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April 23, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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MANAGEMENT

Foto: © Yuri Arcurs – Fotolia.com

Alte Hasen, junge Füchse Dem Fachkräftemangel entgegenwirken | Die demografische Entwicklung macht auch vor dem Mittelstand nicht halt. Nur wer heute den Altersmix seines Personals sinnvoll plant, kann morgen bei seinen Kunden punkten. von Ulrike Felger*

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enn Dr. Jürgen Tenckhoff, Berater zu Alterns-Effekten von Belegschaften aus Hennef/ Sieg, Zukunftsszenarien für den Mittelstand skizziert, spricht er über Probleme von morgen. „Das Ansteigen des Durchschnittsalters ist in vielen Unternehmen nicht mehr aufzuhalten, nicht einmal sozial-unverträglich“, weiß er. Das Arbeitspotenzial der Lebensmitte schrumpft: In den kommende fünf Jahren sinkt die Zahl der 30 bis 45-Jährigen um mehr als zehn Prozent. Gleichzeitig wachsen die 50 bis 65-Jährigen um rund zwölf Prozent. In Kombination mit dem steigenden Fachkräftemangel hat die demogra68]neue verpackung 5.2010

fische Entwicklung für KMU fatale Folgen. „Es geht nicht darum, heute zu entscheiden, ob man ältere Mitarbeiter will, sondern man muss sich fragen, was in fünf Jahren ist“, so Tenckhoff. Wer jetzt im Jungendwahn rekrutiere, habe in zehn Jahren keine freien Stellen, um seinen Altersmix zu gestalten. Tritt ein Unternehmen beim Personal auf der Stelle, wandert der Altersberg durch die Belegschaft. Das Resultat: Wenn der Ruhestand winkt, büßt die Firma auf einen Schlag viele wertvolle Erfahrungsträger und vitales Know-how ein. „Die typische Schlüsselposition im Mittelstand ist mit

einem 40 bis 50-Jährigen besetzt“, weiß Stefan Hagen, Unternehmerberater im Mittelstand aus Wipperfürth. Er erlebt täglich, dass Unternehmen veralten. Die Banken erkennen das bestehende Risiko: „Kreditinstitute schauen auf das Geburtsdatum der Belegschaft.“ Oft haben die betreffenden Betriebe versäumt, Nachwuchs auszubilden, nötige Fachkräfte sind schon jetzt nicht zu bekommen. „Unternehmen, die nicht ausbilden, sind die Verlierer der Zukunft“, mahnt Hagen, den Wert von Ausbildung nicht zu unterschätzen. Ein Blick auf die innerbetriebliche Alterskurve zeige deutlich, wann wo Not am Mann sei.

„Bei uns darf man alt werden“, erklärt Birgit Krauße, Personalleiterin der Hochland Kaffee Hunzelmann GmbH & Co. KG in Stuttgart. Die Kaffee-Manufaktur mit eigenen Verkaufsfilialen und KaffeeBars profitiert von einer geringen Fluktuation ihrer rund 100 Mitarbeiter. Der älteste Mitarbeiter ist Ende 2009 mit 74 Jahren in Rente gegangen. Transparenz bezüglich strategischer Entwicklungen und eine enge Beziehung zu den Menschen im Haus sorgen dafür, das jeder sein Bestes geben kann. „Wir fragen uns ständig, wer was gerne und gut macht“, sagt Krauße. Schließlich gehe es nicht darum, zwanghaft Gerechtigkeit zu üben, sondern anstehende Aufgaben zu bewältigen. Gerade im Verkauf schätzt die Personalerin die Überfünfzigjährigen. Sie zeigten eine andere Ernsthaftigkeit als ihre jungen Kollegen und seien sich des Wertes einer gesicherten Anstellung besonders bewusst. Der Blick über den Tellerrand aller Bereiche ist ihr wichtig: „Wir animieren unsere Mitarbeiter, in der Saure-Gurken-Zeit andere Aufgaben und andere Arbeitsplätze kennenzulernen“. Die gute Orientierung loyaler Mitarbeiter zahlt sich aus: „Hochland bietet weniger Regeln und Geländer als manch anderes Unternehmen, da sind Selbstständigkeit und die bereitwillige Übernahme von Verantwortung unverzichtbar“. Die Leistungsfähigkeit alternder Belegschaften unterliegt zwei großen Faktoren. Gesundheit und Know-how, also Kompetenz bei Technologie und Innova-

tion, entscheiden darüber, wie viel ein Mitarbeiter zum Unternehmenserfolg beisteuern kann. Hartmut Buck, Teamleiter am Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation IAO, in Stuttgart rät, den Status Quo im eigenen Haus kritisch zu hinterfragen: Wo steht das Unternehmen im Gesundheitsbereich? Wo sind Risikoquellen oder systematische Erkrankungsursachen? Gibt es Kollegen, die beim technologischen Fortschritt nicht Schritt halten können? – wer hier ehrlich antwortet, könne von den kurzen Entscheidungswegen im Mittelstand profitieren. Die geringe Arbeitsteiligkeit in KMU, den Job als Allrounder in seinem Fachbereich, sieht Buck als großen Vorteil: Das breite Aufgabenspektrum sei lernförderlich und wirke Dequalifizierung und Demotivation am Ende des Berufslebens gut entgegen.

Absolute Kundenorientierung setzt die Impulse bei der Personalplanung Andreas Reidel, Inhaber der Nürnberger Agentur für Generationen-Marketing, sieht KMU als Vorreiter einen neuen Ära: „Inhabergeführten Unternehmen legen schon immer auf eine Altersdurchmischung Wert – lebenslanges Lernen ist die Praxis, das Rollenverständnis Meister-Geselle-Azubi ist ein gutes Beispiel“.Gerade in der Krise hätten Ältere nicht nur mehr Erfahrung mit schwierigen Situationen, sie seien auch anderen Älteren gegenüber deutlich glaubwürdiger. Für Reidl schwingen in der Frage

nach dem Mitarbeiter-Jahrgang zugleich die Anforderungen eines alternden Marktes mit: „Nur wenn der Nerv des Kunden getroffen wird, sprudeln Aufträge“. Absolute Kundenorientierung setzt die Impulse bei der Personalplanung der Gerhard Pannenbecker KG in Moers. Neue Sortimentsfelder oder Zielgruppen geben Anlass, über den Personalbestand nachzudenken. „Wer kann das aus dem bestehenden Team? ist die Frage – und zwar völlig unabhängig vom Alter“, sagt Seniorchef Erhard Pannenbecker Über Betriebspraktika hält man Kontakt zur jungen Generation: Wer eine gute Figur macht, hat eine Chance, wiederzukommen. „Das ist unser Altersmix“, sagt der 70-Jährige und fährt fort: „Der Schatz liegt beim Team“. Vieles sieht der Mittelständler pragmatisch. Aufgaben wie die Personalbuchhaltung laufen in Teilzeit und machen eine komplizierte Stellvertreterregelung überflüssig. Das Packen von rund 300 bis 400 Päckchen übernehmen weibliche Teilzeitkräfte: „Wir haben festgestellt, dass Frauen das besser machen“, sagt der Großhändler, political correctness hin oder her. Er pflegt, wie viele Mittelständler, sowieso ein Menschenbild, das den Einzelnen als Individuum, nicht als bloße Arbeitskraft, wertschätzt. 

Dr. Ulrike Felger ist Inhaberin der Agentur Espresso Kommunikation in Waldenbuch.

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