungsergebnisse über „Ältere Menschen und Fernsehen in Thailand, Malaysia und Indien“ vorstellen wollte, leider aus persönlichen Gründen nicht kommen konnte. Das Asia Training Centre On Ageing (ATCOA) von HelpAGE International habe aber eine englischsprachige Zusammenfassung einer Tagung zu dem Thema, die vom 21. bis 25. Juni 1999 in Chiang Mai (Thailand) stattfand, geschickt. Der „Report of the first regional workshop on ageing for media practitioners in Asia“ liege für die Kongressteilnehmer aus. „Da der Referent aus Asien bedauerlicherweise absagen musste, werden wir uns in diesem Workshop – bis auf den ersten Teil, wo es um die Mediennutzung älterer Menschen in mehreren europäischen Ländern geht – ausschließlich mit Ergebnissen aus der Medienforschung in Deutschland beschäftigen“, kündigte Nakielski an.

Anmerkung zum Werbe-Workshop: Gründe für den Jugendkult in der TV-Werbung Ehe der erste Referent, der Medienwissenschaftler und Fernsehjournalist Dr. Wolfgang NeumannBechstein, auf den internationalen Vergleich einging, „brannte“ ihm eine Anmerkung zum Workshop „Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung“ (siehe Seite 114 ff.) „auf den Nägeln“. NeumannBechstein: „Wer den vorhergehenden Workshop miterlebt hat, musste zumindest über weite Strekken den Eindruck haben, dass die Welt insoweit in Ordnung ist, als die Werbeagenturen und alle Fernsehanstalten natürlich nur an die älteren Menschen denken. Es wurde aber an keiner Stelle ein ganz wichtiger Grund erwähnt, weshalb die Werbeagenturen nach wie vor auf die Jungen setzen.“ Das – so der Referent – hänge mit Untersuchungen zu „Erinnerungsleistungen an Fernsehwerbung“ zusammen, die in den USA gemacht worden seien. „Diese Untersuchungen haben eigentlich den ganzen Jugendkult sehr stark veranlasst“, sagte der Medienwissenschaftler. Danach sei nämlich festgestellt worden, dass sich Jüngere an Markenartikelwerbung besser erinnern können. „Man hat daraus ge-

81

Aus Medienforschung und -praxis

schlossen, wenn sie sich besser erinnern, dann sind sie auch eher bereit, Marken zu wechseln. Die Werbung lebt in erster Linie vom Markenwechsel – und nicht unbedingt von der Expansion der Marken. Das könnte sich aber ändern, wenn jetzt eben Ältere in die Consumer-Generation hineinkommen.

Momentan ist es allerdings so, dass diese Untersuchungen, die den Markenwechsel bei Jüngeren bestätigen, ein ganz wichtiger Grund für die Werbeagenturen sind, nach wie vor darstellend auf die Jüngeren zu setzen.“

Das Mediennutzungsverhalten älterer Menschen im europäischen Vergleich Nach dieser Anmerkung zum Werbe-Workshop kam Neumann-Bechstein zum Thema Mediennutzung Älterer in Europa. Es folgt eine – geringfügig ergänzte – schriftliche Zusammenfassung seines Referates, die der Medienwissenschaftler für diese Dokumentation zur Verfügung gestellt hat:

Einleitung Als ich mich Anfang der 80er Jahre erstmals mit dem Thema „Ältere Menschen und Medien“ beschäftigte, gab es keine Zweifel: Ältere Menschen, das war die Gruppe der Senioren, der Ruheständler. Ein Leben ohne Arbeit bedeutete für viele von ihnen nicht nur Rückzug aus vielen Interaktionssystemen, sondern auch Hinwendung zu neuen Informationsquellen, allen voran zum Fernsehen. Das Fernsehen selbst war über seine Popularität bei den Älteren erfreut, entwickelte spezielle Programme als Ratgeber fürs Älterwerden. Besonders das ältere Publikum war die Garantie für viele Fernseherfolge der Vergangenheit. Knapp 20 Jahre später stimmt diese Vorgabe schon lange nicht mehr. Der Altersbegriff selbst ist in den Medien – und vor allem durch die Medien – ein anderer geworden. Für die Medien sind Ruhestand, Rückzug aus der Arbeitswelt, also veränderte Lebensverhältnisse, nicht mehr Kriterien eines älteren Publikums. Altersdefinitionen in den Medien erfolgen nicht mehr mit Blick auf die Lebensphase. Sie definieren sich in einem mehrheitlich kommerziell geprägten Mediensystem über Merkmale wie Kauf-

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dynamik, Markenmobilität, Experimentierfreude. Stillschweigend hat in den Medien ein Altersbegriff Einzug gehalten, der vor allem vom Jugendkult geprägt ist. Alt ist, wer den laufenden Moden und Trends der Werbe- und Kommunikationsbranche nicht folgen will, ihnen Eigensinn, Widerstand entgegensetzt. Obwohl wirtschaftlich potent, neigen nach Werbestudien die Alten weniger häufig zum Wechsel der Markenwaren, sind demnach für die auf Wechsel ausgerichteten Werbeträger weniger von Interesse als das jüngere Publikum. Aus dieser ganz pragmatischen Überlegung heraus haben sich weitreichende Folgen für Medienangebote und Mediennutzung durch Ältere ergeben. Außerdem beeinflusst diese eigentlich unbedeutende Feststellung die Forschungslage zum Mediennutzungsverhalten älterer Menschen ebenfalls.

Dr. Neumann-Bechstein.

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Allgemeiner Trend zum jugendlichen Erscheinungsbild Eine Gemeinsamkeit ergibt sich zunächst im Erscheinungsbild älterer Menschen in den Medien. Medienakteure, dies versteht sich heute in Ländern mit starkem kommerziellem Medienangebot von selbst, haben jung, mobil und dynamisch zu sein. Jugendkult beobachten wir nicht nur in Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden. eine Untersuchung der BBC (siehe auch Seite 109) bietet Daten, die auf viele westeuropäische Staaten übertragbar sind.

Präsenz älterer Menschen in britischen Fernsehprogrammen

16

10

ITV

9

10

UK Gold

(Angaben in Prozent)

11

6

BBC 2

CH 4

BBC 1

4

CH 5

Für die Medien ist heute in der Regel alt, wer das 50. Lebensjahr überschritten hat. Diese Altersgrenze gilt nicht nur europaweit, sondern in allen Industrienationen, in denen regelmäßig Daten zur Mediennutzung erhoben werden. Allerdings finden im europäischen Raum dort, wo der Werbeeinfluss insbesondere auf die elektronischen Medien Fernsehen und Radio gering ist, nach wie vor andere Altersgrenzen Anwendung. So finden in manchen Studien die über 55-Jährigen besondere Beachtung, in Skandinavien sind die traditionellen Grenzen der Berufstätigkeit mit 60 bzw. 65 Jahren verbreitet, und in Deutschland existieren zwei Betrachtungsweisen: Kommerzielle Rundfunkveranstalter verstehen unter den Älteren ausschließlich die Zielgruppe über 50 Jahre, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten leisten sich noch den Luxus regelmäßiger Forschung zur Mediennutzung der über 65-Jährigen. Europaweit bedeutet dies, dass Studien schwer vergleichbar und noch schwerer zueinander in Beziehung zu setzen sind. Ein europäischer Vergleich der Mediennutzung kann angesichts der heterogenen Materiallage also nur Anhaltspunkte aufzeigen, kann außergewöhnliche Besonderheiten wie Gemeinsamkeiten unterstreichen.

Schaubild 1

Sky-One

Alter beginnt für die Medien mit 50

Quelle: Age Concern / BBC: Older people on television

Auch übertragbar ist die Beobachtung, dass es keinen nennenswerten Unterschied mehr macht, ob Fernsehprogramme über Werbung oder Gebühren finanziert werden. Der allgemeine Trend zum jugendlichen Erscheinungsbild macht vor der Organisationsform nicht mehr halt. Sicher gibt es gegen solche Betrachtungen erhebliche Einwände, denn was sagt schon das Erscheinungsbild älterer Personen auf Fernsehkanälen über ihr Gewicht im Programm aus? Zunächst nicht viel, denn ältere Menschen selbst orientieren sich in den Medien eher an der Jugend als an den Älteren. Aus der Psychologie wissen wir, dass die Selbsteinschätzung rund 15 Jahre unter dem biologischen Alter liegt. Man fühlt sich also jünger als man ist und möchte dies durch seine Umgebung gern bestätigt wissen. Dennoch sind solche Zahlen aufschlussreich, denn gerade das Fernsehen ist ein Bildermedium. Wer hier Alter zum Thema machen möchte, muss das Alter auch in Bilder fassen. Fehlen diese Bilder, dann ist der Schluss zulässig, dass ältere Menschen nicht nur als Personen in den Fernsehprogrammen unterrepräsentiert sind, sondern dass ihre Lebensverhältnisse, ihr soziales, gesellschaftliches und kulturelles Umfeld ebensowenig vorkommt. Diese Schlussfolgerung deckt sich mit Einzelbeobachtungen zum Um-

83

Aus Medienforschung und -praxis

Schaubild 2

197

205

206

Schweiz DRS 65 +

(in 1995)

Fernsehnutzung älterer Menschen in Europa 1996 / 98

Dänemark 55 +

gang mit dem Alter. So berichtete am 3. Juni dieses Jahres die London Times von der Studioaufzeichnung einer BBC-Sendung. Anlass war eine Zuschauerin, die vor der Aufzeichnung einer Show als Studiogast wegen ihres Alters ausgeladen wurde. Sie war 58 Jahre alt. Begründung der BBC: Ein zu altes Publikum passe nicht zur Sendung für eine junge Zielgruppe.

218

226

234

(Angaben in Minuten) 246

247

255

265

Fernsehnutzung steigt mit zunehmendem Alter Wenn man die Nutzung der Medien durch ältere Menschen beobachtet, dann ist die Einheit Europas in einem Punkt gelungen: Das Fernsehen wird europaweit nicht nur absolut am meisten genutzt, seine Nutzung steigt in vielen Ländern mit zunehmenden Alter an.

84

Deutschland 65 +

Schweiz SR 65 +

Schweiz SI, 65 +

1998

Deutschland 65 +

Italien 65 +

Finnland 65 +

Norwegen 65 +

Ältere Menschen als Publikum der Medien, dies zeigt sich zumindest für die Medien Radio und Fernsehen, sind in den werbefinanzierten Rundfunkprogrammen Europas eher geduldet als begehrt. Es wäre also naheliegend, wenn sich solche Ausgrenzungen in einem Wandel der Mediennutzung niederschlügen. Ich möchte deshalb durch einen Blick auf Nutzungsstudien in verschiedenen europäischen Staaten der Frage nachgehen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Nutzen der Medien als Informationsquelle für das eigene Leben und ihrer Nutzung insgesamt besteht, oder ob es denkbar wäre, dass sich früher oder später größere Teile der älteren Menschen andere Medien suchen, die ihre Lebensverhältnisse stärker berücksichtigen.

Schweden 65 +

Vergleichbar diskriminierende Vorgänge gibt es in Deutschland. Ex-RTL-Chef Thoma sprach vom „Kukidentpublikum“, SAT.1 setzte bei den Älteren besonders beliebte Serien ab („Der Bergdoktor“), und kommerzielle Radioprogramme senden ohnehin meist nur fürs junge Publikum.

Quellen: GFK Fernsehforschung, SRG/SSR Forschungsdienst, Nordic Baltic Media Statistics 1998, RAI: Quale radio e tv per la terza eta?

Allerdings besteht im Umfang der täglichen Fernsehnutzung zwischen dem Land mit der geringsten Fernsehnutzung (Schweden, 197 Minuten) und jenem mit der größten Fernsehnutzung (Deutschland, 265 Minuten) ein beträchtlicher Unterschied von mehr als einer Stunde täglich. Weiter fällt auf, dass für die Schweiz und Deutschland, verglichen über mehrere Jahre, die tägliche Fernsehnutzung weiter ansteigt.

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Schaubild 3

Schaubild 4

Radionutzung älterer Menschen in Europa 1996 268

(in 1995)

(Angaben in Minuten)

140

Länderspezifische Besonderheiten Reichweiten von Fernsehen, Radio und Tageszeitung bei älteren Menschen über 65 Jahren

(Angaben in Prozent) Fernsehen

Radio

Zeitung 100

145

149

154

93

157

89

6

88

86

83

92 83 84

89

84 77

72

75

70

66

4

67

Italien

Deutschland

Dänemark

Schweden

Norwegen

Finnland

Finnland (65–74 J.)

Deutschland (60 +)

Norwegen (65–79 J.

Schweden (65–79 J.)

Dänemark (60 +)

Italien (65 +)

50

Quellen: GFK Fernsehforschung, SRG / SSR Forschungsdienst, Nordic Baltic Media Statistics 1998, RAI: Quale radio e tv per la terza eta?

Quellen: Massenkommunikation V, Nordic Baltic Media Statistics 1998, RAI: Quale radio et tv per la terza eta?

Ähnliche europäische Gemeinsamkeiten bestehen für die Radionutzung. Mit Ausnahme Finnlands steht das Radio in allen ausgewählten Staaten hinter der Fernsehnutzung an zweiter Stelle. Schaubild 3 gibt die Durchschnittshördauer in Minuten an. Sie kann jedoch bedeuten, dass Menschen an einem Tag sehr viel hören, an anderen Tagen gar nicht. Wenn wir Massenmedien als regelmäßige Informationsquellen älterer Menschen über den Zustand der Welt betrachten, dann gewinnt eine Frage an Bedeutung: Wie viel Prozent des älteren Publikums werden täglich über welche Medien erreicht? Hier wird also auch jenes Publikum berücksichtigt, dass insgesamt wenig, dennoch sehr regelmäßig, z. B. täglich, die Medien nutzt.

Zunächst fällt auch hier eine europäische Gemeinsamkeit auf. Mit steigendem Alter rückt nach dem Fernsehen nicht mehr das Radio, sondern mit Ausnahme Dänemarks die Tageszeitung als Medium mit der zweitstärksten Reichweite in den Vordergrund. Weitere länderspezifische Besonderheiten beobachten wir für Finnland und Dänemark. In Finnland ist die tägliche Zeitungslektüre noch verbreiteter als das tägliche Fernsehen, in Dänemark dagegen liegt das Radio in der täglichen Reichweite vorn.

Diese so genannten Tagesreichweiten der drei großen Medien Fernsehen, Radio und Tageszeitung werden für ausgewählte Länder in Schaubild 4 dargestellt.

Es gibt also in der Mediennutzung europaweit ausgeprägte Gemeinsamkeiten, aber auch eine Reihe länderspezifischer Besonderheiten. Dazu zählt z. B. eine besondere Rolle des Videorecorders in Schweden und Dänemark.

85

Aus Medienforschung und -praxis

Mediennutzung Älterer in Italien

Schaubild 5 Videonutzung ausgewählter Länder im Vergleich (Personen über 65 Jahre 58

in Minuten pro Tag)

1

2

Norwegen 67 +

Finnland

Schweden

Dänemark

47

Quelle: Nordic Baltic Media Statistics 1998

Kein Land Europas weist eine derart hohe Videonutzung bei älteren Menschen auf wie dies in Dänemark und Schweden der Fall ist. Die Vermutung, dass der Grund hierfür in wenigen muttersprachlichen Fernsehprogrammen und fehlender Vielfalt an Kabel- und Satellitenprogrammen liegt, wäre plausibel. Allerdings haben Länder wie Norwegen oder Finnland vergleichbare Fernsehangebote, ohne dass die Videonutzung dadurch ähnlich wäre. Der Grund dürfte also eher in einem attraktiven Leih- und Kaufsystem liegen, mit dem zusammen sich in jüngeren Lebensphasen eine Tradition der Videonutzung entwickelt hat, die ins Alter übernommen wurde.

Eine detaillierte Betrachtung des Medienverhaltens bieten zwei Studien der staatlichen italienischen Fernsehgesellschaft RAI von 1994 und 1995 an. Sie befassen sich mit Details der Radio- und Fernsehnutzung im Alter. Da wir über Nutzungsmuster in Deutschland später in diesem Workshop hören werden, möchte ich mich im Folgenden auf die Kernaussagen der italienischen Studien beschränken und die deutsche Situation nur kurz ergänzen. Deutsche Studien bestätigen für das ältere Publikum eine eher traditionelle Programmauswahl. Radio- und Fernsehnutzung orientieren sich an früheren Gewohnheiten, Zapping ist selten, ebenso der häufige Kanalwechsel. In der Regel sind es wenige, lange Zeit bekannte und gewohnte Programme, die dem älteren deutschen Publikum Orientierung bieten. Zudem wächst beim deutschen Radio- und Fernsehpublikum mit wachsendem Alter das Informationsinteresse, und bei den über 70-jährigen Deutschen sind Informationen sogar wichtiger als Unterhaltung. Ganz anders dagegen das italienische Radio- und Fernsehpublikum. Schaubild 6 Mediennutzung Italien Auf Fernseh- und Radiosendungen aufmerksam geworden durch … 9% 38 % 54 % 16 % 3%

Es gibt demnach Hinweise dafür, dass Mediennutzung im Alter auch etwas mit der Mediensozialisation, also mit kulturellen Traditionen zu tun hat. Je nach kulturellem Umfeld nehmen der Videorecorder, die Tageszeitung, das Radio oder das Fernsehgerät besondere Positionen ein. Hinter der Gemeinsamkeit der Fernsehnationen Europas verbergen sich also beachtliche Unterschiede in der weitergehenden Gewichtung und Bewertung einzelner Medien durch die Älteren.

16 %

1% 3%

24 %

31 %

3%

2%

TV (von oben nach unten:) Presse aus Gewohnheit Empfehlung von Freunden / Familie

Radio Radio / TV-Spots Zapping anderes

Quelle: L’ANZIANO DESTRUTTURATO, RAI 1994 n = Radio- und Fernsehzuschauer in Italien über 50 Jahre

86

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Gewohnheitsmäßiges Fernsehen, wie wir es aus Deutschland, aber auch aus der Schweiz und Österreich bei älteren Menschen gewohnt sind, finden wir in Italien nur zu 16 Prozent. Überraschend hoch ist der Anteil jener Älteren, die sich in Italien Fernsehen von Freunden oder durch die Presse empfehlen lassen (38 Prozent), oder die einfach hin- und herschalten (24 Prozent), bis sie das Passende gefunden haben. Mediennutzung aus fester Gewohnheit, dies scheint in Italien für ältere Menschen beim Fernsehen weniger wichtig als bei Radiosendungen. Immerhin 54 Prozent schalten das Radio aus Gewohnheit ein.

Schaubild 8 a Mediennutzung Italien TV- und Radioprogramm als Grund zum Einschalten (Italienisches Publikum ab 65 Jahre)

51 % 87 %

27 %

10 %

Eine Erklärung hierfür bietet das Umfeld, in dem Radio und Fernsehen genutzt werden.

21 %

2%

TV

Radio

(von oben nach unten:) nie gelegentlich oft

Schaubild 7 Mediennutzung Italien

Quelle: Quale radio e tv per la terza eta? RAI 1995

Tätigkeiten bei TV und Radio (Italienisches Publikum ab 50 Jahre) TV

Radio

lesen

5%

7%

schlafen/dösen

22 %

5%

Berufsarbeit

8%

15 %

Gespräche über Programm

32 %

13 %

kleinere Arbeiten

26 %

34 %

essen

59 %

24 %

Quelle: L’ANZIANO DESTRUTTURATO, RAI 1994

Fernsehen und Radio hören in Italien erfolgt auch bei älteren Menschen in hohem Maße parallel zu anderen Tätigkeiten. So geben 85 Prozent der Fernsehzuschauer über 50 Jahre an, beim Fernsehen zu essen oder kleinere Arbeiten vorzunehmen. Das Fernsehen ist für ältere Zuschauer in Italien offenbar in hohem Maße ein häusliches Begleitmedium, in dem man hin- und herschaltet, über das man in der Presse alles mögliche liest und darauf durch Hineinschauen reagiert. Die Programme an sich aber bieten selten Anlass zum Einschalten, wenn etwa 87 Prozent der Befragten ab 65 Jahre angeben, nie wegen eines besonderen Fernsehprogramms einzuschalten.

Etwas anders verhält sich dies für das Radio. Hier ist es rund die Hälfte, die oft oder gelegentlich wegen bestimmter Programme einschaltet. Solche Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die Angebote des italienischen Fernsehens für das ältere Publikum beiläufige Massenware sind, während das Radio das in der Nutzung zwar geringere, in der Bedeutung aber wichtigere Medium im Alter darstellt. Bestätigt wird diese These durch die Motive, die zur Nutzung von Radio oder Fernsehen im Alter führen.

87

Aus Medienforschung und -praxis

Schaubild 8 b

Schaubild 9

Mediennutzung Italien

Medienreichweiten nach Altersgruppen in Italien

Motive der Fernseh- und Radionutzung (Italienisches Publikum ab 65 Jahre)

43 % 57 % 7% 4%

23 %

10 % 23 %

23 %

6%

4%

TV (von oben nach unten:) Informationspresse Bekanntheit, Vertrautheit

Radio Zerstreuung Geselligkeit sonstiges

Quelle: Quale radio e tv per la terza eta? RAI 1994

Quelle: L’ANZIANO DESTRUTTURATO, RAI 1994

Fernsehen in Italien dient älteren Menschen zur Geselligkeit und Zersteuung (46 Prozent) ebenso wie zur Information, während das Radio das eigentliche Informationsinteresse bedient.

Radionutzung in Italien ist keineswegs selbstverständlich, sondern eher etwas für Kenner. Nur rund die Hälfte der Bevölkerung wird regelmäßig durch dieses Medium erreicht. Dagegen zählt das Fernsehen mit 100 Prozent Reichweite zum täglichen Alltag. Wenn dennoch dem Radio die größere Informationskompetenz zugesprochen wird, so liegt dies vermutlich vor allem an historischen Entwicklungen von Radio und Fernsehen. Neben Deutschland ist Italien bekanntlich das Land mit den größten Kommerzialisierungseffekten in den elektronischen Medien. Früher als bei uns hat eine Fülle ausschließlich werbefinanzierter Fernsehsender den Betrieb aufgenommen mit weit reichenden Folgen für Programminhalte und deren Nutzung. Die Betrachtung der Fernsehprogramme als Mittel zur Zerstreuung und Geselligkeit entspricht diesem Wandel. Eine solche Betrachtung des Fernsehens scheint sich mit den einzelnen Alterskohorten aus jüngeren Jahren in das Alter verlagert zu haben.

Darin unterscheiden sich die italienischen Ergebnisse ganz wesentlich von den Nutzungsmotiven in Deutschland aber auch in der Schweiz und in Österreich. Hier liegt mit zunehmendem Alter das Fernsehen vor allem als Informationsmedium ganz vorn und überrundet sowohl Radio als auch Tageszeitung. Fernsehen als flüchtiges Oberflächenmedium nimmt in diesen Ländern mit dem Alter eher ab. Zu beobachten ist das Gegenteil. Das ältere Publikum nutzt jene Programmangebote im Fernsehen intensiv, die informieren, den Blick auf Lebensumfelder erweitern. Allerdings spiegelt sich in Italien die besondere Informationsrolle des Radios für ältere Menschen nicht in der Dauer und der Breite der Nutzung wider.

88

Bestätigt wird eine solche Mitnahme früherer Nutzungsgewohnheiten ins Alter durch gegensätzliche Entwicklungen in Deutschland. Hier sind es die

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

früheren Gewohnheiten der informierenden öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehprogramme, die bis heute die Nutzungsgewohnheiten älterer Menschen prägen. Solche kulturellen Unterschiede in der Mediennutzung haben also eine Gemeinsamkeit: Wenn ältere Menschen Medien nutzen, dann erfolgt solche Nutzung immer auch in der kulturellen Tradition der vorangegangenen Lebensjahre. Bei den Medien scheint dies jedoch vor allem ihre Inhalte und die Erwartungshaltung an diese zu betreffen. Wenn also das italienische Medienpublikum sein Informationsinteresse in hohem Maße vom Radio befriedigt sieht, dann könnte der Anstieg der Radioreichweiten in der Gruppe der 70- bis 74-Jährigen auch ein Indiz dafür sein, dass in dieser Lebensphase Informationen über das Lebensumfeld immer wichtiger werden, die eben in Italien das Radio, in Deutschland aber das Fernsehen bietet.

zeigen, ist der Umgang mit den Medien keineswegs traditionalistisch. Dort, wo Medien für den Alltag eine besondere Rolle spielen, werden sie auch dieser Rolle entsprechend genutzt. Das sind in Schweden und Dänemark die Videorecorder, das ist die Tageszeitung als Informationsmedium in der Phase der Berufstätigkeit, das kann im Falle Italiens das Radio als Informationsmedium im Alter werden. Dass Mediennutzung im Alter in Europa nicht nur die Fortschreibung früherer Verhaltensmuster darstellt, sondern dass sich ältere Menschen selbst Medien suchen, die ihren Erwartungen gerecht werden, zeigt sich besonders am Vergleich der Verbreitung von Kabel- / Satellitenempfang und Videorecorder zwischen Gesamtbevölkerung und Älteren. Schaubilder 10 a und 10 b Kabel-/Satellitenhaushalte im europäischen Vergleich

Die italienische Studie ist übrigens auch nach Geschlechtern differenziert. Es gibt dort einige Hinweise, dass beispielsweise das Informationsinteresse bei älteren Männern höher ist als bei Frauen. Das deckt sich auch im Wesentlichen mit Ergebnissen, die wir in Deutschland beobachten können: Danach sind Männer unter dem älteren Publikum stärker informationsorientiert als Frauen.

Große Aufgeschlossenheit Älterer gegenüber moderner Medientechnik Eine solche je nach Erwartungshaltung unterschiedliche Bewertung der Medien bestätigt Beobachtungen, die auch in Deutschland gemacht wurden. Mediennutzung ist nur zum Teil Fortschreibung früherer Verhaltensmuster. Gerade im Alter fallen Mediensozialisation und neue Erwartungshaltungen durch die veränderte Lebenssituation zusammen. Medien dienen vor allem im Alter als wichtige „Fenster zur Welt“. Sie bieten Gesprächsstoff, Orientierung, geben ganz praktische Hinweise zu Alltagsfragen und stellen ein Korrektiv zum Rückzug aus beruflichen und familiären Interaktionsräumen dar. Wie die europäischen Beispiele

VCR-Haushalte im europäischen Vergleich

Quelle: Eurobarometer 47.0, März 1997

89

Aus Medienforschung und -praxis

Schaubild 10 a zeigt für die Altersgruppe der über 55-Jährigen eine beachtlich hohe Ausstattung mit modernster elektronischer Medienempfangstechnik. In fast der Hälfte der Haushalte von Personen über 55 Jahre in Finnland, Frankreich, Spanien und Großbritannien sind neueste Empfangstechniken vorhanden. In Deutschland und den Niederlanden liegt die Ausstattung der Haushalte Älterer mit modernster Empfangstechnik sogar über 50 Prozent. Haushalte Älterer in Frankreich, Spanien und Großbritannien sind sogar besser mit Satelliten- oder Kabelempfangsmöglichkeiten ausgestattet als der Bevölkerungsdurchschnitt. Diese Zahlen widersprechen einer verbreiteten Annahme, nach der ältere Menschen Zugangsbarrieren zu neuer Technik haben. Leichte Bedienbarkeit und Nutzen für den eigenen Alltag vorausgesetzt, sind Haushalte Älterer sehr wohl bereit, intensiv in Medienausstattungen zu investieren. Dies zeigt sich auch am Gegenbeispiel des Videorecorders. Seine Bedienung ist zu kompliziert, zu uneinheitlich und zudem von wenig praktischen Nutzen für den Alltag im Alter. Dementsprechend unterdurchschnittlich fällt die Ausstattung mit solchen Geräten europaweit aus. Schaubild 10 c Internetnutzung in Europa

Quelle: Eurobarometer 47.0, März 1997

90

Ganz anders verhält es sich beim Internet. Obwohl die absoluten Zahlen europaweit noch sehr unterschiedlich und in der Regel niedrig ausfallen, zeigt gerade die Internetnutzung besondere Auffälligkeiten. In technisch hoch entwickelten Ländern Europas wie z. B. Frankreich liegt die Internetnutzung von Menschen über 55 Jahren bereits über dem Bevölkerungsdurchschnitt. Der hohe Informationsund Kommunikationsnutzen dieses neuen Mediums scheint offensichlich gerade die Gruppe der jungen Alten, also der Personen zwischen 55 und 75 Jahren, besonders anzusprechen. Sie weisen zwei wichtige Voraussetzungen für eine intensive Internetnutzung auf: • Mit zunehmendem Alter wächst das allgemeine Informations- und Orientierungsinteresse. • Ältere Menschen sind zeitlich flexibler und verfügen über große Zeitfenster in ihren Alltagsabläufen, um auch aufwendige Eingewöhnungsarbeit zu leisten. In diesen beiden Punkten gleichen sich die Voraussetzungen älterer Menschen mit denen der Jungen. Gegenüber der berufstätigen Bevölkerung befinden sich ältere Menschen diesbezüglich sogar im Vorteil. Berücksichtigen wir weiter, dass immer mehr künftige junge Alte mit dem Computer beruflich zu tun hatten, dann ist leicht nachvollziehbar, dass dem Internet als neuem Informations- und Kommunikationsmedium älterer Menschen eine große Zukunft bevorsteht, denn es ist nicht der Computer an sich, der im Alter faszinieren könnte, sondern seine nutzbringende Anwendung per Internet, wie ein Vergleich der Schaubilder 10 c und 10 d verdeutlicht.

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Schaubild 10 d Computernutzung in Europa

ist das Gegenteil zu beobachten. Gerade Haushalte Älterer sind in der Bereitschaft, neuen Medien Zeitbudgets einzuräumen, möglicherweise flexibler als jüngere. 3. Der Trend der werbefinanzierten Medien, ältere Menschen als ohnehin leicht erreichbares Publikum von der gezielten Ansprache mit Medienangeboten auszugrenzen, könnte sich als Fehlschritt erweisen, angesichts der hohen Bereitschaft der Älteren, Medien zweckorientiert einzusetzen. Eine neue Generation der heute „jungen Alten“ mit geringen Berührungsängsten gegenüber neuen Medien wäre durchaus in der Lage, im Bedarfsfall auf neue Medien umzusteigen, wenn die alten ihre Erwartungen nicht mehr erfüllen.

Quelle: Eurobarometer 47.0, März 1997

Literatur: Fazit Bei aller Unterschiedlichkeit der Quellen und bei aller Problematik der Datenlage erscheinen mir zusammenfassend drei Aussagen vor einem europäischen Hintergrund wichtig: 1. Mediennutzung durch ältere Menschen zeigt eine Reihe landesspezifischer Besonderheiten auf. Jenseits solcher Besonderheiten überwiegen jedoch Gemeinsamkeiten der Mediennutzung, die durch den Ruhestand als einer neuen Lebensphase geprägt sind. Diese Gemeinsamkeiten sind: • allgemeines Informationsinteresse sowie eine große Aufgeschlossenheit gegenüber moderner Medientechnik. • Bereitschaft, neue Medien dann zu aktzeptieren, wenn sie für die persönliche Lebenssituation ein Gewinn sind.

• Nordic Baltic Media Statistics 1998: Nordic Media Trends 4. Göteborg 1999 • The Times, 3. 6. 1999: Woman, 58, ‚too old‘ for TV audience

• European Institute for the Media (Hrsg.): The older Generation and the European Information Society. Düsseldorf, o. J. • BBC /Age Concern: Older People on Television. The Communications Research Group

and University College Worcester, July 1998 • Andreas Grajczyk / Walter Klingler: Mediennutzung der ab 50-Jährigen. In: Media Perspektiven 4 / 1999, S. 202-216 • Berg, Klaus / Kiefer, Marie Luise (Hrsg.): Massenkommunikation V. Baden-Baden 1996 • RAI – Radio Televisione Italiana: Quale radio e tv per la terza eta? Roma 1995 • RAI – Radio Televisione Italiana: L’anziano destrutturato. Roma 1994 • SRG Forschungsdienst: Ältere Menschen als Radio- und Fernsehpublikum. Bern 1991

2. Daraus folgt für die meisten europäischen Länder eine hohe Bereitschaft zu technischer Innovation in Medienhardware auch in Haushalten Älterer. Der Wandel zur elektronischen Mediengesellschaft hört bei älteren Haushalten nicht auf, eher

91

Aus Medienforschung und -praxis

Hörfunk- und Fernsehverhalten älterer Menschen in Deutschland Moderator Nakielski stellte als nächsten Referenten Andreas Grajczyk vor, der sich schon längere Zeit als Medienforscher beim Südwestrundfunk mit dem Thema „ältere Menschen und Mediennutzung“ beschäftigt. Jährlich veröffentliche der Medienforscher in der Fachzeitschrift „MEDIA PERSPEKTIVEN“ neue, detaillierte Ergebnisse zum Konsum elektronischer Medien durch Nutzer ab 50, berichtete Nakielski, der auch eine „Premiere“ ankündigte. Denn Grajczyk werde auf dem Kölner Kongress erste Ergebnisse einer ganz neuen – noch unveröffentlichten – Befragung der 50-Plus-Generation der SWR-Medienforschung präsentieren.

Das heißt aber nicht unbedingt, dass diese ab 50Jährigen auch wirklich Internetnutzer sind. Es heißt aber, dass in dem Haushalt, in dem sie leben, jemand Internet nutzt, vielleicht sie selbst oder jemand anders.“ Weitere Zahlen zur Medienausstattung sind in folgendem Schaubild aufgeführt: Medienausstattung

74

(Angaben in Prozent) Fallzahl: 1.000

39 31

16

nichts davon

Abonnement einer überregionalen Tageszeitung

Faxgerät

Anrufbeantworter

ein Zeitschriften-/ Illustriertenabonnement

Videotext / Teletextempfang

7

5

Pay-TV wie Premiere oder DF 1

17

Abonnement der regionalen Tageszeitung

„Das war eine repräsentative Studie für Deutschland. Wir haben dafür 1.000 Leute ab 50 befragt. Die Feldzeit war vom 30. 8. bis zum 15. 10. 1999, also bis vor zwei Wochen waren die Interviewer noch im Feld“, begann Grajczyk, der Ergebnisse dieser neuen Studie „50 +“, zusammen mit Ergebnissen aus anderen Erhebungen der SWR-Medienforschung vorstellte. Nach der neuen SWR-Befragung verfügen 99 Prozent der Älteren über ein Fernsehgerät und immerhin zwölf Prozent haben bereits einen Online-Anschluss. Grajczyk: „Das heißt also, die Haushalte der ab 50-Jährigen sind zu zwölf Prozent schon mit Internet ausgestattet.

61

Quelle: SWR-Studie 50 +

Es verdeutliche die große Bedeutung der Tageszeitungen, erklärte der SWR-Medienforscher, der es auch interessant fand, dass Pay-TV wie Premiere oder DF1, die seit Oktober zusammengeführt sind unter „Premiere World“, in fünf Prozent der Haushalte Älterer genutzt werde. Andreas Grajczyk.

92

„Wir haben die Leute auch gefragt: ‚Wie oft benutzen Sie die einzelnen Medien?‘“ Das Ergebnis findet sich in folgendem Schaubild:

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Mediennutzung

27

„Interessiert mich sehr“

27

67

9

6

60 (Männer: 7, Frauen: 4

12

(Männer: 4, Frauen: 9)

25 (Männer: 24, Frauen: 26)

(Angaben in Prozent) 58 57 55

Fallzahl: 1.000 51 50 49 44

41 37 36 33

12

32

6 5

Die Grafik verdeutlicht, dass Ältere den Fernseher an 28 Tagen im Monat – und damit fast jeden Tag – nutzen. Auch die Zeitung und das Radio werden beinahe täglich genutzt. Dann erläuterte Andreas Grajczyk die hauptsächlichen Interessengebiete der Älteren.

Auto und Verkehr

Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage

Sport

Geschichte

Forschung, Wissenschaft, Technik

Europa

Urlaub und Reisen

Rente, Preise, Soziales

Essen und Trinken

Fremde Länder und Kulturen

Haus und Garten

Natur und Umwelt

Medizin, Gesundheit, Ernährung

Quelle: SWR-Studie 50 +

Politisches Geschehen

Videotext-/Teletext-Angebote nutzen

Romane und Belletristik lesen

Zeitschriften bzw. Magazine lesen

CDs, Musikkasseten o. a. Tonträger anhören

Fallzahl: 1.000

telefonieren

Radio hören

Zeitung lesen

Fernsehen

5

(Durchschnitt pro Monat)

30

9

Mode und Kleidung

28

Themeninteresse

Quelle: SWR-Studie 50 +

Ganz vorne bei der Antwortkategorie „Interessiert mich sehr“ stand mit 67 Prozent das Thema „Natur und Umwelt“. Politisches Geschehen folgte direkt danach (60 Prozent), vor Medizin, Gesundheit, Ernährung, Haus und Garten. Bei den Männern sei dabei ein stärkeres Interesse am politischen Geschehen sowie an Sport, Forschung, Wissenschaft und Technik festzustellen gewesen. Frauen interessierten sich mehr für Mode und Kleidung, Medizin, Gesundheit und Ernährung. Bei der Ermittlung der Fernsehnutzung pro Tag hatten SWR-Medienforscher bei dieser Studie nur die Leute registriert, die Fernsehen gucken. Grajczyk: „Von den 1.000 Befragten waren das 984, die haben wir nach einer Selbsteinschätzung gefragt: ‚Wie lange schauen Sie denn fern?‘“

93

Aus Medienforschung und -praxis

Fernsehnutzung (Dauer pro Tag)

Fernsehgesamtnutzung • Erwachsene ab 50 Jahre nutzen das Medium

35 (Angaben in Prozent)

Fernsehen länger und intensiver als andere

Fallzahl: 984

Bevölkerungsgruppen: die durchschnittliche Verweildauer beträgt 301 Minuten täglich,

21

die Sehdauer 245 Minuten (Zuschauer

20

gesamt: 259 / 188 Minuten); 1997 – ab 50 Jahre: 295 / 236 Minuten, Zuschauer gesamt: 256 / 183 Minuten) • bei den Frauen ab 65 Jahren in Ostdeutsch-

9

7

4

land beträgt die Verweildauer 339 Minuten, 3

die Sehdauer 291 Minuten

6 Stunden oder mehr

5 bis unter 6 Stunden

4 bis unter 5 Stunden

3 bis unter 4 Stunden

2 bis unter 3 Stunden

1 bis unter 2 Stunden

unter 1 Stunde

• bei den ab 50-Jährigen in Ostdeutschland ist die Verweildauer 318 Minuten, die Sehdauer 268 Minuten; in Westdeutschland beträgt die Verweildauer 297 Minuten, die Sehdauer 239 Minuten • Nettoreichweite: täglich nutzen 81,2 Prozent der ab 50-Jährigen zumindest kurz das Fernsehen (72,7 Prozent Zuschauer gesamt) Quelle: SWR-Studie 50 +

Bei den hier ermittelten Zahlen aus der Befragung habe es eine „erstaunliche Übereinstimmung“ mit der Fernsehquotenmessung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gegeben, erläuterte der SWR-Medienreferent, der auch die folgende Zusammenfassung der GfK-Zahlen zur Fernsehgesamtnutzung präsentierte:

Den Unterschied zwischen Seh- und Verweildauer erklärte Grajczyk so: „Wenn man die Sehdauer nur für die Nutzer berechnet, ist das die Verweildauer. Wenn ich das umrechne auf alle Mitglieder einer Bevölkerungsgruppe, also auch auf diejenigen, die gar nicht Fernsehen geguckt haben, dann senkt sich diese Zahl, und das nennt man dann Sehdauer. Sie ist also stets ein bisschen niedriger als die Verweildauer.“ Der Medienforscher hob hervor, dass in Ostdeutschland immer noch eine stärkere Fernsehnutzung zu verzeichnen sei, besonders auch bei den Frauen ab 65 Jahren. „Das ist die Gruppe, die am stärksten Fernsehen schaut. Das heißt, wir haben hier auch Leute, wo in der Spitze sieben, acht Stunden der Fernseher läuft.“ Ob die Sendungen auch wirklich verfolgt würden, könne auf Grund der GfK-Zahlen allerdings nicht gesagt werden.

94

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Nutzung verschiedener TV-Programme

72

TV-Gesamtnutzung nach Sparten • Hoher Informationsanteil bei den Älteren • Nutzungsanteil Fiction bei den Erwachsenen ab 50 Jahren reduziert

Sehe ich häufig …

70

63 57 52 45 38 33

33

(Angaben in Prozent) Fallzahl: 984

26 20

Kinderkanal

2 5 nichts davon

arte

Phoenix

9 6 6 4

Super-RTL

Kabel 1

12

Hessen Fernsehen

n-tv

13

3sat

Pro Sieben

16 14

Südwest FS (BW und RP)

19 19

Bayerisches

N3

RTL

SAT.1

ZDF

ARD

7

27 22

Fernsehen/BFS

24

MDR-Fernsehen

29

11 10 6

16

Zuschauer gesamt

4

11 7

Kinder (3 –13)

9

10

5

9 5

11

13 7

9

Erwachsene Erwachsene Erwachsene (14 – 29) (ab 50) (30 – 49)

Information Sport Unterhaltung Fiction Werbung

(Angaben in Prozent)

Quelle: SWR-Studie 50 +

Quelle: AGF GfK-Fernsehforschung

Anschließend kam Grajczyk auf Vorlieben Älterer für bestimmte Fernsehsender zu sprechen. Danach schneidet die ARD am besten ab, gefolgt vom ZDF. „Die Öffentlich-Rechtlichen sind insgesamt sehr, sehr stark in dieser Zielgruppe“, erläuterte der Medienforscher. Besonders stark sei nach der bundesweiten SWR-Befragung auch N3. „Es scheint die richtige Programmmischung für die Älteren zu haben“, meinte Grajczyk. Weiter sagte er: „Wenn man sich die Fernsehgesamtnutzung der verschiedenen Gruppen anschaut, dann sieht man, dass diese Nutzung sich bei den Älteren etwas stärker auf die Informationssendungen verteilt als bei den Zuschauern gesamt oder auch bei den jüngeren Gruppen.“

Interessant sei auch die Nutzung verschiedener Sendungsarten. Was sehen die älteren Leute denn gerne im Fernsehen?

95

Aus Medienforschung und -praxis

Nutzung verschiedener Sendungsarten

96

„Sehe ich häufig…“

59

(Angaben in Prozent) 56

Fallzahl: 984 40

39

34

33

32

32 26 20

Talkshows

Opern-, Theateraufführungen, klassische Musik

Unterhaltungs- bzw. Quizshows

Krimis

Kultursendungen

Ratgeber- oder Verbrauchersendungen

Spielfilme, Serien

Sportsendungen

Politische Magazine

Natur-, Tier- o. Wissenschaftssendungen

Sendungen aus bzw. über Ihre Region

Nachrichten

14

Grajczyk wies darauf hin, dass man auch bei der Medienforschung die Gruppe der ab 50-Jährigen natürlich differenziert betrachten müsse. Die 50bis 59-Jährigen seien zum großen Teil noch berufstätig, die ab 60-Jährigen oft nicht mehr. Sie hätten ein viel größeres Kontingent an Freizeit. Wie diese Freizeitnutzung sich künftig gestalten werde, sei auch für die Medien eine spannende Frage. „In zehn Jahren wird das analoge Fernsehen abgestellt sein, und wir werden ein Digitalfernsehen haben mit der Möglichkeit, mehrere Hundert Programme empfangen zu können. Wie dann dieses Freizeitbudget, was bei den Älteren enorm ist, sich ausfüllt, da sehe ich auch noch einen gewissen Klärungsbedarf. Ich denke, das ist auch eine große Herausforderung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der da als Qualitätsanker auch in zehn oder 15 Jahren noch wirksam sein muss“, bemerkte der Referent aus der SWR-Medienforschung. Grajczyk hatte auch einige Fakten und Schaubilder zur Hörfunk-Nutzung von Ältern vorbereitet. Aus Zeitgründen konnten die folgenden Grafiken aber im Workshop nicht näher erläutert werden. Hörfunk

Quelle: SWR-Studie 50 +

• Tagesreichweite: 80 % bei den ab 50-Jährigen (Gesamtbevöl-

Die höchsten Marktanteile hätten bei den Älteren die täglichen Nachrichten-Sendungen „Tagesschau“ und „heute“. Sehr beliebt seien auch Sendung aus bzw. über die eigene Region und Natur-, Tier-, Wissenschaftssendungen, erläuterte Andreas Grajczyk. Das decke sich zum Teil natürlich auch mit den schon erwähnten Themeninteressen, wo auch Tier- oder Naturthemen ganz oben stehen. Erstaunlicherweise – so der Medienreferent – sei ein recht niedriger Wert für Spielfilme und Serien ermittelt worden. Man müsse dabei aber immer bedenken, dass bei einer Befragung auch so geantwortet werde, wie es angeblich „sozial erwünscht“ ist. Der hohe Wert für die Nachrichten und der hohe Wert für die politischen Magazine spreche dafür.

96

kerung: 82 %) • durchschnittliche Hördauer: 171 Min. täglich • durchschnittliche Verweildauer: 214 Min. täglich • Musikpräferenzen: Schlager/Evergreens: 48 % der 50-59-Jährigen, 51 % der 60-69-Jährigen und 46 % der über 70-Jährigen. Volksmusik: 37 % der 5059-Jährigen, 49 % der 60-69-Jährigen und 51 % der über 70-Jährigen. Klassische Musik: 14 % der ab 50-Jährigen • Tagesreichweite öffentlich-rechtlicher Hörfunkprogramme: 33,6 Mio. Hörer(innen), davon 17,3 % ab 50 Jahren • Tagesreichweite privater Hörfunkprogramme: 25,7 Mio., davon 7,1 Mio. ab 50 Jahren

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Radionutzung: Dauer pro Tag

Programmpräferenzen im Hörfunk „Dieser Programmbestandteil ist mir sehr wichtig“

34 (Angaben in Prozent) Fallzahl: 947 61

(Angaben in Prozent)

56

21

49

20 41

44 40 36 31

9

21 19

17 18

20

15

16 14 14

13 13

13

12 11

1

Spiele/Quiz

Service/Verbrauchertipps

humorvolle Beiträge/Comedy

Sportberichte

Moderation

ausführliche Wortbeiträge zu interessanten Themen

Wunschkonzerte

lokale und regionale Berichte

Verkehrshinweise

3 3

Musik

keine Angabe

6 Stunden oder mehr

5 bis unter 6 Stunden

4 bis unter 5 Stunden

3

Nachrichten und aktuelle Informatonen

Quelle: SWR-Studie 50 +

3 bis unter 4 Stunden

2 bis unter 3 Stunden

1 bis unter 2 Stunden

unter 1 Stunde

4

Themenauswahl

7

Quelle: Telefonumfrage SWR-Trend 9.-11. Welle 1998

Abschließend ging Grajczyk auf ein „sehr interessantes“ Ergebnis der neuen repräsentativen SWRBefragung ein: „Wir haben die Leute gefragt: ‚Brauchen wir denn spezielle Medien-Angebote für Euch, für die 50 Plusser, für Ältere, für Senioren?“

97

Aus Medienforschung und -praxis

Spezielle Angebote für Ältere in den Medien …

… sind sinnvoll und nötig: 57 % 41 (Angaben in Prozent)

38

Fallzahl: 1.000

33 26

24 19

nichts davon

im Internet mit eigenen Angeboten

eigene Zeitung

eigene Zeitschrift

im Fernsehen mit eigenem Sender/Programm

im Radio mit eigenen Sendungen

im Fernsehen mit eigenen Sendungen

4

der Studie vorstellen, ein eigenes Internetangebot dafür zu nutzen. Das letzte Schaubild sei ja eine ganz entscheidende Information für diesen Kongress, bemerkte Moderator Nakielski. Und er fragte Andreas Grajczek, ob dieses neue Ergebnis nicht älteren Zahlen aus einer Studie der ARD / ZDF-Medienkommission widerspreche. Danach sei in den 80er Jahren ermittelt worden, dass die Älteren angeblich keine speziellen Angebote mehrheitlich haben wollten (siehe Seite 23). Auf diese Ergebnisse würden sich die Sender ja heute noch immer berufen. Grajczyk: „Das mag so sein. Ich kann mich jetzt nur auf diese Zahlen, die seit einer Woche bei uns im Haus sind, berufen. Vielleicht tragen sie auch dazu bei, dass die Sender sich vielleicht das Ganze überlegen und eine Neuorientierung in dieser Frage vornehmen. Wenn man sich in zehn Jahren dieses digitale Fernsehen vorstellt, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass wir da nicht auch ein öffentlich-rechtliches eigenes Angebot für Ältere haben.“

Literatur … sind verzichtbar: 43 % Quelle: SWR-Studie 50 +

Grajczyk, Andreas / Klingler, Walter: Mediennutzung der ab 50-Jährigen.

In: MEDIA PERSPEKTIVEN 4 / 1999, S. 202 – 216 57 Prozent der ab 50-Jährigen hätten gesagt: „Ja, die halten wir für sinnvoll, die halten wir für nötig. Wir wollen für uns eigene Angebote.“ Und 43 Prozent hätten geantwortet: „Nee, brauchen wir nicht – aus welchen Gründen auch immer“, erläuterte Andreas Grajczyk. Von denjenigen, die spezielle Medien-Angebote für Ältere befürworteten, wünschten sich 41 Prozent Fernsehen mit eigenen Senioren-Sendungen und 38 Prozent Sendungen im Radio für Ältere. 33 Prozent können sich sogar vorstellen, einen eigenen Sender nur dafür zu nutzen; 26 Prozent eine eigene Zeitschrift, 24 Prozent eine eigene Zeitung. Immerhin 19 Prozent der ab 50-Jährigen können sich nach

98

Grajczyk, Andreas / Klingler, Walter / Zöller, Oliver: Fernsehverhalten älterer Menschen. In: MEDIA PERSPEKTIVEN 4 / 1998, S. 190 – 205

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Lebensbilder älterer Menschen in Alltag und TV Moderator Hans Nakielski konnte nach den brandneuen Ergebnissen der SWR-Erhebung noch eine weitere Premiere ankündigen. Begleitend zum Kongress „Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ hatte der Westdeutsche Rundfunk gleich zwei Untersuchungen in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse von einer dieser Studien wurden erstmalig in diesem Workshop ausführlich vorgestellt.

Zur Methodik berichtete Windgasse: „Wir haben 51 psychologische Tiefeninterviews von cirka zwei Stunden Dauer durchgeführt. Dabei haben wir paritätisch die Altersgruppen 50 – 59, 60 – 69 und ab 70 Jahre befragt. Paritätisch besetzt war die Befragtengruppe auch nach Geschlecht, Stadt / Land und Einkommenshöhe. Nur ansatzweise berücksichtigt wurden auch Ein- und Zweipersonenhaushalte sowie Heimbewohner.“

Thomas Windgasse von der WDR-Medienfor-

schung erläuterte zunächst die Zielsetzung der qualitativen Grundlagenstudie „Lebensbilder älterer Menschen in Alltag und TV“, die der WDR beim rheingold-Institut in Auftrag gegeben hatte: „Es ging im Groben um drei Leitfragen: Da ist einmal die allgemeine Frage nach dem subjektiven Stellenwert der klassischen Medien Radio, Print und TV. Bei der nächsten Frage ging es um die Erwartungen an die Medien, wobei wir da den Fokus auf das Fernsehen gesetzt haben. Was muss Fernsehen für ältere Menschen leisten? Und die dritte Leitfrage bezog sich auf die ‚Altersbilder‘. Welche Bilder nehmen ältere Menschen im Fernsehen wahr von sich, und welche Bedeutung haben diese Bilder für sie? Sind es Identifikationsbilder? Oder sind sie ganz weit von sich entfernt?“

Von links nach rechts: Andreas Grajczyk, Moderator Hans Nakielski, Thomas Windgasse und Frank Szymkowiak.

Von Erlebnissen bei der Umfrage und Ergebnissen der Studie berichtete anschließend Frank Szymkowiak, Unit-Leiter im rheingold-Institut, das die Befragung durchgeführt hat. Zum Forschungsansatz ergänzte er: „Wir werten Gespräche, die von Diplom-Psychologen mit tiefenpsychologischen Gesprächstechniken durchgeführt werden, aus. Dabei ist es sehr wichtig, sich zunächst auch einmal im Psychologenteam zu vergegenwärtigen, was für Bilder, was für Vorurteile und was für Vorstellungen vom Alter und von älteren Menschen man eigentlich selber mit sich herum trägt. Denn wir wollten ja nachher auch etwas darüber wissen, wie sich ältere Menschen in den Medien repräsentiert und gespiegelt sehen und wie sie das vor dem Hintergrund ihres eigenen Lebensalltags erleben.“ Im Zuge ihrer Studie stellten die Wissenschaftler bald fest, „dass die Themen ‚Älterwerden‘, ‚Altern‘, ‚Altenspezifisches im Leben und im TV‘ spontan bei allen Befragten starke Reserviertheit hervorgerufen haben. In der Praxis machten die Interviewer – laut Szymkowiak – die Erfahrung, dass kaum einer der älteren Befragten zur Zielgruppe gehören wollte: „Also es hieß dann so: ‚Ja, wieso haben Sie mich eigentlich für diese Befragung ausgewählt?‘ Oder: ‚Da fragen Sie doch mal Ihre so genannten älteren Menschen oder Ihre so genannten Senioren!‘ Eigentlich jeder Begriff, der in Richtung Alter ging, rief eine starke Reaktanz hervor. Das hatte teilweise skurrile Seiten. Leute, die noch vor dem Ruhestand waren, sagten: ‚Ja, die

99

Aus Medienforschung und -praxis

Alten, das sind die, die im Ruhestand sind.‘ Die Pensionäre sagten: ‚Ja, also die Alten, das sind die, die im Heim sind.‘ Die Heimbewohner im Wohnbereich sagten: ‚Im Pflegebereich, das sind die richtigen Alten.‘ Und die im Pflegebereich – wir hatten dort natürlich nur Personen befragt, die noch ein zweistündiges Gespräch führen konnten – sagten: ‚Die richtig Alten, das sind die Verwirrten.‘“ Das Wissenschaftlerteam habe in solchen Situationen versucht herauszubekommen, welche Selbsterfahrung die Befragten mit dem Prozess des Älterwerdens hatten, denn darüber konnten und wollten sie berichten. „Im jüngeren oder mittleren Erwachsenenalter haben Sie so etwas wie Aufbauziele, Karriereplanung, Familiengründung, Hausbau – das sind Sachen, die Sie in Ihrer Lebensplanung über längere Zeiträume festlegen. Das haben Sie im Alter nicht. Sie haben auf einmal mehr Zeit, möglicherweise auch mehr Geld. Da haben Sie einen immensen Gestaltungsspielraum“, berichtete Szymkowiak. Wichtig sei auch: „Es gibt wenig historische Vorbilder dafür, wie man das Älterwerden bewältigen kann.“

Die Studie konnte zeigen, dass diese Modelle zu kurz greifen. Altern ist ein psychologisch paradoxer Umbruchs- und Entwicklungsprozess: Verlusterfahrung und Zugewinn von Gestaltungsspielräumen in einem! Altern heißt Erfahrung von Umbrüchen machen, die eine Neuorientierung im Leben erfordern. Diese muss man im Gegensatz zu anderen Lebensabschnitten ohne fremdbestimmte Vorgaben bewerkstelligen. Das Altern stellt eine späte Reifeprüfung im Leben dar! Die Studie konnte sieben Seniorentypen ermitteln. Jeder Typus ist durch eine bestimmte Bewältigungsstrategie für diese Reifeprüfung gekennzeichnet: 1. Stille Teilhaber

Diese Senioren führen ein beschauliches und zurückgezogenes Leben. Sie leben einen stark durchkomponierten / strukturierten Alltag. Ihre Enkel fungieren oft als Entwicklungshelfer. 2. Engagierte / Starrsinnige

Diese Senioren suchen eine Sinngebung im dritten Lebensabschnitt durch ein überdurchschnittliches Engagement (Partei, Verein, ideele Ziele wie Umweltschutz usw.).

Gängige Bilder und Modelle vom Alter(n) greifen zu kurz Als ein Ergebnis der Studie habe sich ergeben, so Szymkowiak, dass die gängigen Bilder und Modelle vom Alter zu kurz greifen. Dazu heißt es in einer schriftlichen Zusammenfassung des rheingold-Instituts: „Unser Bild älterer Menschen ist durch eine Reihe von Vorurteilen geprägt:

3. Eroberer / Freibeuter

Diese Senioren schaffen sich im Alter Freiräume und setzen sich hinweg über Konventionen und Moral (‚Je oller, je doller‘). 4. Happy-Ender

Diese Senioren sehen das Alter als eine Belohnungsphase, die für die Mühen des bisherigen Lebensweges entschädigt. 5. Leid-Tragende

• Wir sehen Älter-Werden als einen defizitären Prozess des Verfalls (Defizitmodell). • Wir sehen das Altern im Rahmen eines Jubelmodells: Altern erscheint als Zuwachs von Lebensmöglichkeiten und Lebensweisheit, nach dem Motto ‚Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Lust.‘ • Schließlich sind wir auch noch durch ein Negationsmodell geprägt: Alte sind ‚völlig normale Menschen, wie Du und ich.‘

100

Diese Senioren sehen das Alter als Bürde und Last, die es zu durchleiden gilt. 6. Abend-Schüler / Spät-Berufene

Diese Senioren sehen das Alter als höheres Semester, in dem man neue Bildungswege beschreiten kann. 7. Ausbalancierte

Diese Senioren stellen einen Mischtyp dar, der pha-

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

senweise zwischen einigen der erstgenannten Typen hin- und herwechselt.“

Ältere Menschen nutzen Medien ähnlich wie jüngere Zur Frage der Mediennutzung durch Ältere – so der Unit-Leiter vom rheingold-Institut – müsse man zunächst generell festhalten: „Ältere Menschen nutzen Medien, Tageszeitung, Radio und TV nicht grundsätzlich anders als jüngere Menschen. Das soll heißen, sie befriedigen jetzt nicht völlig andere emotionale Bedürfnisse und Befindlichkeiten mit der Nutzung dieser Medien. Ältere Menschen sind auch keine passiven Medienrezipienten. Aber man kann festhalten, dass bestimmte Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung vor dem Hintergrund der Reifeprüfung, die das Älterwerden darstellt, eine besondere Relevanz bekommen.“ So sei etwa die Tageszeitung „so etwas wie ein mediales Demonstrationsobjekt.“ In allen Interviews sei bei der Frage nach den Medien die Nutzung der Tageszeitung zuerst genannt worden, wenn sie vorhanden war. Symkowiak: „Man berichtete sehr ausführlich und gern über die Nutzung. Es wurde auch immer betont, wie lange man die Zeitung schon liest, dass man immer noch jeden Morgen seine Zeitung liest, dass man schon möglicherweise 20, 30 Jahre lang auf eine bestimmte Zeitung abonniert ist. Die Beliebtheit und das Renommee, das die Tageszeitung hat, hat nicht nur mit einem Informationsbedürfnis zu tun, sondern auch damit, dass die Zeitung so was wie eine kontinuitätsstiftende Funktion im Tagesverlauf hat. Also sie knüpfen durch die Zeitungslektüre jeden Morgen an den Vortag an. Das machen sie nicht nur inhaltlich, indem sie sich mit den Ereignissen des Vortags beschäftigen, sondern das machen sie auch, indem sie wie am Vortag wieder ihr Frühstück um die Zeitungslektüre gruppieren, bestimmte Lesegewohnheiten, Leserituale ausbilden. Wenn man das etwas pointiert formuliert, kann man sagen: Der Tageszeitungsabonnement ist ein Abonnement auf ein ‚Weiter-so-leben-wie-bisher‘. Daher dieses hohe Renommee dieses Mediums bei älteren Menschen.“

„Radio als Ohr an der Nachbarschaft“ Auch über die Radionutzung sei sehr gerne und sehr ausführlich berichtet worden, erläuterte der Medienpsychologe. Das Radio sei für viele Ältere „so was wie ein Ohr an der Nachbarschaft“. Es ermögliche eine Art „medialen Marktplatz“. Eine sehr starke Beliebtheit hätten bei Älteren aktuelle lokale Inhalte direkt aus dem unmittelbaren Umfeld. „Das ermöglicht so etwas wie eine Alltagsverankerung, die man durch die Nutzung des Radios noch für sich selber unter Beweis stellen kann. Aber das Radio ist auch ein musikalischer Tagesbegleiter, der so eine Vitalitätspotenzierung ermöglicht. Das finden Sie natürlich auch bei jüngeren Menschen, aber für ältere Menschen ist es besonders wichtig, immer noch beweisen zu können, dass sie noch den Schwung haben, dass sie ihren Alltag angehen können und ihre Hausarbeit bewältigt bekommen. Auch dieses ‚Morgens-aus-demBett-Kommen‘, sich durch die Nachrichten wecke zu lassen – das ist kein pures Informationsbedürfnis. Da klopft die Welt an die Tür und sagt: ‚Hallo, ich bin wieder da!‘ Und die Leute sagen: ‚Ja, da bin ich auch wieder‘, und kommen also mit Schwung in den Tag.“

Fernsehen für „wohltemperierte Erregungsbäder“ Anders als das Radio oder die Tageszeitung hätte das Fernsehen bei den befragten Älteren kein so großes Renommee. Trotzdem habe es aber eine sehr große Bedeutung für den Lebensalltag älterer Menschen. Auch hier könne man festhalten, so Szymkowiak: „Ältere Zuschauer haben grundsätzlich keine anderen tiefenpsychologischen TV-Sehmotivationen als jüngere Zuschauer. Es ist nicht so, dass man sagen kann, Ältere suchten überdurchschnittlich stark nur Harmonie – das ist so ein Klischee, das wir haben, dass sie nur gerne Volksmusik-Sendungen sehen würden. Das machen sie zwar auch, da suchen sie auch ein Harmonieerlebnis. Jüngere Menschen suchen das vielleicht in einer Hollywood-Comedy oder einer Sitcom. Aber dieses Bedürfnis nach Harmonie durch das Medium Fern-

101

Aus Medienforschung und -praxis

sehen ist bei älteren Menschen nicht stärker oder weniger stark ausgeprägt als bei jüngeren. Ältere Menschen wollen auch mal ein bißchen so was wie emotionale Exzesse im Fernsehen erfahren. Da reicht für den einen oder anderen dann schon der ‚Derrick‘. Das muss also nicht unbedingt ein Horrorfilm sein.“ In diesem Zusammenhang berichtete der rheingold-Wissenschaftler von einer „Überraschung“ bei der – nicht repräsentativen – Befragung. „Sie finden durchaus eine Reihe älterer Menschen, die regelmäßig Mystery-Serien gucken oder die Fans von ‚Akte X‘ sind. In einem Extremfall, der aber das Spektrum verdeutlicht, war es sogar so, dass eine 91-jährige bettlägerige Heimbewohnerin regelmäßig ‚Marshall-Arts-Serien‘ anguckt“. Dabei geht es um einen recht brutalen asiatischen Kampfsport. Szymkowiak: „Vor dem Hintergrund des Lebensalltags dieser Frau machte das eigentlich sehr viel Sinn. Es war für sie eine Form, wie sie als permanent ans Bett Gefesselte noch mal Beweglichkeit in ihrem Leben erfahren konnte. Kung-Fu-Serien werden also auch im Altersheim geguckt.“ Insgesamt wurden in der WDR / rheingold-Studie sechs „relevante Sehmotivationen“ älterer TV-Zuschauer ermittelt. Die Autoren der Studie fassten sie so zusammen:

5. Familientreffen

TV als virtuelles soziales Bezugsfeld. 6. Kompetenz- und Entwicklungsförderer

TV hilft beim Aufgreifen von neuen Perspektiven der Lebens- /Alltagsgestaltung. Die verschiedenen Seniorentypen differenzieren hinsichtlich ihrer TV-Nutzungsgewohnheiten: Stille Teilhaber:

• Bevorzugung sanfter Ablenkung, • Informationsbedürfnis sehr nachrangig, Fernsehen hat vor allem Simulationsfunktion (Teilhabe an Welt durch das Medium), hohe TV-Nutzung, • gleichermaßen Öffentlich-Rechtlich und PrivatTV-affin. Engagierte / Starrsinnige:

• Bevorzugung populärer Fachkost zu den Themen, denen das eigene Engagement gilt, • stark selektive Mediennutzung, reglementierte TV-Nutzung, • starke Öffentlich-Rechtliche-Orientierung. Eroberer / Freibeuter:

Auskosten wohliger Erregungsschauer, die in einem überschaubaren Rahmen bleiben.

• Gezielte und häufige Nutzung anmachender / anregender Formate, • TV-Nutzung soll Anregung zu tatsächlichem oder virtuellem Freibeutertum geben, teilweise sollen Formate Junggeblieben-Sein demonstrieren, • gleichermaßen Öffentlich-Rechtlich und Privat TV-affin, z. T. Pay-TV.

2. Beschwingte Idyllen

Happy-Ender:

Man sucht im TV eine leicht beschwingte Beruhigung.

Man sucht eine Vitalisierung durch Mitfiebern, Mitgehen, Mitspielen, Mitraten bei TV-Formaten.

• Hohe relativ wenig selektive TV Nutzung, rezipiert wird alles, was in schöne virtuelle Welten entführt oder Anregungen zum Aufsuchen solcher schöner Welten gibt, • gleichermaßen Öffentlich-Rechtlich und Privat TV-affin.

4. Schicksals-Revue

Leid-Tragende:

TV als ein medialer Fensterplatz, der unverbindliche Seelen-Reisen in fremde Welten und Lebensverhältnisse ermöglicht.

• Sehr hohe, wenig selektive Nutzung, • stark Privat-TV-affin, • bevorzugt werden sanfte Ablenkung, Beruhigung oder Fach (= Krankheitsspezifisches).

1. Wohltemperierte Erregungsbäder

3. Vitalitäts-Training

102

Workshop 4: Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer

Abend-Schüler:

• Sehr selektive Nutzung, • stark Öffentlich-Rechtlich, • gesucht werden Formate, die den intellektuellen Horizont erweitern. Es ließ sich ein Bedürfnis nach altenspezifischen TV-Formaten ermitteln. Darunter sind Formate zu verstehen, die älteren Menschen zeigen, wie sie Neues in ihre Lebensgestaltung integrieren und damit die Umorientierungsaufgabe lösen können. Solche psychologisch durchaus altenspezifischen Formate dürfen jedoch nie das Etikett „altenspezifisch“ im Schild führen.

Vier prototypische Bilder älterer Menschen im TV Abschließend beschrieb der Unit-Leiter vier prototypische Bilder des älteren Menschen oder des Alterns im TV, die Ältere im Fernsehen erleben. Da sei zum einen das Bild der „schockierenden Pflegefälle“. Szymkowiak: „Das ist ein Bild, das sich sehr stark aus Nachrichten, Dokumentationen und Magazinen speist. Es ist so etwas wie ein Schreckbild des Alters oder des Alterns, was da gezeichnet wird, teilweise mit durchaus realer Grundlage. Eine Boulevardzeitung hatte heute morgen einen Artikel über Missstände in einem Altersheim sehr schlimmer Art. Er war übertitelt mit ‚Altersheim des Grauens‘. In diese Erlebensrichtung geht dieses Bild. Wenn dazu überhaupt mal Personen genannt wurden, dann kam ab und an mal der Name Ronald Reagan, von dem man vielleicht mal gehört hat, dass er jetzt an Alzheimer leidet. Ansonsten handelt es sich aber um ein sehr gesichtsloses Bild. Das ist bei den folgenden drei Typen nicht der Fall. Es gibt ein anderes Bild, das ist so der Gegenpol, ein Idealbild des Alterns: die ‚souverän Gereiften‘. Da geht es um Personen, die so was wie ein spurloses Altern ohne Einbußen darstellen. Das ist wirklich so ein unerreichbares Idealbild des Alters. Das wird zwar sehr geschätzt von den älteren Zuschauern, aber es ist ein sehr hochgestecktes Ideal.“ Beispiele für dieses Bild seien Götz George oder Uschi

Glas, weil man von ihnen sagt, denen sehe man eigentlich ihr Alter noch überhaupt nicht an. Auch der TV-Talker und ehemalige SPIEGEL-Chefredakteur Erich Böhme gehöre dazu, der als eine in Weisheit ergraute Eminenz sehr stark beeindrucke, aber gleichzeitig auch als sehr entrückt gelte. Das dritte prototypische Bild älterer Menschen im TV haben die rheingold-Psychologen provokativ „angeschlagene Ikonen“ genannt. Szymkowiak: „Das sind Personen, die einerseits durch eine Inszenierung von sehr hoher Produktivität beeindrukken, die aber andererseits gerade in dem Medium Fernsehen eine offenkundige Gebrechlichkeit oder ein Nicht-mehr-Können an den Tag legen.“ Beispiele dafür seien die Schauspieler Johannes Heesters oder – vor seinem Tod – Willy Millowitsch. Über sie – so Frank Szymkowiak – würden die Leute erzählen: „Ja, der Mann, der Millowitsch, der wollte immer noch so den ungebrochenen kölschen Überschwang, die kölsche Lebenslust verkörpern, auch anlässlich der Feier seines 90. Geburtstags. Aber man kriegt dann im Fernsehen mit, dass der Oberbürgermeister ihn stützen muss und er ein bißchen klapperig ist und beim Singen auch die Töne nicht mehr so rauskriegt. Das wird teilweise diesen Personen selber als eine gewisse Hybris und Vermessenheit angelastet, teilweise aber auch den Medien, indem gesagt wird: ‚Wieso zerren die den alten Mann …‘ Oder: ‚Können die den nicht irgendwie in ein günstigeres Licht rücken?‘“ Den vierten Prototypus von Bildern Älterer im TV haben die rheingold-Psychologen „authentische Alte“ genannt. „Das sind Menschen, bei denen man im Gegensatz zu den ‚souverän Gereiften‘ sehr wohl sieht, dass ihr gelebtes Leben Spuren hinterlassen hat, sie also eine Geschichte mit Ecken und Kanten hinter sich haben und zu dieser souverän stehen“, erläuterte Szymkowiak. Als Beispiele dafür nannte er die Schauspieler Inge Meysel, Harald Juhnke, Horst Tappert oder Siegfried Lowitz. Bei Juhnke seien es die Alkoholexzesse, die „gelebte Spuren“ hinterlassen hätten, zu denen er auch stehe. Bei Inge Meysel sage man, „die hat so einen gewissen rechthaberischen Impetus, vielleicht auch

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Aus Medienforschung und -praxis

einen gewissen Starrsinn, aber es ist eine Frau, die dazu steht. Bei Horst Tappert sind es – so blöd sich das anhört – die Tränensäcke. Da sagen die Leute: ‚Der Mann ist irgendwie so in seiner Rolle als Kriminalkommissar gealtert, er ist etwas mitgenommen, aber im positiven Sinn. Er hat einen Zuwachs an Reife, an Erfahrung, vielleicht auch an Souveränität gewonnen.‘ Viele dieser Personen – insbesondere Herr Juhnke oder Frau Meysel – polarisieren auch sehr stark innerhalb der älteren Seherschaft.“

Als „authentische Alte“ gilt die Schauspielerin Inge Meysel. (Foto: WDR)

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Workshop 8: Inkompetent und skurril? Zum Altersbild im Fernsehen

Workshop 8: Inkompetent und skurril? – Zum Altersbild im Fernsehen • Das Altersbild im Fernsehen – ein Ländervergleich USA – Japan – Deutschland:

Prof. Dr. Dr. Hans Wilhelm Jürgens, Universität Kiel, Deutschland • Frauen im Fernsehen werden bereits als alt betrachtet, obwohl sie noch jung sind:

Bernadette van Dijck, Direktorin des Gender Portrayal Department, Nederlandse Omroep Stichting (NOS), Niederlande • Ergebnisse der BBC-Studie „Older people on Television“:

Shelagh Prosser, Leiterin von Broadcast Equality Unit, British Broadcasting Corporation (BBC), Großbritannien

Wie werden alte Menschen im Fernsehen dargestellt? Wie häufig kommen sie überhaupt auf dem Bildschirm vor? Welche Unterschiede gibt es zwischen der Darstellung älterer Männer und älterer

• Bilder des Alters und des Alterns im Fernsehen – eine Inhaltsanalyse im Auftrag des WDR:

Dr. Michael Krüger, Geschäftsführer Institut für empirische Medienforschung GmbH (IFEM), Deutschland, und Thomas Windgasse, WDRMedienforschung • Wie sich durch Filme Einstellungen zum Alter(n) ändern:

Helena Scott, Sozial-Gerontologin, Age and Opportunity, Irland, und Ger Tielen, Direktor Nederlands Platform Ouderen en Europa (NPOE), Niederlande Moderation: Regine Hebestreit, freie Journalistin

Frauen? Untersuchungsergebnisse dazu aus der Medienforschung im In- und Ausland wurden in diesem Workshop vorgestellt.

Japan, USA, Deutschland – ein Kulturvergleich zum Thema „Alter“ Über Unterschiede und Gemeinsamkeiten in punkto „Alter“ und „Altersbild“ (in den Medien) in Deutschland, den USA und Japan referierte Prof. Dr. Dr. Hans Wilhelm Jürgens, Universität Kiel. „Gemeinsam ist allen drei Ländern ein fast gleich hoher Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung“, sagte Jürgens. „Der Anteil der über 65-Jährigen in Deutschland und Japan beträgt jeweils 16 Prozent der Gesamtbevölkerung, in den USA liegt er bei 13 Prozent. Ältere Menschen haben also in allen drei Ländern bereits gegenwärtig eine erhebliche zahlenmäßige Bedeutung, die in Zukunft noch wachsen wird.“ Doch trotz ähnlicher Bevölkerungsanteile Älterer reagierten die Medien sehr unterschiedlich auf diese demographische Entwicklung, insbesondere das

Fernsehen. Dies hänge nicht zuletzt mit der gesellschaftlichen Wertung von „Alter“ zusammen. In Deutschland, so Jürgens, dominiere das Altersbild der „Discontinuity and Sickness“. „Discontinuity“ steht für den radikalen Bruch, der mit dem Ausstieg aus dem Berufsleben und dem Einstieg ins Rentenalter entsteht und sich bis in familiäre und andere soziale Bereiche hinein bemerkbar macht. Die Lebensphasen „Erwerbstätigkeit“ und „Ruhestand“ sind demnach eindeutig voneinander getrennt. Ferner werde „Alter“ in Deutschland zumeist mit „Sickness“ assoziiert, erläuterte Jürgens. Dahinter stehe eine gleichsam schicksalhafte Gleichung: „alt = krank“ bzw. „alt = hilfsbedürftig, fremdbestimmt und initiativlos“.

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Aus Medienforschung und -praxis

In den USA dagegen werde in den Medien – in der Tendenz – ein ganz anderes Altersbild gezeichnet: „Continuity und Wellness“ seien hier vorherrschend. „Continuity“ bedeutet dabei „weiterzumachen“ und in über Jahren gewachsenen Lebensbereichen zu verbleiben, ohne sich von Jüngeren abzusetzen. Unter „Wellness“ wiederum wird eine gesundheitsorientierte Philosophie verstanden.

gesund zu geben. Es ist eine Verpflichtung, leistungsfähig zu sein. Man muss irgendwie mithalten, sonst ist man out. Bei uns passt es, wenn man älter ist, dass man krank ist. Und danach laufen dann auch eine ganze Reihe von Mustern, die sich dann in der Darstellung im Fernsehen wiederfinden.“

„Alte werden abgehakt“ Was darunter verstanden wird, könne man am besten an der Werbung deutlich machen. Jürgens: „Ein Mittel gegen Blähungen. Wie wird das in Deutschland beworben? Eine alte Frau mit Kittelschürze, Omatyp, Knoten, hält sich mit beiden Armen den Leib und verkündet: ‚Ja, also wenn man alt wird, ist man ja doch häufiger krank. Und diese Blähungen haben mich ja fast umgebracht, aber seitdem ich dieses Mittel nehme, geht es schon besser‘.“ Das gleiche Produkt werde in den USA ganz anders beworben: Ein smarter älterer Herr holt gerade mit dem Tennisschläger aus und sagt so über die Schulter weg: „Seitdem ich das Zeug nehme, geht’s mir noch besser.“ Zwischen dieses Bildern – so Jürgens – lägen Welten. Jürgens: „Wir in Deutschland sind eine grundsätzlich weinerliche Gesellschaft. Man könnte auf der anderen Seite aber auch sagen, dass dieses Wellness-Prinzip, das aus den USA jetzt auch zu uns herüberkommt, auch eine Form von Vergewaltigung von Leuten ist. Denn danach ist es eine Art Verpflichtung, gesund zu sein oder sich zumindest

Wenn man sich Interviews mit Jüngeren und Älteren im Fernsehen ansehe, dann finde man sowohl in den USA als auch in Deutschland folgende Schnittmuster: „Ein junger Mensch, 14 Jahre alt, wird zu irgendeiner Fragestellung befragt auf der Straße. Der Interviewer hört sich ein unerträgliches Gelaber, welches kaum zum Punkt kommt, an. Wenn zu der gleichen Frage ein Älterer befragt wird, wird diesem nach kurzer Zeit, obwohl er sich sehr vernünftig, sachlich äußert, das Wort abgeschnitten, und der Interviewer fühlt sich veranlasst mitzuteilen, was der Ältere gesagt hat, obwohl wir es alle selbst auch hören konnten. Achten Sie mal auf dieses Schnittmuster, dieses Abhaken der Alten! Es ist schick, die Jugend zu Wort kommen zu lassen, aber die Alten abzuhaken“, so Prof. Jürgens. Interessant sei, dass dieses Schnittmuster, was in Interviews, Magazinsendungen und anderem zu finden sei, in Spielfilmen sehr viel seltener vorkomme. Offenbar werde hier doch mehr Nachdenken investiert in die Darstellung älterer Menschen.

Japan: Regierung gibt Altersbild vor

Prof. Dr. Dr. Hans Wilhelm Jürgens.

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Anders als in Deutschland und den USA sei das Altersbild in Japan, berichtete der Kieler Anthropologe. Hier herrsche ein gewisser Zwang zur sozialen Harmonie und auch eine stärkere obrigkeitliche Steuerung, die sich auch in der Darstellung älterer Menschen in den Medien niederschlage. Von daher orientiere sich das Alten- bzw. Altersbild noch weitgehend an alten (konfuzianischen) Mustern: „Die alten Menschen sind verehrungswürdig, und man darf nichts Negatives über sie sagen.“ Untermauert werde diese Werteanschauung durch Aktivitäten der Regierung. Jürgens: Das gehe so weit,

Workshop 8: Inkompetent und skurril? Zum Altersbild im Fernsehen

dass die Regierung Begriffe vorgibt: „Die ‚grey generation‘ gibt es nicht, das ist die ‚silver generation‘.“ Und statt von einer „überalterten Bevölkerung“ zu sprechen sei Japan – ganz offiziell – „Land des langen Lebens“. Das klinge doch viel besser. Jürgens: „Beeindruckend ist, dass diese Schnittmuster, die von der Regierung vorgegeben werden, dann auch durchaus von den Medien nachvollzogen werden, sowohl von dem Staatssender MHK als auch von den kommerziellen Sendern. In Japan gibt es deshalb bis heute noch ein erstaunlich einheitliches Bild älterer Menschen in allen Bereichen des Fernsehens.“

Alte als Exzentriker und Clowns Prof. Jürgens ging in seinem Workshop auch kurz auf seine Studie zum „Altersbild in den elektronischen Medien“ ein. Im Auftrag der unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen in Kiel hatte Jürgens 1994 eine viel beachtete Untersuchung vorgelegt. Analysiert wurden die Programme von fünf deutschen Fernsehsendern (ARD, ZDF, Pro Sieben, RTL und SAT.1). Für diese Analyse wurde jeweils das gesamte Tagesprogramm mitgeschnitten, wobei mindestens 150 Stunden pro Kanal aufgezeichnet worden sind – Vorauswahlen oder gezielte Einschränkungen haben nicht stattgefunden. Auffallendstes Ergebnis: Ältere Menschen waren mit

knapp zehn Prozent Sendezeit (das heißt: Von insgesamt 50.426 analysierten Sendeminuten entfielen auf die Darstellung von älteren Menschen nur 5.033 Minuten) deutlich unterrepräsentiert, wobei sich bei den einzelnen Sendern nur geringfügige Unterschiede zeigten. In den öffentlich-rechtlichen Anstalten kamen Ältere nur wenig mehr als bei den Privaten vor. Selbst beim Privatsender RTL, der bewusst (nur) ein jüngeres Zielpublikum ansprechen will, waren Ältere etwa genauso häufig auf dem Bildschirm wie bei ARD und ZDF. Der Grund: RTL berücksichtigte Ältere zwar viel weniger in den selbst produzierten Unterhaltungs-, Nachrichten- und Magazin-Sendungen. Dafür kamen sie bei dem Privatsender aber in den zahlreichen US-amerikanischen Serien und Filmen häufiger vor, so dass insgesamt kaum ein Unterschied zu den öffentlichrechtlichen Sendern feststellbar war. Professor Jürgens untersuchte auch, wie Ältere dargestellt werden. Er fand heraus: Rückten ältere Menschen ins (Fernseh-)Bild, dann waren es meistens stereotyp dargestellte Männer. Am häufigsten kamen sie als „(Noch-)Berufstätige“, „Experten“, „Exzentriker“ und „Clowns“ (womit in diesem Zusammenhang eine skurrile, trottelige Figur gemeint ist, die oft alles falsch macht) vor. Ältere Frauen wurden vorzugsweise als „Großmütter“ und „traditionelle Hausfrauen“ dargestellt. In den Nachrichtensendungen und Magazinen wurde über Ältere fast ausschließlich als „passiv Leidende“ berichtet.

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Aus Medienforschung und -praxis

Jüngere und Männer dominieren als TV-Akteure Um die Rolle von Frauen im Fernsehen ging es insbesondere in dem Beitrag von Bernadette van Dijck. Sie ist Leiterin des Gender Portrayal Department der Nederlandse Omroep Stichting (NOS), dem Dachverband des niederländischen Rundfunks. Zu ihren Aufgaben gehört es, die im Fernsehen präsentierten Rollenbilder älterer Frauen und Männer zu analysieren und kritisch zu bewerten. „Wer spricht im Fernsehen?“ war Gegenstand einer Untersuchung des NOS, an der sich sechs öffentliche Rundfunkanstalten in Europa beteiligt haben: YLE aus Finnland, NOS aus den Niederlanden, SVT aus Schweden, NRK aus Norwegen, DR aus Dänemark und das ZDF aus Deutschland. Wer, wie lange und zu welchen Gelegenheiten das Wort hat, wurde während der Hauptsendezeit über 371 Stunden bei 10.497 Akteuren im Fernsehen untersucht. Auffallend war: Je älter die Akteure, desto niedriger der Anteil der Frauen. Bei den 50- bis 65-Jährigen betrug der Frauenanteil 21 Prozent, dies entspricht einem Verhältnis zwischen Frauen und Männern von 1 zu 6. Bei den 35- und 50-Jährigen lag der Frauenanteil immerhin noch bei 33 Prozent, einem Verhältnis von einer Frau zu drei Männern. Ähnlich war auch der Anteil der Redezeit, wie folgende Tabelle deutlich macht.

Redezeit von Altersgruppen in sechs europäischen Fernsehsendern Altersgruppe

65 Jahre u. älter 50 bis 64 Jahre 35 bis 49 Jahre 20 bis 34 Jahre 12 bis 19 Jahre Quelle: NOS

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prozentuale Redezeit

Frauen : Männer

3% 21 % 36 % 18 % 2%

1:5 1:7 1:3 1 : 1,5 1,5 : 1

Was das Auftreten von Experten und Dozenten im Fernsehen betrifft, so waren sie vor allem in der Altersgruppe zwischen 35 und 49 Jahren vertreten. Nur einer von acht Experten war weiblich. 34 Prozent der Experten waren zwischen 50 und 64 Jahren. Hierbei war eine Expertin unter neun Experten vertreten. Expertinnen über 65 waren in der Fernsehwelt der sechs untersuchten Sender überhaupt nicht vertreten. Auch als Schauspielerinnen hatten die Frauen kaum eine Chance. Zur besten Hauptsendezeit traten nur zwei Schauspieler über 65 Jahre, aber keine Schauspielerin in Hauptrollen auf. Bei der Besetzung von internen Funktionen, beispielsweise als Nachrichtensprecherinnen, Moderatorinnen oder Reporterinnen hatten Frauen ab 50 Jahre ebenfalls kaum noch eine Chance:

Wichtige Funktionen im Fernsehen (z. B. Nachrichtensprecher, Reporter u. Ä.) Altersgruppe

20 bis 34 Jahre 35 bis 49 Jahre 50 Jahre u. älter Quelle: NOS

Auftreten

Frauen : Männer

21 % 56 % 18,7 %

1:1 4:3 1: 5

Workshop 8: Inkompetent und skurril? Zum Altersbild im Fernsehen

Ältere Menschen im Fernsehen deutlich unterrepräsentiert Zu einem ähnlichen Ergebnis kam u. a. auch eine Untersuchung der BBC, die gemeinsam mit Age Concern 1998 durchgeführt wurde. Sie wurde auf dem Medienkongress vorgestellt von Shelagh Prosser, der Leiterin der Broadcast Equality Unit der BBC, die im vergangenen Jahr gemeinsam mit Age Concern die Untersuchung durchführte. Der Anlass dafür: 35 Prozent der BBC-Zuschauer sind über 60 Jahre. Bei diesem hohen Anteil müssen sich die Programmgestalter der BBC fragen, ob sie die Interessen dieser Zuschauergruppe ausreichend berücksichtigen. Shelagh Prosser (BBC).

Hauptziel der Untersuchung war festzustellen, wie oft und auf welche Weise ältere Menschen im Fernsehen präsentiert werden, welche Beziehungen zu anderen Altersgruppen bestehen, wie die verschiedenen Altersgrupppen dargestellt werden und was auf Stereotypen hinweist. Eine Woche lang wurden während der Hauptsendezeit (18.00 bis 22.00 Uhr) Programme mit insgesamt 356 Sendungen von fünf Sendeanstalten analysiert: ITV, BBC 1 und 2, Channel 5 und 4 sowie Sky one und UK Gold. Insgesamt wurden 356 Programme mit 5.500 Akteuren analysiert. Die Ergebnisse fasste Shelagh Prosser zusammen: Zunächst zur realen Welt: • 20 Prozent der Bevölkerung in Großbritannien sind 60 Jahre und älter. • Der Anteil der Frauen über 60 Jahre beträgt 57 Prozent, der der Männer 43 Prozent. In der Fernsehwelt verhielt es sich ganz anders: • Nur zehn Prozent der Akteure waren 60 Jahre und älter. • 28 Prozent von ihnen waren weiblich und 72 Prozent männlich! Wobei das Verhältnis in Spielfilmen, Serien oder Magazinen annähernd gleich war. • Führende Rollen, wie z. B. die Moderation einer Talkshow, übernahmen nur drei Prozent der Älteren gegenüber neun Prozent der Jüngeren.

• 42 Prozent der älteren Schauspieler hatten eine Hauptrolle in Spielfilmen und Serien gegenüber 49 Prozent der jüngeren. Die Untersuchung machte deutlich, dass ältere Menschen ab 60 Jahre im Vergleich zur realen Welt im Fernsehen deutlich unterrepräsentiert sind. Eine zweite Untersuchung wurde von Age Concern 1999 durchgeführt. Auch hier wurden ebenfalls eine Woche lang zur Hauptsendezeit 335 Sendungen bei denselben Rundfunkanstalten (bis auf ein Satellitenprogramm) untersucht. Deutlich wurde dabei: • Der Anteil der über 60-jährigen Akteure sank gegenüber 1998 in allen Anstalten von zehn auf sieben Prozent, und zwar sowohl in Magazinen und Dokumentationen als auch Spielfilmen und Serien. • Der Anteil älterer Männer ist im Fernsehen wesentlich höher als der älterer Frauen. • Die Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen tritt im Fernsehen doppelt so oft in Erscheinung wie im realen Leben. Shelagh Prosser betonte, dass – gerade vor dem Hintergrund zunehmender Konkurrenz anderer Rundfunkanstalten – die Interessen älterer Menschen berücksichtigt werden müssten. Die öffent-

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Aus Medienforschung und -praxis

liche Rundfunkanstalt BBC dürfe nicht Gefahr laufen, diese loyale und große Zuschauergruppe auszuschließen. Denn, so Shelagh Prosser: „Die BBC wird über Gebühren finanziert, damit haben wir die Verpflichtung, die Interessen aller unserer Zuschauer zu kennen und zu berücksichtigen. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Interessen älterer Menschen in unseren Sendungen integrieren können. Nicht in Form einer Einzelsendung, sondern als Mainstream im gesamten Programm der BBC.“

Nur ein Prozent Altersthemen im deutschen Fernsehen Handlungsbedarf sieht man offensichtlich auch beim Westdeutschen Rundfunk, der aus Anlass des Medienkongresses eigens zwei Untersuchungen zum Thema „Ältere Menschen und Medien“ in Auftrag gegeben hat (siehe auch Seite 99). Eine davon wurde von Thomas Windgasse von der WDR-Medienforschung und Dr. Michael Krüger vom Institut für empirische Medienforschung (IFEM) in diesem Workshop vorgestellt. Rund um die Uhr wurde dafür das Programm von ARD, ZDF, RTL, SAT 1, Pro Sieben und WDR vom 22. bis 28. März 1999 unter die Lupe genommen. Dabei wurden 1.547 Sendungen mit insgesamt 5.018 Programmeinheiten (Magazin-Beiträgen) innerhalb von 1.008 Programmstunden untersucht. Nach den Ergebnissen von IFEM kamen in den sechs Fernsehsendern zwar relativ viele Ältere vor – es wurde aber kaum über Altersthemen berichtet. „In 27 Prozent der Sendungen kommen Ältere vor. Das ist gemessen am Anteil der Älteren in der Bevölkerung erst einmal hoch. Beiträge, in denen über Altersfragen berichtet wird, haben aber nur einen Anteil von einem Prozent“, berichtete Krüger.

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Die wichtigsten Ergebnisse der auf dem Medienkongress erstmalig vorgestellten WDR-Studie „Bilder des Alters und des Alterns im Fernsehen“ werden im Folgenden in elf Thesen, die die Verfasser erarbeitet haben, dargestellt: These 1:

Nicht die Älteren als Altersgruppe werden in den Fernsehprogrammen zu wenig gezeigt, sondern das Alter als spezifisches Thema einer wachsenden Bevölkerungsgruppe. In der sozialen Realität machen ältere Menschen ab 60 Jahre über ein Fünftel (22 Prozent) der Gesamtbevölkerung aus. Betrachtet man die Fernsehrealität, sind ältere Menschen in mehr als einem Viertel aller Sendungen (27 Prozent von 1.547) präsent. Wählt man die Gesamtzahl aller formal und/oder thematisch eigenständigen Programmeinheiten als Bezugsbasis, treten Ältere in über einem Zehntel aller Beiträge (zwölf Prozent von 5.018) auf. Die Präsenz älterer Menschen im Fernsehen hat aber selten etwas mit Altersthemen zu tun. Nur in einem Prozent aller Sendungen und Beiträge werden Themen des Alters behandelt. These 2:

Die Präsenz älterer Menschen im Gesamtangebot der sechs untersuchten Sender ist nicht spartenneutral, das heißt, sie verteilt sich nicht proportional über alle Programmsparten. Vergleicht man die Programmstruktur des Fernsehangebots aller Sendungen mit der Programmstruktur solcher Sendungen, in denen Ältere ab 60 Jahre vorkommen, zeigen sich charakteristische Abweichungen. In den Informationssparten sind Ältere überdurchschnittlich, in den Unterhaltungssparten unterdurchschnittlich vertreten. These 3:

Wenn ältere Menschen im Fernsehen erscheinen, geschieht dies überwiegend in Nachrichtensendungen und anderen Informationssendungen (Magazine, Porträts, Ratgeber), seltener treten sie in Unterhaltungssendungen, davon am ehesten in Fictionsendungen auf. Während man in 43 Prozent aller Nachrichtensendungen mindestens einen Älteren ab 60 Jahre findet, trifft dies bei Musiksendungen nur in sieben Prozent und bei Shows und anderen

Workshop 8: Inkompetent und skurril? Zum Altersbild im Fernsehen

nonfiktionalen Unterhaltungssendungen nur in neun Prozent der Fälle zu.

auf den öffentlich-rechtlichen und nur zu etwa einem Drittel auf den privaten Programmtyp.

These 4:

These 6:

Die Chance älterer Menschen, bei den einzelnen Sendern präsent zu sein, ist ebenfalls unterschiedlich groß und hängt mit der Programmstruktur des Senders zusammen. Am häufigsten findet man ältere Menschen im WDR Fernsehen, dem Programm mit dem höchsten Informationsanteil, am seltensten bei Pro Sieben, dem Programm mit dem niedrigsten Informationsanteil.

Wer als Zuschauer mit der Fernbedienung durch die Programme der sechs Sender surft, wird zu fast allen Tageszeiten und an allen Wochentagen irgendwo auf eine Sendung bzw. einen Magazinbeitrag in einer Sendung stoßen, in der ein Älterer ab 60 Jahre vorkommt. Nur in wenigen Tageszeitphasen ist die Wahrscheinlichkeit hierfür gering, und zwar dann, wenn im Nachmittagsprogramm fast alle Sender an Werktagen zeitgleich Talkshows mit jüngeren Gästen und jüngerem Publikum anbieten oder am Sonntagmorgen, wenn fast alle Sender ihr Kinderprogramm ausstrahlen.

These 5:

Ältere kommen – hauptsächlich bedingt durch einen Programmstruktureffekt – im öffentlich-rechtlichen Programmtyp häufiger vor als im privaten Programmtyp. Dies wird besonders deutlich erkennbar, wenn man die Anteile des öffentlichrechtlichen und des privaten Programmtyps zum einen für das Gesamtangebot und zum anderen für alle Sendungen mit Älteren ab 60 Jahre gegenüberstellt. Das Gesamtangebot teilen sich der öffentlich-rechtliche und der private Programmtyp zu etwa gleichen Anteilen, das Angebot an Sendungen mit Älteren dagegen entfällt zu gut zwei Dritteln

These 7:

Dagegen ist die Chance, beim Surfen durch die verschiedenen Programme auf eine Sendung bzw. einen Beitrag zu stoßen, in dem Ältere nicht nur vorkommen, sondern darin auch das Thema des Alters oder des Alterns zentral behandelt wird, sehr gering. Altersspezifische Themen werden fast ausschließlich im Tagesprogramm an Werktagen ausgestrahlt. Man findet sie bei keinem der Sender in der engeren Primetime bei höchster Zuschauerrate und auch kaum am Wochenende. Die wenigen alterspezifischen Themen in der Untersuchungswoche beziehen sich überwiegend auf Fitness und Schönheitsoperationen, Gesundheits- und Alltagsprobleme, Missstände der Altenpflege und Sterbehilfe sowie die Frage der Führerscheinberechtigung für Ältere. Diese Themen werden meist in Magazinsendungen und Ratgebersendungen, aber auch in Talkshows behandelt. Die dargestellten Fälle stammen zum Teil aus Deutschland, zum Teil aber auch aus den USA.

Von links nach rechts: Dr. Michael Krüger (IFEM), Moderatorin Regine Hebestreit, Bernadette van Dijck (NOS), Helena Scott (Age and Opportunity), Ger Tielen (NPOE), Shelagh Prosser (BBC).

Das jüngste Alter überwiegt These 8:

Ältere Menschen ab 60 Jahre lassen sich nicht pauschal als eine homogene Altersgruppierung betrachten, sondern hier erscheint eine differenzierte-

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Aus Medienforschung und -praxis

häufiger als ältere Männer in der Rolle des namentlich ausgewiesenen oder anonymen Privatbürgers oder Betroffenen vorkommen. Da auch in der sozialen Realität die Repräsentations- und Funktionseliten mit institutioneller Bindung überwiegend aus Männern bestehen, entspricht dieser Befund tendenziell der sozialen Realität. These 11:

Szenenbild aus „Menschen hautnah: Alte Liebe“ des WDR Fernsehen. (Foto: WDR)

re Betrachtung nach Altersstufen angebracht. Die meisten älteren Akteure in den Fernsehsendungen entfallen in die Altersgruppe 60 bis 69 Jahre (71 Prozent). Es überwiegt das „jüngere“ Alter, in dem noch am ehesten Berufe ausgeübt werden, Ämter, Machtpositionen und Prominenzrollen besetzt werden. Nicht das Alter der Personen scheint für die Fernsehpräsenz entscheidend zu sein, sondern die Bedeutsamkeit ihres Handelns in der Öffentlichkeit. These 9:

Die Geschlechterrelation der älteren Menschen im Fernsehen weicht deutlich von der sozialen Realität ab. In der sozialen Realität gibt es mehr ältere Frauen als ältere Männer. In der Fernsehrealität kommen dagegen auf eine ältere Frau drei ältere Männer. Dieser Befund trifft nicht nur für das deutsche Fernsehen, sondern auch für das Fernsehen in anderen europäischen Ländern zu. Auch hierin deutet sich an, dass die Faktoren, die zur Fernsehpräsenz führen, nicht primär im Alter oder im Geschlecht liegen, sondern in den Eigenschaften der Rollen und den Strukturen des Handelns, die im Fernsehen Beachtung finden. These 10:

Ältere Männer erscheinen häufiger als ältere Frauen in den Akteurrollen Politiker, Sachexperte, Repräsentant und Journalist, während ältere Frauen

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Das qualitative Profil (soziale Integration, äußere Erscheinung, Auftreten, Bildung) der Älteren im Fernsehen ergibt für die Gesamtheit der Älteren ein überwiegend positives Bild. In den Fällen, die eine Einstufung nach qualitativen Merkmalen zulassen, werden die Älteren überwiegend als sozial integriert, mit guter äußerer Erscheinung und sicherem Auftreten dargestellt, der größere Teil von ihnen hat einen überdurchschnittlichen Sozialstatus und Bildungsgrad. Bei älteren Frauen dagegen fallen Sozialstatus und Bildung tendenziell niedriger aus als für die Gesamtheit der Älteren. Dieser Befund fügt sich konsistent in die vorausgehenden Zusammenhänge ein. Anteil derjenigen Älteren, die im Fernsehen aktiv zu Wort kommen:

27 % Frauen 73 % Männer Quelle: IFEM

Welche Rollen nehmen ältere Frauen und Männer ein?

Politiker: hauptsächlich Männer Repräsentanten: hauptsächlich Männer Sachexperten: hauptsächlich Männer Prominenz: Männer und Frauen zu gleichen Teilen Journalisten: hauptsächlich Männer Privatbürger: hauptsächlich Frauen Quelle: IFEM

Workshop 8: Inkompetent und skurril? Zum Altersbild im Fernsehen

Altenbilder in Kinofilmen

Literatur zum Thema

Helena Scott, Sozial-Gerontologin und Mitarbeiterin bei Age und Opportunity in Irland und Ger Tielen, Direktor der Nederlands Platform Ouderen

Guy Cumberbatch u. a.: Older People on

en Europa (NPOE) beschäftigten sich zum Schluss des Workshops mit der Wirkung von Kinofilmen: Welchen Einfluss haben sie auf die Meinung der Zuschauer zum Thema „Alter“?

Research Group and University College Worcester, Worcester 1998

Dabei berichtete Helena Scott von Film-Festivals, die sie zum Thema „Alter“ organisiert hat: „Die Leute gehen ins Kino, um sich unterhalten zu lassen. Aber jeder Film hat auch einen Bildungseffekt. Hier lernen wir beispielsweise soziale Verhaltensweisen kennen. Darüber hinaus hinterlässt jeder Film ganz bestimmte Emotionen beim Zuschauer“, so Scott. Die Erfahrungen zu Art und Häufigkeit der Darstellung älterer Menschen in Kinofilmen deckten sich weitgehend mit den Erfahrungen aus der Fernsehwelt, meinte Helena Scott. Sie zog daraus folgende Konsequenzen: „educating the professionals!“ („erzieht die Medien-Profis!“) Nicht nur die Filmemacher selbst sollten für das Thema „Alter“ sensibilisiert werden, sondern alle, die mit dem Film zu tun haben: so zum Beispiel auch Designer, die die Filmplakate und Festival-Programme entwerfen. Ger Tielen beschrieb die ersten positiven Reaktionen, die Film-Festivals zum Thema Alter(n) bewirkten: „Wir merken, dass das Konzept der FilmFestivals ziemlich attraktiv zu sein scheint. Immer mehr Menschen aus der politischen, kulturellen oder Bildungs-Szene beteiligen sich an unserer Diskussion über das Thema ‚Altern‘. Diese Diskussion und auch die Berichte über die Festivals werden über die lokalen TV-Sender verbreitet. Mittlerweile beteiligt sich sogar die niederländische Kino-Vereinigung und die Filmtheater-Vereinigung an unserem Projekt.“

Television – A Report for the BBC and Age Concern England. The communications

Guy Cumberbatch u. a.: Too Old for TV? The Portrayal of Older People on Television – A Report for Age Concern England.

The Communications Research Group, Birmingham 1999 Helena Scott u. a.: How to organise an International Film Season – Image of Ageing.

Age & Opportunity Ireland, Irland 1997 Bernadette van Dijk, Birgit Eie: Who speaks in television? Age and gender. Gender Portrayal Network, 1998 Hans Wilhelm Jürgens: Untersuchung zum Bild der älteren Menschen in den Medien.

Aus: Unabhängige Landesanstalt für das Rundfunkwesen (Hrsg): Themen – Thesen – Theorien, Band 4. Malik Regional Verlagsgesellschaft, Kiel 1994 Bilder des Alters und des Alterns im Fernsehen. Eine WDR-Studie zum internationalen

Medienkongress, erstellt von IFEM Institut für empirische Medienforschung im Auftrag der WDR-Medienforschung, Köln 1999

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Aus Medienforschung und -praxis

Workshop 3: Unerwünschte Kunden? Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung • Werbung mit Älteren – positive und

• Hallo, Kundschaft! – Konsum und Konsum-

negative Beispiele:

wünsche älterer Menschen:

Jean-Paul Tréguer, Gründer und Präsident Senioragency, Paris

Christoph Wild, Abteilungsleiter Marketing und Forschung, SALES & SERVICES GmbH, Frankfurt / Main

• Ältere in der Werbung – ein internationaler Vergleich:

Madeleine Muys-De Verton, Direktorin Senioragency, Amsterdam • Zielgruppe 50 plus: Thomas Docter, Pressesprecher Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft, Bonn

„Der einzige Markt, in dem es noch Geld zu verdienen gibt in der Werbebranche, ist der Markt der Leute ab 50.“ Mit dieser Aussage eines Vertreters der weltweit größten US-amerikanischen SeniorenOrganisation AARP begann vor elf Jahren für den – nach eigenen Aussagen – „bis dahin ganz normalen Werbefachmann“ Jean-Paul Tréguer ein Umdenkprozess. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er geglaubt, „dass Menschen jenseits der 50 einfach tot sind und somit auch kein Konsumleben mehr haben“. Der Franzose begann sich mit dem Thema „Senioren-Marketing“ auseinander zu setzen und gründete schließlich die Agentur „Senioragency“ in Paris, die mittlerweile auch Tochterunternehmen in anderen europäischen Städten hat. Zudem ist er der Autor der zwei ersten Bücher, die zum Thema „Senioren-Marketing“ in Europa erschienen sind. 1997 gründete er das erste internationale Netzwerk von Werbe- und Marketingfachleuten, die sich mit der Zielgruppe „50 +“ beschäftigen. Mit diesen Aktivitäten sieht sich Tréguer, wie er den Workshop-Teilnehmern erklärte, auch heute noch als Pionier und „Wanderprediger“ in Sachen Senioren-Marketing. Während er und einige Gleichgesinnte das gigantische Markt-Potenzial der Senioren längst erkannt hätten, seien sie für die

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• Ergebnisse der GREY-Studie „Master Consumer“:

Dagobert Hartmann, Senior Strategic Planner, Werbeagentur Grey, Düsseldorf Moderation: Ines Jonas,

Pressereferentin im KDA

Mehrzahl seiner Kollegen „nicht existent“. Warum das so ist, erklärt sich Jean-Paul Tréguer so: Alte Menschen stünden dem Tod zeitlich näher als andere und würden somit oft mit ihm gleichgesetzt. Und da der Mensch sich vor dem Tod fürchte, denke er: „Ich will das nicht sehen. Es ist viel schöner und viel besser, junge Leute und Kinder zu sehen, denn die bedeuten Freude, Frische und Zukunft.“

„Europas Vermögen ist in Seniorenhand“ Mit dem Festhalten an diesen Vorurteilen würde die Werbebranche große Chancen vergeben. Denn laut Jean-Paul Tréguer stellten die Senioren in Europa beispielsweise 45 Prozent aller Besitzer von Neuwagen, wobei es sich bei 80 Prozent um Autos der Spitzenklasse handele. Sie kaufen 50 Prozent der Gesichtspflege-Kosmetik und seien mit 55 Prozent am Kaffee- und mit 50 Prozent am Mineralwasser-Konsum beteiligt. Und bei Kreuzfahrten träfe man – so Tréguer – sogar auf 80 Prozent Senioren. „In den letzten zwanzig Jahren hat sich der Lebensstandard Älterer versiebenfacht. Das finanzielle Vermögen befindet sich in ganz Europa in der Hand von Senioren“, führte der „Senioragency“-

Workshop 3: Unerwünschte Kunden? Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung

Gründer aus. „Durchschnittlich besitzen Ältere 60 Prozent aller Haushaltsvermögen und 75 Prozent aller Aktienbestände.“ „Und was machen sie mit dem ganzen Geld?“ fragte er in die Workshop-Runde, wobei er die Antwort gleich selbst gab: „Sie konsumieren.“ So sei in Europa im Zeitraum von 1979 bis 1993 der Konsum älterer Menschen um 64 Prozent gewachsen, während bei der Gesamtbevölkerung nur ein Zuwachs von 22 Prozent zu verzeichnen gewesen wäre. „Die Realität ist also, dass die Dynamik der Märkte nun in der Hand der Senioren liegt.“ Umso unbegreiflicher erscheint es dem Franzosen daher, dass beispielsweise „1998 in Europa 95 Prozent aller Marketing- und Werbeausgaben für Kunden unter 50 Jahren aufgewendet wurden“. Nach wie vor halte sich das Vorurteil, der Markt der 50 +-Generation sei eine „Nische“ – „eine Nische mit 130 Millionen Kunden in Europa“, wie Tréguer ironisch ergänzte.

„Merkwürdige Art, Senioren darzustellen“ Und weil die Werbebranche sowie ihre Auftraggeber ältere Menschen nach wie vor als Randgruppe betrachteten und behandelten, hätten beide, wenn sie denn Senioren in der Werbung zeigten, „eine sehr merkwürdige Art und Weise, sie darzustellen“. Jean-Paul Tréguer zeigte dazu einige Negativ-Beispiele aus der Print- und TV-Werbung, von denen hier zwei beispielhaft beschrieben werden. Bei einem handelte es sich um eine französischsprachige Print-Anzeige für ein Anti-MückenMittel. Abgebildet sind eine alte Frau, einige Stechmücken sowie das beworbene Präparat. Darunter ist – sinngemäß übersetzt – folgender Spruch zu lesen: „Die (Mücken) rühren mich schon länger nicht mehr an.“ Das andere Beispiel ist ein TV-Spot einer US-amerikanischen Kartoffelchips-Marke. Eine skurril erscheinende, alte Frau überquert darin eine Straße. Sie hält eine große Tüte Kartoffelchips in den Hän-

Jean-Paul Tréguer auf dem Medienkongress.

den, aus der sie ständig nascht. Sie genießt ihre Chips offensichtlich so sehr, dass sie gar nicht merkt, wie sie schnurstracks auf eine Baustelle zugeht. Während sie unentwegt Chips vertilgt, rollt zwischen Baggern und Presslufthammern eine mächtige Dampfwalze auf sie zu. Während Bauarbeiter und Passanten vor Schreck wie gelähmt herumstehen, handelt ein jüngerer Mann: Beherzt springt er über umherstehende Autos, hängt sich an eine an einem Kran befestigte Abrissbirne, um sich – wie „Tarzan“ an einer Liane – zu der alten Dame zu schwingen. Doch statt sie – wie alle erwarten – vor der anrollenden Dampfwalze aus der Gefahrenzone zu ziehen, entreißt er ihr nur die Chipstüte. In der folgenden Szene sieht man, wie der junge Mann in aller Ruhe aus der Tüte nascht. Die nächste Szene zeigt wieder die alte Dame, die stark beschmutzt und entrüstet die Umherstehenden beschimpft. Hinter ihr sieht man im frischen Beton einen Abdruck ihres Körpers, aus dem sie sich anscheinend gerade wieder hoch gerappelt hat. Die Macher dieses Spots haben in den meisten Fällen die Lacher auf ihrer Seite, wenngleich den Zuschauern – und so war es auch in dem Workshop – leicht das Lachen im Halse stecken bleiben kann. Jean-Paul Tréguer forderte die Teilnehmer auf, „die

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Aus Medienforschung und -praxis

alte Dame in dem Spot gedanklich durch ein kleines Mädchen zu ersetzen und sich zu fragen, ob dann wohl immer noch jemand lacht“.

sich ein älterer, sympathischer Herr von jüngeren Gästen der Hamburger-Kette mit Freude in die für ihn ungewohnte Ess-Kultur einweisen lässt.

Ein anderes Beispiel dafür, wie Ältere mit Handicaps in der Werbung diskriminiert werden, ist der Fernsehspot einer US-amerikanischen Tageszeitung. Darin will ein extrem gehbehinderter Mann eine Nachrichtensendung im Fernsehen sehen. Vom Sofa aus schlurft er mühsam in winzigen Schritten zum Fernseher. Als er – endlich – nach langer Zeit dort ankommt und das Gerät einschaltet, sind die Nachrichten gerade vorbei. Quintessenz des Spots: Es sei besser, die beworbene Tageszeitung zu lesen, denn dort verpasse man keine Nachrichten.

Ein anderes Beispiel, in dem Ältere mal nicht die Dummen, sondern die Cleveren sind, kommt von der Kreditkartengesellschaft VISA. In dem TV-Spot treffen ein junger Mann – mit Sonnenbrille und Lederjacke auf „Coolness“ getrimmt – sowie ein alter Herr im Anzug mit Fliege in einem Musikgeschäft aufeinander. Beide stehen an der Kasse: Der Junge hält mehrere CDs in Händen (als Symbol für moderne Produkte), während der Senior mit einer Schallplatte dasteht (als Symbol für das Althergebrachte). Der Ältere wird von dem jungen Mann mitleidig belächelt: „Wer kauft denn heute noch Schallplatten?“ scheint er zu denken. Als der Jüngere aber mit Geldscheinen seine CDs bezahlen will und der Ältere als „modernes“ Zahlungsmittel seine Kreditkarte zückt, ändert sich die Szene. Nun ist es der Ältere, der mitleidig und amüsiert auf den Jüngeren schauen kann. Der Spot kommt dabei ohne Dialoge aus – der Zuschauer liest die eindeutigen Reaktionen nur an Mimik und Gestik der Darsteller ab.

Neben all der Kritik an seiner Branche sieht Tréguer aber auch einige positive Tendenzen: „Einige Firmen in den Vereinigten Staaten haben schon lange verstanden, was ich sage. Firmen wie Nike, McDonald’s, Coca-Cola oder Kellog’s investieren alle ganz klar in diesen Markt, in dem sie bewusst alte Konsumenten zeigen.“ Als Beispiel dafür führte er einen TV-Spot von McDonald’s vor, in dem

Altersdiskriminierung in einem TV-Werbespot – made in USA. (Fotos: Anne Kleiber)

Es geht auch anders: Hier ist der Ältere einmal nicht der „Trottel“. Er besitzt eine Kreditkarte … (Fotos: Record Shop)

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Workshop 3: Unerwünschte Kunden? Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung

„Ohne Stereotype funktioniert Werbung nicht“ Während für Jean-Paul Tréguer Positiv-Werbung mit Älteren eher eine Ausnahmeerscheinung ist, sieht Madeleine Muys de Verton „einen starken, stetigen Wandel in der Darstellung von Senioren in der Werbung – zumindest in Holland“. Die Managing-Direktorin von „MindMapping“, einer niederländischen Agentur, die sich auf die Bereiche Kommunikationsforschung und -strategien und dabei auf die Themen „Senioren“ und „Multikulturelle Identität“ spezialisiert hat, führte von Frühjahr 1998 bis zum Sommer 1999 eine Untersuchung zum Thema „Senioren in der Fernsehwerbung“ in den Niederlanden durch. Dabei zeigte sich, dass in rund acht Prozent der Werbespots Senioren in irgendeiner Weise dargestellt wurden. Damit hat ihre Präsenz in der Werbung deutlich zugenommen. Denn bei einer ähnlichen Studie kam man fünf Jahre vorher nur auf 0,7 Prozent älterer Menschen in der Werbung. Für die 98 / 99-Studie hatte „MindMapping“ im besagten Zeitraum alle im holländischen Fernsehen gesendeten Werbespots aufgezeichnet – insgesamt 3.655. „Wir haben sie analysiert, haben geschaut, in wie vielen Spots Senioren gezeigt wurden, und wir haben uns angesehen, auf welche Weise Senioren dargestellt werden. Eine Auswahl dieser Werbespots wurde zusätzlich Seniorenpanels, also ausgewählten Senioren-Gruppen, zur Reaktion und Validierung vorgelegt. Die Befragten waren zwischen 50 und 85 Jahre alt“, erklärte Madeleine Muys de Verton. Dass bei den Spots Ältere oft klischeehaft stereotypisiert werden, ist für die Niederländerin aber zunächst einmal nichts Negatives. „Wir alle brauchen Stereotype, um die Komplexität der sozialen Welt, in der wir leben, bewältigen zu können. Das trifft besonders auf die Werbebranche zu, deren kurze Spots ohne Stereotype nicht funktionieren würden. Doch es kommt auf das ‚Wie‘ ihres Einsatzes an. Negative Klischees könnten durch positive ersetzt werden“, erklärte Muys de Verton. Wichtig ist für die Managing-Direktorin, wie Werbetreibende das Alter wahrnehmen. Hier unterschied sie zwischen denen, die die Spots entwickel-

Madeleine Muys de Verton.

ten („image-makers“) und den so genannten „Entscheidungsträgern“ („decision-makers“). Die „image-makers“ seien in der Regel zwischen 25 und 40 Jahre alt und hätten überhaupt kein Problem bei der Darstellung von Senioren. Das Problem liege vielmehr bei den Vorgesetzten dieser „image-makers“. Denn sie seien zwischen 40 und 55 Jahre alt und hätten selbst damit zu kämpfen, dass sie alt werden. Weil die so genannten „Entscheidungsträger“ ein Problem mit dem Alter(n) haben – so die holländische Kommunikationsforscherin –, „macht sie das sehr vorsichtig, Senioren Aufmerksamkeit zu schenken. So lange diese Menschen diejenigen sind, die die Entscheidungen für die Werbe-Kreativen treffen, haben wir ein gewisses Problem bei der Darstellung von Senioren“. Doch auch die Senioren selbst hätten ihre eigene, gefärbte Wahrnehmung des Alters, erklärte die Referentin. Menschen ab 50 bildeten keine homogene Gruppe und hätten demnach auch keine einheitliche Wahrnehmung. Man müsse sie deshalb in drei Kategorien einteilen. Zum einen die so genannten „baby-boomers“, also die Gruppe der 50- bis 65Jährigen, auf die die Referentin nicht näher einging. Für die Werbebranche „so etwas wie eine

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Aus Medienforschung und -praxis

harte Nuss“ sei die Gruppe der 65- bis 80-Jährigen. „Sie sind viel realistischer und genießen ihr Leben. Sie sind sehr erfahrene Konsumenten, die sich auch im Umgang mit der Werbung gut auskennen. So kümmern sie sich oftmals gar nicht darum, was die Werbeleute sagen, sondern leben ihre Leben so, wie sie glauben, ihr Leben leben zu müssen“, so Madeleine Muys de Verton. Als dritte Gruppe sieht die Niederländerin die ab 80-Jährigen an, die nicht mehr so konsumoffen wie die Jüngeren seien, weil „sich die meisten von ihnen mit den wachsenden physischen Problemen beschäftigten“.

„Zeigt uns auf realistische Art“ Beim Betrachten und Beurteilen der einzelnen Werbespots schälten sich bei den 50- bis 85-jährigen Holländern zwei Schlüsselkriterien heraus: Die Senioren legten besonderen Wert auf „Respekt“ und „Humor“ in der Darstellung. Doch es gab auch noch weitere Aspekte, die die Werbefachfrau als „Gebote und Verbote“ für die Werbemacher bezeichnete: „Senioren möchten nicht einsam und leidend gezeigt, sondern als zugehörig dargestellt werden. Denn sie sind ein Teil der Gesellschaft. Sie möchten sich nicht entstellt und lahm, sondern romantisch und lebensfroh sehen. Und sie wollen nicht dumm und verrückt dargestellt werden, sondern mit einer weltlichen Weisheit und einem gewissen Savoir-vivre. Auf Übertreibungen können sie dabei verzichten. Es gibt eine Menge Werbespots, die angeblich positiv sind, weil sie übertrieben lebhafte Senioren zeigen. Doch dazu sagten unsere Befragten: ‚Bitte zeigt uns auf eine realistische Art lebhaft und nicht 80-jährig in der Gegend umherspringend.‘ Zudem hat mich, die ich selbst lange in der Werbung tätig war, überrascht, dass alle 65- bis 70-jährigen Frauen – nachdem sie einen Werbespot über Inkontinenz- oder Kosmetikprodukte gesehen hatten, in der eine Frau im Alter zwischen 45 und 50 Jahren agierte – sich von diesem angesprochen fühlten. Doch dazu erklärten sie mir, dass sie sich mindestens 15 Jahre jünger fühlten als sie in Wirklichkeit sind und sich deshalb von der Darstellerin viel eher angesprochen fühlten als von einer in ihrem Alter.“

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„Die Alten werden immer jünger“ Zu einem ähnlichen Ergebnis war auch Dagobert Hartmann von der Düsseldorfer Werbeagentur „GREY“ in seiner Studie „Master Consumer“ gekommen. Der Autor dieser Untersuchung berichtete den Workshop-Teilnehmern, dass die 50 +-Generation sich im Durchschnitt um 14 Jahre jünger fühle, als sie tatsächlich sei. „Die Alten werden immer jünger. Das Lebensgefühl der 50 +-Generation nähert sich in immer mehr Bereichen dem Lebensund Vitalitätsgefühl der Jüngeren an. Wirkliches Alter beginnt spät – und immer später“, so „Strategic Planner“ Hartmann, dessen Agentur – nach Umsatz – die zweitstärkste in Deutschland und die siebtstärkste in Europa ist und sich seit 1993 kontinuierlich mit dem Thema „Seniorenmarkt“ beschäftigt. Auch Hartmann stellte fest, dass in den letzten fünf Jahren in der Marketingpraxis ein Bewusstseinswechsel stattgefunden habe. Die Kommunikationsfachleute und Markenhersteller würden sich jetzt zunehmend mit dem mit Abstand reichsten Markt der deutschen Bevölkerung und der überhaupt reichsten Generation aller Zeiten, der 50 +Generation, auseinander setzen. Von Seiten der deutschen Wirtschaft bestehe ein großes Interesse an den Älteren. Denn ohne sie würden die Marktchancen vieler Marken unausgeschöpft bleiben.

„Werbung ist immer noch jugendorientiert“ Doch trotz dieses positiven Trends räumte Dagobert Hartmann ein: „Die Werbung ist aber dennoch weiterhin einseitig jugendorientiert. Werbung für die Jungen schluckt den Löwenanteil der Budgets. Die ‚GREY‘-Studie lässt hohe Barrieren gegen die 50 +-Generation sichtbar werden. Hinzu kommt: Es sind nur wenige Erfolgsbeispiele für 50 +-Werbung auszumachen. Dort, wo die Zielgruppe heute Hochkonjunktur und sogar Marketing-Priorität haben müsste, ist nur ausnahmsweise hochwirksames Marketing zu erkennen. Stattdes-

Workshop 3: Unerwünschte Kunden? Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung

sen zielen Kampagnen oftmals lieblos an der Zielgruppe vorbei und zementieren gängige Vorurteile. Leider erfolgt noch allzu häufig die Darstellung der 50 +-Generation als ‚schrille Alte‘ oder ‚Pflegefälle fürs Altenheim‘. So gibt es – trotz eines wachsenden Interesses der Industrie an den ab 50-Jährigen – keine wirkliche und tiefe Ausschöpfung des enormen Chancen-Potenzials dieser Altersgruppe.“ Die „Master Consumer“-Studie von 1998 ist eine Aktualisierung einer früheren Untersuchung aus dem Jahr 1993. In dieser hätten sich – so Hartmann – vor allem noch Vokabeln wie „die unsichtbare Generation“ und „die ignorierten Konsumenten“ gefunden. Fünf Jahre später sei davon nicht mehr die Rede gewesen. Hartmann berichtete, dass für die neue Studie in einer repräsentativen Befragung 660 Personen, die 50 Jahre und älter waren, interviewt worden sind. Dem vorausgegangen waren sechs qualitative Pilot-Gruppenbefragungen. „60 Prozent der Befragten bemängelten, dass in der Werbung fast nur junge Leute gezeigt werden – also Jugendwahn pur vorherrscht. Die Hälfte der Leute hat sich gewünscht, dass man in Zukunft lieber Werbung sieht, in der auch ältere Leute gezeigt werden. Jeder Dritte gab an, dass Senioren von der Werbung nicht ernst genommen und abwertend dargestellt werden. Kein Wunder also, dass sich fast die Hälfte der Befragten von der Werbung

Dagobert Hartmann (links), Christoph Wild (rechts).

nicht richtig angesprochen fühlt“, sagte der „GREY“-„Strategic Planner“ auf dem Medienkongress.

„Die über 50-Jährigen werden in der Werbung einfach verramscht“ Hartmann wies auf einen offensichtlichen Widerspruch hin: Auf der einen Seite haben es Industrie und Werbung mit einer Zielgruppe zu tun, „wie es sie in dieser wirtschaftlichen Attraktivität noch nie gegeben hat“. So verfüge die 50 +-Generation über ein monatliches Kaufkraftpotenzial von circa 20 Milliarden DM, was knapp die Hälfte der gesamten Kaufkraft der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands darstelle. Auf der anderen Seite wird diese Gruppe aber offensichtlich nicht ausreichend und falsch von der Werbung angesprochen. Verantwortlich dafür sind – so „GREY“ – alle an der Werbung Beteiligten: „Bei den jugendlichen Werbern ist es sicherlich so, dass sie die Welt immer noch durch ihre rosarote, junge Brille sehen. Für sie heißt es: ‚Werbung ist jung. Werbung ist sexy‘ und ‚Jung ist Lust. Alt ist Frust‘. Wenn man Leute aus der Industrie frage, erkenne man schnell, dass da starke Berührungsängste seien. Man traut sich eigentlich gar nicht an diese Zielgruppe heran, weil man Angst hat, einen Flop zu produzieren. Für viele stelle das eine prekäre Situation dar: Verschläft und verpasst man diese Zielgruppe, ist die Karriere hin. Wenn man sich ihr aber nähert, könne das für einen Produktmanager aber auch sehr, sehr gefährlich werden, da keine Erfolgsbeispiele und -regeln dafür existieren, wie man eine Produkt und dazugehörige Werbung für ab 50-Jährige macht. Die Gefahr, einen Flop zu landen, sei deshalb sehr groß. Bei den Media-Experten existierten ähnliche Barrieren. Hartmann: „Da gilt immer noch das Dogma: Die 14- bis 49-Jährigen sind die Leitwerbung, und wir müssen uns an diese Zielgruppe richten. Die über 50-Jährigen gibt es sozusagen gratis oben drauf. Damit werden sie mehr oder weniger einfach verramscht. Das ist eine erschreckende Situation.“

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Aus Medienforschung und -praxis

Auf dem Workshop wurde deutlich: Die Altersgruppe 14-49 ist so etwas wie die „heilige Kuh“ für die Werbebranche. So zählt bei den Preisen für die Werbekunden im deutschen Fernsehen bisher nur, wie viele 14- bis 49-Jährige zuschauen. Je mehr Zuschauer dieser Altersgruppe ein Programm hat, desto teurer sind die Preise für die Werbespots. Die Alten gibt es sozusagen gratis dazu.

Von „Master Consumern“, „Maintainern“ und „Simplifiern“ Ähnlich wie seine Vorrednerin aus den Niederlanden wies auch Dagobert Hartmann darauf hin, dass die Gruppe der Älteren differenziert betrachtet werden müsse. Bei seiner Studie hätten sich drei „Kern-Segmente“ herausgebildet. Da sei zum einen die Gruppe der „Master Consumer“ im Alter zwischen 50 und 59 Jahren, die für Industrie und Werbung so etwa wie „das Filetstück der 50 +-Generation“ sei. Denn: „Sie sind die Beweglichen und Dynamischen im Markt der 50 +Generation, befinden sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, sind Neuem gegenüber aufgeschlossen, verfügen über 46 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens der über 50-Jährigen und sind dabei ausgabefreudig.“ Auf Grund eines großen Nachholbefürfnisses wollten sie vor allem eines: konsumieren. Deshalb stellten die 50- bis 59-Jährigen für Marketing-Strategen die intereressanteste Zielgruppe dar. Danach komme die Gruppe der 60- bis 69-Jährigen, die Hartmann „Maintainer“ nennt. „Maintainer“ befänden sich meist schon im Ruhestand und damit in einer Phase der Neuorientierung, in der sie ihre neu gewonnene Freizeit genießen würden. Damit seien auch sie fürs Marketing interessant. Zudem seien sie finanziell gut abgesichert und verfügten über 31 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens der 50 +-Generation. Das Schlusslicht bildeten die ab 70-jährigen „Simplifier“, die in der „GREY“-Studie beispielsweise mit folgenden Eigenschaften beschrieben werden: „Sie leben ruhig, zurückgezogen und häuslich orientiert, erwarten dabei nicht mehr viel vom Leben, leiden an Altersbeschwerden und verfügen über einen ein-

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geschränkten finanziellen Spielraum“ (29 Prozent der Haushaltsnettoeinkommen der 50 +-Generation).

Konsumenten niemals als Senioren bezeichnen Abschließend gab „Strategic Planner“ Hartmann Tipps, wie man die 50 +-Generation werbemäßig erreichen könne. „Die Hauptregel heißt: Integrieren Sie die Generationen. Zeigen Sie junge und alte Leute zusammen. Schließlich haben in unserer Befragung 60 Prozent gesagt, dass sie sich mehr Werbung wünschen, in der Jung und Alt zusammen auftreten. Die zweite Regel lautet, dass man mit dem Thema Alter äußerst sensibel und feinfühlig umgehen muss. 61 Prozent unserer Befragten hatten geantwortet, dass das Alter nicht zu stark problematisiert werden sollte. Man darf das Thema Alter nicht direkt ansprechen und die Konsumenten auch nicht als Senioren bezeichnen. Schließlich sollte man sich sowieso nicht am kalendarischen Alter, sondern an der geistigen Fitness der Leute orientieren. Es geht darum, die positiven Werte des Alters herauszustellen und nicht Einsamkeit und Krankheit. Zeigt die Älteren als erfahrene, reife Konsumenten, die Geld, Wissen und Anspruch haben. Ältere Menschen sind Konsumenten wie andere auch – halt nur ein paar Jahre älter“, so das „GREY“-Credo. Dagobert Hartmann beendete seinen Beitrag auf dem Medienkongress mit den zusammenfassenden Worten: „Die 50 +-Generation hat jede Menge Zeit und Geld und jede Menge Lust, dieses Geld auszugeben. Sie hat auch Lust, das Leben zu genießen – und das alles für viele Jahre. Deshalb sollte man diese Zielgruppe in der Werbung auf keinen Fall ignorieren.“

Workshop 3: Unerwünschte Kunden? Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung

Vier „Einsatzmotive“ für Ältere in der Werbung Für Thomas Docter, Pressesprecher beim Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) in Bonn, ist „Werbung mit Älteren kein Phantom, denn sie findet tatsächlich statt. Die Tendenz der Firmen, in der konkreten Gestaltung ihrer Werbung auch Vertreter des dritten Lebensalters einzubauen, nimmt eindeutig zu. Doch nicht nur die Anzahl ihrer Einsätze, sondern auch die Vielfalt der Rollen, die sie dabei einnehmen, hat gegenüber früher spürbar zugenommen“, erklärte er den Workshop-Teilnehmern. Der ZAW-Vertreter (dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft gehören als Dachverband 39 Mitgliedsorganisationen der werbenden Wirtschaft, Werbemedien, Werbeagenturen, Werbeberufe und Forschung an) stellte seinen Zuhörern vier „Einsatzmotive“ von Älteren in der Werbung vor:

sparkasse LBS, in dem Ältere sich gegenüber jüngeren Menschen für eine weitsichtige Finanzplanung und Altersvorsorge stark machen. Quasi auf der Hand – so Docter – läge auch die Rollenzuschreibung der Älteren als „Gesundheitsbedachte“, die für die Benutzung spezieller gesundheitserhaltener und geriatrischer Produkte wie Kräuteressenzen, Knoblauchpräparate oder Gebisspflegemittel eintreten. Diese Produkte würden nun einmal nahezu ausschließlich in der Gruppe des dritten Lebensalters verwendet. Thomas Docter: „Eine besondere Entwicklung hat im Markt der Körperpflegeprodukte in den letzten Jahren stattgefunden. Hier haben einige Hersteller mit großem Erfolg ihr Sortiment stetig ausgeweitet, wobei die besonderen Erfordernisse der älteren Verwender berücksichtigt wurden. Hier gilt also wie im Bereich Finanzen: Mehr Ältere in der Werbung durch neue Produkte für Ältere.“

Da seien einmal die „Berater“. Die 50 +-Generation stehe heute für ein Plus an Lebenserfahrung und Produktkompetenz, die sie an die nachfolgenden Generationen weitergeben würde. Als Beispiel nannte er einen Kaffee-Spot, in dem die Mutter die Tochter nach wie vor bei der Kaffeeauswahl für eine Feier mit Verwandten beraten würde. Die Werbung zeige die ab 50-Jährigen aber auch gerne als „Genießer“. Was individuelle Lebensqualität betreffe, würde diese Generation in unserer Gesellschaft zweifellos die Gipfelposition einnehmen. Frei von existenziellen Sorgen und entbunden von der Sorgepflicht für ihre inzwischen erwachsenen Kinder würden sie neue Freiräume für Reisen, Restaurantbesuche, sportliche und kulturelle Angebote nutzen und genießen. Ihr Wohlstand mache sie aufgeschlossen gegenüber neuen risikoreicheren und daher auch gewinnträchtigeren Formen der Geldanlage. Die Finanzinstitute hätten daher in den letzten Jahren ihre Produktpalette für diese Altersgruppe deutlich erweitert. Relativ nahe läge da der Einsatz älterer Darsteller in der Werbung, die ihren „Unruhestand“ und Wohlstand genießen. Eine relative neue Werbefunktion fände sich beispielsweise in einem Hörfunkspot der Landesbau-

Von links nach rechts: Christoph Wild, Thomas Docter, Madeleine Muys de Verton, Jean-Paul Tréguer.

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Aus Medienforschung und -praxis

Die Fernsehspots der Mineralöl-Gesellschaft DEA seien gute Beispiele für sein viertes ermitteltes Einsatzmotiv von Älteren in der Hörfunk- und Fernsehwerbung: das der „Großfamilie oder altersübergreifenden Nutzerfamilie“. In den DEA-Spots wird eine kleine Gruppe Älterer und Jüngerer gezeigt, die im Umfeld einer Tankstelle in verschiedenen komischen Situationen immer wieder miteinander agieren. Die Spots bedienen sich dabei eines besonders bei Jugendlichen beliebten TV-Genres: der Fernsehkomödie mit Situationskomik, kurz Sitcom. Warum das vierte Motiv der „Groß- oder altersübergreifenden Nutzerfamilie“ in der Werbung so beliebt sei, begründete der ZAW-Sprecher damit, dass sich in Deutschland die Gesellschaft immer mehr individualisiere. Je mehr das der Fall sei, desto größer würde die Sehnsucht nach der Großfamilie. In der Werbung seien es vor allem die gemeinsamen Mahlzeiten, die ein solches Stück Familienglück in die deutschen Wohnzimmer bringen. Gerade bei den Nahrungsmitteln seien übrigens viele Versuche gescheitert, spezielle Angebote für die „Generation 50 Plus“ zu entwickeln. Sie seien von der Zielgruppe als Ghettoprodukte verstanden und ignoriert worden.

„Verschiebungen auf der Altersskala nach oben“ Der ZAW-Pressesprecher legte besonderen Wert auf die Feststellung, dass es gar nicht so sehr darauf ankäme, ob ältere Menschen in der Werbung als Darsteller auftauchen oder nicht. Denn das allein sage noch nichts darüber aus, ob und inwieweit den eigentlichen Bedürfnissen älterer Menschen Rechnung getragen würde. „Viel aussagekräftiger ist, wie das, was gezeigt wird, bei den Vertretern des dritten Lebensalters ankommt und verarbeitet wird“, sagte Thomas Docter wörtlich. Menschen identifizierten sich nicht nur über ihre Altersgruppe, sondern auch über ihren Lebensstil. Durch diese Tatsache sei die Werbebranche gezwungen, über die Frage des Alters ihrer Darsteller differenzierter nachzudenken.

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„Die interessante Zielgruppe 50 Plus, die immer größer sowie wohlhabender wird und inzwischen auch immer häufiger die Marken wechselt, kann keinem der professionell agierenden Entscheider in Industrie und Handel verborgen bleiben. Sie werden ihre Bedürfnisse bei der Produktentwicklung, Produktgestaltung und Ladenorganisation weiter aufgreifen müssen, um künftig keine Marktanteile zu verlieren“, so Docters Einschätzung. „Die Voraussetzung für die Bewerbung von Waren und Dienstleistungen gegenüber dem dritten Lebensalter sind überaus günstig: Keine andere Altersgruppe konsumiert so intensiv Medien und ist damit so gut erreichbar für Werbungstreibende – und das bei einer Akzeptanz von Werbung, die laut ‚Verbraucher-Analyse‘ gleichauf mit den Werten der jüngeren Altersgruppen liegt.“ Das Festhalten der Bewerber von Markenartikeln an der Hauptwerbezielgruppe der 14- bis 49-Jährigen könne deshalb nur noch so lange eine Berechtigung haben, wie diese Altersspanne auch tatsächlich die absatzstärkste Gruppe für Waren und Dienstleistungen darstelle, so Docter. Seine Prognose lautete: In absehbarer Zukunft, nämlich in spätestens drei bis fünf Jahren, werde es in der Werbung sichtbare Veränderungen und Verschiebungen auf der Altersskala nach oben geben. Als letzter Workshop-Referent fasste Christoph Wild von der Frankfurter „ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH“ vor allem die zuvor vorgetragenen Ergebnisse zusammen und ergänzte sie. Auch er betonte, dass die Gruppe „50 plus“ keinesfalls als homogen betrachtet werden könne. Wie auch, wenn dazu sowohl seine 95-jährige Großmutter als auch der Rockstar und Endfünfziger Mick Jagger gehörten, fragte er.

„Let’s go old“ Als neuen Aspekt in die Diskussion brachte Christoph Wild vor allem das „Produktinformationsinteresse“ ein. Werbestrategen gingen von der Tatsache aus, dass eine Person, die Interesse an einem bestimmten Produkt hat, auch empfänglicher für

Workshop 3: Unerwünschte Kunden? Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung

die entsprechende Werbung ist. Christoph Wild: „Das Produktinformationsinteresse der Älteren ist in der Regel niedriger als das der Jüngeren. Wir haben 56 Bereiche darauf untersucht. Dabei gab es nur drei, in denen die Senioren über den Jüngeren lagen. Ich spreche hier von den Bereichen Gesundheit / Pharmazie, Brillen sowie Garten. Für Autos, also einen Produktbereich, in dem besonders viel Geld ausgegeben wird, zeige die 50plus-Generation beispielsweise aber nur ein unterdurchschnittliches Interesse, so Wild. Doch das geringere Produktinformationsinteresse Älterer relativiere sich, wenn man betrachte, wie viele potenzielle Konsumenten trotzdem in Betracht kämen. Wild: „Wir reden bei Autos immerhin von über zehn Millionen über 50-Jährigen, die sich für diesen Markt interessieren. Will man die etwa außen vor lassen?“ Schließlich hätten diese zehn Millionen Älteren auch das Geld, um Autos zu kaufen. Eine

Tatsache, die für die Industrie umso bedeutungsvoller sei, wenn man die PKW-Vorlieben dieser Altersgruppe betrachte: Das besondere Interesse gelte nämlich Fahrzeugen der oberen Mittel- und Luxusklasse. „Bei den Älteren steigt die Bereitschaft, 30.000 oder über 50.000 DM für einen Wagen auszugeben, deutlich an. Sie haben es eben“, so der ARD-Werbe-Experte. Deshalb sollten die Werbestrategen sie auch in den Bereichen richtig ansprechen, in denen ihr Produktinformationsinteresse nicht so hoch ist. Als Beispiel dafür nannte Wild den Bereich der Telekommunikation. Doch gehe beispielsweise die Werbung für Mobiltelefone klar an den Älteren vorbei: „Wenn ich mir anschaue, wie Handys in den TV-Spots vermarktet werden, dann kann ich mich nur wundern“, so seine Meinung. „Das sind doch keine Lebenswelten für Ältere, wenn gezeigt wird, wie Leute damit in der Disco rumlaufen, um dann jederzeit mit dem Handy tele-

Seherstruktur Fernsehwerbung (Anteile in Prozent) 14-49 Jahre

über 50 Jahre

63

79

44

49

23

63

29

41

37

21

56

51

77

37

71

59

ARD

ZDF RTL 18.00 – 20.00 Uhr

SAT.1

Pro Sieben Kabel 1 RTL 2 17.00 – 23.00 Uhr

VOX

Quelle: AGF / GfK DAP-TABAGG. Basis: Erwachsene ab 14 Jahren, 1. Halbjahr 1999

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Aus Medienforschung und -praxis

Christoph Wild.

fonieren zu können. Wie sollen Ältere denn da irgendwie einen Nutzen erkennen? Dabei wäre so ein Gerät gerade für diese Zielgruppe eine tolle Sache, weil man jederzeit erreichbar ist oder selbst im Notfall schnell Hilfe holen kann. Das muss die Werbung den Älteren klarmachen. Sie muss verdeutlichen, welchen Nutzen und welchen Vorteil man mit so einem Produkt hat. Doch wer den Alten nichts zu bieten hat, bekommt sie auch nicht als Konsumenten. Mein – zwar sprachlich nicht ganz korrekter – Appell lautet daher: Let’s go old! Denn dort liegt die Zukunft für uns in der Werbung.“ Christoph Wild setzte sich auch mit den Programmvorlieben der älteren, deutschen TV-Konsumenten auseinander. Diese sähen vor allem gerne deutsche Produktionen: deutsche Heimatfilme, Serien, Volkstheater, Volksmusik- und Schlagersendungen und Game-, Talk- und Unterhaltungsshows. Damit unterschieden sie sich von den jüngeren Zuschauern, die vor allem gerne Spielfilme und amerikanische, aber auch andere ausländische Serien bevorzugten. Eine Werbeschaltung etwa während eines US-amerikanischen Horrorfilms würde deshalb nur wenige Ältere erreichen. Die Grafik, die Wild im Workshop zeigte, verdeutliche die unterschiedlichen Seherstrukturen der verschiedenen Sender.

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Was haben diese Seherstrukturen der einzelnen Sender nun mit Werbung zu tun? Agenturen bringen anhand dieser Angaben bestimmte WerbeSpots in den Fernsehsendern unter. Christoph Wild: „Wenn Agenturen keine Älteren ansprechen wollen, dann finden sie auch Programme, wo sie keine kriegen“ – wie beispielsweise die beiden „Spielfilmkanäle“ Pro Sieben und RTL 2 mit einem Zuschaueranteil von jeweils 77 und 71 Prozent in der werbemäßig attraktiven Zielgruppe 14 bis 49 Jahre. „Man kann aber auch bei den Sendern, die einen höheren Anteil von Älteren in ihrer Zuschauerschaft haben – wie beispielsweise das ZDF mit 79 Prozent – durchaus diese vermeiden, wenn man in spezielle Programmumfelder geht, die jung sind“, erläuterte Wild. Nach seiner Einschätzung gehen etwa 95 Prozent aller Werbeausgaben („Werbespendings“) in die jüngeren Zielgruppen. „Ein schiefes Verhältnis“ zeige sich besonders krass bei den Hörfunkprogrammen. „Hier gehen 75 Prozent von den gesamten Werbeeinnahmen in die jüngeren Programme und damit nicht dorthin, wo die Haupt-Radiohörer, nämlich die Älteren, sitzen.“

Literatur zum Thema: Master Consumer – Warum ignoriert das Marketing die reichste Generation aller Zeiten? Studie der Agentur GREY.

Weitere Infos unter: Dagobert Hartmann, GREY Strategic Planning, Corneliusstraße 12-36, 40215 Düsseldorf, Internet: http://www.grey.de Elke Häberle: In den besten Jahren. In: COMPACT 1-2 / 2000, 11. Februar 2000 (Fakten und Analysen aus Wirtschaft, Werbung und Medien, W &V)

Workshops 2 und 6: TV-Sendungen für Ältere

Workshops 2 und 6: TV-Sendungen für ältere Menschen (I) + (II) • „Seniorenclub“: Kurt Farasin, Leiter Familienressort, Österreichischer Rundfunk (ORF), Österreich

• „VdK-Magazin“: Michael Pausder, Leiter Presse, PR, Neue Medien, Sozialverband VdK e.V., Deutschland

• „Addi’s Stunde“: Angelika Plank, Redakteurin Westdeutscher Rundfunk (WDR), Deutschland

• „Life Wise“ (In puncto Leben): Truxton Simmons, Produzent und Direktor von Knowledge for the Rocky Mountain Area (KRMA-TV), USA

• „Aktiv“: Siegwart Kluge, Leiter der Redaktion Bildung und Wissenschaft, Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg (ORB), Deutschland

• „Tor Mai Toa“ (Das Alte ist nicht alt): Paisan Suthavarangkul, Produktionsdirektor, Nippon Production Service (NPS), Thailand

• „Maturity Broadcast News“ (Senioren-

Moderation: Christine Voss,

Nachrichten):

William Brown, Direktor für öffentliche Angelegenheiten, AARP, USA

Redakteurin WDR-Fernsehen und Regine Hebestreit, freie Journalistin

Insgesamt sieben Fernseh-Sendungen für ältere Menschen aus vier Ländern wurden in den beiden Workshops „Praxis Fernsehen: Sendungen für Ältere“ vorgestellt.

Der „Seniorenclub“ des ORF: Sendung mit 32-jähriger Tradition „Das Thema ‚50 Plus‘ ist ein wichtiges Thema im ORF. Es begann etwa vor fünf Jahren mit einer großen Veranstaltung gemeinsam mit der Werbewirtschaft. Vor vier Jahren wurde dann die große Programmreform beim ORF II durchgeführt, die sich – mehr oder weniger – an älteren Zuschauern orientiert“, so Kurt Farasin, Leiter des Familienressorts beim Österreichischen Rundfunk (ORF). Unberührt von jeglicher Programm-Reform blieb der „Seniorenclub“. Mit ihren 32 Sendejahren ist die Sendung, die regelmäßig sonntags von 17.00 bis 17.50 Uhr ausgestrahlt wird, längst eine österreichische Institution.

Weder am Konzept noch an den Moderatoren hat sich – laut Farasin – seit Bestehen der Sendung viel geändert: „Es ist eine Clubsituation mit Publikum und zwei Präsentatoren. Die meisten, die die Sendung heute noch präsentieren, haben sie schon vor 32 Jahren präsentiert. Sie sind mit der Sendung gealtert. Unser Hauptpräsentator ist 71 Jahre alt, der musikalische Leiter 85 Jahre. Der jeweilige Stargast kommt aus Theater, Film, Literatur. Es gibt auch einen unterhaltenden Teil in Form von Musik, wobei sich hier die Musik in den letzten Jahren in Richtung klassische Operettenmusik hin orientiert hat. Außerdem bietet der Seniorenclub Lebenshilfe-

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Bis Ende 1999 wurde der Seniorenclub – zeitversetzt – auch über das Satellitenprogramm 3sat, das die öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehsender gemeinsam mit dem ORF und dem Schweizer Fernsehen (SRG) betreiben, ausgestrahlt. Über 3sat kann die Sendung so in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Israel empfangen werden. Vor allem in Israel, so Kurt Farasin, sei die Sendung für viele ältere Menschen ein Fenster zu ihrer alten Heimat Europa.

Kurt Farasin (ORF).

themen und Servicethemen – von Reisen bis zum Sport – an. Wir haben auch mehrere Schwerpunktsendungen gehabt, etwa zum Thema Alter und Sexualität, wo wir Paare eingeladen haben. Wir wollten bewusst dieses Thema nicht Ärzten oder Psychologen überlassen.“ Manche Beiträge seien dabei so erfolgreich gewesen, dass sie anschließend sogar in eigenen Dokumentationen zur Hauptsendezeit ausgestrahlt wurden. Farasin: „Wir hatten zum Beispiel in Österreich über Hundertjährige gesucht, die aus ihrer Geschichte erzählt haben. Diese kurzen Beiträge haben eine derartig positive Resonanz vor allem bei jüngeren Zuschauern hervorgerufen, dass wir damit in ein Spezialprogramm gegangen sind und zur Hauptabendzeit eine Dokumentation ausgestrahlt haben.“ Vor und nach jeder Seniorenclub-Sendung gibt es jeweils eine Telefon-Hotline, über die die Zuschauer Sendungen kommentieren und Themenvorschläge machen können. Darüber hinaus bietet der ORF einen Seniorenclub-Reiseservice und Buchreihen zur Sendung.

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Kurt Farasin stellte einen Beitrag aus einer „Seniorenclub“-Sendung vor: Darin ging es um Jugendliche, die regelmäßig Bewohner eines Altenheims besuchen. Zum Teil haben sich hier schon enge Freundschaften entwickelt. Diese Aktion wurde mit dem in Höhe von 200.000 Schilling dotieren „Seniorenclub-Preis“ ausgezeichnet. Der Preis wird einmal im Jahr für Projekte vergeben, die sich in vorbildlicher Art für Seniorenarbeit einsetzen. Als weitere Preisträgerin wurde die Journalistin Petra Hielinger für ihr Engagement in der Hospizbewegung ausgezeichnet. Bei allem Erfolg ist der „Seniorenclub“ sicher nicht das, was sich Programmmacher heutzutage unter einer modernen Altensendung vorstellen: Seit 32 Jahren derselbe eher hausbackene Titel und dazu ein Ambiente im traditionell-volkstümlichen Stil. Doch mitleidig dreinschauende Kritiker, die gute Ratschläge erteilen wollen, bringen Kurt Farasin nicht aus der Ruhe: „Der Seniorenclub ist eine österreichische Institution, die mittlerweile Kultstatus hat – nicht nur bei den Alten, sondern auch bei Jugendlichen!“ So sei der Seniorenclub bei der jungen avantgardistischen Eventtheater-Szene regelmäßig Thema. Farasin: „Da gibt es zum Beispiel eine Reihe ‚Der größte Spaß in der Stadt’, wo man allerhand besetzte Genres einfließen lässt. Da ist der ‚Seniorenclub‘ immer wieder vertreten, teilweise auch mit den Moderatoren, die dann dort eingeladen werden. Das sind sehr freche, sehr schrille, sehr schräge Veranstaltungen.“ Auch bei Ö3, dem Pop / Rock-Hörfunksender in Österreich höre man öfters etwas über den Club. Gerade im Morgenradio würden sehr viele Jokes gemacht. „Auch da

Workshops 2 und 6: TV-Sendungen für Ältere

geht es regelmäßig um den ‚Seniorenclub‘,“ berichtet Farasin. Doch Kultstatus hin oder her – auch Kurt Farasin würde dem „Seniorenclub“ gerne ein neues Gesicht geben. Doch bis 1999 scheiterten alle Modernisierungsversuche, weil sie auf heftigen Protest vieler Zuschauer stießen. Der Hauptgrund: Zu den Stamm-Zuschauern gehören im ländlich geprägten Österreich vor allem diejenigen älteren Menschen, die zurückgezogen leben, wenig Sozialkontakte haben und auf das Fernsehen als Verbindung zur Außenwelt angewiesen sind. Sie möchten nicht auf das vertraute Erscheinungsbild des „Seniorenclubs“ verzichten. „Wir haben einen sehr hohen Altersdurchschnitt, 67 Jahre, und jede kleine Veränderung wird heftig kritisiert, in den wenigsten Fäl-

len diskutiert. Wir haben die größten Probleme mit den jüngeren Senioren, die sich eine Sendung in diesem Stil und diesem Aussehen nicht mehr gefallen lassen wollen, im Gegensatz zu den jungen Zuschauern, bei denen die Sendung wiederum besagten Kult-Status besitzt.“ Beim ORF reagiert man auf diese Entwicklung: Man diskutiere bei ORF II, so Kurt Farasin, die Sendung mit neuen Inhalten zu versehen, mit neuen Moderatoren und einer neuen Location. Das Sende-Konzept soll journalistischer ausgerichtet sein und sich mehr mit den Menschen und gesellschaftlichen Veränderungen beschäftigen. Das neue Selbstbewusstsein der älteren Generation soll dabei in den Vordergrund gestellt werden (siehe auch Nachtrag Seite 133).

„Addi’s Stunde“ des WDR: Service-Talk mit Addi Furler Vor allem die sozial aktiven oder auch mit dem fragwürdigen Begriff der „jung gebliebenen“ bezeichneten älteren Zuschauer will dagegen „Addi’s Stunde“ ansprechen. „Addi’s Stunde“ vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) ist seit Januar 1999 im Programm. Davor gab es im WDR-Fernsehen die Sendung „ALTERnativen“ für das Publikum in den gesetzten Jahren. Auch diese Sendung wurde – wie „Addi’s Stunde“ – von der Redakteurin Angelika Plank betreut. Sie stellte ihr neues Magazin auf dem Medienkongress vor. „Addi’s Stunde“ erscheint 14-tägig, freitags von 16.00 bis 17.00 Uhr. Mit dem ehemaligen Sportreporter Addi Furler, 67 Jahre alt, präsentiert ein bekanntes Gesicht Informationen, Unterhaltung und Interviews mit Prominenten. Dass die Sendung nicht nur von älteren Zuschauern gesehen wird, sondern auch von jüngeren, glaubt man anhand eines auf dem Kongress vorgestellten Videoausschnitts: Wenn eine attraktive und energische Barbara Rütting von ihren Natur- und Tierschutz-Projekten berichtet, dann wirkt dies zweifellos auch auf ein jüngeres Publikum, und zwar in zweierlei Hinsicht: Jeder kann sich engagieren, und: Alt und Jung können durchaus gemeinsame Interessen und Ziele haben.

Angelika Plank fasste das redaktionelle Konzept der Sendung so zusammen: „Es ist eine ganz besondere Mischung: Auf der einen Seite Talk mit einem Prominenten, auf der anderen Seite haben wir jede Menge Service-Geschichten in längeren Stücken über sechs, sieben Minuten, wie zum Beispiel das Thema ‚Wildkräuter‘ oder ‚Quigong‘. Das hat im-

Foto: WDR

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Praxis Fernsehen

mer auch was mit unserem Gast zu tun, denn der prominente Gast ist sozusagen neben unserem Moderator Addi Furler die zweite Säule dieser Sendung. Die beiden talken durch die gesamte Sendung und reden über das, was in den einzelnen Beiträgen gezeigt wird. Die Themen werden auch mit dem Gast zum großen Teil entwickelt. Die Art, wie wir das präsentieren, ist eine Mischung aus Service und Unterhaltung.“ Insofern ist „Addi’s Stunde“ ein Beispiel für eine Sendung, die für ältere Menschen produziert wird, aber auf Grund ihrer Aufmachung und Themenauswahl generationenübergreifend wirken soll. Was den Serviceteil betrifft, geht „Addi’s Stunde“ im Vergleich zu anderen Altensendungen neue Wege. Plank: „Da ist zum Beispiel unser Ausgehtipp von einem Zuschauer für alle Zuschauer. Da stellt jemand ein Lokal vor. Das kann ein Varieté sein, das kann eine Kneipe sein, ein Jazzcafé. Derjenige, der das vorstellt, gehört natürlich auch zu unserer Zielgruppe. Das heißt, er ist mindestens 50 Jahre alt. Oder wir haben unsere Kontaktrubrik. Das ist wirklich etwas ganz Besonderes, denn bei uns in ‚Addi’s Stunde‘ hat man die Möglichkeit, wenn man mindestens 50 ist, über eine filmische Kontaktanzeige einen Partner oder eine Partnerin fürs Leben zu suchen.“ Jede Sendung wird übrigens untertitelt. Darüber hinaus können die Zuschauer zusätzliche Informationen sowohl im Internet als auch in einem eigenen Informationsbrief abrufen. „Die Leute, die unsere Sendung sehen, sind in der Regel ziemlich begeistert. Sie finden es toll, dass es so etwas gibt, sie

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Angelika Plank (WDR) und Moderatorin Regine Hebestreit (rechts).

lieben unseren Moderator. Die Einschaltquoten sehen allerdings anders aus: Wir haben einen Durchschnitt von etwa 3,4 Prozent Marktanteil in Nordrhein-Westfalen um diese Zeit am Freitagnachmittag, 16.00 Uhr. Das liegt ungefähr im Durchschnitt des WDR-Fernsehens um diese Zeit. Wir erreichen in absoluten Zahlen im Durchschnitt 60.000 Zuschauer in Nordrhein-Westfalen“, berichtet die WDR-Redakteurin Plank. „Brauchen wir überhaupt Sendungen für ältere Menschen?“ Diese Frage stand während des gesamten Kongresses in Köln im Vordergrund. Ganz akut war sie zu dieser Zeit insbesondere beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB), wo die einzige Zielgruppensendung für Ältere in Ostdeutschland vor dem „Aus“ stand.

Workshops 2 und 6: TV-Sendungen für Ältere

„Aktiv“ vom ORB: Rat und Hilfe für Ältere in Ostdeutschland Siegwart Kluge, Leiter der ORB-Redaktion Bil-

dung und Wissenschaft, stellte anhand eines Beitrags über ein Seniorensportfest in Potsdam die Sendung „Aktiv“ vor. Das Magazin, das bis zu einer Programmänderung ein Mal im Monat (am späten Sonntagnachmittag) ausgestrahlt wurde, befasst sich mit altersspezifischen Themen wie „Rente“, „Betreutes Wohnen“, „Altenheime“ oder „Senioren-Initiativen“. Die von der Schauspielerin Uta Schorn moderierte Sendung leistete in den Jahren nach dem Fall der Mauer Hilfestellung vor allem bei Problemen, die nach der Wende auf ältere Menschen in Ostdeutschland zukamen. Es wurden auch viele Senioren-Aktivitäten aus den neuen Bundesländern vorgestellt, etwa das „Haus der Begegnung“ in Brandenburg oder Initiativen der Volkssolidarität in Eberswalde.

erschien das auf 30 Minuten verkürzte FernsehMagazin nur noch unregelmäßig – und in den Sommermonaten gar nicht mehr.

Von links nach rechts: Moderatorin Christine Voss (WDR), Paisan Suthavarangkul (Nippon Production Service), Siegwart Kluge (ORB).

Das Interesse an der Sendung habe aber im Laufe der Zeit abgenommen, hieß es beim ORB. Zuletzt

AARP-eigener TV-Service: Info-Videos für Fernsehstationen AARP, die amerikanische Vereinigung für ältere Menschen ab 50, ist die weltgrößte Organisation, die die Interessen älterer Menschen vertritt. Sie beschäftigt sich mit Themen wie Gesundheit, soziale Sicherheit, Ruhestandsplanung und -aktivitäten von Älteren und betreibt eine breite Öffentlichkeitsarbeit, darunter auch die Produktion von Fernsehbeiträgen. Gleich zu Beginn seiner Präsentation klärte William Brown, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei AARP, darüber auf, dass der Begriff „retired“ für seine Organisation nicht mehr zutreffend sei, denn schließlich seien 40 Prozent der rund 32 Millionen AARP-Mitglieder noch oder wieder erwerbstätig. Das Mindestalter für eine Mitgliedschaft beträgt 50 Jahre. Wer jünger ist, kann so genanntes assoziiertes Mitglied werden. Es gibt 1.700 fest angestell-

te AARP-Mitarbeiter und darüber hinaus sehr viele ehrenamtliche Helfer. Die AARP-Zentrale ist in Washington D.C. Ziel sei aber, so William Brown, eine zunehmende Dezentralisierung, um mehr Einfluss auf staatlicher und kommunaler Ebene zu gewinnen. Innerhalb der nächsten drei Jahre solle daher in jedem Bundesstaat ein AARP-Büro eingerichtet werden, um die Ehrenamtlichen vor Ort zu unterstützen. AARP sei zwar keine politische Initiative, die eigene Kandidaten aufstelle, die Organisation empfehle Wählern allerdings Kandidaten, die AARP-Positionen vertreten. Zum Thema Fernsehen: AARP produziert die „Maturity Broadcast News“, Info-Videos mit einer Länge von 90 bis 120 Sekunden. Brown: „Diese ‚Video news releases‘ sind für uns ein Vehikel, um über ältere Menschen und Menschen mittleren Alters und ihre Aktivitäten zu berichten. Die Beiträge erscheinen wöchentlich und sind allen Fernsehsta-

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Praxis Fernsehen

ten sehen. 78 Prozent sagen, dass sie sich über lokale TV-Sendungen informieren. Wir versuchen also, unsere Videos sowohl an diesen Zuschauern als auch an den Anforderungen der Leiter und Produzenten dieser lokalen TV-Sender zu orientieren. Inhaltlich steht AARP dabei eher im Hintergrund. Es sollen schließlich keine Werbespots für AARP sein. Ziel ist vielmehr, das Pro und Kontra einer Sache darzustellen. AARP tritt eher mittelbar auf, indem wir Themen bearbeiten, die natürlich auch zum Aufgabenbereich von AARP gehören.“

William Brown (AARP).

tionen in den USA über Satellit zugänglich. Die Sender erhalten eine kurze Vorab-Information über den Inhalt und können die Videosequenzen als InfoClips in ihren Informationssendungen einsetzen.“ Die Resonanz sei gut. Etwa 35 bis 100 Sender würden die Videos abrufen. Damit werde eine Zuschauerzahl von zwei bis zehn Millionen erreicht. William Brown zur Bedeutung dieses Info-Dienstes: „Unsere Recherchen haben gezeigt, dass ältere Fernsehzuschauer vor allem lokale TV-Nachrich-

Bei den auf dem Kongress vorgestellten Beispielen handelte es sich um einen Beitrag über Krafttraining für ältere Frauen und einen Kurzfilm über Schauspielerinnen, die über ihre nachlassenden beruflichen Chancen berichten, sobald die 40 überschritten ist. Eine kritische Anmerkung aus dem Publikum betraf die Situation älterer Migranten, deren Darstellung immer wieder vernachlässigt werde. Vorherrschend seien Bilder und Wertvorstellungen der europäischen und nord-amerikanischen Gesellschaft. William Brown bestätigte diesen Eindruck, wies aber auch darauf hin, dass der Vorstand von AARP bereits angemahnt habe, mit diesem Thema wesentlich sensibler umzugehen.

Das VdK-Magazin: Sozialverband mit eigener Sendung Dass auch der Sozialverband VdK eine eigene Sendung produziert, dürfte den wenigsten Kongressteilnehmern bekannt gewesen sein. Ein Mal wöchentlich wird das „VdK-Magazin“ beim Deutschen Sportfernsehen (DSF) ausgestrahlt. Um „Nachsicht“ bat Michael Pausder, Abteilungsleiter Presse, PR und Neue Medien beim VdK, schließlich handle es sich bei der Sendung um eine Low-Budget-Produktion. Umso mehr überraschte das vorgestellte Sendebeispiel: Ein von der Technik bis zur Moderation professionelles Magazin mit informativen und interessanten Beiträgen. Zielgruppe seien nicht nur ältere Menschen, so Pausder: „Wir sprechen auch jüngere Menschen an, insbesondere chronisch kranke oder behinderte Men-

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schen, nicht sichtbar Behinderte. Unsere Sendung ist keine reine Seniorensendung.“ Trotz aller positiven Urteile über das „VdK-Magazin“ musste sich Michael Pausder aber auch kritische Fragen gefallen lassen: Warum denn ein so auffallend junges Moderatorenpaar durch eine Sendung für vorwiegend ältere Menschen führe? Pausder: „Es ist so, dass schon viele Moderatoren und Talkmaster ‚50 plus‘ sind. Deswegen sehe ich jetzt keine so große Veranlassung, unbedingt ältere Moderatoren einzusetzen. Die Themen und die Inhalte müssen passen.“ Eine Untersuchung zum Alter von Moderatoren und Talkmaster stehe bislang noch aus, wurde im Workshop bemängelt.

Workshops 2 und 6: TV-Sendungen für Ältere

Programm gibt es seit 15 Jahren mit immer wieder wechselnden Namen. Seit 1996 heißt es ‚Life Wise‘. Mittlerweile machen wir nicht nur Sendungen für Ältere, sondern für alle, die mit dem Älterwerden zu tun haben, also mehr generationenübergreifende Themen, wie beispielsweise über erwachsene Kinder.

Michael Pausder (VdK).

Die Moderatoren-Frage beschäftigte viele Kongress-Teilnehmer. Muss tatsächlich ein älterer Moderator durch eine Sendung für ältere Menschen führen? Kann der Einsatz jüngerer Moderatoren nicht auch ein Beitrag zu einem generationenübergreifenden Ansatz sein? Oder entsteht hier eher der Eindruck, dass jüngere Moderatoren eine Sendung für Ältere geestalten und damit vermitteln, dass Ältere nicht mehr in der Lage seien, dies selbst zu tun? Und: Sollte es nicht mittlerweile selbstverständlich sein, bei der Konzeption von Magazinsendungen – für welche Altersgruppe auch immer – überholte Rollenbilder zu vermeiden?

„Life Wise“ von KRMA-TV, USA

Die Sendung ist so aufgebaut, dass ein Moderator mit einen Studiogast diskutiert. Dazwischen kommen kurze Beiträge, Berichte über ältere aktive Zuschauer oder auch Verbraucherinformationen. Unseren Themen reichen von Alzheimer bis Weisheit. Unterhaltung ist natürlich auch dabei. Ziel von ‚Life Wise‘ ist es, Orientierung für ein „erfolgreiches Altern“ zu bieten.“ Das vorgeführte Video-Beispiel zeigt eine elegante Moderatorin, circa 60 Jahre alt. Deutlich wurde dabei: Erfahrungswissen, Ausstrahlung und positive Identifikationsmöglichkeiten für ältere Zuschauer sprechen eindeutig für den Einsatz von Moderatorinnen und Moderatoren, die das Alter der Zielgruppe haben. Was die Themenauswahl angeht, geht die LifeWise-Redaktion ganz systematisch vor. „Wir haben eine Gruppe, bestehend aus Ehrenamtlichen, älteren Menschen, Ärzten oder Sozialarbeitern. Mit denen treffen wir uns zwei Mal im Jahr, und ich

Ein ganz anderes Moderatoren-Konzept als das VdK-Magazin hat die Sendung „Life Wise“ von KRMA-TV, einer Public-TV-Station aus Colorado (USA). KRMA (Knowledge for the Rocky Mountain Region)-TV existiert seit 15 Jahren und ist damit eines der ältesten Bildungsprogramme der Rocky-Mountain-Region. Die Magazinsendung „Life Wise – Wegweiser für erfolgreiches Altern“ bietet Interviews, Informationen und Unterhaltung und richtet sich an ältere Zuschauer über 50 und deren Familien. Es erscheint Sonntagnachmittags und wird am darauf folgenden Montagnachmittag und am darauf folgenden Sonntag um 5 Uhr morgens wiederholt. Truxton Simmons, Produzent und Direktor von

Truxton Simmons (KRMA-TV, USA).

KRMA-TV, zum Konzept von „Life Wise“: „Das

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frage sie: Was ist aktuell? Wir machen dann eine Themenliste. Und glauben Sie mir, die Liste ist länger als die Sendezeit, die uns zur Verfügung steht, um alle Themen unterzubringen.“ Trotz des Erfolgs von „Life Wise“ wurde die Sendung auf einen schlechteren Sendeplatz verbannt: Von 6.30 Uhr am Samstagabend auf 16.00 Uhr am

Sonntagnachmittag. „Das heisst, wir müssen mit den nationalen Football-Spielen konkurrieren“, bedauerte Simmons. Ausschlaggebend für die Verlegung seien finanzielle Gründe. Das Public Broadcasting System sei zwar nicht auf Werbekunden angewiesen, dafür aber auf die (Mitglieds-)Beiträge ihrer Zuschauer.

„Tor Mai Toa“ aus Thailand: Das Thema „Alter“ positiv besetzen Während der Schwerpunkt der vorgestellten Sendungen aus Westeuropa und den USA bei Informationen und Unterhaltung für ältere Menschen liegt, so verfolgt die einzige präsentierte Sendung aus Asien „Tor Mai Toa“ (Das Alte ist nicht alt) ein Konzept, das über die Rolle alter Menschen in der thailändischen Gesellschaft aufklären will. „Alte Menschen haben in Thailand einen eher niedrigen gesellschaftlichen Stellenwert. Sie gehören zu den unterprivilegierten Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen und Bildungsgrad“, so Paisan Suthavarangkul von Nippon Production Service, der die Sendung vorstellte. „Tor Mai Toa“ will zu einem positiven Bild alter Menschen beitragen und die wichtige Rolle, die sie für Familie und Gesellschaft spielen, betonen. Letztendlich würden damit zwei Ziele verfolgt: das Selbstbewusstsein der Alten zu stärken und andere Altersgruppen auf deren Bedeutung hinzuweisen. Dies

geschieht etwa über Porträts alter Menschen. Die vorgeführten Video-Beispiele zeigten beispielsweise Großeltern, die die Erziehung ihrer Enkel übernommen haben, oder eine ältere Frau, die eine gymnastische Übung „erfunden“ hat, um sich selbst von ihren Rückenschmerzen zu befreien. Bei einem anderen Ausschnitt war ein älterer Mann zu sehen, der ein Spielzeugmuseum bei sich zu Hause eingerichtet hat und die Jugendlichen aus der Umgebung zum Besuch einlädt. Auf der einen Seite sei „Tor Mai Toa“ sehr erfolgreich, so Paisan Suthavarangkul. Die Sendung bekam beispielsweise den thailändischen FernsehPreis 1997. „Andererseits verdienen wir mit der Sendung nicht viel Geld. Dies liegt zum einen an der Sendezeit, die freitags relativ früh ist, wenn viele noch arbeiten. Zum anderen sagen Vertreter der Werbeindustrie, dass ältere Menschen nicht genug Kaufkraft besitzen…“

Nachtrag: Drei TV-Sendungen für Ältere abgesetzt Beim Medienkongress „Überhört und übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ gehörten sie noch zu den wenigen Sendungen im deutschen Fernsehen, die sich schwerpunktmäßig an Ältere richteten. Doch inzwischen wurden sowohl „Addi’s Stunde“ vom Westdeutschen Rundfunk als auch die Sendung „Aktiv“ des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg aus dem Programm genommen. Und 3sat setzte den „Seniorenclub“, der

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regelmäßig vom Österreichischen Rundfunk übernommen wurde, ab. Damit gibt es jetzt im deutschen Fernsehen gar keine regelmäßige (Informations-)Sendung für Ältere mehr. Zur Absetzung von „Aktiv“ gab der ORB an, dass das Zuschauerinteresse im Lauf der Zeit abgenommen habe. Obwohl der Fernsehsender vor allem von Zuschauern zwischen 50 und 65 genutzt wer-

Workshops 2 und 6: TV-Sendungen für Ältere

de, habe es keine Proteste von Seiten der Zuschauer gegeben, als die Sendung, die zuletzt nur noch mit großen zeitlichen Abständen erschien, endgültig aus dem Programm genommen wurde, erklärte die ORB-Fernsehdirektion auf Anfrage des KDA. Das Thema „Alter“ und die Sehinteressen Älterer würden jetzt im Sender „generationenübergreifend“ bei der Programmgestaltung und in den meisten Magzinsendungen berücksichtigt. Ähnlich argumentierte auch der Westdeutsche Rundfunk, als er Ende März 2000 „Addi’s Stunde“ zum letzten Mal ausstrahlte. Die Sendung habe bei den Zuschauern in den letzten Jahren immer weniger Akzeptanz gefunden, so WDR-Intendant Fritz Pleitgen. Auf keinem der bisherigen Sendeplätze habe sich das Programm erfolgreich etablieren können. Die einzige „Zielgruppensendung“ für Ältere im WDR-Fernsehen hatte in den letzten drei Jahren nicht nur den Namen (bis Ende 1998 hieß sie noch „ALTERnativen“) und das Konzept gewechselt, sondern auch drei Mal den Sendertermin. Zuletzt war sie auf dem unattraktiven Platz am Freitagnachmittag um 16.00 Uhr gelandet. Werbung gab es dafür kaum. Dass man so keine große Zuschauerresonanz erreichen kann, weiß jeder in der Medienbranche. Trotzdem lag die Sendung am Ende mit ihren Zuschauer-Quoten überraschend gut – und war sogar mehrfach der „Nachmittags-Sieger“ im WDR-Fernsehen. So sahen etwa am 14. Januar 2000 rund 130.000 Zuschauer um 16.00 Uhr „Addi’s Stunde“ zu (Quote: 4,8 Prozent). Die anderen WDR-Sendungen an diesem Nachmittag kamen dagegen nur auf 20.000 bis 100.000 Zuschauer. Die Absetzung der Sendung erfolgte trotz zahlreicher Proteste sowohl von Älteren – auch im Rundfunkrat – als auch von Seniorenorganisationen im Zuge mehrerer WDR-Programmänderungen und Einsparungen, die im Hinblick auf das kommende Regional-TV in Nordrhein-Westfalen erfolgten. Zur Absetzung des „Seniorenclubs“ in 3sat sagte der Leiter der Programmgestaltung, Johannes Dicke: „Zum einen hat die Zuschauerresonanz

nachgelassen, zum anderen gab es auch von verschiedenen Seiten Kritik an der antiquierten und hausbackenen Aufmachung.“ 3sat will jetzt beispielsweise mit einer Dokumentation über alte Juden oder einer Filmreihe zur „Liebe im Alter“ in unregelmäßigen Abständen auf Altersthemen eingehen. Der Österreichische Rundfunk (ORF), der den „Seniorenclub“ produziert, will bald mit einem neuen Namen und neuen Sendekonzept starten. Am 25. Juni 2000 wird die Abschiedssendung des legendären „Seniorenclub“ ausgestrahlt. Nach 32 Jahren – der erste „Seniorenclub“ war 1968 gesendet worden – will man beim ORF auf „geänderte Ansprüche der Seniorengeneration“ eingehen. Während man bei 3sat ganz auf eine spezielle Zielgruppensendung für Ältere verzichtet, will der ORF ab 3. September 2000 ein neues Magazin „für Menschen ab 50“ produzieren und damit den „Seniorenclub weiterentwickeln“. „Vital“ – so der Name des neuen Magazins – wird jeweils sonntags um 17.05 Uhr bei ORF 2 zu sehen sein. In einer ORF-Erklärung heißt es dazu: „‚Vital‘ will durch seine Themen und seine Gestaltung sowohl unterhalten als auch informieren.“ Themen wie Reisen, Konsumentenschutz, Gesundheit und Wellness, der Dialog zwischen Jung und Alt würden von der Redaktion vorbereitet. „‚Vital‘ in die bessere Lebenshälfte“ – lautet das Motto der Sendung. „Mit ‚Vital‘ wollen wir dazu beitragen, das Bild der ‚Fünfzig-Aufwärts-Generation‘ gleichzeitig unterhaltsam und informativ einzufangen“, so ORFProgrammintendantin Kathrin Zechner. Dabei liege ein wichtiges Element des neuen Magazins in der generationenübergreifenden Themenwahl. So soll sich „Vital“ bewusst auch an jüngere Zuschauer wenden. „Wir möchten mit dieser Innovation den Zeitgeist im besten Sinne des Wortes treffen, und die – Gott sei Dank großteils zum Besseren – geänderten Lebensumstände der reiferen Generation überzeugend in einem Magazin abbilden, ohne die immer noch existierenden Schattenseiten des Älterwerdens zu beschönigen“, heißt es dazu beim ORF.

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Praxis Fernsehen

Workshop 9: Service für Hör- und Sehgeschädigte • Hörfilm: Martina Wiemers, Projektleiterin Hörfilm, Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), Deutschland

• Gebärdensprache: Ulrich Timm, Leiter der Planung, PHOENIX-TV, Deutschland • (Internet-)Programminformationen

• Videotext-Untertitelung: Wolfgang Breilmann, Leiter Videotextredaktion, Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), Deutschland • Teletext: Hannes Märk, Stellvertretender Leiter Teletext, Österreichischer Rundfunks (ORF), Österreich

für Blinde:

Georg Berg, Online Center Westdeutscher Rundfunk (WDR), Deutschland Moderation: Dr. Stefan Pohlmann, Leiter der Bonner Geschäftsstelle des Internationalen Jahres der Senioren (IJS)

• Gebärdensprache: Francine Gaudray, Redakteurin Redaktion Sprachen, Bayerischer Rundfunks (BR), Deutschland

Hörfilme – Kino im Kopf erschließt die Welt der Bilder „Die Anzahl Sehbehinderter liegt bei rund einer halben Million. Ungefähr 145.000 Menschen sind dabei vollständig erblindet. Mehr als 70 Prozent der letztgenannten Gruppe haben bereits das 60. Lebensjahr erreicht oder überschritten. Vielfach tritt der Sehverlust erst sehr spät ein. Wie kann man dieser Gruppe auch das Fernsehen als Medium zur Verfügung stellen?“ eröffnete Dr. Stefan Pohlmann, Leiter der Bonner Geschäftsstelle des Internationalen Jahres der Senioren (IJS), den Workshop, der sich mit einer gleich zweifach benachteiligten Gruppe in den Medien beschäftigte: Hör- und sehgeschädigte Senioren. Martina Wiemers vom Deutschen Blinden- und

Sehbehindertenverband (DBSV) stellte eine Möglichkeit vor, die seit 1993 vom DBSV in einem Pro-

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jekt gefördert wird: den Hörfilm. Während Dokumentationen oder Talkshows im Fernsehen sehr gut von Sehgeschädigten auch über das Gehör genossen werden könnten, würden Spielfilme, die stark visuell erzählten, den sehgeschädigten Fernsehnutzer aus der Handlung regelrecht herauskatapultieren – bisher. Doch mit der Idee der Audiodeskription sei eine einfache und effektive Methode in Sicht, um Abhilfe zu schaffen: „Audiodeskription meint dabei, dass das, was sich im Bild abspielt, ins Wort gesetzt und der Tonspur beigefügt wird“, erläuterte Frau Wiemers. Ein Film würde dadurch zu einem Hörfilm. Doch die Technik der Audiodeskription ließe sich beispielsweise auch im Theater oder im Kino zur Anwendung bringen. Zur Veranschaulichung führte Frau Wiemers den Ton der ersten Szene aus dem Film „Der Tod und das Mäd-

Workshop 9: Service für Hör- und Sehgeschädigte

chen“ von Roman Polanski vor, ohne Bildinformation – die Wahrnehmungsebene der Sehgeschädigten [… man hört unterschiedliche Geräusche, die sich schwer in einen Zusammenhang bringen lassen].

der Szene mitbekommen, wie sie sich in eine Abstellkammer setzt, um dort zu essen, ganz allein. Das ist die erste Szene, die diese Figur charakterisiert und die sich ganz sicher nicht vermittelt hätte ohne die zusätzlichen Bildbeschreibungen.“

„Sie werden wahrscheinlich den Strand, das Meer, die Flasche, die entkorkt wird, und das Radio lokalisiert haben, aber die Frage ist, wie sich das alles zusammenfügt und was da nun eigentlich vor sich geht?“

Hörfilme wie dieser würden im deutschen Fernsehen seit 1993 ausgestrahlt, so Frau Wiemers. 1999 wurden etwa 50 lange Spielfilme und knapp 20 Serienfolgen bearbeitet und konnten von jedem Fernsehteilnehmer, der ein Stereofernsehgerät besitzt, auch empfangen werden, denn die Hörfilmtonspuren liegen auf dem zweiten Tonkanal und können durch dessen gezielte Anwahl empfangen werden.

Es folgte die für das ZDF bearbeitete Hörfilmversion, die also auf der Tonspur zusätzliche Bildbeschreibungen enthielt […]. „Ich habe gesehen, dass einige von Ihnen die Augen geschlossen haben, um diesen Effekt über den Ton wohl deutlicher zu haben. Ich denke, diese Szene hat gut gezeigt, dass hier wirklich nur über die Bildbeschreibung sich das vermittelt, was diese Szene ausdrückt: Nämlich in drei Minuten wird sehr knapp die Geschichte einer Frau erzählt, die offenkundig sehr merkwürdig ist, weil wir zum Schluss

Dr. Stefan Pohlmann moderierte den Workshop, im Hintergrund Martina Wiemers.

„Es ist eine sehr beeindruckende und auch sehr einfache Idee, die wie so vieles andere auch aus den USA kommt“, so Martina Wiemers überleitend zur Geschichte des Hörfilms. „Sie wurde in den siebziger Jahren entwickelt von Gregory Frasier, der einen blinden Freund hatte, den er gerne und fasziniert beobachtete, wie der sich von seiner Frau Fernsehen dolmetschen ließ.“ Frasier perfektionierte diese häusliche Technik an der San Francisco State University of Arts und landete damit vor genau zehn Jahren in Europa bei den Filmfestspielen in Cannes und von dort eben auch in Deutschland. „Wir hatten hier vor sechs Jahren, nämlich 1993, den ersten Hörfilm im Fernsehen. Er wurde damals im ZDF ausgestrahlt. Die Entwicklung dieses neuen Mediums wurde maßgeblich mit getragen durch die Blinden-Selbsthilfe, die sich finanziell engagierte, um die ersten Ausstrahlungen im Fernsehen zu realisieren“, erläuterte Martina Wiemers. Das Projekt Hörfilm konzentriere sich derzeit auf verschiedene Aufgaben, um den Hörfilm im deutschen Fernsehen zu etablieren: vor allem über Kontakte zu den einzelnen Sendeanstalten, die Produktion von Hörfilmen und die Ausbildung der Filmbeschreiber, die die Hörfilmmanuskripte texteten. Das Hörfilmangebot steigerte sich auf mittlerweile etwa ein bis zwei Filme pro Woche, was immer noch verschwindend gering ist gegenüber dem Angebot für die sehenden Fernsehteilnehmer. Auch die Kosten, um aus einem Film einen Hörfilm zu machen, bewegten sich im Promillebereich seiner

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Praxis Fernsehen

und Sehschwächen gehören zu den sehr gängigen Alterserscheinungen, unter denen viele Menschen leiden, denn diese haben ein Recht auf kulturelle Teilhabe – auch im Alter noch. Danke schön!“

Fragen und Diskussion:

Ein Filmbeschreiberteam in der Ausbildung. Audiodeskription wird stets unter Mitwirkung eines blinden Bildbeschreibers getextet.

Produktionskosten. Mit einem relativ geringen finanziellem Aufwand könnte man also einer großen Gruppe von Fernsehteilnehmern sehr viel mehr Freude an diesem Medium bringen. Ihren Redebeitrag schloss Martina Wiemers mit einem Ausblick zu den Perspektiven des Mediums Hörfilm. „Wir können im Moment nur Monoproduktionen bearbeiten, weil die zweite Tonspur benötigt wird für die zusätzlichen Bildbeschreibungen. Das heißt, dass ein Film wie „Der Tod und das Mädchen“ zurückkopiert werden muss in eine Monoversion, damit der zweite Tonkanal frei ist für die Zweikanalton-Ausstrahlung, in der die Ausstrahlung dann erfolgt. Grundsätzlich bessere Möglichkeiten werden wir unter digitalen Sendebedingungen haben. Es stehen dann insgesamt acht Tonspuren zur Verfügung, von denen eine für die Hörfilme reserviert wird. Diese Technik benutzen wir bereits heute, bei der Produktion von DVDs (Digital Versatile Disc) – also dem digitalen Folgemedium der Videokassette – die ebenfalls über eine größere Anzahl von Tonspuren verfügt, so dass man bei diesem Kaufmedium Hörfilmtonspuren anbringen kann. Ich denke, dass das Medium Hörfilm sich weiter etablieren muss, denn der Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird weiter steigen,

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Ein Workshopteilnehmer wollte wissen, ob das neue Medium DVD immer auch hörfilmtauglich ist. Martina Wiemers bestätigte dies. DVDs enthielten in der Regel die Originalversion, die synchronisierte Version und eine größere Anzahl von Untertiteln für Taubstumme. Sie verwies auf „La Strada“ von Fellini und „Der dritte Mann“ von Carol Read, die als DVDs ab November (1999) in den Handel kommen würden und u. a. Hörfilmtonspuren enthielten. Ein weiterer Teilnehmer interessierte sich für die Kriterien, nach denen entschieden würde, welche Filme als Hörfilm dargestellt werden. Ein wichtiger Aspekt sei die Überlegung, ob man einen Film auf Mono zurückkopieren könne, so Martina Wiemers. Demgegenüber gebe es ein Problem bei den großen Sendeanstalten, wenn es um interessante Sendeplätze ginge. Da sich immer mehr Fernsehteilnehmer kostspielige Dolby-Surround-Anlagen kaufen würden, ärgerten sie sich natürlich darüber, wenn sie mit einer Monotonspur konfrontiert würden, wodurch die Ängste bei den Sendern gegenüber Hörfilmproduktionen im Moment noch sehr groß seien. Ein Problem, dass erst durch den Einsatz von digitalen Medien gelöst werden könne. Die rund 50 Filme im Jahr selbst würden nach dem Kriterium ausgewählt, ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Dabei konzentriere man sich auf Klassiker und auf die großen Quotenflaggschiffe wie etwa den „Tatort“. Eher an Senioren gerichtet seien Klassiker wie „Die große Freiheit Nr. 7“ oder „Der Hauptmann von Köpenick“, der gerade erst vom Bayerischen Rundfunk produziert worden sei, aber auch große Kinoerfolge wie z. B. „Antonias Welt“ hätten realisiert werden können. Auch versuche man sich an ungewöhnlicheren Filmsparten, wie z. B. der Musikdokumentation „Buena

Workshop 9: Service für Hör- und Sehgeschädigte

Vista Social Club“ von Wim Wenders, der zur Berlinale bearbeitet worden sei oder dem Kinderfilm „Pünktchen und Anton“ von Caroline Link. Ein Teilnehmer wollte wissen, ob die originale Tonspur beim Hörfilm verändert werden müsse. „Die Tonspur wird an einigen Stellen heruntergepegelt, wenn wir akustischen Freiraum brauchen für die Bildbeschreibungen“, entgegnete Martina Wiemers. Insofern würde geringfügig in die Tonspur eingegriffen, denn man bliebe natürlich auch immer synchron zum Bild. „Ich habe Ihnen jetzt kein Bild vorgeführt, obwohl das natürlich gerade bei Sehenden immer gut ankommt. Sie gleichen dann gerne die Beschreibung mit dem Bild ab und denken: Hähä, da fehlt aber noch was.“ Es gehe im Medium Fernsehen ja auch darum, dass Menschen, denen der Zugang zum Bild jetzt verwehrt sei, zusammen mit Familie oder Freunden auch weiterhin am Fernsehen teilhaben könnten.

Blinde könnten sich dann über einen speziellen Audioausgang einen Knopf ins Ohr hängen und haben die Beschreibungen, während die anderen den „Tatort“ wie gewohnt gucken könnten. Nachher rede man über das, was alle – jeder auf seine Weise – gesehen und gehört hätten. Nach Hörfilmen auf Video erkundigte sich ein weiterer Teilnehmer. Martina Wiemers verwies hierbei auf Hörfilmvideos, die ausgeliehen werden könnten, wie beispielsweise in der Berliner Hörbücherei. Auf eine zentrale Forderung angesprochen, wie man blinde und sehbehinderte Senioren auch in Zukunft stärker einbinden könne, resümierte Martina Wiemers: „Der Anteil an Hörfilmen in den Programmen ist kontinuierlich zu erweitern, und zwar von allen Sendern, sowohl von öffentlichrechtlichen als auch von privaten. Alle haben sich zu engagieren, so dass wir den Anteil an Hörfilmen am Gesamtprogramm in eine akzeptable Höhe schrauben können.“

Videotext und Untertitelung – wenn Augen die Ohren ersetzen In Deutschland leben zurzeit ca. 80.000 Gehörlose und ungefähr 100.000 hochgradig Schwerhörige, rund 17.500 davon sind Senioren.* Auch für diese große Gruppe gibt es Lösungsansätze, damit ihnen der Zugang zum Medium Fernsehen nicht verschlossen bleibt. Wolfgang Breilmann von der federführenden ZDF-Redaktion „Videotext und Untertitelung“ sowie zuständig für den Aufbau des Fernsehtextes bei PHOENIX referierte über sein Arbeitsfeld: „Ich darf vorab sagen, dass ich mich darüber gefreut habe, dass das Kuratorium die VideotextUntertitel für diesen Kongress entdeckt hat, denn ich finde, dass dieser Dienst hierzulande noch bei * Anmerkung: Die Zahl der Hörgeschädigten ist wesentlich höher, wenn man auch Menschen mit leichteren Hörschäden berücksichtigt – siehe Diskussion Frau Petsch.

weitem nicht die Beachtung gefunden hat, die er verdient hätte. Aber wenn ich mich jetzt in der Runde umschaue, dann haben wir auch ein symptomatisches Bild unserer Situation: Wir haben fast mehr Referenten als Interessenten oder Zuschauer“, eröffnete Wolfgang Breilmann. Bezogen auf den Titel des Kongresses „Überhört und übersehen“ könne er bestätigen, dass aus der Sicht seiner Arbeit Senioren als Klientel – also Zuschauer – genauso wichtig genommen würden wie jede andere Altersgruppe auch. Eine Zielgruppenorientierung ergebe sich allenfalls durch den Sendebeitrag als solchen. Würden Sendungen wie „Wunderbare Welt Terra X“, „Derrick“, „Rosamunde“ oder „Die Reportage“ untertitelt, fänden natürlich auch altersunterschiedliche Interessenlagen eine fließende Berücksichtigung. Über Nutzung, Verständlichkeit und Bedürfnisse im Bereich der Videotext-Untertitelung gebe es bis-

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her keine Erhebungen und somit keine konkreten Zahlen und Hintergründe. Erschwerend komme hinzu das begrenzte Sprachverständnis speziell der Gehörlosen auf der einen Seite und die Wünsche nach mehr und detaillierten Textinformationen der erst im fortgeschrittenen Alter Schwerhörig- oder Taubgewordenen auf der anderen Seite. Doch entscheidend sei – wie meistens – der finanzielle Aufwand, so Wolfgang Breilmann: „Zugegeben, unser Unvermögen – und das trifft das ZDF genauso wie auch die ARD – besteht darin, dass wir eben nicht alle Altersgruppen so bedienen können, wie sie es gerne hätten. Es gibt die Unterschiede in der Sprachkompetenz. Und wir müssen Untertitel für die Gesamtheit der Hörbehinderten erstellen und wissen, dass es den oder die Hörbehinderten nicht gibt. Hinter der Provokation „Überhört und übersehen“ oder der Anklage steht für mich die Frage: Wie ernst nehmen wir die Zuschauergruppe, die mit einer Hörbehinderung oder Gehörlosigkeit leben muss? Die Aufgabenstellung für das ZDF ist klar umrissen. Wir fühlen uns verpflichtet, Hörgeschädigte mit Information und Unterhaltung zu bedienen. Mit dieser plakativen Beschreibung wäre im Grunde genommen alles gesagt, doch daraus hat sich im Laufe von nunmehr 18 Jahren für die Macher wie für die Zielgruppe ein ganz besonderer Dialog entwickelt, der es verdient, als praktisch gelebte mediale Integrationsform bezeichnet zu werden. Wir haben gelernt zu verstehen, vor allem dass Mitmenschen mit einer Behinderung – einem Handicap – keine Sonderbehandlung, keine Sonderprogramme wollen. Sie wollen im Alltag, am Arbeitsplatz und eben auch beim Fernsehprogramm wie Nichtbehinderte behandelt werden. Informationen und Unterhaltung für Hörgeschädigte verstehbar zu machen bedeutet, sie müssen unterstützt durch Schrift, Gebärden- oder Lautsprache präsentiert werden. Bezogen auf die Videotext-Untertitelung wird das auch im Prinzip geleistet, von uns übrigens mit einer dialogisierten Sprache in Schriftform!“ Weiterhin ging Wolfgang Breilmann auf das Problem ein, die Menge der redaktionellen Beiträge zu

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bearbeiten. Vor allem die so genannte Live-Fähigkeit, also die sofortige Erstellung von Beiträgen, sei sehr schwierig, da auch immer kürzer werdende Redaktionsschlusszeiten und die Klärung von Rechtefragen zu bewältigen seien. Gerade lange angekündigte Sendebeiträge, für die kräftig die Werbetrommeln gerührt würden, Highlights, speziell auch Reportagen und Dokumentationen, würden erst kurz vor Sendetermin fertig gestellt. Die Sendebeiträge aktueller Nachrichten oder Magazinsendungen kämen in hohem Maße auf den letzten Drücker, oft als Live-Einspielungen. Dabei hätte man gar keine Chance, eine ordentliche, verständliche, synchron laufende Untertitelung vorzunehmen. Meistens könne man also nur mit timecodegestützten Videokassetten arbeiten, um eine Untertitelung zu erstellen. Weil aber eine verständliche Videotext-Untertitelung für viele eben der Schlüssel zum Fernsehen und zu Informationen sei, hoffe man auf neue technische Hilfestellungen. „Alles zu untertiteln auf Kosten der Verstehbarkeit wäre fatal und würde als reine Pflichtübung verstanden werden und wäre auch kein Genuss mehr“, so Wolfgang Breilmann. Eine gewisse Kompensation sei da der Videotext, der mit seinen Nachrichten, seiner Beraterfunktion und seinen Programmerläuterungen zuweilen sogar eine wichtigere Aufgabe für gehörlose, ertaubte oder schwerhörige Menschen habe, denn diese Informationen seien rund um die Uhr verfügbar. „Bei aller Anerkennung, die uns beinahe täglich von den Hörbehinderten erreicht, erleben wir aber auch Beschimpfungen, wenn es mal zu einer technischen Panne gekommen ist, die Untertitel zu spät gestartet wurden oder sogar ganz ausgefallen sind, gibt es diesen Makel: Obwohl immer wieder gefordert, können wir nicht alles untertiteln. Unsere Defizite, wie z. B. die Untertitelung von Reportagen, sind uns durchaus bewusst.“ Mit 37.000 Minuten Untertitelung 1998 nahm das ZDF die Spitzenposition ein und steigerte das Volumen der untertitelten Beiträge gegenüber dem Vorjahr um 37 Prozent. Da ein Autor am Tag etwa 15 Minuten untertiteln kann (die dann immer noch nicht sendefertig sind), bedeute dies etwa 2.500 Ar-

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beitstage. Die Qualität der Untertitelung hänge vor allem vom Autor ab, erläuterte Breilmann. „Unsere Autoren müssen sich in die Verständniswelt der von Gehörlosigkeit betroffenen Zuschauer hineindenken; sie übersetzen quasi gesprochene Dialoge, Kommentare und sonstige Texte und fügen sie passend zu den laufenden Bildern ein. Denn O-Töne, das Interview, Monologe und Dialoge könnten nicht einfach 1 : 1 übernommen werden. Zusätzlich müsse auf eine ausreichende sprachliche Darstellung, auf einen konstanten Einblendrhythmus, auf eine genügend lange Standzeit, auf abgeschlossene Sätze und auf die Anordnung am Bildrand (und nicht dort, wo es stört) geachtet werden. „Unsere Kunden haben dann noch die Möglichkeit, durch einen Tastendruck die Schrift in doppelter Höhe einzublenden, und das dann alles über die Tafel 150 im Videotext.“ Eine Kosten-Nutzen-Bilanz gibt es allerdings nicht, da keine Quoten ermittelt werden. Wolfgang Breilmann: „Auch wenn die Videotext-Untertitelung eine Domäne der Öffentlichen-Rechtlichen ist – die kommerziellen Sender verweigern sich ja hierzulande diesem Zusatzdienst*, vielleicht weil nur Minderheiten bedient werden und die Videotext-Untertitelung ein recht personalintensiver, technisch und produktionell aufwendiger Dienst ist –, können wir doch mit Quoten nicht dienen. Es gibt keine Messdaten, da die GFK-Fernsehforschung nur das allgemeine Fernsehverhalten ermittelt. Vielleicht ist es auch ganz gut so, denn es könnte daraus die Gefahr erwachsen, dass man eine vielleicht populistisch ausgerichtete Untertitelung vornimmt nach dem Motto: Nur was Quote bringt, wird untertitelt.“

* Anmerkung: seit 23. April 2000 untertitelt als erster kommerzieller Sender Pro Sieben vorerst den Samstagabend Spielfilm um 20.15 Uhr. Pro Sieben plant das Angebot auszubauen und vor allem am Wochenende so viel Programm wie möglich zu untertiteln. Da die Kosten überwiegend über Sponsoring refinanziert werden müssen, hofft man bei Pro Sieben mehr Partner aus der Werbewirtschaft zu gewinnen (… diese Untertitelung wird ihnen präsentiert von …), die, wie in den USA schon üblich, auch mit untertitelten Werbespots eine zusätzliche bedeutende Käuferschicht erreichen könnten.

Wolfgang Breilmann (links) und Martina Wiemers (Mitte) referierten über Videotext-Untertitelung und Hörfilme.

Zusammenfassend stellte Breilmann noch einmal klar, dass Videotext und Untertitelung die Bildund Sprachinformation verstehbar machen soll, unabhängig vom Altersprofil, ohne zu bevormunden und ohne Zensur. „Heißt es in einem Sendebeitrag ‚Idiot‘, dann steht da auch ‚Idiot‘ oder dieses andere Wort, das auch in diesem Fall immer sehr gern bemüht wird“, bekräftigte Wolfgang Breilmann. Sprachvereinfachung sei ein Resultat aus dem Dialog von Zuschauerschaft, dem Gehörlosenbund und Fachlehrern. „Nach meinen Beobachtungen steckt hinter der einfachen Untertitelsprache auch für hörende Zuschauer ein zunehmender Reiz. Bei der Informationsübersättigung, der Reizüberflutung entdeckt der eine oder andere die wohltuende Wirkung einfacher Sprache. Wer es von Ihnen noch nicht erlebt hat, der sollte es vielleicht mal probieren. Also auch Untertitel können für hörende Adressaten durchaus ein Gewinn sein.“ Es schloss sich in der Referentenreihe direkt Hannes Märk, der stellvertretende Leiter Teletext des Österreichischen Rundfunks (ORF), an: „Ich bedanke mich zuerst für die Einladung und bedanke mich ganz besonders für den charmanten Titel ‚größter Untertitelanbieter im deutschsprachi-

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gen Raum‘. Das sind wir Gott sei Dank noch und möchten das noch weit mehr werden. Wenn ich aber dann z. B. nach Großbritannien oder nach Holland schaue, wo 50 und mehr Prozent des Gesamt-TV-Outputs untertitelt sind, dann sieht das schon wieder ganz anders aus. Wir sind bei ungefähr 12 Prozent. Das bedeutet 160 Stunden Fernsehprogramm pro Monat mit Untertiteln. Nur ist die Situation in Holland oder in England natürlich ganz anders. Die Engländer werden per Gesetz dazu gezwungen, mehr zu untertiteln, von Jahr zu Jahr mehr; und die Holländer bekommen das ganze Geld, das sie für Untertitelung ausgeben müssen, von der Regierung. Wenn ich in einem von diesen beiden Ländern wäre, würde ich jetzt hier auch von 60 oder 70 Prozent Untertiteln sprechen können – das kann ich nicht“, rückte Hannes Märk die Relationen in Europa zurecht und zeigte zugleich die noch bescheidende Rolle Deutschlands auf. Ähnlich wie in Deutschland gelinge es auch den österreichischen Interessensverbänden nicht, eine Lobby im Parlament zu schaffen, so dass es keine Quotierung gebe, wie viel vom ORF untertitelt werden müsste. Der ORF hielt dem auch entgegen, dass nicht alle Versäumnisse, die von der Gesellschaft gemacht würden, mit öffentlich-rechtlichem Fernsehen auszubügeln und zu verbessern seien. Wenn es Auflagen gäbe, würde das Angebot sicher verbessert. Im Dezember 1980 wurde in Österreich mit der Untertitelung einer wöchentlichen Servicesendung des ORF begonnen. Später seien mehr Unterhaltungslemente dazugekommen wie „Tatort“, andere Krimis oder Spielfilme. Die Gehörlosen und Hörbehinderten äußerten schließlich ganz massiv den Wunsch nach mehr Information, da die Zeitungen zum Teil zu kompliziert geschrieben seien und Radio ausfiel. Infolge dessen wurden schrittweise die ganzen politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Magazine untertitelt, bis man sich 1985 endlich getraut habe, auch eine tägliche Nachrichtensendung zu produzieren. Bei den letzten Nationalratswahlen hätte man sogar drei Stunden Live-Berichterstattung untertitelt. Allerdings mit erheblichem personellem Aufwand – Teams von zwei Journalisten und zwei Schnellschreibern,

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die, sobald Ermüdungserscheinungen auftraten, einen fliegenden Wechsel vollzogen hätten. Ein nicht billiges, aber bis jetzt effizientes System sei diese Kombination aus einem Journalisten und einem Schnellschreiber pro Tag. „Letztere sind Leute, die früher bei Maschinenschreibwettbewerben mitgemacht haben, also wahre Verrückte im besten Sinn, die das als sportliche Herausforderung sehen. Ohne sie kommen wir nicht aus. Dazu noch eine Assistentin, einen Assistenten, die von Redakteur zu Redakteur laufen oder von Schneideraum zu Schneideraum, um O-Ton-Beispiele, Interviews etc. beizuschaffen. Diese Schnellschreiber kommen ungefähr eine Dreiviertelstunde vor Beginn der Sendung. Das ist bei uns die Hauptabendzeit im Bild, sprich 19.30 Uhr. Der Journalist, die Journalistin sitzt vor dem Fernsehgerät, hört zu, denkt laut in hoffentlich einfachen und nicht zu verschachtelten Sätzen, der Schnellschreiber schreibt mit und gibt es mit einer sicher geringen Verzögerung oft auf den Schirm. Das funktioniert bis jetzt ganz gut. Wir haben die Betroffenen davon informiert, dass das wahrscheinlich an keinem Tag wirklich perfekt sein kann“, berichtete Hannes Märk. Als man schließlich die Informationssendungen gut im Griff hatte, kam die Zeit, als der ORF rund um die Uhr sendete und somit mehr und mehr Spielfilme ausstrahlte. Nun verspürte die Klientel ein Defizit bei der Spielfilmuntertitelung, der man auch nachgekommen sei. „Endlos weit wird es nicht gehen mit der Untertitelung, aus finanziellen Gründen. Es sei denn, die Betroffenen schaffen es tatsächlich, über Medien oder über Regierung sich eine Lobby und Unterstützung zu schaffen“, prognostizierte Hannes Märk. Die Programmplanung versuche laut Hannes Märk alle Highlights aus dem ORF-Programm zu untertiteln, von Kindersendungen bis hin zu einer Zielgruppensendung für ältere Menschen wie den „Seniorenclub“, der wöchentlich gesendet werde. Ebenso wie Spielfilme und Serien, deren integrative Funktion am stärksten sei, also bei denen der Zuschauer das Gefühl habe „das muss ich sehen, da-

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mit ich mitreden kann in der Familie und am Arbeitsplatz“. Man gerate mit den Fertigstellungsterminen auch nicht so unter Zeitdruck wie beispielsweise beim ZDF, da beim ORF als kleiner Sender die Produzenten und die Untertitelproduzenten einander relativ nahe seien, berichtete Hannes Märk. „Man kann über zwei Gänge und kann jemanden beknieen und sagen: ‚Bitte beeilt euch, denn sonst schaffen wir das nicht mehr! Oder gib mir vorher den Text, obwohl er noch nicht vom Chef abgesegnet ist!‘ Das geht mit der Kommunikation bei uns klarerweise viel besser, weil alles in einem Gebäude ist und man die meisten Leute natürlich auch kennt“, so Märk. Ebenso funktioniere in Österreich offensichtlich die Kommunikation mit den Betroffenen besser, weil das Land überschaubar sei. „Wenn ich eine Woche lang durch Österreich fahre und jeden großen Verein in den Bundesländern bitte, mir einen Termin zu geben, dass ich dorthin kommen kann, mich den Fragen stellen kann, den Beschwerden, dann kenne ich innerhalb einer Woche 30 bis 40 Prozent zumindest der organisierten Gehörlosen persönlich“, untermauerte Hannes Märk. Das erleichtere nicht nur vieles, sondern sei auch kostensparend, da zusätzliche Untersuchungen entfielen und dieses Geld wiederum der Untertitelung zugute käme. Neben den persönlichen Kontakten gäbe es auch Umfragen über Teletext wie beispielsweise über eine ständig aktualisierte

elektronische Zeitung für die Hörbehinderten. Über so erzielte Aussagen würde ein Ranking erstellt, welche Sendung jetzt unbedingt dazu kommen müsse, wenn das Geld dazu da sei. Eine weiterer Aspekt, über den Hannes Märk aus Österreich berichten konnte, war die Situation der Gebärdensprache in der Alpenrepublik (siehe auch Kapitel Gebärdensprache), „mit der ich nicht unmittelbar zu tun habe, aber am Rande doch, weil ich irgendwo den Stempel habe, wenn es um Gehörlose geht beim ORF, dann kommt alles zu mir auf den Tisch“, leitete Märk den zweiten Teil seines Vortrags ein. Auf Wunsch der Gehörlosen habe sich die Version „Moderation mit Gebärde und Beiträge nur mit Untertiteln“ etabliert, so Märk. Parallel zur sprechenden Moderatorin stehe ähnlich groß vom Bild her eine Gebärdensprachdolmetscherin und übersetze die Moderation in Gebärdensprache. Während die Filmzuspielungen ausschließlich mit Untertiteln seien, gebe es aber auch Teletextuntertitel zur Moderation. Die Sendungsverantwortlichen würden zurzeit eine Art Sympathieaktion für Gebärdensprache im österreichischen Fernsehen planen – eine Art Gebärdenquiz nach der Idee von „Dingsda“. „Es geht um einen komplizierten oder auch weniger komplizierten Begriff, der umschrieben werden muss. In die-

Nur wenige Senioren beherrschen die Gebärdensprache – meistens nur die, die von Geburt an gehörlos sind. (Aus einem Beitrag von „Sehen statt hören“ des BR)

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sem Fall gibt es eine gehörlose Mutter, die einen sehr pfiffigen hörenden fünfjährigen Sohn hat. Der Plan ist so: Die gehörlose Mutter bringt einen schönen Begriff in der Gebärde wie „Blattsalat“ oder „Schneegestöber“, und der Bub umschreibt das auf seine sehr witzige, etwas mit Wiener Schmäh unterlegte Art – wir haben das probiert –, und dann wird die Gebärde wiederholt, und dann wird der Begriff eingeblendet etc. Das kann natürlich nicht ein Gebärdensprachkurs sein, das kann das nicht bringen. Aber das könnte einmal in der Woche so ein paar Minuten in einer großen Nachmittagssendung stattfinden, die übrigens auch von der Zielgruppe her hauptsächlich ältere Menschen anspricht – das ist „Willkommen Österreich“, zwei Stunden jeden Tag mit sehr viel Service und eher nationalen Berichten und auch aus den Landesstudios. Das könnte einfach die Gebärdensprache salonfähig machen“, allerdings schränkte Hannes Märk die Zukunft der Gebärdensprache im österreichichen Fernsehen gleich wieder ein. Denn der Plan, die zweite wichtige Nachrichtensendung um 22 Uhr, die auf 3 SAT parallel ausgestrahlt würde, in eine Version mit Gebärdensprache umzuwandeln, stoße bei den Partnern ARD, ZDF und SRG bei 3 SAT wohl nicht auf viel Gegenliebe.

Fragen und Diskussion: Brigitte Petsch, selbst betroffene Hörgeschädigte und Preisträgerin des USable-Wettbewerb 99 der Körberstiftung, Deutschland, zweifelte zunächst die statistischen Zahlen von 80.000 Gehörlosen und 16.000 Hörgeschädigten in Deutschland an, die vom Deutschen Gehörlosenbund stammen. Ihres Wissens gebe es ungefähr 14 Millionen Hörgeschädigte in Deutschland, wovon ein Teil gehörlos sei und davon ein großer Teil Leute, die schlecht hören würden und Hörgeräte hätten, worunter eben auch viele ältere Leute seien. Bezüglich der Untertitel berichtete Frau Petsch von der Situation in Amerika, die sie durch mehrmalige Aufenthalte dort kennen gelernt hatte. In den Staa-

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ten würde alles, sogar die Werbesendungen, untertitelt. Die Fernsehmacher dort würden den Hörgeschädigten selbst überlassen zu entscheiden, welche Informationen sie haben wollen bzw. was sie wichtig finden. Demgegenüber würde in Deutschland lediglich die „Tagesschau“ zwei Mal am Tag untertitelt, einmal nachmittags und einmal abends um 20.00 Uhr, zusätzlich regelmäßig der „Tatort“ und die „Lindenstraße“. Ihres Wissens sei das so ziemlich alles, bei den Öffentlich-Rechtlichen, während die Privatsender leider überhaupt gar keine Untertitel anböten. Da es von der Technik her offensichtlich keine großen Probleme gebe, wie Amerika zeige, könne sie die deutsche Situation nicht verstehen. Jeder Fernsehapparat nach 1993 in den USA habe einen eingebauten Chip oder Decoder, damit jedem ohne Zusatzgeräte ermöglicht werde, Videotext zu sehen – auch in Deutschland gebe es mittlerweile kaum noch Fernsehgeräte, mit denen man keinen Videotext empfangen könne. Als „heißes Eisen“ bezeichnete Brigitte Petsch die Auswahl des Sprachstils bei der Untertitelung, da es Unterschiede im Verständnis zwischen Gehörlosen und zwischen Hörgeschädigten gebe. Ein ganz normales Durchschnittsdeutsch verstehe aber so ziemlich jeder. Über die DVD-Technik würden zurzeit Spielfilme in Fremdsprachen sowie in drei verschiedenen Sprachstilen untertitelt, unter denen man auswählen könne: vom leichten über den mittleren bis hin zum hoch intellektuellen Sprachstil. Genügend Beispiele, laut Frau Petsch, die die Machbarkeit der Untertitelung belegten, weshalb sie die Situation im Deutschen Fernsehen nicht verstehen könne. Sie wisse zwar von den Finanzierungsproblemen, hielt dem aber entgegen, dass in anderen europäischen Staaten wie z. B. England, Frankreich, Holland, Dänemark, Italien, Spanien Gesetze bestünden, die vorgeben, wie viel Prozent der Fernsehsendungen untertitelt werden müssten. Deren Finanzierung sei teilweise wahrscheinlich durch Regierungsprojekte gesichert. Zudem gebe es bestimmt auch über die Europäische Union Möglichkeiten, Projekte zu finanzieren. Frau Petsch wies noch einmal darauf hin, dass sie zu der

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Masse von 14 Millionen Hörgeschädigten gehöre und sie, da sie meistens nicht verstehe, selten Fernsehen schaue. „Ich würde gerne auch mal wissenschaftliche Sendungen angucken, nicht nur Nachrichten um 18 Uhr“, schloss Brigitte Petsch. Wolfgang Breilmann vom ZDF erwiderte: „Also ich kann sagen, das, was Sie dort für sich festgestellt haben, ist sicherlich alles richtig. Es ist sicherlich aber auch ebenso gut sehr vieles verkehrt davon.“ Frau Petsch bat um ein langsameres Antworttempo, da sie ihn nicht verstehen könne. „Ja, will ich gerne tun“, bestätigte Wolfgang Breilmann und ging zunächst auf die technische Komponente ein. „Dass diese so ist, wie sie ist, das können wir nicht beeinflussen, jedenfalls nicht mehr jetzt, weil dieser Prozess der Erstellung von Untertitelung ein sehr langwieriger war“, so Breilmann. Auch wenn man zunächst beim bestehenden Konzept bliebe, bedeute dies schließlich nicht, dass man als Macher nicht nach besseren technischen Innovationen Ausschau hielte. Was allerdings in diesem Zusammenhang die Menge der untertitelten Sendungen beim ARDund ZDF-Programm anginge, sei sie im Unrecht. „Ich behaupte mal, niemand von den Betroffenen wäre auch nur annähernd im Stande, das zu konsumieren, was wir insgesamt täglich auf den Schirm bringen. Das sind übers Jahr gesehen – und jetzt nehme ich nicht mal die Kollegen aus dem deutschsprachigen Raum vom ORF noch mit ins Boot, denn auch dort gibt es ja über Kabel diese Möglichkeit – am Tag zehn Stunden“, widersprach Wolfgang Breilmann. Neben den aktuellen Nachrichtensendungen würden eben nicht nur Spielfilme untertitelt, was man als Bevormundung der Klientel verstehen könne, sondern auch Dokumentationen und andere Staffeln oder Serien. Die Auswahl untertitelter Sendungen sei mittlerweile so hoch, dass die Hörbehinderten wiederum aus dem Angebot gezielt auswählen könnten, denn das gesamte Programm sei ohnehin zu groß. Betroffen reagierte Wolfgang Breilmann auf die Aussage von Brigitte Petsch, dass man ein Durchschnittsdeutsch einfach als Schriftsprache für die

Untertitelung nehmen solle. Dies zeuge nicht davon, dass sie sich mit den Bedürfnissen der Betroffenen intensiv auseinander gesetzt habe. Studien und Reflexionen mit den Betroffenen hätten ihm gezeigt, dass das Sprachniveau der Betroffenen sehr hoch sei. Wenn man von etwa 100.000 Gehörlosen in Deutschland ausginge, könne man darauf schließen, dass etwa die gleich große Zahl an Menschen die Gebärdensprache beherrsche, so Breilmann weiter. Nun müsse man sich fragen, an welcher Gruppe sich die Untertitelung orientieren solle? Solle man sich also auf die Gruppe der Gehörlosen beschränken, für die es im Prinzip als Urgedanke gedacht war, so würde der übrige Kreis von 2,5 Millionen bis zehn Millionen, die mit einem Hörgerät versorgt und ebenfalls potenzielle Nutzer von Untertiteln seien, ausgeschlossen werden. Die schwierige Entscheidung, beide zu bedienen, sei schließlich auch ein bisschen unter dem sozialen Aspekt und auch unter dem Begriff der Nächstenliebe zu verstehen, nicht eine Gruppe auszugrenzen, die ansonsten keine andere Zugangsmöglichkeit zum Fernsehen hat. Noch einmal betonte Breilmann, sei der Sprachstil natürlich um eine einfache Sprache bemüht, keines Falls aber sei die Sprache primitiv. So könne eben auch der Professor, der im Laufe des Lebens schwerhörig gewor-

Brigitte Petsch bereicherte als selbst betroffene Hörgeschädigte die Diskussionsrunde.

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den ist, auf diesen Service zurückgreifen. Alles zu untertiteln, sei erstens technisch gesehen einfach nicht möglich, und zweitens könne diese Masse nur noch 1 : 1 untertitelt werden nach dem Motto: „Gebt uns die Manuskripte, die werden einfach abgetippt, und dann kommen sie zeitsynchron da drauf.“ An eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung in die Verständniswelt der Klienten sei so nicht zu denken.

Hier unterbrach Dr. Pohlmann die Diskussion, um auch den weiteren Referenten auf Grund der fortgeschrittenen Zeit Gelegenheit für ihre Beiträge zu geben und gab Francine Gaudray von der Redaktion Sprachen des Bayerischen Rundfunks das Wort.

Gebärdensprache – ein langer, schwieriger Prozess an allen Fronten Zunächst bezog sich Francine Gaudray auf den Vortrag von Martina Wiemers: „Sie hat nämlich gleich einen Ausdruck gebraucht, den ich nicht leiden kann und nicht mehr ertragen kann. Sie hat von Taubstummen gesprochen. Ich bin noch geprägt von dem 68er Bewusstsein, dass Sprache eben Bewusstsein prägt. Wenn weiterhin in dieser Gesellschaft von Taubstummen geredet wird, wird jeder eigentlich glauben: Ja, das stimmt, die hören nichts, also können sie auch nicht reden“, kritisierte die Redakteurin. [Frau Wiemers entschuldigte sich für ihren zu spät erkannten Fehler.] Anknüpfend an die Probleme des Sprachniveaus bei der Untertitelung berichtete Francine Gaudray über den Stand der Dinge – auf der Grundlage einer mittlerweile 25 Jahre andauernden Entwicklung. „Wir haben am Anfang unserer Sendung ‚Sehen statt hören‘ auf Druck der Gehörlosen nicht Deutsche Gebärden-Sprache (DGS) benutzt, sondern nur Lautsprache begleitende Gebärden. Wir haben darauf geachtet, dass die Sprache nach unten nivelliert wird“, so Francine Gaudray. Es sei aber davon auszugehen, dass die Zahl der spracharmen Gehörlosen ständig abnehme und die jungen Gehörlosen immer selbstbewusster würden. Denn sie könnten Deutsch, auch wenn ihnen nicht sehr viel Hilfe von der Schule aus zukommen würde. Die Hauptklage, die sie von gehörlosen Kollegen höre, sei: „Wofür halten Sie uns? Wir haben doch Deutsch gelernt.

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Wir sind nicht mehr in einem Alter, wo wir vor Schimpfwörtern geschützt werden müssen. Und außerdem: Wir können sie von den Lippen absehen.“ Wenn einer also „Du Arsch“ sagen würde, wolle der Gehörlose auch lesen „Du Arsch“ und nicht irgendeine viel längere und umständlichere Umschreibung von Deutsch zur Gebärdensprache. In der Zwischenzeit sei fast jedem in der Bundesrepublik klar, was deutsche Gebärdensprache ist, nur vor zwanzig Jahren gab es diesen Namen nicht. „Die Gehörlosen haben untereinander immer gebärdet. Es wurde von denen gesagt, was auch diskriminierend ist: ‚plaudern‘. Das habe ich immer so dämlich gefunden wie noch was. ‚Plaudern‘ war, sich in Gebärdensprache unterhalten. Also die Sprache haben sie immer gehabt, nur haben sie sich brav unter anderem von gehörlosen Pädagogen einreden lassen, dass dies keine richtige Sprache ist“, so Francine Gaudray im Rückblick. Mittlerweile sei die Sprache wissenschaftlich untersucht und jeder wisse, dass dies eine vollwertige Sprache mit eigener Grammatik und sehr strengen Regeln sei. Irgendwann sei man eben parallel zu den Gehörlosen und Schwerhörigen dazu gekommen, deren Sprache anzuerkennen. Der Wandel begann vor zehn Jahren, als man nach einer 15-jährigen Periode einen gehörlosen Präsentator eingesetzt hätte, auf den man bisher mit dem Argument „die Gehörlosen sprechen nicht gut genug“, verzichtet hatte. Doch schließlich müsse er ja nicht sprechen, sondern er solle gebärden. Für die Übersetzung in die Lautsprache gäbe es schließlich Dolmetscher. Dass diese Erkenntnis immerhin 15 Jahre gedauert hat,

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kommentierte Francine Gaudray mit dem Satz: „Die Gehörlosen selbst haben wesentlich länger gebraucht, um anzuerkennen, dass sie eine eigene Sprache haben. Also müssen wir nicht besser sein als unsere Zuschauer.“ Somit hätte man schließlich eine Kommunikationsebene zwischen hörender, lautsprechender Welt und der gehörlosen Welt, die doch in der Mehrheit gebärde, geschaffen, was ihrer Meinung nach auch die Akzeptanz der Sendung verstärkt hätte. Denn unbestritten würden sich Menschen besser wieder erkennen, wenn in ihrer Sprache gesprochen werde, als in irgendeinem von den Lippen abzusehenden Kauderwelsch. Außerdem hätten Gehörlose in Deutschland natürlich eine Doppelstrafe zu erleiden gehabt: „gehörlos zu sein und dies in einem deutschsprachigen Land“, bemerkte die gebürtige Französin. „Ich kenne keine andere Sprache, wo man auf die dämliche Idee kommt, das Wesentliche in einem Satz ans Ende des Satzes zu setzen.“ Da sie auch Dolmetscherin sei, wisse sie, dass man immer versuchen musste zu erraten, wie das Verbum am Satzende lauten würde. Obwohl sie darin nicht schlecht gewesen sei, erinnere sie sich an eine Situation, wo am Ende eines ewigen Thomas-Mannwürdigen Satzes das Verbum verneint wurde, was sie nicht vorhergesehen habe. Dem Dolmetscher bliebe so nur noch die Möglichkeit zu sagen: „Übrigens, dies stimmt alles nicht.“ Diese Qual würde natürlich für Gehörlose insofern verstärkt, da sie auch noch versuchen müssten, diese Fremdsprache hauptsächlich durch Absehen zu erfassen, was bedeute, immer zu warten, ob das Verb am Satzende verneint würde oder nicht. Natürlich habe die DGS diese Fehler korrigiert, sei also sehr viel leichter zu erfassen, als es Deutsch je sein werde – sogar von gebärdenkundigen Ausländern. Sie habe selber erlebt wie eine Französin, die überhaupt kein Deutsch konnte, die aber gehörlose Eltern habe und sehr gut französische Gebärdensprache könne, sich auch in Deutschland mit gehörlosen oder gebärdensprachkundigen Menschen unterhalten könne. „Gut, sie werden nicht gerade über Kant oder Heidegger diskutieren, aber das tun sowieso auch die laut sprechenden Menschen selten“, behauptete Francine Gaudray. Eine Kommunikation sei auf je-

den Fall da und keine oberflächliche. Ein weiterer Vorteil der Gebärdensprache: Man brauche kein Esperanto, schloss Francine Gaudray. Über die Zukunft der Gebärdensprache im deutschen Fernsehen könne sie nur wenig sagen. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeige allerdings, dass zumindest beim Bayerischen Rundfunk der Widerstand gegen die Gebärdensprache riesig groß sei: „Als würde man etwas Unanständiges gebärden wollen, unverständlicherweise, unverstandenerweise vor allem. Also dieser Widerstand ist sehr groß bei der ARD insgesamt. Darum habe ich mich seinerzeit gefreut, als PHOENIX mutig Gebärdendolmetschen bei „Tagesschau“ und „Heute Journal“ gestattet hat. Ich bedauere nur sehr, dass die Kabelbetreiber nicht so nett sind, PHOENIX überall einzufüttern. Ich denke auch nicht jeden Tag daran im Büro aufzuzeichnen. Ich hoffe nur, dass es nicht dazu führen wird, dass man sagt: „Ihr braucht keine Gebärden in der ARD und in den Dritten, ihr habt ja PHOENIX“, befürchtete die Redakteurin vom Bayerischen Rundfunk. Auf die Vorführung eines Ausschnittes der Sendung „Sehen statt hören“ verzichtete Frau Gaudray auf Grund der knappen Zeit, jedoch nicht ohne einen kleinen Seitenhieb auf die „attraktive Sendezeit“ von „Sehen statt hören“ auszuteilen. „Die Sendung läuft in allen Bundesländern zu unterschiedlicher Zeit. Also insofern kann ich es Ihnen nur sagen für das Bayerische Fernsehen: 9.15 Uhr in der Früh am Sonntag, eine sehr christliche Zeit. Es ist sehr zu empfehlen, einen Video-Recorder zu haben.“ Der Hinweis auf PHOENIX-TV von Francine Gaudray gegen Ende ihres Beitrages führte direkt zum nächsten Referenten über: Ulrich Timm, Leiter der Planung bei PHOENIX-TV Deutschland und u. a. zuständig für Videotext und Gebärdensprachdolmetscher. „Zwei Sachen würde ich gerne vorausschicken: Dieser Kongress hier wendet sich ja an Angebote für Senioren. Wir machen unser Angebot mit gebärdensprachgedolmetschter „Tagesschau“ und „Heute Journal“ natürlich nicht in erster Linie für

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Senioren, sondern in erster Linie für Gehörlose. Das ist der eine Punkt. Und dann – ich glaube, Herr Breilmann hat es gesagt – nicht ARD und ZDF veranstalten den Gebärdensprachdolmetscher bei PHOENIX, sondern wir machen das natürlich alleine. Das sind zwar unsere Mutterhäuser, aber wir sind verantwortlich für den Einsatz der Gebärdensprachdolmetscher bei uns. Wir bezahlen sie ja auch, und wir stehen auch in engem Kontakt mit den Damen – es sind alles Frauen, die das bei uns machen“, so die einleitenden Worte von Ulrich Timm, bevor er die geschichtliche Entwicklung bei PHOENIX darstellte. Seit dem Sendestart am 7. 4. 1997 sei die Möglichkeit vorgesehen, die „Tagesschau“ um 20.00 Uhr und das „Heute Journal“ um 21.45 Uhr mit einem eingeklinkten Bild eines Gebärdensprachdolmetschers zu versehen. [Es folgte ein Filmbeispiel einer Nachrichtensendung mit folgender Kommentierung]: „Wir haben viele Versuche gemacht vor Sendestart, wie man das Bild am besten integrieren kann in das Gesamtbild. Viele kennen es vielleicht aus dem Ausland, da gibt es so kleine Fenster im Vollbild. Das ist natürlich eigentlich eine elegante Lösung,

Gebärdensprache und Untertitelung lässt Hörgeschädigte in zweifacher Weise den Sendungsinhalt von „Sehen statt hören“ über das Auge erfassen – allerdings zu unattraktiven Sendezeiten.

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nur das Problem ist, sowohl die „Tagesschau“ als auch das „Heute Journal“ sind natürlich nicht konzipiert für Gebärdensprachdolmetscher-Einblendungen“, benannte Ulrich Timm das Problem bei den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen. Im Ausland würden speziell Nachrichtensendungen, wenn sie mit Gebärdensprache versehen sind, darauf konzipiert und vom Layout so angelegt, dass sie sich ohne Schwierigkeiten ins Vollbild einklinken ließen. In Deutschland würde dies zur Abdeckung von bildwichtigen Teilen wie Texteinblendungen oder Untertiteln führen. Nach langen Experimenten habe man sich in Absprache mit den Gebärdensprachdolmetschern für die momentane Präsentation entschieden, die mittlerweile sogar der MDR in seiner Sendung für Gehörlose nachahme. Die Gebärdensprachdolmetscher übertrage live im Studio die Lautsprache in Gebärdensprache 1 : 1. Ulrich Timm betonte weiterhin die besondere Rolle von PHOENIX-TV, der als erster Sender im deutschen Fernsehen sogar zwei gebärdensprachgedolmetschte Nachrichtensendungen den Gehörlosen präsentiere. Er widersprach den Auffassungen, dass in anderen europäischen Ländern diesbezüglich wesentlich mehr unternommen würde. PHOENIX, sei ein ganz kleiner Sender mit sehr wenigen Mitteln, der quantitativ am meisten Gebärdensprachdolmetscher täglich sende. Die BBC beispielsweise habe ihr Angebot an Gebärdensprachdolmetschern von einer täglichen auf eine wöchentliche Sendung zurückgefahren. Auch die skandinavischen Länder, die immer als Vorbild genannt würden, würden weniger Quantität anbieten. „Wir sehen das natürlich als Auftrag unserer Mutterhäuser an, uns auch in dieser Weise für die Behinderten zu engagieren. Die privaten Konkurrenten – das möchte ich auch noch mal betonen – auf dem Fernsehmarkt unternehmen da überhaupt keine Anstrengungen, etwas für die Behinderten zu machen“, stellte der Planungsleiter von PHOENIX-TV fest. Man wolle diesen Service auch weiterführen, sei sich allerdings auch bewusst, dass dies ein Service für eine Minderheit in einer Minderheit sei. Hier

Workshop 9: Service für Hör- und Sehgeschädigte

wurde heute schon über Zahlen geredet. Auch seiner Kenntnis nach gebe es etwa 80.000 bis 100.000 Gehörlose, der eigentlichen Klientel dieses Service. Die wesentlich größere Gruppe der Hörbehinderten sei in der Regel besser bedient mit Untertiteln, wie auch die Zuschriften zeigten. Der Grund dafür sei, dass die deutsche Gebärdensprache (DGS) eben erst seit neuestem vereinheitlicht sei. Zuvor habe man in den Gehörlosenverbänden einen Riesenstreit ausgefochten, ob die DGS überhaupt der Standard sein solle, sich aber schließlich darauf geeinigt habe. Bei den älteren Gehörlosen bestehe das Problem, dass sie die DGS meistens nicht sprächen, während die Jüngeren mittlerweile in diese DGSGesellschaft hineinwüchsen. „Die Älteren haben damit teilweise auch noch Probleme und sind noch ein wenig verhaftet mit dieser lautsprachbegleitenden Gebärde, die Frau Gaudray auch erwähnt hat. Das sind zumindest unsere Erkenntnisse“, resümierte Ulrich Timm. Da PHOENIX nur über Kabel empfangen werden kann, ist der Service nicht für alle Gehörlosen zugänglich. Auch dort, wo man in die Kabelnetze eingespeist sei, wäre man im Hyperband, also auf den ganz hinteren Kabelplätzen, die nur von hyperbandtauglichen Fernsehgeräten ab den Baujahren 1993 / 94 empfangen werden könnten, so Timm, ältere Geräte seien durchaus noch in Gebrauch. Es ginge immerhin um 100.000 Menschen, die täglich die gebärdensprachgedolmetschten Nachrichtensendungen sehen würden, wenn sie könnten. Man arbeite aber daran, auf die vorderen Kabelplätze zu gelangen. „Ich kann nur dringend alle Lobbyisten, die sich für die Gehörlosen einsetzen, auch darum bitten, sich dann gleichzeitig auch für uns einzusetzen, denn nur so kriegen auch die Gehörlosen die „Tagesschau“ überall zu sehen und eben auch das „Heute Journal“, plädierte Ulrich Timm. Man versuche natürlich auch in den Mutterprogrammen, mehr Publizität für das Angebot für diese Minderheit zu erwirken. „Es ist allerdings auch richtig, das will ich nicht verschweigen, dass nach unseren Erkenntnissen wir einen Zuschauereinbruch haben, wenn wir die „Tagesschau“ mit Gebärdensprachdolmetscher ausstrahlen um 20.00

Nachrichtensendungen und Wetterberichte werden bei PHOENIX von Gebärdensprachdolmetscherinnen simultan übersetzt.

Uhr. Das heißt, es wandern exakt zu diesem Zeitpunkt eine Menge Zuschauer ab aus unserem Programm in die Hauptprogramme. Das ist ja auch verständlich, wir haben ja ein Gesamtprogramm, das sich an alle Menschen wendet, und die große Mehrheit ist eben hörend. Sie fühlen sich natürlich beeinträchtigt durch die Verkleinerung des Vollbildes. Für sie ist es natürlich ein Leichtes heutzutage, herüberzuzappen in die Hauptprogramme, in die ARD und in die dritten Programme oder ins ZDF. Das ist ein Problem, dass wir dort Zuschauer verlieren und sie anschließend wieder aufbauen müssen. Mit diesem Problem müssen wir an der Stelle leben und versuchen, dem entgegenzuwirken, mehr Publizität für diese Art der gebärdensprachgedolmetschten Angebote zu erzielen.“ Ulrich Timm betonte aber auch, dass man sich natürlich durch den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag verpflichtet fühle, zur Integration von behinderten Menschen beizutragen, obwohl sich die Privaten nicht so einfach aus der Affäre ziehen sollten. Abschließend warb der Programmplaner von PHOENIX darum – auch im Sinne des besonderen Services für Hörbehinderte – das Gesamtangebot des Senders weiter zu publizieren und weiterzutragen.

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Fragen und Diskussion: Auf den Redebeitrag von Ulrich Timm meldete sich ein Workshopteilnehmer von der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz mit einer Anmerkung. „Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass der rheinland-pfälzische Ministerpräsident, der der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder ist, im Auftrag aller Ministerpräsidenten derzeit eine Umfrage macht bei den Intendanten, bei den Rundfunkratsvorsitzenden der Öffentlich-Rechtlichen, aber auch bei den Privaten und genau abfragt, was denn getan wird in ihrem Bereich für Sehbehinderte und für Hörbehinderte. Da kommen zum Teil solche Argumentationen, wie Frau Gaudray sie schon angesprochen hat – auch gerade aus ihrem Haus im Übrigen –, dass man die Gebärdensprache deswegen zurückhaltend verwende, weil der Streit innerhalb der Gehörlosenverbände derart tobe und man sich da nicht einmischen wolle. Also so etwas ist für mich eher ein Argument, dass man viel zu wenig macht und man einfach eine Schutzbehauptung findet, warum man trotzdem so wenig macht.“ Herr Timm habe zwar darauf hingewiesen, dass die Öffentlich-Rechtlichen froh über die Existenz von PHOENIX sein könnten, was die ersten Antworten der Umfrage im Auftrag des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten auch bestätigten. Aus diesen Antworten, ergäben sich für ihn aber auch gleich noch drei Fragen: 1. „Mich würde mal interessieren, wie denn Ihr Kontakt zu den jeweiligen Programmgruppen ist, also zu den Hörbehinderten in diesem Fall, ob er wirklich nur passiv ist. Warten Sie auf Schreiben, oder gehen Sie, wie es der Kollege aus Österreich gesagt hat, auch zu den Verbänden, gehen Sie zu Ihren Sehern und Hörern?“ 2. „Mich würde, da auch vielfach in den Antworten die Kosten angesprochen werden, mal interessieren, wie denn der Kostenanteil von Untertitelungen und von Gebärden-Sprache an solch einer Nachrichtenproduktion oder an einem aktuellen Beitrag ist?“

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3. „Der Vorsitzende der ARD-Programmkommission hat uns darauf hingewiesen, dass es bei tagesaktuellen Informationssendungen eben besonders schwer sei, Gebärden-Sprache bzw. Untertitelungen mit zu machen, weil eben auf Grund dieses Aktualitätsaspektes das so schnell nicht zu machen sei. Nun haben wir ja von PHOENIX gehört, dass es live ist, und wir haben von dem österreichischen Beispiel gehört, dass es innerhalb kürzester Zeit gemacht werden kann und auch Untertitelungen in einer für Österreich wichtigen Sendung von drei Stunden gemacht werden können. Wie ist das denn mit dem Zeitaufwand bei Untertitelungen, und wie ist das mit dem Zeitaufwand bei der GebärdenSprache? Sind direkte Möglichkeiten da? Könnten sie noch weiter ausgenutzt werden, als es bisher gemacht wird?“ „Unser Kontakt zu Hörbehinderten besteht einerseits in vielen Zuschriften, die wir bekommen von Hörbehinderten, die wir auch durchaus ernst nehmen. Dann haben wir über unsere Gebärdensprachdolmetscherinnen einen sehr guten Kontakt in den Bereich der Hörbehinderten, weil dort eine enge Vernetzung ist. Sie transportieren also auch Bedürfnisse der Gehörlosen an uns heran“, antwortete Ulrich Timm. Man stehe ebenfalls mit der Wissenschaft in Kontakt. Gerade würde beispielsweise im Auftrag der Schleswig-Holsteinischen Medienanstalt eruiert werden, welche Angebote die Fernsehveranstalter für Gehörlose machten. Zudem stünde man auch mit dem Institut von Herrn Prewitz in Hamburg in Kontakt. Da ein Gebärdendolmetscher live dolmetsche, sei die Umsetzung von Gebärdensprache logischerweise kein Problem, zu der Machbarkeit der Untertitel wolle er an Herrn Breilmann verweisen. Zu den Kosten könne er nur sagen, dass zum einen der Gebärdensprachdolmetscher bezahlt und ein Studio für die Aufzeichnung bereitgestellt werden müsse. Die Kosten hielten sich im Prinzip im Rahmen, man sei aber in den Mitteln eingeschränkt. Obwohl man der ärmste Sender in der Republik sei, liefere man aber immerhin das größte Angebot.

Workshop 9: Service für Hör- und Sehgeschädigte

unsere Ressourcen in eine Mehrfachvermarktung zu bringen mit anderen technischen Möglichkeiten, sind wir natürlich dran“, bekräftigte Wolfgang Breilmann. Zum Kostenanteil von Untertitelungen könne er nur sagen, dass man es bisher nicht geschafft habe, diese in die Kalkulation mit aufzunehmen, da die Untertitelung eben auch kein fester Bestandteil von Sendungen sei.

Fachfrauen und -männer für Serviceleistungen, die Hör- und Sehgeschädigten – darunter viele Senioren – zugute kommen. Ulrich Timm, Georg Berg, Francine Gaudray und Hannes Märk (von links nach rechts).

Wolfgang Breilmann übernahm die Beantwortung der Fragen in Bezug auf die Untertitelung: „Die Kontakte zu den Hörgeschädigten laufen bei uns zu einem großen Teil direkt über unsere Autoren, die auch von ihrem persönlichen Engagement her da sehr vielfältig tätig sind. Das geht also über kleinere Ortsgruppen bis zur persönlichen Klientel, dem Freundeskreis, begann Wolfgang Breilmann. Über Fax, das ja für Gehörlose ein sehr wichtiges Instrument geworden sei, stehe man in direktem Kontakt zueinander. Wenn allerdings dann von Gehörlosenverbänden Anfragen kämen, ob man auch untertiteln würde und wie es mit den Untertitelangeboten der anderen Sendeanstalten ausschaue, sei man schon mal frustriert darüber, dass gerade solche Interessensvertreter das Angebot nicht kennen würden. Man arbeite sicherlich in vielem eher still und stünde nicht so im Rampenlicht der Öffentlichkeit, weil aus der Sicht des Senders nur eine überschaubare Gruppe bedient werde. Beispielsweise habe man Videotext für Blinde eingeführt: „Etwas, was die wenigsten wissen. Selbst viele Blinde wissen nicht, dass wir einen solchen Service, ein solches Angebot haben. Dort, wo wir auch die Möglichkeit sehen,

Einen gewissen Betrag könne man in etwa minutenmäßig verifizieren und festhalten. Dieser liege zwischen 40 und 56 Mark pro Minute. Da es Situationen gebe, wo man trotz eines Anspruches darauf nichts untertitelt kriege, müsse die Realität zeigen, ob dieses Geld dann nachher tatsächlich abgefordert werden könne. Zum Schluss wolle er noch einmal auf die aktuelle Situation bei den Untertitelungen eingehen, da viele nicht richtig nachvollziehen könnten, was sich zurzeit bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten abspiele. Da die Top-Nachrichtensendungen mittlerweile so aktuell arbeiteten, dass durchschnittlich bis zu 60 Prozent der Sendebeiträge nicht vor Sendung vorlägen, könne man davon ausgehen, dass man selbst mit bestem Bemühen, mit Schnellschreibern und mit Spezialisten diese Form nicht untertitelt bekomme, jedenfalls nicht so, dass sie nachher irgendjemand noch wirklich verstehen könne. Wenn man im Nachrichtenbereich heute etwas vermitteln wolle, müsse das in Intervallen von drei bis fünf Sekunden geschehen. Alles, was später komme, sei nicht mehr synchron, da es sich mit dem folgenden Beitrag überschneiden würde. Sei die Botschaft also nicht in der Zeit zu vermitteln, dann lasse man das eben einfach sein. Das sei genau die Diskussion, in der man stecke. Hier beendete der Moderator Dr. Stefan Pohlmann die Diskussion mit Blick auf die überzogene Zeit, um dem letzten Referenten, Georg Berg vom Online Service Center des Westdeutscher Rundfunks (WDR), das Wort zu erteilen.

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Internet – das zukünftige Medium zum Nutzen für alle „Zunächst mal etwas ganz anderes, als meine Vorredner gesagt haben: Wir machen in unserem Internetangebot des WDR nichts speziell für Hörgeschädigte oder für Blinde, sondern wir haben eine ganz andere Haltung dazu. Wir haben insgesamt 60.000 einzelne Internetseiten. Und wir wollen einfach, dass jede dieser 60.000 Seiten für alle Menschen zugänglich ist“, eröffnete Georg Berg. Internet sei ein neues Medium mit technischen Schwierigkeiten, das vor der Nutzung zunächst einmal installiert werden müsse. Man müsse also Computer bedienen können, das gelte eben auch für blinde Menschen. Er wolle weniger auf Hörgeschädigte eingehen, weil man im Internet fast alles sehen und lesen könne, grenzte Georg Berg seinen Beitrag ein. Am Computer selbst wolle er nur mal zeigen, um was es sich überhaupt handele und wie Blinde das Internet benutzten. [Demonstrationsbeispiele aus dem www.wdr.de werden auf die Leinwand projiziert …] „Im Internet geht es um sehr viele Texte. Ich kann Text mit Bildern visualisieren, oder ich kann ihn auch mal etwas spröde darstellen beispielsweise wie hier: Wir leben in einer Zeit, in der mit allerlei Augenreizen um unsere Aufmerksamkeit geworben wird. Ob Neonwerbung im Stadtbild, Special-Effects im Film oder Mogelpackungen im Supermarkt – alles muss schriller werden, sonst geht es unter. Ähnlich verhielt es sich in den Boomzeiten des Internets. Das, was eigentlich das Fernsehen viel besser kann, hielt Einzug. Es wurde alles visualisiert, aber lange Ladezeiten verhinderten die Fortsetzung dieses Trends usw…“ Das könnten Blinde auch mit ihren Werkzeugen lesen. Der Sinn im Sinne von Bedeutung komme also herüber. „Hier beispielweise kommt eine Stelle: ‚Sagen Sie ja, wenn Sie den Text verstehen wollen!‘, ein offensichtlich etwas schlecht visualisierter Text. Klicke ich auf Ja, dann gelange ich auf eine andere Internetseite, da kommt derselbe Text mit dem Unterschied, dass die mediale Aufbereitung verständ-

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licher ist, weil der Text besser gegliedert ist“, demonstrierte Georg Berg. „Was bringt also die Visualisierung?“ Im Internet werde sehr viel mit Videos gearbeitet, mit Technologie, die für Blinde manchmal schwierig zu benutzen sei. Denn Blinde hätten keinen Monitor und auch keine Maus, sondern sie müssten irgendwie versuchen, die Texte zu verstehen. Blinde hätten dafür ein eigenes Werkzeug, mit dem sie arbeiten könnten, wenn sie im Internet unterwegs sind: die Braillezeile. „Jetzt ist es für uns Sehende einfach wichtig zu sehen, dass das eine Tastatur mit solchen zusätzlichen Teilen ist. Vergrößert sieht das so aus. Das heißt, sie können mit den Fingern darüber gehen und die Worte abtasten. Wenn sie das aber machen, lesen sie die Texte so ähnlich wie den ersten, den ich demonstriert habe. Sie sehen nicht das Gesamte, sie sehen quasi den Text wie mit einem Mikroskop“, erklärte der Internetspezialist. Als Sehender könne er nur sagen, man müsse sich also sehr konzentrieren, wenn man diesen Text Zeile für Zeile lesen wolle. Dies sei eine Möglichkeit. „Eine weitere Möglichkeit, die den Blinden zur Verfügung steht, ist der ‚Quäkegeist‘, ein spezielles Gerät, das aus den Buchstaben und Worten Töne herstellen kann. Das ist ein Soundprozessor – so eine Art Quäkegeist, wie die Blinden selber sagen, der den Text quasi vorliest.“ [Quäkegeist läuft zur Demonstration] „… einfach eine Maschine, die wir ins Netz stellen und so jede von unseren Internetseiten hörbar macht. Das heißt, wir ändern selber nichts daran.“ Allerdings müsse jeder Internetanbieter aufpassen, dass er nicht seine Informationen so kompliziert programmiert, dass diese Geräte das nicht mehr darstellen könnten, so Georg Berg weiter. Man könne ja z. B. Texte als Bilder darstellen. Doch weder die Braille-Zeile noch dieser Sprachsynchronisierer könne diese dann hörbar machen. Eine wei-

Workshop 9: Service für Hör- und Sehgeschädigte

tere Möglichkeit sei ein anderer Browser, der Links-Browser. Der sehe so aus, wie man das früher bei den Computerprogrammen mit DOS kennen gelernt habe. Durch diesen Browser könne man bei richtiger Programmierung also das Wesentlichste der Internetseiten auf jeden Fall zugänglich machen. „Wir haben eben vieles über Preise gehört. Also das, was im Internet teuer ist, brauchen wir nicht zu machen, wenn wir alle versorgen wollen“, was treffend durch den englischen Begriff ‚great gracefully‘ ausgedrückt werde, so Berg. Dies sei eigentlich eine Anweisung für Web-Designer. Übersetzt hieße das, es solle sich gnädig in der Üppigkeit der

Darstellung reduzieren lassen. „Also die Bedeutung der Botschaften und der Aussagen, die wir zu machen haben, lässt sich eigentlich oft in Worte fassen und in Text. Manchmal heißt es natürlich: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte … Ich wollte ihnen Sehenden am Computer einfach einmal zeigen, wie so eine Braille-Zeile aussieht. Den Blinden brauche ich bloß zu sagen, das ist der Screen-Reader 2D von der Firma soundso. Dann weiß er sofort, worüber ich hier rede“, schloss Georg Berg seinen Beitrag. Fragen und Diskussionsbeiträge mussten auf Grund der Zeitüberschreitung entfallen.

Nicht nur Ältere, deren Sehkraft (noch) intakt ist, sondern auch Sehgeschädigte können inzwischen Internet-Angebote – auch von Fernsehsendern – nutzen. (Foto: Universität Bielefeld)

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Workshop 10: Dokumentationen, Fernsehfilme und Features zu Altersthemen • „Altenheim – über den Alltag im Seniorenzentrum“ (WDR):

Gerd Monheim, Redakteur Westdeutscher Rundfunk (WDR), Programmgruppe Inland FS, Deutschland • Das Projekt „Das 3. Leben“ des Südwestrundfunks – Langzeitbeobachtungen ab 1993 bei 30 Älteren nach dem Ende ihres Berufslebens:

Dr. Hermann Sturm, freier Redakteur und Filmautor, Deutschland

• Abschied vom Ich“ (ZDF): Sabine Lehmann, Redakteurin HR-Gesellschafts- und Bildungspolitik, Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), Deutschland • „Das vergessene Leben“ (WDR, ORF, arte): Rita Wagner, Produzentin Fritz-Wagner-Film GmbH, Deutschland Moderation: Christine Lemmen,

WDR-Moderatorin

„Altenheim – über den Alltag im Seniorenzentrum“ Zunächst stellte Gerd Monheim, Fernsehredakteur beim Westdeutschen Rundfunk, Programmgruppe Inland, einen Ausschnitt aus dem Film „Altenheim – über den Alltag im Seniorenzentrum“ vor. Der Film lief unter seiner Programmverantwortung in der WDR-Reihe „Menschen hautnah“. Er liegt in einer langen, 90-minütigen und in einer kurzen, 45minütigen Fassung vor. In der sehr sensiblen Langzeitbeobachtung werden vier Bewohner eines Altenheims ausführlich vorgestellt. Außerdem wird dem Zuschauer – hautnah – der Alltag im Heim nahegebracht. Der Film-Autor Wolfram Seeger habe vor Drehbeginn zunächst zwei Wochen zu Recherchezwecken – wie ein Zivildienstleistender – in dem Heim gearbeitet, um so Zugang sowohl zu den alten Menschen als auch zum Betreuungs- und Pflegepersonal zu finden, berichtete Monheim. Danach sei der Film im Laufe von mehreren Monaten entstanden. Doris Wagner, Mitglied im Kuratorium Deutsche

Altershilfe und bei der Arbeiterwohlfahrt, war sich nach der Vorführung eines Ausschnitts nicht über die Intention des Films im Klaren. Sollte er das Leben in einer Einrichtung darstellen oder den Konflikt zwischen Alt und Jung herausarbeiten, der oft

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entsteht, wenn alte Menschen – meist gegen ihren Willen – in eine solche Einrichtung gebracht werden? Gerd Monheim wies darauf hin, dass es für den Autor des Films, der für seine sehr genauen Beobachtungen bekannt sei, keine diesbezüglichen Vorgaben gegeben habe. Das „Altenheim“ sei – was die Zuschauerresonanz betreffe – ein erfolgreicher Dokumentarfilm gewesen, sagte Monheim. Nach seiner Schätzung wurde der Film in Nordrhein-Westfalen (wo im WDRFernsehen die 45-Minuten-Fassung gezeigt wurde) von etwa 200.000 Zuschauern und bundesweit (wo in 3sat die 90-Minuten-Fassung gezeigt wurde) von etwa 500.000 gesehen. Damit lag der Film über dem Durchschnitt der Zuschauerschaft sonst. Als ein Workshop-Teilnehmer aus Thailand fragte, ob es zur europäischen Kultur gehöre, dass man dann, wenn man alt ist und sich nicht mehr selber versorgen kann, in ein Heim geschickt werde, kommentierte Christine Lemmen diese Frage mit der Bemerkung: „Jetzt werden wir Europäer alle rot hier.“

Workshop 10: Dokumentationen, Fernsehfilme und Features zu Altersthemen

rufsausstieg. Zurzeit des Medienkongresses waren 29 Folgen dieses „umfangreichsten Dokumentarfilms der Welt“ (so der SWR) gesendet worden. Jedes Jahr im Dezember werden jeweils drei Features gezeigt.

Sabine Lehmann, Rita Wagner, Dr. Hermann Sturm.

Der Workshop-Teilnehmer aus Thailand ergänzte seine Frage mit der Bemerkung, er habe das Gefühl, die älteren Menschen, die sich in einem Heim aufhalten, seien nicht glücklich, weil sie nicht aktiv sind. Sie würden nur stehen oder sitzen, die Kamera zeige keine Aktivitäten. Doris Wagner informierte darüber, dass in der Bundesrepulik nur etwa fünf Prozent der alten Menschen in Heimen leben. Diese Zahl sei schon seit dreißig Jahren konstant (siehe auch S. 20), obwohl die Zahl der älteren Menschen zugenommen habe. Filme vermittelten einfach immer den Eindruck, dass die ältere Population in Deutschland in solchen Einrichtungen lebe. Das sei aber wirklich nicht so. Die meisten Pflegebedürftigen würden in der Familie von Verwandten gepflegt. Nur etwa zwölf Prozent würden von Berufskräften gepflegt.

„Das 3. Leben“ Dr. Hermann Sturm, freier Redakteur und Film-

autor, stellte die SWF / SWR-Langzeitdokumentation „Das 3. Leben“ vor. Diese außergewöhnliche filmische Langzeitbeobachtung wurde 1993 mit 30 Menschen gestartet, die damals gerade ihr Berufsleben beendet hatten. Mit wissenschaftlicher Begleitung verfolgt der SWR das Leben dieser Menschen nach ihrem Be-

Zur Frage eines Workshopteilnehmers, ob es unter den Projektteilnehmern mittlerweile welche gäbe, die auf Grund einer falschen Einschätzung dessen, was es bedeutet, regelmäßig im Fernsehen präsent zu sein, inzwischen der Meinung wären: „Also, noch mal würde ich es nicht mehr machen“, meinte Hermann Sturm, dass es diesbezüglich sicherlich Nachdenklichkeiten gegeben habe. Abgesprungen sei noch niemand. Bisher habe es aber einen Sterbefall gegeben und einer der Beobachteten sei an Alzheimer erkrankt. Da wisse er noch nicht, ob das Team ihn noch weiter besuchen könne. Der Sohn des Erkrankten, der die Verantwortung für den Vater hat, wolle ihn schützen. Wie man das handhaben solle, wisse er noch nicht, erklärte Hermann Sturm. Schließlich sei die Frage, wie ein Filmteam mit erkrankten Personen umgeht, auch eine Frage, die mit dem Berufsethos zu tun habe. Ergänzend erläuterte er, diese Fragen bespreche er mit den Partnern der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von „Das dritte Leben“. Deshalb gehöre es zu den Ergebnissen der Langzeitstudie, dass bei der Zusammenstellung der Features, also dann, wenn die Inhalte und das Bildmaterial ausgewählt würden, sozusagen Schritt für Schritt alles mit den Beteiligten abgesprochen wird. Nach sieben Jahren sei so etwas wie Vertrauen gewachsen. Viele Teilnehmer ließen mehr zu, informierten über Persönliches, sogar über ganz intime Geschichten. Ob die Auswahl der Projekt-Teilnehmer auf die obere Mittelschicht focussiert war, weil diese Leute gut reden können, wollte ein Workshopteilnehmer wissen. Das sei eine Frage nach der gesellschaftlichen Repräsentanz dieser Gruppe, antwortete Hermann Sturm und fügte erläuternd hinzu: „Der gesellschaftliche Durchschnitt wird nicht abgebildet. Aber selbst unter dem Aspekt der Sprachfähigkeit nähern wir uns mit dem Projektverlauf den norma-

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len Altersverläufen in unserer Gesellschaft.“ Als Beleg nannte Dr. Sturm einen Projekt-Teilnehmer, der nach einem Schlaganfall nicht mehr in der Lage sei, zu sprechen. Daraus ergäbe sich für das Filmteam die Notwendigkeit, einen anderen als verbalen Zugang zu diesem Mann zu finden. Der Projektverlauf zwinge die Verantwortlichen, sich mit einer Realität auseinander zu setzen, die bei der Planung nicht so deutlich war.

Das Team von „Das 3. Leben“. (Foto: SWR)

„Abschied vom Ich“ Als dritten Filmbeitrag stellte Sabine Lehmann, Redakteurin ZDF in der Hauptredaktion Gesellschafts- und Bildungspolitik, einen Ausschnitt aus ihrem Film „Abschied vom Ich“ vor. Sie habe, erläuterte Sabine Lehmann, Alzheimer-kranke Menschen in verschiedenen Stadien der Krankheit gesucht, um in nur einem Film darstellen zu können, wie sich die Krankheit entwickelt und wie die Angehörigen mit der Krankheit umgehen. Ärzte und Selbsthilfegruppen hätten sie beim Suchen der Protagonisten unterstützt. Auch sei ihre Arbeit von einer Alzheimer-Modellstation in Hamburg befürwortet worden. Dadurch habe sie zeigen können, wie man durch die so genannte Validation besser mit Alzheimer-Kranken leben könne, als es gemeinhin der Fall sei. Validation bedeute, dass man Alzheimer-Kranken grundsätzlich recht gibt, ihnen also nicht widerspricht. Wenn sie gerne zur Schule

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oder zur Arbeit gehen wollen oder auf ihren toten Ehemann warten, solle man immer mit „ja“ antworten. „Ja, natürlich musst du zur Schule gehen. Gleich kommt der Bus. Komm, wir ziehen schon mal den Mantel an.“ In dem Moment, wo der kranke Mensch den Mantel an hat, habe er vergessen, dass er zur Schule wollte. Es sei schlimm, wenn man zu einem verwirrten Menschen sage: „Du bist doch jetzt 80, du musst nicht zur Schule!“ Das verstünde er nicht mehr. Er möchte zur Schule gehen, und es beruhigt ihn, wenn er das kann. Man dürfe nicht versuchen, verwirrte Menschen in die Wirklichkeit zurückzubringen, sie mit gesunden Maßstäben zu messen. Der kranke Mensch könne nicht begreifen, dass der Partner tot oder kein Schulbesuch nötig ist. Sabine Lehmann wies besonders darauf hin, dass im Film auch eine Frau vorkommt, die weiß, dass sie Alzheimer hat. Diese Frau sei 55 Jahre alt und meist noch völlig klar im Kopf. Wegen unverständlicher Gedächtnislücken habe sie den Arzt aufgesucht, der Alzheimer diagnostiziert hat. Der letzte Teil des Films zeige die Frau, die vor dem schrecklichen Gefühl stehe, ihr Leben jetzt, wo sie noch klar im Kopf sei, ordnen zu müssen. Eine Workshop-Teilnehmerin äußerte sich sehr positiv über den vorgeführten Filmausschnitt. Er habe hervorragend und liebevoll über diese Krankheit informiert. Sie hätte den Film gerne weitergesehen, auch weil er spannend gewesen sei. Ob der Film für Fortbildungen ausgeliehen werden könne? Sabine Lehmann verwies auf den Labyrinth-Verlag, wo man den Film, dessen Rechte beim ZDF liegen, für 26,50 DM käuflich erwerben kann. Die Moderatorin Christine Lemmen interessierte sich dafür, wie die Film-Autorin reagiert habe, als eine Frau zu Beginn des Films sehr aggressiv wurde. Das sei ja eine Situation, die man selbst, wenn man dreht, eigentlich selten erlebt, es sei denn, man dreht irgendwo auf der Straße mit Hooligans. Sabine Lehmann erklärte, dass bei der Szene die Tochter dabei war, und sich die Situation entspannt

Workshop 10: Dokumentationen, Fernsehfilme und Features zu Altersthemen

hätte, als man über andere Themen gesprochen habe. Sie sei aber sehr froh gewesen, diese Situation im Kasten zu haben. Denn deutlicher könne man die Aggressivität, die Alzheimer-Kranke überkommt, wenn sie sich überfordert fühlen, nicht darstellen. Zum Alzheimer-Film „Abschied vom Ich“ machte Susanne Becker noch folgende Bemerkung: Es habe darin eine Szene gegeben, in der ein älterer, an Alzheimer erkrankter Mann zu sehen war, und die Autorin, die mit seiner Tochter über ihn sprach. Susanne Becker empfand das als unangenehm. Ob nicht auch ein verwirrter Mensch mitkriege, dass er, obwohl er Thema ist, nicht selbst angesprochen wird? Sollte man ein Interview über einen Kranken, der nicht mitreden kann, nicht besser ohne sein Beisein machen? Dieser Einwand sei völlig richtig, gestand die Filmautorin zu. Sie habe ihn nach diesem Film öfters gehört. Allerdings: Was wäre, wenn sie die Frau nicht in Anwesenheit ihres erkrankten Mannes gefragt hätte, und das wäre ausgestrahlt worden, und der Alzheimer-Kranke den Film sehen würde. Wäre es dann nicht besser, gleich in seiner Gegenwart zu fragen? Es sei für sie eine ganz große Zwickmühle gewesen und ganz schlimm, einen Angehörigen zu fragen: „Ab wann kann Ihr Mann denn nicht mehr denken?“ Eine Workshop-Teilnehmerin aus Großbritannien legte Wert auf die Feststellung, dass auch sie den Film wichtig findet. Alzheimer sei in Europa und anderswo die am schnellsten wachsende Krankheit für Menschen über 45. Daraus resultiere für Filmemacher die Verantwortung, dieses Thema aufzugreifen, insbesondere dann, wenn diese Krankheit so tabuisiert wird. In diesem Sinn habe der Film gut funktioniert. Sie habe nicht das Gefühl, dass es andere Möglichkeiten als die der Information gibt, um Menschen zu erziehen und das Stigma einer mentalen Erkrankung zu brechen.

zeige ältere Menschen in der Rolle der Pflegenden, er zeige Geschwister in dieser Rolle. Zwar wisse sie nicht, fügte sie hinzu, welche Haltung man in der Bundesrepublik gegenüber pflegenden Angehörigen einnimmt. Im Vereinigten Königsreich gäbe es jedenfalls inzwischen Verordnungen für pflegende Angehörige. Sie wies darauf hin, dass dieser Tatbestand deutlich mache, wie ernst pflegende Angehörige genommen werden und dass ihre Pflegeleistung aufgewertet wird. Ihr sei aufgefallen, fuhr sie fort, dass in einem Abschnitt des Films, als sich ein älterer Mann um seine Frau kümmert, von diesem gesagt wird: „Ich werde das so lange machen, wie ich dazu in der Lage bin.“ Sie sei froh, dass dieser Aspekt im Film wenigstens berührt worden wäre, fände es aber sehr interessant, der Frage, was eigentlich mit den pflegenden Angehörigen passiert, in einer weiteren Folge des Films nachzugehen. Sabine Lehmann wies darauf hin, dass sie vor „Abschied vom Ich“ einen anderen Film gemacht hätte, der sich ausschließlich mit den Angehörigen beschäftigt. Nur auf Grund dieses ersten Films habe sie den zweiten machen können, auch weil sie dadurch bereits gute Kontakte zu Selbsthilfegruppen hatte. Die ZDF-Redakteurin betonte, dass die britische Teilnehmerin völlig Recht habe: Das Schicksa der Angehörigen sei eigentlich das schlimmere. Der Alzheimer-Kranke im fortgeschrittenen Stadium fühle seine Krankheit nicht mehr, er leide nicht mehr. Aber umso kränker der Alzheimer-Kranke würde, desto mehr litten die Angehörigen. Am Anfang sei es umgekehrt: Wenn der Alzheimer-Kranke noch ziemlich normal sei, leide er am meisten. Vor den Angehörigen vertusche er das. Insofern sei richtig, dass der Film eine documentary, keine Reportage sei. Sie habe diese ein bisschen mit erhobenem Zeigefinger gemacht. Für all die pflegenden Angehörigen, die noch immer „falsch“ mit den Alzheimer-Kranken umgingen, indem sie ihnen etwa widersprechen und versuchen, sie in die Wirklichkeit zurückzuführen.

Auf der anderen Seite wäre es ihr aber auch wichtig, zu untersuchen, wie es den Angehörigen geht, die sich um Alzheimerkranke kümmern. Der Film

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„Das vergessene Leben“ Als letztes Filmbeispiel kündigte Christine Lemmen einen ihrer Lieblingsfilme der letzten Jahre an und bat die Produzentin Rita Wagner, einige Worte zu ihrem 90-minütigen Spielfilm „Das vergessene Leben“, einer Koproduktion von WDR, ORF und arte, zu sagen. Rita Wagner erklärte, der Stoff sei von der Hamburgerin Ruth Thoma geschrieben worden, einer sehr bekannten Autorin. Sie fügte hinzu: Es sei ihr gelungen, Inge Meysel als Darstellerin zu gewinnen und vor allen Dingen natürlich arte und den WDR. Ohne die beiden Sendeanstalten hätte die Produktionsfirma nicht das Geld gehabt, um das Projekt zu realisieren. Sie habe es gewagt, Frau Meysel, die ja mittlerweile 90 Jahre ist, mit einer ganz jungen Regisseurin zusammenzubringen. Das sei eine große Gefahr gewesen. Frau Meysel wäre manchmal nicht so ganz einfach. Mit ihrer Arbeitsweise könne es aber kaum eine junge Schauspielerin aufnehmen. Inge Meysel sei morgens die erste am Drehort und abends die letzte. Sie lerne jeden Tag. Wenn sie keinen Drehbuchtext zu lernen habe, lerne sie ein Gedicht auswendig. Wenn sie kein Gedicht habe, lerne sie einen Zeitungsartikel auswendig. Rita Wagner äußerte sich begeistert über die präzise Art der alten Schauspielerin. Es wäre wirklich ein richtiges Vergnügen gewesen, mit Frau Meysel diesen Film zu realisieren. Die Produzentin erzählte, dass sie nicht geahnt habe, welchen Erfolg der Film haben würde. Bei der Pressekonferenz in Hamburg sei Frau Meysel anwesend gewesen und sehr, sehr viele ganz junge Journalisten und Journalistinnen. Wie diese jungen Menschen auf dieses Thema reagiert hätten und auf einmal sagten, „ja, so gehen wir auch mit meiner Großmutter um“, oder „so schlecht haben wir meinen Großvater behandelt“ – das habe sehr viele richtig wachgerüttelt. Nach der Ausstrahlung des Films, der an einem Mittwochabend lief und über vier Millionen Zu-

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Christine Lemmen, Rita Wagner, Dr. Hermann Sturm.

schauer hatte, habe der Film am nächsten Tag den „Goldenen Gong“ und dann noch die „Goldene Kamera“ bekommen. Sie sage das nur, erklärte sie, weil ihr klar sei, wie schwierig ein solcher Erfolg vor allem heute ist, wo wir in einer Zeit lebten, wo nur noch die Jugend zählt. Schauspielerinnen über 50 würden ja kaum noch gebraucht; sie seien für den Markt einfach zu alt. Auch gute alte Regisseure, wie Franz-Peter Wirt, der ein paar Tage vor Kongressbeginn verstorben war, würden nicht mehr beschäftigt, weil sie angeblich zu alt seien. Rita Wagners Fazit: Heute einen Film mit älteren Schauspielern und mit solchen Themen zu machen, das sei gerade im Spielfilmund Fernsehbereich wahnsinnig schwer. Da bei der knappen Workshop-Zeit auch von dem Film „Das vergessene Leben“ nur ein Ausschnitt gezeigt werden konnte, bat Christine Lemmen die Produzentin Rita Wagner, die Workshop-Teilnehmer kurz in die Geschichte ihres Spielfilms einzuführen. Rita Wagner erzählte: Eine Familie will mit ihrem Wohnwagen in die Ferien fahren. Die Großmutter ist sehr schwierig, weil sie krank ist. Sie hat vielleicht Alzheimer, noch nicht so ganz schlimm, aber schon sehr gravierend. Die Familie leidet ganz fürchterlich unter der Großmutter. Sie kommen auf einen Parkplatz, und die Sofie – so heißt Inge Mey-

Workshop 10: Dokumentationen, Fernsehfilme und Features zu Altersthemen

sel in diesem Film, – geht auf die Toilette. Die Familie fährt weg, setzt sie aus, und die alte Frau steht alleine auf dem Parkplatz. Sie wird aufgegriffen, in eine Klinik gebracht, ist stumm. Ein junger Pfleger kümmert sich um sie und versucht, sie zum Sprechen zu bringen. Sie hängt sich an ihn und sagt die einzigen Worte immer nur zu ihm. Die Ärzte in der Klinik sind entsetzt und sagen ihm, dass er diese Frau in Ruhe lassen soll. Aber Sofie hängt sich an diesen jungen Mann und glaubt, dass er ihr hilft, ihre Familie wiederzufinden. Sie versteckt sich in dem Auto des jungen Mannes. Zusammen fahren sie nach Hamburg. Sie gehen durch die Stadt, und sie sagt: „Hier war ich mal, und da war ich mal.“ Schließlich findet sie einen Laden, in dem sogar ihr Mantel hängt. Sofie weiss jetzt, dass ihre Schwiegertochter ihre ganzen Sachen bereits verkauft hat. Sie suchen weiter. Zwischendurch möchte Sofie immer Pflaumenkuchen essen gehen. Sie wird immer trauriger. Irgendwann hat es der junge Mann geschafft, die Familie wiederzufinden. Und dann diese Katastrophe. Der eigene Sohn bricht vor schlechtem Gewissen zusammen, weil er die Mutter ausgesetzt hat. Die Kinder zetern und sagen: „Um Gottes willen, die Großmutter ist wieder da. Ich muss jetzt mein Zimmer abgeben.“ Schließlich sagt der junge Pfleger: „Sofie, willst du nicht wieder mit ins Heim? Ist es nicht für dich besser, im Heim zu sein?“ Sofie geht mit ihm wieder ins Heim zurück.

Szene aus: „Das vergessene Leben“. (Foto: WDR)

Nach dem Filmausschnitt wurde Rita Wagner gefragt, ob es schwierig gewesen sei, dieses außergewöhnliche Thema als Spielfilm zu realisieren. Von der Idee her sei ihr der Film schnell klar gewesen, meinte Rita Wagner. Zuerst hätten sie allerdings an eine jüngere Besetzung gedacht, sich dann aber überlegt, dass dieses Thema auch für eine sehr alte Dame sehr gut sei. Ganz wichtig sei für sie die Erfahrung gewesen, wie junge Menschen auf diesen Film reagiert hätten. Denn nicht die Alten hätten geschrieben und sich zu Wort gemeldet, sondern vor allen Dingen die Jugend. arte, fügte Rita Wagner hinzu, hätte bei der Ausstrahlung von „Das vergessene Leben“ die höchste Einschaltquote gehabt, die je bei einem Fernsehspiel gemessen wurde.

Besonderheiten beim Drehen mit älteren Menschen Bei dem anschließenden Gespräch fragte die Moderatorin Christine Lemmen, welche Drehbedingungen man vorfinde, wenn man mit alten und kranken Menschen arbeitet. Gerd Monheim erinnerte sich daran, dass er in früheren Jahren eine ganze Reihe von Filmen mit alten Menschen gemacht hat. Probleme habe er dabei nicht gehabt. Allerdings sei die Voraussetzung, dass man gut vorbereitet sein müsse. Alte Menschen würden merken, wenn man sich wirklich für das, was ihnen am Herzen liegt, interessiert, sei es, dass sie über etwas klagen, sei es, dass sie jemandem etwas Schönes zeigen wollen. Monheim ergänzte, dass er sowohl weniger bekannte als auch bekanntere ältere Menschen porträtiert habe. Beides gehöre zu den wirklich schönen Erfahrungen beim Filme-Machen. Die anderen Filme seien immer sehr viel schwieriger gewesen. Er könne einfach nur Positives berichten. Sabine Lehmann verwies darauf, dass sie ihre (verwirrten) Darsteller oft gar nicht fragen konnte. Rechtlich sähe es so aus, informierte sie, dass derje-

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Praxis Fernsehen

nige, der den kranken Menschen betreut, auch zur filmischen Darstellung „Ja“ oder „Nein“ sagen muss. Die Betreuer seien es, die entscheiden, ob sie drehen darf oder nicht. Sie führte aus, dass dies in den meisten Fällen die Familienangehörigen waren. Da diese wollten, dass man auch ihr Leid zeigt, habe sie die Leute auf ihrer Seite gehabt. Sie legte dar, dass es schwieriger gewesen wäre, unter den vielen gedrehten Szenen diejenigen herauszunehmen, die einerseits spannend genug waren, damit sich die Leute um 23.40 Uhr, als der Film im ZDF ausgestrahlt wurde, nicht langweilen, aber andererseits die Protagonisten nicht bloßgestellt werden. Oft, meinte sie, sind ja die spannendsten Szenen genau die, wo jemand beschimpft wird oder sich Leute daneben benehmen. Das würden die Zuschauer gerne gucken. Wir sind, erklärte Sabine Lehmann, alle Voyeure. Die richtige Gratwanderung zu machen, das sei das Schwierigste beim Schnitt. Zur gleichen Frage erklärte Hermann Sturm: Er arbeite unter der Bedingung, dass die 30 am Projekt „Das dritte Leben“ beteiligten Personen – inzwischen sind es nach dem Tod eines Teilnehmers noch 29 – vor sieben Jahren ihr Einverständnis zum Mitmachen erklärt haben. Deshalb brauche er, wenn der die Projekt-Teilnehmer zu Aufnahmen besuche, darüber nicht mehr zu verhandeln.

Ist es schwierig, solche Filme ins Programm zu bekommen, wurde in den Workshop gefragt. Gerd Monheim antwortete: Wenn die Filme gut zu werden versprechen, wenn das Thema sitzt und es eine gute Umsetzung zu werden verspricht, gäbe es keine Schwierigkeiten, sie ins Programme zu bringen. Es würde schon mal kritisiert, dass sie speziell in ihrer eigenen Sendereihe „hautnah“ überproportional häufig über Krankheiten berichteten. Allerdings nicht nur bei alten Menschen, sondern auch bei jungen. Gerd Monheims Aussage würde ebenso für das ZDF gelten, erklärte Sabine Lehmann.

Mehr Filme über vitale Ältere gewünscht Von einer 60-jährigen Workshop-Teilnehmerin aus Holland wurde die Filmauswahl für den Workshop kritisiert. Anderthalb Stunden lang habe man nur Menschen gezeigt bekommen, die von anderen abhängig seien. Sie selber habe 30 Jahre in den Niederlanden Programm gemacht, und auch in Holland seien viele Filme über Depressionen und kranke Menschen gesendet worden. Man müsse aber versuchen, nicht nur Filme zu zeigen über Menschen, die abhängig von anderen sind. Nachdem man die gesehen habe, würde man depressiv. Deshalb seien Filme über vitale ältere Leute wichtig, über Menschen mit alltäglichen Problemen oder Fragen. „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch“, fuhr die Workshop-Teilnehmerin aus Holland fort, „besonders der Alzheimer-Film ist sehr beeindruckend. Aber ich brauche und wünsche mir andere Themen.“ An dieser Stelle entgegnete Christine Lemmen, dass zum Beispiel in dem Filmausschnitt „Das 3. Leben“ keine depressiven Menschen zu sehen waren.

Gerd Monheim.

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Auch Dr. Hermann Sturm ging auf den Vorwurf der Filmauswahl ein. So habe Frau Horrenburg, die im Filmausschnitt aus dem „3. Leben“ zu sehen war, mit 69 Jahren zum ersten Mal in ihrem Leben

Workshop 10: Dokumentationen, Fernsehfilme und Features zu Altersthemen

geheiratet. Dieser neue Aufbruch im Alter komme der Erwartung, die von der holländischen Workshop-Teilnehmerin formuliert worden sei, doch entgegen.

arrivierten Schauspielern lustige Filme gemacht, sei aber nicht aufgefordert worden, diese mitzubringen. Susanne Becker, Hochschullehrerin an der Fach-

Christine Lemmen legte dar, dass die WorkshopTeilnehmer nur einen Minimalausschnitt des Programms, in dem alte Leute vorkommen, gesehen hätten. Gerd Monheim präzisierte ihre Aussage: Er sei gebeten worden, den Film „Das Altenheim“ mitzubringen, er habe aber noch drei andere zum gleichen Thema angeboten. Einer davon sei auch traurig, aber zwei seien dafür sehr lustig. Da sei zum einen ein wunderbarer und optimistischer Film über die Liebe von zwei Paaren, die sich erst spät finden, und zum anderen ein Film über „Die Pudelbande“, ein hervorragender Film über singende ältere Damen, die im Karneval auftreten und inzwischen eine geradezu berühmte Band in Köln geworden sind. Der Film zeige, wie man sein Alter gestalten kann, wenn der Ehepartner gestorben ist. Monheim wies die Workshop-Teilnehmer darauf hin, dass sie sicherlich einen falschen Eindruck zu Filmen über Ältere hätten, wenn sie das hochrechnen, was sie bisher gesehen haben.

hochschule in Merseburg, Sachsen-Anhalt, und dort in der Ausbildung für Sozialpädagogen mit dem Schwerpunkt soziale Gerontologie tätig, erzählte, dass sie in der Hochschule oft mit Filmen arbeite. Auf Grund dieser Erfahrung sei sie der Meinung, dass man sowohl Filme über kranke Ältere zeigen müsse als auch lustige Filme.

Sabine Lehmann ergänzte die Aussage von Gerd Monheim durch den Hinweis, das ZDF mache auch eine Reihe von Filmen, wo lustige Alte dargestellt werden. Sie erinnerte an den Beitrag „Die Sargschläfer“. In diesem Film über Rotelreisende nach Vietnam kämen überwiegend Leute über 60 vor, die in diesen „Särgen“ schlafen. Oder der Film über alte Leute, die per Motorrad auf Wallfahrt gehen, sozusagen eine Rallay zu Maria machten. Christine Lemmen fasste die Diskussion mit dem Hinweis zusammen, dass es vielleicht gut gewesen wäre, einen lustigen Film reinzumischen. An dieser Stelle wies die Produzentin Rita Wagner darauf hin, dass ihr Filmausschnitt mit Inge Meysel leider auch nicht lustig sei. Frau Meysel als Protagonistin halte sich die meiste Zeit in einer Klinik auf. Es tue ihr Leid. Sie habe zwar auch mit älteren,

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Praxis Fernsehen

Workshop 12: Talk & Co. – auch für Ältere • „Conrad & Co“ (ZDF): Susanne Conrad, Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), Deutschland

• „ARD-Buffet“ (SWR): Bernd Schröder, Südwestrundfunk (SWR), Deutschland

• „Addi’s Stunde“ (WDR): Addi Furler, Westdeutscher Rundfunk (WDR), Deutschland

Moderation: Julitta Münch,

Der Workshop wurde von Julitta Münch moderiert, die als Redakteurin beim WDR-Hörfunk arbeitet. Sie bedauerte, dass zwei für den Workshop angekündigte Podiumsteilnehmer nicht gekommen seien. Der RTL-Talkmaster Hans Meiser und Johannes C. Weiss, der die Talkshow „Fliege“ produziert (Teletime-Fernseh-Produktion), hatten ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt. Wegen der recht geringen Zahl der Referenten konnten in diesem Workshop die Zuhörer wesentlich mehr als in anderen Workshops in die Diskussion einbezogen und befragt werden.

Beispiel „Zwischen alternativen Heilmethoden und Schulmedizin – wo finde ich den richtigen Weg für mich?“ oder „Notstand im Pflegeheim“. Laut Conrad sind dies Themen, die sowohl alte wie junge Zuschauer interessieren können. Selbst „Leben als Single“, als junges Thema geplant, habe ebenso die älteren Menschen angesprochen.

Conrad & Co

WDR-Moderatorin

Die ZDF-Journalistin wies darauf hin, dass das Sendekonzept vier Talkgäste mit möglichst unterschiedlichen Standpunkten vorsieht. Außerdem einen Experten, der die Aussagen der Gäste mit Fakten untermauert und das Gesagte einordnet. Das Publikum könne sich während der Diskussion in das Gespräch einschalten. Conrad merkte an, dass

Zuerst stellte die Moderatorin Susanne Conrad vor. Sie ist Journalistin und moderiert die Sendungen „ZDF-Mittagsmagazin“ und „Conrad & Co“ beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Als Zielsetzung der Sendung „Conrad & Co“, die samstags von 16.00 bis 16.50 Uhr läuft (sie soll künftig bis 17.00 Uhr dauern), nannte Susanne Conrad Unterhaltung über Themen des Alltags. Dabei sei eine Abgrenzung zu üblichen Talkshowthemen wie „Mein Mann hat Glatze“ in Privatsendern ein Muss, beschrieb Susanne Conrad. Mit der Themenwahl richte sich „Conrad & Co“ an Familien und nicht speziell an ältere Zuschauer, die jedoch den überwiegenden Teil der Zuschauer ausmachen würden. Für jede Sendung von „Conrad und Co“ wählt die Redaktion ein Schwerpunktthema aus, wie zum

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Susanne Conrad.

Workshop 12: Talk & Co. – auch für Ältere

sich viele Zuschauer nach der Sendung weiter über bestimmte Themen informieren wollen und betonte, gerade dieser nachträgliche Dialog mit dem Zuschauer sei gewünscht.

Addi’s Stunde Addi Furler, vom Westdeutschen Rundfunk, mo-

derierte zum Zeitpunkt des Kongresses (siehe auch Seite 127) die Sendung „Addi’s Stunde“. Von 1961 bis 1995 moderierte er die „Sportschau“ bei der ARD. Er schied mit der Altersgrenze von 65 Jahren aus und begann zunächst mit der Moderation der Seniorensendung „ALTERnativen“ im WDR-Fernsehen. „Addi’s Stunde“ läuft alle 14 Tage, freitags von 16.00 bis 17.00 Uhr.

Julitta Münch fragte nach dem eigentlichen Schwerpunkt der Sendung. Furler führte aus, dass der Schwerpunkt beim Serviceangebot und beim Studiogast läge. Als Beispiele für Service-Themen nannte er „Bodybuilding für Senioren“, „Immobilienkauf in Spanien“, „Rheuma“ und „Obdachlosigkeit“. Die Studiogäste, zum Beispiel Günter Pfitzmann und Hans-Jörg Felmy, seien in die ganze Sendung miteingebunden. Der Moderator hat sehr viel Zeit, um mit seinen Gästen zu reden und gemeinsam zu den vorbereiteten Service-Themen überzuleiten. Furler fügte hinzu, dass die Sendungen aufgezeichnet werden und kein Publikum dabei ist. Zuschauer könnten jedoch die Redaktion telefonisch, schriftlich, über Internet, Videotext und Faxabruf erreichen und machten hiervon auch reichlich Gebrauch.

ARD-Buffet Bernd Schröder, Moderator vom ARD-Buffet, das

Addi Furler.

Als Ziel von „Addi’s Stunde“ nannte Furler drei Dinge: Service, Unterhaltung und Kontaktbörse / Lebenspartnervermittlung. Das Zielpublikum beschrieb er mit 50 plus. Erfreut zeigte er sich über den Erfolg, den die Partnervermittlung hat. Ein Kandidat, der sich in der Sendung vorstellte, hätte allein 500 Zuschriften von interessierten Frauen erhalten, ergänzte Addi Furler. Er wies darauf hin, dass diese Zahl zeige, wie sehr viele alte Menschen genug vom Alleinsein hätten und die Chance zum Kontakt über das Fernehen nutzten.

vom Südwestrundfunk (SWR) produziert wird, bezeichnete die Sendung als eine der erfolgreichsten Neueinführungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Seit Januar 1998 gibt es das „ARD-Buffet“, das montags bis freitags von 12.15 bis 13.00 Uhr gesendet wird. Dritte Programme wiederholen die Sendung. Trotz der mittäglichen Sendezeit erreicht „ARD-Buffet“ einen Marktanteil von zwölf bis 14 Prozent. Bernd Schröder wies auf den Untertitel der Sendung „Ratgeber für Leib und Seele“ hin. Unter anderem werde im Studio während der Sendung auch gekocht, der Hauptteil konzentriere sich auf Serviceangebote. Er weist darauf hin, dass Zuschauer während einer zehnminütigen „Call-in-Aktion“ in der Sendung anrufen und so daran teilnehmen können. Als Themen nannte Schröder Gesundheit, Finanzen, Freizeit. Außerdem gibt es ein Deutschlandrätsel, bei dem täglich 500 DM zu gewinnen sind. Cordula Weinzierl, die beim „ARDBuffet“ arbeitet, ergänzte, dass die Aufbereitung

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Praxis Fernsehen

Kindes. Die ersten Bilder stammen aus der Zeit kurz nach der Geburt aus dem Krankenhaus, inzwischen kommt Alissa, so der Name des Mädchens, bald in den Kindergarten. Die Zuschauer wollten täglich wissen, wie es dem Kind geht. Manche machten ihm sogar Geschenke. Heimlicher Star der Sendung sei allerdings der echte Kater Felix, der ab und zu durch die Kulisse huscht. Wie der typische Zuschauer aussehe, wollte Moderatorin Münch wissen.

Bernd Schröder.

der Informationen genau richtig sei, um sich schnell zu informieren. Auch das Menschliche der Sendung fände sie gut. Schröder betonte, dass die Sendung zwar nicht auf ältere Zuschauer abgestimmt ist, diese aber dennoch zwei Drittel ausmachen. Dies sei für die ARD eine normale Zusammensetzung. Als besonderen Hingucker präsentierte Schröder in dem Workshop einminütige Beiträge über die Entwicklung eines

Bernd Schröder zeichnete ein Profil: eine Frau um die 60, die bei laufendem Fernseher mittags kocht und die vielleicht wartet, dass Sohn oder Tochter zum Essen nach Hause kommen. Aber auch junge Mütter und spät aufstehende Studenten sähen zu. Moderatorin Münch fragte eine ältere Frau aus dem Plenum, ob sie die Sendung „ARD-Buffet“ kenne. Sie verneinte, aber „Addi’s Stunde“ sähe sie fast immer, weil die Sendung ihr Entspannung brächte und Informationen biete. Eine andere befragte Workshopteilnehmerin vom Seniorenmediumforum, Bonn, nannte „Information und breites Themenspektrum“ als Hauptanreize, um „Addi’s Stunde“ zu sehen.

„Talkshows sind eine geeignete Programmform für ältere Menschen“ Die Workshopteilnehmerin Britta Maciejewski erklärte, dass sie sich „Addi’s Stunde“ aus beruflichen Gründen ansehe. Sie arbeitet beim KDA und für die Sendung „Addi’s Stunde“ sind häufiger Kollegen von ihr interviewt worden. Auf Julitta Münchs Frage, ob sie auch andere Talkshows sehe, antwortete Britta Maciejewski mit „Nein, wenn es um die der Privatsender geht.“ Es sei ihr peinlich, wie sich die Menschen dort präsentierten. Susanne Conrad hakte an dieser Stelle ein und kommentierte kritisch den Amerikanismus beim

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Begriff Talkshow. „Talk“ bedeute, an der Oberfläche zu bleiben, „show“ sei eher mit Zirkus als mit gepflegtem Gespräch zu verbinden. Sie verwahrte sich dagegen, in diesem Sinne eine Talkshow zu machen und favorisierte stattdessen den Begriff „Gesprächssendung“. Julitta Münch nahm die Anregung auf und fragte Britta Maciejewski, ob sie es für sinvoll halte, spezielle Gesprächssendungen für Ältere anzubieten. Sie befürwortete dies. Man könne Themen finden, die ein gemischtes Publikum interessierten, aber

Workshop 12: Talk & Co. – auch für Ältere

auch solche, die nur für eine Zielgruppe von Interesse seien. Kurt Farasin vom ORF meinte ebenfalls, dass es gute Gründe für Spartenprogramme gebe. Voraussetzung sei allerdings die Vermittlung von Informationen. Auch bei Talkshows seien Inhalte und Meinungsvielfalt wichtig. Speziell auch für Ältere. Farasin ist der Ansicht, Talkshows seien speziell für ältere Menschen eine geeignete Programmform. Auf die Frage, ob sie spezielle Gesprächssendungen für Ältere für sinnvoll halte, meinte Susanne Conrad, dass sie generell eher gegen Spartenprogramme sei. Ihrer Meinung nach gäbe es keine „alten oder jungen Themen“ und somit auch keine „Themen für Alte oder Junge“. Als gelungenes Beispiel für eine Sendung, die Alte für die Probleme Junger interessiert hat, nannte sie die Jugendtalkshow „Doppelpunkt“ im ZDF-Abendprogramm. Die Zuschauerreaktionen hätten hier gezeigt, dass diese (längst abgesetzte Sendung) geeignet war, den Dialog zwischen Generationen zu fördern. Dies solle das Ziel guter Sendungen sein, meinte Conrad.

Addi Furler teilte die Bedenken gegen „reine Spartensendungen“. Er sei nicht für Sendungen die nur für Soldaten, Kindergartenkinder oder Hausfrauen gedacht seien. Pauschal lehne er Spartensendungen jedoch nicht ab. Als Beispiel für gut angenommene Sendungen nannte er Tiersendungen, die Jung und Alt interessierten. Die Moderatorin fragte Addi Furler danach, was dafür sorge, dass seine Sendung hauptsächlich von Älteren gesehen werde. Die Themenauswahl sei weniger dafür verantwortlich, meinte Addi Furler. Auch mit 30 könne man bereits Probleme mit Kopfschmerzen haben. Furler erklärte, die Zuschauer entschieden sich aus verschiedenen Gründen, seine Sendung zu sehen. Es gäbe aber auch Themen, die vielleicht das Mittelalter stärker interessieren als die ganz Jungen. Die Zielgruppe spiegele das Publikum des Westdeutschen Rundfunks wider. Die Verarbeitung von Zuschauervorschlägen tue ihr übriges.

Diskussion über Zielgruppen-Sendungen (für Ältere) Die Workshopteilnehmerin Lisette Milde legte Wert auf die Feststellung, dass es ein gewaltiger Unterschied sei, ob ein Thema aus Sicht der Frauen oder allgemein behandelt werde. Sie sei dankbar für eine Zielgruppensendung wie „Mona Lisa“, weil dort die gesellschaftlichen Themen aus der Frauensicht behandelt würden. Susanne Conrad stimmte ihr zu. Bei „Conrad & Co“ würde deshalb Wert darauf gelegt, ein Thema aus ganz unterschiedlichen Aspekten zu beleuchten, positive Erfahrungen, negative Erfahrungen und unter Umständen auch mal einen Konflikt aufkommen zu lassen zwischen Gesprächspartnern. „Die Alten“, fuhr Susanne Conrad fort, „sollen sagen, wie empfinde ich das, wie erlebe ich das, aber gucken sollen es bitte auch die Jungen, um zu wissen, wie die Alten es erleben.“

Bernd Schröder wies darauf hin, dass „Brigitte TV“ – der ARD-Versuch, Frauenthemen in einer speziellen Sendung zu machen – „grandios gescheitert ist“. Deswegen sei er auch der Meinung von Frau Conrad, es sei sinnvoller, eine Sendung so zu machen, dass sie vielseitig ist und alte Menschen etwas für sich darin finden können. „Wenn man mit so einer Sendung ein bisschen hilft, dass ältere Menschen sich jung fühlen“, erklärte Bernd Schröder, weil sie sagen, das gucken auch die Jungen, sei den Alten damit mehr gedient, als mit „Seniorenfernsehen.“ Lisette Milde vertrat die Meinung, dass sie manches nicht angesehen hätte, wenn nicht in der Ankündigung schon daruf hingewiesen worden wäre, dass es eine Sendung für Frauen ist. Deshalb glaube sie, dass es wichtig sei, die Sendungen für Zielgrup-

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Praxis Fernsehen

Julitta Münch.

pen – und dazu gehören auch die Älteren – zu deklarieren. Julitta Münch stellte die Frage, ob diese Meinung nicht auch übertragbar auf die Frage sei: Macht es Sinn, für ältere Menschen Programm zu machen? Das Motto des Internationalen Seniorenjahres, „Eine Gesellschaft für alle Lebensalter“, das sei ja eine schöne Vorstellung. Aber, fragte sie, sei das nicht eigentlich Quatsch? Habe nicht jeder und jede Generation andere Interessen? Bernd Schröder informierte darüber, dass sich keiner in der Redaktion, als das ARD-Buffet konzipiert wurde, überlegt habe, „für wen wir das genau machen“. Ziel sei eine Sendung gewesen, die den Alltag abbildet und die die Dinge des Lebens leichter machen kann. Das interessiere Jung und Alt. Addi Furler vertrat die Meinung, dass man keine Sendung als Sendung für Ältere deklarieren solle. Viele potenzielle Zuschauer würden dann sagen: „Das ist eine Sendung für alte Leute, ich bin nicht alt, ich gucke mir so was nicht an. Alt sind immer nur die anderen. Unser Staat sagt: Du bist 65, du kriegst Rente, ab jetzt hast du alt zu sein. Aber die Frage ,alt oder nicht alt‘ wird doch nicht alleine vom Körper entschieden, sondern vom Kopf her. Viele Menschen sagen: ,Ich kann kaum noch hoch mit dem Hintern, aber ich bin nicht alt, weil ich im Kopf jung geblieben bin‘.“ Er habe für diese Ein-

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stellung größtes Verständnis, meinte Furler. Er habe es selbst am eigenen Leibe erfahren. Als 60-Jähriger habe er auch mit 30-Jährigen in der Redaktion zusammengearbeitet. Furler: „Sie wurden weggeschickt, um etwas zu erkunden, dann kamen sie zurück. Ich sagte: ,Nun berichten Sie mal!‘ Dann fingen die ganz umständlich an. Ich sagte: ,Mann, stehlen Sie mir doch nicht meine Zeit!‘ Sie waren wirklich schon alt im Kopf. Man musste sie wachrütteln und sagen: ,Du bist 30, Mensch. Streng deinen Kopf ein bisschen an!‘ Es gibt junge Menschen, die sind vergreist im Kopf, und es gibt Greise, die sind jung geblieben.“ Deswegen, fasste Addi Furler zusammen, sei es nicht richtig, eine Sendung speziell für alte Zuschauer zu deklarieren. Man sollte ihnen nicht das Gefühl geben, sie seien alt. „Sonst sagen sie: ,Nein, ich bin nicht alt, und deswegen gucke ich diese Sendung nicht‘.“

„Interessen Älterer im Fernsehen nicht genügend berücksichtigt“ Susanne Conrad wies auf mehrere Erfahrungen in Sendungen hin, wo junge Alte „wirklich die jungen Leute in den Schatten gestellt“ hätten. Die Älteren wären zum Teil so ausgeflippt und jung im Kopf gewesen, als wollten sie alles noch ausprobieren. Sie nannte als Bespiel eine Sendung zum Thema „Alter schützt vor Liebe nicht“. Viele junge Leute würden doch denken, ab 60 oder ab 70 spätestens ist das alles gelaufen. Wenn sie dann in FernsehSendungen erfahren, „Mensch, guck mal, du hast ja noch was vor dir“, dann sei das auch wichtig. Die ZDF-Moderatorin legte Wert auf die Festellung, dass sie niemals als „Seniorin“ in irgendeine Schublade gesteckt werden und wegen ihres Alters zu einer bestimmten Kategorie Mensch gehören wolle. „Ich lege Wert darauf, dass sich Programmmacher Mühe geben und nicht irgendeinen Programmschnipsel sozusagen wie den Seniorenteller im Restaurant auftischen.“ Der Workshop-Teilnehmer Karl Klaes, der in Münster im Offenen Kanal an der Produktion einer Sendung für ältere Menschen mitarbeitet, wies darauf-

Workshop 12: Talk & Co. – auch für Ältere

hin, dass nach seiner Meinung ein Generationenkonflikt in der Gesellschaft künstlich erzeugt werde. „Warum gibt es keine Gesprächsrunden“, fragte er, „wo junge und alte Leute zusammen an einen Tisch gebracht werden. Das wäre doch eine Möglichkeit, dieses Klischee vom Generationenkonflikt abzubauen.“ Addi Furler stimmte ihm zu. Der Generationenkonflikt, sagte er, „wird herbeigeredet. Im Prinzip gibt es ihn gar nicht.“ Die Moderatorin Julitta Münch fragte Bärbel Elstrodt, die im Offenen Kanal in Münster bei der Produktion einer Seniorensendung mitarbeitet, ob ihre Sendung anders ausfallen würde, wenn sie sie mit 20 gemacht hätte. „Das denke ich bestimmt. Mit 20 hatte ich gerade die Schule ein Jahr beendet, da hatte ich andere Interessen als heute“, antwortete Elstrodt. „Aber“, fügte sie hinzu, „man muss unsere Sendung von der anderen Seite betrachten. Im Offenen Kanal machen Gruppen Sendungen. Und wir machen als Senioren eine Sendung und helfen uns da vielleicht auch ein bisschen als Selbsthilfegruppe, dass die Senioren was tun, dass wir andere anspornen, was zu machen.“ Julitta Münch fragte danach, wie alt die Redaktion von Addi’s Stunde sei? Addi Furler antwortete: „Wir haben eine Produktionsfirma, die DIBS Film – das ist ein junges Team, fabelhaft. Und wir haben mit Angelika Plank eine junge Redakteurin.“ Addi Furler nannte Glaubwürdigkeit als wichtigste Voraussetzung für einen guten Moderator. Alles andere sei unwesentlich. Er verwies auf Christiane zu Salm, die in Addi’s Stunde vorgestellt wurde. Sie ist Geschäftsführerin von MTV und 33 Jahre alt. Sie suche derzeit einen Moderator oder eine Moderatorin für eine Musiksendung „70 plus“. Sie sei schon im Altenheim gewesen, habe dort Castings gemacht und sei begeistert von den älteren Menschen. Sie wolle auch mal eine junge Sendung von einem älteren Moderator oder von einer Moderatorin präsentiert haben. Zurzeit gäbe es bei MTV einen Moderator, der 43 ist. Seine Sendung heißt „Brandneu“.

„Mich interessieren die Moderatoren eigentlich überhaupt nicht“, antwortete Lisette Milde auf die Frage, wie sie sich Moderatoren wünsche. „Mich interessiert, was die Sendung transportiert, und danach schaue ich.“ Der Workshop-Teilnehmer Werner Ruppelt von „Jahresringe-Verband für Vorruhestand“ meinte, dass die Interessen der älteren Menschen im öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehen nicht genügend berücksichtigt würden. Die Alten würden fehlen. Zwar sei er auf dem Kongress belehrt worden, dass sehr viele Ältere über 50 Moderatoren und Programmacher sind, aber viele Menschen würden sich dem eigentlichen biologischen Alter nicht stellen. Vor zehn Jahren, fügte er hinzu, habe er einen Verband gegründet für Vorruhestand und aktives Alter. Er suche Menschen, die für Ältere da sind, die einsam sind. Die Großbetriebe würden Menschen bereits mit 45, 48 Jahren entlassen. „Wer hilft ihnen? Diese Sendungen nicht, über die hier gesprochen wird.“ Susanne Conrad entgegnete, dass ihre Redaktion durchaus Sendungen zum Thema Sozialhilfe oder „Arbeitslos und abgemeldet“ gemacht habe. Werner Ruppelt präzisierte seine Aussage: Dass in einem Fenster mal ein bestimmtes Thema aufgegriffen würde, sei klar, aber dieses Fenster sei nicht das ganze Haus. Im ganzen Haus, das die Medien darstellen, seien die Probleme der Älteren oder die Probleme der Gesellschaft nicht genügend vorhanden. Aus diesem Grund sei es nicht so entscheidend, ob Sendungen für Alte oder Sendungen für Junge gemacht würden. Wichtig sei es, bestimmte Themen aufzugreifen. Das Thema „Generationenvertrag“ würde immer noch als Krieg der Generationen dargestellt. Ruppelt erklärte: Wenn im Fernsehen Werbespots gezeigt werden, wo der Vater froh ist, dass er ein Kind hat, und sein neugeborener Sohn sich an den Kopf greift und ihm einen Vogel zeigt, weil der Vater meint, das sei seine Altersvorsorge, frage er sich, wohin diese Gesellschaft tendiere.

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Praxis Hörfunk

Workshop 1: Praxis Hörfunk: Rundfunk-Sendungen für Ältere (I) • „L’asso nella manica“ (Das Ass im Ärmel): Marina Cepeda Fuentes, Redakteurin Radio Televisione Italiana (RAI), Italien

• „Über den Tag hinaus“: Dr. Hubert Fritz, Redakteur Abteilung Familienfunk, Bayerischer Rundfunk (BR), Deutschland

• „De tijd van je leven“ (Die Zeit deines Lebens):

Hetty Lubberding, Programmkoordinatorin AVRO Radio 5, Algemene Omroepvereniging (AVRO Radio), Niederlande • „Hvad er den ret y hvad er din pligt“ (Ihre Rechte, Ihre Pflichten):

• „In unserem Alter – Begegnungen und Informationen“:

Gretel Rieber, Redakteurin, Westdeutscher Rundfunk (WDR), Deutschland Moderation: Christine Lemmen,

WDR-Moderatorin

Birthe Meier, Redakteurin Danskerne Radio (DR Radio), Dänemark

„Das Ass im Ärmel“ von Radio Televisione Italiana Als erstes stellte Marina Cepeda Fuentes ihre Arbeit als Redakteurin bei Radio Televisione Italiana (RAI) in Italien vor. Die zwei inzwischen ausgelaufenen Seniorensendungen, die Frau Fuentes in Italien für die RAI betreut hat, trugen die Titel „Die wiedergefundene Zeit“ und „Das Ass im Ärmel“. Diese Sendung wurde ins Leben gerufen, um älteren Menschen Informationen über Tätigkeitsmöglichkeiten zu bieten, die ihrem Alter gemäß sind. Sie wandte sich nicht nur an Personen, die schon das so genannte dritte Lebensalter erreicht hatten, sondern wollte auch Anregung für jüngere Personen geben, die (Alters-)Vorsorge treffen wollen. Der Sendetitel „L’asso nella manica“ (Das Ass im Ärmel) beziehe sich auf das „Spiel des Lebens“, so die Redakteurin Fuentes. Das Ass in diesem Spiel könne Kreativität bedeuten sowie für Teilnahme und Interesse an der Umwelt und Neugier stehen. „Wie ein Zauberer zückt man dieses Ass, um im Alter ein schönes Leben zu führen. Die Sendung wandte sich an alle alten Menschen, die den Willen haben, weiter am sozialen Leben teilzunehmen“,

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berichtete Fuentes. „L’asso nella manica“ dauerte 15 Minuten und hatte ein Schwerpunktthema, das durch ein Interview mit einem Schauspieler, Dichter, Schriftsteller, Arzt, Gerontologen, Prominenten oder andere Experten vermittelt wurde. Am Ende des Interviews nannten die Gesprächspartner ihr Ass, das ihnen hilft, ein besseres Leben im Alter zu

Marina Cepeda Fuentes und Übersetzerin Rita Crociani.

Workshop 1: Rundfunk-Sendungen für Ältere (I)

führen. Zu der Sendung gehörten auch Nachrichten zur Kultur, zum Ehrenamt, mögliche Tätigkeitsfelder für Ältere oder Infos übers Internet und im Internet. Beide Sendungen sind mittlerweile abgeschlossen und laufen nicht mehr. Eine weitere Sendung sei geplant, falle aber ein bisschen aus dem Rahmen des Kongressthemas, weil es dort ausschließlich um die älteren Pilger gehen soll, die im Heiligen Jahr 2000 nach Rom kommen. Die Moderatorin Christine Lemmen zeigte sich erschrocken, dass – wie bei der RAI – viele Sendungen eingestellt wurden. Sie bat Marina Cepeda Fuentes zu erläutern, wie es zu der Absetzung ihrer Seniorenprogramme kam. Fuentes: „Die Sendungen wurden nicht gecancelt, weil sie keinen Erfolg hatten, sondern weil die Politik der Sender von Leuten bestimmt wird, die auf die Inhalte Einfluss nehmen möchten. Wenn eine politische Wende in Italien stattfindet, dann ändert sich auch der Verwaltungsrat der RAI. Damit werden Programme abgesetzt, und damit wird alles umgewirbelt. Das passiert regelmäßig und sehr häufig.“ Auf die Frage der Moderatorin, ob diese Einflussnahme auch Programme für Jugendliche betreffe, erklärte Fuentes: „Es werden auch Sendungen für die Jugendlichen gecancelt. Es wird sowieso alles neu initiiert, wenn ein neuer Mann kommt, der normalerweise ein Politiker ist und sich irgendwo profilieren will. Dann wird alles nach seiner Fasson irgendwie neu gedreht und neu angefangen.“ Bei RAI gebe es – wenn überhaupt – im Fernsehbereich mehr Sendungen, die zielgruppenorientiert seien, als im Hörfunk. Auf die Frage, wie das Publikum auf die Absetzung der beiden sehr beliebten Sendungen „Die wiedergefundene Zeit“ und „Das As im Ärmel“ reagiert habe, sagte Marina Fuentes: „Als die erste Sendung, ‚Die wiedergefundene Zeit‘ eingestellt wurde, kamen viele Proteste von den Hörern und Hörerinnen. Aber auch in diesem Falle wurde praktisch der Sache überhaupt keine Relevanz gegeben. Der Verwaltungsrat war wieder neu – und damit war das Thema erledigt.“

„Die Zeit deines Lebens“ von AVRO Radio Danach sprach Hetty Lubberding, Programmkoordinatorin AVRO Radio 5 (Algemene Omroepvereniging) aus den Niederlanden. „Ich arbeite für die Sendung ‚Die Zeit deines Lebens‘ (‚Time of your life‘, ‚De tijd van je leven‘, ‚La temps de ta vie‘). Das Magazin wird ein Mal pro Woche live gesendet. Es geht dabei um verschiedene Themen wie Nachrichten, ‚Human interests‘, Hintergründe der Nachrichten, allgemeine neue Entwicklungen und deren Auswirkungen für die Älteren.“ Seit etwa vier bis fünf Jahren liefen diese Sendungen. Leider seien diese Magazine im Radio und Fernsehen nicht sehr populär, bedauerte Lubberding, „aber wir kämpfen gegen alle Widerstände an, um weitermachen zu können. Wir definieren unser Publikum neu.“ In den Niederlanden gäbe es fünf öffentliche Kanäle, und alle werden von den relativ alten Menschen gehört. Radio 5, wo Hetty Lubberding ihre Sendung hat, komme bei den Hörern, die durchschnittlich über 65 sind, gut an. Radio 1 ist der Kanal für die über 55-Jährigen, Radio 2 für die über 40, und Radio 3 richtet sich an die über 35 Jahren. Bisher gäbe es noch keinen Kanal für die Jugendlichen, aber Radio 3 arbeite daran, diese Zielgruppe verstärkt zu gewinnen, so wie viele andere Ra-

Christine Lemmen und Hetty Lubberding.

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Praxis Hörfunk

diostationen das auch täten. „Die älteren Zuhörer haben wir, und wir müssen nicht um sie kämpfen, wir müssen nicht Zeit, Energie und Geld investieren, um Shows für sie zu entwickeln. Und die Verantwortlichen interessieren sich auch nicht wirklich dafür, was die Älteren denken. Sie haben zwar spezielle Bedürfnisse, aber niemand in unserem Sender hat sich je damit beschäftigt“, so Hetty Lubberding. Das Besondere an ihrer Sendung, so die Programmkoordinatorin von AVRO Radio 5, zu „De tijd van je leven“ (Die Zeit deines Lebens) sei die Auswahl der Themen, noch ungewöhnlicher sei aber das Alter der Redaktionsmitglieder. Frau Lubberding sei, mit 44 Jahren, die jüngste, ihre Kolleginnen und Kollegen seien durchschnittlich über 55, was sie als Vorteil ansieht: „Wir können unsere Themen sehr nah an unseren eigenen Interessen finden, wir schauen einfach, wohin sich unser Lebensgefühl bewegt, wie wir unser Leben leben wollen – voller Arbeit oder eben nicht.“ Christine Lemmen fragte: „Sie meinen also auch, dass die Leute, die das Radio machen, im Grunde auch schon in der gleichen Altersgruppe sein sollten wie das Publikum, weil Jüngere dann eben doch nicht die Probleme von Älteren so verstehen?“ Das verneinte Hetty Lubberding: „Ich finde, es macht unsere Sendung anders als die der anderen Redaktionen. Unsere Zuhörer sind dynamisch, aktiv, und sie sind Teil einer wirklichen Welt und Teil des Lebens. Das kann man im Programm hören. Grundsätzlich meine ich, dass durch die Bank Ältere und Jüngere zusammenarbeiten sollten, und dass sich die Generationen treffen sollten. Aber die Welt ist leider nicht ideal, und die Redaktionsmitglieder bei AVRO sind im Durchschnitt 38 Jahre alt.“ Nach einem kurzen Hörbeispiel auf Niederländisch, das die Atmosphäre der Sendung „Die Zeit deines Lebens“ demonstrierte, erklärte Lubberding, warum sie das Stück „Take five“ von Dave Brubeck als Erkennungsmelodie gewählt habe. „Wir senden auf Radio 5, und wir sind 50 Jahre alt und älter – so fanden wir zu dem Musikstück. Wir

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beginnen mit einer kleinen Auswahl von drei wichtigen Nachrichten der letzten Woche, die wir ‚50 plus-Nachrichten‘ nennen. Unser Ziel ist die Emanzipation der älteren Menschen. Wir befinden uns mitten in dem Prozess, unser Publikum zu definieren. Die demographische Situation in Holland verändert sich, Holland ergraut. In den nächsten 20 Jahren werden 25 Prozent der Holländer 65 Jahre alt sein, also wird die 50-plus-Generation ungefähr die Hälfte der Bevölkerung stellen. Es wird sich viel ändern, und wir befinden uns am Anfang dieses Prozesses, und wir müssen schon ein wenig kämpfen, um den Weg zu ebnen. Wir glauben, die Senioren der Zukunft werden ihren Kampf selbst kämpfen, so wie sie es auch in den 60er Jahren getan haben. Diese Generation kommt mit großer ökonomischer Kraft, das wird einen großen Unterschied ausmachen, und es wird sie mächtiger machen, wenn man sie mit den Älteren von heute vergleicht.“ Hetty Lubberding: „Wir haben 30.000 bis 40.000 Zuhörer, was eigentlich nicht viel für Radio 5, aber eine ganze Menge ist. Die Sendung vor uns hat knapp die Hälfte, und auch nach unserer Sendung fällt die Quote wieder ab. Wir sind stolz darauf, eine ‚Spitze‘ zu sein. Ein Grund, warum wir erfolgreich sind, ist, dass wir uns im Vergleich zu anderen Nachrichtensendungen Zeit nehmen für unsere Themen. Wir reden ein wenig länger, und wir wählen unsere Musik ein wenig anders aus als die anderen Redaktionen. Unsere Musik holen wir aus den 30er und 40er Jahren, natürlich aus den Fifties, wir gehen aber auch bis in die Sechsziger bis in die frühen Siebziger, aber nicht weiter. Radio 2 konzentriert sich zum Beispiel auf 60er- und 70er-Musik, das wollen wir nicht ‚doppeln‘. Unsere Themen unterscheiden sich nicht so sehr von denen der anderen Sendungen, aber unsere Gäste, die sind anders, sie sind aktiv.“ Hetty Lubberding erklärte, sie würde in ihrer Sendung das Alter nicht erwähnen, außer wenn es wirklich entscheidend sei, zum Beispiel wenn jemand zwölf oder 82 wäre, aber das dürfe nie das einzige Kriterium sein, um jemanden vorzustellen. „Unsere Sendung ist ausdrücklich für die Überfünf-

Workshop 1: Rundfunk-Sendungen für Ältere (I)

zigjährigen, aber es ist egal, ob ein Zuhörer 45 oder 85 ist, wenn er meint, dass ihn die Inhalte der Sendung berühren.“ Als Beispiel für ein Thema erwähnte Lubberding eine Sendung zum neuen Steuerrecht in Holland. „Wir haben das neue Gesetz allgemein verständlich ‚übersetzt‘ und erklärt, was es für die nicht erwerbstätigen Menschen über 65 bedeutet. Unser Gesprächspartner war ein Finanzbeamter, der selbst über 65 ist.“ Weitere Aspekte der Sendung „Die Zeit deines Lebens“ seien eine „speaker’s corner“, in der 90 Sekunden lang ein Zuhörer, der geschrieben oder angerufen hat, sich Luft machen kann. Da ginge es zum Beispiel um eine Ungerechtigkeit bei der Jahreskarte fürs Museum oder um eine Annonce, in der es hieß „Fotomodelle über 70 gesucht.“ Die Redaktion besuchte daraufhin die Agentur, die diese Anzeige aufgegeben hatte. Ein weiterer Teil der Sendung sei eine Retro-Show, in der altes Material wieder hervorgekramt würde. „Wir bekommen oft Anfragen. Die Leute schreiben: Wir wollen alles wiedersehen, was wir vor vierzig Jahren gemacht haben. Und im Sommer, wenn wir nicht genug Material und Gäste für unsere Sendungen haben, lassen wir ‚ganz normale‘ ältere Menschen erzählen. Wir fragen alle unsere Gäste im Sommer, ob sie sich an eine wichtige alte Person aus ihrer Jugend erinnern. So bekommen wir sehr schöne lebendige Geschichten“, schloss Hetty Lubberding.

ist die offizielle Begründung – Danskerne Radio glaubt, dass so eine Sendung nicht mehr gebraucht wird.“ Auch Birthe Meier musste sich also von einer Seniorensendung verabschieden, in der vor allem soziale Themen – wie Wohnen oder Diskriminierung im Alter – besprochen wurden. Das Publikum habe zwar gegen die Absetzung protestiert, so die dänische Redakteurin, aber letztendlich verschwand die Sendung doch mit der Begründung: „Die Älteren haben keine besonderen Probleme, zumindest keine, die die anderen Personenkreise nicht auch haben.“ Die Themen, die vor allem Ältere interessieren, wurden nach dem Ende der Sendung auf verschiedene andere Programme zu Gesundheits- oder Sozialfragen verteilt. Birthe Meier: „Ich kümmere mich um die Älteren. Ich kommentiere die Themen nicht, aber ich frage die besten Experten, die ich in Dänemark finden kann, ich frage Patienten, wenn das möglich ist, und manchmal auch die Zuhörer, die dann anrufen und Fragen stellen. Manchmal rufe ich auch Minister oder andere höher gestellte Persönlichkeiten an und frage: Kümmern Sie sich um dieses Problem? Und wenn nicht, warum nicht? Wann werden Sie sich endlich damit beschäftigen?“

„Ihre Rechte, Ihre Pflichten“ von Danskerne Radio Christine Lemmen wandte sich dann an Birthe Meier, Redakteurin des Danskerne Radio in Dänemark, die die Sendung „Hvad er den ret y hvad er din pligt“ (Ihre Rechte, Ihre Pflichten) betreut. „Ich habe eine Sendung mit 50 Minuten jeden Montag von 9.10 Uhr bis 10.00 Uhr, die sich um Gesundheit und Krankheit dreht, sowohl was den Körper, als auch was die Seele betrifft. Ich bin dabei nur der Gastgeber und unterhalte mich mit einem oder mehreren Interviewpartnern. Manchmal senden wir auch aus einem Krankenhaus. Eine Sendung speziell für Ältere haben wir nicht mehr, weil – das

Von links nach rechts: Dr. Hubert Fritz, Birthe Meier, Christine Lemmen, Hetty Lubberding.

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„Über den Tag hinaus“ vom Bayerischen Rundfunk Danach stellte sich Dr. Hubert Fritz vor. Er ist Redakteur in der Abteilung Familienfunk beim Bayerischen Rundfunk. Im Gegensatz zu den Erfahrungen, die seine Kolleginnen in Dänemark und Italien gemacht haben, kann Dr. Hubert Fritz sagen: „Die Sendungen, die ich betreue, gibt es noch. Die eine ist das ‚Notizbuch‘ im Bayern-2-Radio, eine Sendung, die verschiedene Probleme der Familie abdeckt, unter anderem ein Teil davon auch speziell mit Informationen für Ältere. Die zweite Sendung ist mit einer halben Stunde wöchentlich die Porträtreihe ‚Über den Tag hinaus‘, in der sich ältere Menschen vorstellen.“ Diese Sendung beschäftige sich vor allem mit Erfahrungen alter Menschen. Fritz: „Erfahrungen anderer – und das zeigt wiederum die Erfahrung – sind zwar nicht im Paket als Elitemischung oder im Sonderangebot an die Frau oder an den Mann zu bringen, doch hellsichtig und hellhörig machen sie schon. Die kleinen Aha-Effekte, die sie auslösen, sind um so intensiver, je lebensnäher, konkreter von den Vorfällen des Lebens berichtet wird. ‚Biografie statt Theorie‘ haben wir daher als Leitspruch erkoren für unsere Reihe ‚Über den Tag hinaus‘.“ Zu allererst gehe es dabei um erzähltes Leben aus erster Hand, Berichte über intensiv Empfundenes, Berichte vom Gelingen oder vom Scheitern, auch von den fälschlicherweise so genannten kleinen Dingen. Dann stellte Fritz ein Hörbeispiel über eine 93-jährige Schauspielerin vor. Dr. Fritz danach: „Jeder will alt werden, keiner will alt sein. Wer in unserem Zeitalter des Jugendkults noch ein Tabu brechen möchte, kann sich immer noch an das Thema Alter wagen. Und wenige haben die Größe, unausweichlichen Beschwernissen mit Gelassenheit zu begegnen wie eben diese 93-jährige Schauspielerin Annemarie Marx-Rocke. Wenn Menschen über sich selbst sprechen, fallen sozusagen nebenbei zahlreiche allgemeine Lebensweisheiten an. Das Leben in seiner ganzen Buntheit habe Platz in dieser Sendeleiste, erläuterte Fritz. Beispielsweise würden auch eine Drehorgelfrau, eine Kunstpfeiferin, ein Türmer, auch ein Ex-SED-Funktionär auf Rügen, Adenauers Dolmetscher Hermann Kusterer

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oder ein 64-jähriges Model in der Sendung zu hören sein. Biografisch von Interesse könnten natürlich auch prominente Personen sein: Stefan Hermlin, Hans Küng, Inge Meysel, Marcel Marceau oder Egon Bahr. Oft kämen in seiner Sendung Leute zu Wort, die Entscheidendes bewegt hätten, dies aber meist im Stillen: Beispielsweise eine Musikpädagogin, die soziale Arbeit leistet in Frauengefängnissen, ein Ehepaar, das private Hilfe für die Dritte Welt organisiert, oder Medienfrauen, die die Rundfunklandschaft der Nachkriegszeit mitgestaltet haben. Der Reiz des Ausgefallenen, Exotischen dürfe auch sein – so erschienen etwa im Programm auch mal ein uruguayischer Dichter, der in Deutschland lebt, oder eine Hebamme, die auf Taiwan praktiziert. In der Regel seien aber ganz normale Lebensläufe unseres Jahrhunderts aus dem engeren Umkreis von Deutschland zu hören. Entscheidend dabei sei jeweils die persönliche Sicht der Dinge. Die Form bliebe dabei offen, so Dr. Fritz, sie soll jeweils der Person angemessen sein. Zwischentexte, Zitate aus Memoiren, musikalische Ergänzungen –

Gretel Rieber, Dr. Hubert Fritz.

Workshop 1: Rundfunk-Sendungen für Ältere (I)

alles sei im Prinzip möglich, denn das Prinzip hieße: „Mischung“. Dr. Fritz: „Ich möchte grundsätzlich zeigen, was Berichte, Erzählungen, Dokumentationen dieser Art ausstrahlen können, welche Botschaften weitergegeben werden. Im besten Fall ist dies Ermunterung, ein optimistischer Blick auf die Welt, wie sie ist. Der Diplomat Stephan Ethel zum Beispiel, KZ-Überlebender, während des Zweiten Weltkriegs aktiv im französischen Widerstand und vielfach in Lebensgefahr, zieht in einer Sendung eine positive Bilanz trotz aller negativen Eindrücke. Nach dem Krieg geht er zur UNO und arbeitet mit an der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.“ Auch dazu präsentierte Dr. Fritz ein Hörbeispiel. Dr. Hubert Fritz: „Die Sendungen der Reihe bieten Hörerinnen und Hörern die Chance der Identifikation (‚So erging es mir auch‘) oder der Anteilnahme (‚Das berührt mich‘). Nicht zu verachten ist natürlich auch eine gewisse Vorbildfunktion (‚Das will, das könnte ich auch tun‘).“ Lebensgeschichten seien anrührend, beispielgebend, entlastend, auf jeden Fall aber interessant über den Tag hinaus. Daraufhin zitierte er den Schriftsteller Günter Grass: „Erzählt Kinder, erzählt! Lasst den Faden nicht abreißen, Kinder, denn solange wir noch Geschichten erzählen, leben wir!“ Die statistische Durchschnittshörerin (das Publikum ist überwiegend weiblich) der Sendungen von Dr. Fritz sei mit 59 Jahren reif und interessiert an Lebensberichten. Bayern 2 Radio werbe damit, fügte Dr. Fritz ein, das älteste gehobene Hörfunkprogramm der ARD zu sein. Dabei sei „gehoben“ ein Terminus technicus, der von den Medienleuten, die die Umfragen machen, erfunden worden sei. „Gehobenes Programm“ und damit Bayern 2 sei vorwiegend ein Wortprogramm mit längeren Beiträgen. Nicht Drei-Minuten- oder gar 1.30-Stückchen laufen dort, sondern man könne auch mal ein Hörspiel genießen oder eine halbe Stunde einem Vortrag zuhören.

„In unserem Alter“ vom Westdeutschen Rundfunk Gretel Rieber, Redakteurin beim Westdeutschen

Rundfunk (WDR) macht schon lange Programme (auch) für Ältere. „Meine beiden Sendungen gibt es auch noch – toi, toi, toi! ‚Erlebte Geschichten‘ heißt die eine Reihe. Das ist keine Sendung für Ältere, sondern für alle, die es interessiert. Aber – und das ist das Wichtige daran – es sind Ältere, die erzählen, ohne von Reporterfragen unterbrochen zu werden. Es ist also keine Talkshow und auch kein Porträt. Der Interviewer tritt völlig zurück und überlässt dem Menschen, der aus seinem Leben erzählt, völlig das Mikrofon und die Zeit. Das ist eine inzwischen sehr beliebte Sendereihe, es ist wirklich echte und authentische Oral-History. Da kommen Menschen zu Wort, die mit der deutschen Sprache aufgewachsen sind. Das hat nichts zu tun mit Nationalismus, sondern einfach damit, dass es, wenn man eine halbe Stunde zuhört, leichter fällt, wenn es nicht jemand ist, der mit einem starken Akzent spricht.“ Die Reihe „Erlebte Geschichten“ gibt es seit zwanzig Jahren. Seit immerhin 14 Jahren existiert die andere Sendung, die von Rieber betreut wird: „In unserem Alter – Begegnungen und Informationen“. „Am 10. Mai 1986 habe ich damit angefangen. Das war ein Tag vor Muttertag, und deshalb habe ich damals mit einem klassischen Muttertagsthema angefangen. Das würde ich heute nicht mehr machen. Als ich anfing, die Sendung zu machen, waren die Sendungen sehr ‚alt‘. Das heißt, ich hatte so die Vorstellung, dass ältere Menschen alt sind. Inzwischen habe ich aber gemerkt, dass ältere Menschen manchmal jünger sind als junge. Entsprechend ist meine Sendereihe jünger geworden. Es hören aber immer noch die Alten und die ganz Alten zu, weil sie es gerne haben, dass man langsam redet, dass man ordentlich artikuliert, dass sie es auch verstehen können. Es hören aber auch etliche Jüngere zu, zum Beispiel die Enddreißiger.“ Diese Sendereihe heißt „In unserem Alter“ und läuft jeden Samstag von 8.05 Uhr bis 8.55 Uhr auf WDR 4. Es sei mit 1,8 bis 2 Millionen Hörern pro Samstag das populärste Rundfunkprogramm von

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WDR 4, ja des WDR überhaupt, so die Redakteurin stolz. ‚In unserem Alter‘ – auch schon vom Namen her – ist eine Seniorensendung. Dabei komme es nicht darauf an, ob jemand 50, 60 oder 70 Jahre alt ist. Es komme auf die Themen an. „Wer mit 50 keinen Job mehr findet, der ist in einem bestimmten Aspekt alt – also behandle ich das Thema in meiner Sendung. Leute, die mit 70 nicht mehr arbeiten dürfen, obwohl sie es noch könnten, sind in diesem Aspekt alt – also behandle ich das Thema. Leute, die mit 85 vielleicht dement werden, sind in diesem Zusammenhang alt – also behandle ich das Thema. Frauen, die mit 40, 45 ins Klimakterium kommen, sind in einer Umbruchsituation – also gehört das auch in mein Programm“, berichtete die WDR-Redakteurin.

Rieber: „Es ist notwendig, spezielle Sendungen für Ältere anzubieten“ „Ich bin der Meinung, dass es notwendig ist, spezielle Sendungen für Ältere anzubieten. Nicht, weil Leute über 50 ausgegrenzt werden sollen, sondern einfach deshalb, weil sie in vielen Punkten Fragen, Probleme oder auch Freuden haben, die jüngere Leute nicht teilen. Genauso, wie es Programme gibt für Kinder, für Jugendliche, für Sportfans, für Leute, die sich mit Computertechnik beschäftigen – warum soll es nicht auch eine Sendung geben für Leute, die über 50 sind? Ich halte das für wichtig.“ Natürlich habe der WDR noch in den meisten anderen Kanälen und Programmen Sendungen, die von Älteren gehört würden, beispielsweise das Kulturprogramm WDR 3. Das sei natürlich auch „eine Art Spartenprogramm“.

Progamme für Ältere müssen auffindbar sein Dr. Hubert Fritz berichtete von der Welle Bayern 1, die auch sehr gerne von Älteren gehört würde – ähnlich wie WDR 4 – die sich aber ebenso nicht als Seniorenradio bezeichnen lassen möchte: „Die spielen bei Bayern 1 eine ganz bestimmte Art von Musik, man nennt das volkstümlich – ich würde es

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eher volkstümelnd nennen – aber es kommt gut an. Was gut ankommt, ist ja auch erlaubt. Die Beiträge allerdings sind sehr bescheiden, kurz, in relativ kleinen Formen dargebracht, es gibt keine größeren Sendestrecken. Dieses Programm wird sehr angenommen von Älteren. Und trotzdem haben wir diese Spartensendungen für Ältere in Bayern 2 ganz bewusst behalten, weil wir auch ein sehr treues Publikum haben, das immer wieder nachfragt, das auch reagiert auf Sendungen, das uns schreibt und das auch Themen einfordert.“ Die gefragten Themen seien zum einen Probleme zwischen den Generationen (Wie läuft das mit meinen Enkeln? Wie komme ich mit der Familie zurecht? Wie wird das mit dem Wohnen und Versorgen funktionieren?), zum anderen der große Bereich „Gesundheit“. Die Medienmacher in dem Workshop sind sich im Allgemeinen einig darüber, dass Themen, die Ältere speziell interessieren, auch ins Programm aufgenommen werden. Gretel Rieber machte dabei auf einen sehr wichtigen Punkt aufmerksam: Die Auffindbarkeit. „In den anderen Programmen wissen die Älteren nie, wann ihre Themen behandelt werden. Und bei mir wissen sie, jeden Samstag morgen um die Zeit auf WDR 4 kommt ja auch mal was für mich. Sie wissen, an dem Tag zu der Stunde mit der Frau und mit den freien Mitarbeitern, die sie inzwischen auch alle kennen, kommt was, was irgendwie mit unseren Fragen und Interessen zu tun hat.“ Diese „Auffindbarkeit“ biete den Hörern auch die Verlässlichkeit, nicht überhört und übersehen zu werden.

„Die Macht liegt bei den jungen Männern“ Birthe Meier vom Dänischen Rundfunk interpretierte die Tatsache, dass es ein Internationales Jahr der Senioren gäbe als Zeichen dafür, dass auch Sendungen für Ältere gebraucht werden und dass die Organisation eines solchen Jahres nicht bedeute, dass es jetzt keine Diskriminierung der Älteren mehr gäbe. „Ich glaube, das Hauptproblem liegt darin, dass in Dänemark kaum ältere Personen in öffentlichen Einrichtungen oder machtvollen Positionen zu finden sind. Dabei meine ich nicht nur

Workshop 1: Rundfunk-Sendungen für Ältere (I)

die Medien, ich spreche dabei auch über die Mitglieder des Parlaments, die Professoren an den Universitäten oder die Vorsitzenden wichtiger Institutionen. Warum müssen sie das öffentliche Leben mit 65 oder 70 Jahren verlassen? Wohin man schaut, nur junge Menschen – meist junge Männer. Und die älteren Zuhörer sind zum größten Teil weiblich“, analysierte Birthe Meier die Situation in Dänemark. Darauf fragte Christine Lemmen, wo denn all die älteren Leute in Dänemark seien, und Birthe Meier antwortete: Sie seien im Ruhestand, die Jungen hätten die Macht, das Alter ließe einen ausscheiden.

Quote statt Qualität ? Moderatorin Christine Lemmen fragte Marina Fuentes nach der Verantwortlichkeit staatlicher Sender, sich auch um die Zielgruppe der Älteren zu kümmern. Ihre Antwort: „Die RAI interessiert sich nicht für die Zielgruppen. Irgendwo wird immer nur die Einschaltquote im Visier gehalten. Das Ein-

zige, was für sie wichtig ist, sei die Konkurrenz zu den Privatsendern Das heißt, sie senken das Niveau, sie kümmern sich nicht mehr um die Leute, sie kümmern sich eher um die Einschaltquote. Das ist das Problem, das die RAI im Augenblick durchmacht. Sie macht keinen Service, obwohl die Leute Gebühren bezahlen.“ Auf die Frage der Moderatorin, auf welchem Niveau und in welcher Qualität die Sendungen für Ältere sein sollten, antwortete Gretel Rieber: „Unser Niveau ist sehr hoch, aber unsere Sendungen sind einfach. Ich selbst und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen Deutsch zu reden, nicht aus nationalistischen Gründen, sondern weil die ältere Generation nicht die Chance hatte, Englisch zu lernen in der Schule oder Griechisch oder Latein. Die meisten haben eben ‚nur‘ Hauptschulausbildung. Dann ist es einfach arrogant, wenn man denen pausenlos Fremdwörter um die Ohren haut. Wenn ein Professor wieder mal ein Fremdwort bringt, wird elegant, ohne dass es belehrend klingt, die deutsche Übersetzung nachgeschoben.“

Die Sendung „In unserem Alter“ von WDRRedakteurin Gretel Rieber (rechts) ist die meistgehörte Rundfunksendung für Ältere in Deutschland. (Foto: WDR)

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Workshop 5: Praxis Hörfunk: Rundfunk-Sendungen für Ältere (II) • „MEMO“: Brigitt Flüeler, Redaktionsleiterin Wort, Schweizer Radio (DRS 1), Schweiz

• „Mature Focus“ (Brennpunkt Alter): Janelle Haskell, AARP, USA Moderation: Bert Steinkamp,

• „Senior Party“: Eva Chudinova, Redakteurin Slovensky Rozhlas, Slowakische Republik

Vorsitzender MediaAge, Niederlande

• „La Voz da la Experiencia“ (Die Stimme der Erfahrung):

Rafael Angel Figueroa, Redaktionsleiter Radio Universidad Nacional Mexico (UNAM), Mexico

„MEMO“ vom Schweizer Radio DRS 1 Bert Steinkamp, Vorsitzender von MediaAge aus

den Niederlanden, begrüßte das internationale Podium und bat die Referentinnen und Referenten, sich und ihre Sendungen für Ältere vorzustellen. Es

Brigitt Flüeler vom Schweizer Radio DRS 1 und Moderator Bert Steinkamp von MediaAge.

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begann Brigitt Flüeler, Redaktionsleiterin Wort beim Schweizer Radio DRS 1, mit ihrer Sendung. „‚MEMO‘ lebt, seit es diese Sendung gibt, in einem konstanten internen Spannungsfeld. Die einen möchten die Sendung abschaffen und argumentieren damit, dass die Alten und ihre Themen in einer eigenen Altersendung ghettoisiert würden. Zudem befürchten sie, anders als bei Kindersendungen, dass beim Thema Alter ein großer Teil der Hörerschaft ausgeschlossen werde. Die anderen dagegen finden es wichtig und richtig, dass eine große Bevölkerungsgruppe mit ihren spezifischen Themen eine eigene Sendung hat. Aller internen Unkenrufe zum Trotz: ‚MEMO‘ hat Erfolg!“, so Flüeler. 427.000 Leute hörten jeden Tag die Stunde zwischen 9.00 und 10.00 Uhr am Morgen, das entspräche einer Nettoreichweite von zehn Prozent, die seit 1991 ziemlich unverändert sei (1991 = 10,6 Prozent). Das Schweizer Radio DRS erreiche mit dem Wortbeitrag in „MEMO“ einen Marktanteil von 33 Prozent, bei den über 65-Jährigen steige der Marktanteil sogar auf 78 Prozent.

Workshop 5: Rundfunk-Sendungen für Ältere (II)

Trotz Anpassungen und ständiger Überarbeitung veränderte sich der Ablauf der Sendung in den letzten acht Jahren nicht, so die Redaktionsleiterin. Nach dem „Opener“, dem ersten Musikstück, werde den Leuten, die 95 Jahre und älter sind und dies wünschen, zum Geburtstag gratuliert. „Die ‚Gratulationen‘ sind in der deutschen Schweiz eine Institution. Die große Mehrheit der Hörerschaft hat Verständnis für die Referenz, die damit den Ältesten im Land erbracht wird – doch die Gratulationen verleiten, laut Hörerforschung, auch einen Teil unseres Publikums zum Abschalten. Seit einem Monat werden sie in massiv gekürzter Form gesendet“, erläutert Flüeler. Den Gratulationen folgte von Montag bis Freitag ein Wortbeitrag, der Information, Beratung und Unterhaltung für Menschen in der zweiten Lebenshälfte vermitteln soll. Das Themenspektrum umfasse Kultur, Unterhaltung, Lebensgeschichten (Porträts) oder auch gesellschaftliche Aspekte des Alters, Ratgeberthemen, Gesundheit, Steuern oder Testament. Es würden auch ältere Prominente eingeladen, die dann erzählen, was sie heute machen. „Wir haben eine ‚Carte blanche‘, das sind im Moment vier altgediente Politiker, die in der Schweiz sehr bekannt sind, die zu einem frei gewählten Thema ihre Meinung sagen. Unsere Redaktion überrascht immer wieder, welche Ansichten diese alten Herren und Damen äußern. Zum Beispiel der Altbundesrat Friedrich, der als großer kalter Krieger galt und für die Armee eingetreten ist, wann es nur möglich war, hat bei

uns in ‚MEMO‘ dafür plädiert, dass die Schweiz unbedingt eine reformierte Armee brauche, die auch friedliche Einsätze im Ausland mitmachen könnte“, erzählte Brigitt Flüeler. Immer wieder sende man auch Beiträge, die den Dialog zwischen den Generationen fördern sollen. Die Redaktion achte darauf, dass alte Menschen so oft wie nur möglich immer selbst zu Wort kommen. „Der acht Minuten lange Wortbeitrag überstand die letzte Programmänderung unbeschadet“, freute sich Flüeler. Die Musik bilde das dritte Strukturelement dieser Sendung. Bis zum 20. September 1999 wäre das Musikprofil bewusst auf den Musikgeschmack des ältesten Publikumssegments ausgerichtet gewesen: Operette, leichte Klassik und Unterhaltungsmusik. Seitdem würde das Musikprofil auf der ganzen Senderkette vereinheitlicht und sei nun während des ganzen Tages als „typisch DRS 1“ erkennbar. Das hieße, der Wiedererkennungswert der Musiktitel müsse hoch sein, vertraute Melodien, Ohrwürmer und Oldies, aber auch „Schweizerisches“ prägten den DRS 1-Sound. „Allen internen Diskussionen zum Trotz: ‚MEMO‘ konnte sich in den vergangenen acht Jahren intern und extern positionieren und ist die ‚Alterssendung‘ in der deutschsprachigen Schweiz“, beendet die Redaktionsleiterin Wort Studio Zürich ihre Präsentation.

„Senior Party“ von Slovensky Rozhlas Als nächstes stellte Eva Chudinova ihre Sendung „Senior Party“ (Senioren-Party) vor. Sie ist Redakteurin bei dem slowakischen Sender „Slovensky Rozhlas“. Radio Regina Bratislava sei ein Teil des regionalen Programms im Slowakischen Radio und sende für die Zuhörer in der Hauptstadt der slowakischen Republik, erklärte Eva Chudinova. Die Frequenz reiche auch bis in die Gegenden um Bratislava. Außer dieser Welle gäbe es noch andere regionale Programme für die östliche slowakische Republik und

die Landesmitte. Zu bestimmten Zeiten sendeten die regionalen Wellen gemeinsam. Die Sendung „Senior Party“ würde seit 1993 immer dienstags von 10.00 bis 11.00 Uhr ausgestrahlt. „Die Inhalte richten sich vor allem an ältere Menschen, aber nicht nur an sie. ‚Senior Party‘ bietet auch nützliche Informationen für diejenigen, die sich auf den Ruhestand vorbereiten, wenn es etwa um soziale Themen oder um Versicherungen geht“, erläuterte die Redakteurin und spielte den Jingle und die Ankündigung der Sendung „Senior Party“ vor.

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ma.“ Dazu könnten Zuhörer auch anrufen und Fragen stellen, berichtete die Redaktionsleiterin, „manchmal übertragen wir live Diskussionen mit Experten des Sozialversicherungsamtes, bei denen die Zuhörer direkt anrufen können und Fragen stellen. Für diese Sendungen bekommen wir immer ein sehr positives Feedback“, berichtete Chudinova.

Angel Figueroa aus Mexiko und Eva Chudinova aus der Slowakischen Republik.

In jeder Sendung komme ein Gast ausführlich zu Wort, erläuterte Chudinova, zum Beispiel der Leiter eines Altenclubs in Bratislava, der für seine Arbeit einen Preis erhalten habe. In dem vorgestellten Hörbeispiel erzählte der 70-jährige Altenclubleiter, wie sehr er seine Arbeit liebe, und dass er glücklic sei, wenn andere glücklich sind. „Unsere Redaktion arbeitet auch eng mit dem Sozialversicherungsamt zusammen, diese Kooperation ist sehr aktiv, und wir geben wichtige Informationen an unser Publikum. Der Gesundheits- und Sozialversicherungsmarkt hat sich nach seiner Einführung 1994 schnell entwickelt durch den Reformprozess in der Slowakei. Besonders für ältere Menschen ist es wichtig, korrekte Informationen über die Veränderungen der Gesetze zu erhalten. Wir haben deshalb in fast allen Ausgaben von ‚Senior Party‘ neueste Informationen zu diesem The-

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Ein weiterer, sehr beliebter Teil der “Senior Party“ seien Besuche in Senioren-Clubs, besonders wenn diese ihr Jubiläum feierten, so Chudinova. So erhielten die Zuhörer Anregungen, wie man das eigene Leben bereichern und aktiv bleiben kann. Besonders hoch im Interesse des Publikums angesiedelt sei das Thema Gesundheitsversorgung, daher hätten sie zu diesem Themenkreis viele Informationen gesendet, berichtete die Vertreterin des Slowakischen Senders. „Die in die Sendung eingeladenen Experten sprechen dann nicht nur über Krankheiten und die Risikofaktoren, sondern vor allem auch darüber, wie man Beschwerden bei der älteren Bevölkerung vorbeugen kann. Wir hatten ein sehr großes Feedback erhalten, nachdem ein Experte über Bewegung zur Prophylaxe gesprochen hatte. Wir redeten über eine Videokassette mit YogaÜbungen und wurden sofort nach der Sendung für über drei Stunden mit telefonischen Anfragen überschüttet. Es ist klar: Die Senioren möchten für sich selbst sorgen“, so Chudinova. Sie erinnert sich auch an andere Themen, die älteren Menschen sehr geholfen hätten, wie zum Beispiel Informationen über die Universität des dritten Lebensalters. Abschließend sagte die slowakische Redakteurin: „Im slowakischen Radio werden ältere Menschen in der nachberuflichen Phase weder überhört noch übersehen.“

Workshop 5: Rundfunk-Sendungen für Ältere (II)

„Die Stimme der Erfahrung“ von Radio Universidad Nacional Mexico Der Moderator Bert Steinkamp meinte schmunzelnd: „Und wieder zeigt sich: Wo wäre Radio ohne Jubiläen und Telefon?“ um dann überzuleiten auf den nächsten Redner, der aus Mexico nach Köln gekommen war. Steinkamp erinnerte daran, dass – verglichen mit Europa und den Vereinigten Staaten – viele Tausend Sender in der ganzen Welt unter restriktiven Verhältnissen arbeiten müssten. Er bat den „Kollegen“ Rafael Angel Figueroa, sich und seine Sendung „La Voz de la Experiencia“ („The Voice of Experience“, Die Stimme der Erfahrung) vorzustellen. „Mein Name ist Angel Figueroa, ich bin 33 Jahre alt und dabei, alt zu werden. Dieses Prinzip meines eigenen Alterns hat mich dazu gebracht, eine Radiosendung zu kreiieren, die sich an die Älteren wendet. Ich finde, die Älteren, das sind nicht ‚die anderen‘, die älteren sind nicht ‚der Rest‘. So wie jeder andere Mensch auch wurde ich vom Tag meiner Geburt an älter und strebe dem Alter entgegen. Manchmal, wenn wir über die Älteren sprechen, klingt es so, als würden wir uns auf sehr weit entfernte Phänomene beziehen, die aus einer anderen Dimension kommen. Ich glaube, es gibt einen ganz natürlichen und offensichtlichen Grund für dieses Verhalten. Es ist schwer, uns selbst als Individuen mit weniger Jugend zu sehen und bewusst zu machen, welche körperlichen Fähigkeiten wir beim Altern verlieren. Das erinnert mich an einen früheren Präsidenten von Mexico, der ungefähr 80 Jahre alt war, und der sagte, wir müssten den Älteren helfen. Er gab sich aber sehr viel Mühe, sich nicht selbst in diese Gruppe mit einzubeziehen“, soweit der 33-Jährige. Er fuhr fort: „Wenn wir über Radiosendungen für Ältere sprechen, reden wir dann nur über Einsamkeit, Ungeduld und Ruhestand? Reden wir über vergangene Zeiten, Erinnerungen und das, was wir verloren haben? Die Antwort ist: Nein! Meiner Erfahrung nach unterscheiden sich die Bedürfnisse und Interessen der älteren Menschen nicht von denen der jüngeren. Über 65 Jahre alt zu sein bedeu-

tet nicht, dass man das Bedürfnis verloren hat, über die soziale, wirtschaftliche und politische Situation des eigenen Landes zu debattieren oder gleichgültig Themen gegenüberzustehen wie Drogen, Aids, neue Technologien, Kriege oder medizinische Entdeckungen“, erklärt Figueroa. Sein Sender habe herausgefunden, dass in Mexico neben dem besonderen Bedürfnis nach Zuneigung und Aufmerksamkeit die Interessen der Älteren sehr denen der Menschen zwischen 30 und 55 entsprächen: das Bedürfnis nach Information und Auseinandersetzung betreffe genauso Fragen der Gesundheit, der Ernährung, des Wohnens, der Sicherheit und des Lebensunterhalts. Der Redaktionsleiter von Radio Universidad Nacional Mexico berichtete: „In den ersten Jahren haben wir angenommen, wir wüssten, welche Themen die Älteren interessieren. Wir haben vor allem aus der Medizin berichtet. Im Lauf der Zeit haben wir dann mit Unterstützung des Publikums herausgefunden, dass wir in einer Sendung für Ältere im Prinzip über alles berichten und auch jedes Thema zur Debatte stellen konnten, wie zum Beispiel öffentliche Sicherheit oder Umweltverschmutzung in Mexico City, die Ermordung des mexikanischen Präsidentschaftskandidaten durch eine politische Partei, die Reformen und den Verlust sozialer Sicherheit, die Lebenssituation der Eingeborenen oder der Konflikt im südlichen Teil des Landes. Wir bekommen sofort Rückmeldung, vor allem wenn wir die ältere Bevölkerung bitten, mit uns junger Generation zusammenzuarbeiten und uns zu helfen, Ereignisse zu analysieren und zu verstehen. Ein älterer Mensch braucht es, dass man seine Sicht der Dinge anhört und seine Erfahrung wertschätzt, aber auch, dass man ihn mit anderen Meinungen konfrontiert.“ Figueroa möchte nicht, dass seine Sendung zur Heimat der Nostalgie werde nach dem Motto „Früher war alles besser“. Er möchte mit seinem Programm die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft verknüpfen und den Dialog zwischen den Generationen führen. „Eine Sendung für Ältere sollte nicht nur die Älteren interessieren, denn älter

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werden fängt nicht erst mit 65 an. Wenn wir älter werden, könnte es schon zu spät sein. Darin wurzelt unser Bedürfnis, ein Publikum nicht nur unter den Alten zu finden“, betonte Figueroa. „Die Stimme der Erfahrung“ habe 1997 versucht, ihre Verbreitungsmöglichkeiten zu erweitern. Zum einen wurde das Programm daraufhin in verschiedene Landesteile und auch andere Länder übertragen; zum anderen wurde aus anderen Ländern gesendet, zum Beispiel von der Offenen Universität der Älteren aus der Universität von Rio de Janeiro in Brasilien oder auch vom Amerikanischen Zentrum für Ältere in Kuba, außerdem von Veranstaltungen in London, Ottawa, Montreal, Dallas und aus Spanien. In den Sendungen ging es auch darum zu erfahren, wie die Älteren in anderen Ländern lebten und wie sie es organsieren, für ihre Rechte einzustehen und zu kämpfen, berichtete der mexikanische Journalist. „Diese Erfahrungen aus anderen Ländern haben das mexikanische Gewissen wachgerüttelt und die Älteren dazu gebracht, sich besser zu organsisieren und ihre Rechte einzufordern“, so Figueroas. Dann berichtet der junge Redakteur, wie die älteren Menschen in Mexiko leben. Von den 100 Millionen Einwohnern sind fast sieben Millionen über 60, sie repräsentieren sieben Prozent der Gesamtbevölkerung. Von ihnen erhielten nur 18 Prozent eine Rente, die Zahl derer, die ein eigenes Haus besitzen, sei minimal. Obwohl die Arbeitsgesetze vorschrieben, dass Arbeitgeber einen Sozialfonds für ihre Angestellten haben müssten, passiere das in der Praxis kaum. „Wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit, und viele Menschen arbeiten ohne Altersvorsorge bis ins hohe Alter. Als wir zum Beispiel eine Sendung zum Thema ‚Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Situation Älterer‘ in unserem Land gemacht haben, da haben die Zuhörer nicht angerufen, um sich über Renten zu informieren, sondern um nach einem Job zu fragen. Denn Frauen und Männer zwischen 50 und 70 Jahren suchen nach einer Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften“, schilderte Rafael Angel Figueroa. Mit der Schilderung der Lebensumstände in Mexico und Staaten der Dritten Welt wollte er einen

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Von links nach rechts: Janelle Haskell, Angel Figueroa, Eva Chudinova, Brigitt Flüeler.

Kontrast setzen zu den Berichten aus den Ländern, in denen Verbände und Institutionen sich hauptsächlich darum sorgen, wie die Älteren ihre freie Zeit am besten nutzen können. „In Ländern wie Mexico fahren viele der 60- oder 70-Jährigen Taxi, arbeiten in der Landwirtschaft oder im Verkauf oder suchen sich einen anderen Weg, um Tag für Tag zu überleben“, ergänzte der mexikanische Redakteur. Durch diese Situationen bilde sich eine sehr aktive, ältere Gemeinschaft heraus, die sich für ihre Rechte einsetze. Weil aber der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung recht klein sei, gebe es nicht viel Interesse seitens der Politik für deren Probleme. Die Älteren in Mexiko wären sich auch ihrer Stärke nicht bewusst, die sie als Gruppe mittlerweile haben und mit der sie Änderungen erreichen könnten, berichtete der Redakteur aus Mittelamerika. Und er wies darauf hin, dass sich auch Mexico demographisch verändert habe: Die Geburtenrate sei zurückgegangen und durch die erhöhte Lebenserwartung stände Mexico mittlerweile auf Platz 11 in der Liste der Nationen mit einer hohen Anzahl Älterer in der Bevölkerung. In ungefähr 25 Jahren wäre Mexico hier auf Platz 8. „All das rechtfertigt die grundlegende Entscheidung, die Generation der heute 40- bis 50-Jährigen auch in den Medien darüber aufzuklären, dass sie älter wird und sich um bessere, würdevollere Lebensbedingungen für Ältere kümmern muss.“

Workshop 5: Rundfunk-Sendungen für Ältere (II)

Der Name der Radiosendung „Die Stimme der Erfahrung“ verrate, „dass wir die Erfahrungen von wichtigen Männern und Frauen aus unserer Zeit bewahren möchten, etwa von Schriftstellern, Filmemachern, Künstlern, Politikern, Wissenschaftlern, Humanisten, Geschäftsleuten, Historikern oder Wirtschaftsspezialisten – und von ganz normalen Menschen“, sagte Figueroa. „Wir geben der Wissenschaft, die sich mit dem Älterwerden beschäftigt, einen hohen Stellenwert und vermitteln die Inhalte und Forschungsergebnisse in unseren Sendungen. Außerdem haben wir eine Rubrik eingeführt, in der unsere Hörer als Journalisten auftreten. Das klappt gut und gibt den Menschen eine neue Motivation. Ich glaube daran, dass wir die

Grenzen zwischen den Generationen durch das Einbringen von Erfahrung aufbrechen können“, schloss Rafael Angel Figueroa seinen bewegenden Vortrag. Der Moderator Bert Steinkamp dankte dem Referenten aus Mexico und meinte, wir Europäer sollten uns daran erinnern, wie sehr sich die Gesellschaft Mexicos von unseren europäischen Gesellschaften unterscheide und welche Ansprüche das auch an die Radiomacher stelle. Als nächste Rednerin stellte Steinkamp Janelle Haskell von der amerikanischen Organisation AARP vor.

„Brennpunkt Alter“ und „Prime Time Radio“ von AARP „Mit 33 Millionen Mitgliedern ist AARP der größte Verband der Vereinigten Staaten, und er tut viele Dinge. Wir bieten zum Beispiel Angebote und Service für Ältere, wie zum Beispiel Versicherungen, Geldanlagen oder auch Forschung. Außerdem versuchen wir, auf den amerikanischen Kongress Einfluss zu nehmen. Wegen dieser politischen Aktivitäten nennt man uns manchmal den „800-Pfund-Gorilla“, denn wenn wir alle unsere 33 Millionen Mitglieder in Marsch setzen und auffordern, ihren Kongressabgeordneten anzurufen, dann hören sie auf einmal zu“, begann Janelle Haskell, ehe sie auf ihre Arbeit als Produzentin zweier unterschiedlicher Radiosendungen der AARP zu sprechen kam. „Ich möchte eine ausgewogene Sendung machen. Auf der einen Seite werden die Programme von AARP bezahlt und sind dadurch von der Werbung unabhängig. Auf der anderen Seite versuche ich, die politische Lobbyarbeit von AARP nicht in die Sendungen einfließen zu lassen.“ Bei der Bedeutung von AARP schafft es die Produzentin auch, hochgestellte Persönlichkeiten vor das Mikrofon zu bekommen. „Kürzlich hatte ich unseren Präsidenten Clinton zu Gast – leider konnte ich keinen Republikaner finden, der für die andere Seite sprechen wollte. Aber wir bemühen uns immer um po-

litische Ausgewogenheit“, berichtete Janelle Haskell. Ihre Sendung sei ein Feature von nur 90 Sekunden, das täglich gesendet wird. Es wird von einem älteren Herrn gemacht, der schon seit Jahren auf Sendung ist. Er wäre ein professioneller „Nachrichtenmann“, so Haskell bewundernd, und er habe ein ungeheuer weites Feld an Informationen, aus dem er täglich das Feature bestückt. Die Sendung „Mature Focus“ (Brennpunkt Alter) wird über 500 Radiostationen in Amerika (es gäbe über 10.000 kommerzielle Radiosender in Amerika, fügte Haskell ein) ausgestrahlt und ist auch über das Internet zu empfangen. Haskell spielte ein Hörbeispiel ein, das das Publikum irritierte. Für deutsche Hörgewohnheiten verliefen die 90 Sekunden, die mit mehreren Themen gespickt waren, viel zu rasant. „Sie haben gemerkt, Jim spricht sehr schnell“, reagierte Haskell auf die erstaunten Gesichter im Publikum, „aber das ist der klassische amerikanische Stil. Im Radio müssen wir so schnell sprechen, weil wir unter Zeitdruck stehen. Jim, der Sprecher, ist ein älterer Herr und das Publikum ist noch älter, aber wir bekommen keine Beschwerden. Aber wenn ich zurückkomme,

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Praxis Hörfunk

werde ich ihn auffordern, langsamer zu sprechen”, versprach die Produzentin. Weit mehr Sendezeit bleibt Haskell in ihrer anderen Sendung, einem wöchentlichen Interviewformat, das eine Stunde lang ist, aber in zwei Teilen im öffentlichen Radio gesendet wird (und auch im Internet zu finden ist). Das „public radio“ der USA wendet sich im Allgemeinen an ein älteres, gebildeteres, vermögenderes Publikum. „Ich glaube, das Geheimnis des Erfolgs dieser Sendung ist seine Qualität. Je älter wir werden, desto mehr haben wir gehört, desto mehr neigen wir dazu, bestimmter zu werden und eine bessere Qualität zu fordern, weil wir eben schon so viel gehört haben”, analysierte Haskell. Der Gastgeber der Sendung „Prime Time Radio“ sei ein erfahrener Journalist und Radiomacher, der sich sehr gründlich auf seine Gespräche vorbereite. Unüblich für das amerikanische Radio sei, eine halbe Stunde Zeit zu haben, um ein Thema wirklich zu ergründen. „Ich glaube, das ist ein besonderer Anspruch älterer Zuhörer, gründlich und ruhig über ein Thema informiert zu werden. Die meisten Sendungen in Amerika werden immer schneller und immer kürzer“, erklärte Haskell. Die Themen seien sehr abwechslungsreich, aber nicht unbedingt leicht verdaulich und seien unterhaltend. „Ich spreche mit möglichen Interviewpartnern vorher am Telefon“, erläuterte Haskell, „wenn ich sie langweilig finde, werden sie nicht eingeladen.“ Die Produzentin berichtete von einer Sendung. Da wurde das Thema „Tod und Sterben“ ausgewählt, wobei auf eine Studie des National Hospice Foun-

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dation eingegangen wurde. Die Wissenschaftler hatten herausgefunden, dass die „Baby Boomer“ mit ihren Eltern nicht über die Themen Sterben und Tod sprechen möchten. „Also haben wir mit den Wissenschaftlern über ihre Umfrage gesprochen und darüber, wie man miteinander über den Tod reden kann. Das war keine lustige Sendung, aber es war sehr informativ, und es haben uns viele Reaktionen der Hörer erreicht, die sich für diese Informationen bedankt haben. Wir versuchen nicht, die Themen ‚weichzuspülen‘“. Haskell führte aber auch „leichtere Beispiele“ der Sendung „Prime Time Radio“ vor, in dem Francis Weaver zu Wort kommt, die ein Buch mit dem Titel „Die Mädchen mit den Großmütter-Gesichtern“ geschrieben hat. Zusammenfassend erklärte Haskell: „Die älteren Amerikaner sind die am stärksten wachsende Zuschauergruppe, deshalb wird man sich um sie bemühen. Wir sind gefragt, wenn es darum geht, Qualität zu erhalten. Die meisten amerikanischen komerziellen Radiosender konzentrieren sich auf Country Music, an zweiter Stelle stehen Nachrichten und Talks. Unter den Älteren sind die beliebtesten Formate Nachrichten und Talks und Country Music. Ich glaube, wir leisten gute Arbeit, unsere ältere Bevölkerung mit einer Vielfalt an Themen zu bedienen.“ Bert Steinkamp bedankte sich bei den Mitgliedern des Podiums und forderte die Zuhörer auf, am Radio „dran zu bleiben“. Denn Zuhörer, die immer wieder den Sender einschalten, wären nun einmal das beste Kriterium für gut gemachtes Radio.

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere • Radio Bleue: Françoise Dost, Programmdirektorin „Radio Bleue“, Frankreich

• SFB Berlin 88,8: Hermann Meyerhoff, Wortchef SFB 88,8, Sender Freies Berlin, Deutschland

• RTÉ Radio: John Quinn, Produzent Radio Telefis Éireann (RTE), Irland

• SWR 4: Andreas Gödtel, Teamchef öffentliche Veranstaltungen und Radioaktionen, Südwestrundfunk (SWR), Deutschland

• Radio Flora: Kai Pabst, Redaktionsleiter Seniorenredaktion Silberstreif, Radio Flora, Hannover, Deutschland • NDR 1 Welle Nord: Andreas Schmidt, Redaktion Heimat und Kultur, Norddeutscher Rundfunk (NDR 1), Deutschland • HR 4: Bernd Peter Arnold, Wellenchef WDR 4, Hessischer Rundfunk, Deutschland

• MDR 1 Radio Sachsen: Dr. Alexander Jereczinski, Programmbereichsleiter, Mitteldeutscher Rundfunk (MDR 1), Deutschland • Radio Melodie: Thomas von Seckendorff, Geschäftsführer Radio Melodie, München, Deutschland Moderation: Michael Brocker, freier Journalist

und Moderator beim Westdeutschen Rundfunk

• WDR 4: Hans-Holger Knocke, stellvertretender Leiter Wellenredaktion WDR 4, Westdeutscher Rundfunk, Deutschland

„Wir wollen uns in den nächsten anderthalb Stunden über Radioprogramme und die Frage unterhalten, inwieweit Radiowellen ältere Menschen als Publikum anstreben oder vielleicht nur tolerieren. Das ist ja aus dem Fernsehbereich sehr bekannt, dass vor allen Dingen private Fernsehprogramme ältere Menschen gar nicht mehr haben wollen, weil sie für die werbetreibende Industrie völlig uninte-

ressant sind.“ Mit diesen Worten führte Moderator Michael Brocker die elf Podiumsmitglieder in das

Thema „Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere” ein. Es gäbe nicht so viele Programme, die sich direkt und ausdrücklich an ein Publikum richten, das vielleicht mit 50 oder mit 55 anfängt, so Brocker, selbst Moderator beim WDR-Hörfunk.

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Praxis Hörfunk

„Radio Bleue“: 24 Stunden täglich „Radio des aktiven Ruhestands“ Ein Beispiel für ein komplettes Radioprogramm, das gezielt für ältere Menschen gemacht wird, ist „Radio Bleue“ aus Frankreich. Françoise Dost, Programmchefin dieser Welle, stellte als erste ihr Konzept vor. Auf die Frage, warum sich das Programm die Farbe Blau als Namen gewählt habe, erzählte Dost: „Wir haben uns schon vor langer Zeit für ‚Bleue‘ entschieden, denn ‚Radio Bleue‘ wird im Jahr 2000 zwanzig. Ich glaube, dass zeigt unmittelbar auf den ersten Blick, dass wir von Anfang an nicht nur auf das Alter abheben wollten. Wir sind um zwei Namen ‚Radio Vie Nouvelle‘ oder ‚Radio Vermeille‘ herumgekommen. In Frankreich ist ‚Vermeil‘ (purpur / rot) die Farbe der Seniorenkarten für die Métro oder das Theater. ‚Radio Bleue‘ hat uns aus all dem herausgeholt. Blau ist die Lieblingsfarbe der Franzosen und steht für Ruhe und Heiterkeit. Das ist alles, was man möchte – aber nicht das Alter. Der Untertitel des Programms ist übrigens ‚La parfum de vie‘ – der Duft des Lebens.“ Bei „Radio Bleue“ handelt es sich um einen der landesweiten Sender des öffentlich-rechtlichen Radio France mit seinen Wellen: France Inter, France Musique, France Culture, France Info, Radio Bleue. Er unterhält für andere Sender wie France Inter enorm große Redaktionen mit 60, 70, oder

Von links nach rechts: Hermann Meyerhoff, Dr. Alexander Jereczinski, Andreas Gödtel, Françoise Dost, Moderator Michael Brocker.

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80 Journalisten. „Radio Bleue“ dagegen hat nur eine kleine Redaktion aus fünf Journalisten und muss deshalb Nachrichtensendungen von France Inter übernehmen. Françoise Dost: „Das Programm beinhaltet Reportagen und Interviews. Das ermöglicht unserem Publikum, auch zu Wort zu kommen.“ Die Programmdirektorin schilderte ihren Sender als Medium des Infotainment, denn „wir brauchen das Lachen“, und man wisse auch, dass die Älteren Informationen benötigten. „Radio Bleue“ wurde 1980 als täglich sendendes Programm gegründet und sollte es den Überfünfzigern ermöglichen, besser mit ihrer Zeit zu leben, treu dem, was sie gewesen sind, aber auch auf der Höhe der Zeit in einer Welt der ständigen Entwicklung. So stellte Françoise Dost das Anliegen des „Radio des aktiven Ruhestands“ und „Radios gegen die Einsamkeit“ vor. Warm und kameradschaftlich wollte man vor zwanzig Jahren das Programm gestalten, erinnert sich die Programmchefin, „heute sagt man: Willkommen bei ‚Radio Bleue‘ in einem Universum des Vergnügens, der Emotion und der Entdeckung und mit über 60 Prozent Musik. Vom Alter ist inzwischen keine Rede mehr, wenn man von ‚Radio Bleue‘ spricht. Die Themen unseres Programms sind das tägliche Leben, Dienstleistungen, Spiele, Freizeitgestaltung, alles was man tun kann, um seine Zeit angenehm zu verbringen. Das geht von der Garten- und Heimwerker-Arbeit über den Sport bis zum Reisen. Denn die meisten Senioren haben bekanntlich die Geldmittel und die Zeit zum Reisen. Wir denken auch an diejenigen, die das Geld nicht haben – also reisen wir im Radio. Das Radio ist eine außergewöhnliche Möglichkeit, ohne Ermüdung zu reisen. Es erlaubt uns zu träumen, der Fantasie freien Raum zu geben und dem Herzen Freude zu bereiten. Die Erinnerung und das Wiederhören von Stimmen, die verschwunden sind, gelingen mit Hilfe von Dokumenten des Institut National de l’Audiovisuel.“ Die Farbe des Programms habe sich in den zwanzig Jahren geändert, so die Programmchefin. Es wür-

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

den jetzt mehr Musik und allgemeine Inhalte gebracht, auch die Jingles zur Erkennung des Programms hätten sich erheblich geändert. „Diese Veränderung transportiert wiederum unseren Willen, nicht mehr vom Alter zu sprechen. Selbst wenn wir unser treuestes Publikum weiter verhätscheln und pflegen, da es ja mit uns ein bisschen älter geworden ist, jetzt, wo Radio Bleue‘ zwanzig ist: Jene, die fünfzig oder sechzig waren, als sie uns zum ersten Mal hörten, sind heute 80, 85 Jahre alt“, beschrieb Françoise Dost die Entwicklung des Senders. Sie sei geprägt von dem Wissen, dass diejenigen, die jetzt in den Ruhestand eintreten, sich nicht anhören wollten, dass sie Radio für ältere Menschen hören. An diese Hörerschaft würde aber bei der Musikauswahl, bei der Wahl der Themen und beim Umgangston gedacht. „Wir behandeln sie herzlich, auch nicht unbedingt zu langsam. ‚Radio Bleue‘ ist ein Radiosender von heute, und junge Leute machen ihn“, sagte Frau Dost. Sie lud alle Kongressteilnehmer ein, den Sender im Internet zu besuchen (www.radio-france.fr/chaines/radio-bleue/sommaire/) und sich die Sendungen online anzuhören.

Jahren harter Auseinandersetzungen Schritt für Schritt erkämpft – und dazu ein Musikprogramm, denn wir sind schließlich 24 Stunden rund um die Uhr auf UKW und auf Satellit, Satellitenkanal und TPS zu empfangen. Das Musikprogramm läuft von zwanzig Uhr bis sieben Uhr morgens mit 80 Prozent französischem Liedgut“, schloss die französische Programmchefin ihre Vorstellung ab. Auf die Frage des Moderators Michael Brocker, ob sie bei der Festlegung des Programms auch auf die Einschaltquoten achten müsse, antwortete Frau Dost: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk interessiert sich angeblich ein bisschen weniger für die Quoten als die Privaten. Das ist nicht mehr uneingeschränkt richtig und – Gott sei Dank, übrigens – denn wir leben in einer Welt des Wettbewerbs, und man muss kämpfen. Es stimmt, heute müssten uns die strategischen Überlegungen, die wir anstellen, ermöglichen, ein weitaus bedeutenderes Netz auszubauen, das mit bestimmten Privatsendern vom Typ Radio Nostalgie, RFM und anderen konkurrieren kann, jedoch stets mit einem Inhalt, der die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darstellt.“

„Die inhaltlichen Themen von sieben bis neunzehn Uhr, den ganzen Tag – das haben wir nach vielen

RTÉ 1 – irisches Radio mit „Führer durch Möglichkeiten des Alters“ Als nächsten Gast bat der Moderator John Quinn, Produzent beim RTÉ (Radio Telefis Éireann ) Radio in Dublin. Herr Quinn habe in seinem Sender etwas etabliert, was mit dem Buchstaben „L“ zu tun hat, machte Michael Brocker es für die Zuhörer spannend: „L“ steht ja erst mal – das kennen wir auch in Deutschland – für Leute, die anfangen, Auto zu fahren. Aber Sie lernen jetzt nicht erst mal anfangen zu senden, oder?” John Quinn nahm – medienerfahren – den Faden auf und sagte: „Ich hoffe, dass ich noch lerne, und in Zukunft lernen werde.“ RTÉ (Radio Telefis Éireann) ist der nationale Radio- und Fernsehsender für Irland. RTÉ wird über Rundfunkgebühren und Werbung finanziert und

hat eine öffentlich-rechtliche Aufgabe zu erfüllen. Es gibt vier Wellen: einen Musikkanal für junge Leute, einen in diesem Jahr gegründeten Musikund Kunst-Kanal mit vorwiegend klassischer Musik, eine Welle, die in Irisch sendet, und Radio 1 bringt Nachrichten, Talkshows, Call-in-Sendungen, Dokumentationen, Features, Hörspiel, Musik, Spartenmusik, Kunst und Sonderthemen etwa zu Landwirtschaft, Lifestyle, Religion und Bildung. John Quinn: „Ich arbeite für Radio 1. Der Tag hat nur 24 Stunden, also wäre es sehr schwierig, ein spezielles Programm für ältere Menschen regelmäßig in das Programmschema unterzubringen.“ Das Publikum von Radio 1 ist 35 Jahre und älter, die Kernhörerschaft dürfte die magischen 50 Jahre erreicht haben, führte Quinn aus. „Wir haben keine

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Praxis Hörfunk

regelmäßigen Sendungen für Ältere, aber die Themen, die die Älteren ganz offensichtlich betreffen, kommen in den Talkshows vor, werden bei Call-in-Sendungen besprochen, kommen in Dokumentationen, LifestyleSendungen oder Bildungsprogrammen vor. Themen wie Einsamkeit oder Konflikte zwischen den Generationen werden in Hörspielen erkundet.“ Außerdem habe RTÉ 1 speziell strukturierte Serien, die sich ums Alter oder ältere Menschen drehen. Kurz stellte Quinn eine zwölfteilige Serie vor, die er 1993 produzierte und die „The Tinically Senate“ hieß. Tinically war der Name eines Hotels, in dem zwölf ältere, kluge Menschen aus Medizin, Bildung, öffentlicher Verwaltung – kurz Menschen, die was zu sagen haben – untergebracht waren. Dieser „Senat“ aus zwölf Personen hatte die Aufgabe, darüber nachzudenken, wie man den Geist Irlands erneuern könnte, dabei könnte es zum Beispiel um die irische Sprache gehen, um die gesellschaftliche Entwicklung, um Arbeitslosigkeit oder anderes. Jeder der zwölf „Senatoren“ sollte in zehn Minuten sein Thema vorstellen, in den verbleibenden 20 Minuten sollten die elf anderen mit ihm diskutieren. „In zwei Tagen hatten wir zwölf Halbe-Stunden-Beiträge zusammen, die nur ein kleines bisschen bearbeitet werden mussten. Eine sehr produktive Art, Radio zu machen. Und wir haben von der Weisheit und Erfahrung der älteren Generation gezehrt“, erinnert sich John Quinn. Dann beschrieb der irische Radiomacher eine Serie, die er 1998 produziert hatte. Bewusst habe er dafür den Namen „L plus“ gewählt, denn es ging darum, etwas über das Alter zu lernen und die Möglichkeiten, die man im Alter hat. „L plus“ bezog sich dabei auf die römische Zahl „L“, die für 50 steht und natürlich auf das bekannte „L“ für Learner. „Im ersten Teil des Lebens hat man seine Eltern und andere Erwachsene, die einen durch das Leben führen. Dann übernimmt das die Schule und bereitet den Menschen zumindest theoretisch auf das Erwachsensein und die Arbeit vor. Dann kommt der dritte Teil des Lebens, das Alter. Da sagt einem niemand, was einen erwartet. Es gibt keine offizielle Unterstützung oder Anleitung – was eine gute Idee

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wäre. Wir könnten so viel von der Erfahrung älterer Menschen zehren. So kam ich zu dem Ziel der Serie ‚L plus‘: Es sollte ein Führer werden durch die Möglichkeiten des Alters, und das ist wichtig, wenn man bedenkt, dass die Menschen heutzutage länger leben und dass die Zeit des Ruhestands fast so lang sein kann wie die Zeit im Arbeitsleben. Wir sollen uns nicht mit Vorurteilen abspeisen lassen, die wir immer wieder hören, dass man im Alter langsam, krank, grantig, hilflos, zynisch oder so wird. Die Serie ‚L plus‘ lud ein, das Alter zu genießen und das eigene Potenzial zu erhöhen. Denn man hört mit 50 nicht auf zu wachsen, sich zu entwickeln und zu lernen. Manche Leute fangen dann erst an!“ Es gebe im Alter aber auch viel Last, sagte Quinn, den Partner zu verlieren, die Arbeit zu verlieren, das eigene Heim zu verlieren oder auch Schwierigkeiten in den Familienbeziehungen. Sein Credo dagegen lautet: Etwas zu leisten bringt Zufriedenheit! Daher wäre das Ziel seiner Serie gewesen, den Prozess des Älterwerdens zu normalisieren, ihn und seine negativen Seiten nicht zu verleugnen, aber auch das lebendige, kraftvolle dieses Lebensabschnitts zuzulassen. Die Betonung bei „L plus“ lag deshalb beim Praktischen, Möglichen, Positiven und Ehrlichen.

Von links nach rechts: Thomas von Seckendorff, John Quinn, Hans-Holger Knocke, Andreas Schmidt, Bernd Peter Arnold.

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

Zur Radioserie wurde auch ein Broschüre herausgebracht. Durch die große Nachfrage nach diesem kostenlosen Infomaterial konnten Rückschlüsse auf das große Interesse an diesen Themen gezogen werden. In der Broschüre wurde die Serie zusammengefasst, Bücher und Filme zum Thema „Alter“ wurden genannt, und es gab eine Liste wichtiger Organsiationen. In dieser Broschüre wurde auch ein Gedicht von der 85-jährigen Amerika-

nerin Nadine Stair veröffentlicht. Sie beschreibt den Blick zurück auf ihr Leben und stellt fest, dass sie die Möglichkeiten, die sie hatte, nicht wirklich genutzt hat. Wenn sie die Uhr noch mal zurückdrehen könnte, würde sie ganz anders leben. Das Gedicht, das Quinn abschließend vortrug, heißt: „I would pick more daisies“ (Ich würde mehr Gänseblümchen pflücken).

Lokalradio Flora mit „Silberstreif“ Michael Brocker dankte Herrn Quinn für seine Vorstellung und bemerkte, das „wunderschöne“ Gedicht entspreche der Philosophie, das Alter als Chance zu begreifen und zu sagen: Ich gestalte, ich mache etwas mit mir, mit meinem Leben. Brocker übergab dann an Kai Pabst, den Redaktionsleiter der Redaktion „Silberstreif“ von Radio Flora in Hannover. Flora steht für „Freundeskreis Lokalradio Hannover“ und ist ein gemeinnütziger Verein. Radio Flora beruft sich im Redaktionsstatut auf ein Motto von Bertolt Brecht: Der Rundfunk wäre der großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, wenn er es verstünde, nicht nur zu senden, sondern auch zu hören, also Hörende auch sendend zu machen, also die Hörerschaft miteinander in Beziehung zu setzen. „Insofern ist es nur konsequent, dass wir auch ein Seniorenprogramm haben“, begann Kai Pabst die Vorstellung von Radio Flora, ein Modellprojekt des Landes Niedersachsen. Das Programm würde ausschließlich mit und von, aber nicht nur für Senioren und Seniorinnen gemacht. Die Redaktion besteht aus einem festen Stamm von fünf Frauen und einem Mann zwischen 65 und 74 Jahren, erläuterte Pabst, der selbst der jüngeren Generation angehört. Diese Redaktionsgruppe macht eine 14-tägige Magazinsendung, die sonntags 15.00 Uhr bis 16.00 Uhr ausgestrahlt wird. Darüber hinaus erstellen sie auch Beiträge, die im Vollprogramm, im Morgenmagazin, Mittagsmagazin, Kulturprogramm oder in der Religionssendung untergebracht werden. „Die Senio-

ren entscheiden selber, was sie mit ihrem Programm machen, und arbeiten in der Redaktion auch eigenverantwortlich, selbstbestimmt und ehrenamtlich. Dabei können sie selber entscheiden, was sie machen und wie sie es machen: Moderation, Produktion, Beitrags- und Musikauswahl. Das stellt aber auch eine große Hemmschwelle am Anfang dar, denn es ist nicht nur ein neuer Raum, den sie da betreten im Funkhaus, sondern es sind eben auch neue und andere Menschen“, berichtete Pabst. Der Redaktionsleiter muss sich im Alltag

Von links nach rechts: Dr. Alexander Jereczinski, Hermann Meyerhoff, Kai Pabst.

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Praxis Hörfunk

immer wieder mit der besonderen Situation Älterer intensiv auseinander setzen: „Wenn es beispielsweise um Konflikte geht – etwa bei bestimmten Besprechungen, gerade auch bei Live-Schaltungen oder anderen Sachen, dann sagen Ältere oft: ,Das will ich nicht mehr haben!‘ Sie gehen dann raus und sind einfach auch nicht in der Lage, das durchzustehen. Da gehört dann eben auch eine ganze Menge Medienpädagogik oder Sozialarbeit dazu, um so eine Redaktion zu leiten.“

me, die über ihr sehr, sehr intensives privates Erlebnis spricht, die Augen des Moderators als einzigen Orientierungspunkt sieht, dann kann man auch mal eben die Musik weglassen und versuchen, die Kultur des Zuhörens so zu reaktivieren, dass man dann einfach mal einen Moment Ruhe hat. Das ist dann auch zu spüren, dass hier also kein Sendeloch entsteht – ein Tod im Rundfunk –, sondern es entsteht hier eine Nähe, die eine ganz andere Substanz ermöglicht“, so Kai Pabst.

Laut einer Emnid-Untersuchung von Anfang 1999 hat „Silberstreif“ 25.000 Hörer. Mit human-interests-Themen wie „Reisen“, „Gesundheit“ und „Essen“ will man ein anderes Lebensgefühl vermitteln Daneben gibt es auch Sondersendungen. „Wir hatten gerade solche pikanten Themen wie Liebe und Sex oder Tod, Sterben, Trauer im Programm. Wenn dann in einer Gesprächssituation im Studio die Da-

Zur Namensgebung erklärte der Redaktionsleiter: „Wir haben unser Programm ‚Silberstreif‘ genannt im Sinne von Zuversicht und auch Perspektive.“ Das Programm berge auch eine intergenerative Komponente, da Radio Flora mit Leuten verschiedenen Alters arbeite und nicht die Senioren alleine lasse.

NDR 1 Welle Nord: „Wir senden für ältere Menschen“ Als nächster Medienvertreter erhielt Andreas Schmidt, Redaktionleiter Heimat und Kultur des Norddeutschen Rundfunks, NDR 1 Welle Nord das Wort. Die NDR-1-Programme seien zwar unterschiedliche Landes-Programme in vier norddeutschen Bundesländern mit unterschiedlichen Redaktionen in Hannover, Hamburg, Schwerin und Kiel, aber von der Musikfarbe und Anmutung her, ähnelten sie sich, stellte Andreas Schmidt seinen „Heimatsender“ vor. „Die Gründe, warum wir uns dafür entschieden haben, ältere Menschen anzusprechen, können in den verschiedenen Ländern unterschiedlich motiviert worden sein. Ich kann nur für Schleswig-Holstein sprechen“, erläuterte Schmidt. Da habe es durchaus ‚Gesetzmäßigkeiten des Marktes‘ gegeben, die uns damals sozusagen in diese ältere Zielgruppe herein gedrängt haben.“ Mitte der achtziger Jahre hielt der Privatfunk mit Radio Schleswig-Holstein (RSH), einem kleinen aber unglaublich erfolgreichen Sender, Einzug in dem nördlichsten Bundesland. NDR 1 hatte damals um 20 Prozent Einschaltquote, Radio Schleswig-Hol-

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stein schaffte es aus dem Stand auf 30 Prozent. Andreas Schmidt erinnert sich: „Wir fragten uns, wie wir darauf reagieren können. Wir hatten zwar keine große Affinität zu älteren Menschen. Denn wir waren damals ein Redaktionsteam mit einem Durchschnittsalter von Mitte 20, aber wir hatten uns gesagt: ,Es hat keinen Zweck, jetzt noch ein weiteres Hitradio dazuzustellen, wir senden für die älteren Menschen‘.“ Dazu kam das klar definierte Ziel im Staatsvertrag, Informationen für die Region zu bringen, ein Themenbereich, der gerade bei älteren Leuten gut ankommt. „Wir dachten auch, dass die damals doch größeren Wortanteile gegenüber dem Privatfunk gut zur älteren Klientel passen würden. Die Menschen, die schon Radio gehört hatten als Hänschen Rosenthal, Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampf eben aus dem Radio kamen, waren damals noch konditioniert fürs Zuhören. Von daher hatten wir uns auch entschieden, für die Älteren zu senden.“ Das Konzept ging auf und die Einschaltquoten lagen bald mit Radio Schleswig-Holstein etwa gleich. Mittlerweile sei zwar ein privater Mitbewerber in

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

dass die Redaktion einen Weg suchte, diesen integrativen Ansatz nicht nur auf historische Themen zu beziehen. Daraufhin bezog etwa auch das Verbrauchermagazin die Meinung der Hörer ein, z. B. indem die Redaktion mit einer potenziellen Hörerin über 60 Jahre in ein Internet-Café ging und ihre Erfahrungen dokumentierte. Auch die Bewohner von Altenheimen oder ältere Menschen im Fitnessshop oder beim Inline-Skating brachten ihre Erfahrung ein.

Die Schülerinnen von damals sind Zeitzeugen von heute und lassen die Hörer von NDR 1 Welle Nord „erzählte Geschichte“ erleben. (Aus: „Die Jahrhundert-Story“, Buch zum Projekt von NDR 1 Welle Nord)

dem Segment der Menschen ab 40 dazugekommen, trotzdem seien RSH und die Welle Nord (Hörfunkprogramm des NDR 1) einigermaßen gleich auf Von der Redaktion von Andreas Schmidt (Redaktion Heimat, Kultur und Wissenschaft) würden immer die Hörer in das Programm mit einbezogen, und sie mischen auch als O-Ton-Geber mit. Die besten Erfahrungen sammelte die Redaktion bei dem Projekt „Jahrhundertstory“, einer Kooperation mit dem schleswig-holsteinischen Zeitungsverlag, bei dem alle drei Wochen wichtige Ereignisse des Jahrhunderts in Schleswig-Holstein behandelt wurden, z. B. der Nationalsozialismus, der Wiederaufbau, das Flüchtlingsland Schleswig-Holstein, die Sturmflutkatastrophe 1962 und viele andere Themen. Da hätten die Hörer selbst als Zeitzeugen eine ganze Menge mit hereingetragen in das Programm. „Diese Erfahrung haben wir jetzt auch auf andere Bereiche übertragen“, erklärte Andreas Schmidt und spielte dann dem Publikum einige Beispiele vor. Darunter war auch der O-Ton eines Helgoländers, der über seine Erinnerung an Helgoland nach der Zerstörung und Evakuierung im Zweiten Weltkrieg erzählte. Auf diese Zeitzeugendokumente hin habe die Redaktion viele Anrufe und Zuschriften bekommen, viele Leute hätten sich animiert gefühlt, auch bei diesem Projekt mitzuarbeiten, so

Der Moderator Michael Brocker fragte nach dem Wortanteil, der sich laut der Schilderung von Andreas Schmidt im Laufe der Jahre verringert habe. Andreas Schmidt dazu: „Wir haben eine Einschaltquote von 30 Prozent. Es gibt beim Norddeutschen Rundfunk mit NDR-Info ein reines Wortprogramm. Die Kollegen erreichen gerade zwei Prozent. Also unsere 30 Prozent den 2 Prozent gegenübergestellt – das hat etwas mit Wort- und Musikverhältnis zu tun. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich auch bei den älteren Menschen Radio zum Begleitmedium entwickelt hat. Dem tragen wir eben mit einem hohen Musikanteil Rechnung. In der Primetime haben wir so etwa 20 Minuten Wort in einer Stunde, aber wenn wir z. B. über solche Zeitzeugen-Projekte berichten, da haben wir auch schon mal einen 50 : 50-Anteil und manchmal noch einen höheren Wortanteil. Also die Faustregel ist, am Morgen in der Primetime wenig Wort, am Abend, insbesondere ab 19.00 Uhr, viel Wort.“

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Praxis Hörfunk

HR 4: Musikformatprogramm für ein älteres Publikum Mit der provokanten Frage „Treibt uns zu viel Wort die Hörer weg?“ leitete Michael Brocker über zu Bernd Peter Arnold, Wellenchef von HR 4 im Hessischen Rundfunk. „Ich bin nicht der Meinung, dass Wort und Quote ein Widerspruch sein müssen. Ich denke, es kommt darauf an, wie das Wort gestaltet ist“, antwortete Arnold. Bei HR 4 liege der Wortanteil bei 30 Prozent. „Ich denke, wir sollten keine Angst vor dem Wort haben“, so Bernd Peter Arnold. Er empfahl seinen Kollegen eine Studie, die die Bayerische Landeszentrale für private Medien 1998 gemacht hat und in der sehr deutlich gesagt würde, dass Radio mit Wort sehr wohl attraktiv sein und auch Quote bringen könne. „Aber um Quote alleine geht es ja nicht speziell im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich denke, wir sollten hier aufpassen, dass wir uns nicht – ich sage es mal ein bisschen zynisch – selbst kommerzialisieren. Wir haben nicht nur einen Programmauftrag, sondern wir können ihn auch erfolgreich erfüllen, wenn wir mit dem Wort nicht allzu sparsam umgehen“, plädierte Arnold. So sollten zum Beispiel die Nachrichten nicht bloßes Strukturelement eines Radioprogramms sein. „Die 1.30- oder 2-MinutenNachrichten informieren nicht. Das hat nicht nur was mit Programmen für ein älteres Publikum zu tun, sondern das gilt generell“, so der hessische Wellenchef, der dann sein Programm vorstellte. „Die Entstehungsgeschichte ist ähnlich wie bei der Welle Nord vom NDR. Als eine Marktlücke entstand, sind wir eingestiegen und haben das Programm HR 4 aufgebaut, das übrigens das meistgehörte des Hessischen Rundfunks ist und ungefähr 20 Prozent Einschaltquote hat, was in einer Radiolandschaft in der Mitte der Republik ziemlich viel ist. Denn die Konkurrenz strahlt natürlich von allen Seiten ein, sowohl private als auch öffentlichrechtliche Sender. Das Programm ist sehr, sehr stark regional orientiert und richtet sich an ein älteres Publikum, wobei ich mit dem Begriff vorsichtig sein möchte.“ HR 4 sei ein Musikformatprogramm und biete eine Menge Infor-

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mationen in zwei Beiträgen pro Stunde in unterschiedlicher Länge. Arnold: „Da gibt es also kein formatgerechtes Herauskegeln eines Gesprächspartners nach zwei Minuten, sondern wir gehen sehr wohl in einem Interview, wenn es denn trägt, bis zu vier, fünf Minuten und, wenn es ganz besonders gut ist, auch mal ein bisschen länger ein. Bei der Themenauswahl ist nichts außen vor. Wir nehmen Themen, die wichtig und interessant sind. Bei einem Publikum, das im Durchschnitt knapp über 60 Jahre alt ist, muss ich zu den Themen, die ausgewählt werden, gar nichts sagen. Das ergibt sich dann von selbst.“ Arnold bezweifelte, dass es richtig sei, Radioprogramme jetzt und zukünftig über die Altersstruktur des vermuteten Publikums zu definieren. „Wir sind hier auf einem falschen Weg. Ich halte überhaupt nichts von ein bisschen ghettoisierenden Programmen, bei denen man sagt: Das sind die für die Alten, das sind die für die Jungen, sondern ich halte sehr viel mehr von integrativen Programmen.“ Bernd Peter Arnold berichtete über eine groß angelegte Studie von ARD und ZDF, in der es darum geht, Zielgruppen nicht über das Alter zu definieren, sondern über Typologien. Dabei kamen die Wissenschaftler auf neun Typologiegruppen: von den „jungen Wilden“ bis zu den „Häuslichen“ und den „Zurückgezogenen“. „Ich empfehle Ihnen diese Studie deshalb“, so Arnold, „weil sie sehr deutlich belegt, dass die bloße Definition von Hörerpublikum über das Alter einfach nicht funktioniert. Wahrscheinlich hat sie nie funktioniert.“ Als Beispiel nannte Arnold die Musikkategorisierung, die auch über das Alter nicht funktioniert. Die Klischees – junge Leute Popmusik, ältere Leute deutscher Schlager oder Klassik – würden so nicht stimmen. „Wenn Sie sich diese Typologiegruppen aus der Studie anschauen, dann stellen Sie fest, dass dem Alter nach alte Menschen gleichwohl sehr jung sein können und umgekehrt. Es gibt hier zwei Gruppen, die statistisch zu den Älteren gehören. Das sind die ‚Häuslichen‘ und die ‚Zurückgezogenen‘. Wenn Sie dann eine andere Gruppe betrachten – sie nennt sich die ‚Unauffälligen‘ und ist im

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

Durchschnitt 41 – dann sind diese Menschen von ihrem ganzen Habitus, von ihren Lebensäußerungen und Lebensumständen her älter als die wirklich Älteren“, führte Arnold aus. Es gäbe auch noch eine andere Gruppe, die so genannten klassisch Kulturorientierten, die statistisch zwar auch über 60 seien, sich aber wie 40-Jährige und jüngere verhielten. „Ich möchte deshalb davor warnen, über das Alter Radioprogramme und deren Inhalte auf Dauer zu definieren“, wiederholte Arnold. Die Radioprogramme, die der HR ausstrahlt, seien sehr sorg-

fältig diskutiert worden, und die neun Typologiegruppen, die in dieser Studie herausgefunden worden sind, seien auf die acht Programme verteilt worden. Das bedeute, dass jede Welle zwei Kernzielgruppen und darüber hinaus noch zwei Nebenzielgruppen habe. „Auf diese Weise versuchen wir künftig mit Blick auf diese Kernzielgruppen und die Nebenzielgruppen unser Publikum anzusteuern. Dabei handeln wir nicht nach dem Motto ,Jeder schießt auf alle, und keiner trifft letztendlich genug Zielgruppenmitglieder“, schloss Arnold.

WDR 4: meistgehörter Sender in Deutschland, bei dem „Schönes bleibt“ Vom erfolgreichsten Radioprogramm des Hessischen Rundfunks leitete der Moderator Michael Brocker über auf die hörerstärkste Welle des Westdeutschen Rundfunks: WDR 4. Hans-Holger Knocke ist dort stellvertretender Wellenchef. „Anders als allgemein wohl angenommen wird, ist WDR 4 auf keinen Fall ein Seniorensender und auch kein Sender, der sich spezifisch und bewusst an die ältere Hörerschaft wendet. Das heißt nun nicht, dass ich mich mit dieser von den meisten ins Auge gefassten Zielgruppe nicht identifizieren kann – das sehen Sie schon daran, dass ich jetzt meine Brille absetzen muss und eine Lesebrille aufsetze“, kokettierte Knocke. Als die Welle WDR 4 1984 mit einem nur dreistündigen Programm am Vormittag startete, bot sie ein moderiertes Musikprogramm. Knocke: „Vielleicht gab es damals einen Hintergedanken, eine Frequenz zu besetzen zum Beispiel. Die lautere Absicht aber war, ein Programm mit deutschsprachigen Musiktiteln zu machen. Jedenfalls war offenbar das Bedürfnis nach – vereinfacht gesagt – deutschen Schlagern im Radio damals ganz enorm. Aber wer wollte diese Musik hören? Die älteren Menschen, also diejenigen, die schon früher deutsche Schlager gehört haben, weil es im Radio sonst eigentlich anderes gar nicht gab. Bevor Sie mir in diesem Punkt jetzt eine Übersimplifizierung vorwerfen: Es begeistern sich natürlich auch junge Hörer für den Schlager, die Hörerforschung macht das

deutlich. Sie macht aber auch sehr deutlich, dass der Enthusiasmus der jüngeren Hörer für den deutschen Schlager allein WDR 4 nie zu dem gemacht hätte, was es ist: das reichweitenstärkste Radioprogramm in ganz Deutschland.“ Mit dem Ausbau von WDR 4 zu einem 24-stündigen Programm mit einem Höreranteil von weit über 30 Prozent in den späten achtziger Jahren errang WDR 4 eine Spitzenposition in unserer Rundfunklandschaft. Anfang der neunziger Jahre waren durch die neue Konkurrenz der Lokalradios die gewohnten Quoten nicht zu halten, dennoch gelang es dem Sender 1996, den Abwärtstrend zu stoppen. WDR 4 erreichte nach der Media-Analyse (MA) zurzeit einen Wert von 27 Prozent und nach der Elektronischen Medien-Analyse (EMA), die auf Grund eines anderen Befragungsmodus Sender mit älterer Hörerschaft benachteiligt, einen Wert von 20 Prozent. Damit ist WDR 4 der meistgehörte Sender in Deutschland – mit circa 3,5 Millionen Zuhörern. „Wäre ich nun ein Schalk, dann würde ich jetzt anfügen: Das ist ja genau die Zahl der Menschen über 60 Jahre in Nordrhein-Westfalen. Aber sie alle, muss ich zugeben, hören nicht WDR 4, laut MA aber immerhin 45 Prozent, da sind dann auch die über 50-Jährigen schon mit drin – und das sind mehr als doppelt so viel immerhin wie unser aktueller Informationskanal WDR 2 erreicht, der musikalisch auf englische und amerikanische Popmusik setzt. Ich will nicht verhehlen, dass wir

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Basteleien und viele andere Aufmerksamkeiten. Da wir unseren anhaltenden Erfolg vor allem auf diese treue Hörerschaft zurückführen, wären wir schön blöd, wenn wir deren Bedürfnissen nicht Rechnung tragen würden. Also lassen wir alles, wie es ist, optimieren aber zurzeit die Qualität unserer Moderation durch ein spezifisches Coaching. Wir haben auch in diesem Frühjahr ganz behutsam ein paar Jingles eingeführt, um uns erkennbarer zu machen.“

Erfolgreiche Imagekampagne der Welle WDR 4 mit Plakaten und Flyern: Schönes bleibt.

in Nordrhein-Westfalen keinen Konkurrenten haben, der mit vergleichbaren Angeboten in unser Marktsegment stoßen würde.“ Hans-Holger Knocke betonte aber, dass die Programmverantwortlichen sich trotzdem gegen die Konkurrenz wappnen müssten. „Als eine wirkliche Herausforderung betrachte ich die Entwicklung: Was wird sein? Wie verändern sich die Bedürfnisse unserer Hörer? Sie verändern sich wahrscheinlich mit ihrem Alter, aber unsere Hörer von morgen sind jetzt vergleichsweise jung. Warum sollten sich deren Erwartungen an ein Radioprogramm eigentlich grundlegend ändern? Wir bei WDR 4 denken ja, dass die Hörer unter 50 erst gewonnen werden müssen. Diese Hörer unter 50 in ihrer Masse hören also offenbar anders und anderes als der typische WDR4-Stammhörer, der meinetwegen 65 Jahre alt ist“, so Knocke. Zum Thema Hörerbindung berichtete der stellvertretende Wellenchef: „Es gibt kaum eine tiefere Bindung als die des typischen WDR-4-Hörers zu seinem Programm. Wir erfahren das täglich am Hörertelefon, das regelmäßig auch von unseren populärsten Moderatoren bedient wird; wir erfahren das durch Briefe, lieb gemeinte kleine Geschenke,

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Hans-Holger Knocke nannte als ein wichtiges Ergebnis der Hörerforschung, dass der Erfolg der Welle deutlich niedriger eingeschätzt werde, als der real ermittelte Erfolg sei. Daraufhin wurde 1997 eine Imagekampagne gestartet. Überlebensgroße Plakate in allen großen Städten Nordrhein-Westfalens und Anzeigen in den Zeitungen warben für WDR 4. Zu sehen war darauf etwa ein junges Paar auf einer Vespa und dazu das Motto oder der claim: „Schönes bleibt.“ Die Kampagne habe selbst im WDR großes Lob geerntet. Knocke: „Es war uns daran gelegen, unser Image auch intern zu verbessern. Zu lange galt WDR 4 bei manchen Kollegen als platter Schnulzensender, was objektiv einfach nicht stimmt; und zu lange rümpften manche Kollegen die Nase über ein Produkt, das ihnen ihr Überleben sichern hilft, weil es dem WDR insgesamt eine ansehnliche Quote verschafft.“ WDR 4 sendet stündlich Nachrichten, einen Tagesüberblick zwischen 17.00 und 17.20 Uhr, Verkehrshinweise halbstündlich und Werbung. Um 10.40 Uhr gibt es die Serviceleiste „Hingehört“ mit Kochtipps, Wochenendtipps oder medizinischen Ratschlägen. Sonntag-Mittag und täglich am frühen Abend mit Grüßen im O-Ton in der „Grußbox“ werden Hörerwünsche erfüllt. Es gibt außerdem musikalische Genresendungen von 20.05 Uhr bis 22.00 Uhr, wo z. B. ausschließlich Chormusik, Operette, Swing, Country, Folklore, Bläsermusik, Schlager der fünfziger Jahre und Schellack-Schätzchen zu hören sind. Knocke: „Wir erlauben uns auch den Luxus einer potenziellen Hörbremse am Nachmittag mit der Sendung ,Heimatklänge’. Sie läuft zwischen 15.00 und 16.00 Uhr. Doch wie sich schon nach den letzten Umfragen herausstellt, ist

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

die dort präsentierte Volksmusik alles andere als ein Hemmschuh, sondern sie kommt beim Publikum wirklich sehr gut an.“ Abschließend bemerkte der stellvertretende WDR4-Wellenchef: „Beinahe hätte ich die wichtigste Sendung vergessen: ,In unserem Alter‘ mit Gretel Rieber, jeden Samstagmorgen um 8.05 Uhr, das ist unsere einzige Seniorensendung. Zum Ausgleich bringen wir dann Sonntag früh um 7.05 Uhr eine Sendung für die Kleinen, ,Bax Blubber‘ heißt sie, damit die Großen dann mal ihre Ruhe haben.“ Michael Brocker stellte die Frage, ob der Wortanteil im Programm so niedrig sein müsse, um Erfolg

zu garantieren. Darauf Knocke: „Wir haben tatsächlich in den letzten drei Jahren durch diverse Reorganisationen oder Reformierungen einen größeren Wortanteil geschaffen. Ich schätze das jetzt mal so ein, dass wir mit Nachrichten und alles inklusive jetzt bei etwa 25 Prozent Wort pro Stunde liegen. Für einen Sender, der sich als Musikkanal definiert, finde ich das durchaus ausreichend. Wer täglich informiert werden will über alles Mögliche, der muss halt einen anderen Kanal einschalten. Der WDR bietet ja reichlich davon. Es ist keine Anpassung an einen Trend; es ist in der Tat eine bewusste Einschätzung der Bedürfnisse unserer Hörerschaft.“

SFB Berlin 88,8: Stadtradio mit überwiegend Hörern über 60 Als nächster Podiumteilnehmer stellte Hermann Meyerhoff, Wortchef von SFB 88,8, dem „Stadtradio“ des Sender Freies Berlin, seine Hauptstadtwelle vor. Nach der Medien-Analyse 1999 habe der Sender nach jahrelanger Stabilität ein bisschen verloren und liege jetzt bei 76.000 Hörer pro Durchschnittsstunde. Das ist den Verantwortlichen zu wenig; sie streben 100.000 Hörer an. Meyerhoff: „Wir haben vor einem Jahr unser Programm deutlich umgestellt. Es gibt einen immens großen Druck auf Radioprogramme in Berlin, sich immer veränderten Marktsituationen anzupassen. Da muss man höllisch aufpassen, dass man dort nicht zu schnell eine vermeintliche Reaktion zeigt auf etwas, was man zu erkennen glaubt und von dem man ein Jahr später feststellt: Das war viel zu früh, zu schnell und falsch.“ Auch wenn man Erfolg habe, könne man sich gerade in Berlin nicht einfach zurücklehnen und erwarten, dass alles so weitergehe, weil die Konkurrenz bei 25 Stationen in Berlin viel zu groß sei. „Wir haben das Programm so verändert, dass wir uns verjüngen, wir versuchen jetzt, stärker in das Segment der Jüngeren, nämlich der 50- bis 60-Jährigen hineinzugehen“, berichtete Meyerhoff. „Unsere Hörer sind im Durchschnitt deutlich über 60 Jahre alt. Unsere stärksten Hörergruppen haben wir in dem Segment der über 70-

Jährigen. Es ist einfach eine Frage des Überlebens, dass man auch die jüngeren Hörerinnen und Hörer anspricht, in dem Fall die Hörerinnen und Hörer ab 50.“ SFB 88,8 bietet ein Tagesbegleitprogramm mit Service und lokalen Informationen, beispielsweise mit Berichten vom Fruchthof, von der Polizei und dem „Ohr an der Nachbarschaft“. „In unserem Radioprogramm selbst gibt es die gezielte Ansprache Älterer nicht, sondern – und das ist sicher auch eine typische Hauptstadtsituation – wir versuchen eher, ein Teil dieser Stadt zu sein, ein Stadtradio. Deshalb präsentieren wir eben entsprechend die lokalen Themen“, sagte der Wortchef. In der Kernzeit von 6.00 bis 18.00 Uhr gebe es keine Einschaltprogramme, die leiste sich der Sender nur am Wochenende mit speziellen Angeboten für unterschiedliche Altersgruppen, für Leute zwischen 40 und 50 oder auch mal zwischen 60 und 70. Der Wortanteil liege bei 50 Prozent, so Meyerhoff. Gute Gespräche können zwischen sechs bis sieben Minuten dauern. Schlechte Gespräche dürfen nicht länger als eine Minute sein. „Wir versuchen, dieses zu schaffen, indem wir gute Leute in der Moderation haben, die in der Lage sind, schlau zu reden,

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gute Interviews zu führen und den ,Lachenden Vagabunden‘ ab- und die Rolling Stones anzumoderieren.“ Das breite Musikformat von SFB 88,8 sei sehr erklärungsbedürftig, aber man müsse sich vor Augen halten, dass zur Musik der Mittfünfziger nun mal die Rolling Stones gehörten. „Wenn Sie gezielt ein Altenradio machen wollen im Jahre 2040, dann ist das ein Techno-Radio. Das heißt, man muss sich permanent verjüngen“, prognostizierte Meyerhoff. Neben der Musik und den Wortbeiträgen seien Off-Air-Aktivitäten sehr wichtig für die Hörerbindung, sagte Herrmann Meyerhoff. „Wir machen

zum Beispiel Hörerreisen. Sie sind ganz beliebt, und auch ältere Leute sagen: Wenn der Moderator XY mitkommt, dann sind wir dabei, dann trauen wir uns auch nach New York. Außerdem machen wir riesige Veranstaltungen musikalischer Art. Wir machen Dampferfahrten. Und am Wochenende versammeln wir unser Stammpublikum im Rahmen der Sendung ,Radioclub‘ immer wieder an anderen Orten in der Stadt. Eine Woche, wo so etwas bei uns nicht passiert, ist eigentlich eine vertane Woche.“

SWR 4: Klientel ist im Durchschnitt 61 Für „Off-Air-Aktivitäten“ ist auch Andreas Gödtel, „Teamchef öffentliche Veranstaltungen und Radioaktionen“ des Südwestrundfunks, zuständig. Beim Workshop auf dem Medienkongress ging Gödtel zunächst auf die besondere Situation des SWR ein: Mit einer für die Rundfunklandschaft in Deutschland einmaligen Fusion wurden der Süddeutsche Rundfunk und Südwestfunk zusammengefügt. „Wir bei SWR 4 in Rheinland-Pfalz hatten natürlich einen Riesenvorteil: Wir konnten auf bestehende Erfahrungen unserer Vorgängerwelle SWF 4 in Rheinland-Pfalz aufbauen, die 1991 ins Leben gerufen wurde. In der damaligen Konkurrenzsituation wurde das Segment der 50-plus-Hörer aufgeteilt, auf der einen Seite auf unseren großen privaten Mitbewerber RPR 2, der eine Welle ganz bewusst auch für das ältere Publikum kreiert hat, und fast zeitgleich vom SWF seinerzeit mit der Welle in Rheinland-Pfalz SWF 4.“ Beide Wellen waren Anfang der neunziger Jahre entstanden, beide Programme ähnlich strukturiert mit deutsch orientierter melodiöser Musik, wobei der öffentlich-rechtliche SWF stärker informationsgebunden war und mehr regionale Berichterstattung hatte. Um die Welle SWR 4 bekannter zu machen, versuchte der Sender, statt teure Marketingaktivitäten zu betreiben, das Radio lieber nach au-

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ßen zu tragen. Inzwischen finden über 200 Außenveranstaltungen über das Jahr verteilt statt. Zum Beispiel veranstalten Gartenexperten, die aus Callin-Sendungen bekannt waren, kleine Gartenfeste vor Ort mit dem Effekt, dass die Hörer zu den Veranstaltungen kommen und vor Ort mit den Experten ihre Probleme rund um den Kräutergarten bereden. „Wir werden das im nächsten Jahr ausweiten auf Medizin- und Tiersprechstunden“, plant Andreas Gödtel, und er berichtete weiter: „Was für öffentlich-rechtlichen Rundfunk früher in den fünfziger, sechziger, siebziger Jahren essentiell wichtig war, die großen bunten Abende, die Außenveranstaltungen mit Schlagerstars von Bata Illiç bis Gaby Baginski, dass pflegen wir natürlich auch. Wir haben in diesem Jahr jeden Samstagabend eine öffentliche Veranstaltung, die wir auch zwei Stunden live im Programm abbilden. Dadurch sind wir natürlich vor Ort draußen präsent. Dadurch holen wir auch wieder über die Veranstaltungen Hörer zu uns herein, und es entsteht eine Hörerbindung.“ Bei diesen Radioaktionen gibt es auch immer wieder Geschichten mit Erlebnischarakter. Andreas Gödtel: „Unsere Klientel, die übrigens im Durchschnitt 61 Jahre alt ist, ist ungeheuer mobil in Rheinland-Pfalz. Viele Hörer nehmen auch mal Anfahrtswege von zwei Stunden in Kauf, um zu

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

unseren kleinen Veranstaltungen zu kommen. Also haben wir Veranstaltungen auch mit Erlebnischarakter geschaffen: Zugfahrten mit historischen Bahnen oder Themenwanderungen.“ SWR 4 lädt auch zum Kaffeetrinken bei Fürstin Sayn-Wittgenstein ein oder zur Führung mit Fritz Walter durch das Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern. „Aus diesen Veranstaltungen seien schon Freundeskreise entstanden“, erzählt Gödtel. Auch auf die Einschaltquoten wirkten sich die Off-Air-Aktivitäten aus: 1991 hatte SWR 4 nur eine Einschaltquote von etwa drei Prozent und RPR 2 lag bei 15, 16 Prozent. Mittlerweile sei der Trend umgekehrt: SWR 4 habe 17,3 Prozent nach der neuesten MA und RPR nur 13 Prozent.

Andreas Gödtel ging auch auf die ARD / ZDF-Studie ein, die bereits Arnold vom Hessischen Rundfunk erwähnt hatte: „Wir haben bereits festgestellt, dass genau diese in der Studie ermittelte Typologie sich bei unseren Außenveranstaltungen durchsetzt. Wir haben etwa nach den neuesten Zahlen 47 Prozent unserer Hörerschaft, die zum Bereich der ,Häuslichen‘, wie es in der Typologie heißt, gehören. Deren Interessengebiete sind Haus und Garten, Regionales, Verbraucherthemen, Medizin und die Musik, der deutsche Schlager und die Volksmusik. Insofern decken wir das voll ab – eine Geschichte, die wir übrigens auch von unserer Medienforschung sehr intensiv bestätigt bekommen, dass wir bei SWR 4 eine sehr zielgruppengerechte Ansprache machen.“

MDR 1 Radio Sachsen: Familienprogramm mit Durchschnittshörern über 50 Als nächstes referierte Dr. Alexander Jereczinski, Programmbereichsleiter beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Er vertritt das Landesprogramm MDR 1 Radio Sachsen. Da sich die MDRKonkurrenz in Sachsen vor allem für die Jugendlichen und die mittlere Generation interessiert habe, blieb das große Marktsegment der älteren Zuhörer den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern überlassen, berichtete er. 1992 wurde der MDR gegründet. „Wir haben versucht, mit einem Programm die Hörer zu binden, die früher die Bezirkssender des DDR-Rundfunks gehört haben. Diese Stammhörerschaft haben wir weiter kontinuierlich bedient und gepflegt, natürlich mit ihren tradierten Hörbedürfnissen. Das heißt, dass wir ihnen auch Orientierung geben, sie sozusagen in die Marktwirtschaft und die neue Gesellschaftsordnung mitgenommen haben und entsprechend auch viel Lebenshilfe- und Ratgebersendungen angeboten haben. Das wird uns nach wie vor honoriert durch eine hohe Akzeptanz“, so der Programmbereichsleiter Jereczinski. Auch bei der Musik habe MDR Radio Sachsen auf Erfahrungen und tradierte Hörerfahrungen zu-

rückgegriffen. Einem Anteil an deutschsprachiger Musik von 70 Prozent stehen 30 Prozent internationale Oldies gegenüber, wobei es im Programm 35 Prozent Wort und 65 Prozent Musik gibt. Da Sachsen ein sehr heterogenes und kulturgeschichtlich unterschiedliches Gebilde sei, das sich vom Vogtland bis zur Lausitz erstreckt und unterschiedliche Dialekte und Mentalitätenen habe, setzt der MDR sehr stark auf Subregionalisierung. Das sei ein Grund für hohe Hörerzahlen und eine starke Akzeptanz, so Jereczinski. „Wir sehen uns nicht als Seniorenprogramm. Wir machen auch keine Seniorensendungen, sondern wir machen ein Familienprogramm. Denn ich glaube, es ist in der Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, integrativ und generationenübergreifend zu wirken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Ältere mit diesem Etikett ,alt‘ oder ,Senior‘ identifizieren. Auch bei einem Durchschnittsalter von 56,8 Jahren haben wir insofern kein Problem damit, diese Generation mit Themen anzusprechen, die auch einen 40- oder 35-Jährigen interessieren. Es kommt meiner Meinung nach sehr stark darauf an, wie man es publizistisch anbietet“, be-

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merkte Jereczinski zum Workshopthema „Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere“. Der MDR Sachsen hat eine Sprechstunde, in der es um Liebe geht, eine Partnerbörse, ein Kulturjournal über drei Stunden am Abend, Gesprächsforen zu Politik, Wirtschaft und unterschiedlichen Themen. „Entscheidend sei, dass man integrativ, ge-

meinwohlorientiert arbeitet und versucht, auch eine Identifikation des Hörers mit dem Programm und den Inhalten herzustellen“, stellte Jereczinski heraus. Für die Hörerbindung nutze auch sein Sender Off-Air-Veranstaltungen: etwa Gesprächsforen zu Fragen der Rente und Miete oder Unterhaltungsveranstaltungen vom Schlager bis zum Oldie.

Radio Melodie: Volksmusiksender mit älteren Hörern Als letzten Gast auf dem Podium stellte Michael Brocker Thomas von Seckendorff, den Geschäftsführer des privaten Senders Radio Melodie mit Sitz in München, vor. Seit 1991 sendet Radio Melodie, das auch außerhalb von München über Kabel und Satellit zu empfangen ist. Der Volksmusiksender wollte in der Rundfunklandschaft eine Lücke füllen. Denn es habe noch ein Programm gefehlt, bei dem 24 Stunden die Musik gespielt wird, die viele Leute einfach sehr gerne hören, erinnert sich Thomas von Senkendorff. „Wir sprechen die Leute nicht als ältere Menschen an, obwohl wir sehr viele ältere Menschen als Hörer haben.“ Die meisten seien so im Alter von 45 bis 65. Bei höheren Altersgruppen werde es etwas schwieriger. „Denn die schalten anscheinend nicht mehr um, sie bleiben da, wo sie sind. Vielleicht mögen sie auch die Musik nicht so gerne, die wir spielen“, meinte von Seckendorff. „Genauso wenig, wie ich ständig als 42Jähriger angesprochen werden will, sondern einfach als Mensch, der irgendwas gerne mag, wollen unsere Hörer nicht ständig als Senioren, Ältere oder Alte angesprochen werden. Sie werden einfach auf Grund dessen angesprochen, dass sie die Musik gerne mögen und das, was dazu gehört. Zu einer bestimmten Musik gehört ja auch eine bestimmte Kultur. Der Mensch, der gern die Kastelruther Spatzen hört und Marianne und Michael oder auch die echte Volksmusik, hat einen anderen Lebensstil als derjenige, der gerne die Rolling Stones

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hört.“ Radio-Melodie-Hörer würden sich für Heimat, Natur und Traditionen interessieren, so von Seckendorf. „Alter ist für uns in diesem Sinn kein Thema. Natürlich wissen wir, dass unsere Hörer älter sind. Wir schauen deshalb bei der Themenauswahl der Wortbeiträge schon, dass wir die Beiträge finden, die unsere Hörer interessieren. Sie haben auch oft was mit dem Ältersein zu tun, aber eben nicht nur.“ Auch Radio Melodie bietet etwa Hörerreisen an und auch von Seckendorff empfindet seine Zielgruppe als sehr treu: „Eine Anekdote, die ich immer gerne erzähle: Wir werden über Satellit und Kabel verbreitet. Das heißt, wenn in München ein Lastwagen über unser Kabel fährt, was zur Telekom führt, dann gibt es in ganz Deutschland nichts mehr zu hören. Das kann dann auch eine Zeitlang dauern, bis jemand das Kabel wieder zusammenflickt. Und wir haben Hörer, die sagen: ,Das hat jetzt halt zwei Stunden gerauscht, aber wir haben gewusst, ihr kommt wieder. Wir haben das angelassen‘.“ Die älteren Hörer schätzt von Seckendorff auch als recht kritisch ein. Diese kritische Haltung des älteren Publikums zeige sich etwa bei ihrer Rezeption von Werbung: „Man kann dieser Zielgruppe nicht einfach einen Turnschuh hinstellen und sagen ,turbogeil!‘, und dann wird der gekauft, sondern man muss den Leuten etwas mehr bieten. Wir gehören vielleicht zu den wenigen Sendern, wo sich die Hörer teilweise für die Werbung bedanken, weil wir ihnen Dinge nahebringen oder ihnen sagen, wo sie

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

Sachen bekommen, die sie sonst nicht bekommen. Das ist ein ganz schönes Gefühl, wenn man da auch wirklich was tun kann. Man muss die Leute besonders ansprechen und besonders ernst nehmen“, so der Geschäftsführer von Radio Melodie. Von Seckendorff fühlt sich durch die Untersuchungen zur Zielgruppe der Älteren durch die Werbewirtschaft nicht wirklich informiert. „Ich glaube, je mehr man sich mit den Leuten wirklich selbst be-

schäftigt, desto mehr kommt man darauf, was da einfach alles drinsteckt.“ Und noch eine Botschaft an die Teilnehmer des Workshops zum Thema Werbung: „Wir sind immer dankbar, wenn man so schöne Worte hört, wie toll die Zielgruppe ist, wieviel Power dahintersteckt – auch finanziell. Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Werbewirtschaft für diese Worte. Wir sagen einfach nur: Bitte nicht nur loben, sondern auch mal Werbespots buchen!“

Zukunftsperspektiven der Sender Zum Abschluss des Workshops fragte Moderator Brocker nochmals alle Teilnehmer auf dem Podium, wie Sie Ihr Programm im Sinn Ihrer Zielgruppe – gleichgültig, ob sie es über das Alter oder über Typologien definieren – in Zukunft weiterentwickeln wollen. Kai Pabst (Radio Flora): „Bei uns geht es erst mal

darum, dass wir noch mehr Seniorinnen und Senioren erreichen, die mitmachen möchten. Denn bei uns ist ja der Ansatz, mit und von Senioren Programm zu machen. Außerdem möchten wir die Beiträge gezielter im Programm verteilen, damit auch transparent ist, dass es bei uns eine Seniorenredaktion gibt.“ Hermann Meyerhoff (SFB 88,8): „Ganz entschei-

dend ist für uns die Frage: Ist ein solches Vollprogramm, wie wir es anbieten, überhaupt noch gefragt, oder geht es eben wirklich ausschließlich hin zu den Spartenprogrammen? Wenn diese Frage nach dem Vollprogrammen innerhalb des nächsten Jahres verneint wird, dann gibt es sicher für uns eine Menge Dinge, über die wir nachdenken und die wir verbessern müssen.“ Dr. Alexander Jereczinski (MDR 1 Radio Sachsen): „Wir sollten uns als Alternative zum privaten

Rundfunk begreifen. Wir sollten nach der bisherigen Formenspielerei endlich wieder zurückzukehren zu den Inhalten und nicht an den Hörern vorbei reden, indem man abgehobene Themen anbietet und publizistisch von seinen eigenen Ansprü-

chen ausgeht und dabei den Hörer vergisst. Deswegen müssen wir uns in Foren hineinbegeben und mit unserem Publikum reden. Das bedeutet auch für die praktische tägliche Arbeit, dass man verständlich die Inhalte darbietet, keine Anglizismen benutzt und im Stil bei der Vermittlung der Inhalte tatsächlich auch darauf achtet, dass die Älteren etwas langsamer, von der Sprache her seriöser und verständlicher angesprochen werden wollen, ohne dabei altmodisch zu wirken. Hinzu kommt, dass man auch die Alten von vor zehn Jahren nicht mehr mit den heutigen Alten vergleichen kann. Also ich kann mich nicht mit meinen Großeltern oder meinen Eltern vergleichen. Ich habe meine Hörerfahrungen gemacht in dem Alter zwischen 14 und 18 und dort Hörbedürfnisse gebildet und geprägt. Insofern muss man darauf achten, dass die nachwachsende Generation, die 40- und die 50-Jährigen, auch mit dem adäquaten musikalischen Material bedient wird.“ Andreas Gödtel (SWR 4): „Generell würde ich

mal sagen, ich wäre absolut ein Gegner von einem Spartenprogramm für Senioren. Man sollte wirklich versuchen, Themen des Zeitgeistes in ein Vollprogramm zu integrieren und über die Musikfarbe, über die Art der Präsentation die Zielgruppe der älteren Hörer anzusprechen. Wir haben das z. B. auch zum Thema ,Internet‘ vor einiger Zeit mal ausprobiert mit einem Riesenerfolg, wo wir vorher innerhalb der Redaktion sehr zwiespältig waren, ob das ankommt. Ähnliches könnte ich mir auch bei der Musik vorstellen, dass man dem älteren Pu-

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Praxis Hörfunk

blikum auch die aktuelle Musik versucht näher zu bringen, auch einfach mal so etwas wie einen Generationenkontakt Schüler / Rentner herzustellen. Eine interne Aufgabe ist es für uns, dass wir versuchen müssen, eine altersgerechte Ansprache unseres Publikums zu finden. Wir haben das Problem, dass viele unserer Moderatoren so zwischen 30 und 40 sind und schlicht und einfach zu schnell reden für unsere Klientel und auch eine andere Sprache wählen.“

Hörer genauso gut kümmern wie um die anderen, die wir bis jetzt schon haben. In den Medien sitzen ja oft junge Leute, die Programme machen. Die müssen sicherlich auch noch viel lernen. Denn nicht alle Menschen, auch in unserer Wortredaktion, sind absolut intime Kenner dessen, womit sich unsere Zielgruppe hauptsächlich beschäftigt. Die Nähe zur Zielgruppe, die Nähe zu den Hörern – da kann man und da darf man auch nie aufhören, daran zu arbeiten, ganz egal, für welches Programm man arbeitet.“

Françoise Dost (Radio Bleue): „Wenn wir ein bis-

schen mehr Geld im Kommunikationsbereich zur Verfügung hätten, täten wir uns auch im Sendebereich leichter. Denn da liegt unser Problem. Wir entwickeln uns seit Jahren gewaltig. Wir hatten zwanzig Jahre, uns sanft zu entwickeln, parallel zur Entwicklung der Zuhörer, ihrer Kultur, ihrer Musikkultur und anderer Gewohnheiten. Manchmal muss es auch möglich sein innezuhalten, die Hörer zu versammeln, Gremien zu bilden und Modelle zu bauen. Das geschieht immer häufiger, namentlich im Musikprogramm. Wir haben in vier französischen Städten große Modellpopulationen aus Hörern und Nichthörern gebildet und sie gefragt: Was gefällt Ihnen? Interessiert diese Musik Sie? Möchten Sie mehr davon hören? Sind Sie es leid, diese oder jene Sachen zu hören? Ich glaube, wir müssen gemeinsam mit unseren Hörern überlegen und ihnen nicht einfach das geben, was sie möchten. Die Geschmäcker sind sehr verschieden. Wir müssen über eine gute Entwicklung nachdenken, eine gute Ausgewogenheit, eine gute Dosierung auch dieser neuen Rhythmik, die wir eingeführt haben. Vielleicht überfordert das ein bisschen unsere treuen Stammhörer, die wir nicht verlieren wollen. Diese Ausgewogenheit ist es somit, an der wir derzeit arbeiten.“ Thomas

von

Seckendorff

(Radio

Melodie):

„Wenn ich könnte, würde ich natürlich am liebsten unsere Verbreitung noch weiter verbessern, denn mit der Verbreitung nur über Kabel und Satellit ist es immer ein bisschen schwierig. Aber wir werden im Jahr 2000 in Bayern fünf UKW-Frequenzen haben in großen Städten und werden viele neue Hörer dazugewinnen. Wir werden uns natürlich um diese

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John Quinn (RTÉ): „Wir sollten die aktuelle Situa-

tion erhalten und keine Ghettoprogramme entwickeln. Dafür sollten wir aber die Möglichkeiten und das Verständnis für die Probleme und Inhalte, besonders der älteren Bevölkerung, weiter entwickeln. Meine Angst im Moment ist, dass von meinem Sender das jüngere Publikum verstärkt gewonnen werden will. Deshalb müssen die Programme ,sexy‘ und so sein. Ich habe hier viel gehört, das mich ermutigt, verschieden Arten des Publikums mehr zu integrieren. Nach dem „L plus“Programm gab es eine Sendung zum Thema Rente. Dafür haben sich die Menschen sehr interessiert, daher wurde uns erlaubt, eine neue Serie zum Thema Ruhestand vorzubereiten. Denn es geht um ein Leben nach der Arbeit. Ich hoffe, dass ich an solchen Projekten weiterarbeiten kann.“ Hans-Holger Knocke (WDR 4): „Für uns wird die

wichtigste Aufgabe in nächster Zeit sein, diesen Generationenknick zu bewältigen, wie verhält es sich mit der Musik der Generation, die in den siebziger Jahren mit den Rolling Stones groß geworden ist? Sie werden nach meiner Auffassung in zwanzig Jahren auf WDR 4 eben die Stones nicht hören, weil es ja auch noch eine physiologische Veränderung in jeder einzelnen Person gibt. Ich kann das, glaube ich, ganz gut selbst repräsentieren. Ich habe selbst über zwanzig Jahre lang Rockprogramme und Ähnliches gemacht, und ich höre jetzt auch sehr gerne etwas ruhigere, betuliche Musik. Ein wenig anders würde sich das künftig für WDR 4 darstellen, wenn man in den nächsten Jahren auf uns zukommt und sagt: Ihr müsstet eigentlich ein

Workshop 11: Hörfunk-Wellen nicht nur für Ältere

Vollprogramm werden. Dann könnte ich mir denken, dass WDR 4 sich spezifischer als jetzt an eine ältere Generation wendet.“ Andreas Schmidt (NDR 1 Welle Nord): „Wir

werden an Bewährtem festhalten, wir werden gute Interviews ein bisschen länger und schlechte Interviews ein bisschen kürzer machen. Wir werden mit intelligenten Moderatoren zusammenarbeiten. Auch wir versuchen, das Leben in seiner ganzen Vielfalt abzubilden und nicht nur – und das kann ich nur unterstreichen – immer auf Ältere hin, als lebten sie in einer Sparte. Wir haben allerdings große Herausforderungen zu lösen. Bei der letzten Media-Analyse haben wir nicht so glücklich abgeschnitten. Das liegt ein bisschen daran, dass wir den Spagat, den wir uns selbst vorgegeben haben, nämlich für Hörer zu senden ab 40 und trotzdem ein Familienradio zu machen, das letzte Mal nicht mehr geschafft haben. Von daher kann es durchaus sein, dass bei einer neuen Positionierung die ARD / ZDF-Studie uns da ein bisschen Hilfestellung leistet, nicht nur auf das Alter zu schauen, sondern auch zu versuchen, auf Lebenswirklichkeiten abzustellen.“

Bernd Peter Arnold (HR 4): „Drei kurze Stich-

worte: Zum einen geht es in Zukunft um mehr Service, aber im Sinne von Nachrichten mit Gebrauchswert, ‚news you can use‘. Ich denke, es werden noch viel zu viele Informationen im Radio verbreitet, die keinen Menschen interessieren, die auch keinem nutzen. Ich denke hier speziell an bestimmte Bereiche der Politik. Das zweite Stichwort: Die heute 40-Jährigen müssen dort abgeholt werden, wo sie jetzt sind. Dabei dürfen aber nicht nur 40-Jährige als 40-Jährige und 70-Jährige als 70Jährige betrachtet werden. Es gibt einen Unterschied zwischen Alter und Altsein. Darauf müssen wir achten. Der dritte Punkt: Wir müssen alles tun, dass aus aktueller deutscher Musik schließlich Evergreens und irgendwann auch mal Oldies werden. Bei der gegenwärtigen aktuellen deutschen Musik habe ich da meine Zweifel, ob diese jemals in 20, 30 Jahren überhaupt noch wahrgenommen wird, weil sie in der Qualität so miserabel ist. Man kann das wahrscheinlich nur auf einem Wege tun, indem man sie heute nicht spielt. Dann wird sie später auch nicht in den Archiven sein.“

Nachtrag „Primetime-Radio“ für Ältere „Die schönste ins Ohr gehende, melodische Unterhaltungsmusik aus den letzten sechs Jahrzehnten und Wortbeiträge, die auf die Interessen der über 50-Jährigen zugeschnitten sind“ gehören zum Konzept des neuen „Primetime-Radio“. Der kommerzielle Sender, der zur britischen Zeitschriftengruppe „Saga group“ gehört, ist, so „Saga Radio“-Direktor Ron Coles, „die erste nationale Rundfunkstation, die eine umfangreiche Hörauswahl für Menschen in der Altersgruppe 50 + bietet.“ Nicht nur über Musik, sondern auch über Inhalte will der Sender die Älteren gewinnen. Bis zum Ende des Jahres soll der Anteil der Wortbeiträge erweitert werden.

„Primetime-Radio“ scheint sich für sein Erscheinen den richtigen Zeitpunkt ausgesucht zu haben. Denn der lange bei älteren Hörern beliebte Sender „BBC Radio 2“ zielt seit einigen Jahren verstärkt auf ein jüngeres Publikum und hat vor kurzem eine Art Streichliste für bestimmte Musikfarben erstellt. Danach soll vor allem Musik von Bing Crosby über Glenn Miller bis zu Frank Sinatra – eben Musik, die viele Ältere besonders schätzen, kaum mehr gesendet werden. „Primetime-Radio“ stößt nun genau in diese Lücke. Allerdings hat die Welle mit einem Verbreitungsproblem zu kämpfen. Als digitaler Sender ist „Primetime-Radio“ bisher nur für die wenigen Hörer erreichbar, die die entsprechenden teuren digitalen Empfänger haben.

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Medieninitiativen

Workshop 7: Ältere machen ihr Programm selbst • SeniorenMedienForum, Bonn: Celia Schmidt, Medienpädagogin und Maria Koch, Leiterin HerbstRadio-Redaktion, Deutschland

• Offener Kanal – TV Münster „Seniorama“: Karl Klaes, Redaktion „Seniorama“ und Bärbel Elstrodt, Sprecherin der Redaktionsgruppe „Seniorama“, Deutschland

• Seniorenradio Evangelischer Kirchenkreis

• Das NRW-Israel-Senioren-Projekt: Burkhard Wischemann, freier Journalist, u. a. für Seniorenprojekte für Radio Kö, Düsseldorf, Deutschland

Unna:

Horst Weckelmann, Redaktion Seniorenradio und Matthias Rodax, technischer Betreuer „Seniorenradio“, Deutschland

• Die letzte Chance – Alt und Jung finden über die Medienarbeit zusammen:

• „55 – Plus“, Offener Kanal Dortmund e.V.: Ulrich Latuske und Hilde Breitenstein, Redaktion Seniorenmagazin „55 – Plus“, Deutschland

Es gibt in Deutschland rund 70 „Offene Kanäle“, zudem existieren allein in Nordrhein-Westfalen 46 private Lokalradios, die nach dem Landesrundfunkgesetz verpflichtet sind, 15 Prozent der täglichen Sendezeit für selbst produzierte Programmbeiträge von Bürgergruppen bereitzustellen. Von 71 Bürgermedien-Gruppen in NRW bieten mindestens elf spezielle Sendungen von und für Senioren an, ergab eine Umfrage des KDA (siehe Seite 33 ff.). In diesem Workshop stellen vier diese Projekte stellvertretend für viele andere, die unter unterschiedlichen Bedingungen in den einzelnen Bundesländern arbeiten, ihre Arbeit vor. Hanne Schweitzer, die sich als freie Journalistin auf den Themenbereich demographischer Wandel und Älterwerden der Gesellschaft spezialisiert hat, moderierte den Workshop. Zu Beginn wies die Moderatorin darauf hin, dass sich zu diesem Workshop ein „basisdemokratisch engagiertes Podium“ zusammengefunden habe.

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Micha Hanan, Direktor Rutenberg Institut, Haifa, Israel Moderation: Hanne Schweitzer, freie Journalistin

HerbstRadio, Bonn Celia Schmidt, Medienpädagogin vom Senioren-

MedienForum Bonn, berichtete von ihren Erfahrungen mit dem Förderverein Lokalradio Bonn und Rhein-Sieg. Hier haben Hörer die Möglichkeit, ihr Programm mitzugestalten. Dies gelte auch für Seniorinnen und Senioren. Trotz knapper Gelder sei es gelungen, die Zielgruppenarbeit mit Senioren sehr weit auszudehnen. Bisher sei das Radio bereits mit der Zeitung „Senioren-Echo“ vernetzt und Internetangebote seien in Vorbereitung. Schmid verwies darauf, dass in Zukunft geplant sei, in Bonn ein Medienzentrum für die Seniorinnen- und Seniorenarbeit aufzubauen. Als Beispiel für erfolgreiches Lokalradio führte Celia Schmidt die Redaktionsgruppe „HerbstRadio“ an. Sie wies auf Unterschiede im redaktionellen Teil und bei der Musikauswahl zu herkömmlichen Sendungen hin und betonte, dass trotz einer unattraktiven Sendezeit abends zwischen sieben und halb neun ein beachtlicher Hörerstamm bestehe.

Workshop 7: Ältere machen ihr Programm selbst

Die aktuellen Sparmaßnahmen der öffentlichen Haushalte kommentierte Celia Schmidt mit dem Wunsch, die Förderung des Lokalradios möge nicht dem Rotstift zum Opfer fallen. Ohne Förderung sei gutes Radio nicht möglich, schon gar nicht ein eigener Sender, den Celia Schmidt gerne für die Senioren hätte. Sie sprach sich für die Einrichtung öffentlich-rechtlicher, privater und gemeinnütziger Rundfunk- und Sendeanstalten aus, die in einigen Bundesländer bereits verankert wären. Die weitere Vorstellung des „HerbstRadios“ übernahm Maria Koch, die die Redaktion leitet. Maria Koch skizzierte ihren Werdegang von einer Renterin zur Redakteurin und später zur Redaktionsleiterin. Als Rentnerin sei sie auf der Suche nach einer neuen Aufgabe gewesen und zufällig auf das SeniorenMedienForum gestoßen. Kurzerhand habe sie sich dort vorgestellt, sofort eine Sprechervertretung übernommen und sei schließlich dabeigeblieben. Sie machte deutlich, wie wichtig es für Ältere ist, neue Potenziale zu entdecken und nicht träge zu werden. Die Freude über gelungene Sendungen und Beiträge sei eine gute Bestätigung dafür, dass es sich lohnt, auch im Alter neue Dinge anzugehen. „HerbstRadio“ läuft jeden zweiten Samstag im Monat von 19.30 bis 20.00 Uhr, auf Radio

Maria Koch, Celia Schmidt (rechts).

Bonn / Rhein-Sieg. Wellenlänge 98,9 (siehe auch Seite 34). Nach einem Hörbeispiel aus dem Programm von „HerbstRadio“ leitete Hanne Schweitzer zum Seniorenradio in Unna über, das auf Initiative des Öffentlichkeitsreferats der dortigen Evangelischen Kirche entstanden ist.

„Seniorenradio“, Unna Horst Weckelmann, von der sechsköpfigen Re-

daktion Seniorenradio Unna, berichtete von seinen Erfahrungen, als vor vier Jahren das Seniorenradio im Bürgerfunk im Evangelischen Kirchenkreis in Unna gegründet wurde. Er bemängelte, dass ältere Menschen meist in Zusammenhang mit negativ besetzten Themen (Pflegebedürftigkeit, Altenheime) in der Öffentlichkeit stehen. Diese Ausschließlichkeit entspräche nicht der Realität, denn auch Ältere engagierten sich ehrenamtlich, sozial und kulturell. Diese aktiven Tätigkeiten müssten ebenso beachtet werden. Weckelmann erzählte, dass damals die jetzige Magazinsendung auf Initiative von jungen Leuten aus dem Kirchenkreis entstanden ist. Die Sendung werde zwar von Senioren, aber nicht ausschließlich für diese gemacht. Er kritisierte die unattraktive Sendezeit zwischen 20.00 und 21.00 Uhr und fügte an, dass Rückmeldungen zum Programm gleichwohl recht zahlreich seien. Zur Art der Sendung sagte Horst Weckelmann, es sei vor allem das Ziel, mit Senioren zu sprechen, nicht nur über sie. Daher bestehe der Großteil der Sendung aus Interviews mit Älteren zu verschiedenen Themen. Als Beispiel für einen Programmpunkt nannte er „das Bürgergespräch“, das mit dem Aufnahmegerät auf der Straße entsteht. Das Redaktionsteam sammelt dazu Standpunkte älterer Bürger zu aktuellen politischen Themen. Zusammen mit Information, Service, Kommentaren und Musik entsteht so das Programm des „Seniorenradios“. Weckelmann wies darauf hin, dass Ältere ein besonderes Publikum seien. Sie seien oftmals kritischer als andere Hörergruppen und riefen auch schon mal an, um ihre Meinung zu einem Beitrag

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Medieninitiativen

könne sie nicht sagen. Aber: „Dass unsere Sendungen gesehen werden, erfahren wir dadurch, dass nach unseren Rätseln immer einige Anrufe kommen.“ Leider beschränke sich das Feedback aber bisher auf die Beteiligung bei den Fernsehrätseln, die während der Sendung gestellt würden. Zum Schluss stellte sie die Frage nach den Themen, die die Senioren am meisten interessieren und bemerkte, dass Statistiken und Befragungen oft zu dem Schluss kommen, dass eine Sendung für Senioren nicht auf Senioren zugeschnitten sein müsse.

Von links nach rechts: Hilde Breitenstein, Erich Latuske, Horst Weckelmann, Matthias Rodax.

zu sagen. Er betonte, diese Kritik sei das Beste, was der Sendung passieren könnte.

Das Seniorenmagazin „55 – Plus“ wird an jedem letzten Freitag eines Monats um 18.00 ausgestrahlt (siehe auch Seite 39).

TV „Seniorama“, Münster Bärbel Elsrodt, Sprecherin der Redaktionsgruppe

Seniorenradio Unna sendet jeden letzten Donnerstag eines Monats um 20.04 Uhr (siehe auch Seite 38).

Fernsehmagazin „55-Plus“, Dortmund Hilde Breitenstein von der Redaktion der Fernseh-

sendung Seniorenmagazin „55 – Plus“ im Offenen Kanal Dortmund e.V. zeigte zunächst einen Ausschnitt aus dem Programm, das die Redaktion inhaltlich und technisch selbst gestaltet, produziert und zum Senden fertigmacht. Sie informierte darüber, dass „55 – Plus“ einmal im Monat zwischen 40 bis 60 Minuten sendet. Zu den behandelten Themen gehören etwa die Vorstellung eines Seniorenhotels in Hamm oder ein Gespräch mit dem ehemaligen Chefarzt der Neurologie der städtischen Kliniken über Schlaganfallhilfe. Die Vorbereitungen der Sendungen und der Moderation seien sehr aufwendig, erklärte Breitenstein. Zur Sendung „55-Plus“ im Offenen Kanal Dortmund führte sie aus, dass in Dortmund nicht überall das Programm empfangen werden könne. Wie viele Zuschauer sie hätten (1.000 oder 5.000?)

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„Seniorama“, Offener Kanal – TV in Münster, legte zunächst Wert auf die Festellung, wie viel Mut und Durchhaltevermögen man brauche, um im fortgeschrittenen Alter etwas gänzlich Neues zu tun. Vor zweieinhalb Jahren wurde das Seniorenmagazin im Offenen Kanal – TV in Münster gegründet. Zurzeit bestehe das Team aus insgesamt 15 Leuten, die ehrenamtlich arbeiten und von denen niemand seine jetztige Fernseh-Tätigkeit vorher als Beruf ausgeübt hat. Alle betrachteten ihre Tätigkeit als Hobby. Bärbel Elsrodt beschrieb die Redaktionsarbeit so: „In den Redaktionssitzungen am Mittwochvormittag werden die Themen für die Sendungen zusammengetragen und festgelegt. Und dann finden sich jeweils eine Kamerafrau, ein Kameramann und ein Redakteur oder eine Redakteurin zusammen, schreiben ein kleines Drehbuch, filmen, schneiden und vertonen. Dabei muss ich noch betonen, dass die meisten von uns einen eigenen PC oder einen eigenen Schneideplatz zu Hause haben, so dass wir nicht auf das Studio im Bennohaus angewiesen sind. Dieses benutzen wir nur, um dort das Masterband herzustellen und gleichzeitig dann die Moderation aufzuzeichnen.“ „Seniorama“ war anfangs 30 Minuten lang und umfasst inzwischen 50 Minuten. „Das Hobby be-

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ginnt, für uns alle ein Full-Time-Job zu werden“, berichtete Elstrodt, „denn zu unseren regulären Magazinsendungen kommen noch Spezialsendungen, Talkrunden und Sendungen zu Sonderthemen hinzu.“ Das Team produziert monatlich eine Magazinsendung mit den Schwerpunkten Information, Kultur und Unterhaltung und versuche dabei, in kurzweiliger Form ein vielfältiges Programm zu bieten. „Es werden besonders Themen aufgegriffen, von denen wir meinen, dass sie die ältere Generation interessieren, und zwar in Form von Reportagen und Berichten, in Studiogesprächen und in Interviews. Kleine historische Bildspaziergänge in der Region sollen unterhalten und alte Erinnerungen wachrufen. Die Vorstellung verschiedener Hobbys von älteren Damen und Herren soll anregen zu eigenem Tun und zu kreativem Gestalten. Tipps und Hinweise runden die Sendung ab, zum einen Ratschläge der Polizei für die persönliche Sicherheit, zum anderen Hinweise auf besondere Veranstaltungen, die im jeweils folgenden Monat rund um Münster stattfinden werden.“ Das Projekt Seniorenfernsehen im Offenen Kanal TV Münster wird getragen vom Arbeitskreis Ostviertel e.V., also von einem eingetragenen Verein. Der Sitz ist das Bennohaus, ein Bürgerhaus in Münster. Das Land hat seine Zustimmung gegeben, dieses Projekt zu fördern. „Darauf freuen wir uns alle, denn wir mussten bislang mit ganz, ganz wenig Geld auskommen“, sagte Elstrodt.

lität. „Die Qualität ist hier schlechter, als sie bei uns über den Fernsehschirm geht. Das muss man dazusagen: Zu Beginn unserer Arbeit mussten wir nicht nur mit einem ,low budget‘, sondern fast mit einem ,no budget’ arbeiten. Da haben wir ganz erhebliche Schwierigkeiten mit der Technik gehabt. Wir hatten häufig das Gefühl, dass wir Indianer waren, so rot waren unsere Gesichter auf dem Bildschirm. Das hat sich inzwischen verbessert. Wir haben also in den zweieinhalb Jahren, wo wir zusammenarbeiten, ganz erhebliche Fortschritte gemacht. Eine Anmerkung möchte ich an alle weitergeben, die Bürgerfunk und Fernsehen machen: Unser Problem ist es, ob wir es wollen oder nicht, dass wir von den Zuschauern mit den professionellen Fernsehmachern im Hinblick auf Inhalt und technische Qualität verglichen werden. Deswegen müssen wir auch immer das Bemühen haben, möglichst perfekt zu sein, damit uns die Zuschauer nicht davonlaufen. Sie honorieren nämlich nicht, was an mühevoller Arbeit für Nicht-Profis eigentlich hinter der Erstellung einer solchen Sendung steht, egal, ob man Radio oder Fernsehen macht.“ Karl Klaes erklärte zum Problem der schlechten Sendezeiten von Bürgerfunksendungen, dass diese stark von den jeweiligen Veranstaltergemeinschaften der privaten Lokalradios abhingen. Sie seien es, die bei den jeweiligen lokalen Sendern die Sende-

Zur Namensgebung „Seniorama“ erläuterte Bärbel Elsrodt, „Senior“ stehe für den alten Menschen, Das verwandte „Senat“ für den Rat der Alten. Im zweiten Teil von Seniorama steckten „horaim“ und „horama“, das Sehen und Erblicken aus einem anderen Blickwinkel. Das verwandte „Panorama“ verweise auf „alles sehen“. Die Redaktion möchte „Seniorama“ als Begriff verstanden wissen, der in angemessener Weise das Alter aus Sicht des älteren Menschen in den Blick nimmt. Nach der Präsentation eines fünfminütigen Demobands des Fernseh-Magazins verwies Karl Klaes von der Redaktion „Seniorama“ aus dem Offenen Kanal – TV Münster, auf Probleme der Sendequa-

Karl Klaes, Bärbel Elstrodt.

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zeiten für den Bürgerfunk festlegen. Aus seiner Zeit beim Bürgerfunk in Münster berichtete er, dass der ursprüngliche, passable Sendetermin von sonntags oder wochentags 18.00 Uhr plötzlich auf 20.00 bis 22.00 Uhr verschoben wurde. Das Fernsehen sei

um diese Zeit ein zu starker Konkurrent für eine Bürgerfunksendung „Seniorama“ wird jeden ersten Mittwoch eines Monats um 19.00 Uhr ausgestrahlt.

NRW-Israel-Seniorenmedien-Projekt Burkhard Wischemann, freier Journalist, betonte, ihm sei immer daran gelegen gewesen, die Grenzen des lokal orientierten Bürgerfunks zu überwinden. Angefangen habe er seine Aktivität mit dem Verein Radio Kö in Düsseldorf. In einer Radiowerkstatt des Erzbistums Köln habe er Senioren im Radiomachen ausgebildet und mittlerweile 25 bis 30 Bürgerfunksendungen betreut.

Durch die WDR-Redakteurin Gretel Rieber habe er 1996 von einer Gruppe in Israel lebender Rheinländer erfahren, die während des 2. Weltkriegs emigriert waren. Mittlerweile waren sie zwischen 75 und 95 Jahre alt und sprachen noch Deutsch. Burkhard Wischemann.

Es entstand die Idee, den 50. Geburtstag des Staates Israel, der 1998 gefeiert wurde, zum Anlass für ein seniorenverbindendes deutsch-israelisches Projekt zu nehmen. Nach zwei Jahren stand das Konzept: Erstens sollten deutsche Ältere, die das Dritte Reich oder dessen Folgen miterlebt hatten, mit israelischen Älteren, die ausgewandert waren und die Gründung des Staate Israel miterlebt hatten, über die Anfangszeit in Israel sprechen. Zweitens sollten die Antworten der Auswanderer auf die Fragen der Deutschen in Form von Interviews wieder zurück in die Bundesrepublik getragen werden. Burkhard Wischemann legte Wert auf die Feststellung, dass es bei dem Projekt darum gegangen sei, bei den deutschen Teilnehmer so etwas wie ein neues, nicht so sehr politisches Aufarbeiten, sondern ein eher zwischenmenschliches Nachdenken in beide Richtungen in Gang zu setzen. Nach dem Europäischen Jahr gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit 1997 und nach dem israeli-

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schen Staatsjubiläum 1998 sollte mit dem Projekt rechtzeitig vor 1999, dem Internationalen Jahr der älteren Generation, ein neues Zeichen für die Verständigung zwischen Deutschen und Israelis und zwischen älteren Menschen aus sehr verschiedenen Ländern gesetzt werden. Als drittes Projektziel nannte Wischemann die Produktion eines Radiobeitrags und die Ausstrahlung dieses Beitrags im WDR-Programm. Pfingstmontag 1998 war eine Reisegruppe nach Haifa (Israel) gestartet. Die Gruppe aus NRW in Israel mit Ressentiments gegenüber den älteren Reiseteilnehmern gerechnet habe. Diese Befürchtung bewahrheitete sich aber nicht, ältere Reiseteilnehmer hätten eine positive Aufnahme in Israel gefunden. Laut Wischemann war die Gruppe nach der erfolgreichen Zusammenstellung einer Sendung auch stolz darauf, dass der WDR die Produktion

Workshop 7: Ältere machen ihr Programm selbst

von Rundfunklaien ausstrahlte. Ein kurzer Ausschnitt dieser Sendung wurde in dem Workshop vorgestellt. Danach referierte Micha Hanan, Direktor des Rutenberg Instituts aus Haifa, der das Projekt in Israel mit unterstützt hatte, über integrative und internationale Medienarbeit. „Die letzte Chance – Alt und Jung finden über die Medienarbeit zusammen“ betitelte er sein Referat. Hanan bemerkte zu Beginn, dass er, anders als die meisten Workshopteilnehmer mehr mit jungen Leuten als mit älteren zu tun hat. Ihm ginge es um den Austausch zwischen den Generationen. Das zweiwöchige Projekt, das er in Israel realisiert habe, und im Workshop vorstelle, sei Teil eines fünf Jahre dauernden Experiments, das zum Teil mit Organisationen des Offenen Kanals in Deutschland, z. B. in Ludwigshafen und Berlin, durchgeführt wurde. Micha Hanan legte dar, dass die Tatsache, dass Ältere in den Medien nicht entsprechend berücksichtigt würden, nach seiner Meinung nicht nur ein Problem für die Alten, sondern auch für die übrige Gesellschaft sei. Es fehle der Dialog, so Micha Hanan. Die Alten verständen die Musik der Jugendlichen nicht und könnten ihrer Schnelligkeit nicht folgen, andererseits hätten die Jungen Probleme mit der Langsamkeit der Alten. Im Folgenden ging Micha Hanan auf das israelisch-deutsche Projekt ein, das durch die Existenz des Medienzentrums ermöglicht wurde. Vor fünf Jahren sei der Anfang mit einer Gruppe deutscher Jugendlicher aus Ludwigshafen gemacht worden, die nach Haifa gekommen waren, um dort zusammen mit israelischen Jugendlichen Medienarbeit zu machen. Teilweise zusammen, teilweise getrennt, erstellten sie Berichte über das Leben in Haifa. Diese wurden in beiden Ländern gesendet. Über die zweite Phase des Projekts, in der es um die Radioarbeit älterer Deutscher wie älterer Israelis gegangen sei, habe Burkhardt Wischemann bereits berichtet, erklärte Micha Hanan.

Micha Hanan.

Zum Abschluss des Projekts, fuhr er fort, sollte eine gemeinsame Arbeit von älteren und jüngeren Leuten entstehen. Dazu trafen sich 16 junge und ältere Erwachsene aus Berlin und Ludwigshafen mit acht jungen und älteren Bürgern aus Haifa. Beide Gruppen sollten acht Tage zusammenarbeiten. Micha Hanan hatte zunächst Zweifel daran gehabt, ob das Projekt gelingen würde. Als wichtige Voraussetzung nannte er sowohl Englischkenntnisse aller Teilnehmer, als auch den absoluten Willen, sich mit etwas Neuem auseinander zu setzen. Im Laufe des Projekts hätten sich die Grenzen zwischen Alt und Jung immer mehr verwischt, berichtete Hanan. Die Jüngeren hätten von den Lebenserfahrungen ihrer älteren Kollegen profitiert, die Älteren von der Medienkompetenz der Jüngeren. Am Ende des Projekts erstellte die Gruppe drei Filmbeiträge, für deren Realisation zwei Tage zur Verfügung standen. Micha Hanan nannte als Fazit des Projekts: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bildeten eine Gruppe, die gut zusammenarbeitete; die Atmosphäre war so gut, dass unterschiedliche Positionen zugelassen wurden, die sich auf Grund der Altersspanne der Teilnehmern zwischen 16 und 80 Jahren sowie der verschiedenen kulturellen Herkunft ergaben.

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Medieninitiativen

Diesem Fazit fügte Micha Hanan den Rat hinzu, Gruppen mit solch differenzierter Altersstruktur immer gut vorzubereiten. Das Ziel der Arbeit müsse exakt bestimmt sein, um allen gerecht zu werden. Es genüge nicht, nur die Ansichten der einen Altersgruppe der jeweils anderen zu präsentieren. Auch sollten die Gruppen selbst Verantwortung übernehmen und das Arbeitsziel bestimmen. Beide Altersgruppen müssten sich austauschen.

könnten. Die jungen Menschen hätten sich erstaunt darüber geäußert, wie viel Zeit sie mit älteren Menschen verbracht haben. Die Älteren sagten, sie hätten bisher selten die Möglichkeit gehabt, sich auf diese Weise mit Jugendlichen auszutauschen. Micha Hanan legte Wert auf die Feststellung, dass ein solcher Austausch zwischen den Altergruppen unbedingt notwendig sei. Der Erfolg sei bei richtiger Vorbereitung garantiert.

Micha Hanan fuhr fort: Alle Teilnehmer hätten Erfahrungen aus dem Experiment gewonnen, die sie auf ihre heimatlichen Gemeinschaften übertragen

Im Anschluss zeigte Micha Hanan einen der drei in Haifa produzierten Filmbeiträge.

Schlechte Sendezeiten bemängelt Die folgende Diskussion bezog sich zuerst auf die Frage, warum die meisten Lokalradios so schlechte Sendezeiten haben. Dazu berichtete eine Workshopteilnehmerin von „Radio OK“, Welle Braunschweig, von einer gut angenommenen alternativen Sendeschiene, nämlich montags bis donnerstags jeweils von 11.00 bis 12.00 Uhr. Sie fragte nach, inwieweit anwesende Hörfunkredakteure Erfahrungen mit ähnlichen Projekten wie dem integrativen Ansatz von Israel und Deutschland und einer wirklichen Zusammenarbeit der Generationen gemacht hätten. Celia Schmidt antwortete darauf, dass sie seit zwölf Jahren Erfahrungen im Bürgerfunk habe, seit acht Jahren auf Sendung sei und schon ebenso lange integrativ und intergenerativ arbeite. Sie sprach einen weiteren Aspekt des Lokalfunks an, nämlich die muttersprachlichen Sendungen. Es sei ein Kampf nötig gewesen, um im Radio Bonn / RheinSieg auch nicht-deutschsprachige Sendungen ausstrahlen zu dürfen. Dies eröffne aber neue Möglichkeiten. So gäbe es inzwischen zwei internationale Seniorenredaktionen, die in ihren Landessprachen sendeten. Schmid verwies auch auf intergenerative Angebote, etwa regelmäßige Projekte mit Schulen. Außerdem bestehe ein wöchentlicher Dialog der Generationen in Form eines „Erzählcafés“.

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Aus Mitschnitten dieser Gespräche würden Radiosendungen erstellt. Gudrun Metting, die seit vier Jahren in Köln Bürgerfunk mit Älteren macht, berichtete von ihren Erfahrungen mit den Sendezeiten und machte fehlende Unterstützung durch die Öffentlichkeit mit dafür verantwortlich, dass Sendungen von älteren Menschen ohne Rücksprache mit den Redaktionen auf späte Sendetermine verschoben werden können. Sie vermutete, dass die Werbeblöcke zu besseren Zeiten mit ein Grund dafür sind, dass für Seniorenprogramme nur späte Termine zur Verfügung stehen. Zu ihren Erfahrungen mit Jung und Alt führte Gudrun Metting die Gruppe „Turbo-Greise“ an, deren Mitglieder 20 bis über 58 Jahre alt sind. Den älteren „Turbo-Greisen“ läge mehr die inhaltliche, den jüngeren eher die technische Seite der Programmgestaltung. Neues, wie etwa der Wechsel von analoger zu digitaler Technik, würde gemeinsam gelernt. Micha Hanan erinnerte an die Städtepartnerschaft zwischen Braunschweig und der Stadt Qiyat Tivon, nahe Haifa. Junge und Ältere arbeiten dort in den Offenen Kanälen zusammen. Zwar gäbe es keine

Workshop 7: Ältere machen ihr Programm selbst

Lokalradios, eine eventuelle künftige Zusammenarbeit könne aber ähnlich wie beim Haifaprojekt ablaufen. Truxton Simmons vom Rocky Mountain Public Television (Denver, Colorado) fragte Micha Hanan nach den Positionen der Mitglieder in intergenerativen Gruppen.

Literatur zum Thema Horst Weckelmann: Ältere Menschen im Bürgerfunk. 1999. Die 75-seitige Broschüre kann zum Preis von DM 5,– zuzüglich DM 2,50 für Porto und Verpackung bezogen werden bei: Horst Weckelmann, Reckerdingsweg 30, 59427 Unna.

Micha Hanan erwiderte, dass die Positionen und Tätigkeiten, wie Filmen oder Schreiben, der Mitglieder letztlich durch Entscheidungen in der Gruppe selbst bestimmt würden. Er war der Meinung, dass gerade in der fehlenden Arbeitszuweisung der Erfolg solcher Projekte begründet liege. Stereotype Ansichten, wer auf Grund seines Alters etwas besser könne, würde so die Arbeit nicht behindern.

Redakteure des Dortmunder BürgerfunkFernseh-Magazins „55-Plus“ in der Regie. (Foto: 55-Plus)

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Abschlussplenum

Abschlussplenum Altersthemen leichter angehen – Elf Forderungen aufgestellt Zum Abschluss des Internationalen Medienkongresses „Überhört und Übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ wurden die wichtigsten Inhalte und Ergebnisse der einzelnen Workshops kurz im Plenum vorgestellt. Zuerst fasste Ines Jonas (KDA) die Beiträge aus dem Workshop: „Unerwünschte Kunden? Alter und Hörfunk- und Fernsehwerbung“ zusammen. Danach stellte die freie Journalistin Regine Hebestreit kurz die TV-Sendungen für Ältere vor, die in den beiden Praxis-Workshops zum Fernsehen porträtiert worden waren. Im Workshop 10: „Dokumentationen, Fernsehfilme und Features zu Altersthemen“ war unter anderem auch das Langzeitprojekt des Südwestrundfunks: „Das 3. Leben“ (siehe S. 153) vorgestellt worden. Da es sich dabei nach Auffassung der Kongress-Organisatoren um eine weltweit außergewöhnliche Langzeitdokumentation handelt – über einen Zeitraum von zehn Jahren werden seit 1992 insgesamt 30 ältere Personen von einem Fernsehteam begleitet – konnte der für das „Das 3. Leben“ verantwortliche Redakteur Dr. Hermann Sturm über das Projekt sowie über den Diskussionsverlauf in Workshop 10 auch noch einmal dem Plenum berichten. Neben der SWR-Pro-

Hans Nakielski, Ines Jonas.

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duktion gab es in dem Workshop noch Informationen zu drei Beiträgen, die sich mit den Themen „Pflege“ und „Demenz“ beschäftigten. Das veranlasste Sturm zu der Frage, warum von den Veranstaltern nur derart „ernsthafte Beiträge angefragt worden waren“. Sturm: „Kann man Altersthemen nicht etwas humorvoller und leichter angehen?“ Auf diese Frage antwortete Hans Nakielski, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit beim Kuratorium Deutsche Altershilfe, dass man durchaus versucht habe, „leichtere“ Beiträge zu bekommen. Doch man sei bei den Recherchen unter den wenigen längeren Dokumentationen, Filmen und Features über Ältere im TV fast nur auf Filmbeiträge rund ums Thema „Pflege und Pflegeheim“ gestoßen. So würden sich beispielsweise auch im Rahmen des ZDF-Programmschwerpunkts „Die vielen Gesichter des Alters“ im November 1999 allein drei Sendungen der fünf Sendetermine mit Altenpflege beschäftigen. Das hieße natürlich nicht, dass sich das Fernsehen gelegentlich nicht auch mit positiven Altersaspekten beschäftigen würde. So sei erst kurz vor dem Medienkongress ein arte-Themenabend über „Liebe im Alter“ ausgestrahlt worden, der aber auf Grund der Kurzfristigkeit nicht für die Veranstaltung zur Verfügung gestanden habe. Dennoch wäre beim KDA der Eindruck entstanden, dass, wenn das Fernsehen das Thema Alter mal aufgreife, dies eher unter Problemaspekten geschehe. Als nächste Berichterstatterin auf dem Podium fasste Anne Kleiber (KDA) das Wichtigste aus den Arbeitsgruppen zusammen, die sich mit Rundfunksendungen und „Hörfunk-Wellen – nicht nur für Ältere“ beschäftigt hatten. Um Hörfunk, aber auch teilweise um Fernsehen war es auch in dem Workshop gegangen, der unter dem Motto „Ältere machen ihr Programm selbst“ stattfand. Vier nordrhein-westfälische Bürgerfunk-Initiativen sowie ein NRW-Israel-Projekt hatten darin ihre Arbeit vorgestellt.

Abschlussplenum

über die Rasse, die Religion, das Alter oder das Geschlecht gemacht werden“.

„Wir Alten müssen selbst unser Alter annehmen“

Anne Kleiber, Dr. Hermann Sturm, Regine Hebestreit.

Christoph Ruhkamp (KDA) schilderte die Fakten

aus diesem Workshop sowie die wichtigsten Ergebnisse der während des Kongresses diskutierten Medienforschungs-Untersuchungen zum Thema „Ältere“. Nach den Zusammenfassungen aus den Workshops wurden die Forderungen vorgestellt, die von KDA und NPOE spontan kurz vor Abschluss des Kongresses zusammengestellt worden waren. Ger Tielen, Direktor der Nederlands Platform Ouderen en Europa (NPOE) sowie Mitarbeiter des KDA hatten sich kurzfristig zu der Erarbeitung eines Forderungskatalogs entschlossen, um den zentralen Absichten des Kongresses mehr Gewicht zu verleihen und dafür zu sorgen, dass die Ziele über den Kongress hinaus weitergetragen werden. Die insgesamt elf Forderungen sind auf Seite 210 nachzulesen. Besonders wichtig erschien den Verfassern die Forderung nach einem „Medienkodex“, der sich gegen Altersdiskriminierung wendet. Ger Tielen führte dazu aus: „Beispielhaft sind für uns die Produktionsrichtlinien der britischen BBC. Diese weisen ausdrücklich darauf hin, dass diskriminierende und stereotype Darstellungen gegenüber bestimmten ethnischen Gruppen oder auch Altersgruppen zu unterlassen sind.“ So stünde darin beispielsweise unter dem Stichwort „Komödie“: „Sensibilität ist von Nöten, wenn es um Witze geht, die

In der anschließenden Diskussion wies eine Kongressteilnehmerin darauf hin, dass sie bei den elf Forderungen die endgültige Beantwortung der Frage, ob spezielle Sendungen oder Programme für Ältere nun sinnvoll oder sinnlos seien, vermißt habe. Darauf erwiderte Hans Nakielski: „Richtig, wir haben nicht gesagt, dass die Sender nun alle eigene Altenprogramme produzieren müssen. Das wäre auch eine unrealistische Forderung. Denn man muss dabei schon sehr unterscheiden, ob es sich um ein einziges Fernsehvollprogramm oder eine einzige Radiowelle handelt oder um Sender mit mehreren Programmen. Für erstere ist es sicher nicht so einfach, spezielle Sendungen für einzelne Zielgruppen wie Jungendliche oder Senioren zu platzieren. Für einen Sender wie den WDR mit seinen fünf Hörfunk-Programmen ist das natürlich viel leichter. Wichtiger als diese Pauschalforderung nach mehr Spezial-Sendungen für Senioren erscheint uns daher die Forderung zu sein, dass die existierenden Sendungen, die für Ältere gemacht werden, nicht um ihre Existenzberechtigung kämpfen müssen, dass sie nicht in Frage gestellt werden, und dass sie nicht lächerlich gemacht werden.“ Außerdem müs-

Ines Jonas, Christoph Ruhkamp.

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Abschlussplenum

dass wir Alten da selbst ein bisschen realistischer werden und selbst unser Alter erst mal annehmen, damit andere damit auch vernünftig umgehen können.“ Celia Schmidt vom Senioren MedienForum in

Ger Tielen (NPOE).

se viel mehr im allgemeinen Programm über Altersthemen berichtet werden. Ein anderer Kongressteilnehmer schlug ergänzend zu den elf Forderungen noch eine weitere vor. Seiner Meinung nach gäbe es den oft in den Medien beschworenen „Krieg zwischen den Generationen“ gar nicht. Man müsse vielmehr von einem „Dialog“ sprechen. Dem stimmte Ger Tielen voll zu. Auch er ist der Meinung, dass der „Krieg“ von den Medien herbei geredet werde. In der Realität deute dagegen vieles darauf hin, dass die Generationen zueinander finden würden. Darauf folgte ein leidenschaftlich vorgetragener Appell einer älteren Teilnehmerin. Sie meinte, dass die Senioren den Medienmachern den Wind aus den Segeln nehmen müssten. Die Medienleute würden das Thema Alter(n) vor allen anderen und deshalb meiden, weil sie der Auffassung seien, dass die Älteren selbst „nichts davon wissen“ wollten. Denn alt wolle ja eigentlich keiner sein. „Wenn wir Älteren so eine abweisende Botschaft rüber bringen, dann müssen wir uns nicht wundern, dass in der Gesellschaft die Würde des Alters wirklich immer mehr zurück gedrängt wird. Ich kann doch nicht als 65-Jährige sagen: ‚Aber ich fühle mich wie 30!‘ Ich bin 65, und da geht kein Weg dran vorbei, egal wie ich mich fühle. Und ich möchte als 65-Jährige oder auch noch Ältere in dieser Gesellschaft ernst genommen werden. Also bitte ich darum,

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Bonn appellierte an die Programmmacher, mehr über und für ältere Ausländer in deren Muttersprache zu bringen. An das KDA gewandt, forderte sie die Vergabe eines Medienpreises für Sendungen, die sich in besonderer Weise mit dem Thema Alter(n) auseinandersetzen. Hans Nakielski wies in diesem Zusammenhang auf den so genannten „Wilhemine-Lübke-Preis“ hin, mit dem das KDA früher herausragende Beiträge aus Fernsehen, Hörfunk und dem Printbereich zum Thema „Alter“ prämiert hatte. Aus verschiedenen Gründen gebe es diesen Preis inzwischen nicht mehr. Allerdings gebe es weiterhin den Medienpreis der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände. Auch dabei spiele das Thema „Alter“ immer eine wesentliche Rolle, so der KDA-Sprecher.

„Wir Alten müssen unser Alter selbst erst mal annehmen, damit andere vernünftig damit umgehen können“, sagte diese Kongressteilnehmerin.

Abschlussplenum

Der Medienkongress hatte mit der Einspielung von (positiven wie negativen) TV-Szenen und Werbespots zum Thema „Alter“ begonnen und er endete auch mit einer Einspielung. Diesmal wurde „als Anregung zum Nachmachen“ aber nur ein witziges Positivbeispiel vorgeführt. Der gezeigte Spot des kanadischen Familienministeriums, der Erkenntnis fördert, indem er Klischees überdreht, war der filmische „Renner“ des Kongresses, wie der Fachdienst epd medien später schrieb. Gezeigt wird ein älteres Großelternpaar, das vor einem überraschend angekündigten Besuch von Kindern und

Enkelkindern hektisch alle Utensilien für ihren modernen Lebensstil versteckt und sich in eine strikkende Oma und einen Lehnstuhl-Opa verwandelt: Laptop, Lippenstift, Turnschuhe, Tanga-Slip und das moderne Bild von der Wand verschwinden schnell im Schrank und die graue Strickweste, die klobigen Hausschuhe, das Stillleben und die Volksmusik-CD werden in aller Eile hervorgeholt, ehe die Kinder kommen. Der Spot endet mit der Frage an die Zuschauer: „Haben Sie sich jemals gefragt, wieso manche Leute mit 65 plötzlich alt werden? Vielleicht deshalb, weil Sie es von ihnen erwarten.“

Hans Nakielski, Ger Tielen.

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Forderungen zum Abschluss des Internationalen Medienkongresses

Elf Forderungen zum Abschluss des Medienkongresses • Alle Generationen sollten gemäß ihrem Bevölkerungsanteil angemessen im Programm vertreten sein. • Altersthemen sollten verstärkt von den Hörfunkund Fernsehsendern aufgegriffen werden. Wenn beispielsweise – wie eine neuere WDR-Untersuchung gezeigt hat – nur ein Prozent Altersthemen in den deutschen Hauptfernsehprogrammen vorkommen – dann besteht ein unakzeptables Missverhältnis zur Realität. • Diese Themen sollten vor allem ins Gesamtprogramm, das sich an alle Generationen richtet, integriert werden. Auch spezielle Zielgruppensendungen für Ältere können dafür wichtig sein. • Es sollte nicht nur über Ältere berichtet werden, sondern Ältere sollten auch Gelegenheit haben, sich selbst in Wort und Bild darzustellen. • Insbesondere müssen ältere Frauen wesentlich mehr im Programm vertreten sein. • Die oft realitätsfernen und manchmal sogar diskriminierenden Bilder vom Alter in den elektronischen Medien und in Werbespots müssen korrigiert werden. Die Vielfalt des Alters sollte in den Medien adäquat dargestellt werden. Ein Medienkodex, der sich am Ziel des Artikels 13 (EUVertrag) gegen (Alters-)Diskriminierung orientiert, könnte dabei behilflich sein. Beispielhaft sind auch die Produktionsrichtlinien der BBC (Großbritannien), die ausdrücklich darauf hinweisen, dass diskriminierende und stereotype Darstellungen gegenüber bestimmten ethnischen und Alters-Gruppen zu unterlassen sind.

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• Es kann nicht akzeptiert werden, dass sich die Werbeindustrie nur auf die 14- bis 49-Jährigen (in den USA: 18- bis 35-Jährigen) konzentriert und vor allem Sendungen für diese Altersgruppe unterstützt. • Die speziellen Hör- und Sehbedürfnisse Älterer sollten in den Programmen verstärkt berücksichtigt werden. Beispielsweise sollten die Medienschaffenden mit schnellen Schnittfolgen im Fernsehen und zu kurzen Beiträgen im Rundfunk vorsichtig sein. • Es sollten mehr Programmhilfen (VideotextUntertitelung, Hörfilm etc.) für Hör- und Sehgeschädigte gegeben werden. • Wir brauchen eine verstärkte, an einheitlichen europäischen und internationalen Standards orientierte interdisziplinäre Forschung zu der Darstellung der Generationen und Geschlechter in den Medien. Diese Forschungsergebnisse sollten öffentlich bekannt gemacht und von den Medien berücksichtigt werden. • Die Rolle der (älteren) Medienkonsumenten sollte durch Forschung, Medienkompetenz-Arbeit und kreative neue Mitbestimmungsmöglichkeiten unterstützt werden.

Begleitausstellung zum Internationalen Medienkongress

Begleitausstellung zum Internationalen Medienkongress Ältere in Hörfunk und Fernsehen (Programmangebote für Senioren) Was Sender für Ältere und über Ältere bringen, konnte in der Woche des Internationalen Medienkongress auf einer vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) organisierten Begleitausstellung gehört und gesehen werden. Im Kölner Gürzenich, wo zeitgleich – und als weiterer Höhepunkt des internationalen Jahres der Senioren (IJS) – das „Welt-Altentheater-Festival“ stattfand, präsentierten 20 Aussteller ihre Medienangebote für Ältere. Neben etablierten Sendern wie dem Westdeutschen Rundfunk (WDR), Norddeutschen Rundfunk (NDR) oder Südwest Rundfunk (SWR) zeigten auch die ARD-Fernsehlotterie „Goldene Eins“, Offene Kanäle, Bürgerfunk- und regionale Privatsender, was sie für das ältere Publikum zu bieten haben. An ihren Informationsständen zeigten die Aussteller nicht nur auf Bildtafeln, welche speziellen Angebote für ältere Hörer und Zuschauer bestehen, sondern auch wie Seniorensendungen geplant und produziert werden. Auf Großleinwänden wurden Ausschnitte aus Sendungen, Filmen und Dokumentationen zum Thema „Alter“ gezeigt und in einer so genannten „Hörinsel“ konnte man über Kopfhörer verschiedene Radiosendungen für Ältere verfolgen.

Zudem informierte die Geschäftsstelle „Internationales Jahr der Senioren“ (IJS) über ihre vielen Aktivitäten und Aktionen. Und die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V.“ (BAGSO) präsentierte ihre große Wanderausstellung zum Thema „Seniorenarbeit im Wandel“. Viel Beachtung fand auch die Präsentation „Alter ist anders“ des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NordrheinWestfalen:. Überlebensgroße Porträts illustierten verschiedene Lebensbereiche älterer Menschen und machten deutlich, wie vielfältig „Alter“ – auch und gerade in Nordrhein-Westfalen sein kann. Das KDA richtete auf der Ausstellung zusätzlich ein Internet-Café ein, wo sich Besucher über das gerade neu etablierte Kompetenz-Netzwerk „Senioren OnLine“ (SOL) informieren konnten. Alte wie junge Netzsurfer waren hier eingeladen, um die Möglichkeiten und Angebote von SOL (http://www.senioren-online.de) per Mausklick zu testen.

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Pressekonferenz

Pressekonferenz zum Internationalen Medienkongress Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)

Im Folgenden werden wesentliche Passagen von der Pressekonferenz zusammengefasst:

Monika Piel, Hörfunkdirektorin des Westdeutschen Rundfunks

Ministerin Bergmann: „Wir brauchen

Wolfgang Schmitz, Wellenchef WDR Radio 5 Hans Nakielski, Leiter der Abteilung Informations- und Öffentlichkeitsarbeit des KDA Moderation: Beate Moser, Leiterin des Presse-

positive Vorbilder für das Älterwerden“ „Wie ist das Bild der Älteren in den Medien, wie werden Ältere dargestellt, wie beeinflusst das auch das Bild, das Ältere selbst von sich haben?“ Das fragte Bundesseniorenministerin Dr. Christine Bergmann zur Eröffnung der Pressekonferenz.

referats BMFSFJ

Auf einer Pressekonferenz im Funkhaus des Westdeutschen Rundfunks (WDR) stellten zu Beginn des Internationalen Medienkongresses am 27. Oktober 1999 Spitzenvertreter vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ), WDR und KDA die Absichten des Kongresses vor. Etwa 50 Journalisten von nationalen und internationalen Medien kamen zu der Pressekonferenz, die in Teilen auch vom Ereigniskanal PHOENIX übertragen wurde. Zahlreiche (Medien-)Journalisten hatten sich auch als Berichterstatter für den Kongress akkreditiert (siehe Seite 239) und kamen am 28. und 29. Oktober zu den Workshops und Podiumsveranstaltungen. Viele Berichte und Interviews zum Thema „Überhört und übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ erschienen danach in deutschen und ausländischen Presseagenturen, Mediendiensten, Tageszeitungen, Zeitschriften, Rundfunksendern und Fernsehanstalten. Aus Platzgründen können hier die vielen Agenturmeldungen, Presseartikel, Rundfunk- und Fernsehmanuskripte, die sich mit dem Kongressthema beschäftigten, nicht aufgeführt werden. Auf die Zusammenstellung eines Pressespiegels wurde deshalb verzichtet.

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Vieles, was Ältere in den Medien über ihre Lebenssituationen wahrnähmen, präge auch ihre eigene Einstellung zum Leben. Und auch für junge Menschen werde natürlich Alter zu etwas, was durch die Medien zum großen Teil mit vermittelt würde. Denn die Mehrgenerationenfamilie gebe es schließlich immer seltener. Weil sich auf dem Medienkongress Vertreterinnen und Vertreter derjenigen Berufsgruppen träfen, die wesentlichen Einfluss auf das öffentliche Bild des Alters nehmen – Journalistinnen und Journalisten, Programmplaner, Programmverantwortliche, Medienwissenschaftler, Publicrelations-Experten, aber natürlich auch fachkompetente Seniorinnen und Senioren – sei die Veranstaltung ein besonders wichtiges Diskussionsforum zum nationalen und internationalen Austausch. Die Ministerin betonte, dass die Heterogenität der Gruppe der Älteren sich keinesfalls auf „junge“, dynamische, materiell relativ gut gestellte junge Alte, die ihr zweites Leben genießen auf der einen Seite und auf alte, pflegebedürftige Menschen, die oftmals ein Leben ohne Würde führen müssen auf der anderen Seite, beschränke. Diese beiden stereotypen Bilder spiegelten nur einen Bruchteil der Realität wider. Schon heute müssten aktive 55-Jährige mehr oder weniger freiwillig aus der Erwerbsarbeit ausscheiden. Diese Personen brächten viele Ressourcen mit und könnten und wollten noch viel für

Pressekonferenz

KDA-Sprecher Hans Nakielski, Moderatorin Beate Moser (BMFSFJ), Bundesministerin Dr. Christine Bergmann, WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel.

die Gesellschaft tun. „Sie verfügen über eine vergleichsweise bessere Bildung, ihre materielle Situation ist mehrheitlich relativ gut, ebenso ihre gesundheitliche Situation. Die Frage, wie sie einbezogen werden in die Gesellschaft, ist natürlich eine an die Gesellschaft, an die Politik, aber auch: Wird dieses Bild eigentlich vermittelt?“, betonte Frau Bergmann. „Wichtig ist also, dass das Altersimage, das immer noch geprägt ist von Vorstellungen, die vor 50 Jahren vielleicht mal so stimmten, gebessert wird, sich verändert, dass es den Realitäten angepasst wird, dass man noch mal deutlich macht, ältere Menschen sind keineswegs vorrangig hilfsbedürftig und Adressaten einer auf Hilfe und Versorgung ausgerichteten Altenpolitik, obwohl es dieses natürlich alles auch gibt.“ Es gehe vor allem darum, alle Aspekte des Alters richtig einzuordnen und die Vielfältigkeit des Alterns darzustellen. Unsere Gesellschaft, die der Jugendlichkeit ja einen zentralen Stellenwert beimesse, brauche positive Vorbilder für das Älterwerden und diese müssten eben auch entsprechend vermittelt werden, was nicht zuletzt auch zum inneren Zusammenhalt unserer Gesellschaft, zur Generationensolidarität beitrüge und was sich ja auch im Thema des Internationalen Jahres der Senioren: „Eine Gesellschaft für alle Lebensalter“ widerspiegele. Denn es gebe nicht den Krieg der Generationen, sondern sehr viel Solidarität zwischen den Generationen, es gebe sehr

viel an materiellen Zuwendungen der Älteren an die Jüngeren, zum Beispiel würden zehn Prozent der Renteneinkommen an die Jüngeren weitergegeben, an die Kinder oder Enkelkinder. „Nicht nur dort, wo es eine hohe Rente gibt, sondern auch dort, wo ältere Menschen relativ wenig haben, gibt es diese Zuwendungen, und umgekehrt kommt auch sehr viel von jüngeren Menschen zurück an emotionaler Zuwendung, an Hilfe. Das ist auch ein Bild des Zusammenlebens von Generationen, das wir etwas realistischer darstellen müssen, damit wir das, was auf uns zukommt mit diesem demographischen Wandel, der ja schon eingesetzt hat, auch in vernünftiger Weise bewältigen. Wir profitieren alle davon. Alle werden ja auch älter und gehören mal zu dieser Gruppe, ich gehöre ja sowieso schon dazu“, schloss die Ministerin und wünschte sich mit Ausblick auf den Kongress, „dass das Thema ‚Ältere in Höfunk und Fernsehen‘ damit dann auch nicht erledigt ist, sondern dass es einen richtigen Schub gibt, eine Anregung. Ich habe ja gesehen, es gibt in dieser Woche schon gerade beim WDR sehr viele Sendungen, die sich mit diesem Thema befassen (siehe Seite 219). Ich wünsche mir natürlich auch, dass das ein Stückchen weitergeht.“

WDR-Direktorin Piel: Stolz auf zwei Zielgruppensendungen für Ältere „Der Westdeutsche Rundfunk ist im vergangenen Jahr der Bitte des Bundesministeriums und des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, diesen internationalen Medienkongress zu unterstützen, sehr gerne und mit Überzeugung nachgekommen“, eröffnete die WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel ihren Redebeitrag. Schon die Bemerkung der Ministerin, dass die Altersgrenze meistens mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gleichgesetzt würde, deute auf eine breit gefächerte Diskussionsbasis hin. „Ich habe bei einer anderen Veranstaltung heute morgen wieder festgestellt, dass doch in den Köpfen inzwischen die Altersgrenze schon bei 50 Jahren verläuft. Wenn wir noch mal über die Altersgrenze re-

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Pressekonferenz

würden (siehe Seite 99) und eines wolle sie schon vorwegnehmen: „Ältere Menschen nutzen die Medien nicht grundsätzlich anders, als das Jüngere tun.“

Bundesseniorenministerin Christine Bergmann und WDR-Wellenchef Wolfgang Schmitz.

den, ab wann Frauen als alt gelten – vielleicht kommt das ja auch im Laufe dieser Tagung zur Sprache –, das ist noch mal eine völlig andere Angelegenheit“, fand Monika Piel. Dass der WDR die Veranstaltung so wichtig nehme, habe etwas mit dessen Selbstverständnis zu tun, denn so wie die UNO das Motto gewählt habe – „Eine Gesellschaft für alle Lebensalter“ – mache auch der WDR Programme für alle Gruppen der Gesellschaft. „Das ist sicherlich eine Stärke des gebühren-finanzierten öffentlich-rechtlichen Radios, denn weil wir gebührenfinanziert sind, müssen wir unsere Programmentscheidungen in Radio und Fernsehen nicht vorzugsweise oder fast ausschließlich an den Konsumfreudigen und Zahlungskräftigen orientieren, sondern wir können über unsere Gebühren Programme für alle anbieten. Menschen jenseits der 50 – und da kommt schon wieder diese unausgesprochene Altersgrenze – finden in unserem Hörfunk- und Fernsehprogramm das, was sie an Information, an Unterhaltung und an Bildung suchen. Wir versuchen, sie weder auf den Schaukelstuhl festzulegen noch auf dieses Rollenklischee von den unermüdlich aktiven jungen Alten“, so Monika Piel. Um das Bild der Älteren in den Medien zu ergründen, habe man eine qualitativ psychologische Studie zum Thema Lebensbilder älterer Menschen im Alltag und im Fernsehen in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse auf dem Medienkongress vorgestellt

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Frau Piel vermutete, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kongresses die Fernseh- und Hörfunksender möglicherweise mit der Forderung nach mehr Zielgruppensendungen für Senioren konfrontieren würden und betonte, dass man im WDR stolz darauf sei, im Fernsehen und Hörfunk solche Sendungen seit vielen Jahren anzubieten. „Also, wir widmen uns nicht nur anlässlich dieses Kongresses oder danach diesem Thema. Das ist nicht selbstverständlich, selbst in der ARD nicht“, so Monika Piel, die in dem Zusammenhang auf die Hörfunkreihe „In unserem Alter“ verwies, die sich vor allem an Menschen jenseits der 50 wende und seit mehr als zehn Jahren an jedem Samstag morgen in WDR 4 mehr als zwei Millionen Hörerinnen und Hörer erreiche. „Das ist wirklich eine stolze Zahl für eine Radiosendung. Sie erreichen sie mit einem Informationsprogramm, das den Alltag der Älteren realistisch aufgreift – deshalb ist sie sicher auch so erfolgreich –, das Anregungen und Tips gibt und sich einem Bild des Alters und des Alterns auch verpflichtet fühlt, das jenseits aller Häkeldeckchenromantik ist“, erklärte Monika Piel den Erfolg der Sendung. Zurecht würden sich besonders alte Frauen sehr energisch dagegen wehren, als Häkeldeckchen-Omas dargestellt zu werden, was natürlich nicht bedeute, dass der WDR, weil er dies schon alles so lange praktiziere, auf alle Fragen, die der Kongress in den nächsten Tagen aufwerfen werde, schon die richtigen Antworten hätte. „Wir sind also schon sehr gespannt auf den Erfahrungsaustausch auch mit den ausländischen Gästen. Sie können ganz sicher sein, dass wir die Ergebnisse und Anregungen dieser Medienkonferenz in unserem Haus gründlich diskutieren werden und auch in unseren Programmen umsetzen werden“, schloss Monika Piel.

Pressekonferenz

WDR Wellenchef Schmitz: „Studie gibt

KDA-Sprecher Nakielski: „Senioren-

uns Programm-Machern zu denken“

sendungen sind keine Ghettosendungen"

Wolfgang Schmitz, Wellenchef von WDR Radio5, ging in seinem Statement auf der Pressekonferenz auf die beiden Untersuchungen ein, die der WDR anlässlich des Kongresses in Auftrag gegeben hatte (siehe Seiten 99 und 110). Insbesondere die empirische Untersuchung zum Bild Älterer im Fernsehen „gibt uns sicherlich als Programm-Macherinnen und -Machern zu denken“, sagte Schmitz. In der Studie habe man, auf der Basis einer Programmwoche, quantitativ analysiert, wie häufig und in welcher Art ältere Menschen ab 60 in den Sendungen von ARD, ZDF, WDR-Fernsehen, RTL, SAT 1 und Pro Sieben präsentiert werden. „Ältere kommen zwar in gut einem Viertel aller Sendungen und in einem Zehntel aller Einzelbeiträge als Akteure vor. Es besteht jedoch eine ganz große Diskrepanz zwischen der Präsenz Älterer und der Präsenz altersspezifischer Themen im Gesamtprogramm, denn altersspezifische Themen gab es nur in Beiträgen der Größenordnung von einem Prozent“, berichtete Wolfgang Schmitz und listete weitere Details auf: „Ältere kommen häufiger in Informationssendungen, seltener in Unterhaltungssendungen vor. Über 70 Prozent entfallen auf Nachrichten und Reportagen oder Informationssendungen. Im Gegensatz zur sozialen Realität, in der unter den Älteren die Frauen überwiegen, kommen in der Fernsehrealität auf eine Frau drei Männer. Ältere Menschen haben TV-Präsenz, wenn sie politisch und gesellschaftlich relevante Funktionen mit Macht und Einfluss ausüben oder in Konflikten exemplarisch betroffen sind.“ Ihre Chance, im Fernsehen aufzutauchen, sei schließlich um so größer, je prominenter die Personen seien, ob in Politik, Kultur oder Showbusiness oder wenn sie sich als skurrile und vom normalen Leben unterscheidbare Figuren präsentierten. „Das sind allerdings Faktoren, die nicht altersspezifisch sind, sondern allgemein fernsehspezifisch, und sie gelten ebenso für andere Gruppierungen in der Gesellschaft“, befand Wolfgang Schmitz am Ende seiner Ausführungen.

Hans Nakielski, Leiter der Abteilung Information und Öffentlichkeitsarbeit des KDA, ging zunächst kurz auf die Kooperationspartner des Kongresses ein. „Ich freue mich, dass wir zusammen mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem Westdeutschen Rundfunk, dem NRW-Familienministerium, sowie mit der Nederlands Platform Ouderen en Europa diesen Kongress ausrichten können und dass alle diese Institutionen auf unsere Idee angesprungen sind. Mit dieser Unterstützung gelang es uns, den Kongress mit einer großen internationale Beteiligung von Referenten aus insgesamt 13 Ländern zu diesem wichtigen Thema in Köln zu veranstalten“, begann Nakielski. „Ältere Menschen sind die stärksten Konsumenten der elektronischen Medien. Sie sehen wesentlich mehr fern, als das jüngere Menschen tun. Es sind im Durchschnitt 245 Minuten pro Tag, die sie den Fernseher nutzen. Die Gesamtheit aller Zuschauer sieht etwa eine Stunde weniger fern, nämlich ganz genau 188 Minuten. Auch bei der Radionutzung stehen die Älteren den Jüngeren nicht nach. Es ist etwa genau das gleiche bei der Nutzungszeit: bei den Älteren sind es 171 Minuten, die sie pro Tag das Radio nutzen, bei der Gesamtbevölkerung 172 Minuten, also die Differenz ist nur eine Minute. Obwohl die Älteren zu den treuesten Zuschauern und Zuhörern zählen, gibt es im deutschen Fernsehen und auch im Radio kaum Sendungen, die sich gezielt an Ältere richten“, daran könne man schon erkennen, wie bedeutsam das Kongressthema „Überhört und übersehen?“ sei, hob Hans Nakielski hervor. Dann stellte er die wichtigsten Ergebnisse einer KDA-Umfrage zu Hörfunk- und Fernsehsendungen für Ältere vor (siehe Seite 22 ff.): Danach boten bei den deutschen Sendern nur acht von 122 befragten Sendern spezielle Sendungen für ältere Menschen an. Einen gewissen „Vorbildcharakter“ – so Na-

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Pressekonferenz

kielski – habe dabei der WDR mit je einer Sendung in Hörfunk und Fernsehen, die sich gezielt an ältere Menschen richten: „In unserem Alter“ und „Addi’s Stunde“. Der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg habe ebenfalls eine Fernsehsendung („Aktiv“) und 3sat übernehme eine Sendung („Seniorenclub“) vom Österreichischen Rundfunk. Der Bayerische Rundfunk bringe zwei Hörfunksendungen für Ältere und der Südwestrundfunk eine Langzeitdokumentation im Fernsehprogramm. Des Weiteren gäbe es noch drei private Hörfunksender, die Sendungen für ein älteres Zielpublikum anbieten: Radio Flora aus Hannover, der Evangeliumsrundfunk in Wetzlar sowie Radio Melodie in München. Wenn man die Untersuchungsergebnisse insgesamt betrachte, dann müsse man leider feststellen, dass die allermeisten Hörfunk- und Fernsehsender, noch stärker natürlich im privaten als im öffentlichrechtlichen Bereich, auf ein jüngeres und angeblich ausschließlich werberelevantes Publikum zwischen 14 und 49 Jahren zielten, resümierte Hans Nakielski. „Ich habe mir sagen lassen, dass man für die über 50-jährigen Zuschauer auch gar nicht mehr bezahlen muss, wenn man Werbespots schaltet. Es zählen eben nur die 14- bis 49-Jährigen.“ Es sei ja nicht so, dass es keine Themen gäbe für ältere Menschen. Aus Anfragen, die das KDA täglich erreichten, wisse man, dass es ein riesiges Informationsbedürfnis von älteren Menschen zu Themen wie beispielsweise „Wohnen im Alter“, „Reisen im Alter“, „Pflege“, „Rente“, „altengerechte Produkte“ und vielen anderen gebe. Fundierte Informationen dazu gebe es aber leider in den Programmangeboten viel zu wenig. Nicht nur, weil spezielle Sendungen für Ältere fehlten, sondern auch weil solche Themen im allgemeinen Programm zu wenig vorkämen – trotz lobenswerter Ausnahmen. Ein weiteres großes Problem sei das Bild von älteren Menschen, das gerade die Fernsehsender und leider auch die Werbefilmer zeichneten. „Sie werden häufig als ein bisschen vertrottelt dargestellt, nicht ganz ernst zu nehmen, als krank, als extrem pflegebedürftig und in Rollen gezeichnet, die längst nicht mehr zeitgemäß sind, z. B. als Lehnstuhlopas

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Interviews am Rande der Pressekonferenz.

oder als dauerhaft häkelnde und strickende Omas. Die heutige Altengeneration ist aber anders. Viele ältere Menschen sind aktiv, sie sind kompetent, sie sind gesellschaftlich interessiert und engagiert“, stellte Hans Nakielski fest. Wenn man z. B. die Pflegebedürftigkeit betrachte, so seien nur ganze acht Prozent der über 60-Jährigen pflegebedürftig. „Ich würde mal die Prognose wagen – ich habe dazu leider empirischen Ergebnisse –, dass die Sendungen, die sich mit dem Thema Ältere beschäftigen, weit mehr als acht Prozent, das Thema Pflegebedürftigkeit behandeln. Wir brauchen also dringend ein realistisches Altersbild, und wir brauchen auch mehr spezielle Sendungen für Ältere – aber nicht in der betulichen Ecke, wie es leider auch oft zu sehen und zu hören ist. Zugleich sollten Seniorensendungen auch im Gesamtprogramm einen größeren Stellenwert haben. Ich halte auch nichts von der These, dass man Seniorensendungen als Ghettosendungen bezeichnet“, meinte Nakielski. Abschließend stellte er fest: „Wir haben Sendungen für alle möglichen Bevölkerungs- und Interessentengruppen: für Kinder, für Jugendliche – völlig zu recht natürlich –, für Frauen, für den Gartenfreund, für Reiselustige. Nur beim Thema Alter wird eigenartigerweise vom ‚Ghetto‘ gesprochen. Ich frage mich: Warum?“

Pressekonferenz

Fragen und Antworten Nach den Statements ergaben sich einige Fragen der Journalisten, die hier in Auszügen wiedergegeben werden: Frage:

„Herr Nakielski, Sie fordern, dass spezielle Seniorensendungen kommen sollen. Ist es denn so ausgemacht, dass die Senioren das auch wollen? Oder ist es nicht vielmehr so, dass gerade die Älteren durchaus sehr zufrieden sind mit den Programmen? Worauf stützen Sie Ihre Forderung?“

Frage:

„Sind in Ihren Studien auch tatsächlich Ältere gefragt worden, ob Sie mit der jetzigen Fernsehlandschaft vielleicht doch einverstanden sind, ob Sie unbedingt typische Alterssendungen selbst wollen? Ist danach gezielt gefragt worden? Ich bin nämlich auch der Meinung, dass möglicherweise Ältere mit der jetzigen Fernsehlandschaft ganz einverstanden sind.“ Hans Nakielski:

„Wir haben dazu keine Untersuchung gemacht. Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Ich denke, da könnte vielleicht eher der WDR etwas zu sagen.“

Hans Nakielski:

„In erster Linie stützt sich diese Forderung darauf, dass es zu wenig konkrete Informationen für Ältere gibt. Das muss ja nicht nur in speziellen Sendungen für Ältere sein, es kann genauso gut in Magazinsendungen sein wie ‚Mittagsmagazin‘, ‚Morgenmagazin‘ und anderen. Nur wenn man sich diese mal ein bisschen genauer anguckt – Sie haben ja auch die Ergebnisse des WDR im Fernsehen hier präsentiert bekommen: nur ein Prozent Altersthemen kommen vor. Das ist doch relativ bescheiden. Wenn ich jetzt an das Internationale Jahr der Senioren denke, das immerhin vom UN-Generalsekretär bei einer offiziellen Eröffnung im Oktober letzten Jahres ausgerufen worden ist, ist das leider hier von den Nachrichtensendungen, von den elektronischen Medien, aber auch von den Zeitungen gar nicht zur Kenntnis genommen worden. Das ist nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass es gelungen ist, bis jetzt solche Themen ins Programm zu integrieren. Ich will mich aber nicht vor der Frage drücken. Ich weiß, dass es natürlich auch Sendungen für Ältere gibt und gegeben hat, die Schwierigkeiten haben, was die Quote anbelangt. Es gibt aber genauso gut Gegenbeispiele. Eine Vertreterin eines Gegenbeispiels ist hier, Frau Rieber vom WDR. Sie hat Sendungen mit weit über einer Millionen, sogar 1,8 Millionen Hörern, die jeden Samstag hören. Also das zeigt doch, dass solche Sendungen, wenn sie gut gemacht sind, durchaus auf großes Interesse und auch auf eine gute Quote stoßen können.“

Wolfgang Schmitz:

„Also, in dieser qualitativen Studie, die ich eben angesprochen habe, ist nicht präzise danach gefragt worden: Wünschen Sie sich Zielgruppensendungen? Aber die Rückmeldungen von Älteren – und es ging um Ältere, die befragt worden sind – deuten darauf hin, dass sie keine im Prinzip anderen Mediennutzungsgewohnheiten haben als Jüngere, dass es da ganz heterogene Interessen gibt, was wiederum auf eine relativ große Zufriedenheit schließen lässt. Das spricht überhaupt nicht dagegen, dass, wenn man feststellt, ein Prozent Altersfragen kommen überhaupt nur in Medien vor, man daran was tut. Aber einen unmittelbaren Handlungsdruck um zu sagen, wir müssen ganz viele Magazine für Ältere machen, kann ich daraus nicht entnehmen.“ Monika Piel:

„Ich denke, man kann beides tun. Es kann sicher zielgruppenspezifische einzelne Sendungen geben, aber ausschlaggebend ist zumindest beim Hörfunk auch, wie die Gesamtprogramme empfunden werden. Der WDR hat z. B. fünf Hörfunkprogramme. Drei davon haben die absolute Spitze zwischen 75 und 78 Prozent, die von Menschen über 50 Jahren gehört werden. Ein Programm ist WDR 2, eines der erfolgreichsten Hörfunkprogramme in Deutschland mit aktueller, meist englischsprachiger Popmusik. Das Publikum von WDR 2 wird immer älter. Schon 43 Prozent der WDR-2-Hörer sind auch über 50, was einfach darauf schließen lässt,

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Pressekonferenz

dass das Alter keine homogene Gruppe ist. Heute ist es einfach so, dass die Leute, die mit den Rolling Stones aufgewachsen sind, auch noch solche Musik hören, oder Musik, die so ähnlich ist, wenn sie 60 sind und wenn sie 70 sind. Wir haben auch in WDR 2 mit dieser aktuellen Popmusik jede Menge Leute, die in diesem Alter sind und denen einfach der Mix zwischen moderner Popmusik und Information gut gefällt. Das ist für mich ein Zeichen dafür, dass es den Alten nicht gibt, dass es da eine unglaubliche Spannbreite gibt. Die, die heute 55 sind, sind völlig anders aufgewachsen, völlig anders sozialisiert als Menschen, die weit vor dem Krieg geboren sind. Es gibt eben nicht diese homogene Gruppe. Ich glaube, man muss nicht sagen, entweder machen wir nur altenspezifische Programme oder wir lassen es ganz. Man kann sicher beides tun.“ Frage:

„Frau Bergmann, was kann denn eigentlich eine Ministerin tun, um diese mediale Schieflage zu verbessern? Verständlicherweise werden die Sender und Medien auf Distanz zur Bundesregierung stehen. Wird es nicht bei einigen frommen Worten bleiben, wenn dieser Medienkongress vorbei ist?“ Dr. Christine Bergmann:

„Wir können natürlich den Sendern nicht vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Das würden sie sich auch schwer verbitten. Das ist ganz klar. Aber ich denke, schon die Tatsache, dass es diesen gemeinsamen Kongress hier gibt, zeigt, dass da auch an Zusammenarbeit schon eine Menge möglich ist. Wir sind natürlich an den Studien sehr interessiert, weil das wichtig ist auch für bestimmte politische Dinge, die wir weiter bewegen, auch für das, wofür wir hier zuständig sind – auch in der Politik – eben für die Vermittlung eines realistischen Bildes von Älteren in der Gesellschaft, auch eines, das eben ein Stück zur Generationensolidarität beiträgt. Man kann an einem solchen riesigen Bereich, der so viel Einfluss auf die Prägung solcher Bilder hat, ja nicht vorbeigehen. Deswegen bin ich sehr froh über die Zusammenarbeit hier auf diesem Kongress.“

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Wolfgang Schmitz:

„Das ist ein ganz interessanter Teufelskreis. Wenn Sie mit den Werbern reden, dann sagen die: ‚Wer zwingt uns, nur auf die jüngere Kundschaft zu gehen? Das ist eine Erfindung der Fernsehgewaltigen.‘ Und die Fernsehleute sagen: ‚Wir müssen das nur so machen, weil die Werbung uns das vorschreibt, weil sie sonst ihre Werbung nicht verkauft bekommen.‘ Wie wir aus diesem Teufelskreis herauskommen und den knacken können, das wird sicher ein interessantes Thema auch auf dem Kongress sein.“

Schwerpunktwochen zu Altersthemen in Hörfunk und TV

Rund um den Medienkongress Schwerpunktwochen zu Altersthemen in Hörfunk und TV Der Westdeutsche Rundfunk, Kooperationspartner des Medienkongresses, nahm die Medientagung zum Anlass, um sich in der Kongresswoche in seinem Fernsehprogramm und auf seiner HörfunkWelle WDR Radio 5 schwerpunktmäßig mit Themen über Ältere auseinander zu setzen. „Goldene Zeiten – Die neuen Alten“ war der Titel der Schwerpunktwoche, unter dem in zahlreichen Sendungen Altersthemen behandelt wurden (siehe unten). Auch der Südwest-Rundfunk griff im Herbst des Internationalen Jahres der Senioren 1999 – sowohl im Fernsehen als auch Hörfunk – in mehreren Sendungen Fragen rund um das Thema „Altern“ auf. „Hallo Alter!“ hieß hier der Titel des Programmschwerpunktes (siehe unten).

Kurz nach dem Medienkongress brachte schließlich auch das ZDF im November 1999 Schwerpunkt-Sendungen zu Altersthemen. Im Rahmen des Programmschwerpunktes „Die vielen Gesichter des Alters“ gab es auch „eine lange Nacht der Alten“ (von 1.00 Uhr bis 4.30 Uhr), wo unter dem Titel „Leben, Lieben, Zipperlein“ gleich mehrere Sendungen für und über Ältere gezeigt wurden (siehe unten). Solche Programmschwerpunkte zu Altersthemen blieben aber bislang absolute Ausnahmeerscheinungen im deutschen Hörfunk und Fernsehen. Ähnliche Schwerpunkt-Programme hat es seit dem Herbst 1999 nicht mehr gegeben.

WDR-Fernsehen Schwerpunktwoche „Goldene Zeiten – Die neuen Alten“ Montag, 25. Oktober 99:

21.05 Uhr 22.00 Uhr 22.30 Uhr

Kabarett: Die Missfits Markt Menschen hautnah. Thema: Liebe im Alter.

Dienstag, 26. Oktober 99:

21.00 Uhr 22.00 Uhr

Quarks & Co. Thema: Der Traum vom langen Leben Zeugin der Anklage. Spielfilm mit Marlene Dietrich und Charles Laughton

Mittwoch, 27. Oktober 99:

20.15 Uhr 22.00 Uhr 23.15 Uhr

mittwochs live. Mit Dr. Hildegard Hamm-Brücher Boulevard Europa. Die neuen Alten in der neuen und der alten Welt Lilian’s Story. Spielfilm mit Ruth Cracknell und Barry Otto.

Donnerstag, 28. Oktober 99:

14.30 Uhr

KinderZeit Mobil. Thema: Jung trifft Alt – Was bedeutet „Alt sein“? Kinder fragen ältere Menschen

Freitag, 29. Oktober 99:

16.00 Uhr

Addi’s Stunde mit einem Beitrag zum Internationalen Medienkongress

Samstag, 30. Oktober 99:

20.15 Uhr

Themenabend: Jung und Alt (Moderation: Addi Furler) mit folgenden Beiträgen: – Das vergessene Leben. Spielfilm mit Inge Meysel – Talkrunde „Was haben Alt und Jung voneinander“ mit Bundesseniorenministerin Christine Bergmann, Alfons Silbermann u. a. – Chanson: „Die Alte singt ja immer noch.“ Helen Vita, Ausschnitte aus ihrem Programm

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Schwerpunktwochen zu Altersthemen in Hörfunk und TV

WDR Radio 5 Schwerpunktwoche „Goldene Zeiten – Die neuen Alten“ Montag, 25. Oktober 99:

9.05 Uhr

ZeitZeichen. Zum 80. Geburtstag von Beate Uhse (Wdh.: 19.45 Uhr auf WDR Radio 5 und 13.05 Uhr auf WDR 3)

Montags bis freitags:

9 bis 12 Uhr

Neugier genügt. Darin: – ca. 9.20 Uhr (Termin steht noch nicht fest): Tagesgespräch: Was gilt die Weisheit und Lebenserfahrung der Alten noch in unserer auf jung getrimmten Gesellschaft – jeweils ca. 11.30 Uhr: Auslese (Buchvorstellungen). 25.10.: Wenn du aufwachst, bin ich da. 26.10.: Sterben kommt nicht in Frage. 27.10.: Zwei alte Frauen. 28.10.: Bingo – Rita Mae Brown. 29.10.: 100-Jährige

Montag, 25. Oktober 99:

12.05 Uhr 15.05 Uhr

16.05 Uhr

17.05 Uhr

Scala – Das Kulturmagazin. 25.10.: Graue Stars auf der Bühne – Das Seniorentheater (Wdh. um 21.05 Uhr) LebensArt. Die., 26.10.: Aus Erfahrung gut! Liebe im Alter (Hörer können sich an der Sendung beteiligen, Telefon-Hotline 08 00 / 56 78-5 55). Do., 28.10.: Osteoporose und Sport Leonardo – Wissenschaft und mehr. Di., 26.10.: Jugendkult in der Arbeitswelt. Do., 28.10.: Seniorenstudium in Deutschland Westblick. 25.10.: Junge im Altersheim. Die., 26.10.: Alte und junge Studenten lernen gemeinsam. Mi., 27.10.: Drei Generationen unter einem Dach. Do., 28.10.: Essen auf Rädern. 29.10.: Gespräch mit einem Altersforscher

Sonntag, 24. Oktober 99:

14.05 Uhr

SpielArt – Tischgespräch. Gisela Keuerleber mit Ute Brodziak-Mudra, 63, Mitglied des „Senior-Experten-Service“ (Wdh.: 26.10., 20.05 Uhr)

Donnerstag, 28. Oktober 99:

20.06 Uhr

SpielArt – Funkhausgespräche. Sendeschluss mit 50 – Ältere in den Medien: Überhört und übersehen? Mit dem „Moralischen Quintett“: Heike-Melba Fendel (Journalistin), Heinrich Pachl (Kabarettist), Martin Stankowski (Autor) und Gästen

ZDF Programmschwerpunkt „Die vielen Gesichter des Alters“ Dienstag, 9. November 99:

22.55 Uhr

Geldmaschine Pflegeheim. Skrupelloses Geschäft mit alten Menschen. Dokumentation

Freitag, 12. November 99:

21.15 Uhr

Im Innern der Station – Tage und Nächte im Pflegeheim. Reportage

Dienstag, 16. November 99:

22.25 Uhr

37 Grad: Bis tief in die Nacht – Töchter in der häuslichen Pflege

Dienstag, 23. November 99:

22.55 Uhr

„Alte, wollt ihr ewig leben?“ – Weg in die Rentnergesellschaft. Dokumentation

Nacht von Dienstag, den 23. November auf Mittwoch, den 24. November:

1.00 Uhr

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Leben, Lieben, Zipperlein – Die lange Nacht der Alten (bis 4.30 Uhr)

Schwerpunktwochen zu Altersthemen in Hörfunk und TV

Südwest-Fernsehen des SWR –

Programmschwerpunkt: „Hallo Alter!“

Sonntag, 3. Oktober 99:

17.00 Uhr 22.35 Uhr

Vater an Sohn: Das Leben ist schön. Porträt des 77-jährigen Juwelier Hans Stern Wortwechsel. Gabriele von Arnim mit Midas Dekkers, Autor (Wdh.: 4.10., 5.15 Uhr)

Montag, 4. Oktober 99:

20.15 Uhr 21.45 Uhr 23.05 Uhr

Infomarkt – Marktinfo. Thema: Altersgerecht Wohnen SALDO – Das Wirtschaftsmagazin. Thema: Jugendfrei – eine Handelskette setzt ausschließlich auf Mitarbeiter über 45 49. Baden-Badener Disput (Talkrunde). Vom Generationenvertrag zum Generationenkonflikt? Gastgeberin: Gertrud Höhler (Wdh.: 18.10., 11.00 Uhr, 3Sat)

Mittwoch, 6. Oktober 99:

20.15 Uhr 22.30 Uhr

Länder – Menschen – Abenteuer. Würde oder Bürde? Altern im Kulturvergleich Kultur Südwest. Kulturmagazin. Thema: „Wenn Tänzer alt werden…“

Freitag, 8. Oktober 99:

21.45 Uhr

Nachtcafé. Gäste bei Wieland Backes. Thema: Alt werden – zwischen Traum und Trauma. U. a. mit Hildegard Knef u. Emmi Hagenmeyer, ältestes Model der Welt

Samstag, 9. Oktober 99:

20.15 Uhr

Wilde Herzen: Holstein Lovers. Fernsehfilm u. a. mit Nadja Tiller, Günther Schramm

Sonntag, 10. Oktober 99:

12.45 Uhr 16.30 Uhr

Das 3. Leben – Langzeit-Dokumentation. Herzeleid. Trennung im Alter. Paternoster. Das Magazin zwischen Himmel und Erde

Montag, 11. Oktober 99:

20.15 Uhr 21.45 Uhr

Infomarkt – Marktinfo. Thema: Schau mer mal! Brille, Lupe und Co. SONDE – Wissenschaftsmagazin. Thema: Hormontief bei Männern

Mittwoch, 13. Oktober 99:

21.00 Uhr

Schlaglicht. Thema: Eine Seniorenresidenz im Tegernseer Tal

Sonntag, 17. Oktober 99:

12.45 Uhr 16.00 Uhr 16.30 Uhr

Das 3. Leben – Langzeit-Dokumentation. Lebenserfahrung – erfahrenswert? KulturCafé. Moderation: Heike Greis Wohlfahrt lässt sich nicht kaufen. Dokumentation: Chancen kirchlicher Altenpflege

Montag, 18. Oktober 99:

20.15 Uhr 18.10 Uhr 23.35 Uhr

Infomarkt – Marktinfo. Wer nicht hören will, muss fühlen. Alles über Hörgeräte SALDO – Das Wirtschaftsmagazin. Mein Tod gehört mir. Grauzone Sterbehilfe.

Dienstag, 19. Oktober 99:

23.05 Uhr

Alte Kameraden. Dokumentation über Lebensgeschichten alter Radrennfahrer

Donnerstag, 21. Oktober 99:

18.50 Uhr 22.15 Uhr

Treffpunkt Freizeit. Thema: Seniorensport Ewig jung. Dokumentation, die Einblicke in die Arbeit von „antiageing-Labors“ gibt

Südwest-Hörfunk des SWR –

Programmschwerpunkt: „Hallo Alter!“

Montag, 4. Oktober 99:

17.05 Uhr

SWR 2 Forum: Wenn die Alterspyramide kippt. Der demographische Wandel

Dienstag, 19. Oktober 99:

15.00 Uhr

SWR-4-Seniorentreff Rheinland-Pfalz. „Alt und Jung – Zeitzeugen und Schüler diskutieren über die Flucht nach dem 2. Weltkrieg“ 221

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren Bernd Peter Arnold (Workshop 11) ist Programm-

chef von HR 4, Hessischer Rundfunk. Bereits während seines Jurastudiums arbeitete er als Radioreporter für den Hessischen Rundfunk, später als Nachrichtenredakteur und als persönlicher Referent des Intendanten und als Nachrichtenchef. In den Jahren 1986 und 1987 baute er das Programm HR 4 auf, das inzwischen als Vollprogramm zu einer der wichtigsten Säulen im Angebot des Hessischen Rundfunks gehört. Zudem unterrichtet er Hörfunk-Journalismus an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Georg Berg (Workshop 9) ist Medienentwickler

im WDR Online Service Center des Westdeutschen Rundfunks mit den Aufgaben: Entwicklung von Strategien für Contentmanagement und Medienintegration, Erforschung des Nutzerverhaltens, Entwicklung angemessener medialer Inszenierungen, Schulung als Programmmitarbeiter. Martin Berthoud (Teilnehmer der Podiumsdiskus-

sion) war seit 1986 zunächst Redakteur, dann Redaktionsleiter und ist seit 1998 Hauptabteilungsleiter in der Programmplanung beim Zweiten Deutschen Fernsehen. Wolfgang Breilmann (Workshop 9) ist seit 1967 beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Seit 1996 ist er Leiter der ZDF-Videotext- und Untertitelungs-Redaktion. Er war beim Aufbau des Fernsehtextes für den ARD / ZDF Kanal PHOENIX beteiligt und übernahm die federführende Leitung des PHOENIX-Textes. Hilde Breitenstein (Workshop 7) ist gelernte Tech-

nikerin und arbeitet seit ihrer Pensionierung unter anderem als Moderatorin beim Senioren-TV-Magazin „55-Plus“ im Offenen Kanal Dortmund. Außerdem kümmert sie sich um die Themenauswahl, Interviewpartner und Zusammenstellung der Beiträge.

222

Nikolaus Brender (Teilnehmer der Podiumsdiskussion) ist ehemaliger ARD-Fernsehkorrespondent für Südamerika und seit 1989 beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) in Köln. Zunächst als stellvertretender Chefredakteur, später als Leiter und Chefredakteur des Programmbereichs Politik und Zeitgeschehen. Seit 1997 ist er Fernsehprogrammchef des WDR. Ab April 2000 tritt er die Nachfolge von Klaus Bresser als Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens an. Michael Brocker (Moderator von Workshop 11)

ist freier Autor, Seminarleiter und Rundfunkmoderator. Er arbeitet im Kölner Journalistenbüro „punkt um“. William Brown (Workshop 6) arbeitet seit über 30

Jahren in den Medien. Seit 1995 ist er bei AARP als Direktor für Publicrelations zuständig für die 14 Staaten des Südostens der Vereinigten Staaten. AARP, die amerikanische Vereinigung für ältere Menschen ab 50, ist mit über 30 Millionen Mitgliedern die größte Seniorenvereinigung der Vereinigten Staaten. Eva Chudinova (Workshop 5) arbeitet seit 1982

als Redakteurin für Slovenky Rozhlas, dem Slowakischen Radio. Zurzeit ist sie Leiterin der Abteilung „Zeitgeschehen“ („Current Affairs Department“) von Radio REGINA in Bratislava, dem vierten Radioprogramm. Susanne Conrad (Workshop 12) begann nach ihrem Studium der Literatur- und Theaterwissenschaften in Jamestown (USA) und Germanistik, Anglistik und Philosophie in Würzburg und Mainz ihre Karriere im ZDF („Tele-Illustrierte“, „heute“, „mittagsmagazin“). Seit Februar 1996 ist sie Redakteurin und Moderatorin der ZDF-Nachrichtensendung „heute Nacht“ und seit September 1997 moderiert sie „Conrad und Co“.

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Thomas Docter (Workshop 3) ist seit 1992 im Be-

Dr. Hubert Fritz (Workshop 1) ist Redakteur in der

reich der Öffentlichkeitsarbeit beim Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) und dem Deutschen Werberat in Bonn beschäftigt.

Abteilung Familienfunk beim Bayerischen Rundfunk und zuständig für die Sendung „Über den Tag hinaus“, die im Bayern 2 Radio gesendet wird.

Françoise Dost (Teilnehmerin der Podiumsdiskussion und im Workshop 11) ist seit 1981 Direktorin bei Radio Bleue im Radio France, einem nationalen Thema-Radio, das speziell für Senioren gemacht wird, mit Sitz in Paris.

Marina Cepeda Fuentes (Workshop 1) arbeitet als Journalistin, Autorin und Übersetzerin in Italien. Sie ist Mitarbeiterin verschiedener Zeitschriften, darunter „50 & Più“ (50 & mehr). 1995 betreute sie die RAI-Sendung „Il Tempo ritrovato“ (Die wiedergefundene Zeit) und im Internationalen Jahr der Senioren 1999 leitet sie „L’asso nella manica“ (Das Ass im Ärmel). Sie wurde zwei Mal (1989, 1992) mit dem Kulturpreis des italienischen Ministerpräsidenten geehrt und hat vom spanischen König die Medaille für gesellschaftliches Engagement „Dama del Rey Juan Carlos“ erhalten.

Bärbel Elstrodt (Workshop 7) ist Redaktionsmitglied von Münsters Seniorenzeitung MSZ. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern des 1997 gestarteten TV-Magazins „Seniorama“ beim Offenen Kanal Münster. Als Sprecherin der Redaktionsgruppe ist sie verantwortlich für Programmplanung und Programmablauf.

Addi Furler (Workshop 12), ehemaliger SportmoKurt Farasin (Teilnehmer der Podiumsdiskussion

und im Workshop 2) arbeitet seit 1993 beim Österreichischen Rundfunk. 1997 übernahm er die Redaktion „Seniorenclub“ mit dem Auftrag eines inhaltlichen Relaunches. Seit 1998 leitet er das Familienressort, der die Sendung „Seniorenclub“ zugeordnet wurde. Schwerpunkt ist die Entwicklung und Sendungsverantwortung von Sendungen mit Schwerpunkt 50 Plus. Angel Figueroa (Workshop 5) ist Redaktionsleiter der Radiosendung „La Voz de la Experiencia“ (Die Stimme der Erfahrung), die vom nationalen Radiosender Radio Universidad Nacional in Mexico gesendet wird. Brigitt Flüeler (Workshop 5) ist seit 1988 beim Schweizer Radio DRS, zuerst als Redakteurin und Moderatorin, seit 1991 auch als Redaktionsleiterin Wort Studio Zürich verantwortlich u. a. von „MEMO“, der Sendung, die Information, Beratung und Unterhaltung für Menschen in der zweiten Lebenshälfte vermittelt.

derator, moderiert nach seiner langen Fernsehkarriere seit einem Jahr das 14-tägige TV-Magazin „Addi’s Stunde“ im Westdeutschen Rundfunk. Die Sendung wird im März 2000 eingestellt. Francine Gaudray (Workshop 9) ist als Französin

seit 1964 in München „daheim“ und arbeitet seit 1967 beim Bayerischen Rundfunk. Sie entwickelte mit Enzio Cramon 1975 „SEHEN STATT HÖREN“ und ist zuständig für die Fremdsprachensendungen und Magazine „Step in“ und „Clin d’Oeil“. Andreas Gödtel (Workshop 11) arbeitete seit

1987 beim Südwestfunk (SWF), zunächst als Reporter für Hörfunk und Fernsehen im Regionalstudio Kaiserslautern. Seit 1993 war er bei SWF4 mit dem Aufgabenbereich „Radioaktionen und öffentliche Veranstaltungen“ befasst, seit 1998 ist er Teamchef bei SWR4 für Radioaktionen und öffentliche Veranstaltungen. Andreas Grajczyk (Workshop 4) ist seit 1994 als

Referent der SWF / SWR-Medienforschung in Baden-Baden tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen bei der Fernseh- und Onlineforschung.

223

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Klaus Großjohann (Referent) ist Geschäftsführer

Dr. Alexander Jereczinski (Workshop 11) wurde

des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA).

nach der Bildung der Landesrundfunkdirektionen im Gebiet der ehemaligen DDR zum Landesrundfunkdirektor des Senders „Antenne Brandenburg“ berufen. Nach der Übernahme in den Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg arbeitete er als Chefredakteur. Seit 1992 ist er im Landesfunkhaus Sachsen in Dresden beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) als Programmbereichsleiter Hörfunk und stellvertretender Landesfunkhausdirektor tätig.

Michael J. Hanan (Workshop 7) ist Direktor des

Pincha-Rutenberg-Instituts für Jugendbildung in Haifa. Eine Abteilung des Hauses hat sich in den letzten Jahren zu einem Zentrum für Medienpädagogik entwickelt. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt bei der internationalen und generationenübergreifenden Medienarbeit. Dagobert Hartmann (Workshop 3) ist Senior Strategic Planner bei der Werbeagentur Grey GmbH & Co. KG (Düsseldorf). Er ist Verfasser der „Master Consumer“-Studie.

Ines Jonas (Moderatorin Workshop 3), Diplom-

Janelle Haskell (Teilnehmerin der Podiumsdiskus-

Prof. Dr. Dr. Hans Wilhelm Jürgens (Workshop

sion und im Workshop 5) ist seit vier Jahren bei AARP und produziert dort zwei Radioprogramme: „Prime Time Radio“, ein wöchentlich ausgestrahltes einstündiges Magazin mit altersbezogenen Themen, und ein tägliches 90-Sekunden Feature „Mature Focus Radio“ (Brennpunkt Alter).

8) ist promovierter Anthropologe und Bevölkerungswissenschaftler, hat eine Professur inne für Anthropologie und Bevölkerungswissenschaft und ist Leiter des interdisziplinären Lehrfachs für Bevölkerungswissenschaft der Universität Kiel. Seine Arbeitsgebiete sind insbesondere auch international vergleichende Studien in Deutschland und Japan. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte ist die Untersuchung und Gestaltung der Lebensbedingungen für ältere Menschen. 1994 veröffentlichte er eine „Untersuchung zum Bild älterer Menschen in den elektronischen Medien“.

Regine Hebestreit (Moderatorin Workshop 6 und

Workshop 8) ist freie Autorin für wirtschafts- und sozialpolitische Themen und Gesellschafterin von Projektmanagement und Informationsdienste (PID).

Pädagogin, arbeitet als Pressereferentin in der Abteilung Information und Öffentlichkeitsarbeit beim Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA).

Martin Hoffmann (Teilnehmer der Podiumsdis-

kussion) ist seit 1994 ist er bei SAT.1. Zunächst arbeitete er als Leiter des Büros der Geschäftsführung. 1996 wurde er Leiter Business Affairs – Programmgeschäftsführung, 1997 Geschäftsführer von SAT.1 Boulevard TV GmbH und seit 1998 ist er stellvertretender Programmgeschäftsfüher von SAT.1.

nierung mit der Medienarbeit begonnen. Er ist Redaktionsmitglied bei Münsters Seniorenzeitung und beim Senioren-Magazin „Seniorama“ des Offenen Kanal Münster seit den Anfängen 1997 dabei. Dort ist er überwiegend zuständig für Interviews und Moderation.

Alexander Isadi (Teilnehmer der Podiumsdiskus-

Siegwart Kluge (Workshop 2) ist Wissenschafts-

sion) ist seit 1992 bei RTL Television; derzeit in der Funktion: Direktor für Corporate Operations. Außerdem ist er Vizepräsident und Fernsehvorsitzender des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) und lehrt an der RuhrUniversität Bochum im Fachbereich Publizistik.

journalist und seit 1992 verantwortlicher Redakteur der Fernseh-Redaktion Bildung / Wissenschaft / Ratgeber im Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB).

224

Karl Klaes (Workshop 7) hat nach seiner Pensio-

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Hans-Holger Knocke (Workshop 11) arbeitet seit

Sabine Lehmann (Workshop 10) war ehemalige

22 Jahren als Musikredakteur im Hörfunk, erst beim Deutschlandfunk, seit 1985 beim Westdeutschen Rundfunk (WDR), bis 1996 hauptsächlich im „jungen Programm“. Er ist Stellvertreter der WDR-4-Wellenchefin und hat die Aufgabe übernommen, die Moderation in WDR 4 zu reorganisieren und zu optimieren.

Mitarbeiterin bei der Deutschen Presse Agentur (dpa) in Rom und bis 1983 Redaktionsassistentin im ZDF-Studio Rom sowie freie Journalistin und Italien-Korrespondentin der Wiener KRONENZEITUNG. Ab 1983 arbeitete sie als Redakteurin im Büro des Chefredakteurs beim ZDF in Mainz. Seit 1989 ist sie als Redakteurin in der Redaktion Gesellschaftspolitik des ZDF Autorin von Dokumentationen und Beiträgen zu sozial- und gesellschaftspolitischen Themen. 1996 erhielt sie für ihren Film „Frühstück mit den Berbern – Eine Kölner Familie hilft Obdachlosen“ den Preis der Jury beim ersten Filmfestival der Hilfsorganisation „LOBBY für Arme und Wohnsitzlose e.V.“.

Maria Koch (Workshop 7) engagiert sich seit ihrer Pensionierung im SeniorenMedienForum Bonn (SMF) bei der zweimonatlich erscheinenden Zeitung „Senioren-Echo“. Zudem leitet sie das Redaktionsteam von der Sendung „Herbstradio“, die über den LORA Bürgerfunk in Radio Bonn/RheinSieg ausgestrahlt wird.

Christine Lemmen (Moderatorin Workshop 1 und Anneke Krijnen (Teilnehmerin der Podiumsdis-

kussion) arbeitet als Radioprogrammdirektorin mit dem Schwerpunkt „Programme für Ältere“ bei Algemene Omroepvereiniging (AVRO) in Hilversum (Niederlande). AVRO ist mit seinen diversen Radioprogrammen angegliedert bei NOS, der niederländischen Rundfunk-Vereinigung für Hörfunk und Fernsehen. Dr. Michael Krüger (Workshop 8) hat als Soziolo-

ge und Kommunikationswissenschaftler die Geschäftsführung und wissenschaftliche Leitung des IFEM-Institut für empirische Medienforschung GmbH in Köln. Sein Forschungsschwerpunkt liegt bei der empirischen Analyse von Fernsehprogrammen (Strukturen, Inhalte, Akteure). Ulrich Latuske (Workshop 7) ist gelernter Mecha-

niker und Schlosser und arbeitet seit seiner Pensionierung beim Senioren-TV-Magazin „55-Plus“ im Offenen Kanal Dortmund. Dort wirkt er nicht nur als Kameramann, sondern auch als MAZ- und Schnitttechniker und Themenplaner.

Workshop 10) ist seit über 30 Jahren freie Mitarbeiterin des Westdeutschen Rundfunks . Viele Sendungen hat sie in dieser Zeit von Anfang an mit getragen und mit gestaltet. Sie moderierte unter anderem die Fernsehsendungen „Aktuelle Stunde“, „Hier und Heute“ und „ALTERnativen“ sowie das „Morgenmagazin“ auf WDR 2 Hörfunk. Derzeit moderiert sie beim WDR 5 Hörfunk die Sendung „Neugier genügt“. Sie ist außerdem regelmäßig Autorin der täglich bei WDR 5 ausgestrahlten Sendung „Zeitzeichen“. Hetty Lubberding (Workshop 1) war langjährige Fernseh- und Radio-Korrespondentin im Mittleren Osten. Nun ist sie Programmkoordinatorin bei AVRO Radio 5 (AVRO = National Dutch Broadcasting Organisation). Sie ist unter anderem zuständig für die Sendung „De Tijd van je Leven“ (Die Zeit deines Lebens) mit der Zielgruppe 50 Plus. Zudem betreut sie die Nachtsendung auf AVRO Radio 1 und 2.

225

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Hannes Märk (Workshop 9) war seit 1974 für den

Hans Nakielski (Moderator Workshop 4) ist Di-

aktuellen Dienst des Österreichischen Rundfunks (ORF) tätig. Ende 1979 war er als Mitbegründer der Teletext-Redaktion mit der Entwicklung der Untertitelung beauftragt. Seit Jahren ist er Kontaktmann beim ORF für die Behindertenverbände und deren Anliegen an das ORF-Fernsehen. Er ist jetzt stellvertretender Leiter Teletext beim ORF und verantwortlich für den Teletext-Hörbehindertenservice.

plom-Volkswirt und Fachjournalist für Wirtschaft und Politik. Nach zwölf Jahren freiberuflicher Tätigkeit für Presse, Funk und Fernsehen sowie als Autor mehrerer sozialpolitischer Fachbücher leitet er seit 1994 die Abteilung Information und Öffentlichkeitsarbeit beim Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in Köln. Hier ist er auch verantwortlich für das KDA-Magazin „Pro ALTER“. Dr. Wolfgang Neumann-Bechstein (Workshop 4)

Birthe Meier (Workshop 1) kümmert sich als Redakteurin in der Sendung „Hvad er den ret y hvad er din pligt“ (Ihre Rechte, Ihre Pflichten), ausgestrahlt vom Danskerne Radio, (DR Radio) in Dänemark seit vielen Jahren um die Belange der Älteren. Hermann Meyerhoff (Workshop 11) ist seit 1993 als Wortchef und stellvertretender Programmchef bei BERLIN 88,8, dem Stadtradio vom Sender Freies Berlin, tätig.

war acht Jahre Redakteur beim Zweiten Deutschen Fernsehen, zuletzt als Programmredakteur in der Redaktion Literatur und Kunst. Jetzt ist er freiberuflicher Medienwissenschaftler, Medienberater und Fernsehjournalist. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Mediennutzung und gesellschaftlicher Wandel, Zeitverwendung und Mediennutzungsverhalten, Mediennutzung ausgewählter Publikumsgruppen. Kai Pabst (Workshop 11) ist Redaktionsleiter in

Gerd Monheim (Workshop 10) ist seit 1971 beim

WDR – zunächst als Fernsehreporter im aktuellen Bereich, bald verstärkt im gesellschafts- und sozialpolitschen Themenbereich. Zurzeit arbeitet er als Autor und Redakteur in der Programmgruppe Inland. Das Schwergewicht seiner Arbeit liegt bei Dokumentationen zur Gesellschaftspolitik. Im Laufe der Jahre realisierte er einige Dutzend Reportagen und Features, von denen einige durch unabhängige Gremien mit Fernsehpreisen ausgezeichnet wurden. Julitta Münch (Workshop 12) arbeitet seit 1987

beim Westdeutschen Rundfunk in Köln, zunächst im WDR-Hörfunk, ab 2000 auch im WDR-Fernsehen als Moderatorin. Madeleine Muys de Verton (Workshop 3) arbeitet seit 1979 in der Werbebranche, zulezt als „Strategy Director“ bei diversen internationalen Werbeagenturen. Jetzt ist sie „Managing Director“ bei MindMapping, Research & Strategy in Amsterdam.

226

der Seniorenredaktion Silberstreif bei Radio FLORA (Hannover). Radio FLORA ist anerkannt gemeinnützig und nicht kommerziell. Michael Pausder (Workshop 6) ist seit 1989 Lei-

ter der Abteilung „Presse, PR und neue Medien“ des Sozialverbandes VdK Bayern. Seit 1993 ist er zudem Chefredakteur der bundesweit erscheinenden VdK-Zeitung (Auflage 1,1 Mio.). Seit 1998 ist er auch Geschäftsführer der VdK-Media GmbH, die das 20 minütige „VdK-Magazin“ produziert, was monatlich im Deutschen Sportkanal (DSF) gesendet wird. Angelika Plank (Workshop 6) arbeitet seit Jahren

beim Westdeutschen Rundfunk und ist verantwortliche Redakteurin für das TV-Magazin „Addi’s Stunde“, das 1999 die Sendung „ALTERnativen“ ablöste. Ende März 2000 wird diese Sendung eingestellt. Dr. Stefan Pohlmann (Moderator Workshop 9) leitet noch bis Ende März 2000 die nationale Geschäftsstelle IJS (Internationales Jahr der Senioren) mit Sitz in Bonn.

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Shelagh Prosser (Teilnehmerin der Podiumsdis-

Celia Schmidt (Workshop 7) arbeitet als Medien-

kussion und im Workshop 8) leitet in London das BBC Broadcast Equality Unit, für das sie seit 1995 arbeitet. Zu ihren Aufgaben gehört es zum einen darauf zu achten, in welchem Ausmaß die BBC als öffentliche Rundfunkanstalt in Großbritannien die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen des Landes in Hörfunk- und Fernsehsendungen widerspiegelt, und zum anderen die Gleichstellungspraktiken in der Organisation selbst zu analysieren.

pädagogin im SeniorenMedienForum Bonn (SMF) und betreut unter anderem das „Senioren-Radio“, das über den LORA Bürgerfunk in Radio Bonn / Rhein-Sieg ausgestrahlt wird.

John Quinn (Workshop 11) arbeitet seit 1975 bei

Radio Telefis Éireann (RTÉ) in Irland. Seit 1977 ist er Radioproduzent mit den Schwerpunktthemen Erziehung, Dokumentationen und Features. Seine Sendungen haben mehrere nationale wie internationale Preise gewonnen. Darüber hinaus hat er mehrere Bücher geschrieben.

Bernd Schroeder (Workshop 12) arbeitete als

freier Autor und Redakteur unter anderem für verschiedene Zeitungen und die ZDF-Sendungen „Aktenzeichen XY“ und „Vorsicht Falle“. Zudem moderierte er beim Südwestrundfunk im Landesstudio Mainz und beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt verschiedene Magazinsendungen. Neben dem ARD-Buffet ist er heute bei der rheinland-pfälzischen Landesschau im Südwest-Fernsehen als Moderator auf dem Bildschirm zu sehen und im Südwest-Hörfunk in Vormittagsmagazinen zu hören. Hanne Schweitzer (Workshop 7) arbeitet als freie

sion und im Workshop 1) ist seit Beginn der Sendung im Mai 1986 sowohl die einzige Redakteurin als auch fast immer Moderatorin der Sendung „In unserem Alter – Begegnungen und Informationen“, die vom Westdeutschen Rundfunk auf Hörfunkwelle WDR 4 gesendet wird.

Journalistin für Presse und Hörfunk in Köln. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind die Themen demographischer Wandel und Medienkritik. Sie ist auch Autorin mehrerer Bücher, unter anderem vom „Seniorenführer Köln“ und „Düsseldorf ab 50“. Sie ist außerdem Vorsitzende des Vereins „Büro gegen Altersdiskriminierung“ mit Sitz in Köln.

Matthias Rodax (Workshop 7) ist Pfarrer im Refe-

Helena Scott (Workshop 8) ist Sozial-Gerontolo-

rat für Öffentlichkeitsarbeit des Kirchenkreises Unna. Auf seine Initiative hin wurde das monatliche Magazin „Senioren-Radio“ gestartet. Ausgestrahlt wird es über „Antenne Unna“.

gin mit dem Schwerpunkt soziale Fragen. Sie beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themen Altersdiskriminierung und der Chancengleichheit vor allem bei ethnischen Minderheiten. Sie arbeitet unter anderem für Age & Opportunity Ireland und Age Concern Scotland zu nationalen und europäischen Fragen des Alterns und der kulturellen Unterschiede. Bei ihrer Mitarbeit im European Network on Changing Attitudes to Ageing (Irland) steht das Thema Film und Altern im Vordergrund.

Gretel Rieber (Teilnehmerin der Podiumsdiskus-

Andreas Schmidt (Workshop 11) ist seit neun Jah-

ren fest angestellter Redakteur beim Norddeutschen Rundfunk, Redaktion Heimat und Kultur. Zurzeit leitet er ein zweistündiges Verbrauchermagazin, das werktäglich ausgestrahlt wird. Ferner ist er für zahlreiche Projekte zuständig, in denen ältere Menschen zu Wort kommen. Darunter auch das Projekt „Die Jahrhundertstory“: Hier werden mit Zeitzeugen im Originalton landestypische Ereignisse und Entwicklungen im Sinne der „Oral History“ aufgearbeitet.

227

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Truxton Simmons (Workshop 2) ist seit 1986 bei

Dr. Hans Peter Tews (Referent) war Vizepräsident

Channel SIX Denver (USA). Dort ist er unter anderem Produzent, Direktor und Autor der Sendung „Life Wise“, die einen Emmy Award erhalten hat. Channel SIX Denver und zwei weitere Sender bilden das Rocky Mountain Public Broadcasting Network, was bei KRMA-TV angesiedelt ist, dem ersten öffentlichen Fernsehsender in Colorado. KRMA-TV (= Knowledge for the Rocky Mountain Area) gehört zu den 200 nicht-kommerziellen Fernsehstationen in den USA.

der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG). Er ist Kurator und Mitglied des Arbeitskreises Öffentlichkeitsarbeit des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA).

Bert Steinkamp (Moderator Workshop 5) ist Vor-

sitzender von MediaAge Europe, einem europäisches Netzwerk aus Journalisten und Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO). Gegründet von der Niederländischen Plattform Ältere und Europa (NPOE) und dem Europäischen Institut für Medien (EIM), entwickelte sich das Netzwerk zu einer wichtigen Informationsbörse zum Thema Ältere und Medien – gerade auch für Journalisten. Dr. Hermann Sturm (Workshop 10) wechselte nach langjähriger Berufstätigkeit als Studienleiter und Geschäftsführer der Erwachsenenbildung zum Südwestrundfunk nach Baden-Baden. Dort leistet er die filmische Arbeit im Fernsehprojekt des SWR „Das 3. Leben“. Mit Konzeptionen für die Erwachsenenbildung und als Filmautor hat er sich eingehend mit den Prozessen des Älterwerdens befasst.

Ger Tielen (Workshop 8) ist seit der Gründung Di-

rektor der Nederlands Platform Ouderen en Europa (NPOE) mit Sitz in Urtecht. NPOE wurde von niederländischen Seniorenorganisationen gegründet. Vorrangiges Ziel dieser Organisation ist die Unterstützung und Koordination der nationalen Seniorenverbände und der Aufbau neuer Informationsstrukturen im Hinblick auf eine europäische Dimension. So wurde von NPOE die erste multilinguale Website „Seniorweb“ speziell für Ältere im Internet initiiert, die mittlerweile weltweit agiert. Im Rahmen des MediaAge-Projektes in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Medieninstitut fand 1998 in Wien das internationale Medienforum statt. Mit „European News Service on Ageing“ unterhält NPOE eine Vielzahl von Mediarelevanten Projekten zur Stärkung und Beeinflussung von Altersthemen und Altersrollenbildern in der Gesellschaft. Ulrich Timm (Workshop 9) arbeitet bei PHOENIX,

dem Ereignis- und Dokumentationskanal von ARD und ZDF, mit Sitz in Köln. Dort ist er als Leiter der Redaktion Planung unter anderem verantwortlich für Videotext und Gebärdensprachdolmetscher. Jean-Paul Tréguer (Workshop 3) ist Präsident von

Paisan Suthavarangkul (Workshop 2) arbeitete nach seiner journalistischen Ausbildung an der Universität von Thammasat als Autor und Kameramann. Seit 1991 ist er Produktionsmanager bei Nippon Production Service (NPS) mit Sitz in Bangkok. NPS ist mit seinen ca. 45 Mitarbeitern angegliedert an NHK Enterprises 21(Japan). Frank Szymkowiak (Workshop 4) ist Diplom-

Psychologe und arbeitet beim rheingold-Institut in Köln (früher IFM-Köln). Dort ist er Unit-Leiter mit den Arbeitsschwerpunkten Medienforschung, Konsumgüter, Telekummunikation sowie Finanzdienstleistungen.

228

Senioragency, der ersten europaweiten Werbeagentur, die ausschließlich ältere Konsumenten (50+) als Zielgruppe hat. Der Sitz von Senioragency ist in Paris und Dependancen gibt es in Brüssel und Amsterdam.

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Bernadette van Dijck (Workshop 8) war zehn

Rita Wagner (Workshop 10) ist unter anderem

Jahre lang Programmmacherin für diverse niederländische Radiosender und insbesondere für Programme für Frauen und Ältere zuständig. Außerdem war sie Sprecherin für die größte niederländische Verbraucherorganisation und verantwortlich für die Rechte der älteren Verbraucher. Seit 1998 ist sie Direktorin des Gender Portrayal Department von Nederlandse Omroep Stichting (NOS), der niederländischen Sendervereinigung, die hauptsächlich durch die niederländische Regierung bezahlt wird. Diese Abteilung untersucht und analysiert das Bild von Frauen und Männern in Radio und Fernsehen und informiert sowohl Programmgestalter als auch Politiker über die geschlechtsspezifischen Darstellungsinhalte. Das Department ist zusammengeschlossen mit SVT (Schweden), YLE (Finnland), ZDF (Deutschland) und NRK (Norwegen) zum Gender Portrayel Network.

Produzentin des 1997 gedrehten Spielfilms „Das vergessene Leben“, einer Produktion der FritzWagner-Film GmbH für den Westdeutschen Rundfunk (WDR), Österreichischen Rundfunk (ORF) in Zusammenarbeit mit arte.

Marion von Haaren (Moderatorin der Podiums-

diskussion) arbeitet als gelernte Wirtschaftsjournalistin seit 1984 beim Westdeutschen Rundfunk in Köln als Hörfunk-Redakteurin später als Redakteurin, Moderatorin und Kommentatorin beim Fernsehen. Seit 1997 ist sie als Nachfolgerin von Nikolaus Brender Chefredakteurin beim WDRFernsehen. Thomas von Seckendorff (Workshop 11) arbeite-

te seit seinem Volontariat bei Radio SR 1 (Straubing) dort als Produktionsleiter. Nach der Programmleitung von Radio Danubia, der Studioleitung von Radio Melodie und der Geschäftsführung von Radio Arabella, ist er nun Geschäftsführer von Radio Melodie (München). Christine Voss (Moderatorin Workshop 2) arbei-

tet seit 1993 als Redakteurin beim Fernsehen des Westdeutschen Rundfunks in Köln. Nach einem Jahr Projektarbeit für arte ist sie nun Redakteurin und Reporterin im Programmbereich „Service & Wirtschaft“ des WDR-TV und dort zuständig für Sonderprojekte.

Horst Weckelmann (Workshop 7) arbeitet seit 1995 unter anderem als Moderator in der Redaktion des monatlichen Magazins „Senioren-Radio“ im Bürgerfunk Unna, einer Initiative des evangelischen Kirchenkreises Unna. Das Magazin wird gesendet „bei Antenne Unna“. Außerdem ist er Verfasser der Broschüre „Ältere Menschen im Bürgerfunk“. Martina Wiemers (Workshop 9) ist Dozentin für

kulturelle und politische Jugend- und Erwachsenenbildung und wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Forschungsprojekt zum Nationalsozialismus. Sie verfasste mehrere Drehbücher und TVBeiträge und leitet seit 1998 das Projekt HÖRFILM beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) in Berlin. Christoph Wild (Workshop 3) arbeitet seit 1985

bei der ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH in Frankfurt, mittlerweile als Leiter der Marketing- und Werbeforschung. Hauptsächlich betreut er Grundlagen- und Fallstudien zur Werbewirkung in Radio und Fernsehen sowie die MarktMedia-Studie VuMA (Verbrauchs- und MediaAnalyse). Die ARD-Werbung Sales & Services GmbH ist eine Vermarktungs- und Service-Gesellschaft für Werbung in elektronischen Medien. Sie betreut die Radio- und Fernseh-Werbeangebote der ARD-Werbung sowie Vermarktungsmandate privater Radio- und Fernsehsender. Thomas Windgasse (Workshop 8 und Workshop

4) war bis 1997 Referent für Medienforschung beim – damals noch – Südwestfunk. Seit 1997 ist er stellvertretender Leiter der WDR Medienforschung in Köln.

229

Kurzvorstellung der Referenten und Moderatoren

Burkhard Wischemann (Workshop 7) ist Diplom-

Sozialarbeiter und arbeitet seit 1995 als freier Journalist in Düsseldorf. Dort bildet er Ältere in Kursen und Projekten für das „Radiomachen“ im NRWBürgerfunk aus. Er organisierte das erste deutschisraelische Senioren-Hörfunk-Projekt.

230

Kongressteilnehmer

Kongressteilnehmer Rolf Ackermann

Gabriele Berghaus

Kuratorium Deutsche Altershilfe Bonn – Deutschland

Dortmund – Deutschland Dr. Christine Bergmann

Hessischer Rundfunk HR 4 Frankfurt – Deutschland

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Berlin – Deutschland

Yvan Asselin

Martin Berthoud

Société Radio-Canada Motréal, Quebec – Kanada

ZDF Mainz – Deutschland

Dorothea Axmann

Klaus Besselmann

Geschäftsstelle IJS Bonn – Deutschland

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

Leigh Bailey

Natalie Bitter

AARP Paris – Frankreich

Landesseniorenrat Sachsen-Anhalt Bernburg – Deutschland

Irene Bangert

Susanne Bösel

Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Berlin – Deutschland

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

Bernd Peter Arnold

Joachim Braun Johann Bär

Senioren-Echo, SMF Bonn – Deutschland

ISAB-Institut Köln – Deutschland Wolfgang Breilmann

Susanne Becker

Fachhochschule Merseburg Hamburg – Deutschland

ZDF Videotextredaktion Mainz – Deutschland Hilde Breitenstein

Alexandra Behr

DIBSFILM Haan – Deutschland

„55-PLUS“ / Offener Kanal TV-Dortmund Dortmund – Deutschland Nikolaus Brender

Bernd Peter Benecke

Bayerischer Rundfunk München – Deutschland

WDR-TV Köln – Deutschland Siegried Brenner

Georg Berg

WDR Online-Service-Center Köln – Deutschland

Senioren- und Behindertenzentrum (SBK) Riehl Köln – Deutschland

231

Kongressteilnehmer

Michael Brocker

Michael Doh

Journalistenbüro punkt um Köln – Deutschland

Deutsches Zentrum für Altersforschung Heidelberg – Deutschland

William Brown

Françoise Dost

AARP Atlanta – USA

Radio Bleue Paris – Frankreich

Prof. Dr. Günther Buhlmann

Josephine Dries

Kuratorium Deutsche Altershilfe Mönchengladbach – Deutschland

NPOE Utrecht – Niederlande

Irene Charon

J. C. Duppen

Senioren-Echo, SMF Bonn – Deutschland

Utrecht – Niederlande Barbara Eifert

Eva Chudinova

Slovensky Rozhlas Bratislava – Slowakische Republik

Forschungsinstitut für Gerontologie Dortmund – Deutschland Bärbel Elstrodt

Susanne Conrad

ZDF-Red. Gesellschaftspolitik Mainz – Deutschland

SENIORAMA / Offener Kanal TV-Münster Münster – Deutschland Regina Enders

Dr. Gabriele Csongár

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Berlin – Deutschland

Altenheim „Am Wasserturm“ Limbach / Oberfrohna – Deutschland Prof. Dr. Norbert Erlemeier

Rüdiger Daniel

Odenthal – Deutschland

DIBSFILM Haan – Deutschland

Dr. Sibylle Esser

Ivor Davies

Radio Okerwelle Braunschweig – Deutschland

Thegrouparts Sheffield – Großbritannien

Kurt Farasin

Mary Denhengst-Michon

ORF Wien – Österreich

IKON. TV Netherlands Amstelveen – Niederlande

Peter Fettweis

Dr. Hartmut Dietrich

Kuratorium Deutsche Altershilfe Bielefeld – Deutschland

Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen Düsseldorf – Deutschland Angel Figueroa

Thomas Docter

Zentralvervand der deutschen Werbewirtschaft Bonn – Deutschland

232

Radio UNAM Mexico City – Mexico

Kongressteilnehmer

Birgit Fischer

Tobias Gerstner

Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen Düsseldorf – Deutschland

Köln – Deutschland Andreas Gödtel

Dietmar Fleischer

SWR 4 Mainz – Deutschland

Altenheim „Am Wasserturm“ Limbach / Oberfrohna – Deutschland

Dr. Renate Gorges

Brigitt Flüeler

DRS 1 Zürich – Schweiz

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Berlin – Deutschland Andreas Grajczyk

Insa Fooken

Uni-GH Siegenk, FB 2 Siegen – Deutschland

SWR – Medienforschung Baden-Baden – Deutschland Cornelia Groot

Michael Friedrich

NPOE Utrecht – Niederlande

ORF Landesstudio Niederösterreich St. Pölten – Österreich

Klaus Großjohann

Renate Fries

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

PID Berlin – Deutschland

Gisela Haffner

Dr. Hubert Fritz

Altenheim „Am Wasserturm“ Limbach / Oberfrohna – Deutschland

Bayerischer Rundfunk München – Deutschland

Henk Halfman

Katrin Fromme

Teleac / NOT Hilversum – Niederlande

WDR 4 „In unserem Alter“ Dortmund – Deutschland

Michael Hanan

Marina Cepeda Fuentes

Rutenberg Institute Haifa – Israel

RAI Uno Rom – Italien

Dagobert Hartmann

Addi Furler

Werbeagentur Grey GmbH Düsseldorf – Deutschland

WDR-TV Köln – Deutschland

Janelle Haskell

Francine Gaudray

AARP Washington D. C. – USA

Bayerischer Rundfunk München – Deutschland

Friedhelm Hauschild

Geschäftsstelle IJS Bonn – Deutschland

233

Kongressteilnehmer

Regine Hebestreit

Karl Klaes

PID Groß-Glienecke – Deutschland

SENIORAMA / Offener Kanal TV-Münster Münster – Deutschland

Erika Helbig

Stefan Klapheck

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Berlin – Deutschland

Bürgerhaus Stollwerck Köln – Deutschland Anne Kleiber

Arno Heltzel

Unie KBO s-Hertogenbosch – Niederlande

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland Barbara Klett

Dr. Helga Henke-Berndt

Kuratorium Deutsche Altershilfe /AWO Bergheim – Deutschland

NDR 1 Radio MV Schwerin – Deutschland Bettina Kloppig

Martin Hoffmann

SAT 1 Berlin – Deutschland

BAGSO Bonn – Deutschland Siegwart Kluge

Günter Illhardt

Landesseniorenvertretung NRW e.V. Münster – Deutschland

ORB Potsdam – Deutschland Hans-Holger Knocke

Alexander Isadi

RTL-Television Köln – Deutschland

WDR 4 Köln – Deutschland Sevál Kocaman

Dr. Alexander Jereczinski

MDR Radio Sachsen Dresden – Deutschland

Arbeitskreis Ostviertel e.V. Münster – Deutschland Maria Koch

Ines Jonas

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

SeniorenMedienForum Bonn Bonn – Deutschland Volker Kowitz

Prof. Dr. Dr. Hans Wilhelm Jürgens

Universität Kiel Kiel – Deutschland

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland Christel Kreischer

Renate Kirschnek

Volkssolidarität – Nationale Kommission des IJS Berlin – Deutschland

Förderverein Radio Kreis Wesel e.V. Moers – Deutschland Edmund Kreuzner

Köln – Deutschland

234

Kongressteilnehmer

Christine Krieb

Elke Lüdecke

Zeitschrift „Leben Heute“ Köln – Deutschland

MDR, LFH Sachsen-Anhalt - Direktion Magdeburg – Deutschland

Anneke Krijnen

Britta Maciejewski

AVRO-RADIO Hilversum – Niederlande

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

Dr. Michael Krüger

Jürgen Mai

Inst. F. emp. Medienforschung Köln – Deutschland

Stadt Hannover, Abt. Altenhilfe Hannover – Deutschland

Dr. Rolf Kullik

Hannes Märk

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

ORF-Zentrum Wien – Österreich

Dr. Harry Kunz

Birthe Meier

PUBLIK-FORUM Kall – Deutschland

DR Radio Frederiksberg – Dänemark

Karl-Reiner Lassek

Ulrike Mertens-Steck

duke Werbeagentur GmbH Saarbrücken – Deutschland

Bürgerhaus Stollwerk Köln – Deutschland

Ulrich Latuske

Gudrun Mettig

„55-PLUS“ / Offener Kanal TV-Dortmund Dortmund – Deutschland

VHS Radiowerkstatt Köln – Deutschland

Sabine Lehmann

Hanka Meves-Fricke

ZDF-HR Gesellschafts- und Bildungspol. Mainz – Deutschland

Geschäftsstelle IJS Bonn – Deutschland

Christine Lemmen

Hermann Meyerhoff

WDR-TV Köln – Deutschland

SFB 88,8 Berlin – Deutschland

Ursula Lenz

Bea Michels

BAGSO Bonn – Deutschland

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

Klaus Peter Lohest

Lisette Milde

Staatskanzlei Rheinland-Pfalz Mainz – Deutschland

Bundesverband Graue Panther e.V. Bergisch Gladbach – Deutschland

Hetty Lubberding

Gerd Monheim

AVRO-RADIO Hilversum – Niederlande

WDR-TV Köln – Deutschland

235

Kongressteilnehmer

Beate Moser

Soraya Osmani

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Berlin – Deutschland

Seniorenredaktion International, SMF Bonn – Deutschland Kai Pabst

Wuppertal – Deutschland

Radio Flora Hannover Hannover – Deutschland

Julitta Münch

Michael Pausder

Lohmar – Deutschland

VdK Bayern München – Deutschland

Ulrike Müller

Dr. Joachim Musholt

Arbeitskreis Ostviertel e.V. Münster – Deutschland

Brigitte Petsch

Madeleine Muys de Verton

Regina Plaar

Research & Strategy Amsterdam – Niederlande

Radio Köln e.V. Köln – Deutschland

Prof. Dr. Gerhard Naegele

Angelika Plank

Institut für Gerontologie Dortmund – Deutschland

WDR-TV Köln – Deutschland

Hans Nakielski

Eckhart Pohl

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

NDR Niedersachsen Hannover – Deutschland

Dr. Erika Neubauer

Dr. Stefan Pohlmann

BAGSO Bonn – Deutschland

Geschäftsstelle IJS Bonn – Deutschland

Klaus Neumann

Claudia Porysiak

ZDF-Medienforschung Mainz – Deutschland

DIBSFILM Haan – Deutschland

Dr. Wolfgang Neumann-Bechstein

Shelagh Prosser

Frankfurt / M. – Deutschland

BBC London – Großbritannien

Wedel / Holstein – Deutschland

Antje Novak

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

John Quinn

Radio Telefis – RTE Dublin – Irland

Ingrid Odenthal

Senioren-Echo, SMF Bonn – Deutschland

236

Harald Raabe

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

Kongressteilnehmer

Norma Rehmann

Irmgard Scheinemann

WDR-TV Bielefeld – Deutschland

Seniorenbeirat – Landesseniorenvertretung NRW Düsseldorf – Deutschland

Gretel Rieber

Uwe Schinkel

WDR 4 „In unserem Alter“ Köln – Deutschland

Agentur eintopf Wuppertal – Deutschland

Matthias Rodax

Paul Schlecht

Seniorenradio evang. Kirchenkreis Unna Unna – Deutschland

SWR 3 Baden-Baden – Deutschland

Marion Roemer

Andreas Schmidt

Agentur eintopf Wuppertal – Deutschland

NDR 1 Kiel – Deutschland

Christoph Ruhkamp

Celia Schmidt

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

SeniorenMedienForum Bonn Bonn – Deutschland

Werner Ruppelt

Wolfgang Schmitz

Jahresringe – Verband für Vorruhestand und aktives Alter e.V. Berlin – Deutschland

WDR Radio 5 Köln – Deutschland Heinz Scholl

Andrea Saffidine

SWR Baden-Baden – Deutschland

Graue Panther Köln – Deutschland Annette Scholl

Maija-Kaarina Saldranta

Finnish Broadcasting Company Helsinki – Finnland

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland Ulla Schröder

Klaus Georg Salentin

BAG-Wissensbörsen e. V. Blankenheim – Deutschland

Offener Kanal Kassel Kassel – Deutschland Bernd Schroeder

Han Schaeffer

KRO – Radio 5 Hilversum – Niederlande

ARD-Buffet / SWR Baden-Baden – Deutschland Sebastian Schulz

Senioren- und Behindertenzentrum (SBK) Riehl Köln – Deutschland Angelika Schumann

bild-werk Marketing GmbH Dortmund – Deutschland

237

Kongressteilnehmer

Hanne Schweitzer

Frank Symkowiak

WDR-Fernsehen Köln – Deutschland

rheingold-Institut Köln – Deutschland

Jochen Schweizer

Rainer Szepanek

WDR – PG Service und Wirtschaft Köln – Deutschland

ABISZET GmbH Köln – Deutschland

Helena Scott

Dr. Hans-Peter Tews

Age & Opportunity Edinburgh – Schottland

Kuratorium Deutsche Altershilfe Heidelberg – Deutschland

Marianne Seger

Ger Tielen

EURAG Mülheim a. d. Ruhr – Deutschland

NPOE Utrecht – Niederlande

Ulrike Seibert

Ulrich Timm

Versorgungsamt Düsseldorf Düsseldorf – Deutschland

PHOENIX-TV Köln – Deutschland

Truxton Simmons

Jean-Paul Tréguer

KRMA-TV Denver, Colorado – USA

Senioragency Paris – Frankreich

Noel Smyth

Lucie Undil

Radio Telefis Eireann / Irish TV Dublin – Irland

HerbstRadio-Redaktion, SMF Bonn – Deutschland

Daniel Sonderhoff

Bernadette van Dijck

DIBSFILM Haan – Deutschland

NOS Hilversum – Niederlande

Christine Sowinski

Dr. Peter Verton

Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln – Deutschland

Amsterdam – Niederlande Marion von Haaren

Bert Steinkamp

MediaAge Utrecht – Niederlande

WDR- Chefredaktion Fernsehen Köln – Deutschland Sigrid von Köller-Pernice

Dr. Hermann Sturm

SWR 3 Baden-Baden – Deutschland

Seniorenunion der CDU Bonn – Deutschland Thomas von Seckendorff

Paisan Suthavarangkul

NPS Bangkok – Thailand

238

Radio Melodie München München – Deutschland

Kongressteilnehmer

Christine Voss

Margret Wobben

WDR-Service und Wirtschaft Köln – Deutschland

Institut für gerontologische Weiterbildung – IGW Bochum – Deutschland

Rita Wagner

Heike Zahn

Wagner-Film Wachtberg-Ließem – Deutschland

SWR 4 Mainz – Deutschland

Doris Wagner

Bonn – Deutschland

Akkreditierte Journalisten

Carola Walz

HerbstRadio-Redaktion, SMF Bonn – Deutschland

Ralf Ansorge

Generation – Das Magazin für reifere Menschen, Mühltal

Horst Weckelmann

Seniorenradio evang. Kirchenkreis Unna Unna – Deutschland

Chris Corlett

Hessischer Rundfunk – Gesellschaft, Freizeit, Bildung, Frankfurt

Helga Weigelt

Senioren-Echo, SMF Bonn – Deutschland

Matthias Dohmen

Cordula Weinzirl

Helga Ehlers

ARD-Buffet / SWR Baden-Baden – Deutschland

WDR, freie Journalistin, Köln

Wuppertaler Rundschau, Wuppertal

Christian Filk Martina Wiemers

Fernseh-Informationen, Köln

Deutscher Blinden- u. Sehbehindertenverband Berlin – Deutschland

Rachel Gessat

Deutsche Welle, Köln Christoph Wild

ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH Frankfurt / M. – Deutschland

Karin Görmar

Thomas Windgasse

Ursula Hellmann

WDR-Medienforschung Köln – Deutschland

Radiotreff Leichlingen, Leichlingen

SeniorenRadio, SMF, Bonn

Theo Hengesbach Dr. Werner Winkler

Transparent, Dortmund

Sankt Augustin – Deutschland Rosmarie Hennigs Burkhard Wischemann

Senioren-Echo, SMF, Bonn

Ratingen – Deutschland Hilde Herzog

WDR / NDR, freie Journalistin, Köln

239

Kongressteilnehmer

Ute Krietenstein

Lisa Rädler

Frankfurter Rundschau, freie Journalistin, Köln

Senioren-Echo, SMF, Bonn

Ulla Lessmann

Wiebke Rannenberg

„Menschen machen Medien“ / „Freitag“, freie Journalistin, Köln

epd-Medien, Frankfurt Gero Rueter

Ursula Lenz

WDR-TV, freier Autor, Köln

BAGSO-Nachrichten, Bonn Gitta Schaaf Gisela Lutscher

WDR, freie Journalistin, Köln

Pressebüro Heyd, Reutlingen Jan Schulte Stefan Luzar

Journalist, Köln

Triple MPR Group – MPR-Reports, Bonn Reiner A. O. Schulz Guido Meyer

H.!.L.F.E. e.V.

Saarländischer Rundfunk, Bonn Anne Siegel Hildegard Neufeld

WDR-TV, Köln

Graberg und Görg-Pressedienst Volker Thomas Gisbert Paech

Journalist, Bonn

PJV-NRW, SMF, Meckenheim Vera von Achenbach Lucie Peetz

Redaktion „transparent“, Dortmund

Siegen Annemarie Weber Rena Pieper

KSI Bad Honneff, Köln

WDR, Journalistin, Köln André Zelck Wolfgang Plischke

Evang. Pressedienst (epd), Frankfurt

240

freier Fotojournalist, Essen

Weitere Literaturhinweise • Bericht der nationalen Kommission: Eine Gesellschaft für alle Lebensalter – Beiträge zum Internationalen Jahr der Senioren 1999. Schriftenreihe des Bundes-

ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Band 172, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart / Berlin / Köln 1998 • Heidi Büchler-Krienke (Hrsg.): Protokoll der 22. Stuttgarter Tage der Medienpädagogik, 19. / 20. März 1999: Zielgruppe „50 +“ – Ältere Menschen, Medien, Werbung, in: „Materialien zur Medienpädagogik“ Nr. 59 vom Südwestrundfunk, Stuttgart 1999 • Nederlands Platform Ouderen en Europa (NPOE) (Hrsg.): Mass longevity – a good story? Forum Report Vienna 1998.

Utrecht, 1999 • Uwe Danker: Die Jahrhundert-Story. Band 1. Schleswig-Holsteiner Zeitungsverlag, Flensburg 1998 • Peter H. Hartmann / Ulrich Neuwöhner: Lebensstilforschung und Publikumssegmentierung, in: Media Perspektiven,

Heft 10 / 1999, Frankfurt am Main • Christine Krieb /Andreas Reidl: Seniorenmarketing – so erreichen Sie die Zielgruppe der Zukunft. Wirtschaftsverlag Carl

Ueberreuter, Wien / Frankfurt am Main 1999 • Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.): Rund ums Alter – Alles Wissenswerte von A bis Z. Verlag C. H. Beck, München 1996

• Meyer-Hentschel Management Consulting (Hrsg.): Handbuch Senioren-Marketing. Erfolgsstrategien aus der Praxis. Verlagsgruppe Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2000 • Hildegart Neufeld: Der ältere Mensch als Wirtschaftsfaktor. Universität des 3. Lebensalters an der Johann Wolfgang GoetheUniversität, Frankfurt am Main, 2. erw. Auflage 1999 • Wiebke Rannenberg: Mit der Walze. Bericht über den Kongress zu Älteren in Radio und Fernsehen. epd medien, Heft 87 vom 6. November 1999, Frankfurt am Main

• Helpage International: Report of the first regional workshop on ageing for media practitioners in Asia. Asia Training Centre

On Ageing (ATCOA), Bezug über: Helpage International, c /o Faculty of Nursing, Chiang Mai University, Chiang Mai 50200, Thailand, 1999, Telefon 00 66 53 / 225 440, E-Mail: [email protected] • Christian Schröter /Andreas Grajczyk: Konzeptuntersuchung zur Sendereihe „Das dritte Leben“ am Beispiel der Sendung „Herzeleid – Trennung im Alter“,

herausgegeben vom Südwestfunk, Unternehmensplanung und Medienforschung, Baden-Baden 1998 • Hans Peter Tews: Altersbilder – Über Wandel und Beeinflussung von Vorstellungen vom und Einstellungen zum Alter. Reihe

„Forum“, Band 16, Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln, 2. Auflage 1995 Kurzfassungen der zwei nachfolgenden Studien versendet die WDR-Abteilung Medienforschung, 5060 Köln: • Bilder des Alters und des Alterns im Fernsehen. Eine WDR-Studie zum Internationalen Medienkongress, erstellt vom IFEM Institut für empirische Medienforschung im Auftrag der WDR-Medienforschung, Köln 1999 • Qualitative Grundlagenstudie „Lebensbilder älterer Menschen in Alltag und TV“.

Erstellt vom rheingold-Institut im Auftrag von WDR Fernsehen, Köln 1999

pro ALTER – das vierteljährlich erscheinende Magazin des Kuratoriums Deutsche Altershilfe – beschäftigte sich im Titelthema seiner Ausgabe 4 / 1999 ausführlich mit dem Thema „Ältere in Hörfunk und Fernsehen“. Das Magazin informiert regelmäßig über neue Altenhilfeangebote, Wohnen im Alter, Pflege, Seniorenpolitik u. v. m.

Rund 200 Hörfunk- und Fernseh-Programmgestalter, Journalisten, Werbefachleute, Medienwissenschaftler, Seniorenvertreter und Politiker aus 15 Ländern kamen vom 27. bis 29. Oktober 1999 zum Internationalen Medienkongress „Überhört und Übersehen? Ältere in Hörfunk und Fernsehen“ nach Köln. Der Kongress war eine zentrale Veranstaltung in dem von den Vereinten Nationen ausgerufenen „Internationalen Jahr der Senioren“. Die Reden, Diskussionen, Vorträge und Statements aus den Plenarveranstaltungen und den insgesamt zwölf Workshops werden hier – gekürzt – dokumentiert.

Aus dem Inhalt: Programme und Sendungen für ältere Menschen – Ergebnisse einer KDA-Umfrage Jenseits vom Jugendkult – Altern: (k)ein Thema fürs Programm? Brauchen wir eigene Sendungen für ältere Hörer und Zuschauer? Aus Medienforschung und -praxis:

• Hörfunk- und Fernsehverhalten Älterer • Inkompetent und skurril? Zum Altersbild im Fernsehen • Unerwünschte Kunden? Alter in der Hörfunk- und Fernsehwerbung Praxis Fernsehen:

• • • •

TV-Sendungen für Ältere stellen sich vor TV-Service für Hör- und Sehgeschädigte Dokumentationen, Fernsehfilme und Features zu Altersthemen Talk & Co – auch für Ältere

Praxis Hörfunk:

• Rundfunk-Sendungen für Ältere stellen sich vor • Hörfunk-Wellen – nicht nur für Ältere Medieninitiativen:

• Ältere machen ihr Programm selbst

Kuratorium Deutsche Altershilfe ISBN 3-932882-96-2

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