D - Horizont

March 16, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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HORIZONT Eine Marke der dfv Mediengruppe • 10.9.2015 / Nr. 37 • D 1014 C • 7,50 Euro

ZEITUNG FÜR MARKETING, WERBUNG UND MEDIEN WWW.HORIZONT.NET

37/2015 10. SEPTEMBER 2015

WERBEWIRKUNGSGIPFEL: Telekom-MarketingBoss Hahn liest der Branche die Leviten SEITE 4

HORIZONT Eine Marke der dfv Mediengruppe • 10.9.2015 / Nr. 37 • D 1014 C • 7,50 Euro

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ZEITUNG FÜR MARKETING, WERBUNG UND MEDIEN WWW.HORIZONT.NET 37/2015 10. SEPTEMBER 2015

MARKETING

Lebensmittel aus dem 3D-Drucker: ein Gag von Katjes oder ein Marketing-Tool der Zukunft?

l a t i g i D ue e IsEsinehAeumsgaab

ILLUSTRATION: OKALINICHENKO / FOTOLIA; MONTAGE: HORIZONT

DIESE WOCHE

Ein T

AGENTUREN

Die großen Holdings bauen das digitale Geschäft aus – mit unterschiedlichen Strategien

D DIE NEUE KAMPAGNENSTUFE 10

Werbungtreibende fordern vor der Dmexco bessere Qualität und mehr Transparenz im Digitalen

SEITE 27

Avantgarde führt das Ranking der Eventagenturen an

MEDIEN

SEITE 14

CHART DER WOCHE Deutschland weit zurück Länder mit dem weltweit schnellsten Internetzugang (Stand I/2015) Rang Land

Durchschnittsgeschwindigkeit in Mbit/s

23,6

1 Südkorea 2 Irland

17,4

3 Hongkong

16,7

4 Schweden ..... 26 Deutschland Quelle: Akamai State of the Internet

15,8 10,2 HORIZONT 37/2015

● Deutschland, fünftgrößte Volkswirtschaft

der Welt, hinkt in Sachen Digitalisierung hinterher – das zeigt sich vor allem bei der Breitbandabdeckung und der durchschnittlichen Daten-Geschwindigkeit. Hier bleibt im globalen Vergleich nur Rang 26. HOR

D DIGITALE INFRASTRUKTUR 36–37 Anzeige

Deutsche Telekom liefert großes Kino mit Familie Heins Mit dem zehnten Auftritt der Familie Heins feiert die Kampagne rund um den Tarif Magenta Eins nicht nur einjähriges Jubiläum, sondern soll auch unter der Regie von Kinomacher Bora Dagtekin deutlich frischer und humorvoller werden. Auch Dagtekins Kinofilm „Fack ju Göhte“ begleitet die Marke mit eigenen Aktionen. Das Unternehmensmanagement zeigt sich derweil mit dem Erreichten zufrieden. Magenta Eins hat ein Jahr nach dem Launch seine gestützte Markenbekanntheit auf 73 Prozent gesteigert. CAM

SEITE 16

Spiegel Online baut mit Bento ein Portal für junge Leser auf – bewusst getrennt vom Mutterschiff

NACHRICHTEN

E

Von Volker Schütz

s ist ein Ritual, aber eines mit besonderem Gewicht: Jedes Jahr vor der Dmexco werden Journalisten mit Hurra-Meldungen zum Siegeszug des Digitalmarketings überschüttet. Und jedes Jahr legt die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) vor der weltweit größten Digitalmesse ganz gezielt die Finger in Wunden, die mancher Marktpartner vor lauter Begeisterung über die Chancen von Programmatic Buying, Targeting, Big Data, Content Marketing und die Effizienz von Internet-Branding noch gar nicht wahrgenommen hat. OWM-Chefin Tina Beuchler hatte im HORIZONT-Magazin zur Dmexco deutlich gemacht, welch hohen Stellenwert Digital im Verband hat – und wie kompliziert die Gemengelage ist: „Wir befinden uns in Zeiten tiefgreifender Umwälzungen, die digitale Transformation hat an manchen Stellen überhaupt erst begonnen.“ Und weiter: „Das Marketing muss große Anstrengungen unternehmen, wenn es seinen hohen Stellenwert im Unternehmen halten will.“ Das aktuelle Thesenpapier trifft aber auch die Onlinevermarkter in einer schwierigen Phase. Displaywerbung erlebt eine Wachstums- und Sinnkrise: Klassisches Display mit Ausnahme von Bewegtbild und Mobile hat anscheinend

seine Wachstumsfantasie verloren. Der Hoffnungsträger Mobile boomt zwar bei Nutzung und Werbeumsatz – doch die Wertschöpfungskette lässt viele Medien verzweifeln. Damit nicht genug der schlechten Nachrichten. US-Berichte über dramatisch steigenden Klickbetrug alarmieren Werbungtreibende. Und Adblocking „bohrt am Lebensnerv der Digitalbranche“, wie Thomas Port, Geschäftsführer von Seven-One Media, in einem Kommenar auf HORIZONT ONLINE be-

HORIZONT und die dfv Mediengruppe finden Sie auf der Dmexco in Halle 8, D13/E14. Auf unserem Stand stehen Marianne Dölz (Facebook), Uwe Storch (Ferrero), Olaf Markhoff (Nike) und Dirk Föste (TUI.com) Rede und Antwort. schreibt. Vor diesem Hintergrund erhält das OWM-Papier jetzt besonderes Gewicht. Im Zentrum steht die Forderung nach „Marktstandards“ zur schnelleren Behebung von Qualitätsproblemen sowie für eine stärkere Transparenz zwischen Auftraggebern und ihren Agenturen und Vermarktern. Konkret geht es dem Kundenverband um vier Punkte. Zum einen fordert die OWM – trotz der mit AGF und Google

festgezurrten gemeinsamen Bewegtbildwährung und der mit der Organisation der Mediaagenturen (OMG) angestoßenen gattungsübergreifenden Werbewirkungsplattform – integrierte Planungsmodelle und Leistungsnachweise, nicht nur über alle Kanäle, sondern auch über alle Devices, Werbeformen und Anbieter hinweg. „Vieles ist bereits auf dem Weg, aber nichts ist fertig“, moniert die OWM. Zweiter Punkt ist die Mahnung, Qualitätsprobleme wie sinkende Sichtbarkeitsraten und Klickbetrug stärker anzugehen. Die vom Online-Vermarkterkreis im BVDW (OVK) präsentierten Leistungsversprechen (HORIZONT 26/2015) seien ein Anfang, aber: „Jetzt müssen diese Qualitätssicherungsmaßnahmen von den Vermarktern zügig und nachhaltig umgesetzt werden.“ Auch der dritte Punkt, der sich Programmatic Buying widmet, birgt Zündstoff. Dass automatisierter Werbeeinkauf neue Möglichkeiten der Marketingkommunikation eröffnet, wird nicht angezweifelt, wohl aber, „ob die neu gewonnenen Effizienzvorteile immer zugunsten des Kunden ausgeschöpft werden“. Die Hoheit über Kunden- und Kampagnendaten liege beim Kunden. Last but not least appelliert die OWM, wirksame Initiativen gegen Adblocking zu ergreifen. Selbstkritisch heißt es: „Werbungtreibende müssen ihren Beitrag leisten zu akzeptierter Digitalwerbung, die informativ, relevant und kreativ ist.“

Die Münchner Agentur Avantgarde steht an der Spitze des Rankings für Live-Kommunikation und Kommunikation im Raum. Die von CEO Martin Schnaack geführte Gruppe erzielte einen Honorarumsatz (Inland) von fast 30 Millionen Euro. Platz 2 der vom Branchenverband Famab sowie den beiden Fachtiteln HORIZONT und „W&V“ herausgegebenen Rangliste belegt der langjährige Marktführer Vok Dams. Dahinter folgen Uniplan, Triad und Metzler Vater. In diesem Jahr werden die Umsätze für Live-Kommunikation und Kommunikation im Raum zum ersten Mal gebündelt ausgewiesen. Damit soll die Marktrealität besser abgebildet werden. In dem separat erstellten Kreativranking hat die Agentur Schmidhuber die Nase vorn – knapp vor Kauffmann Theilig & Partner. MAM

D DAS RANKING 6

Ströer schnappt sich nach T-Online OMS Gut drei Wochen nach der Übernahme von T-Online arbeitet Ströer an einem weiteren Deal. Nach HORIZONT-Informationen steht eine Einigung mit OMS, dem Digitalvermarkter der Tageszeitungen, unmittelbar bevor. Wie der Deal genau aussieht, ist noch nicht bekannt, womöglich gibt es aber schon zur Dmexco konkrete Angaben. Ströer setzt damit seinen Expansionskurs fort und baut die Marktführerschaft unter Deutschlands Digitalvermarktern weiter aus. Die Allianz mit Ströer ist auch für die Tageszeitungen ein wichtiger Baustein in der Neuausrichtung der nationalen Werbevermarktung. JS

D TAGESZEITUNGEN FORMIEREN SICH 8

2 STANDPUNKT

HORIZONT 37/2015

Mila, nicht verliebt in Berlin

Auftritt der Woche

FOTO: SAT 1, CLAUDIUS PFLUG / BERLIN

ie Voraussetzungen waren perfekt: Seit Wochen trommelt die PR- und Marketing-Maschinerie von Sat1für die Rückkehr von Susan Sideropoulos in einer Daily Soap. Die Schauspielerin gab Interviews, ließ ihre Fans auf Facebook am Dreh teilhaben und versprühte erfrischende Freude, sobald die Rede auf ihre Rolle als Mila kam. Auf dem gleichnamigen Format lastet der Druck, den Sat-1-Vorabend zu sanieren und harter Konkurrenz wie „Alles was zählt“ auf RTL und „Berlin Tag & Nacht“ auf RTL 2 Zuschauer wegzunehmen. Es ist eine schwere Aufgabe, an der zuletzt die Reality-Show „Newtopia“ gescheitert ist. Man hätte Sat 1 einen Erfolg in der Tradition von „Verliebt in Berlin“ gegönnt. Aber der bleibt aus. Mit einem Marktanteil von gerade mal 6,4 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen ist der Start am Montag ein Flop. Es verwundert nicht, dass die Zuschauer keine Lust hatten, sich Milas Suche nach der großen Liebe anzusehen. Mila, so hat es Sat 1 im Vorfeld betont, sollte kein Tollpatsch wie Lisa Plenske in „Verliebt in Berlin“ sein und doch ist sie genau als solcher inszeniert. Die Torte, die sie für den Kaffee bei ihren Eltern gekauft hat, fliegt aus dem Korb des Rollers. Sie verpasst die Redaktionskonferenz. Sie verliert ihren Schuh und landet barfuß im Seminar. In der ersten Folge wirkt Mila weit entfernt von der souveränen Single-Frau, als die sie angekündigt wurde. Hinzu kommt die in Rückblenden erzählte Story. Im Gespräch mit Freundin Sally lässt sie den verkorksten Tag Revue passieren. Die Erzählform hält die Geschichte auf und Susan Sideropoulos wird darin sehr groß, aber nicht von ihrer Schokoladenseite gezeigt: Tiefe Stirnfalten, rissige Lippen – nicht unbedingt die unbeschwerte 30-Jährige, die man sich vorgestellt hat. Da helfen auch nicht die Instagram-Polaroid-Bilderwelten, die ahnen lassen, was mit „moderner Inszenierung“ gemeint war. „Mila“ enttäuscht. JULIANE PAPERLEIN

KOMMENTARE

l a t i g Di ue e IsEsinehAeumsgaab Ein T

Groß, größer, Dmexco In Köln diskutiert die ganze Welt über die Digiconomy Von Volker Schütz

D

ie Kölner Digitalmesse liefert jeden September aufs Neue den Beweis für die These: Je digitaler die Welt wird, desto wichtiger wird People Business und Word-ofMouth-Marketing. 32 000 Fachbesucher werden während der zwei Kongresstage erwartet. 850 Aussteller präsentieren auf 75 000 Quadratmetern ihre Businesslösungen. 160 Redner – viele aus der „Old Economy“ – diskutieren die Geschäftsmöglichkeiten, aber auch die Verwerfungen der Digiconomy. Tina Beuchler, hauptberuflich Media- und Digitalchefin von Nestlé Deutschland, nebenberuflich Vorsitzende der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM), formuliert die Stimmungslage der Werbungtreibenden: „Der Druck auf die Marketingmanager, ihre Ausgaben für Werbung und Kommunikation rechtfertigen zu können, ist unverändert hoch.“ Eine der größten Herausforderungen sei es, die „interne Organisationsstruktur an den digitalen Wandel anzupassen“. Dass Marketing immer technischer wird, ist eine Entwicklung, die sich nicht mehr rückgängig machen lässt. Die Dmexco-Strategen Christian Muche und Frank Schneider haben perfekt verstanden, daraus Kapital für die Messestadt Köln zu schlagen: Ihnen ist das Kunststück gelungen, die weltweit größte Digital-Messe ausgerechnet in dem Land zu etablieren, in dem Digital für viele Entscheider – vor allen Dingen in Politik und Mittelstand – noch Neuland ist. Und während andere Events oft nur Partikularinteressen abbilden, bedient die Dmexco die werbungtreibende Industrie genauso wie Agenturen jeglicher Couleur, Vermarkter und Techniker. Das sah zum Start längst nicht so positiv aus. Ende 2008 hatte der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) sich überraschend von der Online Marketing Düsseldorf getrennt und im folgenden Jahr in der ungeliebten Nachbarstadt Köln die Dmexco aus der Taufe gehoben. Ein offizieller Grund für diesen Husarenakt lautete: Die OMD habe die Onlinevermarktung aus dem Fokus verloren

AGENDA THEMA DER WOCHE: Das war der

HORIZONT-Werbewirkungsgipfel.

Sat 1 setzt große Hoffnungen auf die werktägliche Daily, aber die Zuschauer bleiben weg

D

10. September 2015

4

RANKING: Avantgarde an der Spitze der

IDEE: ZIELGRUPPENAFFINITÄT: UMSETZUNG:

Eventagenturen. 6 BILD: Springers neue Kampagne für seinen Boulevardtitel. 6 ZEITUNGEN: Ein neuer Vermarkter für Print, OMS geht zu Ströer. 8 TELEKOM: Neue Runde in der Kampagne mit Bora Dagtekin. 10 LEUTE: Stefan Aust, Christian Waitzinger, Kerstin Bode, Martin Winterkorn. 52

MARKTANTEIL: GESAMTURTEIL:

DIGITAL ISSUE Die großen Diskussionsthemen auf der Kölner Messe. 11 LIVESTREAM: Wie Snapchat, Periscope und Co die Werbekunden umwerben. 12 SPIEGEL ONLINE: Das neue Portal Bento bietet Hashtag-News für Hipster. 14 3D-DRUCK: Lebensmittel aus der Patrone liegen im Trend. 16 SERIE DISRUPTION: Wie Programmatic Advertising das Marketing verändert. 20 E-COMMERCE: Otto, Amazon und Zalando werden zu Werbevermarktern. 22 MEDIAAGENTUREN: Warum sie die Kooperation mit Google und Co suchen. 24 LIVE-MARKETING: Wie Events in den USA auf Twitter gespielt werden. 26 ONLINEHANDEL: Interview mit dem Blogger und Buchautor Alexander Graf. 28 WERBEHOLDINGS: Mit unterschiedlichen Strategien ins digitale Zeitalter. 29 WEARABLES: Das Ende der Maus naht, sagen die Fans der tragbaren Computer. 30 START-UP VILLAGE: Sechs Gründer, die sich auf der Dmexco präsentieren. 32 MOBILE: Stolze Wachstumsraten und drei große Baustellen. 34 KAMPAGNEN: Emotionen erzeugen ohne Fernsehen – geht das? 35 INFRASTRUKTUR: Die deutsche Datenautobahn ist voller Schlaglöcher. 36 WEB-WERBUNG: G + J EMS untersucht, was Onlineformate können. 38 AGENTUREN: Unternehmensberater machen den Digitalexperten Konkurrenz. 40 BUZZBIRD: Andreas Türck setzt mit seinem Start-up auf Influencer Marketing. 41 GASTBEITRAG: Philipp Westermeyer über die Renaissance des Journalismus. 42 LA RED: Die Digitalprofis finden Mediaagenturen überflüssig. 43 ADC: Gemeinsam mit Google die Kreativen für Youtube sensibilisieren. 44 GAMIFICATION: Spielmechaniken treiben das emotionale Storytelling. 46 BERUFE: In der Digitalbranche gibt es Dutzende neuer Job-Beschreibungen. 47 ZAHLEN UND DATEN: Nützliches und unnützes Wissen zum Digitalmarketing. 48 DMEXCO:

FORMAT:

Mila

SENDER:

Sat 1

PRODUKTION:

Ufa Serial Drama

und zu vielen Nischenanbietern Raum gegeben. Die Geschichte von den zahllosen Technikspezialisten wiederholte sich im Laufe der Dmexco-Jahre, aber nicht als Farce oder Tragödie, sondern als notwendige Bereicherung. 2015 werden viel mehr Technikdienstleister um Auftraggeber buhlen als zu den besten OMD-Zeiten. Doch das stört die Onlinevermarkter des BVDW inzwischen genauso wenig wie internationale Big Player wie Adobe, Microsoft oder SAP, die mit eigenen Ständen vor Ort sind. Auch inhaltlich hat sich die Messe in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt. Natürlich steht digitales Marketing im Zentrum. Aber es geht nicht mehr hauptsächlich darum, filigrane Probleme und Fallstricke der Displaywerbung zu beleuchten.

Digitales Marketing braucht keine allgemeinen Weisheiten und Besserwisserei, sondern die kritische Diskussion „Building Bridges“ – der für deutsche Ohren leicht holprige Slogan soll klar machen, dass im digitalen Zeitalter eine Trennung der Welten zwischen Digital und Analog nicht mehr möglich ist. Digitales Marketing ist Mainstream geworden – aber ein Mainstream, der sich permanent neuen Entwicklungen stellen muss. Ob die Dmexco 2015 die hohen Erwartungen erfüllen wird? Mit dieser speziellen HORIZONT-Ausgabe unter dem Titel „Digital Issue“ beleuchten und hinterfragen wir die wichtigsten Themen des Marketings im digitalen Zeitalter. Einem Wirtschaftszweig, der sich permanent verändert, ist mit allgemeinen Weisheiten und Besserwisserei nicht geholfen. Er braucht die kritische Diskussion – hier in diesem Heft, in HORIZONT ONLINE und natürlich auf der Dmexco selbst: Wir sind gespannt auf zwei hoffentlich fulminante Messe- und Kongresstage in Köln.

+++AKTUELL+++AKTUELL+++

HORIZONT ONLINE

HORIZONT begleitet die Digitalmesse Dmexco in Köln auch in diesem Jahr mit einem umfangreichen Online-Special.

Alle News rund um die Dmexco auf horizont.net/dmexco2015

STANDARDS IMPRESSUM BILDERSEITE SPIESSER ALFONS

49 53 54

4 THEMA DER WOCHE

HORIZONT 37/2015

10. September 2015

Keine Wirkung ohne Content HORIZONT Werbewirkungs-Gipfel: Kundenverband OWM kämpft um Teilnehmer an gattungsübergreifender Plattform FOTOS: GUIDO SCHRÖDER

NT HORIZOEWIRKUNGS WERB GIPFEL 2015 y, Köln r 2015

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I

Volles Podium (v.l.): HORIZONT-Ressortleiterin Juliane Paperlein mit Frank Vogel (G+J), Klaus-Peter Schulz (OMG), Guido Modenbach (Seven-One Media), Tina Beuchler (Nestlé/OWM), Florian Ruckert (RMS) und Matthias Schönwandt (MDH)

Von Roland Pimpl

n der Realität angekommen: Weniger forsch als in der Vergangenheit wirbt die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) nun für ihre gattungsübergreifende Werbewirkungsplattform – und zwar verstärkt um die Teilnahme des eigenen Lagers. Dies wurde deutlich auf dem HORIZONT Werbewirkungs-Gipfel in der vergangenen Woche in Köln. „In eine Pilotstudie geht niemand gern hinein“, zeigt die OWM-Vorsitzende Tina Beuchler, im Hauptjob Digital & Media Director bei Nestlé Deutschland, Verständnis. Auch in ihrem eigenen Haus führe sie Diskussionen, welche Kampagnen Nestlé dem Tracking-Projekt zur Verfügung stellen sollte. „Wir bewegen uns hier ja im Herzen der Wettbewerbsvorteile“, sagt Beuchler. Heißt: Wenn die Unternehmen ihre Werbedaten in den gemeinsamen Analysetopf geben, verraten sie Konkurrenten damit womöglich Geschäftsgeheimnisse. Das gilt besonders, wenn die Inhalte der Werbung, also die Kreation, stärker in die Wirkungsforschung einfließen sollen. Dies ist die zentrale Forderung von Christian Hahn, Leiter Marketing Communications Strategy & Media bei der Deutschen Telekom. „Wir betrügen uns selbst, wenn wir Werbewirkung auf Kon-

Telekom-Mann Christian Hahn will Wirkungsforschung nicht auf Kontakte reduzieren

dann doch bitte nicht jedes ihnen genehme Teilergebnis aus Marketinggründen „in den Markt rausschießen“ sollten. Und der forscherische Anspruch der ehrgeizigen Plattform, für die Beuchler ihrer Zunft für das spätere 14-tägige standardisierte Tracking im Regelbetrieb große Fallzahlen, einfache Handhabung, hohe Flexibilität bei der Auswertung (sprich: die Mediaagenturen können ihren Kunden noch „Veredelungsleistungen“ verkaufen) und überhaupt Praxisrelevanz, Vergleichbarkeit von Werbeparametern und leise lächelnd auch Kosteneffizienz verspricht, weil die Medienvermarkter ja große Teile zahlen? „Wir können mit der Plattform nicht alle offenen Fragen klären“, sagt die Nestlé-Mediachefin, „sie ist kein Goldstandard – aber eine Basis, auf der alle aufbauen können.“ Oder anders: „Den Mount Everest haben wir noch nicht bestiegen, aber immerhin schon den Mont Blanc.“ Nun müsse es vorangehen, um gemeinsam zu verhindern, dass Werbebudgets weiter in Richtung Promotion, Owned Media und Datenmarketing abwandern. Denn: Die Medialeute der Werbungtreibenden stünden unter permanenter Beobachtung, vom Controlling im eigenen Unternehmen, auch vom Handel. Alle wollten schnelle Erfolge sehen. „Das Ziel ist der Regelbetrieb“, betont auch Klaus-Peter Schulz, Vorsitzender der Organisation der Mediaagenturen (OMG), die die Plattform mit der OWM auf die Beine gestellt hat: „Das Wichtigste ist jetzt der Team-Spirit.“ Immerhin sei es schon gelungen, sieben streitbare Gattungen an einen Tisch zu bekommen. Aber der weitere Aufstieg zum Mount Everest sei noch mühsam: „Mal sehen, was bei der Pilotphase herauskommt.“ Was ist mit der Kundenforderung, das Thema Kreation stärker in die Wirkungsforschung einfließen zu lassen? Seit neuestem sei die OMG dazu mit den Verantwortlichen des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen GWA im Gespräch, sagt Schulz: „Die engere Zusammenarbeit von Content und Media ist mit das wichtigste Thema der kommenden Jahre.“ Vielleicht gibt es aber noch ein Thema, das ebenso wichtig ist: Bei allen Kunden, Agenturen und Vermarktern ist ein riesiger Datenfundus zum Thema Werbewirkung vorhanden – sollte man dieses längst vorhandene Wissen nicht erst einmal besser erschließen, etwa durch bessere Ausbildung der Mitarbeiter bei allen betroffenen Playern? Diese Anregung aus dem Publikum wollten Beuchler und Schulz dann auch gern aufnehmen.

takte reduzieren“, sagte er in seiner Keynote. Er plädiert dafür, weniger über Medienkanäle zu diskutieren – und mehr über den Inhalt von Werbung und über Kreation. „Wir erstellen hochkomplexe Mediapläne, oft ohne den Werbe-Content zu kennen“, kritisiert Hahn die eigene Zunft, die Agenturen und auch die herrschenden Branchendiskussionen. Er widerspricht dem Eindruck, Werbewirkung komme primär durch bloße Kontakte zustande: „95 Prozent der Kaufentscheidungen geschehen unbewusst.“ Nur 13 Prozent der Werbewirkung könne man durch die Wahl des Medienkanals erklären – und immerhin 52 Prozent mit dem gewählten

Ad-Format und -Inhalt. Doch warum reden dann trotzdem alle (auch die Kunden) so gerne über die Kanalfrage? „Weil man sich so leichter auf Effizienz konzentrieren kann – und das kommt gut bei den Controllern an“, sagt Hahn. Er plädiert dafür, mehr über Effektivität als über Effizienz zu diskutieren. Also über Werbewirkung im eigentlichen Sinne. Dafür gab’s Beifall aus dem Publikum. Auch Beuchler unterstützt seine Forderung ausdrücklich. 20 Kampagnen will die OWM für die Pilotphase ihres Projektes einsammeln. Und schon hier sei „gegenseitiges Vertrauen wichtig“, auch mit den teilnehmenden Vermarktern, die

Mehr Insights zu Video Online – ganz vorn?

Print versus TV

Durchmarsch für OoH Zeitungen sind uneins

Mit dem ROI Analyzer hat TV 2012 den Gattungswettstreit in der Werbewirkungsforschung eröffnet.Nichtzuletztdadurch,dassdieGattungseither auch die langfristige Wirkung von Fernsehwerbung nachweisen kann, gewinnt sie im Werbemarkt. Aber die Belege fürs klassische TV reichen Agenturen und Kunden nicht aus. „Wir brauchen eine belastbare Studie für die Werbewirkung, die unabhängigistvondenEndgeräten“,sagtMichael Dunke, CEO von IPG. Gerade im Bereich Onlinevideo sieht Reckitt-Benckiser-Marketingchef Thorsten Müller noch ein breites Feld für Betätigungen: „Wir dürsten nach Insights“, sagte er in Köln. PAP

Welche Gattung besser wirkt, Print oder TV, darum ging es unter anderem beim launigen Streitgespräch zwischen Matthias Dang, Geschäftsführer IP Deutschland, und Dirk Wiedenmann, Vermarktungschef der Bauer Media Group. Dang bleibt bei seiner Prognose, dass Print weiter seine Berechtigung habe, wegen aus seiner Sicht sinkender Nutzungszeiten aber nur auf einem deutlich niedrigen Niveau. Falsch, sagt Wiedenmann. Der durch den digitalen Medienwandel ausgelöste Einbruch der Werbeerlöse, den Print hinter sich habe, werde auchnochTVtreffen–undzwarheftiger,weilimTV PAP die parallele Vertriebsfinanzierung fehlt.

Mit stolz geschwellter Brust konnten sich die Outof-Home-Vertreter, allen voran Ströer-COO Christian Schmalzl, auf die Bühne stellen. Die Gattung gewinntkontinuierlichimWerbemarktundkommt nunauchmiteinereigenenStudie,umdenKunden zu belegen, dass ihre Werbe-Euro gut investiert sind. Kinetic-Chef Thorsten Ebbing geht davon aus, dass der Marktanteil von OoH bis 2020 von derzeit 6 Prozent auf 8 bis 9 Prozent steigt. Schmalzl stellt sogar 10 Prozent in Aussicht. Auch Wall-CMSO Andreas Prasse rechnet mit einem deutlichen Anstieg: „Wir glauben an die VerbinPAP dung von OoH und mobilen Zielgruppen.“

Die Onlinevermarkter selbst sehen sich in Sachen Werbewirkungsforschung ganz vorn. Die Kunden differenzieren. Anne Stilling, Head of Advertising and Media bei Vodafone, sieht bei den klassischen Vermarktern deutlichen Nachholbedarf. „Wir behelfen uns mit einer Scheingenauigkeit“, kritisiert sie. „Die Einzelstudien sind schwer in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen. Was wir heute sehen, ist absolut überbewertet.“ Facebook und Google dagegen seien deutlich besser in Sachen Forschung aufgestellt. Die Einschätzung teilt PilotManager Uli Kramer: „Was wir an Daten von PAP Facebook bekommen, ist hervorragend.“

BILDER VOM GIPFEL SEITE 53

Bei den Zeitschriften gab es einen Schulterschluss der Großverlage. Sie bringen gemeinsam „Best for Tracking“ heraus und analysieren damit kontinuierlich Kampagnen von 350 Marken. Bei den Zeitungen ist das Feld dagegen unübersichtlich. Die Vermarktervon„SZ“,„FAZ“,„Spiegel“sowie„Handelsblatt“ und „Zeit“ arbeiten an einer eigenen Tracking-Studie. NBRZ und Medienhaus Deutschland sowie ZMG sind mit eigenen Ansätzen unterwegs. „Es wäre gut, wenn die Zeitungen auch eine Struktur hätten, um bei diesen nationalen Diskussionen mitmachen zu können“, sagt Group-MManager Boris Schramm.

6 AGENDA

HORIZONT 37/2015

Neue Nummer 1 bei Events Avantgarde führt das Ranking für Live-Kommunikation und Kommunikation im Raum an

I

Von Mehrdad Amirkhizi

m Ranking der Eventagenturen gibt es einen neuen Spitzenreiter. Mit einem Honorarumsatz von 29,52 Millionen Euro in den Disziplinen LiveKommunikation (LK) und Kommunikation im Raum (KiR) belegt die Münchner Agenturgruppe Avantgarde Platz 1 – vor dem langjährigen Branchenprimus Vok Dams. Ein direkter Vergleich zu den bisherigen Umsätzen und Platzierungen ist jedoch nicht möglich, da sich die Ranking-Herausgeber Famab, HORIZONT sowie „W&V“ entschlossen haben, in diesem Jahr die Bereiche LK und KiR erstmals zusammen auszuweisen. Die meisten Teilnehmer bewerten diesen Schritt positiv, weil er der Arbeitsrealität der Agenturen entspricht. „Die Trennung zwischen unterschiedlichen Disziplinen in der Erlebniskommunikation ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt beispielsweise Ulrich Roth, Chef der Stuttgarter Agentur Roth & Lorenz. Auch die neue Nummer 1 teilt diese Auffassung: „Die von uns entwickelten Markenerlebnisse sind fast immer ein Zusammenspiel aus verschiedenen Gewerken. Daher begrüßen wir die Entscheidung, eine ganzheitliche Betrachtung zu verwenden“, sagt Avantgarde-CEO Martin Schnaack. Es gibt aber auch Kritik. Zum Beispiel vom bisherigen Marktführer Vok Dams in Wuppertal. „Wir können aus unserer

Erfahrung nicht bestätigen, dass die Abgrenzung zwischen LK und KiR verschwimmt“, sagt Gruppenchef Colja Dams. Aus seiner Sicht kann die fehlende Trennung sogar für Verwirrung bei den Auftraggebern sorgen, weil diese die Budgets für die beiden Bereiche nach wie vor separat vergeben. Mit ihrer Geschäftsentwicklung sind die meisten der befragten Agenturen zufrieden. Live-Kommunikation erfreue sich einer regen Nachfrage, so der Tenor. Die positive Grundstimmung deckt sich nicht ganz mit den Ergebnissen einer Fa-

mab-Studie vom Herbst vorigen Jahres. Damals hatten die mehr als 400 befragten Unternehmen angegeben, dass sie für das kommende Jahr mit Kürzungen der Budgets für direkte Wirtschaftskommunikation – definiert als Messen, Events, Brandparks, Showrooms, Roadshows und Kongresse – um 11 Prozent auf insgesamt 3,84 Milliarden Euro rechnen. Allerdings wurden die Zahlen der Automobilhersteller nicht erfasst. In einem IAAJahr wie 2015 dürften deren Ausgaben aber eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Gesamtmarkts spielen.

Avantgarde ist die Nummer 1 Top 15 Agenturen für Live-Kommunikation (LK) und Kommunikation im Raum (KiR) 2014 Honorarumsatz LK und KiR (Inland) in Mio. Euro

Rang*

Agentur

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Avantgarde Vok Dams Uniplan Triad Metzler Vater MCI Deutschland / Hagen Invent Marbet Marion & Bettina Würth Roth & Lorenz Joke Event PP Agentur für Events & Promotions Zerotwonine Die Favoriten Planworx Zet Project Media Consulta Event

29,52 27,50 24,81 13,71 9,06 8,77 7,86 7,27 5,97 5,40 5,36 5,05 5,01 2,40 2,35

Gesamtleistung in Mio. Euro

131,31 59,10 130,63 21,10 17,38 33,80 31,75 29,46 14,44 8,52 15,03 11,65 15,55 7,79 6,40

Umsatz nach Herkunft in Prozent** LK KiR

69 k.A. 28 11 76 97 96 60 100 100 80 100 90 90 100

3 k.A. 72 89 24 3 4 0 0 0 20 0 10 10 0

Mitarbeiter Inland LK und KiR (fest)

348 199 238 105 90 97 67 72 75 60 42 35 38 25 20

*Wegen der neuen Ausgangsbasis kein Vergleich zum Vorjahr möglich, **fehlende Prozentpunkte zu 100: sonstige Disziplinen; k.A. = keine Angaben Quelle: Arbeitsgemeinschaft Famab, HORIZONT, W&V

HORIZONT 37/2015

Die Agentur Uniplan in Köln, die traditionell einen hohen Anteil ihres Umsatzes im Bereich Messen erzielt, stellt jedoch ein verändertes Verhalten der Auftraggeber fest. „Die Kunden legen zunehmend Wert auf eigene Veranstaltungen und neue Formate“, teilt Kommunikationschefin Tanja Vatterodt mit. Wettbewerber Vok Dams weiß zudem von anspruchsvolleren Aufgaben zu berichten, insbesondere bei der Verbindung von Live-Kommunikation mit digitalen Kanälen. Hierfür hat die Agentur den Begriff „Hybrid Events“ geprägt. Zudem bemerkt CEO Dams, dass die Anzahl der Rahmenverträge zugenommen hat. Normalerweise ist das Eventgeschäft stark von Projektaufträgen geprägt. Nach wie vor unter Druck stehen die Margen, insbesondere für reine Umsetzungsarbeiten. Daher versuchen viele Anbieter, komplexere Pakete zu schnüren, bei denen konzeptionelle und kreative Leistungen eine Rolle spielen. In diesem Zusammenhang gewinnt auch für Eventagenturen das Kreativranking eine größere Bedeutung. An der Spitze der entsprechenden Auswertung, die das Abschneiden bei Wettbewerben wie ADC, DDC, Famab Awards und Red Dot berücksichtigt, steht die Münchner Agentur Schmidhuber. Knapp dahinter rangieren punktgleich Kauffmann Theilig & Partner sowie Atelier Markgraph. Die Top 5 vervollständigen die Agenturen KMS Blackspace und Mutabor.

Was laut Bild nur Bild bringt Axel Springer launcht Mega-Kampagne für seinen Boulevardtitel / Das Werbedebüt von VCCP Berlin

A

nfang 2009 startete die „Bild“Zeitung mit der Bekenner-Kampagne ihren letzten großen Auftritt. Danach wurde es in der Werbung etwas ruhiger um Springers Boulevardflaggschiff. Seit dieser Woche geht „Bild“ werblich wieder in die Vollen. Mit der Mega-Kampagne führt die Medienmarke auch gleich einen neuen Claim ein: „Bild Dir Deine Meinung“ war gestern. Ab sofort heißt es: „Das bringt nur Bild“. Die Kampagne in TV, Kino, Print, Out-of-Home und Online sei die direkte Übersetzung des Markenleitbildes, das

Springer Mitte August in Form eines Brand-Books präsentierte (HORIZONT 33/2015). In ihm formulierte der Verlag erstmals eine einheitliche strategische Positionierung und Markenwerte für alle „Bild“-Kanäle. „Unsere neue Kampagne ist wie ‚Bild‘. Klar, leidenschaftlich, XXL“, erklärt Donata Hopfen, Verlagsgeschäftsführerin der Bild-Gruppe.

Eines der verschiedenen Motive der neuen „Bild“-Kampagne

D&P gibt Debüt für Jägermeister Rund ein Jahr nach der Pitchentscheidung zugunsten der Agentur Dirk & Philip Kommunikation (D&P) startet Jägermeister seine neue Werbekampagne. Wahnsinnig viel hat sich gegenüber der Arbeit der Vorgängeragentur Philipp & Keuntje auf den ersten Blick nicht verändert. Im Mittelpunkt des Auftritts steht immer noch das Wir-Gefühl der männlichen Zielgruppe. Und auch der Claim bleibt der alte: Seit 2012 setzt die Kräuterlikörmarke bereits auf die Botschaft „Wer, wenn nicht wir“. Anders als bisher soll es unter der kreativen Regie von D&P aber mehr darum gehen, einzelne Facetten von Gemeinschaften zu zeigen und zu feiern. Den Anfang macht ein 35-Sekünder mit der deutschen Rap-Formation Die Orsons (Produktion: Lovestone Fim, Regie: Nico Beyer). Daneben kommen noch zwei 15Sekünder zum Einsatz. Die Filme sind seit Anfang dieser Woche im TV, Online und später auch im Kino zu sehen. TT

Mit dem Claim wolle man die DNA der Marke verdeutlichen, die „Bild“ zum multimedialen Leitmedium in Deutschland mache. Hopfen: „Ob gedruckt oder auf allen digitalen Kanälen: ‚Bild‘ sagt, wie Deutschland tickt.“ In dem Commercial sind bedeutende und bekannte Szenen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu sehen. Über die Köpfe der gezeig-

ten Personen ist das „Bild“-Logo angebracht – über 100 Stück insgesamt. Über das eingesetzte Budget verrät Hopfen nur so viel: „Sie werden an der Kampagne in den nächsten Wochen nur schwerlich vorbeikommen.“ Man starte mit großem Werbedruck. Weitere Motive sollen noch in diesem Jahr folgen. Der Auftritt stammt erstmals von VCCP in Berlin. Das Team um Kreativchef Oliver Frank löste den langjährigen Etathalter Jung von Matt im März nach einem Pitch ab. JvM hatte daran jedoch nicht teilgenommen. JEB

Werbefeuerwerk für den Astra

Opel zieht in seiner neuen Kampagne die Premiumhersteller auf

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m 15. September fällt der Vorhang. Dann präsentiert OpelVorstandschef Karl-Thomas Neumann auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt den neuen Astra. Wie wichtig das Modell für die Wachstumspläne von Opel ist, lässt die massive Werbekampagne erahnen, die in dieser Woche gestartet ist. Der von Scholz & Friends in Zusammenarbeit mit dem künftigen Mercedes-Werber André Kemper entwickelte Auftritt wird in den kommenden Monaten in den Werbeblöcken dauerpräsent sein. Wenig Gefallen an der Kommunikationsoffensive werden wohl die Premiumhersteller finden. Das zeigt schon der erste TV-Spot für das Modell aus der Kompaktklasse, das Opel zu Preisen ab 17260 Euro anbietet. In dem von Tempomedia produzierten Commercial setzt der neue Opel Astra zum großen Sprung über eine Rampe an – und grüßt die Luxus-Schlitten von Mercedes-Benz, BMW, Audi, Volvo und Jaguar von oben. „Der

neue Astra ist ein großer Sprung für unsere Marke, und das zeigen wir mit dem Auftakt-Video auf humorvolle Art“, kommentiert Tina Müller, Marketingchefin bei Opel, den Stunt. Auch wenn Opel mit dem neuen Astra nicht ernsthaft die Oberklasse angreift, lockt die Marke mit dem Blitz ihre Zielgruppe doch mit einer deutlich aufgewerteten Ausstattung – und kommuniziert das ab Oktober in insgesamt fünf weiteren TV-Spots, für die der unmittelbar vor einem Wechsel zur neuen MercedesAgentur Antoni stehende André Kemper verantwortlich zeichnet. Es sind vor allem diese Commercials mit den Testimonials Jürgen Klopp und Bettina Zimmermann, die die Markenbotschaft von Opel auf den Punkt bringen. Und die lautet: Wer in seinem Auto auf erstklassige Ausstattung wie ein LED Matrixlicht, Wellness-Massagesitze oder einen WLAN-Hotspot nicht verzichten will, muss keinen Mercedes fahren. Da ist man mit dem neuen Opel Astra sehr gut bedient. MAS

10. September 2015

Spiegel Online verbilligt Homepage-Werbung Spiegel Online gibt sein Prinzip auf, Inventar auf der Homepage nur tageweise zu verkaufen. Ab kommender Woche können auch mehrere Werbekunden an einem Tag Flächen belegen, die via Programmatic Advertising gehandelt und ausgespielt werden. TechnikDienstleister ist die Serviceplan-Tochter Mediascale. Anlass dürfte sein, dass der Tagespreis für Homepage-Werbung auf Spiegel Online vielen Kunden mittlerweile zu hoch ist, um diese Platzierung auszulasten. RP

Samsung intensiviert Echtzeit-Marketing Auf der IFA hat Samsung seine neue ContentPlattform „Entdecken“ gestartet. Die Plattform soll über die Website und die FacebookSeite der Marke auf die Interessen der Verbraucher reagieren. Echtzeit-Content-Marketing wird bei Samsung eine strategische Rolle spielen, sagt Georg R. Rötzer, Vice President Corporate Marketing: „In einer differenzierten Welt mit unzähligen Lebenswelten müssen Kunden individuell und gezielt angesprochen und erreicht werden.” CAM

Germanwings und Puma legen beim Markenwert zu Während die Lufthansa wegen streikender Piloten wieder mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam macht, scheint sich die Tochtermarke Germanwings weiter zu erholen – das ist die zentrale Erkenntnis des HORIZONT Brand Tickers für den Monat August. Nach den Berechnungen der Markenberatungen Spirit for Brands und The Brand Ticker steigt der Markenwert von Germanwings bereits den zweiten Monat in Folge um über 20 Prozent, aktuell von 35 Millionen auf 42 Millionen Euro. Dazu beigetragen haben dürfte bereits die schrittweise Verschmelzung mit der Marke Eurowings. „Die Öffentlichkeit wird in der aktuellen Kampagne noch nicht zwischen Germanwings und Eurowings trennen können“, so die Analysten. Ebenfalls zu den Gewinnern gehören TUI (plus 14 Prozent auf einen Markenwert von 3,1 Milliarden Euro) und Puma. Der Markenwert des kriselnden Sportartiklers legte um 5 Prozent zu und wird nun auf 941 Millionen Euro taxiert. Gründe dürften die zweite Phase der „Forever Faster“-Kampagne sowie die Erfolge von Puma-Testimonial Usain Bolt bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Peking sein. Großer Verlierer im August ist der Energieversorger RWE, dessen Markenwert um 21 Prozent auf 302 Millionen Euro absackt. FAM

McDonald’s setzt Zeichen gegen Fremdenhass Mit einem eigenen Video schaltet sich die Fast-food-Kette McDonald’s in die bundesweite Diskussion um den Umgang mit Flüchtlingen ein. In dem Video „Willkommen in Deutschland“, das auf den Unternehmensprofilen von McDonald’s Deutschland bei Facebook, Twitter und Youtube zu sehen ist, plädieren Mitarbeiter und der Vorstandsvorsitzende von McDonald’s Deutschland Holger Beeck dafür, dass man Vielfalt auch immer als Chance verstehen soll. CAM

Bauer startet Sonderheft In meiner Küche Mit „In meiner Küche“ bringt die Bauer Media Group ein weiteres Sonderheft aus dem Bereich Kochen auf den Markt. Es enthält Küchen-Klassiker aus aller Welt und richtet sich an Kochinteressierte ab 35 Jahren, „die den besonderen ,Kitchen Kick’ suchen“, so der Verlag. „In meiner Küche“ ist angelehnt an das australische Magazin Woman’s Weekly food“. Auf 124 Seiten werden Rezepte präsentiert. Die Druckauflage beträgt 100000 Stück, der Copypreis 5,90 Euro. PAP

8 AGENDA

HORIZONT 37/2015

Ein B aus Titan als Zeichen der Stärke Die Unternehmensberatung Roland Berger hat zusammen mit Jung von Matt ein neues Corporate Design entwickelt

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ie Unternehmensberatung Roland Berger gibt sich ein neues Erscheinungsbild. Zentrales Element ist das komplett überarbeitete Logo. Es zeigt ein B aus Titan neben der Wortmarke Roland Berger. Der Auftritt wurde in Zusammenarbeit mit der Hamburger Agenturgruppe Jung von Matt entwickelt und umgesetzt. Sie hat sich mit ihren Ablegern JvM/ Brand Identity und JvM/Next das entsprechende Mandat gesichert. Auf die Kritik im Social Web, die Gestaltung sei nicht sonderlich gelungen, will Agentur-

chef Uwe Hecker aus Respekt vor der Meinungsfreiheit nicht eingehen. Laut Darstellung von Roland Berger steht das plakative Titan-B für Exzellenz und Stärke. Damit wolle man die Agilität, aber auch die Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit des Unternehmens verdeutlichen. Neben dem Basislogo wird auch ein sogenanntes Liquid B eingesetzt, das mit anderen Farben und Bildern gefüllt werden kann, um die unterschiedlichen Geschäftsbereiche und

Kompetenzen der Beratungsgesellschaft zu verdeutlichen. Dazu gehört seit kurzem auch Kommunikationsberatung. Der internationale Relaunch wird seit Anfang der Woche umgesetzt. Dabei werden im ersten Schritt nur die Kernelemente des Auftritts umgestellt. Die Realisierung in den 36 Auslandsmärkten erfolgt nach und nach. Das gilt auch für die einzelnen Kanäle, zum Beispiel für die Fertigstellung der neuen Website. „Die

Idee dahinter ist, unsere Kollegen weltweit an der Umsetzung der neuen Marke so weit wie möglich mitwirken zu lassen“, sagt Christiane Diekmann, Head of Global Marketing and Communications. Die Umstellung wird mit verschiedenen Kommunikationsmaßnahmen begleitet. Neben PR und Pressearbeit gehören dazu Event- und Direktmarketing sowie digitale Aktivitäten. Auch eine größere Guerilla-Aktion kündigt Roland Berger an. Die meisten dieser begleitenden Aktionen setzt das Unternehmen ohne externe Dienstleister um. MAM

Mit Lotus gegen Bild

Die Tageszeitungen bilden einen neuen Vermarkter – und die OMS landet bei Ströer FOTO: ANDREAS MÜLLER

FOTO: C.A.HELLHAKE

FOTO: OMS

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er 22. September könnte ein historischer Tag werden für die deutsche Zeitungsbranche: Im schönen Regensburg, wohin in diesem Jahr der Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV) zu seiner Jahrestagung lädt, sollen die Vorverträge für den neuen Vermarkter unterschrieben werden – Medienhaus Deutschland (MHD) und NBRZ sind dann Geschichte, es beginnt eine neue Ära. Gut möglich, dass schon davor, im Rahmen der Dmexco, eine weitere wegweisende Entscheidung offiziell verkündet wird: OMS, der Onlinevermarkter der Tageszeitungen, kommt unter das Dach von Ströer. Nur wenige Wochen nach der 300-Millionen-Euro-Übernahme von T-Online machen die Kölner damit endgültig klar, wer im deutschen Onlinebusiness künftig das Tempo vorgibt. Geht alles glatt – da kann man sich bei der chronisch von Uneinigkeit geprägten Branche nie ganz sicher sein –, kommen die Zeitungsleute der Lösung von zwei Problemen einen großen Schritt näher, die sie seit Jahren umtreiben. Problem Nummer 1 ist OMS. Der Digitalvermarkter macht unter Führung von Matthias Wahl zwar einen guten Job und bringt es im Agof-Ranking mit einer Reichweite jenseits der 45 Prozent auf einen respektablen 8. Platz. Doch völlig klar ist: Gelingt

der 100 Millionen Euro kommt. Machen die regionalen Zeitungsverleger wirklich Ernst, wird es für Axel Springer ungemütlich – bisher ist „Bild“ im nationalen Werbegeschäft in der Kategorie Tageszeitung mehr oder weniger konkurrenzlos. Das SpringerBlatt, darüber sind sich alle an „Lotus“ Beteiligten einig, ist Ströer-Chef Udo Müller: OMS-Chef Matthias Wahl: NBRZ-Chef Sven Holsten: MHD-Chef Matthias Schöndie eigentliche „Source of Business“ für den neuen VerDer große Konsolidierer Neue Heimat unter dem Wichtige Aufgabe beim wandt: Der richtige Mann markter. „Die regionalen Taschlägt wieder zu Dach von Ströer neuen Vermarkter fürs Marketing geszeitungen sind der natürliche Gegenspieler der BildAuch beim Thema Printvermarktung Zeitung“, sagt einer aus dem „Lotus“nicht der Anschluss an einen der großen Player der Branche, droht der Absturz in stehen die Zeichen auf Aufbruch. Bisher Führungszirkel. die Bedeutungslosigkeit. Diese Gefahr ist mühen sich die Verlage mit zwei OrganiAlle Fragen werden in Regensburg sigebannt, wenn der Marktführer Ströer sationen ab, die beide an Geburtsfehlern cher noch nicht geklärt; worum es jetzt leiden: Die eine, Medienhaus Deutsch- erst einmal geht, ist ein verbindliches SigOMS in sein Portfolio integriert. Wie der Deal genau aussieht, ist noch land, ist mit sieben Mitgliedern einfach nal für den großen Aufbruch zu setzen. nicht bekannt. Sicher dürfte sein, dass der zu klein, die andere, NBRZ, zu zersplit- Diskussionsbedarf gibt es noch reichlich: neue Zeitungsvermarkter (Projektname tert und hat zu komplizierte Entschei- etwa über die Erlösverteilung oder die „Lotus“), der crossmedial aufgestellt sein dungsprozesse, um im nationalen Wer- richtige Preispolitik. Auch die Frage nach wird (und muss), bei der Vermarktung begeschäft wirklich mitspielen zu kön- der personellen Aufstellung muss zügig direkten Zugriff auf das OMS-Werbein- nen. Nun soll der große Befreiungsschlag angegangen werden. Denkbar ist eine ventar haben wird. Mindestens ebenso her. Zum Start von „Lotus“ werden rund dreiköpfige Geschäftsführung, der wohl wichtig ist, dass OMS als geschlossener 40 Verlage dabei sein. Die Mehrheit an die Chefs von Medienhaus Deutschland Block erhalten bleibt. Nach dem Ausstieg der Gesellschaft halten die großen Ver- und NBRZ angehören werden. Matthias von DuMont (zu Ströer gewechselt) und lage, was sicherstellen soll, dass einzelne Schönwandt könnte sich um Marketing Funke drohte der Onlinevermarkter zu Häuser Entscheidungen nicht mehr blo- und Sven Holsten um den Vertrieb kümzerbröseln – angesichts der fortschreiten- ckieren können. Bringen alle ihr Be- mern. Fehlt noch der Chef, die Nummer den Konsolidierung ein Schreckensszena- standsgeschäft ein, entsteht ein Vermark- 1. Nach dem wird mithilfe eines Headrio für die Verlage. ter, der schnell auf einen Umsatz jenseits hunters schon gesucht. FOTO: STRÖER

Von Jürgen Scharrer

Zweite Aufklärungsrunde

Comeback am Nordseestrand

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DDOW erneuert Infokampagne zu Online Behavioral Advertising ut zwei Jahre nach der ersten Aufklärungskampagne über nutzungsbasierte Onlinewerbung – auf englisch „Online Behavioral Advertising“ (OBA) – geht der Deutsche Datenschutzrat Online-Werbung (DDOW) in die Verlängerung. Seit dieser Woche läuft ein neuer Auftritt, der Nutzer aufklären und ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Internetwerbung schaffen soll. Die Kampagne ist Teil einer gesamteuropäischen Informationsinitiative. „Im Vergleich zu 2013 hat die öffentliche Debatte über Datenschutz an Schärfe gewonnen, oft ist sie unsachlicher geworden. Das hat nachvollziehbare Gründe, wie etwa den NSA-Skandal oder die Diskussionen um die europäische Datenschutzgrundverordnung“, erläutert Matthias Wahl, Präsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) und gleichzeitig Sprecher des DDOW. Bei den deutschen Bürgern gebe es deshalb nach wie vor ein großes Bedürfnis, informiert und aufgeklärt zu werden.

Kernelement ist das europaweit einheitliche Piktogramm zur Kennzeichnung entsprechender Online-Anzeigen. Klickt der User auf das jeweilige Piktogramm am Werbemittel oder auf der Website, erfährt er, welche Dienstleister hinter der Datenerhebung und -nutzung stehen. Auf einer anbieterübergreifenden Seite können Nutzer zudem den Einsatz von OBA steuern und die Datenerhebung hierüber abschalten. Im europäischen Vergleich nutzen zwischen 3 und 6 Prozent der Menschen diese Möglichkeit. Das zeige, dass Nutzer, die sich mit dem Thema beschäftigen, damit auch sehr souverän umgehen, so Wahl. Die Kampagne, gestaltet von der Agentur Mediacom Beyond Advertising in London, soll deutlich über 100 Millionen Mal ausgeliefert werden und umfasst ein Bruttomediavolumen von etwa 1,5 Millionen Euro. Getragen wird die Aufklärungsinitiative von einem Großteil der Unternehmen aus dem Onlinevermarkterkreis OVK. FAM

In der neuen Commerzbank-Kampagne wird wieder gejoggt ie läuft wieder: Lena Kuske schnürt für die Commerzbank erneut die Schuhe, diesmal läuft die Filialdirektorin am Nordseestrand. Im Mittelpunkt der neuen Kampagne steht die Beratungskompetenz des Dienstleisters. Das neue Setting – Strand statt Zivilisation – soll ein Sinnbild dafür sein, dass die zweitgrößte deutsche Bank mit ihren über 1200 Filialen bundesweit vertreten ist. Damit inszeniert die Commerzbank ihre Markenkampagne neu, wenngleich die Kontinuität dominiert. Der Hoodie, die Bewegung, die Musik, die Kameraführung, die Mechanik, sie bilden die Basis für die eigentliche Botschaft des Auftritts: die Beratungsqualität. Gleich bleibt auch der kreative Lead: Der Auftritt stammt wie gewohnt von Thjnk. Die Commerzbank promotet mit der Kampagne ihren Kundenkompass, ein Instrument, mit dem das Unternehmen seine Beratung in den vergangenen drei Jahren neu ausgerichtet hat und das die Berater in allen 1100 Filialen anwen-

den. „Wir haben ein sehr gutes Beratungskonzept. Und darüber sprechen wir jetzt“, sagt Uwe Hellmann, Leiter Brand Management Commerzbank. Unter anderem werden die Berater auch an der Kundenzufriedenheit gemessen und nicht mehr nur nach Abschlüssen. „Beratungsqualität ist für uns ein zentrales Thema. Wir sind inzwischen vielfacher Sieger bei unabhängigen Vergleichstests. Das unterstreicht: Wir haben deutliche Schritte nach vorne gemacht“, sagt Hellmann. Die Bank setzt in den nächsten vier Wochen vor allem auf Bewegtbild in TV und Online. Hinzu kommen Out-of-Home, Banner und auch Print. Zudem will die Commerzbank in Social Media noch aktiver werden. „Neben Facebook und Twitter sind wir auch auf Youtube und Xing vertreten“, so Hellmann. MIR Die Kampagne im Netz ansehen: horizont.net/coba3715

10. September 2015

Bakery stellt sich ohne Co-Gründer Sigl neu auf Die Produktionsfirma Bakery Films muss künftig ohne Co-Gründer Florian Sigl auskommen. Er hat sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und will als freier Regisseur arbeiten. Damit wird Bakery künftig allein von Stefan Schuh geführt. Die Produktion hatte sich Anfang 2014 mit Wettbewerber Jotz zusammengetan, die Liaison endete aber bald darauf wieder. In Zukunft will Bakery verschiedene Satelliten um die Kernkompetenz „Klassik“ aufbauen. MAM

G+J und RTL werben gemeinsam für L’Oréal Kooperation bei Kosmetik: Die BertelsmannTöchter Gruner + Jahr und RTL-Gruppe starten eine koordinierte Werbekampagne für L’Oréal Paris, genauer fürs Make-up „Perfect Match“. Es ist nicht die erste Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen – aber die erste nach der Andeutung des Konzerns, die beiden Vermarktungssparten näher zusammenzurücken. Und das erste Koop-Projekt, das auf die G+J-Empfehlungsmarketing-Plattform Markenjury setzt. RP

Toyota wirbt für Auris-Launch mit Show Am 12. September um 12 Uhr feiert Toyota mit „Toyota Live Show“ die Premiere des neuen Auris in allen deutschen Autohäusern der Marke. Das Event, das der Hersteller mit einer eigenen von Saatchi & Saatchi, Düsseldorf, kreierten TV-Kampagne bewirbt, wird aus einem Kölner Fernsehstudio deutschlandweit und exklusiv in die Schauräume aller teilnehmenden Händler übertragen. Im Beisein von Musikern wie Robin Schulz und The Boss Hoss, den Moderatoren Nazan Eckes und Oliver Geissen, Komiker Atze Schröder sowie weiteren Prominenten wird der neue Toyota Kompaktwagen enthüllt. Die Besucher können an dem Showprogramm partizipieren, indem sie sich an der Wahl des besten, von einem Toyota Händler unterstützten Projekts oder Initiative beteiligen. Ergänzend gibt es weitere interaktive Spiele, bei denen die Besucher selbst gewinnen können. Mit der Content-Premiere verbindet Toyota erstmals einen klassischen Werbeauftritt mit einer Vertriebsmarketingkampagne, die die Kundenfrequenz in den Autohäusern unmittelbar steigern soll. Dabei spielt die Pre-Launch-Aktivierung über die Online-Nominierung der Toyota-Förderprojekte eine ergänzende Rolle zur Rekrutierung von Gästen für das Event am 12. September. CAM

AOK wirbt mit Lahm und Sterneköchin Schönberger Die Krankenkasse AOK startet eine Kampagne zum Thema gesunde Ernährung. Sie steht unter dem Motto „Kleinschmecker“ und soll vor allem Familien zum Selbermachen gesunder Mahlzeiten animieren. Die Tipps und Rezepte zur Verbesserung von Kinderernährung und Familiengesundheit kommen von Fußballstar Philipp Lahm und Sterneköchin Sybille Schönberger. Die Kampagne wurde von Serviceplan Berlin in Zusammenarbeit mit Mediaplus und Plan.Net entwickelt. MAM

Modemarke Bonita geht mit Heimat ins TV Anfang des Jahres hatte sich Heimat Hamburg den Kreativetat der Modemarke Bonita gesichert. Nun gibt das Label aus dem Hause Tom Tailor den Startschuss für die erste Arbeit und wirbt damit erstmals im TV. „Genau ich“ heißt das Motto des Auftritts, mit dem sich Bonita bei der Zielgruppe der über 40-Jährigen positionieren will. Das Herzstück ist ein 30-sekündiger TV-Spot, der auf frauenaffinen Privatsendern läuft. Die Produktion übernahm Wanda, Regie führte Eshan B. JEB

10 AGENDA

HORIZONT 37/2015

Spaß mit der ganzen Familie Die Content-Kampagne der Deutschen Telekom geht mit Bora Dagtekin in die zehnte Runde Von Santiago Campillo-Lundbeck

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s ist nur ein kleiner Satz, doch er bringt den sichtbaren Stolz des Deutsche-Telekom-Managements auf den jüngsten Auftritt der Familie Heins elegant auf den Punkt. „Dieses Mal haben wir uns einen kleinen Kinofilm geleistet“, charakterisiert Michael Schuld, Senior Vice President Communication and Sales Marketing, die erste Zusammenarbeit mit Erfolgsregisseur Bora Dagtekin. Der neue Mann auf dem Regiestuhl setzt im zehnten Film der Telekom-Unterhaltungsserie deutliche Ak-

Familie Heins DievoreinemJahrzumLaunchdesneuenTelekomTarifsMagentaEinsgestarteteContent-Kampagne Familie Heins hat sich zu einem zentralen Eckpfeiler in der Kommunikation der Marke entwickelt. In mittlerweile zehn Filmen machen die Familienmitglieder die Tarife und Produkte der Deutschen Telekom im Alltag erlebbar und haben damit dem Label Magenta Eins eine gestützte Markenbekanntheit von 73 Prozent beschert. Darüber hinaus tauchen die Mitglieder der Familie Heins auch in anderen Content-Initiativen des Unternehmens auf, wie dem Live Gig mit Ed Sheeran und der Liederkampagne mit Adel Tawil. Auch der Tarif Magenta Eins hat sich für die Telekom bewährt und wurde in andere Märkte exportiert.

Auf der Klassenfahrt wird die handykritische Lehrerin zum Handy-Fan

zente. Schneller und pointenreicher ist das Familienleben des Heins-Clans geworden. Und sogar eine dezent platzierte Spitze gegen Konkurrent 1&1 fand noch Platz. Für Schuld nur konsequent: „Wenn wir für das Publikum relevant und unterhaltsam bleiben wollen, muss sich unser Content auch weiterentwickeln. Der Reiz der Kampagne ist ja gerade, dass wir immer wieder etwas Neues ausprobieren.“ Auch mit dem beworbenen Produkt geht der Magenta-Konzern andere Wege. Mit dem neuen Tarif „Magenta Eins Mobiler Start“ geht es erstmals um ein stark

inhaltlich getriebenes Angebot. Der Magenta-Tarif ist maßgeschneidert auf Kinder, die zum ersten Mal ein Handy haben. Das Besondere daran: Die Eltern können nicht nur die nutzbare Datenmenge wählen. Eingeschlossen ist auch eine kostenlose Direktverbindung zwischen Eltern und Kind, die die uneingeschränkte Erreichbarkeit in der Familie garantiert. Diese Themen spricht denn auch die von DDB kreierte Kampagne über die Handlung an. Mutter Heins muss auf der Elternversammlung mit den anderen diskutieren, ob ihre Kinder überhaupt

Handys nutzen sollten. Das Ergebnis ist zwar ein Kompromiss mit genau begrenzten Nutzungszeiten. Doch als die Handy-kritische Lehrerin auf einer maroden Brücke fast abstürzt, kann Anton Heins über seine kostenlose Direktverbindung zu dem Handy seiner Mutter die nötige Hilfe holen. Passend zum Thema setzt die Deutsche Telekom verstärkt auf Service rund um das Thema Handynutzung. Maßgeschneidert für die junge Zielgruppe bieten die Youtuber Sami Slimani und Bibi einen Handyführerschein, der Grundwissen über die richtige Nutzung der Mobiltelefone vermitteln soll. An die Elterngeneration richtet sich dagegen eine Kooperation mit Gruner + Jahr, in deren Rahmen die Zeitschrift „Eltern“ mit Beiheftern erscheinen wird. Anspruch des begleitenden Contents ist, realen Mehrwert im verantwortungsbewussten Umgang mit Mobiltelefonen zu liefern. Parallel dazu läuft auch die ContentKooperation mit Dagtekins Kino-Blockbuster „Fack ju Göhte 2“ weiter. Tochter Clara hat tatsächlich eine kleine Nebenrolle in dem Film ergattert und wird auch als Clara Heins in den Film-Credits zu finden sein. Sohn Anton wird seinerseits die Gelegenheit bekommen, mit Filmstar Elias M’Barek ins Kino zu gehen. Den Spot zur Kampagne: horizont.net/telekom/3715

Im Flow mit Ma Vie

Prima Werbeklima in Europa

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Auch Burdas neues Magazin für Achtsamkeit nimmt sich Zeit

Agenturdachverband EACA sieht klare Anzeichen für Erholung

as von Hubert Burda Media an- nehmen“ und ist auch sonst nah dran an gekündigte Frauenmagazin mit „Flow“. So enthält auch „Ma Vie“ Papierdem Arbeitstitel „Milla“ heißt geschenke – diesmal Geschenkpapier und „Ma Vie“. Die Zeitschrift „widmet sich Danke-Karten. Im Unterschied zum G+J-Magazin arbeitet es alder Achtsamkeit und der lerdings mehr mit Fotos Kunst, sich Zeit zu nehund kaum mit Illustratiomen“ und ist in Positionienen und bietet ein breiteres rung und Inhalt nah an Themenspektrum. Das von dem vor zwei Jahren von G+J erfolgreich gestarteten Burda Life und dem Münchner Redaktionsbüro Titel „Flow“. Damit scheint Papermind unter der Ägide sich nach den Landtiteln von Michaela Mielke und nun ein neues Segment zu Anika Kraatz entwickelte öffnen. Während „Flow“ Heft erscheint in einer sich als „Magazin, das sich Druckauflage von 150000 Zeit nimmt“, bezeichnet, trägt „Ma Vie“ den Unter- Ma Vie will weg vom Höher- Exemplaren und kostet 5,95 titel „Die Kunst, sich Zeit zu Schneller-Weiter-Kurs Euro. PAP

ie Stimmung in der europäischen Marketing- und Werbeindustrie hat sich deutlich verbessert. Laut einer Auswertung des europäischen Agenturverbands EACA von EUweit erhobenen Daten von mehr als 40000 Unternehmen (Werbungtreibende und Agenturen) blicken die Verantwortlichen wesentlich optimistischer in die Zukunft als Anfang des Jahres. Der sogenannte Advertising Business Confidence Index ist innerhalb von sechs Monaten auf Ebene aller 28 Mitglied staaten von minus 2 auf plus 15 geklettert. Regional ergeben sich starke Unterschiede. So ist das Vertrauen in eine starke Werbewirtschaft in Griechenland erwartungsgemäß am niedrigsten. Hier liegt

der Wert bei minus 31. Ebenfalls im negativen Bereich bewegen sich die Werte in Frankreich (–12), Estland (–7) Zypern und Belgien (–2). Deutlich besser sieht es dagegen in der Slowakei (+45), Malta (+40) und Deutschland (+38) aus. Die größte Veränderung hat es in Italien gegeben. Hier sprang der Index innerhalb von sechs Monaten von minus 15 auf plus 18. Auch bei der Nachfrage nach entsprechenden Services und Arbeitskräften haben sich die Werte verbessert – am stärksten in West- und Zentraleuropa. „Das steigende Vertrauen ist ein sicheres Zeichen für eine Erholung der Wirtschaft und der Werbeindustrie in Europa“, sagt EACA-Präsident David Patten, im Hauptberuf Europachef von Grey. MAM

HD – ein Erlösmodell für die Großen Digitalisierungsbericht 2015: Medienanstalten sehen kleinere Sender durch das Finanzmodell benachteiligt

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s ist ein Geschäft ohne Risiken: Mit der Einführung des hochauflösenden Übertragungsstandard HD haben zuerst die großen, dann die kleinen Privatsender den Empfang kostenpflichtig gemacht und damit Distributionserlöse als zweite Einnahmequelle neben den Werbeerlösen aufgebaut. Über die AstraTochter HD Plus, die vom Zuschauer eine Servicepauschale von 60 Euro für zwölf Monate nimmt, und HD-Angebote anderer Anbieter verdienen die Sender an der steigenden Zahl der HD-Abonnenten mit. Die Landesmedienanstalten sehen dies mittlerweile kritisch. Thomas Fuchs, Koordinator des Fachausschusses Netze, Technik, Konvergenz, empfiehlt einen genauen Blick auf das Vermarktungsmodell von HD. Er befürchtet, dass dieses zulasten der Vielfalt geht. Das derzeitige Modell begünstige

die großen Sendergruppen, weil die Erlöse aus der HD-Vermarktung anteilig nach der Zuschauerreichweite auf die einzelnen Programme aufgeteilt werden. Die großen Gruppen mit ihren hohen Sen-

derreichweiten haben das Feld Distribution in den vergangenen Jahren damit zu einem Bereich gemacht, der einen Überschuss erwirtschaftet. „Für ein reichweitenschwächeres Programm und seinen

Anteil analoger Haushalte sinkt Stand der Digitalisierung in TV-Haushalten Mitte 2015 Angaben in Prozent ausschließlich analoger Empfang

2015 2014 2013

11,5

digitaler und analoger Empfang

3,8

16,2

ausschließlich digitaler Empfang 84,7 78,2

5,6

19,2

7,4

73,4

Basis 2015: 38,99 Millionen TV-Haushalte in Deutschland (2014: 38,557, 2013: 38,157)

Quelle: TNS Infratest / Digitalisierungsbericht der Medienanstalten

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Anbieter ändert sich hingegen kaum etwas“, kritisiert er. Während die großen Gruppen nun mehr Geld für die Produktion von Inhalten und neue Spartensender hätten, profitierten die kleineren Anbieter nicht. Fuchs sieht die Landesmedienanstalten und den Gesetzgeber daher vor der Herausforderung, die Diskriminierungsfreiheit auch im HD-Modell durchzusetzen. Pauschale Eintrittsgelder für die Sender, die sich nicht an den Aufwendungen orientieren, dürften ebenso wenig zulässig sein, wie dass einzelne Anbieter von dem HD-Vermarktungsmodell ausgeschlossen werden. Der Anteil der HD-Bezieher steigt mit zunehmender Digitalisierung der Übertragungswege. 2015 empfangen 84,7 Prozent der Haushalte Fernsehen digital, 2013 waren es 73,4 Prozent. PAP

10. September 2015

KAMPAGNEN-TICKER ● Bonita wagt Schritt ins TV Die Modemarke Bonita erobert die TV-Werbeblöcke. „Genau ich“ heißt das Motto der Kampagne, mit der sich das Label bei der weiblichen Zielgruppe der über 40-Jährigen als „souveräne Stil-Instanz für Lebefrauen“ positionieren will. Das Herzstück des Auftritts ist ein 30-sekündiger TVSpot. Heimat Hamburg hatte sich den Kreativetat Anfang des Jahres gesichert. JEB KUNDE: Tom Tailor Group, Hamburg KREATION: Heimat, Hamburg ● Zappeln, bis die Jeans passt! „Try a new Style“ – so lautet das Motto der Kampagne, mit der die Rottendorfer Modekette S.Oliver die Verbraucher ab sofort in ihre Filialen locken will. In den Online-Spots geht es sehr akrobatisch zu: Die Clips zeigen jeweils einen jungen Mann und eine junge Frau, die sich eine Hose aus der neuen S.Oliver-Kollektion anziehen, ohne dabei die Hände zu benutzen. MAS KUNDE: S.Oliver, Rottendorf KREATION: Thjnk, Berlin ● Novartis und das tierische Jucken So sollte man lieber nicht gegen Juckreiz und Hautirritationen vorgehen: Ein 30-sekündiges Pre-Roll für die Salbe Fenihydrocort im Stil eines Tierdokumentarfilms zeigt Menschen in einer Parkanlage, die sich zu Affenlauten verrenken und am ganzen Körper kratzen. Die ironische Botschaft von Novartis: „Wenn's mal wieder tierisch juckt: Fenihydrocort.“ TT KUNDE: Novartis, Nürnberg KREATION: Saatchi & Saatchi, Frankfurt Alle Kampagnen auch auf horizont.net/kampagnen und als Videos auf dem iPad horizont.net/ipad ● Takko startet erste TV-Kampagne Bisher stand der ModeDiscounter Takko vor allem für billige Ware. Jetzt soll die erste TV-Kampagne den Händler auch mit emotionalen Eigenschaften versehen. Der Auftritt mit dem Claim „Glücklich steht uns besser“ richtet sich an die weibliche Kundschaft und soll die Produkte des Discounters deutlich hochwertiger präsentieren. CAM KUNDE: Takko KREATION: Aimaq von Lobenstein ● Schöffel startet zur nächsten Etappe Raus ins Freie und rein ins TV: Seit drei Jahren ist Schöffel mit seiner „Ich bin raus“-Kampagne bereits on Tour, nun bricht der Outdoor-Bekleidungshersteller zur nächsten Etappe auf. Im Mittelpunkt des neuen Auftritts, der in seiner Tonalität dem Vorgänger ähnlich ist, steht ein TV-Spot. Die Kampagne läuft zudem in Print und am PoS. Digitale Maßnahmen sollen folgen. FAM KUNDE: Schöffel, Schwabmünchen KREATION: Ogilvy, Frankfurt ● Bifi für die Familienparty Nach der Übernahme von Unilever geht der USFleischriese Jack Link’s mit einem zweiten TVSpot für Bifi in die Offensive. Das Commercial begleitet den Launch von Bifi Snack Pack. Dieser besteht aus zwölf Mini-Salamis und soll als idealer Snack für Familienabende oder Partys positioniert werden. Die Kampagne umfasst sämtliche Kanäle von Social Media bis Out-of-Home. JEB KUNDE: Jack Link’s, Amsterdam KREATION: BSUR, Amsterdam

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DIGITAL ISSUE

Eine Ausgabe. Ein Thema.

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Gegen das US-Modell

Von Volker Schütz Alle Vorab-Hurrameldungen zur Dmexco können nicht kaschieren, dass sich der deutsche Digitalmarkt in einem der gravierendsten Umbrüche der vergangenen Jahre befindet. Ausgerechnet Ströer, ein ehemaliges Out-ofHome-Unternehmen sorgt für die längst überfällige Konsolidierung auf Vermarkterseite, die zuvor jahrelang von den klassischen Onlinevermarktern nur sehnsüchtig beschworen wurde.

Zwischen Nische und Verzweiflung



Display hat seine stärkste Wachstumsphase hinter sich. Dagegen explodiert mobile Werbung – zumindest bei Nutzung und Umsatz. Die mobile Wertschöpfungskette dagegen ist längst erodiert, Besserung kaum in Sicht. ●

Werbungtreibende sind durch die permanente Revolution bei Werbeformaten, Plattformen und technischen Neuerungen überfordert. Umso wichtiger werden Transparenz und Konzentration auf das Machbare. ●

Programmatic Buying kann jeder. Nicht Big Data ist das Thema, sondern Connected Data. ●

Und die Konsumenten? Sie erwarten kundenorientierte 24/7-Lösungen – und finden die derzeitige Digitalwerbung größtenteils ziemlich Banane. ●

FOTO: EDELWEISS/FOTOLIA

Highlights in Köln

Neuer Player, neue Chance Die Digitalszene lebt seit jeher mit gewagten Visionen, abstrusen Prophezeiungen und unglaublichen Prognosen. Wer vor drei Jahren in einem Londoner Wettbüro seine Ersparnisse darauf gesetzt hätte, dass wenige Jahre später ausgerechnet ein Außenwerber die deutsche Online-Vermarkterszene so durcheinander wirbelt, wie dies Ströer gerade macht, könnte jetzt in den Vorruhestand treten. Keine Frage: Dem Vorstandsvorsitzenden Udo Müller und COO Christian Schmalzl ist in den vergangenen zwei Jahren eine unternehmerische Glanzleistung gelungen. Nun muss der neu entstehende Vermarktergigant beweisen, dass er tatsächlich ein Gamechanger ist. Das zusammengekaufte Ströer-Digitalportfolio wirkt für manche Beobachter so verwirrend wie das Dmexco-Kongressprogramm. Dem Börsenkurs hat das nicht geschadet – im Gegenteil. Doch ob der neue Platzhirsch gegen global agierende Konkurrenten bestehen kann, wird sich zeigen. Zumal die internationale Konkurrenz sich nicht mehr auf Google und Facebook reduzieren lässt. Instagram, Pinterest und andere Plattformen der zweiten Reihe sind auf dem Sprung; Amazon, Twitter und Otto jetzt schon ernstzunehmende Konkurrenten zu Ströer und anderen Onlinevermarktern deutscher Provenienz.

Medienhäuser stehen derzeit vor einem fundamentalen, kaum zu lösenden Problem: Wie will man die Aktivitäten im mobilen Internet monetarisieren, wenn man es noch nicht einmal geschafft hat, eine langfristige Ertragsstrategie für das stationäre Internet zu etablieren? Die Umsätze von stationärer Displaywerbung wachsen 2015 allenfalls marginal. Das ist schlecht, zumal die Forderungen nach Transparenz und Leistungswerten immer noch nicht zur Zufriedenheit der Werbungtreibenden beantwortet sind. Die Umsätze von mobiler Displaywerbung dagegen explodieren ähnlich wie die mobile Nutzung insgesamt. Doch auch das ist nicht nur eine gute Nachricht. Es hat etwa 15 Jahre gedauert, bis die Werbepreise im stationären Netz erodierten. Im Mobile-Bereich purzelten die Preise innerhalb von vier Jahren. Und mobile wiederholt sich möglicherweise, was den Medien schon stationär widerfahren ist: Vom Werbeboom profitieren langfristig vor allen Dingen die großen, globalen Player. Damit nicht genug. Die großen Netzwerke versuchen zunehmend, die Menschen möglichst lange auf der jeweiligen Plattform zu halten. Redaktioneller Inhalt, beispielsweise Instant Articles auf Facebook, wird also wichtiger. Das hört sich erst einmal gut an. Doch der Teufel steckt im Detail. Denn gleichzeitig entwickelt sich aus Facebook und Co ein Oligopol von Alpha Apps, die zu einer Zentralisierung der Content-Distribution führen. Das könnte viele Medien unter das mobile Existenzminimum drängen, weil die eigene mobile Website oder App nicht mehr nachgefragt wird. Sie bietet aber auch Chancen. Die Kooperation zwischen Axel Springer und Samsung für den Samsung-Dienst Upday unterstreicht, wie wichtig Redaktion im mobilen Zeitalter (wieder) wird. Aber wieviel Medienhäuser vom Schlage Axel Springer gibt es in Deutschland?

Programmatic Buying kann jeder, Connecting Data keiner. Man mag die Technisierung von Marketing und Werbung verfluchen, ältere Semester mögen von der goldenen Zeit der TV-, Print-, Radio- und Plakatwerbung träumen, als Vermarkter sich einmal im Jahr auf Gattungsevents und Roadshows präsentierten und anschließend nur noch auf die telefonischen Buchungsaufträge warten mussten. Die Werbeindustrie im Jahr 2015 ist auf dem Weg zur Automatisierung. Immer häufiger wird Werbung eingekauft, ohne dass es zu Gesprächen zwischen Einkäufern und Verkäufern kommt. Automatisierung ist ein Muss und wird Standard. Und das ist gut so: Automatisierte Werbung ermöglicht effiziente und effektivere Wertung. Theoretisch. Programmatic Buying kann zwar jeder, aber zur intelligenten Datenverarbeitung ist es ein weiter Weg. Was fehlt, sind intelligente Verknüpfungen zwischen CRM, Programmatic Buying, Kundenberatung und Third-Party-Daten – und dies alles bei Einhaltung der Datenschutzrichtlinien. Vor allen Dingen sollte der Trend zur Automatisierung von allen Beteiligten genutzt werden, Transparenz zu schaffen. Dies auch als klare Alternative zum „amerikanischen Modell“ mit Marktplätzen und Open Exchanges, die Einfallstore für Klickbetrüger und Robot Traffic sind.

Weniger ist manchmal mehr Machen Sie einen Test: Wie viele Werbeformate können Sie in 30 Sekunden aufzählen? Sie werden feststellen: Die Zahl der Werbekanäle, -Plattformen und -Möglichkeiten übersteigt schon längst, was man in einer halben Minute aufsagen kann. Und es werden täglich mehr. Es wäre früher undenkbar, weil unnötig, gewesen, dass es Dienstleister gibt, die sich nur mit den Werbemöglichkeiten auf RTL beschäftigen. Oder auf Pro Sieben. Im Digitalen gibt es Agenturen, die ausschließlich auf Anzeigenformate auf Google spezialisiert sind. Oder auf Facebook. Und demnächst vielleicht auf Twitter, Snapchat, Instagram, Pinterest und anderen. Kommerzielle Kommunikation ist zu einem unüberschaubaren Universum geworden. „Reduce to the max“ sollte die Devise bei Werbungtreibenden lauten. Man kann, man darf nicht alles machen, was technisch möglich ist. Marketingerfolg hängt ganz entscheidend davon ab, wie gut man digital und analog miteinander verknüpft.

Wo bleibt kreative Werbung? Wem verdanken Google, Facebook, Apple, Tinder, Instagram und Venture-Capital-Stars wie Uber und AirBnB ihren Erfolg? Ihnen ist gemeinsam, dass sie auf die eine oder andere Art das Leben der Menschen verbessern, erleichtern oder bereichern. Problematisch ist, dass Konsumenten dieses 24/7-Prinzip nicht nur von Unicorns, sondern von allen Unternehmen erwarten. Das verändert nämlich auch die Erwartungen an Werbung. Kommunikation muss relevant sein und sich zunehmend als Produktleistung verstehen. Ein wichtiger Grund, dass weltweit 200 Millionen, in Deutschland 18 Millionen Menschen Adblocker einsetzen, hat damit zu tun, dass die meiste Digitalwerbung für die Menschen, an die sie sich richtet, offensichtlich keine Bedeutung hat. Google Adwords, Anzeigen und Videos auf Facebook, aber auch Native Advertising bei jungen Medienunternehmen wie Huffington Post oder Buzzfeed zeigen, dass Werbung für Nutzer bedeutend und interessant sein kann. Natürlich tun die betroffenen Werbeträger gut daran, gegen entsprechende Anbieter vorzugehen (dass ausgerechnet ein Adblocker-Anbieter eines der wenigen international erfolgreichen deutschen Start-ups ist, kann einem schon zu denken geben). Doch Werbeblocker lassen sich mit technischen Kniffen oder juristischen Auseinandersetzungen nicht verhindern. Sie sind ein kulturelles Phänomen. Solange die meiste Digitalwerbung in der Regel so schlecht, nutzerunfreundlich und unbedeutend ist wie derzeit, wird es Werbeverweigerer geben. Gegen Adblocker hilft nur andere und bessere Werbung.

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10. September 2015 FOTO: COLOURBOX

Generation Livestream Livestream-Messenger: Snapchat, Periscope und Co wollen Facebook bei Werbungtreibenden den Rang ablaufen. Doch dazu müssen sie sich noch professionalisieren

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Von Vera Günther

pätestens wenn Jugendliche anfangen, uns zu siezen, merken wir, dass wir erwachsen geworden sind. Ein solches Gefühl vermag sich bei den Machern von Twitter und Facebook am Abend des verpatzten GNTM-Finales eingeschlichen haben. Wo tauschten sich Teens aus, wo verbreiteten sie die ersten Eindrücke, Fotos und Filme von der Veranstaltung, die wegen Bombendrohung geräumt werden musste? Nicht mehr auf Facebook. Auf Periscope, Snapchat, Younow oder Vine steigt heute die Party. Eines haben alle diese neuen Social Networks gemeinsam: „Sie wurden alle explizit für den Einsatz auf mobilen Endgeräten konzipiert – also genau den Bereich, der in letzter Zeit die höchsten Wachstumsraten verzeichnet“, sagt Anatol Vetter, Head of Social Communications bei der Agentur Webguerillas. Dabei fokussieren die Messenger der nächsten Generation sich vollkommen auf eine Bild- und videobasierte Form der Kommunikation und das verstärkt über Livestream. Bekanntester Vertreter: Snapchat. Die App bewahrt die Nachricht nur kurze Zeit auf, danach löscht sie sich automatisch. „Die Nutzer nehmen diese Form der Kommunikation gerne an“, weiß Bastian Scherbeck, Managing Director bei We Are Social: „Sie ist emotionaler, aussagekräftiger und dabei weniger aufwendig. Außerdem erlaubt sie jedem die vielbeschworenen ‚15 minutes‘ – in dem Fall eher ‚seconds of fame‘.“ Und noch etwas haben sie gemeinsam: Ihre Zielgruppen sind im Durchschnitt wesentlich jünger als bei Facebook. Die

Mutter aller Social Networks wächst vor allem bei älteren Zielgruppen. 62 Prozent aller Nutzer sind gemäß einer ComscoreAuswertung älter als 34 Jahre. Ganz anders die App Snapchat, wo fast jeder Zweite jünger als 25 Jahre ist. Die Zielgruppen der anderen Social-Applikationen lassen sich nur grob anhand der Angaben der Plattformen beschreiben. Am jüngsten positioniert sich Younow, im Schnitt zwischen 13 und 16 Jahre. 18bis 20-Jährige stellen die größte Nutzergruppe bei Vine, 57 Prozent davon sind weiblich. Bei Snapchat schlägt die Geschlechter-Verteilung mit 70 Prozent noch deutlicher zur weiblichen Seite aus. Darüber hinaus ist wenig über die Verwender bekannt. „Generell kann man sagen, dass die Daten erst ab dem Status der Monetarisierung einer App tatsächlich ein Level erreichen, mit dem Marketer – mehr oder weniger – arbeiten können“, sagt Scherbeck. Was aber Unternehmen nicht davon abhalten sollte, darauf präsent zu sein. „Die Bild- und videobasierte Form der Markenkommunikation hat die Möglichkeit, deutlich mehr als Produktkommunikation zu sein. Sie kann auf Basis von Social Thinking Storytelling Ansätze entwickeln, die innovativ sind, unterhalten, informieren und überzeugen. Und damit gerne und viel geteilt werden“, nennt Scherbeck die Vorzüge. „Sie eignen sich für tolle Geschichten, die in wenigen Sekunden erzählt werden können“, fügt Simon Loebel, COO der

United Digital Group, hinzu. „Die Nutzer erwarten nicht, die Handlung in allen Details präsentiert zu bekommen. Die Story ist komprimiert auf das Wesentliche.“ Bei Vine, wo Videos nicht länger als sechs Sekunden dauern, zeichnen sich die Filme etwa durch eine besondere Optik mit kurzen, harten Schnitten aus. „Diese Optik müssen sich Unternehmen aneignen, wenn sie mit ihren Inhalten begeistern möchten“, rät Loebel. Hierzulande nähern sich Werbungtreibende noch zögerlich an, zumal keine der Livestreaming Apps mit einem ausgefeilten Mediaangebot aufwarten kann. „Es fehlen Möglichkeiten zur Datenanalyse. Werbungtreibende benötigen aber Insights wie Reichweite, Zielgruppe oder Nutzungsverhalten, um das Potenzial der jeweiligen App richtig einschätzen und ihre Kampagnen entsprechend optimieren zu können“, sagt Vetter.

Opel testet Vine Als Early Adopter hat sich Opel hervorgetan. Für die Kampagne zu Adam Rocks hat der Autobauer mit dem Kurzfilmemacher Zach King aus Los Angeles sechs Sechssekünder produziert. Mit rund 2 Millionen Followern ist der 25-Jährige ein Star auf dem Videokanal Vine. Dort liefen die Filme im Opel-Portal sowie im Kanal von Zach King. Die Spots wurden außerdem inklusive Making-of auf die Opel-Seiten in Youtube, Facebook, Twitter und Buzzfeed verlinkt. Etwas mehr Beachtung bei Unternehmen findet Periscope. Zu den ersten, die sich dort tummeln, gehört der Fußballverein Schalke 04. „Mit allen Online-Kanälen verfolgen wir das Ziel, unseren Fans Mehrwerte zu bieten. Und die schafft man am besten durch Nähe, Emotionalität und unverfälschte Live-Erlebnisse. Dafür ist Periscope besonders gut geeignet“, erklärt Tobias Schmidt, Leiter Club Media auf Schalke. Den Auftakt machte ein Periscope-Interview mit Torhüter

Ralf Fährmann. Am Karfreitag streamte der Verein dann mithilfe der App die Pressekonferenz vor dem Bundesligaspiel gegen den FC Augsburg. „Aber auch Echtzeit-Erlebnisse rund um die Spiele, wie die Ankunft der Mannschaft, Behindthe-Scenes-Material oder Bewegtbilder aus der Vorbereitung können den Fans einen direkten Zugang zu Schalke 04 liefern“, erklärt Schmidt die Chancen. Periscope als Marketingtool testete zudem der deutsche Lavazza-Importeur Editho. Die Offenbacher ließen ein Gewinnspiel über den Dienst laufen. Dabei mussten die Teilnehmer in einem Zeitfenster von zehn Minuten während der Mittagspause so viele Herzen wie möglich über Periscope senden– die App erlaubt, durch Tippen des Screens Herzchen abzugeben, wenn ein Live-Beitrag gefällt. Das Problem: Periscope ist vor allem in den USA verbreitet. Das heißt, je viraler das Spiel wurde, desto mehr Menschen außerhalb Deutschlands beteiligten sich. Die konnten an dem Gewinnspiel aber nicht teilnehmen. Das offenbart die größte Schwachstelle der Next-Generation-Apps: Sie haben, von Snapchat abgesehen, hierzulande noch zu wenige Follower. Zahlen über den deutschen Markt liegen nicht vor. Vine spricht von 40 Millionen registrierten Nutzern, wie viele davon aktiv und in Deutschland sind, ist nicht bekannt. Periscope hat aktuell 10 Millionen registrierte Nutzer. Als Twitter-Tochter können Periscope und Vine ihren Livestream jedoch über den Kurznachrichtendienst mit den Followern teilen. Experten räumen Snapchat die größten Chancen bei Marketern ein. „Die Applikation hat sich emanzipiert und sich

zur ernstzunehmenden KonkurrenzPlattform für Facebook und Twitter entwickelt. Allerdings verfügt die App bisher lediglich in den USA in einer sehr jungen Zielgruppe über große Reichweite“, weiß Philipp Thurmann, Geschäftsführer Strategie bei Buddybrand. 100 Millionen täglich aktive Nutzer sollen es sein. In Deutschland nutzt laut Global Web Index jeder vierte Teen zwischen 16 und 19 Jahren die App. Snapchat-Profile von Youtubern wie Dagi Bee, Life-With-Me-Lina und Simon Desue erreichen mit ihren „Snaps“ Hunderttausende Menschen.

Formate für Livestream Seit gut einem Jahr bekommen SnapchatNutzer in den USA Werbeanzeigen zu sehen. Das Programm wird über ein Opt-in geregelt. Erst kürzlich führte Snapchat das Format 3V ein. Dabei handelt es sich um auf vertikale Screens optimierte Werbevideos, die in kuratierte Feeds aus Fotos oder Videos – sogenannte Stories – eingebettet werden. Dass Snapchat es in Sachen Werbung ernst meint, zeigt der letzte Coup. Gemeinsam mit der Werbeholding WPP und der britischen „Daily Mail“ gründete der Instant-MessagingDienst eine Agentur für Content-Marketing-Projekte. „Truffle Pig“, so der Name der zunächst nur in den USA tätigen Firma, soll es Werbungtreibenden ermöglichen, mit neuen Formaten vor allem die Generation Livestream zu erreichen. Dass Snapchat oder einer der anderen Newcomer Facebook den Rang ablaufen wird, glaubt UDG-Manager Loebel aber nicht: „Die neuen Social-Media-Plattformen dienen einem sehr speziellen Zweck – wie eben Livestreaming oder Kurzvideos. Sie stellen deshalb eher eine Ergänzung als eine Konkurrenz zu den etablierten Social Media dar.“ Dennoch ist die verfügbare Aufmerksamkeit der Nutzer begrenzt, das weiß auch Loebel: „Zeit, die ich auf Vine verbringe, verbringe ich eben nicht auf Facebook.“

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HashtagNews für Hipster Spiegel Online: Das Portal baut mit Bento ein Beiboot für junge Leser – ganz getrennt vom Mutterschiff

„Banner sind nicht die Formate der Zukunft, sondern Native Ads und Sponsored Posts“ Katharina Borchert, Spiegel Online

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Von Roland Pimpl

ine Mini-Tischtennisplatte, ein kleines Zelt voll bunter Bälle, ein Skateboard, in der Ecke Sofas und Sessel im Oma-Look, alles natürlich total ironisch gemeint: Das Großraumbüro führt viele offizielle Insignien des gepflegten Hipstertums, und das nicht mitten im aktuellen Szenekiez in Berlin, noch nicht mal in Hamburgs Schanzenviertel – sondern im Erdgeschoss des „Spiegel“-Glitzerpalastes in Hamburg, zwischen Hauptbahnhof und Hafencity. Hier laufen sich gerade 13 junge Leute warm für das größte Projekt des Verlags seit langem: Für Bento, ein journalistisches Portal für Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. Anfang Oktober soll es losgehen; eine Vorab-Version wird auf der Dmexco präsentiert. Verantwortlich dafür sind Florian Harms und Katharina Borchert, der Chefredakteur und die Geschäftsführerin von Spiegel Online. Und anders als Zeit Online mit seinem Portal Ze.tt, das eine ähnliche Altersgruppe anspricht, und als Bild.de mit seinem Teenie-Ressort Byou lässt Spiegel Online kein Mini-Team (Ze.tt) und auch nicht nur Journalistenschüler (Byou) werkeln, sondern elf Redakteure, zwei Volontäre und einen Kopf, der sich allein um die Vermarktung kümmert. Vier der 13 Journalisten kommen von Spiegel Online – darunter die BentoRedaktionsleiter Frauke Lüpke-Narberhaus und Ole Reißmann –, die übrigen wurden neu eingestellt. Die Jüngsten im

Im Oktober geht es los mit Bento, dem NewsPortal des „Spiegel“ für 18- bis 30-Jährige

Redaktionsteam sind gerade mal 22 Jahre alt, die Ältesten auch nur 34 Jahre. Bento heißen die leckeren japanischen Sushi-Lunchboxen. Ausgewählte Inhalte liebevoll zusammengestellt und dargereicht – so möchte Harms den neuen Markennamen verstanden wissen. Das Nachrichtenportal für die Generation Hashtag will nicht nur News liefern, sondern auch das Geschehen im Netz kuratiert abbilden und zu manchen Themen außerdem längere Hintergrundstücke bringen. Ressorts gibt es nicht, stattdessen ordnen Hashtags wie „Musik“, „Gerechtigkeit“, „Style“, „Tech“ und „Fühlen“ die Inhalte. Und das alles natürlich total mobil, auf allen Geräten mit selbstanpassendem responsiven Design, in der App, auf allen Social-Media-Kanälen, ungemein interaktiv, mit viel Bewegtbild. Und der Journalismus dahinter? Harms versteht ihn auch als Service. Die Redaktion soll gleich am Anfang aller Texte erklären, warum ein Thema jetzt wichtig ist. Soll sagen, was sie weiß – und was nicht. Und sie soll auch „Lösungen für Probleme aufzeigen und konkrete Möglichkeiten der Mithilfe benennen – also aktivierender sein als Spiegel Online und andere Newssites“, sagt Harms. Der Einstieg in die Beiträge erfolgt über Fotos mit je einer einzigen Zeile. Ein bisschen wie Buzzfeed also – aber mehr als nur Unterhaltung. Ein wenig wie Ze.tt – allerdings mit Reportagen und Hintergründen. Ein Hauch von Jetzt.de – nur weniger brav. Hip wie Vice.com – aber weniger männlich und schrill. Zielgruppen-gefühlig wie Neon.de – nur fürs mo-

bile Netz erfunden: So in etwa stellen sich die Macher offenkundig ihr Bento vor. Anfangs will man etwa 20 Beiträge pro Tag einspielen, bei Hintergrundstorys auch Texte von Spiegel Online. Das Bento-Team kann frei zugreifen, muss sich aber absprechen, wenn es Beiträge allzu sehr „jungschreibt“. Ansonsten gilt: Es gibt nach außen keine Verbindungen zu Spiegel Online. Hauptzweck von Bento ist auch nicht, junge Leute zur Hauptmarke hinzuführen. „Bento ist ein in jeder Hinsicht eigenständiger Auftritt“, sagt Borchert. Denn: „Medienprodukte, die in erzieherischer Absicht erstellt werden, funktionieren nicht.“ Als Zielgruppe sieht Harms „Trendbewusste in Metropolen und Leute, die in einer Kleinstadt leben, aber gerne so hip wären wie ihre Altersgenossen in Berlin oder Hamburg“.

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s fragt sich allerdings, warum man nicht versucht, das Mutterschiff Spiegel Online durch eine Integration von Inhalten für die Youngsters aufzupeppen, ob nun unter dem (Ressort-) Label Bento oder nicht. Nein, das würde nicht klappen, so Harms. „Um diese Zielgruppe zu erreichen, muss man vieles anders machen.“ Themenauswahl, Präsentation, Ansprache, technische Features, animierte Gifs, Emojis, Quizzes, Social Media: „Hier können und müssen wir bei Bento vieles ausprobieren, was die Leser von Spiegel Online nicht immer akzeptieren würden“, so Harms, der „viel mehr Freiheiten“ beim neuen Projekt sieht. An einer Stelle sind die Firewalls allerdings gewollt durchlässig: „Wir erpro-

ben bei Bento neue, flexiblere Formen der Projektarbeit“, sagt Borchert, „diese Erfahrungen können auch anderswo im Haus genutzt werden.“ Bento als Versuchslabor und Belebungscamp für die Verlagsorganisation, die vor einem auch kostengetriebenen Umbau steht (HORIZONT 26/2015). Das junge Portal sei im Übrigen keines der 15 Projekte, an denen das Haus bei seinem Zukunftsprogramm bastelt, sondern etwas Eigenständiges von Spiegel Online, betont Harms. Geld verdienen soll Bento natürlich auch. Wann der Break-even erreicht sein soll, will Borchert nicht sagen, ebenso wenig wie Harms über die Nutzungsziele reden möchte, um daran nicht später öffentlich gemessen zu werden. Angesichts der Größe des Projekts wären weniger als 10 Millionen Visits nach einem Jahr allerdings wohl eher eine Enttäuschung. Denn als Gratisportal setzt Bento voll auf Werbefinanzierung. Zu Beginn will man vor allem große Bannerformate anbieten – sich aber nach und nach an andere, inhaltsnähere Formate herantasten. Genau deshalb sitzt der Vermarktungsverantwortliche mitten im Team und nicht ein paar Etagen darüber beim Hausvermarkter Spiegel QC. „Banner sind nicht die Formate der Zukunft, denn gerade die Bento-Zielgruppe stört sich eher an ihnen als an Native Ads und Sponsored Posts“, sagt Borchert. Die jungen User hätten „längst gelernt, redaktionelle von werblichen Inhalten zu unterscheiden – zumal, wenn sie klar gekennzeichnet sind“. Auch die Werbung soll anders schmecken in der Bento-Box.

Ze.tt soll Zeit Online aufmischen – ein bisschen Byou soll Teenager an Bild heranführen

„Um die junge und mobile Zielgruppe zu erreichen, muss man vieles anders machen“

Seit Ende Juli ist Ze.tt am Start, das Portal von Zeit Online für Leser „zwischen Schulabschluss und erstem Jobwechsel“, wie Zeit-Online-Chefredakteur Jochen Wegner sagt. Nicht nur die Zielgruppe ist ähnlich wie bei Bento, auch die Gründungs-

Florian Harms, Spiegel Online

Seit über einem Monat ist Ze.tt auf Sendung

ideen sind vergleichbar: Als Experimentierplattform soll Ze.tt dem Mutterschiff, räumlich getrennt davon, frische Ideen zuführen. „Eine Aufgabe könnte sein, etwas Unordnung in unseren geordneten Onlinejournalismus zu bringen, unsere Selbstgewissheit zu stören, uns zu ärgern, zu verwirren, neue Wege zu beschreiten, sowohl journalistisch als auch technisch“, so Wegner. EinvierköpfigesRedaktionsteamunterLeitungdes früheren Zeit-Online-Manns Sebastian Horn möchte mit eigenen und kuratierten Inhalten „für Gesprächsstoff in Whatsapp-Gruppen und WGKüchen sorgen“. Der öffentliche Beta-Test soll in diesen Tagen in den Regelbetrieb gehen und vorsichtig bei Zeit Online integriert werden. Ze.tt bleibt aber eine eigenständige Marke. Bisher wirkt die Site wie ein Mix aus Buzzfeed und Jetzt.de. „Wir wollen eine junge Zielgruppe über Social Media erreichen, neue Erzählformen ausprobieren und datengestützt arbeiten“, sagt Horn. Bei Ansprache und Themen ergänze man das Angebot von Zeit Online. Es gehe darum, die Leser über wichtige Themen zu informieren, aber auch Inspiration für deren eigenes Handeln zu liefern.

Mit dem neuen Ressort „Byou“ spricht Bild.de seit vergangener Woche gezielt die Zielgruppe der „Millennials“ an. Gemeint sind alle um die 2000erJahre Geborenen, also die heutigen Teenager. Im Fokusstehen,wiebeidenanderenJugendportalen

Springers Journalistenschüler verantworten Byou

auch, Fotos, Videos, die Anwendung auf mobilen Endgeräten unddieNutzungvonSocialMedia.Die Themen: Lifestyle, Mode, Stars, Unterhaltungselektronik, Games und Sport, aber auch Aktuelles. Redaktionell wird der Channel von Journalistenschülern der Axel Springer Akademie betreut, zu deren Ausbildung wie bisher mehrmonatige Stationen bei Bild.de – jetzt im neuen Ressort – und bei „Welt Kompakt“ gehören. Manfred Hart, Chefredakteur für digitale Entwicklungsprojekte bei „Bild“ und früher Chef von Bild.de, steht dem Projekt als Berater und Mentor zur Seite. Byou sei „eines von vielen Projekten, mit denen wir mehr über das Mediennutzungsverhalten der jungen Zielgruppe lernen und sie an die Marke ,Bild‘ heranführen wollen“, sagt Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt – und markiert damit, abgesehen von der jüngeren Zielgruppe, den zentralen strategischen Unterschied zu Bento. Aber es gibt auch Parallelen: Man werde „ganz viel ausprobieren, Themen anders aufbereiten und vor allem das journalistische Storytelling für die mobile Nutzung in den Vordergrund stellen“. Und: Das junge Team werde eigenständig und unabhängig arbeiten.

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FOTOS: KATJES/ PAUL AIDAN PERRY

Essen wie gedruckt

3D-Druck: Lebensmittel aus der Patrone liegen derzeit im Trend – Marktreife hat bisher aber nur Pionier Katjes erlangt

Von Fabian Müller

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ie unterschiedlich doch die Perspektiven sein können: Eine Gruppe Kinder, von drei Jahren aufwärts, stromert durch das Katjes Café Grün-Ohr in Berlin-Mitte. Sie bestaunen glitzernde Fruchtgummis in allen Farben, Formen und Geschmäckern – direkt aus dem 3DDrucker. Welcher Revolution sie hier beiwohnen, ist ihnen nicht bewusst, dem Süßwarenhersteller Katjes vom Niederrhein sehr wohl. Chef Bastian Fassin spricht nicht umsonst von einer „Weltinnovation“ (siehe Interview rechts). Mit dem Launch seines lebensmittelzertifizierten 3D-Druckers hat der deutsche Mittelständler einen Markt betreten, der eigentlich noch gar nicht eröffnet ist. Viele Unternehmen und Forschungseinrichtungen tüfteln an Food-Druckern, alle mit dem gemeinsamen Ziel, den Kunden über Innovationen neue Kaufanreize zu schaffen. Die Marktreife hat noch kaum einer erreicht (siehe Kasten unten). Die Betonung liegt hier auf dem „noch“. Schon bald könnte das Geschäft mit Nahrungsmitteln aus der Patrone im Massenmarkt angekommen sein, meint Sven Gábor Jánszky. Der Trendforscher geht davon aus, dass das einfache Ausdrucken von Nudeln oder Süßigkeiten in fünf Jahren eine Selbstverständlichkeit sein wird. Denselben Zeithorizont peilt er für die Nutzung in exklusiven Restau-

rants an, in denen Gerichte stark individualisiert werden könnten. „Wo heute ein wahnsinniger Aufwand nötig ist, werden solche Herstellungsprozesse mit 3D-Druckern stark vereinfacht“, so Jánszky. Ob die Technologie aber ganze Industrien verschieben kann oder eine nette Marketingspielerei bleibt, muss sich erst zeigen.

Nur ein Marketing-Gag? Bernhard Langefeld ist da skeptisch. Der Unternehmensberater bei Roland Berger und Experte für 3D-Druck glaubt, dass die Chancen für die Lebensmittelbranche vorrangig in der Individualisierung liegen. „Es gibt einen gesellschaftlichen Trend zum Customizing. 3D-Druck ist die ideale Technologie dafür, weil er eine günstige Möglichkeit für die Herstellung von Kleinserien darstellt“, sagt Langefeld. Gleichzeitig ist das allerdings auch ein Nachteil, denn beim 3D-Druck treten keine Skaleneffekte auf – die Stückkosten werden also bei einer Massenproduktion nicht automatisch geringer. Für 3DDruck-Forscher Patrick Baudisch, Professor für Human Computer Interaction am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, ist deshalb klar: „Es geht um kleine Stückzahlen und speziell auch um Einzelstücke. Besonders effizient ist es daher nicht, Süßigkeiten aus dem 3D-Drucker herzustellen.“ Dennoch hält er den Trend für sehr interessant: „Dass Maschinen, die ursprünglich aus der Industrie stammen, erst in die Maker-Szene und dann wieder

zurück in die Industrie geführt werden, ist für uns alle eine neue Perspektive.“ Technisch beruhen die aktuellen Drucker auf dem FDM-Verfahren (Fused Deposition Modeling), besonders ausgeklügelt sind sie im Vergleich zu ihren Geschwistern etwa in der Metall-Produktion aber nicht. Das soll keine Abwertung der PilotGeräte sein. Jánszky weist darauf hin, dass es immer eine Testgeneration gibt, die die Basis für künftige Techniken bildet. Auch Katjes weiß das und will seinen Drucker deshalb ständig weiterentwickeln. Die Konzeption des Flagship-Modells dauerte ein Jahr, der Konzern hat dafür eine eigene Unit in Großbritannien aufgebaut (HORIZONT 36/2015). Dort tat sich Fassin mit Unternehmerin Melissa Snover zusammen, die bereits Erfahrungen mit innovativen Süßigkeiten sammelte. Es sind deswegen Schlagworte wie Kundenbindung und vor allem Customer Experience, die Snover beim Launch in Berlin immer wieder fallen lässt. Katjes versteht seine Innovation zweifelsohne als Marketinginstrument, will damit alte und auch neue Zielgruppen erreichen. Künftig könnte 3D-Food-Druck noch ganz andere Kunden ansprechen. Nützlich seien individualisierte Lebensmittel etwa bei Allergien, meint Wissenschaftler Baudisch. Trendforscher Jánszky sieht sogar medizinisch optimiertes, sogenanntes Medical Food, nicht außer Reichweite. Bis solche Zukunftsfantasien allerdings in Serie gehen, sind wohl auch die Katjes-Kinder im Ernst des Lebens angekommen.

FOTO: NATURAL MACHINES

Lebensmitteldruck: Projekte, Experimente, Visionen

Der spanische 3DDrucker „Foodini“ soll ab 2016 erhältlich sein

Weltweit forschen Wissenschaftler, Start-ups und Nahrungsmittelhersteller an Lebensmitteln aus dem 3D-Drucker. Einer der ersten großen Konzerne, der hier von sich reden machte, war Anfang 2014 der italienische Nudelriese Barilla. Unter Führung von Forschungsleiter Michela Petronio tüftelt das Unternehmen gemeinsam mit dem niederländischen Institut TNO an der Innovation. Zu Beginn brauchte der Pasta-Drucker 20 Minuten pro Nudel, mittlerweile soll ein ganzer Teller in zwei Minuten ausgedruckt sein – wie das aussieht, demonstriert Barilla derzeit auf der Expo 2015 in Mailand.

Ungefähr zur selben Zeit wie Barilla gab auch der US-Süßwarenhersteller Hershey bekannt, an Schokolade aus dem 3D-Drucker zu arbeiten – gemeinsam mit der amerikanischen Spezialfirma 3D Systems, gegründet von 3D-Druck-Erfinder Chuck Halls. Noch braucht das Hershey-Gerät aber sehr lange für einen Ausdruck. Die ursprüngliche einmal für das zweite Halbjahr 2015 angekündigte Vorstellung des Schokoladen-Druckers in der Öffentlichkeit lässt entsprechend weiter auf sich warten. Seit Ende letzten Jahres können die Besucher des firmeneigenen Vergnügungsparks „Hershey’s Chocolate World Attraction“ in Pennsylvania den 3DDrucker aber immerhin live bei der Arbeit bestauen.

Noch einen Schritt weiter als die Lebensmittelhersteller geht Natural Machines in Barcelona. Das spanische Start-up hat den „Foodini“ entwickelt, einen Lebensmitteldrucker für zu Hause, der komplette Gerichte ausdrucken können soll, etwa Pizzen oder Quiches. Das Gerät funktioniert mit Kapseln, die mit den jeweiligen Zutaten befüllt werden. Ansprechen will der „Foodini“ so nicht nur Amateurköche, sondern auch Gastronomie-Profis. Vergangenes Jahr hat Natural Machines seinen Drucker bereits bei Media-Markt in Spanien vorgestellt, zu kaufen gibt es das Gerät aber noch nicht. Der Hersteller plant die Auslieferung für das 1. Quartal 2016 – zu einem Verkaufspreis von 1500 US-Dollar.

Süßes aus der Maschine: Arbeit und Ergebnis des 3D-Druckers von Katjes in Berlin-Mitte

Seit 2004 KatjesChef: Bastian Fassin

„Wir lieben Innovationen“ Katjes ist deutscher Vorreiter beim globalen Thema 3D-Food-Druck. Herr Fassin, Sie haben gerade den weltweit ersten 3D-Drucker für Fruchtgummis aufgestellt. Welche Bedeutung hat das für Katjes? Als wir vor Jahren unsere JoghurtGums auf den Markt gebracht haben, wussten wir nicht, wie das Produkt angenommen wird – heute ist es einer unserer stärksten Artikel. So ist es auch mit dem 3DDrucker. Da es eine Weltinnovation ist, gibt es keinen Markt und wir können deshalb keine konkreten Ziele definieren. Insofern sehe ich erst einmal ein großes Potenzial. Wie wird der Vertrieb in den nächsten Monaten weitergehen? Ab Anfang 2016 werden wir das Produkt verkaufen, als Gesamtpaket aus 3D-Drucker, iPads mit Software und den Fruchtgummi-Patronen. Als Abnehmer sehen wir etwa Freizeitparks, aber auch große Kaufhäuser und Internetunternehmen – alle diejenigen, die Entertainment bieten wollen. Wie wichtig sind Ihnen Kundenerlebnis und Kundenbindung? Die Customer Experience ist uns sehr wichtig. Wir möchten, dass der Kunde unsere Marke noch stärker kennenlernt und selbst erlebt – und das tut er natürlich über unser Gesamtkonzept. Er lernt etwa, dass wir ein komplett vegetarisches Sortiment haben und dass wir Innovation lieben. Der 3D-Drucker ist ohne Frage also auch Teil des Marketingmixes von Katjes.

FOTO: IAMNAO / FOTOLIA

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Tempo,

Tempo!

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Den einen Kontakt unter Tausenden erwischen

Programmatic Advertising: Die Möglichkeit, alles in Echtzeit auszusteuern, verändert das Marketing fundamental

Von Juliane Paperlein

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öher, schneller, weiter. Mediaplanung im Jahr 2015 ist Welten entfernt von den Zeiten, als die ARD ihre Werbespots noch zugeteilt hat und die Anzeige im „Stern“ Monate im Voraus geplant wurde. Die Mediaplanung 2015 steht unter dem Stern von Programmatic, dem Buzzword, das sich durchgesetzt hat, wenn es um Werbung in Echtzeit geht. Das derzeit im Mittelpunkt stehende Programmatic Buying – der Kauf und Verkauf von Onlinewerbung in Echtzeit –, ist auf dem Weg zum programmatischen Marketing nur ein erster Schritt. Inzwischen geht es darum, wie die Werbung auch kreativ in Echtzeit angepasst werden kann. Jeder Mensch, der via Werbung erreicht wird, bekommt künftig die Botschaft in der Verpackung, die ihn am besten anspricht und dazu führt, dass er am Ende auch kauft. So die Vision. Und sie ist mittlerweile zum Greifen nah. Programmatic ist eine der größten Veränderungen im Mediageschäft, die die gesamte Art und Weise, wie Werbung heute gemacht und ausgesteuert wird, verändert. Vor vier Jahren schwappte die Welle – damals noch als „Realtime Bidding“ – an die deutschen Ufer, argwöh-

nisch beäugt von den hiesigen Vermarktern, für die der neue Weg, Inventar zu handeln, vor allem eine Lösung war, um die Restplätze möglichst gut zu verkaufen. Bei RTB geht es darum, im Auktionsverfahren Käufer und Verkäufer zusammenzubringen. Die Websites erkennen, welcher Nutzer gerade auf ihnen surft und stellen die Informationen potenziellen Käufern bereit, die dann auf den Kontakt bieten und den Werbeplatz ersteigern können. All dies läuft in Millisekunden ab, unbemerkt vom Nutzer. Es ist eine völlig andere Logik als im bisherigen Mediasystem, das auf Reichweiten basiert und damit auf der Werbemittelkontaktchance. Preislisten sind passé, die Frage, wer wohl erreicht werden wird, ist beantwortet. Denn bei Programmatic geht es um tatsächliche Kontakte. Es ist der Traum eines jeden Marketeers, weil er verspricht, den Streuverlusten ein Ende zu bereiten. Und was der Kunde wünscht, bekommt er auch. Programmatic Buying besteht nicht mehr nur aus dem BiddingVerfahren. Es gibt Spielarten für jedes Bedürfnis: In Private Auctions steht das Inventar nur ausgewählten Einkäufern zur Verfügung. Bei Automated Guaranteed wird es zwar elektronisch und in Echtzeit gehandelt, aber nicht via Auktion. Es ist eine Variante, die den Publishern in die Hände spielt, die befürchten, dass das

Die Wertschöpfungskette wird länger Programmatic Buying Ökosystem

Data Werbebudget

Kontakte

Kunde

Publisher Ad Server

Mediaagentur

Trading Desk

Demand Side Platform

Messung Quelle: IAB / eigene Darstellung

Ad Exchange

Sell Side Platform

Ad Server Affiliate Network Vermarkter AD Network

Reichweitenmessung Web Analytics Post Evaluation HORIZONT 37/2015

neue Buying-System zu einem Preisverfall führt und die ohnehin schmalen Margen weiter schmälert. Die neuen Varianten machen die Vermarkter mutiger und so entwickelt sich der Echtzeithandel in hohem Tempo weiter. Premiuminventar wie Video Ads wird nicht mehr nur in den USA, sondern auch in Deutschland auf den Plattformen gehandelt. Der Vormarsch von Programmatic ist, wie alles, was Kostenersparnis verspricht, rasant. In den USA wurden laut International Advertising Bureau (IAB) 2014 schon 20 Prozent des Inventars auf diesem Weg gehandelt, in Deutschland waren es laut Fachkreis Online-Mediaagenturen (Foma) 16 Prozent. Bis 2016 sollen es 29 Prozent sein. Schon bekommen die Mediaagenturen Zielvereinbarungen in ihre Verträge geschrieben, wie viel Inventar sie auf diesem Weg einkaufen müssen. Und warum, so fragen die Marketeers, können wir nicht auch die anderen Gattungen so einkaufen? Der Druck auf die etablierten Medien steigt. Winkten die großen TVVermarkter vor einem Jahr noch ab, wenn es um die Frage ging, wann es ihnen möglich sei, die Spots in den Werbeblöcken individuell auszutauschen, so gibt es nun schon Prognosen. 2017/18 könnte es in großem Stil so weit sein. In den USA laufen bereits Tests mit Verlagen.

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ber Programmatic Buying ändert noch mehr, als nur den Mediaeinkauf auf eine neue technische Basis zu stellen. Es rüttelt am magischen Dreieck aus Kunde, Vermarkter und Mediaagentur. Die Agenturen haben früh erkannt, dass sich für sie digital die höchsten Margen erzielen lassen. In Kombination mit Trading, also dem Ein- und Weiterverkauf von Werbeplätzen auf eigene Rechnung, lassen sich die Gewinne enorm pushen. Bei den Kunden löst dies zunehmend Misstrauen aus. Sie wollen von den Vorteilen profitieren, die Programmatic verheißt. Und so gibt es die ersten Werbungtreibenden, die das Geschäft wieder selbst in die Hand nehmen wollen, vorneweg Procter & Gamble, der weltweit größte Spender. Es ist ein starkes Signal und sorgt für Unruhe im Markt. Denn die Profiteure sind neue Akteure, vornweg die Demand Side Platforms (DSP) und Sell Side Platforms (SSP).

Doch mit dem Vormarsch von Programmatic sind auch ungerufene Geister auf den Plan getreten, die nun zurückgedrängt werden müssen. Ad Fraud oder Bot beschäftigt Kunden und Agenturen. Die Rede ist von Clicks, die nicht von Menschen, sondern von Robotern erzeugt wurden. Im anonymen Handel zwischen SSPs und DSPs haben sie Raum, sich breitzumachen und müssen von AdVerification-Dienstleistern mit neuer Technik zurückgedrängt werden. Jeden Tag, so scheint es, entsteht ein neuer Technologiespezialist, der in die alte Domäne der Agenturen einbricht. Die Wertschöpfungskette bekommt immer mehr Glieder. Ob auf Dauer alle satt werden, die am Mediaverkauf hängen, ist noch nicht ausgemacht. So verwundert es wenig, dass die Mediaagenturen plötzlich wieder auf ihre Beratungskompetenz rekurrieren, die in diesen unübersichtlichen Zeiten gefragt sein müsste wie nie. Denn richtig gut funktioniert Programmatic nur, wenn die zugrunde liegenden Daten taugen und zudem zuverlässig interpretiert sind. Eine Leistung, mit der sich in der Vergangenheit, in der es vor allem auf Einkaufsmacht ankam, kein Kunde gewinnen ließ. Hier ist auch Raum für die Kreativagenturen, die schon in den vergangenen Jahren immer öfter Impulse für Media gesetzt haben. Programmatic beeinflusst ihr Geschäft nicht nur darin, dass sie zum Sparringspartner für die Mediaplanung werden. Sie müssen auch kreativer werden. Künftig soll es nicht nur ein Spot, einen Banner geben, sondern zielgruppenspezifische Werbemittel. Nicht nur wer den Werbeplatz bekommt, entscheidet sich dann in Echtzeit, sondern auch, welches Werbemittel in dieser Sekunde auf der freien Fläche platziert wird. Die Veränderung, die Programmatic mit sich bringt, ist an jeder Ecke des Mediageschäfts spürbar. Für die Marketingverantwortlichen hört Programmatic jedoch nicht beim Advertising auf. Auch die Preisfindung wird sich der EchtzeitLogik anpassen. Marketingmanager müssen damit mehr sein als die Leute mit den bunten Bildern. Sie müssen Daten analysieren und interpretieren können, die richtigen Entscheidungen treffen. Zum Kampf um die beste Technologie kommt damit noch ein weiterer hinzu: der um die besten Köpfe. Und der verlief schon immer in Echtzeit.

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DIGITAL ISSUE 21

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DIE SERIE

Nächste Woche: Warum Disruption in den Medien ausfällt. Ein Essay von Roland Pimpl

FALLBEISPIEL

Die Rolle der Kreation bei Programmatic Wikipedia statt Brockhaus

1. Integrierte Datennutzung Voraussetzung für profilbasierte Kampagnen ist die integrierte Datennutzung. Die werbliche Ansprache muss dabei mit bereits gesammelten Informationen über den Nutzer in Einklang gebracht werden. Ist zum Beispiel bekannt, für welche Produkte sich der User interessiert, sollte er nicht mit einer Kampagne angesprochen werden, die an seinen Bedürfnissen vorbeigeht.

„Wir sind umlagert von stumpfen RetargetingKampagnen, deren Werbemittel das Wort Werbung nicht verdient haben“ Julian Simons, Geschäftsführer von Mediascale

3. Regelbasierte Kampagnensteuerung Die effizienteste Form von Programmatic Advertising ist derzeit Retargeting. Doch damit wird immer derselbe Rechner angesprochen. Um neue Potenziale heben zu können, sind mehr Informationen über das Verhalten des Nutzers vonnöten sowie über seine Reaktionen auf unterschiedliche Kampagnenansätze und inhaltliche Argumentationen. „Regelbasierte Kommunikation mit tansparenten Entscheidungsmechaniken statt algorithmischen Blackbox Tools“ nennt Simons als Erfolgsfaktor. 4. Kreation muss kreativ sein können RetargetingBannersindimMomentwenigkreativ, überzeugende Ansätze für kreative Kampagnen fehlen. Damit die Kampagnen besser werden, braucht es nicht nur eine kreative Leitidee, sondern auch verschiedene Werbemittel, auf denen sich

diese ausleben lässt: Großformate, Bewegtbild und Native Advertising. 5. Branding pusht Programmatic Programmatic kann einen hohen Beitrag dazu leisten, das Interesse der Nutzer zu wecken. Branding-Kampagnen kommen jedoch häufig zu kurz. Dabei gibt es hier viele Möglichkeiten mit individuellerAnsprache,individuellerVorteilsargumentation und individuellen Welten. 6. Wandel auch auf Agenturseite Simons glaubt, dass Werbungtreibende mehr denn je Spezialisten brauchen, die wissen, wie der einzelne Nutzer zu adressieren ist und die trotzdem große Ideen formulieren können. Neben Analysten, die die Daten beurteilen können, brauchen sie auch Kreative, die keine Angst vor Testings und Optimierungen haben.

Der 11. Februar 2008 ist ein historischer Tag. Denn mit ihm ging eine Jahrhunderte alte Ära zu Ende. An diesem Tag kündigte der zum BertelsmannKonzern gehörende Wissen Media Verlag an, dass dieaktuelle21.AusgabederBrockhausEnzyklopädiedieletztewar,diegedruckterschien.Brockhaus blickt auf eine lange Tradition zurück, die den Blick vernebelt hat für die Möglichkeiten, die das Internet den Menschen bietet, und die Gefahren, die es für ein gedrucktes Nachschlagewerk mit sich bringt. Es ist nicht nur das meist genannte Wikipedia, das dem Brockhaus den Garaus gemacht hat, sondern auch Google, die Möglichkeit, aus erster Hand schnell nach Informationen zu suchen. Der 2008 gleichzeitig verkündete Plan, den Brockhaus in ein werbefinanziertes Onlinelexikon umzuwandeln, wurde wegen der zunehmenden Marktdominanz von Wikipedia aufgegeben. Der Brockhaus ist eine Marke, die wie keine andere für fundiertes Wissen steht. Die Anfänge liegen im „Conversations-Lexicon“ von Renatus Gotthelf Löbel und Christian Wilhelm Franke, einem „kurzgefassten Handwörterbuch für die in der gesellschaftlichen Unterhaltung aus den Wissenschaften und Künsten vorkommenden Gegenstände mit beständiger Rücksicht auf die Ereignisse der älteren und neueren Zeit“. Die Autoren veröffentlichten zwischen 1796 und 1808 sechs Bände. Nach mehreren Verlegerwechseln und dem Tod

Löbels kaufte1808 Friedrich Arnold Brockhaus auf der Leipziger Buchmesse das Verlagsrecht. Er gab bei Franke zwei weitere Bände in Auftrag und erarbeitete die zweite, achtbändige Ausgabe, deren erster Band 1812 erschien – immer noch als „Conversations-Lexicon“. Er legt den Grundstein für den Erfolg des „Brockhaus“. In den folgenden Jahren erschienen die nächsten Bände und waren schnell vergriffen. Bereits 1814 gab es erste Raubdrucke. Erst mit der 15. Auflage, die zwischen 1928 und 1935 erschien, änderten die Nachfahren von Friedrich Arnold Brockhaus den Titel in „Der Große Brockhaus“, Untertitel: „Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden“. In den nach1932 erschienenen Bänden ist auch die gesellschaftliche Entwicklung im nunmehr nationalsozialistischen Deutschland deutlich ablesbar. Im November 2002 – bereits unter dem deutlichen DruckderDigitalisierung–erschiendieEnzyklopädie erstmals digital. Ab 2004 war sie auch über verschiedene mobile Plattformen lieferbar. Die mittlerweile 30 Bände der letzten, 21. Ausgabe erschienen 2005/06 unter dem Titel „Brockhaus – Die Enzyklopädie“. Sie enthält rund 300000 Stichworte und 40000 Bilder auf 24500 Seiten und kostet 2820 Euro. Daran gearbeitet haben 70 Redakteure sowie 1000 weitere Autoren. Sie bescherte dem Verlag einen Millionenverlust. FOTO: BROCKHAUS

2. Storytelling Im Moment werden in der Werbung zu wenige Geschichten erzählt, stattdessen werden Botschaften penetriert. Je mehr über den Nutzer bekannt ist und in welcher Phase der Produktentscheidung er sich befindet, umso leichter ist es jedoch, ihn über mehrere Ads und längere Zeiträume hinweg anzusprechen.

FOTO: MEDIASCALE

In den vergangenen Jahren stand die Frage nach der Einkaufslogik im Mittelpunkt von Programmatic Advertising. Doch das ändert sich. Galt lange nur der Werbeträger als entscheidend für den Erfolg der Kampagne, rückt nun das Werbemittel ins Zentrum der Betrachtung. Julian Simons, Geschäftsführer von Mediascale und stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Programmatic Advertising im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), appelliert an Kunden und Agenturen, mehr Aufmerksamkeit auf die Kreation zu verwenden. „Die Verschmelzung von inhaltlicher Botschaft und medialer Adressierung, immer bezogen auf den einzelnen Nutzer, immer abhängig von der Position des Nutzers im Kaufentscheidungsprozess eines Produktes“, seien entscheidend für den Erfolg von Programmatic, schreibt er im „Programmatic Advertising Kompass 2015/16“ des BVDW. Er macht sechs Herausforderungen für Kunden und Agenturen aus:

Einst Inventar des bürgerlichen Wohnzimmers: der Brockhaus

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22 DIGITAL ISSUE Digital Retail Media: E-CommercePlattformen wie Otto.de, Amazon und Zalando steigen in die Werbevermarktung ein und werden dabei zu einer ernstzunehmenden Bedrohung für die etablierten Player

Eine Ausgabe. Ein Thema.

Von Vera Günther

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ie Bäume wachsen nicht mehr in den Himmel in der Onlinevermarktung, und auch die Spendings steigen „nur“ noch einstellig. Dennoch machen sich mit Amazon, Zalando und Otto.de derzeit die drei größten Onlineshops Deutschlands auf, die noch junge Gattung Online Retail Media zu etablieren. Retail Media, das ist Werbung auf den Seiten der Onlineshops, die Vermarktung läuft bei allen drei E-Commerce-Plattformen über eigene Units und Tochterfirmen. Damit dringen Händler massiv in die Domäne der angestammten Onlinevermarkter ein – und könnten diese durchaus das Fürchten lehren. „Kampagnen können in solch einem Umfeld hervorragend funktionieren“, sagt Manfred Klaus, Geschäftsführender Gesellschafter bei Plan.Net. „Der User befindet sich ja schon in einem Shop und möchte einen Kauf tätigen. Da passt eine gezielte Werbebotschaft mit einem komplementären Produkt. Die Batterie zur Taschenlampe erzielt beispielsweise deutlich höhere Conversions als in einem nicht affinen Umfeld.“ Für Tim Schmidt ist Retail Media gerade im Performance-Bereich ein nicht wegzudenkender Inventarbringer. Der Geschäftsleiter bei Explido -iProspect schaltet bereits seit längerer Zeit auf Plattformen wie Amazon und

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benen Advertising-Lösungen anbieten, sowohl in unseren Shops als auch auf hochqualitativen Partnerseiten“, erklärt Jerome Cochet, Senior Vice President Sales bei Zalando. Auch der Modehändler wirbt mit seinen Zielgruppen. Fashionund trendbewusst seien diese, im Alterssegment zwischen 25 und 40 Jahren und überproportional weiblich. Dabei spricht Zalando im ersten Schritt seine eigenen Lieferanten an. „Es werden aber noch vielfältige Werbemöglichkeiten für branchenfremde Advertiser entstehen“, kündigt Cochet an. „Wir sind überzeugt, dass unsere Konsumenteninsights relevante Audiences für Werbungtreibende zum Beispiel aus den Branchen Beau-

gegründet. Besuchern werden maßgeschneiderte Werbeanzeigen auf Amazoneigenen Websites und auf externen Websites angezeigt. Der Händler greift dabei auf die bestehende Personalisierungsmaschinerie zurück, die Amazon für Targeting und Analytics auf der eigenen Site zur Verfügung steht. Das E-Commerce-Portal bietet aber nicht nur Performance Marketing. Zum Deutschlandstart der „Minions“ wurde die gesamte Homepage auf den Animationsfilm ausgerichtet. Das Takeover wurde ergänzt mit ausgewählten Minions-Produkten und Content-Pages.

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uch Otto fokussiert seine Aktivitäten mehr auf Branding- als auf Abverkaufsformate. Plan.NetGeschäftsführer Klaus glaubt aber, dass sich Retail Media nur bedingt für Bran-

ILLUSTRATION: MOSTAFA FAWZY / FOTOLIA

Einkaufswagen voller Daten Ebay: „Die Conversion- und Klickraten sprechen hierbei für sich.“ Dass sich nun auch Retailgrößen wie Otto, Media-Saturn und Quelle dazu entschließen, ihr Inventar freizugeben, ist für Schmidt daher nur ein folgerichtiger Schritt. Allein Otto.de steht nach eigener Aussage für 25 Millionen Unique User – das ist deutlich mehr als Publisher wie Bild.de (15,9 Millionen) oder Focus Online (13,3 Millionen) aufbieten. Dazu verfügen Shops laut Torsten Ahlers, Chef der erst im Mai ins Leben gerufenen hauseigenen Vermarktungsorganisation Otto Group Media, über die besseren Daten: „Wer eigene CRM-Daten besitzt, kann wesentlich gezielter Zielgruppen ansprechen als ein Vermarkter, der einen Großteil seiner Zielgruppen über Verhaltensmuster identifizieren muss.“ Ahlers rechnet sich insbesondere Chancen aus, wenn es um die Zielgruppe Frauen geht. „Männer bekommt man aufgrund ihrer Verhaltensweisen im Netz relativ gut lokalisiert. Aber wenn eine Person nicht eindeutig männlich ist, geht man im Predictive Behavioural Targeting automatisch davon aus, dass es eine Frau ist. Wir hingegen wissen so etwas genau.“ Die Position als Frauenversteher könnte allenfalls Zalando streitig machen. Der Onlinehändler, der die Frauen bekanntlich zum Schreien vor Glück bringt, steigt gleichfalls ins Vermarktergeschäft ein: „Künftig möchten wir Werbungtreibenden eine ganze Reihe von datengetrie-

ty, Lifestyle und Automotive bieten.“ Nicht zuletzt dafür kaufte Zalando im März den Real-TimeBidding-Spezialisten Metrigo.

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echnologisch aufgerüstet hat auch Otto. Man sei von Anfang an auf jedem Format voll „programmatisch ready“, versichert Vermarktungschef Ahlers. Ziel sei, noch in diesem Jahr einen Private Market Place zu etablieren. Spätestens dadurch wird klar, was Ahlers selbst in Worte fasst: „Wir nehmen das Thema sehr ernst. Data-driven Advertising wird ein wichtiges Geschäftsfeld für uns werden.“ Im Fokus der Vermarktungsaktivitäten stehen neben den eigenen Lieferanten und Konzerngesellschaften deshalb von Anfang an externe Advertiser. Man sei in Gesprächen mit Kunden aus FMCG, Automobil, Reise, Fitness und der Datingbranche. Die Auslieferung der Werbung erfolgt auf den konzerneigenen Shop-Sites. Otto, Limango, Mytoys und Sportscheck sind bereits dabei, weitere werden folgen. Darüber hinaus arbeitet Ottos Advertising-Tochter mit Top-Agof-Vermarktern zusammen, um die Kampagnen über die Shops hinaus zu verlängern. Dass das Konzept aufgehen kann, zeigt Amazon. Bereits 2013 hat der Handelsriese eine eigene deutsche Werbetochter

ding eignet: „Oftmals sind Werbeplätze in Shop-Umfeldern stark reguliert. Die User sollen ja nicht mit großformatigen Werbeplätzen vom Shoppen abgelenkt werden.“ Für Amazon scheint sich das Geschäft jedenfalls zu lohnen. Den Marktforschern von E-Marketer zufolge hat die Onlineplattform 2014 weltweit eine Milliarde Euro Einnahmen aus Werbung generiert. „Um eine vergleichbare Marge zu erwirtschaften, müsste man schon eine ganze Menge Kühlschränke verkaufen“, sagt Stefan Grossmann, Commercial Director bei Triad Retail Media. Der Vermarkter verkauft bereits seit elf Jahren Werbeplätze in Onlineshops, zunächst nur in den USA, seit gut einem Jahr auch in Deutschland, die Onlinehops von Media-Markt und Saturn und das Internetportal Quelle.de gehören zum Portfolio. Die Hamburger sind Anlaufstation für Shops, die keine eigene Vermarktungsorganisation aufbauen wollen. „Für die Shops ist Retail Media ein attraktives Zusatzgeschäft“, betont Grossmann. Die Buchung erfolgt auf TKP-Basis. Die Einnahmen aus der Werbeschaltung teilen sich Händler und Vermarkter. 30 Prozent, so ein Branchenexperte, erhalten dabei üblicherweise die Händler. Das erhöht naturgemäß deren Akzeptanz gegenüber dem neuen Geschäftsfeld.

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Denn so mancher Händler ist überzeugt, dass Anzeigen vom Kauf seines Produkts ablenken. Was aber laut OttoManager Ahlers keinesfalls zutrifft: „Wenn man die Anzeige nicht ausgerechnet da aussteuert, wo jemand kurz davor ist, eine Kaufentscheidung zu fällen, dann wird Werbung das aktuelle Kaufverhalten nicht negativ beeinflussen.“ Lieferanten könnten ganz im Gegenteil von den Consumer Insights profitieren, die der Händler zusätzlich durch die Vermarktung gewinnt. Mehr als 95 Prozent aller ShopBesuche dienen zudem nur der Recherche, so eine Berechnung von Kairion. Laut Daniel Förstermann, Head of Operations, eignet sich Retail Media deshalb vor allem für Branding in einer fortgeschrittenen Phase der Consumer Journey. Der Frankfurter Vermarkter verfügt über Retail-Netzwerke in den Bereichen FMCG (Edeka24.de, Rewe-online.de), Beauty (Rossmannversand.de) und Consumer Electronics (Notebooksbilliger.de). Förstermann gibt dem Targeting auf aktuelle Kaufinteressen den Vorzug: „Wir haben festgestellt, dass sowohl die Branding- als auch die Absatzwirkung der Instore-Werbung deutlich besser ist, wenn mit Realtime-Kaufinteresse-Daten getargetet wird statt mit Daten über vergangene Kaufinteressen.“ Bei vielen großen Onlineshops ist eine Aussteuerung auf die Kaufhistorie ohnehin nicht möglich oder auch nicht gewollt: „Natürlich gibt es ein großes Interesse der Werbungtreibenden daran, anonymisierte Kundensegmente auf Retail-

Seiten anzusprechen, die sich aktuell im Entscheidungsprozess befinden.“ Allerdings hänge die Nutzung dieser Daten im Digital Retail Media von den Retailern, aber vor allem auch von den jeweiligen rechtlichen Gegebenheiten ab, beschreibt Grossmann.

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ndere Shops sind zugänglicher. „Die von uns betreuten Händler sind normalerweise bereit, ihre Kundendaten mit uns zu teilen, sie bekommen im Gegenzug dafür ja Traffic und auch eine finanzielle Vergütung“, erklärt Olaf Birkner, Geschäftsführer von Instore Audience. Zu den Mandanten des Kieler Dienstleisters gehören zum Beispiel Conrad Elektronic und der Spieleshop Game Stop. Sie alle eint der Kampf gegen Amazon. Instore Audience sammelt Shops zu einer aggregierten Reichweite, die Werbungtreibende für bestimmte Themenchannels buchen können. Die Daten werden anonymisiert. Das Targeting erfolgt aufgrund von Keywords und – falls vom Shop freigegeben – der getätigten Kaufhistorie. Auch bei Otto gibt es CRM-Daten inklusive Surf- und Kaufhistorie – alles im Rahmen des Datenschutzes, betont Ahlers. Für ihn ist das ein weiteres Argument, dass Otto sich im nationalen Werbegeschäft gegen einen übermächtigen Player wie Amazon behaupten wird. „Wir sind ein deutscher Player, bei uns kann sich jeder sicher sein, dass wir uns an deutsches Recht halten.“

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Gemeinsam mit den Frenemies Kooperationen: Obwohl sie Konkurrenten sind, suchen Mediaagenturen die Zusammenarbeit mit Internetkonzernen wie Google und Facebook schen Markt. „Die international beschlossenen Kooperationen sind nicht unbedingt für jedes einzelne Land adaptierbar“, erklärt Christian Zimmer, Chief Digital Officer OMD Germany. Aber auch auf nationaler Ebene, im Tagesgeschäft, suchen alle Mediaagenturen die Nähe zu Google, Facebook und Co, meist ohne offiziell da-

Laut OMD-Manager Zimmer geht es dabei häufig um First-Mover-Vorteile: „Die Mediaagentur und ihre Kunden können ein drei bis sechs Monate langes Erstzugriffsrecht auf neue, gemeinsam entwickelte Werbeformen und Features haben.“ Für beide Parteien sind Lerneffekte wichtig: „Wir bringen vor allem ,objektives‘, über einzelne Plattformen hinausgehendes Wissen ein, das Unternehmen wie Google und Facebook nicht haben“, so Zimmer. Vi-

rauf hinzuweisen. Praktisch arbeitet jeder mit jedem zusammen. Dabei geht es „vor allem um den Austausch von Ideen und strategischen Ansätzen für die Zukunft“, berichtet Lothar Prison, Chief Digital Officer Vivaki. „Beide Seiten ziehen gewissermaßen den Vorhang etwas hoch, um den Partner an den eigenen Plänen teilhaben zu lassen.“ Für beide sei es wichtig, zu wissen, „was der jeweils andere vorhat, um Entwicklungen in die falsche Richtung zu verhindern“.

vaki-Stratege Prison nennt ein Beispiel: „Google etwa hat großes Interesse an Know-how im Bereich TV. Hier werden über Youtube große Wachstumschancen erwartet. Daher ist es für Google wichtig, die entsprechenden Vermarktungsargumentationen aller Beteiligten kennenzulernen.“ Aber ist es strategisch für die Mediaagenturen ratsam, die Konkurrenz – und das sind die Internetkonzerne längst – dermaßen schlau zu machen? Güzey räumt ein: „Google und Facebook sind für Mediaagenturen – je nach Blickwinkel – Partner oder Konkurrenten. Insofern ist der Begriff ,Frenemies‘ zutreffend.“ Aber der Wissenstransfer sei eben begrenzt und basiere auf einem Geben und Nehmen, das für beide Seiten vorteilhaft sei: „Die großen Internetkonzerne verfügen über Technologie und Daten-Know-how. Wir wiederum haben eine umfangreiche Expertise in der Markenführung und Medienorchestrierung, die wir in die Partnerschaft einbringen.“ So weit, so gut. Weniger auskunftsfreudig werden die Mediamanager, wenn es ums Geld, unter anderem um garantierte Buchungsvolumina geht. Immerhin sind diese im Rahmen der internationalen Deals teilweise öffentlich bekannt geworden, wenn auch sicherlich bei weitem nicht in vollem Umfang. „Die Deals können auch garantierte Medialeistung umfassen“, sagt Zimmer. Aber die anderen genannten Aktivitäten hät-

Von Klaus Janke

G „Beide ziehen den Vorhang hoch, um den Partner an den Plänen teilhaben zu lassen“ Lothar Prison, Vivaki

„Google und Facebook sind Partner oder Konkurrenten – sozusagen ,Frenemies‘“ Timucin Güzey, Mindshare

oogle und Facebook, daran besteht wenig Zweifel, sind eine Gefahr für die Mediaagenturen und ihr Geschäftsmodell. Sie suchen den direkten Kontakt zu den Werbungtreibenden und bringen diese womöglich auf die Idee, dass es zumindest in der digitalen Werbung auch ohne die Mediaexperten geht. Auf den ersten Blick ist es daher erstaunlich, dass die Mediaagenturen dennoch die Nähe der großen Internetkonzerne suchen und umfangreiche Partnerschaften abschließen: Kooperationen, bei denen es

um Knowhow-Austausch, aber auch um garantierte Mediavolumen und vergünstigte Einkaufskonditionen geht. Die Publicis-Gruppe etwa vereinbarte im Mai 2014 eine mehrjährige Partnerschaft mit Facebook, die privilegierten Zugriff auf Daten der Plattform sowie ein Erstzugriffsrecht auf neue Werbemodule beinhaltet. Im Rahmen der Kooperation soll es um Werbeumsätze von 500 Millionen US-Dollar gehen (HORIZONT 21/2014). Die WPP-Holding paktiert seit Mai 2013 mit Twitter. Die beiden Unternehmen arbeiten vor allem im Bereich Data und Analytics zusammen, also bei der Aufbereitung und Nutzung von Verbraucherdaten. Auch neuere Plattformen sind für Deals interessant: Die Omnicom-Gruppe vereinbarte im März 2014 eine Kooperation mit Instagram, über die nach Medienberichten rund 100 Millionen US-Dollar an Werbegeldern fließen sollen. Die Gruppe beschloss zudem im Mai 2014 eine zweijährige Zusammenarbeit mit Twitter, über die die Mediaagentur vor allem Einblicke in die Entwicklung neuartiger digitaler Werbeformate erhalten soll. Der Deal soll rund 230 Millionen US-Dollar schwer sein. Die Tochter PHD ist darüber hinaus seit Juli 2014 mit Youtube verbandelt. Nicht alle dieser meist in den USA geschlossenen Kooperationen haben konkrete Auswirkungen auf den deut-

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m Mittelpunkt steht dabei laut Prison die Entwicklung neuer Tools. Eine enge Partnerschaft habe beispielsweise dazu geführt, „dass die PublicisGruppe Programmatic Advertising mit Google in den USA starten konnte.“ Bestandteil der Kooperationen könne außerdem sein, neue Features im Beta-Stadium testen zu dürfen: „Spezifische Anforderungen der Partner können so frühzeitig formuliert und berücksichtigt werden.“ Oft haben die Agenturen schon bestimmte Kampagnen im Auge, wenn sie die Entwicklung neuer Features anregen. „Wir arbeiten mit Google und Facebook größtenteils auf Kundenebene zusammen, beziehungsweise in der Umsetzung von kampagnenspezifischen Lösungen“, sagt Timucin Güzey, Chief Digital Officer Mindshare. „Agenturübergreifende Projekte werden gezielt bestimmt, sie stehen nicht auf der täglichen Agenda.“

ten eine viel größere Bedeutung. Die Frage, ob es sogenannte First-Look-Optionen, also bevorzugte Zugriffsrechte auf bestimmte Nutzerprofile, gebe, will er nicht kommentieren.

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och unbeliebter ist bei allen Beteiligten die Frage, ob die Mediaagenturen im Rahmen der Kooperationen Preisvorteile heraushandeln können. Die Transparenzdebatte ist mal wieder in vollem Gang, und es passt überhaupt nicht gut zur gewünschten Positionierung der Agenturen als neutrale Berater, wenn sie sich von Rabattierungen bei den großen Plattformen beeinflussen ließen. „Rahmenabkommen mit globalen Internetkonzernen ermöglichen marginale Preisvorteile, die jedoch weit unter dem Niveau anderer Medienvermarkter liegen“, erklärt Güzey. Google-Sprecher Klaas Flechsig verneint auf Anfrage die Möglichkeit vergünstigter Einkaufskonditionen nicht, weist aber darauf hin, dass „die Preise der meisten unserer

Werbeformate im Rahmen von Auktionen ermittelt werden, bei denen die Werbungtreibenden beziehungsweise Agenturen die Preise selbst gestalten.“ Von Facebook war bis Redaktionsschluss keine Einschätzung zu Mediakooperationen zu bekommen. Tatsächlich werden die Rabatte, soweit es sie gibt, bei Weitem nicht das Ausmaß dessen erreichen, was bei anderen Vermarktern und in anderen Mediengattungen möglich ist. Es werden daher nicht die Konditionen sein, die die Mediaagenturen zu den Kooperationen treiben. Die Nähe dürfte viel mehr Ausdruck der enormen Marktbedeutung sein, die Google, Facebook und zunehmend auch Amazon mittlerweile haben. Gerade weil die Konzerne so mächtig sind, ist es für die Mediaagenturen wichtig, in Kontakt zu bleiben, um Bedeutung und Einfluss bei der Verteilung digitaler Werbegelder nicht zu verlieren. Den Anspruch von Mindshare, als unabhängiger Berater aufzutreten, tangieren die Kooperationen nach Güzeys Ansicht überhaupt nicht: „Sie erweitern vielmehr unsere Möglichkeiten, für unsere Kunden optimale Kampagnenlösungen zu erarbeiten.“ Prison hält die Partnerschaften sogar für notwendig: „Nur wer frühzeitig weiß, was morgen an neuen Möglichkeiten auf dem Markt ist, kann ausreichend schnell reagieren.“

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Live in die Herzen der Millennials Vom Oreo-Tweet bis zur Townhall-Debatte: Twitter und Snapchat vermarkten in den USA geschickt das Segment der Live-Events

kannt), sondern Inhalte in 24-StundenZyklen, sogenannte „Live Stories“. Werbekunden können auf zweierlei Weise an Live-Stories andocken, so Kooperationschef Ben Schwerin gegenüber dem USMediendienst Recode. Entweder Snapchat hat zunächst einen Inhalt und sucht dafür einen Sponsor. Das war zum Beispiel der Fall, als der Videospiel-Herausgeber Activision während des Live-Gaming-Events E3 sein neues Spiel „Call of Duty“ bewarb. Doch auch Werbekunden können bei genügend hohem Bedarf Snapchat dazu bringen, vermarktungsgerechte Stories zu produzieren.

Von Ulrike Langer

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uf der Hitliste von Tweets, die in die Geschichte eingegangen sind, steht unter anderem USPräsident Obamas „Four more years“. In den fast drei Jahren seit seiner Wiederwahl sind die berühmten drei Worte mit Umarmungsfoto fast 750000 Mal retweetet und mehr als 280000 Mal als Favoriten markiert worden. Ellen de Generes’ Massen-Selfie bei der OscarVerleihung siegte im vergangenen Jahr mit mehr als 3,3 Millionen Retweets (zeitweise mehr als 250000 pro Minute). Doch unvergesslich bleibt auch ein Marketingtweet: Als im Februar 2013 mitten im Super Bowl plötzlich die Stadionbeleuchtung für eine halbe Stunde ausfiel, schlich sich der Oreo-Keks in die Herzen der Werber und Marketer mit dem Spruch: „You can always dunk in the dark.“ Der auch im Dunkeln in Milch tunkbare Keks weckt bei Amerikanern nostalgische Kindheitserinnerungen. Hinter dem Spruch mit mehr als 15000 Retweets, rund 20000 Likes bei Facebook und erheblicher Media-Hebelwirkung steckte die Digitalagentur 360i. Damals hieß es noch, solch einen Marketingglücksfall könne man nicht planen. Doch inzwischen vermarkten vor allem Twitter und Snapchat gezielt Ereignisse mit Eventcharakter. Bei Twitter können Werbekunden ihre Tweets und Videospots schon Monate im Voraus buchen, aber dennoch in Echtzeit anpassen. Die Funktion soll Twitters für einen Start im Herbst geplante kuratierte Plattform „Moments“ ergänzen (Codename „Project Lightning“). Mit den Momenten will der defizitäre Dienst den Wandel vom textbasierten KurznachrichtenNetzwerk zur multimedialen Live-Plattform schaffen. Zwischen Facebooks derzeit weltweit 1,5 Milliarden monatlichen Nutzern und Twitters beinahe stagnierenden 300 Millionen wird der Graben zwar immer größer. Doch durch geschickte Kombination von multimedialen Inhalten mit Verbreitung in Echtzeit (Letzteres war noch nie Facebooks Stärke) will Twitter durchaus mit Facebook konkurrieren. Außerdem schwächelt Facebook seit einiger Zeit bei den Millennials, während Twitter inzwischen vor allem bei Highschool-Kids und

Die Warriors gewinnen die NBA und Snapchat ist live dabei

Steil bergauf Weltweiter Werbeumsatz von Twitter

in Millionen US-Dollar 2444,0

1692,4

1403,0 594,9 44,6 2010

139,5 2011

269,4

2012

2013

2014

2015*

2016*

* Schätzung Quelle: eMarketer, Twitter

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Twitter will vom textbasierten Nachrichtendienst zur Multimedia-Plattform werden

Studenten ziemlich angesagt ist. Von Twitters recht erfolgreicher Live-VideoApp „Periscope“ ist bei alledem noch nicht einmal die Rede, denn die wird (noch) nicht vermarktet (siehe Seite 12).

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otos werden bei Twitter großflächig ohne vorherige Klicks zu sehen sein, Videos selbstständig abspielen. Und das nicht nur auf Twitter selbst, sondern auch auf fremden Websites, auf denen Tweets eingebettet sind. Damit kann Twitter seine Reichweite potenziell um ein Vielfaches vergrößern. Für Nutzer hat die neue magazinartige Darstellungsform den Vorteil, dass sie in den verschiedenen Themenkategorien und vor allem bei Live-Events schneller finden, was sie suchen. Twitter kann auf diese Weise Nutzer, die sich für ein bestimmtes Thema interessieren, im Paket vermarkten. Oder bei regionalen und lokalen Ereignissen Zielgruppen für entsprechendes Targeting anbieten. Werbekunden und ihre Agenturen wiederum müssen sich ihre Zielgruppen nicht mühsam über die Auswertung einzelner Tweets und Hashtags zusammensuchen. Es klingt nach einer Win-win-Situation, wovon sich Twitter den Befreiungsschlag erhofft. Seit Juli 2015 bietet die Plattform zudem ihr neues Vermarktungssegment „Live Events“, das zunächst nur die beiden Mediaagenturen MEC in New York und Mindshare UK testen konnten, allen Werbekunden an. In Twitters nach nationalen und regionalen Märkten differenzierten Eventkalendern stehen nationale Feiertage, Musikfestivals, Preisverleihungen wie die Oscar-Nacht, TV-Shows, politische Ereignisse und Wahlen sowie Sportevents wie Football-Spiele, StockCar-Rennen oder das wichtigste Ereignis im Pferderennsport, das Kentucky Derby mit dem Marketingslogan „Die aufregendsten zwei Minuten im Sport“. Twit-

ter wird für Werbekampagnen damit ähnlich planbar wie Fernsehsender, was allerdings durchaus im Gegensatz zu seinem Anspruch als Echtzeit-Kommunikationsplattform steht. „Wir bieten Werbekunden die Möglichkeit, ihre Botschaften bis zuletzt anzupassen“, argumentierte Ameet Ranadive, der bei Twitter die Umsatzsparten verantwortet, bei „Ad Age“ , warum eine Belegung bei Twitter die beste Wahl sei. Ein multimedialer Werbetweet lässt sich in Echtzeit anpassen, was bei einem TV-Spot nicht möglich ist. Wenn bei einem Live-Ereignis etwas Unvorhergesehenes passiert, können Marken auf den möglichen Verlauf eines Ereignisses mit A/B-Varianten von Tweets reagieren. Bei Live-Sportübertragungen zum Beispiel, je nachdem welches Fußballteam, Rennauto oder Pferd gerade vorne liegt oder letztlich gewinnt. Auf der anderen Seite wird Twitter mit eigenen und erworbenen Inhalten nun auch selbst zum Rechteverwerter. Als ersten Deal präsentierte das soziale Netzwerk vor wenigen Wochen einen Zweijahresvertrag mit der National Football League NFL. Wie viel Geld in der Vermarktung von Live-Events liegt, beweist Snapchat schon länger. Der vor allem bei amerikanischen Jugendlichen und Millennials beliebte bildorientierte Kurznachrichtendienst schnappt sich immer mehr Werbekunden, die junge Zielgruppen immer weniger über das Fernsehen erreichen. Denn nicht nur sinkt die Fernsehnutzung bei den unter 30-Jährigen immer stärker – sie haben als sogenannte „Cord-Cutter“ auch häufig gar keinen Fernseher mehr. Snapchat vermarktet gegenüber seinen Medienpartnern und Werbekunden keine Nutzernachrichten, die nach wenigen Sekunden wieder verschwinden (mit dieser Eigenheit wurde der Dienst be-

it nur ein oder zwei hochpreisig vermarkteten Live-Geschichten pro Woche stieg Snapchat im Januar 2015 in das LiveEvent-Geschäft ein, inzwischen verkauft ein 40-köpfiges Sales-Team bis zu vier Werbeplätze pro Live Story, von denen mittlerweile mehrere pro Tag laufen. Bei der Vermarktung setzt Snapchat außerdem geschickt auf den Neuigkeitswert einer frischen Story. Deshalb sind Werbeplätze am Anfang eines 24-Stunden-Zyklus teurer als am Ende. Snapchat veröffentlicht keine Preisangaben, doch laut Recode, das sich auf Brancheninsider beruft, sollen die Kosten bei durchschnittlich 2 Cent pro Abruf eines 10-sekündigen Werbespots liegen, was Snapchat bei bis zu 20 Millionen Abrufen pro Live Story demnach jeweils Werbeeinnahmen von bis zu 400000 Dollar einbringt. Als lukratives Vermarktungsfeld hat Snapchat außerdem die Politik entdeckt. Die Plattform macht sich dabei vor allem den Umstand zunutze, dass sich Millennials entgegen des landläufigen Klischees sehr wohl für Politik interessieren, darunter aber ganz etwas anderes verstehen als die Formate, in denen Politik in klassischen Medien präsentiert wird. Zwar produzieren auch Medienpartner wie CNN, ESPN oder „The Daily Mail“ Kurzvideos in eigenen Themenkanälen über Snapchats Feature „Discovery“. Doch Snapchat stellt mittlerweile auch eigene politische Reporter ein, um vom Buzz bei den amerikanischen Vorwahlen zu profitieren und Millennials-gerecht zu erklären, was zum Beispiel ein Townhall-Gespräch ist, warum alle politisch Interessierten so gebannt auf Iowa schauen und wie die Umfrageinstitute zu ihren Prognosen kommen. Politik findet in den USA ebenso wie Sport vor allem lokal statt – jede Kommune hat ihre eigene Steuergesetzgebung, mehrmals im Jahr gibt es Themen, über die Bürger direkt abstimmen können, jedes College hat ein Footballteam, dessen Spiele live übertragen werden, und die Townhall-Gespräche heißen so, weil sie vor Ort in den Rathäusern stattfinden. Amerikanische Lokalzeitungen und zunehmend auch lokale Fernsehsender bringen aber schon lange nicht mehr genügend Ressourcen auf, um lokale LiveEvents angemessen zu covern und zu vermarkten. Es ist kein unwahrscheinliches Szenario, dass ausgerechnet Snapchat oder Twitter zu neuen wichtigen Playern auf dem Live-Event-Markt heranwachsen, egal ob global, national oder lokal.

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Digitale

ILLUSTRATION: LA GORDA / FOTOLIA; MONTAGE: HORIZONT

Eine Ausgabe. Ein Thema.

Baustellen Werbeholdings: Alle wollen ihr Onlinegeschäft stärken – die Strategien dafür sind aber unterschiedlich

Von Mehrdad Amirkhizi

D „Wir agieren im digitalen Bereich wie ein strategischer Risikokapitalgeber“ Martin Sorrell, WPP

„Wir haben uns entschieden, digitale Kompetenzen in jeder Agentur aufzubauen“ Michael Roth, Interpublic

ie Zukunft der Kommunikation ist digital. Daran lassen die großen Werbeholdings keinen Zweifel. Vor allem wenn es um die Einsatzmöglichkeiten von Big Data geht, geraten Konzernchefs wie Martin Sorrell von WPP und Maurice Lévy von Publicis ins Schwärmen – viel mehr, als wenn sie über die Kraft und das Potenzial von Werbung sprechen. Alle Holdings unternehmen große Anstrengungen, sich für das digitale Geschäft fit zu machen. Die Wege und Strategien, die sie dabei verfolgen, sind aber unterschiedlich. Vereinfacht ausgedrückt lassen sich zwei Ansätze unterscheiden: Während die einen viel Zeit, Aufwand und nicht zuletzt Geld in den Aufbau eigenständiger Digitaleinheiten investieren, warnen die anderen vor Silo-Strukturen und versuchen, die entsprechenden Kompetenzen vor allem bei ihren Stammmarken zu etablieren. Beispiel für die erste Variante ist WPP. Die weltgrößte Kommunikationsholding forciert seit Jahren die Gründung und den Zukauf digitaler Angebote. „Wir glauben, dass sich Differenzierung nicht nur an Talenten festmacht, sondern auch an Technologie, Data und Content“, sagt CEO Sorrell. Für die Koordination der Aktivitäten im Onlinebereich betreibt die Holding mit WPP Digital eine eigene Einheit, die von Wunderman-Chef Mark Read geführt wird. 2014 trugen die digitalen Geschäfte 36 Prozent zum Gesamtumsatz von WPP in Höhe von 11,5 Milliarden Britischen Pfund (15,6 Milliarden Euro) bei. Bis zum Jahr 2020 soll dieser Anteil auf 40 bis 45 Prozent erhöht werden. Dabei setzt die Holding nicht zuletzt auf Zukäufe, auch in Deutschland. Aktuell versucht das Unternehmen, die börsennotierte Agenturgruppe Syzygy, an der WPP bereits 30 Prozent der Anteile hält, mehrheitlich zu übernehmen. Ein entsprechendes Übernahmeangebot liegt seit kurzem vor.

Doch allein mit Zukäufen ist es nicht getan. Die Digitalstrategie von Konzernchef Sorrell umfasst weitere Punkte. Erstens: Ausbau der digitalen Kompetenz in allen Einheiten. Zweitens: Aufbau spezieller Expertise für Themen wie Mobile Marketing, E-Commerce und Social Media. Drittens: Data- und Technologieangebote wie beispielsweise die Mediaplattform Xaxis. Viertens: Partnerschaften mit Unternehmen wie Microsoft, Google, Facebook und Apple. Erst vor kurzem hat WPP Kooperationen mit Snapchat und Buzzfeed vereinbart. Konzernchef Sorrell fasst die Strategie so zusammen: „Wir sorgen dafür, dass unsere traditionellen Marken das digitale Geschäft erfassen. Wir entwickeln unsere digitalen Marken weiter. Und wir agieren wie ein strategischer Risikokapitalgeber, indem wir im Digitalbereich kaufen, investieren und experimentieren.“ Dabei sei man auch bereit, „die eigenen Kinder zu fressen“ – sprich in gewissem Maß das bestehende Geschäft zu kannibalisieren, um erfolgreich zu sein.

Publicis hat viel Geld in die Hand genommen Einen ähnlichen Weg bei der Stärkung des Digitalgeschäfts verfolgt Wettbewerber Publicis. CEO Lévy hat viel Geld in die Hand genommen, um diesen Bereich auszubauen. Auch er setzt auf starke eigenständige Marken und hat im Verlauf der vergangenen Jahre Agenturnetzwerke wie Razorfish, Digitas und LBi gekauft. In Deutschland hat Publicis die PixelparkGruppe übernommen und mit der Stammmarke zusammengeführt. Die mit Abstand größte Akquisition war aber – nach dem zuvor sang- und klanglos gescheiterten Merger mit Wettbewerber Omnicom – der Deal mit Sapient. Publicis hat sich die US-Agenturgruppe satte 3,7 Milliarden US-Dollar kosten lassen. Mit dem Zukauf steigerte die französische Holding ihren Digital-

anteil auf einen Schlag um 8 Prozentpunkte auf 50 Prozent des Gesamtumsatzes in Höhe von 7,2 Milliarden Euro. Diese Zielmarke war ursprünglich für 2018 vorgesehen. Organisatorisch bündelt der Konzern die Aktivitäten der neuen Tochter unter dem Dach der Plattform Publicis.Sapient. Dort sind auch Razorfish, Rosetta und Digitas LBi angesiedelt – unter der Führung von Sapient-CEO Alan Herrick.

Omnicom und IPG gehen einen anderen Weg Wie das Modell in der Praxis funktioniert, muss sich zeigen. Auswirkungen auf den deutschen Markt sind bislang nicht zu sehen. Von der Übernahme erhofft sich die Publicis-Gruppe Impulse für das Geschäft. Potenzial für neue Erlösströme sieht die Führung im Consultingund vor allem im Technologiebereich. Hier hat Sapient traditionell ihre Stärken. „Wenn wir nicht marginalisiert werden wollen, müssen wir unser Serviceangebot erweitern“, fordert CEO Lévy. Darüber hinaus setzt der Firmenpatriarch auf Synergien in Feldern wie digitale Produktion und im Einkauf. Das Einsparpotenzial wird auf jährlich rund 50 Millionen USDollar beziffert. Einen anderen Weg als WPP und Publicis gehen die Wettbewerber Omnicom, Interpublic und Havas. Sie haben sich auf die Fahnen geschrieben, vor allem ihre bestehenden Marken digital voranzubringen. Von eigenständigen Ablegern für das Onlinegeschäft halten sie nicht viel. Für diesen Ansatz steht vor allem die US-Holding Omnicom mit Netzwerken wie BBDO, DDB und TBWA. „Wir stärken disziplinübergreifend die digitalen Fähigkeiten in all unseren Agenturen, anstatt digitale Silos unter dem Dach der Holding zu etablieren“, erläutert Kom-

munikationschefin Joanne Trout die Strategie. Auch dieser Weg ist jedoch kein Selbstläufer, nicht zuletzt kulturell. Digitale mit Experten für klassische Kommunikation zusammenzubringen, klappt nicht immer reibungslos. Eine Ausnahme macht Omnicom allerdings im Mediabereich. Hier gibt es mit Annalect einen eigenen Ableger für datengesteuertes Onlinemarketing, der mit der WPP-Plattform Xaxis konkurriert. Entsprechend der Logik, das Digitale bei den wichtigsten Marken anzusiedeln, weist Omnicom keinen separaten Umsatzanteil für dieses Geschäft aus (Gesamtumsatz 2014: 15,3 Milliarden Dollar beziehungsweise 13,7 Milliarden Euro). „Für uns gehört das zum Kern jeder Agentur“, betont Trout. Gleichwohl weiß die US-Holding, dass ihre Tochterfirmen nicht alles selbst leisten können. So kooperiert auch Omnicom mit Technologiegrößen wie Google, Facebook und Twitter. Zukäufe gehören ebenfalls zum Tagesgeschäft. In Deutschland hat sich die Gruppe Anfang dieses Jahres mit der Berliner Digitalagentur Torben, Lucie und die gelbe Gefahr verstärkt. Sie agiert seither als deutscher Vertreter des internationalen Rapp-Networks. Auch die Interpublic-Holding, zu der Anbieter wie McCann, MRM, FCB und Lowe gehören, verfolgt die Strategie, das Online-Know-how in der gesamten Organisation zu stärken – und nicht spezialisierte Einheiten dafür zu schaffen. „Wir haben schon vor einiger Zeit die Entscheidung getroffen, digitale Kompetenzen organisch innerhalb jeder einzelnen Agentur unserer Gruppe aufzubauen“, sagt CEO Michael Roth, der einen Gesamtumsatz von 7,5 Milliarden Dollar (6,7 Milliarden Euro) verantwortet. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die mit einem Jahresumsatz von 1,9 Milliarden Euro kleinste der weltweit agierenden Kommunikationsholdings Havas. Sie sieht sich sogar als Vorreiter bei diesem Modell: „Wir waren vor über zehn Jahren die erste Holding, die ein komplett integriertes Modell eingeführt hat.“

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10. September 2015 FOTO: PRIVAT

„Die Marke spielt keine Rolle mehr“ E-Commerce: Alexander Graf über die Werbestrategien der Online-Händler, untreue Kunden und die Rolle von Datenanalysten im Onlinehandel

Von Santiago Campillo-Lundbeck

E

r gehört in Deutschland zu den wichtigsten Kennern der ECommerce-Branche und ihrer Kommunikationsstrategien. Im Gespräch mit HORIZONT beschreibt Alexander Graf, weshalb die Onlinehändler sich vom klassischen Markenverständnis verabschiedet haben und weshalb die Entwicklung auch den stationären Handel und das Marketing der Markenhersteller unter Druck setzt. Die großen E-Commerce-Unternehmen galten stets als Disruptoren der Wirtschaft im Allgemeinen und des Marketings im Besonderen. Aber wenn sie für sich selbst werben, setzen digitale Marken gerne auf klassische Kanäle. Da sehe ich im Augenblick einen starken Wandel. In den vergangenen Jahren haben die E-Commerce-Unternehmen sehr stark auf klassische Werbung gesetzt. Aber mittlerweile spielt das klassische Marketing keine eigene Rolle mehr, sondern alles ordnet sich den Anforderungen des Performance Marketings unter. Das fällt schwer zu glauben. Bisher haben wir noch kein Start-up einen Media-for-Equity-Deal ablehnen sehen. Wenn ein Start-up günstig zu MediaDeals kommen kann, wäre es ja auch dumm, so ein Angebot auszuschlagen. Aber was ich meine, ist etwas anderes. In der Vergangenheit führte ein AwarenessAufbau durch klassische Kampagnen stets auch zu einem Conversion-Uplift bei Google Adwords und damit zu besseren Abverkaufszahlen. In den letzten zwei Jahren brach dieser Markenkampagnen-Effekt allerdings massiv ein. Damit wird die Vernetzung der Marketingdaten mit Reichweite schaffenden Mediakanälen zu einer Steuerungsaufgabe des Performance Marketings. Treiber der Kommunikation ist nicht mehr der Marketingleiter, sondern der Datenanalyst. Viele der Pure Player haben heute schon kein klassisches Marketingbudget mehr. Existiert noch eine Korrelation zwischen Markenaufbau und Erfolg? Tarek Müller hat einmal gesagt: „Mich interessiert nicht, wie bekannt About You in der Bevölkerung ist, sondern ob es in unserer Zielgruppe bekannt ist.“ Das lässt sich als Perspektive problemlos auf andere E-Commerce-Händler übertragen. Statt dem Schalten von Kampagnen, die ein Markenbewusstsein bei den Kunden aufbauen sollen, geht es heute um die strategische Optimierung der Unterneh-

mens-Performance bei Messbarkeit in Echtzeit. Dabei kommt Werbung je nach konkreter Anforderung taktisch zum Einsatz, ist aber nicht selbstverständlich. Und was ist im E-Commerce an die Stelle des klassischen Marketings gerückt? Auch Onlinehändler wollen natürlich ihr Geschäft positiv entwickeln. Aber in ihrem Denkmodell gibt es keine Grenzen zwischen Marketing und Wachstum, sondern alles dreht sich um Wachstum. Damit spielt der klassische Markenbegriff fast gar keine Rolle mehr. Denn Marke erklärt im E-Commerce keine Kaufentscheidungen. Die Kunden werden immer untreuer. Wenn man sie erreichen will, muss man in der jeweiligen Kaufsituation überzeugen und Kundenbindung auf der Transaktionsebene herstellen. Liegt das nun tatsächlich am Verfall der Markenrelevanz oder eher am Überangebot an Onlinehändlern? In diesem Markt sind die meisten Unternehmen mit ihrem Service extrem ersetzbar. Das gilt auch für die Großen wie Amazon und Zalando. Aber gerade bei Amazon zeigt sich, dass man sich ohne die Instrumente der klassischen Markenführung effektiv von seinem Wettbewerb differenzieren kann. Ein Mehrmarkenhändler ist preislich vergleichbar und damit austauschbar, doch Angebote wie Amazon Kindle, Amazon Prime oder Amazon Dash sind es nicht. Aber Amazon investiert auch in kostspielige klassische Werbekampagnen. Amazon spielt aufgrund seiner Größe und neuen Services nach eigenen Regeln. Da geht es nicht mehr darum, sich im Markt zu etablieren, sondern eher um die Frage, wo die nächsten 5 Prozent Wachstum herkommen sollen. Das lässt sich jetzt aber nicht als Blaupause für Unternehmen verwenden, die im Onlinehandel noch ganz am Anfang stehen. Würde zu solch einer Blaupause nicht auch Content Marketing gehören? Das kann sicherlich funktionieren. Allerdings nur, wenn der Händler groß genug ist, um auf seiner Website schon ein gewisses Grundrauschen zu haben. Dann kann ich auf diese Weise das Engagement meiner Zielgruppe verbessern. Fehlt die nötige Größe, muss man erst einmal mühsam Reichweite aufbauen. Generell wirken die aktuellen Trends so, als ob die Onlinehändler vor allem den Kontakt mit ihren Bestandskunden intensivieren wollten, statt komplett neue Kunden anzusprechen.

Nein, es ist schon ein Shift weg von der ausschließlichen Jagd nach neuen Kunden zu spüren. Und bei etablierten Plattformen, die nicht erst bekannt werden müssen, sind Anreize für eine langfristige Kundenbeziehung ja durchaus sinnvoll. Die Frage ist nur, wie groß das reale Potenzial ist. Bei Händlern wie Zalando und Otto ist es nicht schwer, schnell und regelmäßig neue Kaufanlässe zu finden. Bei einem Spezialisten wie Fahrrad.de bin ich dagegen skeptisch. Damit kommt es im Onlinehandel also definitiv auf die Größe an, wenn man Kunden binden will. Aber stößt man dabei nicht schnell an die Kompetenzgrenzen der Händlermarke? Da sind wir wieder bei der konkreten Einkaufssituation als differenzierender Moment einer E-Commerce-Marke. Amazon hatte zunächst seine B-to-BPlattform Amazon Supply getrennt geführt, weil man befürchtete, dass die Kunden einen Unterschied zwischen privaten Einkäufen und geschäftlichen Einkäufen machen würden. Es stellte sich heraus, dass es den Kunden schlicht egal ist. Umgekehrt hat Amazon bei Mode keine starke Stellung – nicht durch fehlende vermutete Kompetenz, sondern weil die Produktdarstellung auf den Seiten für diese Warenkategorie einfach nicht optimal ist. Für einen Service wie das geplante Amazon Fresh ist es also völlig egal, ob man die Marke mit Lebensmitteln verbindet. Entscheidend ist, ob man ihr zutraut, den Onlinehandel damit souverän zu beherrschen. Heißt das, dass die Expansion von Amazon nicht mehr zu stoppen ist? Oder lassen sich die Platzhirsche von heute noch mit Innovationen vom Thron stürzen? Ein neuer Anbieter für einen etablierten Service hat heute faktisch keine Chance mehr. Denn die Zahl der sinnvollen ECommerce-Modelle ist begrenzt. Diese Situation lässt sich natürlich – zumindest in der Theorie – über Innovationen aufbrechen. Die Frage ist nur, was das sein könnte. Denn die letzte große Innovation war vor Jahren die Einführung der Shoppingclubs. Seitdem hat sich, abgesehen von Open-Commerce-Ansätzen wie About You, sehr wenig getan. Könnte der Multi-Channel-Ansatz nicht die Innovation sein, mit der sich Amazon und Co herausfordern lassen? Ach, diese These, nach der 1 plus 1 am Ende 3 ergibt, ist doch schon längst widerlegt. Die Offline User Experience spielt für das Online-Kaufverhalten einfach keine Rolle. Die stationären Händler

sollten sich lieber überlegen, wie sie ihre Läden so umbauen, dass die Kunden wirklich gerne kommen wollen. Aber schafft die Beratung und das Produkterlebnis in den Filialen nicht einen relevanten Mehrwert im E-Commerce ? Worin liegt der Vorteil, die Produkte eines stationären Ladens mit schlechteren Produktbildern, -beschreibungen und -preisen im Vergleich zu Onlinehändlern zu listen? Da muss man sich doch fragen, bei welchen Produkten das stationäre Einkaufserlebnis wirklich ein Vorteil ist. Und das ist heutzutage nur noch sehr selten der Fall. In allen anderen Fällen ist ein Händler besser beraten, wenn er offline Produkte hat, die im Internet nicht bestellbar sind, und so Exklusivität für den stationären Handel schafft. Leichter gefordert als umgesetzt. Hersteller können sich kaum aussuchen, welcher Händler ihr Produkt verkauft. Markenhersteller haben derzeit wirklich kein leichtes Leben. Online sind sie permanent einem harten Preisdruck ausgesetzt, können aber gleichzeitig auch nicht mehr auf das Umsatzvolumen verzichten, das sie hier erzielen. Theoretisch könnte der E-Commerce jungen Marken zumindest eine leichtere Listung als der stationäre Handel erlauben. Aber mit einer solchen Strategie lässt sich meist nicht die nötige Marge sichern, die das Produkt auch für eine Listung im stationären Handel attraktiv machen würde. Und was ist der Ausweg? Die Hersteller könnten ihre Kunden exklusiv an sich binden. Aber die Zahl der Produktabonnements, die man einem Konsumenten verkaufen kann, dürfte überschaubar sein. Alternativ könnte es auch vielversprechend sein, reine OnlineProduktmarken zu kreieren, die auch in ihrer Vermarktung digital getrieben sind. Ein daten-affiner Analyst verfügt in dieser Welt über mehr Kompetenz, eine Marke aufzubauen, als ein langjähriger Markenverantwortlicher ohne technologische Affinität. Von 100 Markenunternehmen tracken vielleicht fünf Unternehmen ihre Bewertungsnoten online, und zwei davon mögen versuchen, sie zu optimieren. Nach einem Königsweg klingt das nicht. Nicht umsonst rollen da derzeit bei den Herstellern viele Schweißperlen. Denn die Online-Präsenz führt dazu, dass die Zahl der für den Kunden sichtbaren Marken deutlich steigt. Durch diese Überdistribuierung steigt der Eindruck der Austauschbarkeit und für unsauber positionierte Marken dürfte es eng werden.

Alexander Graf

Der 34-Jährige ist Fachautor, Herausgeber des Blogs Kassenzone und Geschäftsführer von Spryker Systems, einem E-Commerce-Technologie-Anbieter. Der studierte Ökonom und Informatiker führt seit 2011 das Beratungsunternehmen E-Tribes und war außerdem Co-Geschäftsführer der mit Nils Seebach und Tarek Müller gegründeten Agenturgruppe Net Impact Framework, die 2013 an die Otto Group verkauft wurde.

Das Fachbuch

Heute bildet der E-Commerce eine Branche, die mit gut 50 Milliarden Euro Umsatz einen nennenswerten Anteil des deutschen Einzelhandels ausmacht. In „Das E-Commerce Buch” bringen Alexander Graf und Professor Holger Schneider Marktbedingungen und -herausforderungen zusammen, aktuelle Best Practices sowie die Perspektiven von Playern, die Onlinehandel in Deutschland gestalten und verändern. Das Werk soll speziell verdeutlichen, für welche E-CommerceGeschäftsmodelle sich der Einstieg ins Onlinemarketing eignet.

D DFV-FACHBUCH.DE

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noch keine endgültige Erfolgsformel gefunden haben, dürfte das Wettrennen der Hersteller ins neue Segment kaum zu stoppen sein. Denn es ist eine der wenigen Kategorien innerhalb der Konsumelektronik, wo noch ein reales Wachstum möglich ist. Laut IDC haben sich die Neukäufe von Wearables im 2. Quartal 2015 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum von 5,6 Millionen auf 18,1 Millionen Geräte mehr als verdreifacht. Dabei ist der Markt noch längst nicht endgültig verteilt: Zwar dominiert gerade Apple bei den Smartwatch-Verkäufen, doch auf der Ifa haben sowohl Samsung als auch Motorola neue Modellpaletten vorgestellt. Dazu kommen chinesische Marken wie Lenovo und Xiaomi, die den europäischen Markt noch gar nicht ernsthaft in Angriff genommen haben. Und diese Dynamik dürfte sich noch deutlich steigern, wenn 2016 mit dem Verkaufsstart von Sony Projekt Morpheus und Facebooks Oculus Rift ein breiter Massenmarkt von Headsets für virtuelle Realität (VR) entsteht. Für die Marketingbranche schafft diese Flut an neuen potenziellen Konsumenten-Touchpoints allerdings auch zugleich ein taktisches Dilemma: Wo lohnt es sich in Zukunft am meisten, mit seiner Marke Präsenz zu zeigen?

Von Santiago Campillo-Lundbeck

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evolutionen brauchen stets auch einen engagierten Propheten. Und niemand widmet sich der Verkündung der WearablesHeilsbotschaft mit so viel Hingabe wie Intels CEO Brian Krzanich. Im Januar stellte er auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas eine Reihe neuer Technologien und Initiativen vor, die den Sprung auf die nächste Stufe der Computing-Welt beschleunigen sollen, und ließ die Fachöffentlichkeit unmissverständlich wissen, dass es ihm nicht um Business as usual geht: „Neue Entwicklungen beim Personal Computing, intelligente und vernetzte Geräte sowie Wearables haben die Beziehung zwischen Konsumenten und Technologie neu definiert.“ Mit dem Modul Intel Curie in Knopfgröße für Wearable-Lösungen will der Chip-Hersteller von dieser neuen Ära nach Kräften profitieren. Aber noch gilt es, sowohl die Fachöffentlichkeit als auch die Endkonsumenten davon zu überzeugen, dass der traditionelle Computer mit Keyboard und Computer-Maus ein Auslaufmodell ist. 2014 warb Krzanich um die Entwickler mit dem Wettbewerb „Make it Wearable“, dieses Jahr im August präsentierte er die eigene RealityShow „America’s greatest makers“ fürs breite Publikum. Der Aufbruch in die nächste Ära soll hier als leichter Unterhaltungsstoff schmackhaft gemacht werden. Wie sehr der breiteren Öffentlichkeit die von den Trendscouts theoretisch diagnostizierte Aufbruchsstimmung tatsächlich noch fehlt, musste nicht zuletzt Apple beim Launch seiner ersten Smartwatch erfahren. Die im März offiziell präsentierte Apple Watch sollte nicht nur einem vergleichsweise überschaubaren Produktsegment zu explosivem Wachstum verhelfen, sondern vor allem Apple eine Erfolgsstory liefern, die über das unverändert lukrative iPhone hinausgeht. Herausgekommen ist dabei eher ein PRDesaster auf hohem Niveau. Ein Quartal nach dem Launch weigerte sich CEO Tim Cook, über den konkreten Verkaufserfolg zu sprechen und nährte damit Spekulationen, dass die Kultmarke die Mindestvorgaben der Börsenanalysten nicht erfüllen konnte. Eine Analyse des IT-Marktforschers IDC attestierte Apple zwar, mit 3,6 Millionen Smartwatches den Gesamtmarkt der Kategorie deutlich erweitert zu haben, machte dabei auch ein strukturelles Problem deutlich: Wenn es um digitalen Nutzwert am Handgelenk geht, sind Smartwatches nach wie vor ein Nebenschauplatz. Den eigentlichen Markt machen immer noch die Fitness-Armbänder von Fitbit und Co. Während Apple im 2. Quartal mit 3,6 Millionen verkauften Exemplaren Platz 2 im Markt der Neuverkäufe erreichte, bleibt Fitbit mit 4,4 Millionen verkauften Exemplaren klar auf Platz 1. Dass das weniger komplexe Angebot die glamouröse Edelmarke so deutlich schlägt, scheint zunächst widersprüchlich. Doch glaubt man einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Accenture, könnte genau darin die Erklärung liegen. Laut „Digital Consumer Survey 2015“ haben 88 Prozent der befragten Konsumenten schon Schwierigkeiten bei der Benutzung ihrer Smart Devices erlebt. Die Liste der Klagen ist so lang wie

Wearables: Tragbare Computer versprechen eine Revolution des Nutzerlebnisses. Damit wird der Desktop mit Computermaus zum Auslaufmodell.

markenschädigend: 31 Prozent der Umfrageteilnehmer hatten schlicht keinen Spaß mit ihrem Smart Device oder konnten keinen Nutzen daraus ziehen, für 17 Prozent sind viele Geräte schlicht zu kompliziert zu benutzen und 11 Prozent der Befragten kritisierten, dass ein frisch gekauftes Gerät nicht den Versprechen des Herstellers entsprach.

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a überrascht es kaum, dass für 33 Prozent der Befragten die einfache Bedienbarkeit ein ausschlaggebender Kaufgrund ist; möglichst viele Features verlangen dagegen nur 19 Prozent. „Für die Hersteller sollte das ein Weckruf sein, ihre Herangehensweise zu überdenken“, sagt Jürgen Morath, Geschäftsführer im Bereich Communications, Media und Technology bei Accenture. Alle neuen Features seien sinnlos, wenn der Anwender sie nicht benutzen könne.

Aus die Maus Diesen Effekt hat auch Jef Holove, Geschäftsführer des FitnessArmband-Herstellers Basis, festgestellt: „Die Konsumenten schätzen Produkte, die ihnen einen sehr konkreten und unmittelbar nachvollziehbaren Nutzen bieten. Und das sind bei am Handgelenk getragenen Geräten derzeit eindeutig die Fitness-Lösungen.“ Dabei verschwimmen hier zunehmend die klaren Abgrenzungsmöglichkeiten: Ähnlich wie die Apple Watch, Samsungs Galaxy Gear und Motorolas Moto 360 Fitnessanwendungen haben, bietet ein Premium-Fitness-Armband wie das Basis Peak auch grundlegende Smartwatch-Funktionalitäten wie beispielsweise Benachrichtigungen beim Eintreffen neuer E-Mails.

Allerdings glaubt Holove nicht, dass sich das Wettrennen am Handgelenk über das Anbieten möglichst vieler technologischer Features entscheiden wird. Wichtig sei vielmehr, was man aus den gemessenen Daten heraushole: „Die meisten beschränken sich bei Fitness-Daten auf die Darstellung in Tabellen und Langzeitvergleichen. Aber unsere Erfahrung ist, dass die Nutzer das bestenfalls zwei Wochen interessant finden und danach einfach ignorieren.“ Basis setzt daher auf diverse Verhaltensänderungsprogramme zur Steigerung des Wohlbefindens, bei denen das FitnessArmband Werkzeug und nicht Selbstzweck für Technikfans ist. Doch selbst wenn sogar große Marken wie Apple

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liver Rößling, Geschäftsführer des Hamburger TechnologieStartups Opus VR, warnt davor, die unterschiedlichen Gerätekategorien in einen Topf zu werfen: „Wir haben hier auf der einen Seite Gadgets ausgestattet mit Sensoren, die Veränderungen in der realen Welt erfassen. VR-Headsets dagegen schotten die reale Welt ab und bieten uns virtuelle Erlebnisse, die durchaus mit den Messwerten der Wearables aus der realen Welt angereichert werden können. Und mit Augmented Reality lassen sich diese beiden Konzepte sogar sinnvoll miteinander verschmelzen, indem virtuelle Elemente in die reale Welt tranferiert werden und gezielt mit Daten angereichert werden.“ Das heißt konkret: Ein Möbelhändler wie Ikea könnte VR-Headsets für die Markenkommunikation oder konkrete Verkaufsberatung nutzen oder alternativ vernetzte Einrichtungskonzepte entwickeln, die sich über die Ikea-App auf der Smartwatch steuern lassen. Beide Strategien schaffen einen Mehrwert für die Marke, gehören aber jeweils zu unterschiedlichen Aspekten des Marketingprozesses. Rößling sieht aber auch, dass das hinter den Wearables liegende Selbstverständnis noch lange kein Selbstläufer ist: „Da fühlen sich viele noch nicht wirklich abgeholt. Hier wird man Brücken bauen und Ängste nehmen müssen.“ Dass dieser Aspekt nicht trivial ist, zeigen die Erfahrungen mit Googles Augmented-Reality-Brille Glass. Ursprünglich als Steuerungsgerät für den Alwayson-Onlinenutzer konzipiert, reduzierte sich die Diskussion um Google Glass schnell auf die eingebaute Kamera und die damit verbundenen Risiken für die Privatsphäre. Und die Vorlage für dieses PR-Debakel lieferte letztlich in wesentlichen Teilen Google, da der Suchmaschinenriese in Imagespots für seine auf der Nase getragene Internet-Schnittstelle immer wieder die Kamera als beobachtender Alltagsbegleiter zeigte. Die Menschen erkannten darin, ähnlich wie Intel-CEO Krzanich, eine Neudefinition der „Beziehung zwischen Konsumenten und Technologie“ und lehnten sie entschieden ab.

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„Ein Thema mit Zukunft“ Zeiss: Andreas Klavehn erzählt, weshalb der Linsenhersteller an Wearables glaubt

Zeiss war bisher eine Marke, die der Durchschnittsverbraucher von seinem Optiker her kannte. Plötzlich sind Sie im Hightech-Thema Wearables präsent. Warum dieser Sprung?

Das war eine ganz pragmatische Entwicklung. Wir haben uns ein Headset von Oculus Rift und Samsung geholt und haben uns gesagt, dass wir das besser können. Denn für ein gutes Erlebnis der virtuellen Realität ist neben der Hardware und der Software auch die Optik entscheidend. Und das ist unsere Expertise. Und wie wollen Sie als traditionelle B-toB-Marke aus Deutschland im globalen Wettrennen von Konzernen wie Samsung, Facebook und Google mithalten?

Unser Ziel ist in erster Linie, den Markt zu testen und zu lernen. Wir wollen unsere Technologie an andere Hersteller lizenzieren. Das ist ein Geschäftsmodell, das wir kennen und in dem wir uns auch wohlfühlen. Aber überraschenderweise haben sich die von uns als Demonstrationsobjekt gebauten Headsets ohne jedes Marketing zum kleinen Verkaufsschlager entwickelt. Von daher wäre es schon eine

verführerische Vorstellung, auch ins Endkonsumentengeschäft einzusteigen.

tels in einer völlig neuen Qualität nahebringen.

Wäre das nicht ein etwas krasser Schwenk für die Marke Zeiss? Schließlich steht VR immer noch für ein junges Publikum und Themen wie Gaming und Bewegtbild.

Aktueller Stand ist allerdings immer noch, dass noch niemand so recht weiß, welches der vielen Wearables zum Erfolg werden wird. Macht Sie das angesichts der getätigten Investitionen nervös?

Zunächst einmal würde es der Marke nicht schaden, wenn sie auch bei jungen Zielgruppen stärker wahrgenommen wird. Aus Jugendlichen werden ja irgendwann auch einmal Berufstätige, die für ihr Unternehmen Einkaufsentscheidungen fällen. Aber darüber hinaus sehe ich das Thema virtuelle Realität auch in einem für uns interessanten Zusammenhang. Denn neben den gehypten Entertainment-Umsetzungen gibt es auch Anwendungen in der Medizin, der Projektplanung und der Verkaufspräsentation, die möglicherweise langfristig gesehen sogar noch viel lukrativer sind. Zum Beispiel wäre eine VR-App denkbar, mit der man Kindern das normale Augentraining auf eine spielerische, aber gleichzeitig auch höchst effektive Art vermitteln könnte. Und Reiseunternehmen könnten auf diese Weise ihren Kunden die Zielho-

Anders als bei den Smartwatches stehen die Entwickler von VR-Headsets sicher noch sehr am Anfang. Das Risiko, dass manche überhöhten Erwartungen nicht erfüllt werden können, ist sicher da. Aber andererseits ist eben auch ein sehr breites Interesse von Unternehmen und Verbrauchern zu spüren. Daher sind wir optimistisch, dass wir auf ein Thema mit Zukunft gesetzt haben. Das glaubte Google bei der Glass auch.

Und Google führt das Projekt ja auch immer noch fort. Aber sicher hat der Erfolg des Augmented-Reality-Geräts unter den Fehlern in der Öffentlichkeitsarbeit gelitten. Man hätte eventuell weniger die Kamerafunktion betonen dürfen, sondern eher das innovative Display.

Andreas Klavehn Director Multimedia Devices Zeiss

INTERVIEW: CAM

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Der Traum vom nächsten

Uber

Gründer: Zweites Start-up Village der Dmexco gibt Neulingen auch in diesem Jahr eine breite Bühne – HORIZONT stellt eine Auswahl vor

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Von Anja Sturm

lle träumen vom neuen Uber oder vom zweiten Air BnB. Dass das nächste große Ding, sprich das nächste hypererfolgreiche Start-up, allerdings aus Deutschland kommen wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Verglichen mit anderen Ländern, insbesondere den USA, hinkt Deutschland sowohl in Sachen Gründergeist als auch beim Thema Gründungsinvestitionen nach wie vor stark hinterher. Laut Statistischem Bundesamt gab es hierzulande im vergangenen Jahr insgesamt nur rund 585700 Unternehmensneugründungen, ein Minus gegenüber 2013 von 4,7 Prozent. Etwas optimistischer fallen die Zahlen im KfW-Gründungsmonitor aus. Dieser nennt für 2014 rund 915000 Neugründungen und somit ein Plus von 5,1 Prozent. Allerdings zählt die KfW unter anderem auch Freiberufler und Nebenerwerbsgründungen in ihrer Statistik mit. Immerhin: Im Privatsektor tut sich derzeit was in Sachen Start-up-Förderung. Immer mehr Unternehmen gründen eigene Accelerators, darunter MediaSaturn, das im Au-

gust Spacelab gestartet hat, und Gruner + Jahr, das im September einen 50-MillionenEuro-Fonds für Neugründer auflegte. Für den aktuellen Deutschen Start-up Monitor (DSM) hat die Beratungsgesellschaft KPMG 2014 rund 900 Start-ups befragt. Ihm zufolge benötigen allein die befragten DSMStart-ups in den nächsten 12 Monaten insgesamt weitere 650 Millionen Euro Wachstumskapital. Dabei seien die Neulinge echte Jobmotoren: Die DSM-Start-ups kommen im Schnitt auf 16,8 Mitarbeiter und planen, in den nächsten zwölf Monaten zehn weitere Mitarbeiter einzustellen. Umso wichtiger, dass mutige und innovative Unternehmen gefördert werden. Die Dmexco bietet hierzu in diesem Jahr zum zweiten Mal eine spezielle Bühne – mit dem Start-up Village. Insgesamt werden dort rund 40 Start-ups auf unterschiedlichen Podien Rede und Antwort stehen. Rund zwei Dutzend Gründer sind zudem mit einer festen Präsenz in Halle 6 vor Ort. Dazu zählen unter anderem Calovo, Zoobax, Pixx.io, Remerge, Pag.es, Maloon, Eyevido, Addfame, GPredictive, Semknox, Shopboostr, Jinni, Sprinkle, ConsSys IT, Enbritely, Kayo, MediaGamma und Cogniteev.

ILLUSTRATION: COLOURBOX

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www.pag.es Gründungsjahr: 2014 Management: David Maus und Veljko Sekelj

www.eyevido.de Gründungsjahr: 2015 Management: Tina Walber und Christoph Schaefer

Das Publishing-System Pag.es soll die Erstellung von Magazinen für digitale Geräte nicht weniger als revolutionieren. Ob Broschüren, Kundenmagazine oder Jahresberichte – Pag.es verspricht, Publikationen, die auf Smartphones, Tablets oder am PC gelesen werden können, schnell und einfach zu verwirklichen. Das System generiert automatisch Magazine, die plattform- und browserunabhängig arbeiten und sich flexibel an jedes Gerät anpassen. Das fertige Produkt kann anschließend in den verschiedenen Stores als App und als Web-Version für den Browser veröffentlicht werden. Geschäftsführer David Maus: „Mit dem Pag.es Publishing-System können unsere Kunden ihre digitalen Magazine, anhand von Designvorlagen, vollautomatisch aus einem vorhandenen CMS erstellen. Der Inhalt und das Bedienkonzept passen sich an das jeweilige Gerät des Nutzers an und bieten eine einheitliche User Experience.“ Entsprechend simpel formuliert Maus die Unternehmensphilosophie: „Einfache Bereitstellung des bestmöglichen Nutzererlebnisses auf jedem beliebigen Endgerät unter Berücksichtigung der hohen Design-Standards aus dem Printbereich.“

Eyevido bietet eine Software und Infrastruktur, um Web-basiert Crowd-Eyetracking-Studien durchzuführen und so visuelle Produkte wie Werbeanzeigen, Websites oder Filme zu optimieren. Studien werden durch die Kunden direkt im Webbrowser realisiert – das umfasst sowohl die Erstellung der Studie als auch die Visualisierung und Analyse der Ergebnisse. Die Eyetracking-Daten werden bei ausgewählten Testprobanden zu Hause mit modernsten Eyetrackern erhoben, über das Internet übertragen und zentral ausgewertet. Geschäftsführer Christoph Schaefer: „Unser Crowd-Eyetracking ist schnell und unkompliziert. Studien werden über ein Web-Interface erstellt, es muss keine Software installiert werden und es kann von jedem Browser aus darauf zugegriffen werden.“ Die Studien könnten zudem flexibel gestaltet werden, sehr kleine Studien seien genauso möglich wie umfangreichere oder häufige Wiederholungen. Die erhobenen Daten können online interaktiv betrachtet werden und Mitarbeitern oder Kunden zur Verfügung gestellt werden. Probanden müssen sich nicht in einem Labor einfinden. Mehrere Probanden können zeitgleich an einer Studie teilnehmen.

www.remerge.io Gründungsjahr: 2014 Management: Pan Katsukis, Benjamin Beivers, Martin Karlsch, Benedikt Böhm und Christian Wolter Gerade erst hat das Berliner Adtech-Start-up Remerge neue Finanzmittel in Höhe von 3 Millionen US-Dollar einsammeln können. An der Spitze der Investoren: Point Nine Capital. Kernprodukt des Start-ups ist die Retargeting-Plattform Remerge.io, die Mobile Marketing und App-Entwicklung deutlicher effizienter und einfacher machen soll. So können App-Entwickler ihre Nutzer in unterschiedliche Gruppen sortieren (beispielsweise in Käufer und Kaufabbrecher) und dann in Echtzeit mit entsprechenden Retargeting-Maßnahmen reagieren. Aktuell kann Remerge 200000 Nutzer pro Sekunde ansprechen. Nach eigenen Angaben wird Remerge.io bereits für Apps in 39 Ländern genutzt. Zu den Kunden sollen Spotify, CBS, Rocket Internet, Playtika und Foodpanda zählen. Inzwischen hat Remerge neben Berlin auch einen Standort in San Francisco eröffnet. In den nächsten sechs Monaten will das Start-up weitere Formate in die Plattform integrieren, um die Zahl der Touchpoints und den Personalisierungsgrad der Retargeting-Maßnahmen zu erhöhen. Langfristig arbeitet Remerge unter anderem an der Entwicklung von Lösungen für Cross-Device-Retargeting.

www. semknox.com Gründungsjahr: 2014 Management: David Urbansky, Sebastian Sprenger, Simon Schabel Semknox bietet Suchlösungen für Internetplattformen, speziell die semantische Produktsuche für den E-Commerce, die auch Anfragen in Umgangssprache versteht. So kann der Nutzer etwa nach „Weißer Fernseher mit WLAN und mindestens 40 Zoll“ oder „Rotes Sommerkleid mit Kragen unter 40 Euro“ suchen. Diese Search Engine bietet Semknox Webshops und anderen produktbezogenen Portalen zur Lizenzierung an. Laut Semknox-Gesellschafter Simon Schabel bietet das Start-up, das eine Ausgründung der TU Dresden ist, „Search as a Service“ an. Die Basis der semantischen Produktsuche bildet eine Ontologie, eine Art Google Knowledge Graph im Miniformat, die es erlaubt, sehr präzise Suchergebnisse für die Anfragen der Benutzer zu liefern. „Während andere Anbieter lediglich herkömmliche Technologie verwenden und diese dann optimieren, hat Semknox die Algorithmen und Datenstrukturen zur semantischen Suche in den letzten drei Jahren komplett neu entwickelt“, so Schabel. Ziel des jungen Unternehmens sei es, das Auffinden von Produkten oder Dienstleistungen für Internetnutzer so einfach, stressfrei und zielgenau wie möglich zu machen. „Wir denken, dass derzeit noch zu viel Zeit und Frust beim Onlineshopping anfällt, was zum Teil mit einer besseren Suche behoben werden kann“, so Schabel.

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www. shopboostr.de Gründungsjahr: 2014 Management: Dimitri Haußmann, Stephan Schindler, Hendrik Vlaanderen Shopboostr unterstützt Onlinehändler bei der Umsetzung technologisch-intensiver Produkte sowie aller notwendigen Schritte, die für eine innovative Nutzerinteraktion erforderlich sind. Sie bezeichnen sich selbst als weltweit ersten Anbieter, der den „Personalisierten Myfeed“ sowie „Interaktiven Produkt-Berater“ als SaaS-Technologie für E-Commerce-Händler gelauncht hat. Durch aktiven Nutzerinput erstellt Shopboostr ein personalisiertes Profil und will anschließend mit Hilfe unterschiedlicher Algorithmen die passenden Produkt-, Content- sowie Marketingempfehlungen ausspielen können. Geschäftsführer Dimitri Haußmann sagt: „Im Gegensatz zu allen gängigen Marktlösungen entwickeln wir nutzerzentrierte Lösungen, welche direkt auf die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden abgestimmt sind. Unsere Technologie holt sich durch direkte Fragestellungen Nutzerinput und generiert anschließend durch unterschiedliche Algorithmen die passenden Empfehlungen.“ Shopboostr verfolge eine sehr langfristige Unternehmensstrategie und wolle langfristige Partnerschaften mit den Kunden pflegen, um ihnen, so Haußmann, „dabei zu helfen, als Mittelstand gegen die großen Marktplayer (wie Zalando, Otto, Asos) konkurrieren zu können“.

www. maloon.de Gründungsjahr: 2012 Management: David Neuhaus Maloon arbeitet mit dem sogenannten Social Hub im Social Media Management. Dabei soll der Social Hub nach eigenen Angaben mit „Hunderten Social-Mediaund Community-Managern“ aus ganz Deutschland entwickelt worden sein. In der Software steckten deren Best Practices, heißt es bei Maloon ganz selbstbewusst. „Für uns gibt es nichts Größeres, als von unserer Community zu lernen und uns dafür einzusetzen, ihren Arbeitsalltag Stück für Stück zu erleichtern“, sagt Nika Kavulek, Customer Success Manager bei Social Hub. Nicht weniger euphorisch hört sich denn auch die Unternehmensphilosophie des Start-ups an: „Love What You Do.“ Bei Maloon bedeute das, „mit einem großartigen Team innovative Software zu entwickeln, die begeistert“. So würden im Team zwar klare Ziele gesetzt, doch der Weg dahin sei jedem selbst überlassen. „Wir lieben RemoteArbeit, Powernaps, Fritz-Kola und sind immer offen für eine gute Partie am Kickertisch“, so Kavulek. Und gefragt nach den langfristigen Zielen der Junggründer, sagt sie: „Wir wünschen uns eine Welt, in der guter Service wirklich gelebt wird und einfallsreiches Marketing wieder Freude macht. Das ist der Grund, warum wir uns für die Social-Media-Teams dieser Welt starkmachen.“

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HORIZONT 37/2015

Drei Baustellen: Tracking,

Targeting, Kreation Mobile: Der Handlungsdruck auf das junge Medium nimmt weiter zu, nicht zuletzt durch die Adblocker-Pläne von Apple Von Katrin Lang

I

FOTO: APPLE; TMICHEL / FOTOLIA; MONTAGE: HORIZONT

n diesem Jahr ist es so weit, das ist sicher: Der Durchbruch von Mobile steht bevor. Wenn sich die Digitalbranche zur Dmexco in Köln trifft, hat sie damit zumindest schon ihren Running Gag. Denn wie schon 2014 und 2013 werden deutsche Vermarkter und Publisher von zweistelligen Wachstumsraten sprechen, von der sich schließenden Schere zwischen explodierender mobiler Nutzung und mauen Werbespendings, von neuen Formaten und aberwitzigen Technologien. Zum Lachen wird trotzdem niemandem zumute sein. Denn der Druck auf das junge Medium wächst, bevor es groß geworden ist.

Der Mobile-Markt im Sommer 2015, zunächst von der Sonnenseite betrachtet: Laut der aktuellen Global Connected Consumer Study, die TNS Infratest in Kooperation mit dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und Google veröffentlicht hat, nutzen mittlerweile 65 Prozent der Deutschen ein Smartphone. Das sind nicht nur 30 Prozent (!) mehr als im Vorjahr, das Mobiltelefon wird damit erstmals auch stärker gebraucht als PC (41 Prozent) und Laptop (59 Prozent). Deutlicher als die Reichweite wachsen nur die Nettoumsätze, zumindest wenn es nach der Unit Mobile Advertising (MAC) im BVDW geht. Ihrer Prognose vom Februar zufolge steigen sie 2015 um 50 Prozent und durchbrechen erstmals die Schallmauer von 200 Millionen Euro; laut Brancheninsidern deutet bis jetzt alles darauf hin, dass sich der Verband nicht allzu sehr verschätzt hat. Nur: Die Prognose für die gesamte digitale Displaywerbung liegt bei 1,7 Milliarden Euro. Eine Diskrepanz, die sich für Lothar Prison, Chief Digital Officer bei Vivaki, kaum mehr schönreden lässt: „Die stationäre Nutzung wird abnehmen und dementsprechend die damit generierten Werbeerlöse. Deshalb müssen wir Mobile endlich hinbekommen.“ Für den Agenturmann gibt es aktuell vor allem drei große Baustellen für Mobile: Tracking, Targeting und Kreation. „Alles, was wir im Bereich Targeting stationär gelernt haben, steckt bei Mobile noch in den Kinderschuhen“, klagt Prison zum einen. Dasselbe gelte zum anderen beim Tracking, das mobil bislang nur eingeschränkt möglich ist. „Auch das wissen wir seit vielen Jahren, aber der Markt hat immer noch keine Lösungen parat.“ Vielleicht auch deshalb, weil der Markt den mobilen Kanal aktuell gar nicht mehr separat behandeln will: „Generell sollte Mobile als Teil eines notwendigen Multiscreen-Ansatzes betrachtet werden“, empfiehlt Martin Lütgenau, Geschäftsführer von Burdas Forward Ad Group (früher Tomorrow Focus Media), und glaubt, dass solche Strategien die mobilen Umsatzzahlen in Zukunft deutlich verbessern werden. Kaspar Klippgen, General Manager Digital Marketing bei Media Impact (Axel Springer), setzt ähnliche Prioritäten: „Erst wenn Multiscreen im Werbemarkt als effektiver Reichweiten- und Zielgruppenkanal verstanden wird, werden wir die Gattung Mobile im Flugstrom von Online voranbringen können.“ Doch selbst Verfechter von geräteübergreifenden Lösungen müssen sich dringliche Forderungen von Agenturen ins Aufgabenheft schreiben lassen. Für Marco Schierhorn, Head of Mobile bei der Omnicom Media Group, ist die „Cross-Device-Messbarkeit der Kampagnen beziehungsweise die holistische

Customer-Journey-Betrachtung aktuell noch eine Herausforderung“. Facebook habe diese bereits gemeistert und könne zudem die zahlreichen Informationen der eigenen User für ein sehr genaues Targeting nutzen. Bis deutsche Vermarkter so weit sind, müssen sie laut Rasmus Giese, Geschäftsführer von United Internet Media, aber zunächst dafür Sorge tragen, dass die Formate überhaupt für diverse Screens optimiert sind. Dass das längst noch keine Selbstverständlichkeit ist, weiß auch Alisa Türck, Geschäftsführerin der Mediaagentur Pilot: „Wir müssen endlich damit anfangen, neue Werbemöglichkeiten auf dem mobilen Endgerät zu entwickeln. Die Verlängerung der Desktop-Werbeformen, die wiederum selbst meist nur Adaptionen aus Print und TV sind, stößt jetzt an ihre Grenzen.“ Media-ImpactMann Klippgen bestätigt von Vermarkterseite: „Werbungtreibende stellen sich nur zögerlich den Herausforderungen mobiler Werbemittelkreation.“ Nur Standardbanner aus der stationären Welt „runterzuskalieren“, werde dem jungen Medium eben nicht gerecht.

D

ie Baustelle Kreation zieht weitere Verkehrsprobleme nach sich: Je aufdringlicher und unpassender die Werbung ist, desto größer die Chancen für Adblocker – ein Bereich, der sich gerade als dunkler Schatten auch über den Mobile-Markt legt. Mit dem Launch seines neuen Betriebssystems iOS 9 im Herbst ermöglicht es Apple erstmals, Werbung über den vorinstallierten Safari-Browser zu blockieren. Der Gerätehersteller kommt damit der geplanten iPhone-App von Adblock Plus zuvor (HORIZONT 21/2015). Programmierer können demnach bei der Entwicklung von Safari-Erweiterungen sogenannte Content-Blocker einbauen, die Cookies, Pop-ups, Bilder und andere Inhalte ausschließen, was bislang nur bei der Desktop-Version möglich war. „Dass ein Unternehmen wie Apple derart schädigend in den gerade erst erwachenden Markt der Mobile-Werbung eingreifen will, finden wir äußerst bedenklich – insbesondere vor dem Hintergrund, dass Apple selbst Anbieter von mobilen Werbelösungen ist, die dadurch massiv gestärkt werden“, sagt Thomas Port, Geschäftsführer von Seven-One Media, zur drohenden Konkurrenz und setzt wie im stationären Bereich auf Aufklärung: „Wir müssen den Nutzern klarmachen: Auf den ersten Blick mag ein Internet ohne Werbung eine tolle Option für sie sein, auf den zweiten, spätestens dritten Blick aber bedeutet es gleichzeitig ein Internet ohne kostenlose Inhalte.“ Glaubt man Brancheninsidern, wird Apple im Herbst aber nicht nur für die kleinen Publisher vom Good zum Bad Guy, sondern erstmals auch für Internetkonkurrenz Google – die Standard-Suchmaschine im Apple-Browser Safari, die dem Konzern einen maßgeblichen Anteil seiner mobilen Umsätze beschert. „Aus Wettbewerbssicht ist das total spannend“, sagt ein Vermarkter. „Jetzt wird das Feld von ganz oben aufgerollt.“

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Ein Netz voller Ideen Emotionalisierung geht nur im TV. Das ist ein Mantra – gewesen. Mittlerweile gibt es viele rein digitale Kampagnen, die überraschen, begeistern, faszinieren. Letztendlich kommt es auf die richtige Idee an – man denke etwa an die großartige Echtzeit-Reaktion von Oreo bei Twitter, als beim Super Bowl 2013 der Strom ausfiel. Eine Auswahl gelungener Kampagnen von Fabian Müller und Michael Reidel

Wearables müssen nicht zwangsläufig teuer sein. Das Google Cardboard ist eine Kartonkonstruktion, die aus jedem Smartphone ein Virtual-Reality-Gadget macht – für kleines Geld. Seit dem Launch 2014 hat Google eine breite Infrastruktur geschaffen, Programmierer entwickeln Apps und Spiele, auch Marken entdecken die Möglichkeiten der Low-Budget-Brille für sich. Allen voran der Autobauer Volvo, der eine virtuelle Probefahrt ermöglicht. Auch Mammut und MercedesBenz experimentierten bereits mit dem Cardboard. Bei den Cannes Lions gab es für die Idee den Grand Prix in Mobile.

Die Postleitzahl des Brandenburger Tors? 10117. Der Eiffelturm? 75007. Das Weiße Haus? 20500. Nicht überall auf der Welt ist aber so eindeutig, wo sich ein konkreter Ort befindet. Dafür hat das Start-up What3words eine geniale Digitalkampagne kreiert. Mithilfe einer Datenkartographie teilten die Londoner die Erde in 57 Billionen (!) 3-Meter-Quadrate auf und wiesen sämtlichen Plätzen auf der Welt eine Postkennung zu – bestehend aus drei Wörtern in einer einzigartigen Kombination. Darunter sind bekannte Orte, aber auch solche, die bislang nicht mit einer eigenen Postadresse erfasst waren. Aus dem Brandenburger Tor wird so „that.lands.winning“, aus dem Eiffelturm „prices.slippery.traps“. Auch ein Brunnen im Sudan und eine Kreuzung im Slum von Neu-Delhi erhalten ihre eigene Adresse. Bei den Cannes Lions gewann die Idee dieses Jahr den Grand Prix in der Kategorie Innovation.

Volkswagen ist spießig? Mit Sicherheit nicht. Im Sommer 2015 bringt der Wolfsburger Autobauer gemeinsam mit DDB für den Sharan eine digitale Kampagne on Air, mit Onlinespots, Landingpage und Aktivitäten in den sozialen Netzwerken. Sie ist eine Hommage an die Familie. Mutter und Tochter diskutieren über ein Tattoo, ein Sohn beklagt sich über die MöchtegernCoolness seines Vaters. Der ganz normale Wahnsinn in einer Familie. Denkt man. Doch mit dem letzten Film schickt VW eine verliebte Tochter ins Netz, die mit zwei Vätern unterwegs ist. Während Deutschland über die Homo-Ehe diskutiert, erklärt VW, so ganz nebenbei in der Kommunikation, dass es verschiedene Formen von Familienleben gibt. Und das ist gut so.

Längst hat Opel erfolgreich in den Köpfen der Verbraucher „umgeparkt“. Ein nicht unwesentlicher Part der neuen Markenstrategie findet mittlerweile im Digitalen statt, wo die Rüsselsheimer beim Opel Adam erfolgreich mit dem Vine-Star Zach King zusammenarbeiteten und seit April auch den Internet-Künstler Marty Cooper alias Hombre McSteez für sich und die Corsa-Kampagne gewinnen konnten. Mit durchsichtigen Folien, einem schwarzen Filzstift und einem handelsüblichen iPhone erweckt der US-Amerikaner kleine Zeichentrick-Charaktere in der realen Welt zum Leben. Die Kreation stammt von Scholz & Friends und André Kemper.

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FOTO: COLOURBOX

Holprige Datenautobahn Digitale Infrastruktur: Deutschland hinkt in puncto Breitbandabdeckung hinterher – für Unternehmen kann das zum Problem werden

Von Fabian Müller

G

ünther Oettinger hat aktuell einen Lieblingssatz. Man solle „lieber Schlaglöcher als Funklöcher“ in Kauf nehmen, fordert der amtierende EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft – landauf, landab, wo immer er gerade über digitale Infrastruktur spricht. So geschehen etwa beim IHK-Jahresempfang in München, dem Kongress Digitaler Wandel in Karlsruhe und bei einer CDUKlausurtagung in Schleswig-Holstein. Diese Liste könnte problemlos fortgesetzt werden. Dass Oettinger seine Forderung so häufig wiederholt, kann man auf einen unkreativen Redenschreiber zurückführen – oder als Seitenhieb auf Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt werten, der auch für die digitale Infrastruktur verantwortlich ist. In ihrem Kern wird die zugespitzte Ansage des EUKommissars aber nicht weniger wichtig. Das weiß und betont auch Matthias Wahl: „Für unsere Zukunft als Wirtschaftsstandort ist eine leistungsfähige digitale Infrastruktur mindestens genauso wichtig wie das Straßen- und Schienennetz“, sagt der Präsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW). In der Tat trägt die Digitalbranche heute vergleichbar viel zum deutschen Bruttoinlandsprodukt bei wie die Automobilindustrie, knapp über 3 Prozent waren es 2014. Der Wert der deutschen Internetwirtschaft stieg auf 85 Milliarden Euro. Ein beachtlicher Teil davon stammt aus der Kommunikationsbranche, von digitalen Medien und Dienstleistern. Und eigentlich will dieses Segment weiter wachsen: Unternehmen und Agenturen planen zunehmend mit Always-on-Konsumenten, die standortunabhängig über Angebote und Produkte informiert werden möchten. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Infrastruktur, die diese flächendeckende Erreichbarkeit garantiert. Ausgerechnet hier, bei der Breitbandabdeckung, hängt die Bundesrepublik aber weit hinter der Spitze zurück. Laut einer Studie des IT-Unternehmens Akamai rangiert Deutschland bei der durchschnittlichen Datengeschwindigkeit im globalen Vergleich nur auf Platz 26 – und das als fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Dabei ist 2015 eigentlich allen klar: Breitbandversorgung ist für Unternehmen (über)lebensnotwendig. „Die Digitalisierung der Wirtschaft erfordert einen möglichst guten Ausbau der digitalen Infrastruktur“, sagt Helge Hofmeister, Prin-

cipal bei der Boston Consulting Group (BCG). Der Unternehmensberater glaubt, „dass es hier noch viel zu tun gibt und dass das in gewissen Punkten auch eine öffentliche Aufgabe ist“. Er schüttet damit, analog formuliert, Wasser auf die Mühlen von Matthias Wahl. „Wir müssen die digitale Transformation unbedingt beschleunigen und brauchen dafür jede Unterstützung“, fordert der BVDW-

Chef. Nur sofortige Investitionen in den Netzausbau würden die deutsche Wettbewerbsfähigkeit in den nächsten 20 Jahren sichern. „Wenn wir uns das heute nicht leisten, fallen wir im internationalen Vergleich weiter zurück. Südkorea, China oder Japan warten nicht auf uns.“ Das Recht auf plakative Sätze ist offenbar nicht allein EU-Kommissaren vorbehalten.

Deutschland abgeschlagen Länder mit dem schnellsten Internetzugang im 1. Quartal 2015

Platz

Land

Durchschnittsgeschwindigkeit in Mbit/Sek.

23,6

1

Südkorea

23,6

2

Irland

17,4 17,4

3

Hongkong

4

Schweden

15,8

5

Niederlande

15,3

6

Japan

15,2

7

Schweiz

14,9

8

Norwegen

14,1

9

Lettland

13,8

10

Finnland

13,7

26

Deutschland

Digitale Agenda

16,7

Die Digitale Agenda ist ein gemeinsames Prestigeprojekt der Bundesministerien für Verkehr und digitale Infrastruktur, Wirtschaft sowie des Innern. Beschlossen und verabschiedet wurde das 38seitige Papier vor knapp13 Monaten. In insgesamt sieben Bereichen, darunter Themen wie digitale Infrastruktur, Wirtschaft und Bildung hat die Bundesregierung 121 Einzelmaßnahmen definiert, die bis 2017 umgesetzt werden sollen. Kritiker halten die Digitale Agenda für zu wenig konkret, nicht handfest und schlicht zu spät. Zum Vergleich: Die Europäische Union hatte bereits 2010 ihre eigene „Digital Agenda for Europe“ formuliert.

10,2

Quelle: Akamai State of the Internet Q1/2015

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Unternehmen fordern Breitbandausbau Frage: In welchen Bereichen sollte die Bundesregierung in der Digitalpolitik jetzt Schwerpunkte setzen? Anteil der Unternehmen in Prozent 49

Breitbandausbau 44

Bildungsoffensive 35

Vertrauen und Sicherheit 33

Industrie 4.0

32

Intelligente Netze Innovationspolitik Start-ups Quelle: Bitkom, 47 Branchenbarometer

Die Bundesregierung hat die kaum noch zu übersehenden Zeichen der Zeit erkannt und im vergangenen Jahr die „Digitale Agenda“ auf den Weg gebracht (siehe Kasten). Zudem rief Minister Dobrindt die „Netzallianz Digitales Deutschland“ ins Leben, ein Forum, in dem sich die Bundesregierung mit Telko-Firmen und Fachverbänden über den Netzausbau berät. Erklärtes Ziel: Bis 2018 sollen alle deutschen Haushalte mit Internetzugängen von mindestens 50 MBit/Sekunde versorgt werden. Für die Erfüllung dieser Zielvorgabe bestehe eine „realistische Möglichkeit“, heißt es von einem elementaren Mitglied der Netzallianz, der Deutschen Telekom. Derzeit investiert der Bonner Konzern nach eigenen Angaben

25 19 HORIZONT 37/2015

fast 4 Milliarden Euro pro Jahr in den Ausbau der Breitbandinfrastruktur und sieht das als „Basis für die Digitalisierung und Vernetzung unserer Gesellschaft“. Von Branchenkennern werden beide Initiativen, Netzallianz und Digitale Agenda, per se positiv bewertet. Und auch die Bundesregierung scheint mit ihrer Arbeit recht zufrieden zu sein. Die Schulnote „gut“ würde sie der Digitalen Agenda nach einem Jahr geben, lobte die vor kurzem aus ihrem Amt geschiedene IT-Beauftragte der Bundesregierung Cornelia Rogall-Grothe. Das ist allerdings nicht uneingeschränkter Konsens. Der Digitalverband Bitkom etwa zieht nach zwölf Monaten eine eher durchwachsene Zwischenbilanz. Bislang sei die Digitale Agenda erst zu einem Viertel umgesetzt worden, sagt Präsident Thorsten Dirks. Viele wichtige Themen würden zwar energisch vorangetrieben, in zentralen Punkten müsse aber nachgebessert werden. Konkret hat die Bundesregierung von 121 definierten Projekten 36 bereits erfüllt, bei 60 weiteren hat immerhin die

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Arbeit begonnen. Bei 25 Einzelmaßnahmen ist laut Bitkom noch nichts passiert. Nachholbedarf gibt es etwa bei Startups – aus verschiedenen Gründen. Einerseits bleibe die Digitale Agenda hier sehr im Vagen, mahnt Dirks an, gerade was die Finanzierung anbelangt. Auch Wahl warnt davor, den Start-ups „durch die Hintertür den Geldhahn“ zuzudrehen. Dies drohe durch einen Entwurf des Finanzministeriums zur Verschärfung der

Besteuerung der Streubesitzgewinne. Aber auch die Breitbandversorgung belastet die Gründer. „Für viele ist das ein Riesenthema. Stabile Internetverbindungen mit mehr als 100 MBit Bandbreite in das Berliner Loftbüro eines Start-ups zu verlegen, ist häufig so gut wie unmöglich“, sagt BCG-Mann Hofmeister. Probleme, die Großkonzerne nicht haben. Allerdings zweifelt er an, dass dort jeder mit dem Stand der Infrastruktur zufrie-

den ist. „Mein Eindruck ist: Wir sind schon auf einem guten Weg. Aber bei Trendthemen wie Cloud Computing, bei denen deutsche Firmen ohnehin sehr zurückhaltend sind, könnte die Internetversorgung an ihre Grenzen stoßen.“ Deutschland hätte so einen Standortnachteil. Fazit: „Die deutsche Wirtschaft wird sich nicht komplett in eine digitale Wolke auflösen, aber natürlich steht das Thema Breitbandausbau ganz oben auf

der Agenda.“ So weit oben, dass Günther Oettinger daraus sein Mantra gemacht hat. Und zumindest in der Bundesregierung scheint er mit der Funkloch-Schlagloch-Metapher angekommen zu sein. Online- und Offline-Infrastrukturminister Dobrindt kündigte an, bei der Sanierung von Autobahnen künftig Glasfaserkabel für schnelles Internet mitzuverlegen. Keine neue Absicht. Aber es schadet ja nicht, sich ab und an zu wiederholen. Anzeige

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ILLUSTRATION: FOTOLIA / HORIZONT

Native Ads schlagen ein Web-Werbewirkung: G+J EMS zeigt, was Onlineformate können

J

Von Roland Pimpl

e stärker Digitalwerbung wird, desto größer ist der Bedarf an Nachweisen ihrer Wirkung. Dazu gibt es tonnenweise Untersuchungen, und in allen gattungsübergreifenden Studien ist das Netz längst ein eigenständiger Posten. Allerdings oft nur unter der Sammelüberschrift „Online“. Doch mit ihrem Volumen wächst in der Web-Werbung auch die Bandbreite ihrer Formate. Welches passt am besten zu welchem Kampagnenziel – und leistet welchen Beitrag zum Erfolg eines Auftritts? Gruner + Jahrs Vermarkter G+J EMS hat das untersucht. Das Kernergebnis: Display-Flächenformate bilden das Fundament von Kampagnen und sorgen fürs nötige Grundrauschen im Markt. Ad Specials (Sonderwerbeformen) bewirken vor allem Überraschungseffekte, Aufmerksamkeit und Wiedererkennung, während Native Ads (gekennzeichnete Werbung optisch und

Steckbrief

Ad Specials fallen auf – und stören stark Stärken und Schwächen von Online-Werbeformaten Native

Display Ad Special

nützlich

nutzlos

akzeptabel

inakzeptabel

angenehm

störend

sympathisch

unsympathisch

erfreulich

ärgerlich

verständlich

kontextlos

informativ

informationslos

seriös

unseriös

aktivierend

ermüdend

unterhaltsam

langweilig

beeindruckend

belanglos

überraschend

vorhersehbar

animiert

statisch

auffällig

unauffällig

Frage: „Bewerten Sie ganz allgemein das Werbeformat mithilfe der Gegensatzpaare“; Darstellung als Mittelwert auf einer Fünf-Punkte-Skala; n=586. Quelle: G+J EMS

inhaltlich passend zu den redaktionellen Inhalten) besonders die Nähe zur beworbenen Marke, ihr Image und die Kaufabsichten beeinflussen. „Jedes Format hat seine Stärken und trägt damit zum Gesamterfolg einer Kampagne bei“, resümiert Frank Vogel, Sales- und Forschungs-Geschäftsleiter von G+J EMS. Wie ist er bei der mehrstufigen Studie verfahren? Zunächst ging es um die Einordnung der drei untersuchten Formate aus Nutzersicht. In einer Vorstudie haben rund 600 Teilnehmer die für sie optimale Web-Werbung beschrieben. Die dabei genannten Attribute wurden auf mehrere Faktoren verdichtet und bezüglich Sympathie und Akzeptanz analysiert. Das Resultat: Einerseits zahlen die Formate unterschiedlich stark auf die Sympathie und die Akzeptanz von Onlinewerbung ein; so erhöht sich zum Beispiel die Akzeptanz deutlich bei kleinen unauffälligen Formaten. Andererseits lassen sich die meisten Werbeeigenschaften klar einem der drei Formate zuordnen: So

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Die Studie umfasst drei Teile: ● In einer Vorstudie haben rund 600 Teilnehmer die für sie optimale Onlinewerbung beschrieben. Die dabei genannten Attribute wurden auf 17 Faktoren verdichtet. ● Die Otto-Kampagne wurde von Mai bis Juli 2015 mit Panel- und On-Site-Befragungen (Brigitte.de) begleitet. Stichprobe: 1132 Fälle (Personen mit Modeinteresse und Kontakt zu den Formaten; systematische Zufallsauswahl) ● Abgleich mit der Datenbank (5500 Fälle): aggregierter Datensatz aller begleitenden Layer-Befragungen von 2014 und 2015 (bis Juli)

werden Display-Anzeigen als vertraut empfunden, Ad Specials als innovativ und Native Ads vor allem als nutzwertig und thematisch passend. Immerhin 46 Prozent der Probanden bekunden Akzeptanz und 40 Prozent auch Sympathie gegenüber Attributen, die auf Displayformate einzahlen. Jeweils rund 56 Prozent äußern dies bei den typischen Eigenschaften, die Ad Specials ausmachen – und stolze 68 Prozent (Akzeptanz) beziehungsweise 65 Prozent (Sympathie) sind derart positiv eingestellt bei den Merkmalen, die für Native Advertising stehen. Letztere Werbeformate werden demnach besonders freundlich aufgenommen. „Dies liegt auch an der typischen Nutzungsverfassung der User, die Content und Informationen möglichst störungsfrei konsumieren möchten“, so die Studienautoren. Dieser Modus werde durch Native Advertising nicht unterbrochen.

D

aher ist es auch kaum verwunderlich, dass der Anteil von Native Advertising, den sich die Onlinenutzer im Internet wünschen, 14 Prozentpunkte höher ist als der Anteil, den sie real wahrnehmen. Die User wünschen sich also mehr native Formate als bisher. Bei den beiden übrigen Formaten hingegen ist der Saldo negativ, minus 7 (Ad Specials) beziehungsweise minus 10 Prozentpunkte (Displays) – hiervon möchten die Nutzer folglich weniger sehen. In Studienstufe zwei untersuchten die Forscher im Praxisfall – eine zweimonatige Bademodenkampagne („Otto Bikini Special 2015“) auf Brigitte.de – die Effekte bei Personen mit Modeinteresse und Kontakt zu den jeweiligen Werbeformaten. „Display sorgte für die Basiseffekte“, resümieren die Autoren. Das Ad Special erzeugte die größte Lautstärke bei Werbeerinnerung (55 Prozent versus 51 Prozent bei Native und 48 Prozent bei Display) und ließ Otto in besonderem Maße modern erscheinen (44/40/34 Prozent).

Zudem sei die Fashion-Kompetenz des Versandhändlers signifikant gestiegen, vor allem durch die Beratungsleistung der Native-Kontakte. Auch das Markenimage in Form von Sympathie (Zuwachs knapp 25 Prozent) und Menschlichkeit (plus 46 Prozent) sei durch die Kampagne im Allgemeinen und durch das NativeFormat im Besonderen „signifikant positiv beeinflusst“ worden: So weise es sowohl bei der Sympathie (44 Prozent versus 36 beim Ad Special und 30 beim Display) als auch beim Wert Menschlichkeit (40/36/28) die größten Effekte auf. Anschließend zogen die G+J-Experten ihr Forschungstool „Brand Sculpture“ zurate (HORIZONT 22/2011). Es überträgt Methoden der Psychotherapie – konkret die sogenannte Familienaufstellung – auf die Markenforschung. Bei einer Familienaufstellung ordnen die Patienten ihre Familie und Freunde räumlich an. Die Distanzen zu und zwischen einzelnen Personen entsprechen ihren emotionalen Beziehungen, ohne dass die Probanden sich dies bewusst machen und dafür Worte finden müssten. Dieses Design überträgt Brand Sculpture auf die Beziehungen von Personen zu Marken. So zeigt sich, welche Labels welchen Konsumenten nahestehen und welche Marken sich aus Kundensicht ähneln.

A

uf die Otto-Kampagne angewendet, zeigen sich die beschriebenen quantitativen Effekte bei den non-verbalen Einordnungen der Teilnehmer noch stärker. „Jedes der drei Werbeformate beeinflusst die Markennähe positiv“, erklären die Autoren. Die Displaykontakte bildeten ein „stabiles Fundament und bauen Markennähe auf“. Das Ad Special führe die Marke Otto mit ihren „besonderen Akzenten“ noch näher an die Kunden heran. Native Advertising habe hier den stärksten Effekt und „zieht die Marke endgültig ganz nah an den Konsumenten“. Zugleich zeigten die Aufstellungen, dass alle drei Onlinewerbeformate dafür sorgen, dass sich Otto von der Konkurrenz abheben und somit den Hauptwettbewerber Zalando auf Distanz halten kann. Auch hier erzielte das native Format die größte Wirkung. Bleibt Studienstufe drei. Hier analysierten die Forscher einen Datensatz mit 5500 Fällen aus allen kampagnenbegleitenden Befragungen von G+J EMS aus den Jahren 2014 und 2015 (inklusive Nullmessung), machten die unterschiedlichen Kampagnen aus diversen Branchen samt ihren differierenden Datenniveaus mathematisch vergleichbar und erkannten: Die zuvor beobachteten Wirkungseffekte der drei Formate sind kein Einzelfall. „Der richtige Formatmix ist entscheidend für den Erfolg einer Kampagne“, fasst Vogel seine Studienergebnisse zusammen. „So birgt das derzeit sehr gefragte Native Advertising in der Tat viele Vorteile – aber Display Ads bilden allen Unkenrufen zum Trotz nach wie vor den Nährboden, der die anderen Komponenten der Onlinewerbung erst richtig zum Blühen bringt.“ Wer auf nur ein Format setze, verschenke Effekte, die eben nur durch das Zusammenspiel entstehen.

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FOTO: STUDIO NORDBLICK / THOMAS ZARGES

„2016 geht es extrem hoch“

Spot X: Deutschland-Chef Stefan Beckmann will mit kuratierten Marktplätzen mehr Sicherheit im Echtzeithandel bieten

Von Juliane Paperlein

V

or einem Jahr kaufte die RTL Group Spot X Change – jetzt Spot X –, einen Spezialisten für den programmatischen Handel von Videoinventar. Im März eröffnete das deutsche Büro mit Stefan Beckmann an der Spitze. Er will den Käufern auf „kuratierten Marktplätzen“ vorselektiertes Premiuminventar bereitstellen. „Die Käufer wollen Qualität und die ist ihnen dort garantiert“, sagt Beckmann im Interview mit HORIZONT. Herr Beckmann, pünktlich zur Dmexco nennt sich Spot X Change in Spot X um. Warum? Wir ändern den Namen, um unserer Entwicklung der vergangenen Jahre gerecht zu werden. Zum Start 2007 waren wir eine reine Exchange, eine Handelsplattform von Tradinginventar. Nun haben

Stefan Beckmann

Stefan Beckmann ist seit Anfang März Managing Director für Deutschland, Österreich und die Schweiz und baut das Geschäft im deutschsprachigen Raum auf. Zuvor war er Country Manager DACH von Infectious Media. Beckmann bringt 14-jährige Erfahrung im Digitalgeschäft mit sich. Vor seiner Zeit bei Infectious Media war er bei Spil Games, Scoyo und Lycos tätig.

Aus SpotXChange wird SpotX

Aus SpotXChange wurde Anfang des Monats SpotX. Damit will die Firma die Entwicklung von einer reinen Vermarktungsplattform von Videowerbung zu einem Anzeigenmarktplatz mit Ad Server, SSP und einer ganzheitlichen Inventarvermarktung unterstreichen. Die Plattform wurde 2007 von CEO Mike Shehan gegründet. 2014 hat die RTL Group 65 Prozent an der Firma übernommen. 2015 eröffneten Büros in Amsterdam, Singapur und Hamburg.

wir unsere Adserving-Kapazitäten erweitert und bieten Premium Publishern Marktplätze. Im März 2015 sind Sie in Deutschland mit der Zentrale in Hamburg und einem Büro in München gestartet. Wie waren die ersten Monate? Aus meiner Sicht ist es fast schon überraschend gut gelaufen. Ich hatte befürchtet, dass wir Schwierigkeiten bei der Rekrutierung der Mitarbeiter hätten. Aber wir hatten viele gute Kandidaten und haben nun ein gutes Team zusammen. Wie ist das Interesse der Publisher an Spot X? Viele amerikanische Firmen tun sich erst mal schwer, wenn sie in Deutschland starten. Das ging uns nicht so. Wir hatten schnell Kontakt zu Publishern. Jeder Publisher mit einer gewissen Bewegtbild-Reichweite setzt sich im Moment mit dem Thema Programmatic auseinander und testet – auch mit uns. In dieser Breite hätte ich das im März nicht erwartet. Außerdem haben die Werbungtreibenden ein hohes Interesse. Die großen Markenartikler treiben das Thema voran. Sie haben Programmatic verstanden und dass es Anbieter gibt, die darauf spezialisiert sind. Unser Vorteil durch die Anbindung an die Mediengruppe RTL ist, dass wir gleich mit Qualität in Verbindung gebracht werden. Im Moment schreibt sich nahezu jeder Anbieter auf die Fahnen, auch Video programmatisch handeln zu können. Der Wettbewerb ist damit hoch. Sie haben Recht, jeder behauptet, er hat eine entsprechende Infrastruktur. Aber das sind oft nicht die Lösungen, die die Publisher brauchen. Wir haben eine leistungsfähige Sell Side Plattform und wollen im nächsten Schritt kuratierte Marktplätze anbieten. Davon erhoffen wir uns sehr viel. Was unterscheidet kuratierte Marktplätze von den bisher gängigen Open Exchanges und Private Market Places? Es sind Marktplätze mit Inventarquellen, die für die Käufer vorselektiert sind, also Umfelder von einem oder auch mehreren Premium-Publishern. Darüber kann die Agentur dann programmatisch einkaufen. Sie hat einen automatisierten Zugang zu qualitativ hochwertigen Umfeldern. Damit weiß die Agentur, bei wem sie einkauft und der Publisher beziehungsweise Vermarkter, an wen er verkauft. Auch die Regeln in Bezug auf Qualität, Umfeld und Preis sind klar. Wir schaffen einen sicheren Marktplatz, den wir zur Verfügung

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Sind kuratierte Marktplätze eine Reaktion auf die Diskussionen um Ad Fraud, Visibility und Qualität? Absolut. Der Käufer will Qualität. Und hier kann er sicher sein, sie auch zu bekommen. Spot X soll eine Alternative zu Google und Facebook sein. Aber das geht nur, wenn sie genügend InStefan Beckmann, SpotX ventar haben. Wie wollen Sie das schaffen? Jeder weiß, dass Google und Facebook in Sachen Onlinevideo-Reichweite kaum einzuholen sind. Wir starten unsere Curated Market Places mit dem Inventar der Mediengruppe RTL, somit ist unser Vorteil die Umfeldqualität. Das gilt auch für andere große Bewegtbildanbieter. Sie alle bieten professionell produzierte Inhalte – stellen – im Gegensatz zur Open Ex- mit Instream-Ads – deren Abruf vom change, wo das Inventar anonym verstei- User initiiert ist. Auf Käuferseite hat solgert wird, oder zu den Private Market ches Inventar einen hohen Stellenwert. Places, wo reine Eins-zu-eins-Beziehun- Uns geht es darum, uns als Technologiegen bestehen. Dienstleister im Markt zu etablieren.

Zum Schluss ein Ausblick: Wie wird sich Programmatic Video im nächsten Jahr entwickeln? Nimmt man Google und Facebook und das Mid- und Longtail-Inventar dazu, dürfte der aktuelle programmatische Anteil an Bewegtbild bei 15 bis 20 Prozent liegen. Ich denke, dass es in den nächsten Monaten extrem nach oben gehen wird und es Ende 2016 schon um die 30 Prozent sein werden.

HORIZONT Bewegtbildgipfel Programmatic Video wird auch ein Thema auf dem HORIZONTBewegtbildgipfelam17./18.November im Sofitel Bayerpost in München sein. Spot-XDeutschlandchef Stefan Beckmann diskutiert über die Chancen und Risiken von Programmatic AdvertisingmitPeterChristmann,CEOGoldbachGermany, Paul Mudter, Geschäftsleiter Operations IP Deutschland, und Lothar Prison, Chief Digital Officer von Vivaki.

D MEHR INFOS DFCG.DE/BEWEGTBILD15

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FOTO: COLOURBOX

40 DIGITAL ISSUE

Eine Ausgabe. Ein Thema.

HORIZONT 37/2015

Invasionder Consultants

10. September 2015

Jonas Lünendonk, Geschäftsführender Gesellschafter des Marktforschungsunternehmens Lünendonk

„Enger Draht zur Chefetage“ Jonas Lünendonk über die Strategien der Consultants

Digitalagenturen: Die Konkurrenz von Unternehmensberatungen nimmt zu – auch im Kampf um gute Mitarbeiter

Von Klaus Janke

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ebsites gestalten, Internetkampagnen konzipieren, Online-Spiele basteln, Social-Media-Seiten betreuen – das waren lange Zeit typische Tätigkeitsbereiche der klassischen Digitalagenturen. Mit fortschreitender Digitalisierung der Unternehmen werden die Aufgaben jedoch umfassender. Immer häufiger geht es darum, E-CommerceWertschöpfungsketten aufzubauen, Service-Apps zu entwickeln oder komplett neue digitale Produkte zu entwerfen. Ergattern sie Mandate für derartige Projekte, können Agenturen ihren Stellenwert beim Kunden deutlich erhöhen und sich zu strategischen Beratern in puncto Digitalisierung aufschwingen. Doch weil hier große Budgets winken, zieht das Thema zunehmend auch neue, mächtige Konkurrenten an: die internationalen Unternehmensberatungen, die sich das Thema Digitalisierung sehr groß auf die Fahnen geschrieben haben. Sie haben längst auch Expertise in Sachen Marketing und Kreation aufgebaut, sodass die Alleinstellungsmerkmale der Agenturen bröckeln. Und nicht nur das: Die Consulting-Konzerne fahren bei den Kunden nicht als Dickschiffe vor, sondern schicken neue, schlanke Beiboote, die das Flair innovativer Start-ups ausstrahlen sollen. Bei der Boston Consulting Group (BCG) etwa wird das Thema Digitalisierung nicht nur unternehmensintern von der Praxisgruppe „Technology Advantage“, sondern seit dem vergangenen Jahr von der neuen Ausgründung BCG Digital Ventures in Berlin betreut. Um für Unternehmen neue Geschäftsmodelle und Produktinnovationen im digitalen Umfeld zu konzipieren, hat BCG für das erste Büro in Berlin unter anderem Stefan GroßSelbeck, den ehemaligen Xing- und EbayDeutschlandchef, Ex-Telekom-Manager Klaus Nitschke, Sebastian Klauke, den Gründer der Internetplattform Autoda, und Mario Gamper, früher Business and Creative Director bei Scholz & Friends, an Bord geholt. „Bis Ende 2015 werden wir einen erheblichen zweistelligen Millionenbetrag in den Aufbau unserer digitalen Tochter investieren“, kündigt BCGDeutschlandchef Carsten Kratz an. „Al-

lein in Berlin soll das BCGDV-Team bis Jahresende auf mindestens 30 Mitarbeiter erweitert werden. Die meisten werden keine klassischen Berater sein, sondern Spezialisten wie Produktmanager, Designer, Entwickler und Systemarchitekten.“ Unter den ersten Kunden des Unternehmens ist die Deutsche Bahn. Konkurrent Deloitte verfolgt mit dem im September 2014 gegründeten Tochterunternehmen Deloitte Digital in München ein ähnliches Konzept. „Wir beraten Unternehmen aus dem Dax und dem Mittelstand von der digitalen Strategie bis zum Geschäftsaufbau“, erklärt Nikolay Kolev, Partner bei Deloitte Digital. Kolev kommt vom Beratungsunternehmen A.T. Kearney. Er führt Deloitte Digital ge-

„Consultants haben den Vorteil, höhere Gehälter als Agenturen zahlen zu können“ Anke Herbener, Digitas LBi

meinsam mit Andrew Goldstein, Gründer des Entrepreneurship-Zentrums an der Ludwig-Maximilians-Universität München, und Andreas Harting, zuvor COO bei der E-Commerce-Agentur der Heilemann-Brüder. Die Organisationsform des Tochterunternehmens soll die notwendige Flexibilität bieten, um für die Kunden neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die diese dann entweder ins Unternehmen integrieren oder eigenständig weiterführen können. Zudem soll sie Signalcharakter haben: „Mit Deloitte Digital sprechen wir ein langfristiges Commitment für das Thema Digitalisierung aus“, so Kolev. Darüber hinaus verspreche die schlanke Struktur operative Kraft, während viele klassische Beratungen vor allem für strategische Consulting-Expertise und seltener für Umsetzungskompetenz bekannt seien. Die Kunden von Deloitte Digital kommen vor allem aus den Bereichen Finanzdienstleistungen, Automobil, Einzelhandel und Pharma. Sie können auch bei klassischen Marketingaufgaben unterstützt werden, weil das Netzwerk entspre-

chend ausgestattet ist: „Deloitte hat sich nicht zuletzt durch die Akquisition von Marketingberatungen und Designstudios in den vergangenen Jahren sehr verstärkt.“ Im Lager der Agenturen war man auf die neue Konkurrenz vorbereitet: „Wir haben uns bei den Consultants in der Vergangenheit schon gewundert, dass es so lange dauert, bis sie das Thema Digitalisierung für sich entdecken“, sagt Anke Herbener, Vorstand von Digitas LBi und stellvertretende Vorsitzende des Fachkreises Fullservice-Digitalagenturen im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Für sie stellen die Consultants nicht immer nur Rivalen dar: „Digitas LBi arbeitet teilweise auch zusammen mit Beratungsunternehmen für bestimmte Kunden. In Pitches anderer Unternehmen wiederum treten wir gegeneinander an.“ Herbener sieht viele Aspekte, bei denen die Agenturen die Nase vorn haben: „Sie sind innovationsgetrieben, schnell und vor allem kreativ. Haben Sie schon mal ein Projekt einer Unternehmensberatung bei einer Award Show gesehen?“ Schmerzhaft allerdings: Auf der Suche nach kompetenten Mitarbeitern wildern die Consultants gern bei den Agenturen. „Sie haben den Vorteil, teilweise höhere Gehälter zahlen zu können“, so Herbener. „Unser Plus ist eine Unternehmenskultur, in der sich Kreative in der Regel wohler fühlen.“ Ganz klar überlegen sind die Consultants in puncto Kontaktebene: „Sie haben häufig den Vorteil, direkt in die Vorstandsebene vernetzt zu sein“, beobachtet Malte Hasse, Geschäftsführer A&B One Digital und wie Herbener stellvertretender Vorsitzender des BVDW-Fachkreises. „Unser Nachteil ist, dass viele Unternehmen noch keinen Chief Digital Officer haben, der unser natürlicher Ansprechpartner wäre.“ Gut möglich also, dass sich die Digitalagenturen künftig mehr in Richtung Beratungskompetenz strecken müssen – ein Feld allerdings, das sie ohnehin in den vergangenen Jahren gestärkt haben. Aber nach Auffassung von Hasse ist das alles halb so wild, da sich zurzeit die gesamte Wirtschaft digitalisiere: „Daher ordnet sich auch der Markt der Dienstleister neu, immer wieder tun sich neue Geschäftsfelder auf. Das Schöne ist, dass der Kuchen größer wird.“

Herr Lünendonk, die ConsultingFirmen bieten zunehmend auch Marketingberatung an. Woran liegt das? Marketing selbst hat heute durchaus eine große strategische Bedeutung. Der Grund liegt im übergreifenden Thema Digitalisierung. In diesem Bereich bieten die Unternehmen sehr umfassende Leistungen an, die von der Unterstützung in puncto Data Management bis hin zur Konzeption und zur Implementierung komplett neuer Geschäftsmodelle reicht. Dazu ist auch Know-how in Marketing und Kommunikation notwendig. Um alles aus einer Hand anbieten zu können, verstärken sich die Consulting-Konzerne und bauen ihre Netzwerke aus. So hat Bearing Point kürzlich das skandinavische Unternehmen Magenta übernommen, das auf digitale Geschäftstransformation spezialisiert ist und über eine starke Data- und Marketingexpertise verfügt. Und Ernst & Young hat die britische Agentur Seren gekauft, die im Bereich Customer Experience und digitales Design tätig ist. Welcher Typ von Beratungsunternehmen zeigt sich in puncto Digitalisierung und Marketing vor allem aktiv? Es sind die großen Unternehmen, die viel Geld für entsprechende Investitionen und zunehmend auch Übernahmen ausgeben. Aktiv zeigen sich darüber hinaus IT-Beratungen, die von der Data-Optimierung kommen, aber auch umfassendere Konzepte anbieten. Beobachten Sie in diesen Bereichen Veränderungen in der Arbeitsweise der Consultants? Das sogenannte „Asset-based Consulting“ wird wichtiger. Dabei rücken Technologien und Tools zunehmend in den Mittelpunkt. Es geht immer häufiger nicht nur darum, diese in der Beratung des Kunden einzusetzen, sondern den Kunden in die Lage zu versetzen, sie auch selbstständig zu nutzen. Lizenzierungen entsprechender technologischer Angebote spielen eine immer größere Rolle. Stimmt es, dass Managementberatungsunternehmen den Wettbewerbsvorteil genießen, direkten Zugang zur Führungsebene von Unternehmen zu haben? Das trifft meist zu. Wie eng der Draht zur Chefetage im laufenden Geschäft ist, können wir nicht beurteilen. Nach unseren Erhebungen ist die oberste Führungsebene aber in über 90 Prozent der Fälle involviert, wenn es um die finale Entscheidung für die Beauftragung einer Unternehmensberatung geht. INTERVIEW: KLAUS JANKE

HORIZONT 37/2015

10. September 2015

DIGITAL ISSUE / PRAXIS 41 FOTOS: ROBERT LINDEMANN / BUZZBIRD

Eine Ausgabe. Ein Thema.

Buzzbird soll ein Buzzword werden Andreas Türck: Der Agenturmanager will Influencer Marketing professionalisieren. Spielen die SocialMedia-Stars mit?

Vorzeige-Cases für Content Marketing: Yourfone Songcontest und Stylediaries (Otto)

Von Jürgen Scharrer

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enn alles klappt, wird das ein großes Ding: Buzzbird. Buzzbird ist: die erste Plattform, die automatisiert Marken und Influencer verbindet und diese Art von Marketing endlich planbar und skalierbar macht. Hinter dem Projekt stehen Andreas Türck, im Hauptberuf Gesellschafter der Mediaagentur Pilot, und Felix Hummel, der selbst als Influencer durchgeht und auf Youtube den Channel Copycat betreibt. Die Pläne sind, wie das im digitalen Unternehmertum inzwischen üblich ist, himmelstürmend: Schon vor dem Start der Plattform in Deutschland denken Türck und Hummel darüber nach, Buzzbird international auszurollen und neben Pilot weitere strategische Investoren an Bord zu holen – gerne auch aus der Venture-Capital-Szene. Das Timing ist zumindest nicht schlecht, Influencer Marketing gilt vielen als das nächste große Ding. Türck, den jeder aus seiner Zeit als quotenstarken TV-Moderator und Mädchenschwarm kennt, zählt zur Fraktion derjenigen, die klassischer Werbung in Zukunft nicht mehr viel zutrauen, weil die Leute eben immer weniger lineares Fernsehen anschalten und Zeitungen lesen, sondern lieber mit dem Smartphone durchs Leben navigieren. Nur was ist die Alternative zu Print und TV? Für Türck sind das Programmatic Advertising, Outdoor (Events, Point of Sale), Content Marketing und Influencer Marketing. Was Content Marketing betrifft, sieht sich Türck als Pionier in Deutschland – und es scheint ihn ziemlich zu nerven, dass er in den aktuellen Debatten zu dem Thema kaum eine Rolle spielt. Dabei vertrat er schon vor zehn Jahren in Interviews die These, Marken müssten zu Publishern werden und eigenen Content produzieren. Und tatsächlich hat er ja auch einiges vorzuweisen. Kampagnen wie die Stylediaries von Otto und der Yourfone Songcontest gelten zu Recht als Vorzeige-Cases in der Disziplin Content Marketing.

Neues Kapitel im Influencer Marketing? Andreas Türck und Felix Hummel wollen mit der Plattform Buzzbird für Furore sorgen.

Beim möglichen Siegeszug von Influencer Marketing will Türck nun unbedingt an der Spitze der Bewegung stehen. Das Thema ist zwar nicht neu, gewinnt allerdings jetzt erst so richtig an Wucht. Gleichzeitig aber werden die Schwächen und Grenzen der Disziplin deutlich. Was Marketingchefs auch in der digitalisierten Content-MarketingWelt brauchen, sind große Reichweiten, und die planbar und verlässlich, um sie standardisiert in die Mediapläne integrieren zu können. Hin und wieder einen Viralhit zu landen, ist eine schöne Sache – aber ganz gewiss nicht die Zukunft des Marketings. Buzzbird will die Antwort auf dieses Problem geben und Influencer Marketing auf eine neue, professionellere Stufe heben. Das Konzept ist denkbar einfach und einleuchtend – und ganz im Stil der Silicon-Valley-Ökonomie, wonach sich (fast) alle Probleme mit einer App oder einer Plattform lösen lassen. Im Falle Buzzbird bedeutet das: Marken und Influencer melden sich auf einer gemeinsamen Plattform an, die Marken stellen ein Briefing ein, Buzzbird sucht die passenden Influencer aus, die wiederum ihre Angebote abgeben, die von einfacher Verlinkung über Product Placement bis hin zu echten Social-Media-Kampagnen reichen sollen. Die Unternehmen sichten die Angebote, wählen das Passende aus und stellen sich einen Warenkorb zusammen. Ein zentraler Punkt ist, dass die Influencer valide Angaben zu ihren Reichweiten und Zielgruppen machen. Nur so wird aus Influencer Marketing eine planbare Disziplin. Türck verspricht: „Buzzbird verbindet Marken einfach und effektiv mit den einflussreichen Social-MediaInfluencern. So lassen sich Werbebotschaften auf Youtube, Instagram, Facebook und Co messbar nach Zielgruppen verbreiten.“ So weit, so einfach, so gut. Aber wie das mit digitalen Plattformen so ist: Ihr Erfolg hängt entscheidend davon ab, ob genügend (und die richtigen) Leute mitmachen. Ohne starke Marken und ein breites Angebot an Influencern bleibt Buzzbird nur eine nette Idee.

Was die Rekrutierung betrifft, gibt es eine klare Aufgabenteilung zwischen den beiden Gründern: Hummel ist für die Influencer zuständig, Türck für die Marken. Der Vorteil: Beide sind in der jeweiligen Szene bestens vernetzt und verfügen über viel Erfahrung. Die große Unbekannte in dem Spiel sind die Influencer. Es ist ja schon die Frage, inwieweit sie sich mit der Industrie ins Bett legen wollen und ob die Follower, die das eigentliche Kapital der Social-Media-Stars darstellen, eine solche Kommerzialisierung wirklich gutheißen. Die Streitereien zwischen Youtube-Stars und Multichannel-Netzwerken (MCNs) wie Mediakraft sprechen da eine deutliche Sprache. Insofern ist es womöglich ein schlauer Schachzug, dass Buzzbird sich darauf beschränkt, 20 Prozent der Umsätze als Provision einzustreichen. Türck: „Die Influencer wollen nicht in Verträge gepresst werden, man muss mit dieser Generation ganz anders umgehen. Deswegen legen wir großen Wert darauf, dass man bei uns ganz ohne Verträge mitmachen kann und alles völlig transparent ist. Buzzbird ist deshalb eine echte Alternative zu den MCNs.“ Und was ist mit den Werbungtreibenden? Türck will noch keine Namen nennen, versichert aber, dass einige Kunden von Pilot von Beginn an dabei sein werden. Über seine Gespräche mit Marketingchefs erzählt er: „Alle sind begeistert und sagen mir: Gib mir Bescheid, wenn die Plattform steht!“ Auch von der SocialMedia-Front sei nur Positives zu vermelden: „Felix Hummel hat ein großes Netzwerk und bereits mit vielen Influencern gesprochen. Die Resonanz ist extrem gut.“ An zu wenig Optimismus wird die Sache also nicht scheitern. Ob Buzzbird wirklich zum Fliegen kommt, scheint aber noch völlig offen. Türck spricht eher von „organischem Wachstum“ als einem Big Bang. Allzu lange sollte es aber nicht dauern bis zum ersten Erfolgs-Case auf Buzzbird.

Die Firma

Buzzbird ist ein rechtlich eigenständiges Unternehmen, neben den beiden Gründern Andreas Türck und Felix Hummel ist die Mediaagentur Pilot als strategischer Investor dabei. Weitere Gesellschafter sollen dazukommen, eine Expansion in Länder wie Großbritannien und Spanien ist angedacht. Die Plattform soll in den nächsten Wochen freigeschaltet werden, welche Influencer und Werbungtreibende zum Start dabei sind, wollen die Verantwortlichen noch nicht sagen. Türck: „Zur Zeit sind wir ein Start-up. Wir haben eine Idee, an die wir glauben und die wir groß machen wollen.“

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Eine Ausgabe. Ein Thema.

HORIZONT 37/2015

10. September 2015

Journalismus wird eine Renaissance erleben Gastbeitrag: Medien können digital Geld verdienen – wenn sie sich von der alten Verkaufslogik trennen

Community sorgt. Zu erfolgreichen Massenphänomenen gehört immer eine Gruppe an Heavy-Usern, die multiplizieren und den Kern bilden. Diese muss man finden und begeistern. Medienmarken müssen für etwas stehen und sollten eine eigene Stimme haben. Wie sieht es mit dem zweiten Teil der Wette, die die Venture-Capital-Investoren eingehen, aus – der Monetarisierung? Besser als gedacht: Man muss nur aufhören, es über Banner und noch mehr Banner zu versuchen.

Der Autor Philipp Westermeyer ist Gründer von Online Marketing Rockstars, das sich als unabhängige Informationsplattform für digitale Medien versteht.

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Online Marketing Rockstars

Die Verknüpfung von Popkultur und Internetbusiness ist ein Markenzeichen von Online Marketing Rockstars. Die einmal im Jahr stattfindende OMR-Konferenz ist eines der wichtigsten Events der jungen Digitalwirtschaft (25. und 26. Februar 2016). Mit Rockstars Daily will das WestermeyerTeam publizistische Akzente setzen. Und auf der Dmexco veranstaltet OMR am 16. September im Bootshaus Köln eine Rockstars Aftershow.

ie viel ist ein Werbekontakt im Internet, ist eine Banner-Einblendung auf irgendeiner zufällig ausgewählten, aber landläufig bekannten Website wert? Stellt man diese Frage Medienund Marketingkollegen, die bisher wenig an digitalen Themen gearbeitet haben, bekommt man nicht selten verrückte Schätzungen zur Antwort. Die Zahlen variieren von ein paar Euro bis 20 Euro oder mehr (als Tausend-Kontakt-Preis). Die Wahrheit ist dann für die Kollegen umso überraschender: maximal ein paar Cent, vielleicht auch gar nichts. Der Grund dafür: Es gibt einfach viel zu viel Media-Inventar. Selbst auf den größten Nachrichtenseiten finden sich pro Klick mindestens sechs verschiedene Anzeigen an unterschiedlichen Stellen und Formaten auf der Seite. Anders als etwa im Fernsehen oder in Print ist der Platz Online quasi unendlich. Die daraus folgende Abwertung von Online-Media macht es schwer, digitale journalistische Angebote zu refinanzieren. Und aller Voraussicht nach wird das verfügbare Media-Inventar noch weiter wachsen. Denn erstens kommen bei knapp 50 Millionen Onlinern und 80 Millionen Einwohnern in Deutschland immer noch neue Menschen dazu, die im Internet surfen und dabei Page Impressions, vor allem aber Ad Impressions auslösen werden. Zweitens hängen wir Deutschen bei der monatlichen Onlinenutzung im europäischen Vergleich noch hinterher. Es ist stark davon auszugehen, dass wir hierzulande demnächst statt nur 25 auch deutlich über 30 Stunden pro Monat surfen – und somit noch mehr Pages und Ad Impressions auslösen werden. Am Ende wird das Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach Media-Inventar noch weiter aus der Balance sein als jetzt schon. Das Angebot wird so groß sein, dass niemand ohne technische Hilfsmittel überhaupt vernünftig „nachfragen“ kann. Hinzu kommt: Journalistische Angebote sind ja nicht alleine im Netz. Von Amazon über Ebay bis Zalando, von Wetter- über Lottoseiten bis hin zu Hundeforen, obskuren Netzwerken, Iban-Rechnern und ganz viel anderem Longtail, findet sich überall meist sowohl eine schöne Platzierung als schlimmstenfalls auch eine Bilderstrecke, in der Banner stecken. Journalistische Inhalte braucht für Banner-Einblendungen kein Mensch mehr. Für alle, die jetzt abwinken und sagen, dass das ja mit Qualität nichts zu tun habe, kommt nun noch die härteste Wahrheit: Gerade im E-Commerce oder bei anderen transaktionsnahen Kampagnen funktioniert Werbung häufig besser,

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Das Hamburger Fashion-Portal TrèsClick: Erfolgreich dank kluger Trafficgenerierung

wenn sie gar nicht auf journalistischen Seiten ausgespielt wird. Oder anders gesagt: Nutzer, die ohnehin schon auf Ebay sind, kaufen eher. Am Ende gibt es für 90 Prozent aller Waren und Dienstleistungen doch kaum bessere Qualitätsstandards als Umsatz. Was heißt das für die Marketing-Szene? Statt um Premium-Umfelder geht es nun um Premium-Nutzer beziehungsweise deren Profile. Umfelder sind in der Theorie schon jetzt egal – was zählt, ist der Cookie und damit der Nutzer, der die Werbung sieht. Wer diese neue Welt besichtigen möchte, kann einfach das Browser-Plugin Ghostery kostenfrei installieren, das sichtbar macht, welche Cookies auf welchen Seiten gespeichert werden. Bei professionell vermarkteten Websites können dies bis zu 60 Cookies sein; viele von ihnen von neuen Ad-Technology-Firmen. Ziel des Ganzen: Tracking und Targeting für effizientere Werbung; Profile statt Umfelder.

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o weit, so fürchterlich für Journalismus-Freunde. Wie kann es dann sein, dass bekannte, journalistisch getriebene Firmen wie Vice, Buzzfeed, Business Insider zusammen rund eine Milliarde Euro erhalten haben, um ihre werbefinanzierten Projekte auszubauen? Und dass selbst Projekte in der zweiten Reihe wie Bustle, Refinery29, Mic, Tastemade schon mehr Venture Capital erhalten haben als die Jahr-Familie für ihren Anteil an einem der größten europäischen Medienkonzerne? Ein beteiligter Investor würde seine Entscheidung vielleicht folgendermaßen

begründen: „Ich wette, dass es aktuell so günstig wie nie zuvor ist, eine neue Medienmarke mit der entsprechenden Reichweite zu erschaffen. Ferner wette ich, dass es in einigen Jahren (wenn es nicht mehr so leicht ist, Reichweiten aufzubauen) neue, attraktive Möglichkeiten der Monetarisierung von modernen Medienmarken und Reichweiten gibt.“ Es ist sehr gut möglich, dass diese Prognose wahr wird. Zumindest für den ersten Teil ist dies bereits absehbar. Facebook als Traffic-Kanal für Publisher ist vermutlich ein „Once in a generation“Phänomen, das es bis heute möglich macht, organisch oder bezahlt für wenige Cent Traffic in nie da gewesenen Mengen zu beschaffen. Das Hamburger FashionPortal Trèsclick beispielsweise zeigt, was möglich ist: Zwei Frauen und eine Aushilfe haben innerhalb von sechs Monaten bereits 500000 Unique User. Bei Sekundär-Indikatoren wie Anzahl der Facebook-Fans sind sie schon in Schlagdistanz zu bekannten Medienmarken. Dabei arbeiten sie mit kleinen Traffic-Budgets und nur bei Facebook. Aktuelle Klickpreise von 5 Cent und weniger bei skalierbaren Themen (wie Frauen) ermöglichen mutigen Publishern oder Investoren bei einem monatlichen Investment ab 200000 Euro schnell die Spitze in den Agof-Charts für das Thema Frauen. Das Beispiel der Ladies von Trèsclick zeigt bei genauem Hinsehen aber auch: Neben reinem Traffic-Einkauf und ständiger Arbeit an der Publishing-Technologie geht es auch darum, genau den Spin zu finden, mit dem ein Artikel funktioniert und der für die Identifikation der

er Schlüssel liegt dabei zum einen im derzeit bereits zunehmenden Wettbewerb großer Plattformen von Facebook über Snapchat bis Twitter um besondere Inhalte. Offensichtlich ist, dass alle großen (sozialen) Plattformen bemüht sind, den Nutzer maximal lange zu halten. Anders als im Google-Modell, wo der Click-out das Ziel war, geht es jetzt um Verweildauer. Gut möglich, dass starke Inhalte und einzelne Artikel oder Elemente von Medienmarken den Plattformen viel Geld wert sind, wenn sie Nutzer bringen und halten. Die Beziehung könnte sich umkehren. Derzeit bezahlen Publisher Geld an Facebook; demnächst zahlt vielleicht Facebook oder Twitter oder Snapchat oder Linkedin an Publisher. Youtube beteiligt bereits seine „Creators“ an den eigenen Einnahmen; das Facebook-Experiment „Instant Articles“ weist in eine ähnliche Richtung. Am Ende ist dieses Szenario natürlich hypothetisch. Realität ist jedoch schon, dass Buzzfeed und Vice neue Werbeprodukte erfinden und zu viel, viel besseren Konditionen verkaufen als ein paar Cent pro tausend Kontakte. Es gibt Gründe, warum es neuen Firmen leichter fällt, passendere Angebote zu machen als die bestehenden. Darauf setzen die Investoren. Haben die neuen Medienfirmen eine Brand, die im Zentrum einer Community steht, wird es immer Möglichkeiten geben, daraus Geld zu machen. Sie müssen sich nur lösen von tradierten Verkaufslogiken. Das ist leichter gesagt als getan in einem Markt, in dem Mediaagenturen wichtige Akteure sind und in dem viele Verkäufer ihr Handwerk über Jahrzehnte bei klassischen Medienmarken gelernt haben. Aber man kann davon ausgehen, dass Investoren noch einen Vorteil bei den Medienmarken der neuen Generation sehen. Es stehen Unternehmer an ihrer Spitze, die sich weniger rechtfertigen müssen und die es gewohnt sind, ungewöhnliche Entscheidungen zu treffen. Vice ist eben auch Shane Smith. Buzzfeed ist Jonah Peretti, Business Insider ist Henry Blodget und so weiter. Dass die erhoffte Renaissance journalistischer Angebote vor diesem Hintergrund für alle Marken gilt, ist eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlich ist aber, dass Journalismus und Medienmarken in einiger Zeit wieder für gute Margen und gute Stimmung stehen dürften, wie immer erst in den USA und hoffentlich dann eine Weile später auch hier.

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Eine Ausgabe. Ein Thema.

10. September 2015

DIGITAL ISSUE / KREATION 43 FOTOS: LARED

Rastlose

Digitalprofis La Red: Warum die derzeit besonders angesagten Digitalspezialisten glauben, dass Mediaagenturen überflüssig sind

Blick in die Agenturräume am Schulterblatt

Von Jessica Becker

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amburg, Schulterblatt 36. Ein langgezogenes braun-graues Gebäude von 1930 dominiert das Straßenbild des ansonsten so bunten Szeneviertels Sternschanze mit all seinen schönen Altbauten. Im ersten Stock des Montblanc Kontorhauses befindet sich seit Dezember 2013 das Zuhause der Digitalagentur La Red. Zum Gespräch mit Gästen trifft sich Agenturgründer Matthias Maurer im Konferenzraum mit modernem Kronleuchter und bunten Teppichen auf Betonboden. Ein eigenes Büro hat der ehemalige Jung-von-Matt-

Mann in dem 350 Quadratmeter großen Domizil nicht. Er teilt sich mit fünf Beratern einen großen Raum. Das Understatement entspricht Maurers Naturell. Der 44-jährige gebürtige Wiesbadener gilt als einer der stilleren Vertreter der Agenturbranche. Interviews hat er bislang kaum gegeben. Vielleicht unter anderem deshalb ist La Red vielen Kreativen erst seit der vielfach ausgezeichneten Gaming-App „GT Ride“ für Kia ein Begriff. Es ist die erste und bisher einzige Arbeit, die die Hamburger bei Kreativwettbewerben eingereicht haben. Der Awardregen ist ein Erfolg, den die Agentur auch ihrer Experimentierfreudigkeit und steten Suche nach neuen Wegen zu verdanken hat. Auch Warner Mu-

sic konnte bereits davon profitieren. Vor kurzem kreierte La Red für das Label ein innovatives Kartonage-Mailing mit Googles Virtual-Reality-Brille Cardboard (HORIZONT 30/2015). Awards sind Maurer wichtig – inzwischen: „Ich hatte unterschätzt, wie motivierend ein Preis intern wirken kann.“ Über den bronzenen Cannes-Löwen für „GT Ride“ habe sich das Team am meisten gefreut. Vor Ort war jedoch keiner. „Cannes nutzt uns nicht wirklich viel. Dort ist keiner unserer Kunden. Wir müssen unsere Zeit effizient einsetzen.“ La Red ist eine Agentur, auf die das Adjektiv rastlos perfekt passt. Weiterbildung steht in diesem Jahr ganz oben auf der Agenda, weswegen Maurer 2015 zum „Wissensjahr“ bestimmt hat. Mehr als sonst holt er sich Input von außen, denn die Branche stehe vor zwei großen Herausforderungen. Erstens: Eine Marke müsse permanent Content für Social Media produzieren. Kommunikationslücken könnten sich Unternehmen nicht mehr leisten. „Deswegen müssen Digitalagenturen immer mehr redaktionelle Fähigkeiten entwickeln“, betont Maurer. Um dieses Knowhow bei La Red aufzubauen, lässt sich das Team extern von einem ehemaligen Redaktionsleiter des NDR beraten. Zweitens: Auch Media-Wissen werde für Agenturen essenziell. Maurer: „Es gibt auf den sozialen Plattformen sowieso keine Rabatte mehr für die Mediaagenturen. Deswegen können wir es auch selbst machen.“ Aufträge gibt es bereits. Immer

In dieser Woche ist die erste Arbeit von La Red für Verdi gestartet. Die Agentur hatte den auf zwei Jahre angelegten Digitaletat der Dienstleistungsgewerkschaft im Juni nach einem Pitch gewonnen. Um neue Mitglieder für Verdi zu gewinnen, hat das Team um Kreativdirektor Jan Hellberg die Kampagne „Macht immer Sinn“ kreiert. Das Herzstück des Auftritts ist ein ungewöhnliches und lustiges Onlinevideo. Dieses

führt auf die Website Macht-immer-sinn.de, auf der die Besucher beispielsweise zehn Gründe für eine Mitgliedschaft bei Verdi finden. Regie bei dem von Bigfish produzierten Film führte Arne Feldhusen, mehrfacher Grimme-Preisträger und bekannt durch Serien wie den „Tatortreiniger“ und „Stromberg“. Die Hauptrolle spielt Bastian Reiber, der gerade mit dem Boy-Gobert-Preis ausgezeichnet wurde.

mehr Kunden vertrauen ihre Mediaspendings der Agentur an. Flexibilität steht seit Beginn auf den Fahnen von La Red. Von starren Agenturstrukturen hält Maurer nichts. Er kauft die Kompetenzen ein, die er gerade braucht. Neben den aktuell 24 festen Mitarbeitern sind in Hamburg und dem zweiten Standort Berlin stets bis zu zehn Freelancer tätig. Ursprünglich ging die Firma als digitale Kreativproduktion für Agenturen an den Start. Man sei jedoch immer häufiger in Konkurrenzsituationen mit anderen Kreativdienstleistern geraten. Zudem entfalle so der Strategieteil, der Maurer und seinem Team aber am meisten Spaß macht. Deswegen arbeitet La Red mittlerweile nur noch für Endkunden. Die größten sind Unitymedia, Beiersdorf und seit Juni die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi (siehe Kasten unten). Neue Auftraggeber könnten in Kürze dazukommen. Die Agentur befindet sich in einigen Pitches. In welchen, verrät Maurer nicht. Das größte Ziel des Agenturchefs für 2015 ist der Gewinn eines neuen Autokunden. Von Kia, dem bislang größten Kunden, hat sich La Red im März nämlich getrennt – „im Positiven“, wie Maurer betont. Offenbar hatte es jedoch Reibungen mit der Inhouse-Agentur Innocean gegeben. Kommende Woche gibt es eine gute Gelegenheit, Kontakte zu potenziellen Nachfolgern zu knüpfen. Am 17. September darf sich das Team auf der Automesse IAA einen weiteren Kreativpreis für GT Ride abholen: eine Otto-Car-Trophäe der Auto Vision.

Agenturgründer Matthias Maurer, 44

Die Agentur und ihr Gründer

Matthias Maurer, 44, startete seine Agenturkarriere 1999 bei Kabel New Media, aus dem später der BBDO-OnlineAbleger Interone hervorging. 2005 wechselte Maurer als Beratungschef zu Jung von Matt/Next. Ende 2008 machte er sich mit La Red selbstständig. Zunächst allein an Bord, holte der gebürtige Wiesbadener ein gutes Jahr später seinen Ex-InteroneKollegen Felix Koch für den neuen Berliner Standort von La Red. Aktuell beschäftigt die Agentur 24 feste Mitarbeiter und stets bis zu zehn Freelancer. Der Umsatz lag zuletzt bei über 2 Millionen Euro im Jahr. Zum Kundenstamm gehören der NDR, die INGDiba, Ferrero und Ebay.

Spot anschauen unter: horizont.net/verdi3715

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Eine Ausgabe. Ein Thema.

HORIZONT 37/2015

10. September 2015

Einhörner sind noch im Budget Film Hack: Google und der Art Directors Club wollen Agenturkreative für Youtube sensibilisieren

FOTOS: STEPHANIE WIDMER

Von Julia Bröder

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elissa Lee versteht die Frage nicht. Wer ihr Make-upArtist sei, will der Art Director wissen, der für die Youtuberin einen neuen Channel-Trailer entwickeln soll – einen Spot, der ihren Kanal Breeding Unicorns eröffnen und dafür sorgen soll, dass immer mehr User ihn abonnieren. Bisher erreicht die Modedesignerin regelmäßig 35000 Zuschauer. Etwa einmal in der Woche postet sie ein Video mit Bastelanleitungen oder Tipps und Ideen aus ihrer pastellfarbenen Welt. Gegen passende bezahlte Produktplatzierungen hat sie ebenso wenig wie gegen Auftragsarbeiten. So hat Lee vor kurzem erst einen fünfminütigen Clip für den WDR gedreht, in dem sie anhand von Archivmaterial und eigenen Bildern darstellt, wie sich das Frauenbild in 50 Jahren Sendergeschichte verändert hat. Seit Juni kocht sie außerdem für den Edeka-Channel Yam Tam Tam. Wenngleich ihr eigener Kanal eine vergleichsweise kleine Reichweite hat, ist es Melissa Lee bereits gelungen, sich selbst zur Marke zu machen. Unterstützt wird sie bei der Vermarktung ihrer Inhalte und ihrer Person von Endemol Beyond, davor war sie bei der Ufa. Bei aller Professionalisierung ist es für die Halbchinesin selbstverständlich, dass die Videos für Breeding Unicorns in Eigenregie entstehen. Von Zeit zu Zeit leistet sie sich einen Kameramann, aber um Schnitt, Licht, Ton, Kostüm und Make-up kümmert sie sich selbst. Es mag banal klingen, diese Arbeitsweise zu betonen. Immerhin werden auch in der Kommuni- JvM/Elbe und Serviceplan drehen für Mary M und Tobi Tobstaar in den Kulissen des Youtube Space Berlin kationsbranche zunehmend Projekte ohne riesige Overheads Kooperation zwischen Google und dem ry M und Tobi Tobstaar im Einsatz ist. Als umgesetzt – nicht in dieser Radikalität, ADC (HORIZONT 21/2015). die beiden nach einem 6- bis 7-Minüter aber doch mit einem wachsenden Ver„Wir finden, dass sich die Kreativen verlangen, ist das offenbar zunächst recht ständnis für kostengünstigere, schnellere aus diesen beiden Bereichen noch zu we- befremdlich für die Agenturkreativen, und teilweise unkonventionellere Abläu- nig begegnen und wollen das ändern“, zumal für den Dreh der fünf Szenen, die fe. Trotzdem, so scheint es, liegen Welten sagt Sabine Georg, Creative Agency Ma- sich Mary und Tobi wünschen, gerade zwischen der Herangehensweise von nager bei Google. „Talente aus führenden einmal ein Tag vorgesehen ist. Umso Youtubern und der Vorstellung von Werbeagenturen sollen bei uns die Chan- wertvoller ist die Erfahrung aus der ZuAgenturkreativen, wie eine Bewegtbild- ce bekommen, neue Formen des Storytel- sammenarbeit. Es werde ihnen in Zuproduktion umgesetzt werden sollte. lings auszuprobieren, um ihre Erfahrun- kunft leichter fallen, festgelegte Formate Welten, die sich durchaus gegenseitig be- gen dann in die Agenturen hineinzutra- aufzubrechen, berichten mehrere Kreatifruchten können, findet die Youtube- gen.“ Organisiert hat sie den Austausch ve. Zudem sei die Art und Weise, mit der Mutter Google und hat daher einen Film- als dreitägigen Workshop, innerhalb des- die Youtuber mit ihrem Publikum umgewettbewerb ins Leben gerufen, bei dem es sen vier Teams jeweils einen Channel- hen, sehr inspirierend. Von dem perfekvorrangig um Kooperation geht. Der Art Trailer für einen etablierten Youtuber ten Verständnis der Zielgruppe, der zielDirectors Club für Deutschland (ADC) konzipieren und produzieren sollen. Zur genauen Ansprache und der präzisen Inhilft dabei, Kreative in den wichtigen Verfügung stehen den Teilnehmern Ku- teraktion werde er sicher etwas in seinen Agenturen zu erreichen und Youtubes lissen und Technik sowie das Know-how Berufsalltag mitnehmen, meint Valentin wachsender Bedeutung für die Marken- mehrerer Producer aus dem Berliner Tillian von JvM/Elbe. kommunikation Nachdruck zu verleihen. Youtube Space. Ähnliche Beobachtungen machen die So ist der dritte deutsche Youtube Film Wie unterschiedlich nicht nur die anderen Teams. „Wir sind zunächst sehr Hack Teil einer längerfristig angelegten praktische Herangehensweise, sondern auch die Vorstellungen von Storytelling sind, erleben die Teilnehmer von Beginn an. Man habe aus Gewohnheit an einen 30-Sekünder gedacht, ist etwa aus dem Team zu hören, das für die Youtuber Ma-

Den Sieger-Trailer für den Kanal Breeding Unicorns von Melissa Lee hat ein Team aus Agenturkreativen von FCB und Thjnk umgesetzt

JvM/Alster, Kolle Rebbe und Ogilvy inszenieren Emrah als Superhelden

Für The Simple Club setzen sich die Kreativen von DDB, Heimat und Saatchi auch selbst vor die Kamera

aus Werbersicht an unsere Aufgabe herangegangen und dadurch wahrscheinlich zu verkopft“, berichtet Alexander Michaelsen, Texter bei Kolle Rebbe. Je mehr er und sein Team sich allerdings auf ihren Youtuber Emrah eingelassen hätten, desto dominanter sei das Bauchgefühl geworden. Entstanden ist ein Film, der den Experten für Alltagstricks als eine Art Superhelden darstellt. Rhythmik und Art Direction stimmen ebenso wie Musik und Verlinkungen zu Emrahs vorhandenem Content. Der will den Trailer allerdings trotzdem nicht einsetzen. Der Film zeige nicht deutlich genug, was den Zu-

schauer auf seinem Kanal erwartet, so der angehende Wirtschaftsingenieur. Auch Nicolai Schork, Macher des Nachhilfe-Channels The Simple Club, konnte nicht von den Werbern überzeugt werden. Er lässt die Jury bereits vor dem Screening wissen, dass in seinem Team kein passender Promotion-Trailer entstanden ist. Letztlich werden also nur zwei von vier Filmen überhaupt zum Einsatz kommen. Einer davon gewinnt den dreitägigen Wettbewerb. Juror Fabian Roser, Kreativchef von DDB in Hamburg: „Der Film für Breeding Unicorns spiegelt die Persönlichkeit von Melissa Lee perfekt wider, indem er einen weißen Raum mit Leben füllt, ohne dabei ein Wort zu verlieren oder ein Stück ihres Contents zu zeigen.“ Zu sehen sind Luftballons in Einhornform, Farbbomben, Glitzerregen und ein Kuchen, der in Slow-Motion in die Luft gejagt wird. „Ich wollte visuell etwas, das ich zuhause nicht umsetzen kann“, so die Youtuberin. Und ihr Team? Erwin Lorenz, Junior Art Director bei Thjnk Hamburg, sagt: „Es motiviert, zu sehen, was in so kurzer Zeit und ohne viel Budget möglich ist. Melissa ist eine super Marke, aber es lohnt sich sicher auch, andere Aufgaben etwas experimenteller und spontaner anzugehen.“

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Spielmechaniken in Kommunikationskonzepten (v.l.): Axa wurde zum Teil eines Onlinespiels, Porsche testet Serious Games und Pro Sieben beteiligt Zuschauer spielerisch an einem „Galileo“-Auftritt

Spielend begeistern Gamification: Im digitalen Marketing etablieren sich Spielmechaniken immer mehr als Treiber des emotionalen Storytellings Von Santiago Campillo-Lundbeck

E Was ist Gamification?

Der Fachausdruck beschreibt die Anwendung von Spielmechaniken bei der Informationsvermittlung. Durch die Spielanreize und Belohnungsmechanismen sollen Themen oder Services interessanter gemacht und die Interaktionsdauer deutlich erhöht werden. Typischerweise wird Gamification im Onlinemarketing eingesetzt. Das soziale Netzwerk Foursquare nutzt Gamification, um seine Nutzer zum kontinuierlichen Check-in in Lokalitäten zu motivieren.

rziehungsberechtigte haben es wohl schon immer gewusst: Aufgaben, die Kinder eigentlich langweilig finden, lassen sich dem Zielpublikum erfolgreich verkaufen, indem man sie zum Spiel deklariert. So gesehen ist es nicht überraschend, dass auch das Jüngste unter den Massenmedien eine große Affinität zu Spielen hat. Zu den ersten offiziellen Best Cases im Onlinemarketing gehören nicht umsonst das 1999 für Johnny Walker gelaunchte Onlinespiel „Moorhuhn“ und die 2001 von Burger King in den USA gestartete Website „Subservient Chicken“. Damals beschränkten sich die Berührungspunkte zwischen Marke und Spiel allerdings noch auf das schlichte Sponsoring eines themenaffinen Unterhaltungsumfelds im Internet. Seitdem hat sich die Strategie deutlich verfeinert. So schloss die Versicherung Axa im Frühjahr 2015 eine Markenpartnerschaft mit dem Google-Onlinespiel „Ingress“, das die realen Axa-Filialen zu Anlaufstellen innerhalb des Mobile-Web-basierten Spiels machte und eines der besten Abwehrschilde nach der Versicherung benannte. Nach fünf Monaten Laufzeit hatten 5 Millionen „Ingress“-Spieler Kontakt mit der Marke gehabt und 600 000 von ihnen eine AxaFiliale im realen Leben aufgesucht. Statt vager Unterhaltung hat die Kampagne spezifische Markeninhalte und konkrete Leads für die Versicherung vermittelt.

Vor zwei Jahren demonstrierte die Agentur Razorfish beim „Audi A1 Heartbeat Run“, wie man den Spiel-Mechanismus umgekehrt auch zum Teil des klassischen Marketings machen kann. In einer gigantischen Schnitzeljagd in der Region Rhein-Ruhr und Stuttgart konnten Audi-Fans nach versteckten Autoschlüsseln suchen. Dabei wurden sie nur über den Klang eines Herzschlags einer Smartphone-App gelenkt, der bei Annäherung immer schneller wurde. Reichweitenzahlen, die traditionelle Onlinekampagnen auch bei geringem Media-Budget erzielen, kann keiner dieser kreativen Best Cases vorweisen. Dafür bieten Gamification-Ansätze eine Werbewirkung, die sich auch mit anspruchsvollen Videoauftritten nur schwer erkaufen lässt. In dem nicht linearen, interaktiven Medium Internet können spielerische Ideen die Stärken des Kanals viel besser nutzen, als es per passiv zu konsumierenden Bewegtbildkampagnen möglich wäre. Gelungene OnlinevideoKampagnen berücksichtigen das und versuchen zumindest im Ansatz ein spielerisches Element zu bieten: So entwickelte sich die von Buzzman, Paris, kreierte Tippex-Kampagne „Hunter shoots a bear“ auf Youtube zum weltweiten Erfolg, weil die Nutzer alle möglichen Entwicklungen der Story spielerisch selbst entdecken konnten. Dieses Potenzial ist selbst klassischen TV-Machern nicht verborgen geblieben. So strahlte die Pro-Sieben-Wissenssendung „Galileo“ in der letzten August-Wo-

che das Projekt „Harro walks the Line“ aus, bei dem die Zuschauer online als Spieler dem Moderator bei der Erfüllung seiner Aufgabe helfen können. Auch die gestellte Aufgabe, möglichst lange auf einer direkten geographischen Linie durch Deutschland zu wandern, erinnert mit Absicht an die Rahmenbedingungen eines klassischen Jump-and-Run-Spiels der Donkey-Kong-Ära, sagt Stefan Vaupel, Vice President Factual Pro Sieben und Redaktionsleiter „Galileo“: „Die exklusive Bildebene, die die User so nur aus ihren Games kennen, plötzlich in einem ,Galileo‘-TV-Event wieder erkennbar zu machen – das hat uns begeistert und den Ausschlag für die Idee gegeben.“ Dabei zeigt sich allerdings auch, dass Spielemechaniken nur dann massentauglich werden, wenn sie im Rahmen einer transmedialen Erzähllogik mit anderen Medien kombiniert werden. So orchestrierte das „Galileo“-Team sehr bewusst das Wechselspiel zwischen Online und TV. Vaupel: „Durch die erzählerische und zeitliche Aufteilung in drei klar getrennte Phasen – Erspielen des Inventars, 48 Stunden Live-Phase und TV-Beitrag – konnten wir die Reibungspunkte minimieren: Wer Lust hatte, beteiligte sich in Phase 1 und 2, der ,Galileo‘-Beitrag zielte klar auf das gewohnte Lean-back ab. Wer keine Lust auf die Interaktion hatte, wurde als reiner Zuschauer ab Phase 2 trotzdem zu jeder Zeit gut unterhalten. Das war uns sehr wichtig.“ Angesichts des hier nötigen SpezialKnow-hows ist es wenig überraschend,

dass spezialisierte Dienstleister für die kreative Umsetzung entstehen. Zu den Newcomern mit großen Ambitionen zählt die Münchner Agentur Gamify Now, ein Tochterunternehmen des europäischen Spieleentwicklers Remote Control Productions. Gamify Now bietet zwar auch Serious Games als Schulungstool, aber für Geschäftsführer Raphael Stange ist die interaktive Markeninszenierung das eigentlich spannende Thema: „Die Gaming-Mechanismen sind gerade fürs Marketing interessant.“ Stange hat vor seinem aktuellen Job unter anderem bei Sixt und Gruner + Jahr Erfahrungen mit interaktiven Marketingprogrammen gesammelt, doch er sieht speziell in Casual Games eine neue Qualitätsstufe bei der Ansprache von Konsumenten: „Man kann als Unternehmen den Kunden auf viele Weise ein personalisiertes Feedback geben. Aber diese Games setzen einfach die richtigen emotionalen Trigger und vermitteln so den Kunden durch Interaktion Spaß an dem Feedback des Unternehmens.“ Dabei will der Marketingveteran Gamification bewusst nicht nur auf die Kommunikationsaspekte einer Marke beschränkt sehen. Selbst die spielorientierte Optimierung von Details könne sich lohnen: „Linkedin visualisiert zum Beispiel über ein grafisches Element die Aussagekraft des Profils und weckt damit die Lust am Wettbewerb. Die Nutzer schließen die Lücken im Profil, weil sich das Erledigen einer gestellten Aufgabe gut anfühlt.“

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Chefredakteur mit Expertise in Bling-Bling Berufsbilder: Früher gab es Texter, Berater und Grafiker, heute gibt es Dutzende neuer Job-Beschreibungen

Social Advertising Planner

SEO Consultant

Chief Experience Officer

AugmentedRealityArchitect

Von Eva-Maria Schmidt

A

xel Springer hat es schon vor Jahren auf die Spitze getrieben: Gemeinsam mit seiner Agentur Scholz & Friends machte sich das Medienhaus 2011 auf die Suche nach einem „Stellvertretenden Chefredakteur mit Bling-Bling-Expertise für In-YourFace Journalistic Rioting“, einem „Analyst Business Development mit CrossCultural Powers für Ultra Flip-Out Market Boosting“ und einem „Senior Manager Digital Marketing mit Boyakasha Electronic Beats für Top-Strike Media Impacting“. Doch, das war und ist ganz ernst gemeint – wenn auch mit einem Augenzwinkern versehen. Die abgedrehten Berufsbezeichnungen stehen für ein Problem, mit dem Personaler in sämtlichen Unternehmen der Kommunikationsbranche heute mehr denn je kämpfen: Nahezu alle Jobs, die sie anbieten, sind inzwischen irgendwie digital. Zumindest verlangen sie die Kompetenz, Digitales zu verstehen – meist sogar ausgeprägtes Spezialistentum, am besten gepaart mit einigen Jahren Berufserfahrung –, was die genauere Interpretation der Anzeigentexte von Springer auch deutlich macht. Quereinsteiger, die vor Jahren eine gern genutzte Alternative zu studierten Fachleuten darstellten, können deshalb heute kaum mithalten. Gleichzeitig kommt zu wenig fachspezifisch qualifizierter Nachwuchs aus den Hochschulen, um den Personalbedarf zu decken. Zumal sich dieser Bedarf ständig wandelt. Schließlich differenziert sich das Jobangebot der Firmen in hohem Tempo immer stärker. Musste eine Agentur früher – grob gesagt – nach Textern, Grafikern und Beratern suchen, stehen heute 50 und mehr Profile auf ihrer RecruitingListe. Sie reichen vom Feel Good Manager über den Digital Print Coordinator und den Flash Developer bis hin zum eCRM Consultant. Ähnliches gilt für Mediaagenturen, die schon lange nicht mehr nur Mediaberater, -planer und -einkäufer beschäftigen. Auf nahezu allen Gehaltslisten der Zunft stehen heute genauso Data Scientists und IT-Specialists sowie seltene, speziellere Funktionen wie der Geo Intelligence Berater. Auch in den Marketingabteilungen ist das Jobangebot heute deutlich vielfältiger als zu den Zeiten, als nur klassische Stellen etwa für Marketing Manager dazugehörten. Nun beschäftigen die Werbungtreibenden unter anderem auch Corporate Blogger, Spezialisten

Geo Intelligence Berater

Corporate Community Manager

für Search Engine Optimization und E-Commerce Manager. Diese Spezialisten zu finden, dürfte in Zukunft aus den genannten Gründen noch schwerer werden. Zumal die digitale Wirtschaft dynamisch wächst. So haben die vom Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) vertretenen Sektoren „Service Access“, „Application und Services“ sowie „End-User-Interaktion“ beim Umsatz seit Jahren um durchschnittlich 10 Prozent zugelegt. 2014 ist ihr Umsatz laut BVDW auf rund 121 Milliarden Euro und der Bedarf an Mitarbeitern parallel um circa 8,13 Prozent auf insgesamt 460000 Beschäftigte gestiegen. Die Zahl ist beeindruckend – wie hoch sie wäre, wenn die Digital-Spezialisten eingerechnet würden, die beispielsweise in der klassischen Industrie inzwischen beschäftigt sind, und die zahlreichen Freelancer, die für verschiedenste Auftraggeber arbeiten, lässt sich schwer schätzen. Kein Wunder, dass zahlreiche Arbeitgeber inzwischen eigene Ausbildungsprogramme aufgesetzt haben, um ihren Bedarf an Digitalspezialisten besser

Data Analytics Strategist

Account Manager Affiliate Marketing

decken zu können. Beispiele sind die Otto Group, die unter anderem mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg den Studiengang „Multichannel Trade Management in Textile Business“ entwickelt hat und den Stiftungslehrstuhl E-Commerce an der FH Wedel finanziert. Aus den Reihen der Agenturen ist sicherlich Serviceplan zu nennen, das mit der Steinbeis Hochschule für Management und Innovation ein eigenes Master-Programm mit mittlerweile vier Studiengängen (Digital Media, Advanced Marketing, Onlinemarketing und Innovation) betreibt. Gleichzeitig wundert es, wie viele Chancen manche Unternehmen verpassen. Angefangen beim Recruiting der deutschen Arbeitgeber, das laut der Benchmarking-Studie „Best recruiters“ noch deutliche Defizite bei der Kommunikation mit den Bewerbern zeigt. Dabei ist in einer Flut von Studien klar, welche An-

sprüche die Generation X, Y und Z an potenzielle Arbeitgeber und deren Bewerberansprache stellt. Ebenso klar und wissenschaftlich belegt ist die Tatsache, dass gemischte Teams wirtschaftlich erfolgreicher sind. Dennoch ignorieren gerade Unternehmen der Digitalbranche die damit verbundene Erkenntnis, dass Frauen gefördert werden sollten, um bessere Ergebnisse zu erzielen, konsequent und verhalten sich wie Werbeagenturen zu Zeiten der Mad Men. „Eine hellhäutige Männerclique dominiert das Silicon Valley“ untertitelte beispielsweise das „Handelsblatt“ vor kurzem eine Geschichte zur Diskriminierung von Frauen in Technologiefirmen. Dabei gibt es natürlich auch in den entsprechenden Digital-Berufen mittlerweile viele hochqualifizierte Frauen. Diese Plattformentwicklerinnen, Software-Ingenieurinnen und Web-Designerinnen wehren sich mittlerweile beispielsweise mit Initiativen wie #looklikeanengineer gegen die Diskriminierung. Ob das weite Themenfeld Personal mit Aspekten wie Qualifizierung, Recruiting und Gleichstellung bei den Arbeitgebern der Digitalbranche angekommen ist, zeigt sich jedenfalls beim Blick in das Dmexco-Programm nicht. Es gibt zwar einen Slot, der sich unter der Headline „Diversity, New Leadership & New Talents“ dem Ganzen widmet – aber der ist genau 35 Minten lang. Das ist sicher nicht genug.

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FOTOS: COLOURBOX

Die längste

Selfie -Kette

Im Frühjahr 2015 haben Kunden der Deutschen Bahn 2,3 Millionen Tickets über mobile Kanäle gebucht. Würde man jede Fahrkarte einzeln per Standardbrief der Deutschen Post verschicken, käme man auf Portokosten von 1,43 Millionen Euro – so viel, wie Silvio Berlusconi seiner Ex-Frau monatlich an Unterhalt zahlt.

und gefälschte

Apple-Stores Sie wollen auf den Standpartys der Dmexco Ihre Mitmenschen so richtig überraschen? Wir haben da mal etwas für Sie zusammengestellt, mit dem Sie Ihre Zuhörer wirklich beeindrucken können – jenseits von Programmatic Buying, Content Marketing, Werbewirkung und sonstiger Fachgespräche rund um die wunderbare Welt der Digitalisierung. Einfach nur herrlich unnützes, aber dennoch imponierendes Wissen.

Der Weltrekord für die längste Selfie-Kette liegt bei 748 Personen. Aufgestellt hat ihn die WDR-Sendung „Couch Club“ Ende August in Dortmund. Der alte Rekord stammt aus Mexiko-City, dort schossen im Juni 746 Menschen nacheinander Selfies.

Jeden Tag werden auf der Welt sechsmal so viele Smartphones verkauft wie Kinder geboren.

Zusammengetragen von Fabian Müller, Leonie Rieth und Michael Reidel

Laszlo Hanyecz war der erste Mensch, der im realen Leben mit der virtuellen Währung Bitcoin bezahlte. 2010 legte er für zwei Pizzen 10000 Bitcoins, damals umgerechnet 30 US-Dollar, auf den Tisch. Wert im September 2015: Rund 2,3 Millionen US-Dollar.

Die Lebenszeit der 300000 eingesetzten LEDs in der Münchner Allianz Arena beläuft sich auf durchschnittlich 80000 Stunden. Das entspricht der Dauer von rund 53000 Fußballspielen ohne Verlängerung und – für den FC Bayern noch wichtiger – auch ohne ein mögliches Elfmeterschießen.

Rund 183 Millionen Exemplare seines iPhone 6 hat Apple allein in diesem Jahr verkauft. Würde man all diese Geräte aufrecht nebeneinander legen, käme man auf eine Strecke von 1263 Kilometer – etwa die Entfernung zwischen Frankfurt und Riga in Lettland.

In China gab es nicht nur gefälschte iPods, sondern auch gefälschte Apple-Stores. Absurd: Mitarbeiter eines Ladens in Kunming glaubten selbst, dass sie tatsächlich für Apple arbeiten.

Pro Sekunde werden bei Snapchat 9000 Fotos verschickt. In der analogen Zeit wären das 250 Filme à 36 Aufnahmen gewesen.

Die erste Webcam der Welt zeigte den Livestream einer Kaffeemaschine. Sie steht heute im Deutschen Technikmuseum.

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IMPRESSUM 49

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REGISTER PERSONEN Ahlers, Torsten ......................................22 Baudisch, Patrick ...................................16

Beckmann, Stefan ..................................39 Beuchler, Tina ..........................................4 Beyer, Nico...............................................6 Birkner, Olaf ...........................................22 Bode, Kerstin .........................................52 Borchert, Katharina ................................41

Cochet, Jerome .....................................22

Cooper, Marty........................................35

Dagtekin, Bora.......................................10

Dams, Colja..............................................6 Dang, Matthias ........................................4 Diekmann, Christiane ...............................8 Dirks, Thorsten.......................................36 Dobrindt, Alexander...............................36 Dunke, Michael........................................4

Ebbing, Thorsten .....................................4 Fassin, Bastian .......................................16 Feldhusen, Arne .....................................43 Flechsig, Klaas........................................24 Frank, Oliver.............................................6 Fuchs, Thomas .......................................10 Förstermann, Daniel...............................22

Georg, Sabine .......................................44

Giese, Rasmus........................................34 Goldstein, Andrew .................................14 Graf, Alexander ......................................28 Grossmann, Stefan.................................22 Güzey, Timucin.......................................24

Hahn, Christian .......................................4

Harms, Florian ........................................41 Hart, Manfred ........................................41 Harting, Andreas ....................................14 Hasse, Malte ..........................................14 Hecker, Uwe ............................................8 Hellberg, Jan ..........................................43 Hellmann, Uwe ........................................8 Herbener, Anke ......................................14 Hofmeister, Helge ..................................36 Hopfen, Donata .......................................6 Horn, Sebastian ......................................41 Hummel, Felix ........................................40

Immoor, Sandra .....................................52 Jánszky, Sven Gábor ...............................16 Kallen, Paul-Bernhard ............................53

Kemper, André.........................................6 Kiessling, Tobias .....................................52 King, Zack..............................................35 Klavehn, Andreas ...................................31 Klaus, Manfred ......................................22 Klippgen, Kaspar ....................................34 Koch, Felix .............................................43 Königsbauer, David ................................52 Kraatz, Anika..........................................10 Kramer, Uli ...............................................4 Kratz, Carsten.........................................14 Krzanich, Brian.......................................30 Kuske, Lena .............................................8

Lahm, Philipp ..........................................6 Langefeld, Bernhard ...............................16 Lee, Melissa ...........................................44 Lévy, Maurice .........................................27 Loebel, Simon.........................................12 Lünendonk, Jonas...................................14 Lütgenau, Martin ...................................34

Maurer, Matthias ..................................43

Mempel, Christoph ................................52 Mielke, Michaela ....................................10 Müller, Tarek ..........................................28 Müller, Thorsten.......................................4 Müller, Tina..............................................6 Müller, Uwe ............................................11

Oettinger, Günther .........................36 Patten, David ..................................10 Piëch, Ferdinand..............................52 Port, Thomas...................................34 Prasse, Andreas.................................4 Prison, Lothar.............................24,34

Ranadive, Ameet ............................26 Reiber, Bastian ................................43 Reichelt, Julian.................................41 Roth, Michael..................................27 Roth, Ulrich .......................................6 Rötzer, Georg R. ................................6 Rößling, Oliver ................................30 Rürup, Mischa .................................52 Scherbeck, Bastian..........................12 Schierhorn, Marco...........................34 Schmalzl, Christian ............................4 Schmidt, Tim ...................................22 Schmidt, Tobias ...............................12 Schnaack, Martin ..............................6 Schramm, Boris .................................4 Schuh, Stefan....................................8 Schuld, Michael ...............................10 Schulz, Klaus-Peter ............................4 Schwerin, Ben .................................26 Schönberger, Sybille ..........................6 Sideropoulos, Susan ..........................2 Sigl, Florian .......................................8 Slimani, Samy ..................................10 Snover, Melissa................................16 Sorrell, Martin .................................27 Spieker, Helma ................................52 Späth, Alexander.............................52 Stempels, Jan-Piet ...........................52 Stilling, Anne.....................................4

Bild.de.............................................41 Bitkom............................................36 BM Brandmedia ..............................52 Bonita ..........................................6,10 Boston Consulting Group.................36 Brockhaus .......................................21 BSUR...............................................10 Buddybrand ....................................12 Burger King.....................................46 Buzzbird .........................................40 BVDW.....................................8,34,36 Byou ...............................................41

Commerzbank..................................8 DDB ...............................................10

DDB Berlin ......................................35 Deutsche Telekom ......................10,36 Deutscher Datenschutzrat Online-Werbung.................................................8 Deutscher Radiopreis.......................53 Digitas LBi .......................................14 Dirk & Philip Kommunikation .............6

E-Tribes ..........................................28 EACA ..............................................10 Editho .............................................12 Endemol Beyond .............................44 Explido -iProspect............................22

Facebook ...........................4,11,12,24

Famab ..............................................6 Flow................................................10 Forward Ad Group...........................34 Foursquare......................................46 Funke Mediengruppe ......................52

G+J EMS.........................................38

Trout, Joanne ..................................27 Türck, Alisa......................................34 Türck, Andreas ................................40

Gamify Now....................................46 Germanwings ...................................6 Google ...................11,24,30,34,35,44 Group M ...........................................4 Gruner + Jahr...........................8,10,32

Wahl, Matthias ...........................8,36

Havas .............................................27 HD Plus ...........................................10 Heimat .........................................6,10 Hershey...........................................16 Hubert Burda Media ...................10,53

Thurmann, Philipp ..........................12

Vaterodt, Tanja.................................6 Vetter, Anatol ..................................12 Visser, Corinna ................................52 Vogel, Frank....................................38

Waitzinger, Christian .......................52 Wegner, Jochen...............................41 Welte, Philipp..................................53 Wiedenmann, Dirk .......................4,52 Winterkorn, Martin .........................52

Zimmer, Christian ...........................24

MARKEN/FIRMEN A&B One Dgital...............................14 Accenture .......................................30 Aimaq von Lobenstein .....................10 Amazon.....................................22,28 Antoni ..............................................6 AOK..................................................6 Apple.........................................30,34 Art Directors Club für Deutschland ...44 Astra ...............................................10 Audi ...............................................46 Avantgarde.......................................6 Axel Springer ................................6,11 Bakery Films .....................................8

Barilla..............................................16 Bauer Advertising ............................52 Bauer Media Group ...................4,8,52 BCG Digital Ventures........................14 Bento ..............................................41 Berlin Valley News ...........................52 Bertelsmann....................................21 Best for Tracking................................4 Bibi .................................................10 Bifi ..................................................10 Bigfish ............................................43 Bild ...................................................6 Bild der Frau ....................................52

Hasso-Plattner-Institut ....................16

In meiner Küche................................8 Instore Audience .............................22 Intel................................................30 Intelli Ad .........................................52 Interpublic ......................................27 IP Deutschland ..................................4 IPG ...................................................4 Jack Link’s.......................................10

Jung von Matt ...................................8 Jägermeister .....................................6

Kairion ...........................................22 Kassenzone.....................................28 Katjes ............................................. 16 Kinetic ..............................................4 KPMG .............................................32

La Red ............................................43

Leagas Delaney ...............................52 Lenovo ...........................................30 Lünendonk......................................14 L’Oréal ..............................................8

Ma Vie ...........................................10

Mammut ........................................35 Media Impact..................................34 Mediacom Beyond Advertising ..........8 Medienanstalten .............................10 Mercedes-Benz ...............................35 Mila ..................................................2 Mindshare ......................................24 Motorola ........................................30

Natural Machines ...........................16 NBRZ ................................................4 Netzallianz ......................................36 Novartis ..........................................10

Ogilvy .............................................10 OMD ..............................................24 Omnicom........................................27 Omnicom Media Group ...................34 Opel........................................6,12,35 Oreo ...............................................35 Otto Group .....................................28 Otto Group Media ...........................22 Otto.de...........................................22

Periscope ..................................12,26

Philipp & Keuntje ...............................6 Pilot.............................................4,34 Pixelpark.........................................27 Plan.Net..........................................22 Pro Sieben.......................................46 Publicis ...........................................27 Puma ................................................6

32. Jahrgang Verlag: Deutscher Fachverlag GmbH Postadresse: 60264 Frankfurt am Main Hausadresse: Mainzer Landstr. 251, 60326 Frankfurt/Main Telefon-Zentrale (0 69) 75 95-01 www.horizont.net, www.horizont-stiftung.de, www.dfv.de www.deutschefachmedien.de, www.deutsche-fachmedien.de Telefon Redaktionssekretariat (0 69) 75 95-16 02/16 04 Telefax (0 69) 75 95-16 00 (Redaktion) Telefax (0 69) 75 95-18 70 (Verlagsabteilungen) Telefax (0 69) 75 95-19 40 (Vertrieb) E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected]

Razorfish........................................46

Reckitt Benckiser ...............................4 Roland Berger...............................8,16 Roth & Lorenz....................................6 RTL ...................................................8 RWE .................................................6

S.Oliver...........................................10 Saatchi & Saatchi ..........................8,10 Samsung ......................................6,11 Sapient Nitro...................................52 Sat 1..................................................2 Schalke 04.......................................12 Scholz & Friends ................................6 Schöffel...........................................10 Serviceplan .......................................6 Seven-One Media............................34 Snapchat....................................12,26 Spiegel Online .................................41 Spirit for Brands.................................6 Spot X.............................................39 Spryker ...........................................28 Ströer ...........................................4,11 Syzygy .......................................27,52 Tagesspiegel ..................................52

Takko ..............................................10 Teradata .........................................52 The Brand Ticker................................6 Thjnk...............................................10 Tom Tailor .......................................10 Toyota ..............................................8 Triad Retail Media............................22 Twitter .......................................24,26

Uniplan ............................................6 United Digital Group ........................12 United Internet Media .....................34 VCCP ...............................................6

Vine ................................................12 Vivaki.........................................24,34 Vodafone..........................................4 Vok Dams .........................................6 Volkswagen ....................................35 Volvo ..............................................35 VW .................................................52

Wall.................................................4 We Are Social ..................................12 Webguerillas ...................................12 Wempe...........................................52 What3words...................................35 Wikipedia........................................21 WPP ...............................................27

Xiaomi ...........................................30 Youtube.........................................44 Zach King .......................................12

Zeiss................................................31 Zalando .....................................22,28 Ze.tt ................................................41 Zeit Online.......................................41

3D Systems .....................................16

Oculus Rift......................................30

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Geschäftsführung: Angela Wisken (Sprecherin), Peter Esser, Markus Gotta, Peter Kley, Holger Knapp, Sönke Reimers Aufsichtsrat: Klaus Kottmeier, Andreas Lorch, Catrin Lorch, Peter Ruß Gesamtverantwortung HORIZONT: Markus Gotta Chefredaktion und presserechtlich verantwortlich: Dr. Uwe Vorkötter (uv) ........................................................App. 16 06 Volker Schütz (vs) ................................................................App. 16 17 Jürgen Scharrer (js) ...............................................................App. 16 11 Marketing: Michael Reidel (mir) (Ltg.) .................................................App. 16 75 Santiago Campillo-Lundbeck (cam)....................................App. 16 09 Miriam Hebben (mh) ..........................................................App. 16 25 Fabian Müller (fam) .............................................................App. 16 72 Agenturen: Mehrdad Amirkhizi (mam) (Ltg.) .......................................App. 16 77 Bärbel Unckrich (bu) ...........................................................App. 16 28 Medien: Juliane Paperlein (pap) (Ltg.) ...............................................App. 16 16 Katrin Lang (kl)....................................................................App. 16 98 Specials und Projekte: Dr. Jochen Zimmer (joz) (Ltg.)............................................App. 26 95 Bettina Sonnenschein (son) .................................................App. 16 08 Leitende Redakteurin Kreation: Bärbel Unckrich (bu) ...........................................................App. 16 28 HORIZONT Sportbusiness: Ingo Rentz (ire) ....................................................................App. 16 88 HORIZONT Online: Marco Saal (mas) (Ltg.)........................................................App. 16 79 David Hein (dh) ...................................................................App. 16 05 Jessica Becker(jeb)................................................................App. 26 94 Ingo Rentz (ire) ....................................................................App. 16 88 Tim Theobald (tt) ................................................................App. 16 84 HORIZONTJobs / Karriere / Online-Projekte HORIZONT: Eva-Maria Schmidt (ems) (Ltg.) ..........................................App. 16 76 Grafik: Andreas Liedtke (Ltg.)..........................................................App. 16 24 Dorothee Mayer ...................................................................App. 16 23 Livia Pezzoli (Systembetreuung) ..........................................App. 16 21 Henry Rapior .......................................................................App. 16 27 Sekretariat: Dagmar Battiany ..................................................................App. 16 04 Martina Vollmöller...............................................................App. 16 02 Redaktion Hamburg: Medien: Roland Pimpl (rp) Ifflandstraße 22, 22087 Hamburg Telefon (0 40) 22 66 69 76, Fax (0 40) 22 66 74 45 E-Mail: [email protected] Ständige freie HORIZONT-Autoren: Julia Bröder (jb) Telefon (0172) 9 74 82 48, E-Mail: [email protected] Uwe Förster (uf) Telefon (040) 88 16 87 01, E-Mail: [email protected] Vera Günther(vg) Telefon (01 77) 746 89 91, E-Mail: [email protected] Klaus Janke(kj) Telefon (069) 15 24 16 80, E-Mail: [email protected] Roland Karle (rol) Telefon (0 72 68) 9112 23, E-Mail: [email protected] Ulrike Simon (usi) Telefon (01 72) 404 84 20, E-Mail: [email protected] Guido Schneider (gui) Telefon (06 21) 789 55 11, E-Mail: [email protected] Anja Sturm(as) Telefon (01 70) 48 18 905, E-Mail: [email protected] Joachim Thommes (ts) Telefon (06 41) 9 30 39 03, E-Mail: [email protected] Sara Weber (sw) Telefon (01 76) 51 22 93 46, E-Mail: [email protected] Design: Fabian Wurm (fw) Telefon und Fax (069) 70 27 74, E-Mail: [email protected]

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Verlagsabteilungen: Verlagsleitung: Peter Gerich ............................................................................App. 18 71 Media Sales & Services: Michael Thiemann(Sales Director) ...................................... App. 12 45 Heinz Kort (Leitung Sales) .................................................... App. 18 75 Petra Kreinhöffner (Sales Managerin) ...................................App. 12 44 Gesa Schäfermann (Sales Managerin) ................................... App. 12 48 Timo Liebe (Teammanager Media Services) ......................... App. 18 72 Eva-Rosita Kaschky (Services Online) ...................................App. 18 76 Christine Fuchs (Leitung Sales HORIZONT Jobs) ....................App. 18 78 Neele Zimmer (Sales Managerin ) ..........................................App. 18 73 Marketing Sales & Services: Boris Pawlenka (Ltg.) ......................................................... App. 19 42 Vertrieb: Heike Koch (Ltg.) ................................................................App. 19 41 Projektmanagement Marketing & Vertrieb: Carmen Alt .........................................................................App. 19 45 Nastassja Vanselow .............................................................App. 19 43 Abonnentenservice: Volker Weiland ...................................................................App. 19 48 Stefanie Knolle ....................................................................App. 19 46 Officemanagement: Edda Möckel .......................................................................App. 12 42 Anja Spitzl...........................................................................App. 12 43 Veranstaltungen: Astrid Doerr (Projektleitung HORIZONT Events) .............App. 18 77 Merle Akduman (TCG - The Conference Group)...............App. 30 39 Gesamtleitung Printmedien-Services: Kurt Herzig .........................................................................App. 24 61 Produktion: Hans Dreier (Ltg.) ..............................................................App. 24 63 Logistik: Ilja Sauer (Ltg.) ...................................................................App. 22 01 Weitere HORIZONT-Salesrepräsentanten: Automarketing: Mediaservice Bernd Reisch Schlosserstraße 12, 60322 Frankfurt Telefon (0 69) 95 50 56-0, Telefax (0 69) 95 50 56-11 E-Mail: [email protected]

Schweiz: Heinz Kort, Leitung Sales HORIZONT Telefon (+49) 69 75 95 18 75, Telefax (+49) 69 75 95 18 70 E-Mail: [email protected]

Österreich: Martina Hofmann, Manstein, Verlagsges. mbH. Brunner Feldstraße 45, A-2380 Perchtoldsdorf Telefon (+43) 1 8 66 48 – 6 21, Telefax (+43) 1 8 66 48 – 6 20 E-Mail: [email protected] Großbritannien: Christopher C. Stevens Associates Aykley House, Old Road, Elham, Kent CT4 6UH Telefon (+44) (20) 78 33 55 33, Telefax (+44) (20) 76 89 34 04 E-Mail: [email protected] USA: Lee & Steel Inc., Michael Lee PO Box 2007, Darien, CT 06820 Telefon (+1) (203) 4 45 89 00, Telefax (+1)(203) 4 45 18 85 E-Mail: [email protected] Erscheinungsweise: wöchentlich donnerstags Bezugspreis Inland: Jahrespreis Euro 359,00. Ermäßigter Jahresbezugspreis für Studenten bei Vorlage der Studienbescheinigung Euro 179,50. Einzelpreis Euro 7,50 (plus Euro 1,50 Portokosten). Alle Abo-Preise einschließlich Versandkosten und MwSt. Bezugspreis EU: Euro 399,00 einschl. Versandkosten und MwSt. – bei Nennung der USt-IdNr. Euro 366,32. Bezugspreis Ausland: Euro 366,32 einschl. Versandkosten; Luftpost auf Anfrage. Das HORIZONT-Abonnement beinhaltet auch: ● HORIZONT E-Paper auf PC und MAC sowie auf dem Tablet (iPad/Android) ● Zugang zum HORIZONT-Printarchiv über www.horizont.net ● Sonderkonditionen bei ausgewählten Veranstaltungen von The Conference Group Die Abonnementsgebühren sind im Voraus zahlbar. Abonnementskündigung nur mit sechswöchiger Frist zum Ende des jeweiligen Berechnungszeitraumes möglich. Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 32 vom 1. Januar 2015. Mitglieder des Art Directors Club für Deutschland e.V. (ADC), von communicate!, des Kommunikationsverbandes e.V., der CommClubs Bayern e.V., des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V., des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV) e.V., des Deutschen IPTV Verbandes, der Marketing Clubs e.V. Allgäu, Bergisch Land, Berlin, Bochum, Bodensee, Braunschweig, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg-Niederrhein, Erfurt, Essen, Frankfurt am Main, Göttingen, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Krefeld, Lausitz, Leipzig, Lübeck, Lüneburger Heide, Magdeburg, MainzWiesbaden, Mittelhessen, Mönchengladbach, München, Münster/ Osnabrück, Neckar-Alb, Nordhessen, Nürnberg, Ortenau/Offenburg, Ostwürttemberg, Paderborn, Potsdam, Region Stuttgart, Rhein-Mosel, Rhein-Neckar, Rostock, Saar, Schleswig-Holstein, Schwarzwald-Baar, Südhessen, Südwestfalen sowie Weser-Ems, der Marketing Club Junioren, der Marketing-Community Freiburg/Südbaden sowie der MTP Marketing zwischen Theorie und Praxis e.V. erhalten HORIZONT im Rahmen ihrer Verbandszugehörigkeit. Der Bezugspreis wird durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Bankverbindung: Frankfurter Sparkasse, Frankfurt am Main, IBAN DE 56 5005 0201 0000 0349 26, SWIFT-Code HELADEF1822

Technische Gesamtherstellung: Vogel Druck und Medienservice GmbH, Leibnizstraße 5, 97204 Höchberg, Telefon (0931) 46 00-28 96 Fax (0931) 46 00-27 10. Gedruckt auf umweltfreundlich-chlorfreiem Papier. Mit der Annahme zur Veröffentlichung überträgt der Autor dem Verlag das ausschließliche Verlagsrecht für die Zeit bis zum Ablauf des Urheberrechts. Diese Rechtsübertragung bezieht sich insbesondere auf das Recht des Verlages, das Werk zu gewerblichen Zwecken per Kopie (Mikrofilm, Fotokopie, CD-Rom oder andere Verfahren) zu vervielfältigen und/oder in elektronische oder andere Datenbanken aufzunehmen. Nutzungsrechte: Die vorliegende Fachzeitschrift wird in gedruckter und digitaler Form vertrieben und ist aus Datenbanken abrufbar. Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Artikel und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung, Verbreitung, Digitalisierung, Speicherung in Datenbanksystemen oder Inter- und Intranets, ist unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt. Sollten Sie Artikel aus dieser Fachzeitschrift nachdrucken, in Ihr Internet-Angebot oder in Ihr Intranet übernehmen oder per E-Mail versenden wollen, können Sie die erforderlichen Rechte bei der Deutschen Fachverlag GmbH erwerben. Ihre Anfrage können Sie per E-Mail an [email protected] richten. Auskunft erhalten Sie telefonisch unter 069 7595-2042. Für die Übernahme von Artikeln in Ihren internen elektronischen Pressespiegel erhalten Sie die erforderlichen Rechte unter www.pressemonitor.de oder telefonisch unter 030 284930 bei der PMG Presse-Monitor GmbH. Diese Ausgabe enthält eine Beilage von The Conference Group, Mainzer Landstraße 251, 60326 Frankfurt, sowie von Medientage München GmbH, Liebigstraße 39, 80538 München

ISSN 0175-7989

NEU E W ERBU NG

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HORIZONT-MARKT

HORIZONT 37/2015

10. September 2015

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Position, Firma

Ort

Joblink

Position, Firma Media Manager w/m für das Brand Management, 101 Percent HR-Consultancy e. K. Media- und Kommunikationsstratege (m/w), Wüstenrot & Württembergische AG

Account Manager (m/w), Palmer Hargreaves GmbH

Köln

H129322

Account Manager Software (m/w), Hager Unternehmensberatung GmbH Anzeigenverkäufer/in Print & Online, Journal International Verlags und Werbegesellschaft mbH Assistent (m/w) für das Sales/Talent Scouting Department, BAKERY FILMS Filmproduktion GmbH

verschiedene Standorte

H129170

München

H129444

Hamburg

H129443

Category Manager (m/w) Tents & Shelters, Coleman-Gruppe

Hattersheim bei Frankfurt

H129292

Communication Specialist (m/w), Basler AG

Ahrensburg

H129315

Content Manager (m/w), Bluforce MarKom GmbH

Salzburg

H129363

Content Producer Film/Foto (m/w), Bluforce MarKom GmbH

Salzburg

H129365

Digital Project Manager (m/w), Bluforce MarKom GmbH

Salzburg

E-Commerce Consultant (m/w), Rakuten Deutschland GmbH Geschäftsführung PR-Agentur (m/w), medandmore GmbH Geschäftsleitung Media Research (m/w), Mediaplus Gruppe für innovative Media GmbH & Co. KG Gestalter/Layouter (m/w) in Hamburg gesucht, NonFood Werbeagentur GmbH & Fotostudios

Ihre HORIZONTJobs Ansprechpartnerin: Diana Carlino [email protected] | Tel.: 069 7595-3094

Mediaberater (m/w), Frankfurter Societäts-Medien GmbH

Ort

Joblink

Hamburg

H129434

Stuttgart

H129270

Frankfurt/ bundesweit

H129425

Mediengestalter (m/w) für Digital und Print - Vollzeit und Hückeswagen befristet, PFLITSCH GmbH & Co. KG Mitarbeiter/in für den Bereich Kommunikation und Marketing, Bruchsal Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

H129276 H129396

Online Media Manager (m/w), Bluforce MarKom GmbH

Salzburg

H129360

Online-Marketing Manager (m/w), TQ-Systems GmbH

Seefeld

H129451

H129362

Online-Marketing-Manager (m/w), Wüstenrot & Württembergische AG

Stuttgart

H129268

Bamberg

H129185

PR-Berater/innen, Jeschenko MedienAgentur Berlin GmbH

Berlin

H129415

Bad Homburg

H129406

PR-Mitarbeiter/in, Oldenburger Pferdezuchtverband e.V.

Vechta

H129333

München

H129395

Product Manager Service (m/w), SICK AG

Freiburg

H129059

Produkt-Manager/in, Medienhaus Deutschland GmbH & Co. KG

Düsseldorf

H129387

Projektleiter / Projektleiterin Social Media, Web und Corporate Design, Stadt Sindelfingen

Sindelfingen

H129391

Projektleitung (w/m), bilekjaeger GmbH & Co. KG

Stuttgart

H129352

Projektmanager (m/w), MBS Nürnberg GmbH

Nürnberg

H129361

Recruiting Marketing Spezialist (m/w), ThoughtWorks Deutschland GmbH

Berlin, Hamburg, H129340 Köln, München

Hamburg

H129414

Head of Ad Management (m/w), Heise Medien GmbH & Co. KG

Hannover

H129373

HR Marketing Manager (w/m), DB Mobility Logistics AG

Berlin

H129303

JET-Trainee Market and Business Intelligence (m/f), MTU Maintenance Hannover GmbH

Langenhagen

H128918

Junior Creative (m/w), Bluforce MarKom GmbH

Salzburg

H129364

Junior Marketing Communication Manager (m/w), International Campus AG

München

H129388

Referent (m/w) Online-Marketing / digitale Kommunikation, Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH

Höchstädt an der Donau

H129050

Junior Media Planer (m/w), Picadora Medien GmbH

München

H129351

Referent/in Kommunikation und Online-Marketing, Infraserv GmbH & Co. Höchst KG

Frankfurt am Main

H129432

Junior Pressereferent (m/w), Heise Medien GmbH & Co. KG

Hannover

H129320

Koordinator (m/w) Kundenmanagement E-Commerce, Parfümerie Douglas GmbH

Regional Manager Web Shop (m/f), QIAGEN GmbH

H129283

Köln

H129339

Hilden (bei Düsseldorf)

Reinzeichner (m/w) mit Layouter-Qualitäten, venice communications GmbH & Co. KG

Düsseldorf

H129389

Sales Manager (m/w), ITMS Marketing GmbH

Bad Nauheim

H129291

Sales Manager (w/m), ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH

München

H129262

Sales Manager Digital Advertising (m/f), Viewento GmbH

Nürnberg

H129426

Senior Digital Planner (m/w), Burson-Marsteller

Berlin oder Frankfurt/Main

H129151

Leiter Marketing und Kommunikation (m/w), TQ-Systems GmbH Seefeld

H129323

Leiter Vertrieb und Business Development (m/w), human lead GmbH

Nordwestdeutschland

H129049

Leitung Community Marketing (m/w), REWE Digital

Köln

H129433

Leverkusen

H129431

Leipzig

H129321

LeinfeldenEchterdingen

H129375

Großraum Stuttgart

Senior Produktmanager PRO Power Tools (m/w), Robert Bosch GmbH

H129078

Düsseldorf

H129385

Marketing Manager (w/m), Landwirtschaftsverlag GmbH

Münster

H129374

Senior Research Manager (m/w), Omnicom Media Group Germany GmbH

Marketing Manager(in), Palmer Hargreaves GmbH

Köln

H129332

Trainee (m/w) im Bereich Operations Management, ACADEMIC WORK

Essen

H129209

Stuttgart

H129405

Veranstaltungsmanager/in Naturkosmetik für Apotheke und Fachhandel, Weleda AG

Schwäbisch Gmünd

H129196

Stuttgart

H129269

Wholesale E-Commerce Associate (m/f), Ralph Lauren Germany GmbH

München

H129353

Manager (w/m) Digital Customer Journey, Mazda Motors (Deutschland) GmbH Manager Eventmarketing (m/w), MDR MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK Marketing Manager (m/w), Heimeier & Partner, Management- und Personalberatung GmbH

Marketing-Manager(in), Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart Media Manager Online & Offline (m/w), Wüstenrot & Württembergische AG

HORIZONT 37/2015

10. September 2015

HORIZONT- MARKT

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52 LEUTE

HORIZONT 37/2015

10. September 2015

PERSONALIEN David Königsbauer stößt zu Teradata-Marketing Teradata Marketing Applications bekommt einen neuen Marketingchef für Deutschland, Österreich und die Schweiz: David Königsbauer wechselt vom IT-Dienstleister Henrichsen zum Big-Data-Unternehmen und übernimmt dort die Leitung aller Marketingaktivitäten in der DACH-Region. Der 33-Jährige kann auf mehr als acht Jahre Berufserfahrung in leitenden Positionen im Marketing zurückblicken. Seine Karriere startete er als Marketingmanager bei Retarus. FAM

STEFAN AUST:

Er will’s noch mal allen zeigen

Geschäftsführungswechsel bei Post-Tochter Intelli Ad

D

FOTO: PICTURE ALLIANCE / DPA / EVENTPRESS STAUFFENBERG

FOTO: WELT

er Tweet kam von einem Fake- Döpfner erkennt in „Upday“ den Beleg Account, aber er hätte zu Stefan für „die fantastischen Möglichkeiten für den Journalismus in der digitalen Welt“. Aust gepasst: „I’m back“. HORIZONT erreicht den 69-Jährigen Da der oft von anderen stammen wird, am Telefon in New York. Von 2016 an zahlt Springer für die Artikel das, was den wird er kommissarisch Chefredakteur der Medienunternehmen aus dem (bisher „Welt“ sein, „aber nicht nur für ein paar nicht wirksamen) Leistungsschutzrecht zusteht. Der Marktstart erWochen oder Monate“, dafolgt nach Weihnachten, von könne man ausgehen. „Ich werde das schon richtig wenn das neue Handy des machen“, sagt er, immerhin Weltmarktführers Samsung mit der vorinstallierten App könne er nun realisieren, was in den Handel kommt. sie ihm beim „Spiegel“ verDie Samsung-Vertreter wehrt hätten: TV, Online, Print, täglich und sonntags, standen amüsiert am Rand, als Döpfner „Upday“ ankünalles vereint. Zwar hat sich digte und von der „Welt, forherumgesprochen, dass Aust merly known as newspaper“ nie ein Linker war. Bemerkenswert ist es doch, dass er, Jan-Eric Peters verlässt sprach. Die Springer-Mitarder einst bei „Konkret“ be- die „Welt“ für „Upday“ beiter johlten, wie sie das nach jedem seiner Witze taten. gann, seine Karriere bei der „Welt“ beendet. Was das denn heißen Hinterher wummerte laute Musik durch soll, „Karriere beenden“, fragt Aust? Nach den holzvertäfelten Journalistenclub. Auf seinen Wechsel angesprochen, dem Gespräch schickt er eine SMS, dass sein erster Vertrag als „Spiegel“-Chef auf mahnte Peters, nicht zu vergessen, dass die „Welt“ mehr sei als die Zeitung, die ein Jahr befristet war. Er blieb es 14 Jahre. Den Posten frei macht für ihn Jan-Eric unter Vize Ulf Poschardt von zwölf LeuPeters, der mit einem internationalen ten am Nachmittag aus dem gezimmert Team „Upday“ entwickeln wird, eine wird, was tagsüber online erschienen ist. News-App, die Nachrichten in zwei Kate- Der andere Vize, Arne Teetz, ist für N24 gorien zusammenführt: in solche, die der zuständig, Beat Balzli für die „Welt am Nutzer wissen muss, und solche, die er Sonntag“, Oliver Michalsky fürs Digitale. wissen will. Springer bewegt sich damit Wer eines Tages Chef des Ganzen wird, zwischen Apple News und Datenkraken obliegt nun Aust. Er sei ja nun auch schon wie Google. Vorstandschef Mathias 69, gibt er am Telefon zu bedenken. USI

Rückkehr zu Sapient Nitro in Deutschland

FOTO: SAPIENT

ie Digitalagentur Sapient Nitro baut ihr Führungsteam für den hiesigen Markt aus. Als Executive Creative Director und Vice President Kontinentaleuropa kommt Christian Waitzinger an Bord. Der 41-Jährige leitet die Publicis-Tochter zusammen mit den beiden Geschäftsführern Wolf Ingomar Faecks und Joachim Bader. Die Position von Waitzinger wurde neu geschaffen. Bislang gab es mit Danusch Mahmoudi einen Verantwortlichen für das kreative Produkt des Münchner Büros. Er berichtet künftig an Waitzinger. Der Ausbau sei durch das starke Umsatzwachstum 2014 (plus 30 Prozent) und mehrere Pitchgewinne in diesem Jahr erforderlich geworden, teilt die Agentur mit. Waitzinger ist bei Sapient Nitro kein Unbekannter. Er wechselt jetzt aus dem New Yorker Büro des Networks. Dort hat er fünf Jahre lang die Kreativabteilung geführt. Zuvor war er in verschiedenen Rollen für Sapient-Büros in München, London, Los Angeles, Miami und Singapur tätig. In seiner neuen Funktion ist der Kreative für die Strategie und Umsetzung aller digitalen Kampagnen und Projekte der hiesigen Niederlassung verantwortlich. Zudem steuert er die Kreation der digitalen Services für Marken und das Experience Design. Sein Team hat rund 70 Mitarbeiter. MAM

MARTIN WINTERKORN:

Neue stellvertretende Chefredakteurin bei „Bild der Frau“

Mit Mandat zum Umbau in die Verlängerung

K

V

erstin Bode wird stellvertretende Chefredakteurin von „Bild der Frau“. In dieser Funktion unterstützt die 45-Jährige Chefredakteurin Sandra Immoor beim Ausbau der „Bild der Frau“-Markenfamilie. Diese gehört seit 2014 nicht mehr zu Axel Springer, sondern zur Funke Mediengruppe. Seit vergangenem Jahr ist Bode Textchefin und Mitglied der Chefredaktion von „Bild der Frau“. Die Volljuristin startete ihre journalistische Laufbahn als freie Autorin, unter anderem für „Hamburger Morgenpost“ und „Stern TV“. Von 2002 bis 2006 arbeitete sie als Redakteurin des damaligen Gruner+Jahr-Titels „Woman“. Anschließend war sie Ressortleiterin Text bei der Jalag-Zeitschrift „Für Sie“. Von 2008 an zeichnete sie als Chefredakteurin für „Healthy Living“ verantwortlich, das in „Vital“ aufgegangen ist. Ab 2010 verantwortete sie „National Geographic World“. „Kerstin Bode ist eine hervorragende und erfahrene Journalistin, die sich bestens im Markt für Frauenzeitschriften auskennt. Ich freue mich, sie als Kollegin im Team zu haben“, sagt Sandra Immoor, die seit 2006 an der Spitze der Zeitschrift steht. „Bild der Frau“ ist mit einer wöchentlichen Auflage von 820978 verkauften Exemplaren (IVW 2/2015) einer der größten Titel im Markt. PAP

or wenigen Monaten wirkte er angezählt, jetzt steht VW-Chef Martin Winterkorn stärker da als je zuvor. Im Frühjahr hatte sich der damalige Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch öffentlich von dem Manager distanziert. Doch wichtige Gesellschafter und Arbeitnehmervertreter wollten Piëchs Kritik nicht folgen. Nachdem der Volkswagenkonzern nun bekannt gab, dass Winterkorns Vertrag als Vorstandschef schon Ende September um zwei weitere Jahre verlängert wird, kann sich der 68-Jährige endgültig auf die anstehenden Strukturreformen konzentrieren. VW konnte zwar in seiner Halbjahresbilanz endlich melden, dass der Konzern endlich Erzrivalen Toyota vom Thron des größten Autoverkäufers der Welt gestoßen hat. Aber die Mehrmarken-Architektur des Unternehmens stellt speziell die Kernmarke Volkswagen vor zunehmende Probleme. Sie leidet unter anderem darunter, dass sie über kein Billigmodell verfügt, um in Asien auch bei Kunden der geringer verdienenden Mittelklasse wirklich konkurrenzfähig zu sein. Darauf hatte Winterkorn mit einem groß angelegten Konzernumbau reagiert, der unter anderem mehr Verantwortung auf die einzelnen Marken und Regionen in der Volkswagen-Gruppe übertragen soll. CAM

FOTO: VW

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KERSTIN BODE:

FOTO: STEPHAN WALLOCHA

CHRISTIAN WAITZINGER:

Die Gründer und bisherigen Geschäftsführer von Intelli Ad, Mischa Rürup und Tobias Kiessling, haben das Unternehmen zum 31. August auf eigenen Wunsch verlassen, um sich neuen Herausforderungen zu stellen. Den Vorsitz der Geschäftsführung bei der Tochter der Deutschen Post übernimmt vorübergehend Christoph Mempel. Er ist seit 2009 als Interimsmanager für verschiedene Start-ups tätig und arbeitete zuvor unter anderem bei der Scout24-Gruppe. FAM

Jan-Piet Stempels führt das Marketing von Wempe Der bisherige Pitchberater Jan-Piet Stempels hat einen neuen Job. Mitte September steigt der 44-Jährige beim Schmuck- und Uhrenhändler Wempe ein. Dort soll Stempels die Marketingabteilung führen. Sein Posten wird neu geschaffen. Bislang hat Firmenchefin Kim-Eva Wempe die entsprechenden Aufgaben wahrgenommen. Das Unternehmen arbeitet mit der Agentur Leagas Delaney zusammen. Beobachter gehen davon aus, dass es auch unter Stempels dabei bleibt. MAM

Alexander Späth leitet das neue Büro von Syzygy Neuer Standort, neuer Chef: Alexander Späth wird zum 1. Oktober Geschäftsführer des neu eröffneten Münchner Büros von Syzygy. Mit seiner Expertise im Digitalgeschäft soll der 45-Jährige den fünften Standort des Digitalnetworks aufbauen. Späth kommt von Interone München. Bei der Digitalagentur war der Diplom-Ökonom zuletzt mehr als zwei Jahre als Director Operations tätig. Er betreute unter anderem BMW – die Motorradsparte ist Startkunde von Syzygy in München. TT

Helma Spieker verstärkt Bauer Advertising Neue Aufgaben für Helma Spieker. Die 56Jährige wird Anfang 2016 Mitglied der Geschäftsleitung des Vermarkters Bauer Media Group. Sie wird den Verkauf leiten, insbesondere die Verkaufsbüros, und Key Account Mode und Beauty sowie die Gesamtanzeigenleitung der Bauer Premium Magazine führen. Sie berichtet an Geschäftsleiter Dirk Wiedenmann. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass Spieker BM Brandmedia verlässt (HORIZONT 36/2015). PAP

Visser übernimmt Leitung von „Berlin Valley News“ Berlins führendes Start-up-Magazin hat eine neue Chefredakteurin. Corinna Visser hat mit sofortiger Wirkung die Redaktionsleitung des im Why Berlin Media Publishing House erscheinenden Start-up-Magazins „Berlin Valley News“ übernommen. Die 49-Jährige soll den Ausbau der vor einem Jahr gestarteten Zeitschrift vorantreiben und die Redaktion weiter ausbauen. Die Diplomvolkswirtin war zuvor für den „Tagesspiegel“ tätig. MAS

HORIZONT 37/2015

SZENE 53

10. September 2015

FOTOS: GUIDO SCHRÖDER

Hochrangige Diskutanten auf dem Werbewirkungsgipfel Fast 200 Teilnehmer kamen vergangene Woche zum ersten HORIZONT Werbewirkungsgipfel nach Köln. Die zweitägige Veranstaltung von HORIZONT und dfv Conference Group hat die aktuellen Forschungsaktivitäten der verschiedenen Gattungen in den Mittelpunkt gestellt. Nach einer Keynote von Christian Hahn, Marketingchef der Deutschen Telekom, stand aber auch die Frage im Raum, ob in der Wirkungsforschung nicht zu sehr über den Werbeträger und zu wenig über die Rolle der Kreation diskutiert wird (siehe „Thema der Woche“, Seite 4). Auch wenn sich bei der Gattungsforschung in den vergangenen Jahren viel getan hat, so haben doch einzelne Medien weiterhin deutlichen Nachholbedarf. Anne Stilling, Marketing-Verantwortliche von Vodafone, kritisierte bei Online die „Scheingenauigkeit“ und lobte Ansätze, die Facebook und Google bieten können.

Große Runde zur Forschung bei Onlinewerbung (v.l.): Nikhil Shaha, Facebook; Thorsten Schütte-Gravelaar, Smartclip; Christian Schmalzl, Ströer; Uli Kramer, Pilot; Marco Barei, Axel Springer; Anne Stilling, Vodafone, und HORIZONT-Chefreporter Jürgen Scharrer

Was ist in TV noch zu erforschen? Thomas Wagner, Seven-One Media; Uwe Esser, AS&S; Thorsten Müller, Reckitt Benckiser, und Michael Dunke, IPG, mit HORIZONT-Chefreporter Jürgen Scharrer (v.l.)

Dirk Wiedenmann (l.), Bauer Advertising, und Matthias Dang, IP Deutschland, diskutieren „Print vs. TV"

Ein interessiertes Publikum verfolgt die Diskussion der Experten auf dem Podium des Kölner Hyatt Regency Hotels

HORIZONT-Ressortleiterin Juliane Paperlein diskutiert mit Harald Scherer, DMS, Oliver Adrian, AS&S Radio, und Stefan Uhl, Starcom, über die Perspektiven von Radiowerbung (v.l.)

HORIZONT-Redakteur Roland Pimpl spricht über Best for Tracking mit Boris Schramm, Group M; Der Kongress im Hyatt eröffnet nicht nur Einblicke in die Wirkungsforschung, Catherin HIller, Bauer; Sven Holsten, NBRZ, und Martin Fischer, IQ Media Marketing (v.l.) sondern auch einen fantastischen Blick auf den Kölner Dom

Christian Franzen, Managing Director Mediacom, spricht über vernetzte Wirkungsforschung

Alles was in der Radioszene Rang und Namen hat, traf sich in der vergangenen Woche zur Verleihung des Deutschen Radiopreises in Hamburg. Barbara Schöneberger führte durch den Abend und unterhielt die fast 1000 Gäste mit einem Programmmix aus Musik und Preisverleihung. Immer wieder witzelte sie über das neue Bühnenkonzept, das es den Zuschauern ermöglichte, sie in einer „360 Grad Ansicht“ zu sehen. In insgesamt elf Kategorien wurden die Preise verliehen, darunter an den „Besten Moderator“, Thomas Schorn von Eins Live, und die „Beste Morgensendung“, die „N-Joy Morningshow“ mit Andreas Kuhlhage und Jens Hardeland. Für musikalische Unterhaltung sorgten A-ha, Olly Murs und Rea Garvey.

Aha präsentiert Lieder aus dem neuen Album und bekommt den Sonderpreis des Beirats

200 Gäste diskutierten über Europas Internet-Politik

Andreas Kuhlage (l.) und Jens Hardeland (r.) von N-Joy bekommen den Preis für die „Beste Morgensendung“ von Laudator Max von Thun

Steffi Czerny, CEO des DLD

Den Radiopreis für die „Beste Sendung“ räumen Stefan Schwabeneder (l.) und Stefan Kreutzer (r.) von Bayern 3 für „Die Stefans – Drei Religionen, ein Humor!“ ab. Laudator ist Rea Garvey

Burda-Vorstand Philipp Welte, EU-Kommissar Günther Oettinger, der französishe Politiker Joseph Daul (v.l.)

Spätsommerliches Networking Zm dritten Mal hatte Hubert Burda Media zur Burda Summernight nach Brüssel eingeladen, um über die digitale Zukunft Europas zu diskutieren. Im Zentrum des Get-togethers von 200 Gästen stand die Frage nach fairen politischen Rahmenbedingungen für Europas InternetUnternehmen. Burda-Chef Paul-Bernhard Kallen: „Nach wie vor haben amerikanische und asiatische Unternehmen signifikante rechtliche Wettbewerbsvorteile auf dem europäischen Markt. Es gilt daher, entschlossen für Wettbewerbsgleichheit zu sorgen.“

Die Preisträger und Laudatoren mit Moderatorin Barbara Schöneberger (r.). „Beste Newcomerin“ wird Julia Bamberg von ffn (2.v.r.)

„Bester Moderator“ wird Thorsten Schorn von Eins Live. Seine Laudatio hält Schauspielerin Johanna Wokalek

FOTOS: NDR / FOTOGRAFIRMA / BEMJAMIN HÜLLENKREME

FOTOS: HUBERT BURDA MEDIA

Große Party im Schuppen 52

54 Spießer Alfons

HORIZONT 37/2015

Edeka zeigt den Kunden eine Nase

Es gibt viele Worte von doppelter Bedeutung. Werbetexter lieben es, mit solchen Worten zu spielen. Mitunter geht die Botschaft dabei in die Hose!

W Spießer Alfons spießt die Werbung auf: An dieser Stelle finden Sie die ziemlich überhebliche und völlig unmaßgebliche Meinung eines Spießers, von der sich nicht nur die Redaktion, sondern auch der Verfasser selbst in aller Form distanzieren möchte. Der Druckfehlerteufel ist sporadischer Mitarbeiter an dieser Kolumne. Alle Reklamationen sind genauso ausgeschlossen wie der Rechtsweg. Kontakt: [email protected] XLVIII. Jahrgang, 2.063. Folge Spießer Alfons: HIS WORD IS A MESSAGE

erber sind Verkaufshelfer. Jedenfalls sollten sie es sein. Weil ihnen aber „Verkaufshelfer“ zu banal klingt, gaben die Werber sich berufliche Bezeichnungen, die mehr hermachen. Sie nennen sich zum Beispiel: „Mediengestalter“. Und: „Multimedia-Konzeptioner“. Und: „Strategie-Planer“. In Wahrheit jedoch sind all diese Gestalter, Konzeptioner und Planer nichts anderes als Verkaufshelfer. Und diese Verkaufshelfer sollen, wie die Bezeichnung es schon andeutet, dem Verkauf helfen durch entsprechende Werbung. Dabei jedoch wollen die Werber, also die Verkaufshelfer, zeigen, dass sie mehr leisten als ein gewöhnlicher Verkäufer, der in einem Laden steht und dem Kunden dort die Waren anpreist. Weshalb die Werber, um sich imagemäßig vom gemeinen Verkäufer abzugrenzen, den Begriff der „Kreativität“ für ihre Arbeit beschlagnahmt haben, sprich: Werbung = Kreativität. Wie das de facto ausschaut, zeigt Spießer Alfons Euch anhand von vier Anzeigen, die Ihr auf dieser Seite seht.

Der Reigen beginnt

mit Edeka. Dort sehen wir Käse. Und der Textdichter hat dazu vermerkt: „Wir haben für jede Nase den richtigen Riecher.“ Was will der Konsumpoet von Edeka uns damit sagen? Wenn jemand den „richtigen Riecher“ hat, dann meint das: Er hat eine gute Nase. Und wenn er „für jede Nase den richtigen Riecher“ hat? Dann hat er eine Nase für jede Nase.

Science-Fiction oder Utopie: Schlecht gebrüllt, Löwe!

„Den richtigen Riecher haben“, bedeutet in unserer Sprache aber auch, ein sicheres Gefühl für die eigenen Vorteile zu haben. Dieses würde bedeuten, dass Edeka das sichere Gefühl für fremde Nasen hat und nicht für seinen eigenen Käse.

Der Drogeriemarkt dm zeigt uns haltbare Bio-Milch. Und der Texter

Wenn Kreative ihre Nase in fremde Nasen stecken: falscher Riecher!

hat folgenden Wortlaut verfasst: „Mein Bio-Versprechen ist 100% haltbar.“ Was eine ziemlich doppeldeutige Aussage ist. Der Kunde fragt sich: Ist das Bio-Versprechen 100% haltbar? Und warum wird das ausdrücklich gesagt, ist denn das BioVersprechen bei Wettbewerbern womöglich nicht haltbar ...? Oder bezieht sich „haltbar“ auf die Milch mit dem Bio-Versprechen? Das würde bedeuten, dass der gesamte Inhalt der Verpackung haltbar ist und nicht vielleicht nur 79% oder gar bloß 46%. Und dann eine zweite Doppeldeutigkeit: „Jetzt natürlich bei dm“. Wenn das „natürlich“ für „selbstverständlich“ steht, dann ist das logisch, weil dieses Produkt eine Hausmarke von dm ist; und diese gibt’s natürlich nicht anderswo.

10. September 2015

Der Texter von Dassault Syste-

mes stellt die Frage: „Wenn wir den Bildschirm berühren, können wir das Fell des Löwen fühlen?“ Der Leser denkt: „Nein, natürlich nicht“, liest weiter und erfährt, dass der Textdichter bloß simuliert, um dann ausgangs der Anzeige im Kleingedruckten eine weitere Frage aufzuwerfen: „Können wir vielleicht eines Tages eine Raubkatze zum Schnurren bringen, ohne die Höhle des Löwen zu betreten?“ Science-Fiction oder Utopie, das ist hier die Frage, die der Leser sich am Ende stellt. Eine Antwort darauf findet er in dieser Anzeige leider nicht.

Auch Samsung stellt

uns eine Frage, und zwar: „Was wäre ein Film ohne Star?“ Wir denken darüber nach und ant-

Und ein Star ohne Film? Das ist ein Vogel!

Wenn aber mit „natürlich“ suggeriert werden soll, dass haltbare Milch ein reines Naturprodukt ist, dann widerspricht der Spießer. Denn beim Ultrahocherhitzen gehen rund 20% der B-Vitamine verloren. Glück für den Werbungtreibenden: Über so etwas denkt kein normaler Verbraucher nach!

worten: „Ein Film ohne Star wäre immer noch ein Film.“ Denn wir wissen: Nicht nur Stars sind entscheidend für einen Film. Und nicht selten macht ein Film auch selber die Stars. Und in Dokumentarfilmen gibt es ohnehin keine Filmstars. Außerdem: Der erfolgreichste Film aus Deutschland zeigt keine Stars, sondern er ist selbst ein Star: Tesa-Film.

Welches Versprechen ist in dieser Anzeige haltbar – Bio oder Milch?

dialog TOP-THEMEN

EU-DATENSCHUTZ-GRUNDVERORDNUNG: Die Hürden für die Dialogmarketing-Praxis sind hoch – eine Bestandsaufnahme. SEITE 3

Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. www.ddv.de September 2015

MULTICHANNEL: Der E-Commerce wird unsichtbar und der Laden um die Ecke rüstet technisch auf. SEITE 6

PREISSCHLACHT 2.0: Mehr und mehr Händler setzen auf personalisierte Rabatte und wechselnde Preise. SEITE 7

„Überforderung und Abstumpfung vermeiden“ Andrea Voßhoff, Bundesbeauftragte für den Datenschutz SEITE 4

Anzeige

2 DIALOG NEWS

DIALOG SEPTEMBER 2015

EDITORIAL

„Die Wende zum Dialogmarketing wird von Dauer sein“ Patrick Tapp, Präsident des Deutschen Dialogmarketing Verbands

Liebe Dialog-Leser,

die Möglichkeit zur Interaktion bereits mit. Der Kun-

im vergangenen Jahr haben die Unternehmen erst-

de kann also mühelos mit uns in Kontakt treten und

mals mehr Geld für den Dialog ausgegeben als für

seine Wünsche äußern. Niemals zuvor in der Ge-

klassische Werbung. Das geht aus dem „Dialog Mar-

schichte der Medien war dies so leicht. Und er kann

keting Monitor“ hervor, den die Deutsche Post seit

es nicht nur, er tut es auch. Sorgen wir dafür, dass aus

fast drei Jahrzehnten vorlegt und in dem – anders als

dem ersten Kontakt ein für beide Seiten fruchtbarer

der Titel vermuten lässt – nicht nur die Investitionen

Austausch wird.

in unser Marketing-Segment erfasst werden, sondern die in alle Bereiche. 27 Jahre lang hatte die Klassik

Natürlich ist nicht alles Digitale besser als das Analo-

die Nase vorn. Jetzt ist der Dialog der Spitzenreiter.

ge. Der haptische Brief und das herkömmliche Telefonat behalten nicht nur ihre Berechtigung – im Wett-

Unsere Freude über die Wende wird noch größer,

bewerb mit den digitalen Instrumenten können sie

wenn wir einen genaueren Blick auf die im Sommer

mit ihren spezifischen Stärken punkten und sie sogar

veröffentlichten Zahlen werfen. Denn die Aufwen-

noch ausbauen. Die Digitalisierung ist genauso wenig

dungen für die digitalen Instrumente – Websites und

Selbstzweck wie die Automatisierung von Abläufen.

Online-Marketing – sind inzwischen beinahe so hoch

Beide sind lediglich Mittel für die eigentliche Auf-

wie die für die analogen: Fast jeder zweite Euro wird

gabe: den Draht zum Kunden finden, ihn vertiefen

in digitale Mittel investiert. Diese Entwicklung wird

und weiterentwickeln. Denn unser Ziel ist der heiße

anhalten und sich noch verstärken. Denn die Digitali-

Draht: der ständige Dialog mit dem Kunden.

sierung fast aller Bereiche ist der Megatrend unserer Zeit. Die Wende zum Dialogmarketing wird also von Dauer und unumkehrbar sein. Darf man das historisch nennen? Bei aller Zurückhaltung – ich meine ja. Zumal der Megatrend noch eine zweite Seite hat: Digitale Instrumente bringen

[email protected]

NEWS EU-Datenschutz-Grundverordnung behindert Neukundengewinnung

Mitte Juni haben sich die Justiz- und Innenminister im Rat der Europäischen Union auf einen Vorschlag zur Reform der EU-Datenschutz-Grundverordnung geeinigt. Seither findet ein „Trilog“ zwischen dem Rat, dem EU-Parlament und der Europäischen Kommission statt, der dazu dient, einen Text auszuarbeiten, dem das Parlament mehrheitlich zustimmen kann. Das Verfahren kann voraussichtlich bis zum Frühjahr kommenden Jahres abgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund hat der DDV im August eine Stellungnahme verfasst und an Abgeordnete des Bundestages, des EU-Parlaments und Vertreter des Europäischen Rats geschickt. Ihr zufolge erkennen Rat und Parlament an, dass die Wirtschaft berechtigte Interessen an der Verwendung von personenbezogenen Daten für Marketingzwecke hat. Allerdings behinderten die vorgesehenen Detailregelungen die Neukundengewinnung. So müsse etwa die Definition „personenbezogener Daten“ klar geregelt werden, um datenschutzfreundliche, anonyme Marketingverfahren zu fördern. Außerdem müssten die Anforderungen an wirksame Einwilligungen übersichtlich und praxisgerecht gestaltet sein. BvN

IMPRESSUM CRM-Beratung auf der IT & Business

Den Besuchern der Messe IT & Business (29. September bis 1. Oktober in Stuttgart) bietet der DDV fachkundigen Rat zu zentralen Fragen des Kundenbeziehungsmanagements und Dialogmarketings. Am Stand H 46 in Halle 1 organisiert das DDV-Council Customer-Relationship-Management eine „CRM-Beratungslounge”. Dort beantworten spezialisierte Juristen Fragen zum Wettbewerbsrecht und Datenschutz. Darüber hinaus stehen stündlich wechselnde Praktiker aus Mitgliedsunternehmen des Verbandes Rede und Antwort zu Fragen rund um die Themen Big Data, Datenanalyse, Social CRM, Digitaler Dialog, LeadGenerierung, Vertriebsunterstützung, Kampagnen-Management sowie Software-Auswahl und Prozesse. Das komplette Programm und weitere Informationen können auf der Website des DDV-Councils Customer-Relationship-Management abgerufen werden: www.council-crm.de. BvN

Dialog-Tour Deutschland startet im Rhein-Main-Gebiet

Am 4. November veranstaltet der DDV die erste „Dialog-Tour Deutschland“. Sie findet im Rhein-Main-Gebiet statt und beginnt um 10 Uhr mit einer Führung der Teilnehmer durch das vernetzte Smart Home (Qivicon-Haus) der Deutschen Telekom in Darmstadt. Im Anschluss lernen die Teilnehmer das D.Lab der

Deutschen Bahn in Frankfurt kennen. Dritte Station ist das Start-up Cobi, das ebenfalls in der Mainmetropole ansässig ist und kürzlich mit dem Frankfurter Gründerpreis 2015 ausgezeichnet wurde. Die Tour endet gegen 16 Uhr. „Nach der erfolgreichen Dialog-Tour in die USA Anfang des Jahres wollen wir auch hierzulande eine Veranstaltungsreihe etablieren, bei der die Teilnehmer Einblicke in die Arbeit anderer Unternehmen erhalten und die Möglichkeit haben, sich mit Experten aus dem Bereich Dialogmarketing zu vernetzen,“ erklärt DDVPräsident Martin Nitsche die Idee hinter dem Angebot. Anmeldungen zur Tour nimmt Thorsten Beck unter der E-Mail-Adresse [email protected] entgegen. BvN

DDV unterstützt Firmen bei Webinaren

Unternehmen, die ihren Kunden, Geschäftspartnern oder der Öffentlichkeit Webinare zu Marketing-Themen anbieten möchten, bietet der DDV seine Hilfe an. Dabei greift der Verband auf seine eigenen Erfahrungen mit 60minütigen Webinaren zurück. Davon sollen nun auch Dritte profitieren. So stellt der DDV die notwendige Infrastruktur als Plattform für Webinare zur Verfügung und bewirbt die VerBvN anstaltung im Vorfeld. Kontakt: Hans Jürgen Schäfer, DDV-Geschäftsstelle, Tel. 069/401 276 531

HERAUSGEBER Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. Patrick Tapp (v.i.S.d.P.), Präsident Hahnstraße 70 60528 Frankfurt Telefon: 069 / 401 276 500 Telefax: 069 / 401 276 599 www.ddv.de REDAKTION Boris von Nagy (BvN), Telefon: 069 /401 276 513 [email protected] Schlussredaktion: Joachim Thommes (ts) Telefon 0641 / 9 30 39 03 [email protected] Gestaltung: Andreas Liedtke (Ltg.), Thomas Dahmen VERLAG Deutscher Fachverlag GmbH, HORIZONT Mainzer Landstraße 251, 60326 Frankfurt am Main Internet: www.horizont.net Geschäftsführung: Angela Wisken (Sprecherin), Peter Esser, Markus Gotta, Peter Kley, Holger Knapp, Sönke Reimers Aufsichtsrat: Klaus Kottmeier, Andreas Lorch, Catrin Lorch, Peter Ruß Gesamtverantwortung HORIZONT: Markus Gotta Verlagsleitung: Peter Gerich Michael Thiemann (Sales Director) Telefon: 069 / 75 95-12 45 Heinz Kort (Leitung Sales) Telefon: 069 / 75 95-18 75 Neele Zimmer (Sales Managerin) Telefon: 069 / 75 95-18 73

Timo Liebe (Teammanager Media Services) Telefon: 069 / 75 95-18 72 Vertrieb: Heike Koch (Ltg.) Telefon: 069 / 75 95-19 41 Marketing Sales & Services: Boris Pawlenka (Ltg.) Gesamtleitung PrintmedienServices: Kurt Herzig Produktion: Hans Dreier (Ltg.) Logistik: Ilja Sauer (Ltg.) Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste vom 1.1.2015 Erscheinungsweise: 4x jährlich. DDV-Mitglieder erhalten DIALOG zusammen mit HORIZONT im Rahmen ihrer DDV-Mitgliedschaft. DIALOG wird vom Deutschen Fachverlag im Auftrag des DDV produziert. TECHNISCHE GESAMTHERSTELLUNG Vogel Druck und Medienservice GmbH Leibnizstraße 5 97204 Höchberg

Mit der Annahme zur Veröffentlichung überträgt der Autor dem Verlag das ausschließliche Verlagsrecht für die Zeit bis zum Ablauf des Urheberrechts. Diese Rechtsübertragung bezieht sich insbesondere auf das Recht des Verlages, das Werk zu gewerblichen Zwecken per Kopie (Mikrofilm, Fotokopie,CD-Rom oder andere Verfahren) zu vervielfältigen und/oder in elektronische oder andere Datenbanken aufzunehmen. Alle veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Ohne Genehmigung des Verlages ist eine Verwertung strafbar. Dies gilt auch für die Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-Rom.

DIALOG DATENSCHUTZ

DIALOG SEPTEMBER 2015

EU-Datenschutz-Grundverordnung

Holprige Zielgerade Gleichzeitig ist die Datenschutzlobby in Brüssel aktiv. Sie fordert, den Entwurf des Rates weiter zu verschärfen. Besonders engagiert sind dabei die Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten, die in der sogenannten Gruppe Artikel 29 organisiert sind. Auch die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden haben sich nochmals gemeinsam zu Wort gemeldet, um eine strengere Zweckbindung zu fordern.

Ehrgeiziger Zeitplan

Die Europäische Kommission und die Datenschutzlobby sehen die Datenschutzreform als Chance, mit einem hohen Datenschutzniveau der europäischen Wirtschaft Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Im Internet soll ein strenges europäisches Datenschutzrecht Nutzer aus der ganzen Welt zu europäischen Diensten locken. Dieses Ziel verfolgte Deutschland bereits in den 90er Jahren, als die ersten Sondervorschriften für den Datenschutz im Internet eingeführt wurden. Nicht einmal die deutschen Nutzer hielten den scharf regulierten Diensten die Treue. Am erfolgreichsten waren und sind bis heute die Dienste, die aus Ländern mit schwachen Datenschutzvorschriften kommen. Den vermeintlichen Vorteilen einer scharfen Datenschutzregulierung stehen konkrete Nachteile gegenüber. Im Dialogmarketing zeigen sie sich sehr plastisch. Wenn europäische Unternehmen ihre Waren und Dienstleistungen nicht mehr effektiv bewerben können, verlieren sie Umsatz. Dies gilt vor allem für den außereuropäischen Geschäftsverkehr: Wenn europäische Unternehmen außerhalb Europas Kunden werben wollen, müssen sie sich unter der Verordnung weiterhin an europäisches Datenschutzrecht halten. Dies ist ein klarer Wettbewerbsnachteil gegenüber Unternehmen, die aus weniger restriktiven Ländern heraus agieren.

Die Verhandlungen im Trilog sollen bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Der Zeitplan ist ehrgeizig und kaum realistisch. Die Europäische Kommission spricht zwar stets optimistisch von Verhandlungsfortschritten, aber die Details dürfen nicht unterschätzt werden. Die Verhandlungspartner müssen sich durch ein 682 Seiten umfassendes Dokument arbeiten. Es beinhaltet eine Tabelle mit dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission vom 25. Januar 2012, der Position des Parlaments vom 12. März 2014 und der gemeinsamen Ausrichtung des Rates vom 15. Juni 2015. Nur bei einer Handvoll der Vorschriften besteht Einigkeit über den Text. Eine weitere Herausforderung liegt darin, dass sich der Rat am 15. Juni 2015 zwar auf eine gemeinsame Ausrichtung verständigt hat, aber in der Ratsarbeitsgruppe noch Uneinigkeit in zahlreichen Themen besteht. Im Hintergrund wird deshalb in der Ratsarbeitsgruppe weiter am Text gearbeitet. Außerdem wird berichtet, dass der Verhandlungsführer des Parlaments, Jan Philipp Albrecht, seinerseits ganz neue Vorschläge einbringt. Der Beschluss des Parlaments erfolgte unter dem Druck der im Mai 2014 bevorstehenden Wahlen. Heute ist man sich im Parlament eigentlich nur darüber einig, dass die beschlossene Position nicht als Gesetzesfassung geeignet ist. Albrecht hat deshalb Gelegenheit, in den Verhandlungen seine persönlichen Vorstellungen voranzutreiben. Die Europäische Kommission hat keine offizielle Stimme mehr im Gesetzgebungsverfahren, moderiert aber den Trilog, um die Parteien in verschiedenen Punkten zur Rückkehr zum ursprünglichen Entwurf zu bewegen. Die für die Wirtschaft wesentlichen Vorschriften der Verordnung finden sich in Kapitel II, III und IV. Für diese Kapitel sind im Trilog insgesamt vier Sitzungen zu je vier Stunden angesetzt. In dieser Zeit lassen sich die bestehenden Differenzen sicher nicht sorgfältig lösen.

Hindernisse ausräumen

Ausgehend von den Vorstellungen des Rates, die erfahrungsgemäß wesentlichen Einfluss auf Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union haben, hat der DDV in seiner Stellungnahme die wichtigsten offenen Themen nochmals zusammengefasst und fordert: 1. Die Definition von „personenbezogenen Daten“ klarzustellen, um datenschutzfreundliche anonyme Marketingverfahren zu fördern. 2. Die Zweckbindungsregelung nach den Maßgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union flexibel zu gestalten. 3. Daten-Verarbeitung im Interesse von Dritten auch dann zu erlauben, wenn die Daten nicht an diese übermittelt werden. 4. Die Anforderungen an wirksame Einwilligungen übersichtlich und praxisgerecht zu gestalten. 5. Rechtsunsicherheiten bei der Verarbeitung von Daten von Kindern auszuräumen. 6. Transparenzpflichten danach auszurichten, was für die betroffenen Personen tatsächlich von Bedeutung ist. 7. Die Regelung zum Profiling auf Fälle zu beschränken, in denen schwerwiegende rechtliche Risiken für die betroffenen Personen entstehen. 8. Die Regeln zur Auftragsdatenverarbeitung auch für kleine Unternehmen handhabbar zu machen. 9. Neben den Betroffenen, betrieblichen Datenschutzbeauftragten und den Aufsichtsbehörden keine weiteren Institutionen in die Datenschutzkontrolle einzubinden.

Risiken für den Wettbewerb

Der Autor Dr. Ulrich Wuermeling, 50, ist Rechtsanwalt bei Latham & Watkins LLP in Frankfurt und berät den DDV im Datenschutzrecht.

FOTO: LATHAM & WATKINS LLP

I

n Brüssel werden hinter verschlossenen Türen die letzten Details der Europäischen DatenschutzGrundverordnung verhandelt. Mit Unterstützung der Europäischen Kommission besprechen Vertreter des Parlaments und des Rates der Mitgliedstaaten im sogenannten Trilog einen möglichen Kompromiss zwischen ihren verschiedenen Positionen. Einigkeit besteht darin, dass unter der neuen Verordnung Dialogmarketing grundsätzlich möglich sein soll. In den Vorschlägen für die Detailregelungen der Verordnung werden jedoch hohe praktische Hürden aufgebaut. Der DDV hat deshalb am 18. August nochmals umfassend zu den Vorschlägen Stellung genommen.

Die Risiken für die Wirtschaft sind den Verhandlungsführern in Brüssel bekannt. Wie man zwischen dem Interesse an einer wettbewerbsfähigen europäischen Wirtschaft und dem Schutz der Privatsphäre abwägen soll, darüber gehen die Vorstellungen jedoch weit auseinander. Politisch populär ist es, sich einseitig für strengen Datenschutz einzusetzen. Das ist besonders im Parlament zu beobachten. Die im Rat vertretenen Mitgliedstaaten haben dagegen etwas mehr Sensibilität für das Thema Wettbewerbsfähigkeit gezeigt.

Konkrete Vorschläge

Den Verhandlungspartnern in Brüssel liegen konkrete Vorschläge vor, wie der Verordnungsentwurf verbessert werden kann. Entscheidend wird sein, welche Richtung sich politisch durchsetzt. Der Europäische Datenschutzbeauftragte fordert, die Verordnung auf einfache und klare Grundregeln zu beschränken. In diesem Punkt ist ihm zuzustimmen, denn die Erwägungsgründe und der Verordnungstext verlieren sich in unwesentlichen und kaum überschaubaren Details. Bürger und Wirtschaft brauchen aber klare, angemessene und unbürokratische Rahmenbedingungen.

3

4 DIALOG INTERVIEW

DIALOG SEPTEMBER 2015

Andrea Voßhoff, Bundesbeauftragte für den Datenschutz, zur EU-DatenschutzGrundverordnung

„Transparenz I herstellen“

n der digitalen Welt haben allgemein zugängliche Daten ein größeres Gewicht als in der analogen Welt. Darum sollten die Anforderungen an die Verwendung digitaler Daten höher sein. Dies ist der Maßstab, den Andrea Voßhoff, Bundesbeauftragte für den Datenschutz, auch an die EU-DatenschutzGrundverordnung anlegt, deren Verabschiedung in Brüssel sich weiter verzögert. Unterm Strich sieht sie in der Verordnung einen akzeptablen Kompromiss zwischen dem Datenschutz und den Interessen der Dialogmarketer. Sorge bereitet ihr allerdings, dass nicht für alle Marktteilnehmer die gleichen Bedingungen gelten. Im DIALOG-Interview äußert sich Voßhoff erstmals ausführlich zur Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union.

Frau Voßhoff, die Dialogmarketer befürchten, dass ihre Arbeit durch die EU-DatenschutzGrundverordnung erschwert und teilweise sogar unterbunden wird. Verstehen Sie diese Sorgen? Ich sehe diese Gefahr nicht. Das Dialogmarketing wird auch unter der DatenschutzGrundverordnung möglich bleiben. Abgesehen von der Möglichkeit der Einwilligung kann das Dialogmarketing auch aufgrund einer Interessenabwägung zulässig sein – ich beziehe mich auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung. Zudem ist die Weiterverarbeitung von Daten aus dem operativen Geschäft zu Zwecken des Dialogmarketings nicht ausgeschlossen. Die dabei bestehenden Beschränkungen zugunsten der Datenschutzrechte Betroffener halte ich für hinnehmbar. Inwiefern? Es ist zu bedenken, dass gerade die Nutzung von Kundendaten für Zwecke des Dialogmarketings mit einem

nicht unerheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht verbunden ist. Das zeigen auch immer wieder die bei den Datenschutz-Aufsichtsbehörden eingehenden Beschwerden. Insofern sind die nach der Datenschutz-Grundverordnung bestehenden Anforderungen eher das Minimum dessen, was zur Wahrung der Datenschutzrechte notwendig ist. Die Dialogmarketer finden, das bislang geltende deutsche Datenschutzrecht habe sich bewährt. Die Grundverordnung dagegen sei weltfremd und verletze in vielen Fällen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Wie ist Ihre Ansicht? Den Befund, die Datenschutz-Grundverordnung sei weltfremd, teile ich nicht. Die Datenschutz-Grundverordnung ist – wie auch schon die geltende Datenschutz-Richtlinie von 1995 – durch einen hohen Abstraktionsgrad geprägt: Sie verzichtet weitestgehend auf branchenspezifische Regelungen, wie das Bundesdatenschutzgesetz sie kennt. Viele Einzelfragen, auch die von Ihnen genannte, bleiben der Interpretation der Verordnung vorbehalten. Wir in Deutschland werden ein Stück weit lernen müssen, damit umzugehen. Bei der Werbung per Brief sollen Anschriften aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen nicht verwendet werden dürfen. Schießt das nicht übers Ziel hinaus? Der von Ihnen angesprochene Grundsatz der Zweckbindung ist für mich von besonderer Relevanz und gilt für die analoge Datenverarbeitung wie auch für die digitale. Das Prinzip ist ja nicht neu, sondern bereits aus der DatenschutzRichtlinie aus dem Jahr 1995 bekannt. Zudem werden die Daten auch im Bereich der Briefwerbung zunehmend digital verarbeitet. In der digitalen Welt haben allgemein zugängliche Daten aber eine ganz andere Dimension als in der analogen Welt beispielsweise das Telefonbuch. Was bedeutet das für Sie? Grundsätzlich sollten die Anforderungen an die Verwendung dieser Daten durch Dritte höher sein. Es ist aber sicherlich nicht das Ziel der Datenschutz-Grundverordnung, etablierte Formen vor allem des analogen Direktmarketings unmöglich zu machen. Ganz im Gegenteil: Die Verordnung sieht im Bereich des Direktmarketings auch dort nur ein Widerspruchsrecht der Betroffenen vor, wo das Bundesdatenschutzgesetz eine Einwilligung fordert.

FOTO: STEFFEN KUGLER / BUNDESREGIERUNG

Auf Unmut stoßen auch die geplanten Informationspflichten. So sollen die Adressaten darüber informiert werden, dass ihre Anschriften für Werbezwecke verwendet werden sollen, bevor die Werbung versandt wird. Kann das verhältnismäßig sein? Es besteht die generelle Verpflichtung, die Betroffenen vor einer Weiterverarbeitung zu anderen Zwecken da-

DIALOG INTERVIEW

DIALOG SEPTEMBER 2015

rüber zu informieren. Hinsichtlich der Direktwerbung muss ohnehin spätestens zum Zeitpunkt der ersten Kommunikation über das Widerspruchsrecht informiert werden. Ich halte diese Vorgaben für verhältnismäßig. Insbesondere in den Fällen, in denen die Verwendung von Daten zu Werbezwecken auf die Interessenabwägung gestützt wird, ist zu bedenken, dass den Betroffenen die Entscheidungshoheit über den Umgang mit ihren Daten genommen wird. Insofern halte ich es aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für geboten, größtmögliche Transparenz zu einem möglichst frühen Zeitpunkt herzustellen. Dies nicht zuletzt deshalb, damit die Betroffenen das Widerspruchsrecht auch rechtzeitig ausüben können. In welchen Fällen halten Sie es für sinnvoll, dass ein Unternehmen im Vorhinein eine Informationspflicht hat? Und wann genügt Ihrer Ansicht nach eine Information auf Anfrage? Die einer Datenverarbeitung vorausgehende Benachrichtigungspflicht ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Betroffenen andernfalls nicht wissen, wer was wann bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Dieses Transparenzgebot ist wesentlicher Bestandteil des Grundrechtsschutzes, der auch hier mittelbar wirkt. Die entsprechenden Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung – Artikel 14 und 14a – enthalten insofern die wichtige und sinnvolle Ausnahme, dass die Pflicht nicht besteht, wenn der Betroffene bereits über die Informationen verfügt. Auch können in bestimmten Fällen Fragen des unverhältnismäßigen Aufwands oder bestehender gesetzlicher Regelungen zu einer Ausnahme von der Informationspflicht führen. Dies halte ich insgesamt für einen angemessenen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen. Wahrscheinlich führen die geplanten Transparenzpflichten der Grundverordnung auf der einen Seite zu einem riesigen bürokratischen Aufwand bei den Unternehmen, auf der anderen Seite zur Abstumpfung und zum Desinteresse bei den Adressaten. Denn wenn der Empfänger ständig mit Infos überhäuft wird, wird er sie kaum mehr beachten. Kann das im Sinne des Datenschutzes sein? Es bleibt abzuwarten, ob dies so eintreten wird. Zum einen sehe ich nicht, dass die Transparenzpflichten zu einem signifikant höheren Aufwand führen werden. Zum anderen müssen wir in der Tat über Lösungen nachdenken, die eine informationelle Überforderung und Abstumpfung vermeiden. Hierzu hat das Europäische Parlament einen viel versprechenden Ansatz gewählt, mit dem die Informationspflichten durch die Verwendung bestimmter Symbole vereinfacht werden sollen. Die Dialogmarketer bedrückt noch eine andere Sorge: Wenn digitale Werbung nur noch nach der Einwilligung des Empfängers erlaubt ist, werden lediglich die Big Player digital werben können. Denn sie werden die Einwilligung bekommen, kleineren und weniger bekannten Unternehmen dagegen wird das viel schwerer fallen. Wie kann diese Gefahr abgewendet werden? Ich sehe diese Entwicklung durchaus auch mit Sorge. Ich halte es für notwendig, dass die Anforderungen an eine wirksame Einwilligung stärker in den Blick genommen werden und die Datenschutz-Grundverordnung ein Koppelungsverbot enthalten wird. So kann auch bei den großen IT-Konzernen sichergestellt werden, dass deren starke Marktstellung nicht für die Erlangung weit reichender Einwilligung missbraucht wird und für alle Marktteilnehmer die gleichen Bedingungen gelten. INTERVIEW: JOACHIM THOMMES

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„Es ist nicht das Ziel der Datenschutz-Grundverordnung, etablierte Formen des Direktmarketings unmöglich zu machen“ Andrea Voßhoff

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Andrea Voßhoff Die 57-jährige Juristin ist seit Anfang vergangenen Jahres Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Davor war sie vier Jahre lang rechtspolitische Sprecherin der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, der sie seit 1998 angehörte. Nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften, das sie 1987 mit dem zweiten Staatsexamen abschloss, war Voßhoff zunächst als Anwältin in ihrem Geburtsort Haren (Ems), dann in einem Notariatsbüro in Rathenow (Landkreis Havelland in Brandenburg) tätig.

Die Behörde Die vom Bundestag für fünf Jahre gewählte Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit kontrolliert und berät Bundesbehörden und andere öffentliche Stellen des Bundes sowie Telekommunikations- und Postunternehmen. Darüber hinaus hat sie die Aufgabe, die Öffentlichkeit über wichtige Entwicklungen des Datenschutzes in der Privatwirtschaft zu informieren. Um ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten, ist die beim Bundesinnenministerium angesiedelte Behörde mit Sitz in Bonn nur dem Gesetz unterworfen und unterliegt keiner Fachaufsicht. Zum Mitarbeiterstab zählen derzeit rund 90 Personen. Erster Bundesbeauftragter für den Datenschutz war von 1978 bis 1983 Hans Peter Bull, Voßhoffs Vorgänger war Peter Schaar (2003 bis 2013).

6 DIALOG MULTICHANNEL

DIALOG SEPTEMBER 2015

FOTO: SERVICEPLAN

Modell-Laden „Weshop“: Gespickt mit Bildschirmen, die dennoch Beiwerk sind.

Laden der Zukunft

Mehr als eine Einkaufsstätte A mazon geht voran. Seit voriger Woche können alle Prime-Kunden des Unternehmens in den USA „Dash-Buttons“ zum Stückpreis von 4,99 Dollar erwerben. Mit den Bestellknöpfen, die wie eine Türklingel aussehen und sich praktisch überall ankleben lassen, können nunmehr 500 Produkte geordert werden. Ohne Smartphone, ohne Einwahl ins Internet, direkt. Einmal konfiguriert, fertig. Einmal gedrückt, wird die Ware geliefert. Vorerst nur in Großhandelsmengen. Und einstweilen pro Knopf lediglich eine Marke, hauptsächlich aus den Bereichen Lebensmittel und Haushaltsartikel. Noch wirken die Dash-Buttons etwas unpraktisch – wer wird sich die Küche damit tapezieren? Dennoch läuten sie die Zukunft des E-Commerce ein: Der Bestellvorgang wird radikal vereinfacht und der Bestellweg unsichtbar. Und die nächste Stufe wird auch schon erklommen: Sobald die Produkte, ihre Verpackung oder ihre Behälter mit Sensoren ausgestattet sind, können sie selbst für den Nachschub sorgen – automatisch, ohne menschliches Zutun. Gillette etwa bietet diesen Service bereits für den Bezug von Rasierklingen an. Miele hat auf der eben zu Ende gegangenen Internationalen Funkausstellung in Berlin eine Waschmaschine gezeigt, die ihren Besitzer ans Bestellen von Waschmittel erinnert, sobald es zur Neige geht. Bedeuten diese neuen Formen des Direktvertriebs das Ende des stationären Handels? Das nun wieder nicht,

meinen Experten. Christoph Schwarzl, Senior Partner Consumer Goods & Retail bei Kurt Salmon in Düsseldorf, rät den traditionellen Händlern, dem Beispiel Amazons zu folgen. Denn der Konzern erziele drei Fünftel seines Umsatzes mit wiederkehrenden Kunden – mithin doppelt so viel wie der Laden an der Straße. Der Grund dafür liege darin, dass Amazon mithilfe seiner ausgefuchsten Analysewerkzeuge seinen Kunden ein personalisiertes Einkaufserlebnis anbieten könne. Nach Ansicht Schwarzls vermag der Einzelhandel das auch – allerdings nur, wenn er technisch aufrüstet. Denn nicht jedem Kunden könne ein Verkäufer zur Seite stehen. Darum müssten die Kaufwilligen etwa per App, mittels Tablets und interaktiven Displays angesprochen, durchs Geschäft gelotst, individuell beraten und betreut werden. Dazu müsse auch ihre Kaufhistorie abrufbar sein. „Je mehr ich über die Präferenzen eines Kunden weiß, desto fruchtbarer kann der Dialog mit ihm sein“, erklärt der Unternehmensberater. „Und je stärker die Kunden einbezogen werden, umso mehr Geld geben sie aus.“ Dem will Gerrit Kahl, Chef des Innovative Retail Laboratory in St. Wendel im Saarland, nicht widersprechen. Allerdings setzt er andere Akzente: „Um sich vom E-Commerce abzuheben, muss der traditionelle Handel vor allem aufs Personal setzen.“ Er meint: gut geschultes Personal, denn inkompetente Verkäufer brächten keinen Vorteil. Und ein guter Verkäufer sei mehr als ein Ver-

käufer, vielmehr Berater und Inspirator des Kunden, jemand, der Lösungen sucht und präsentiert. Technische Hilfsmittel sieht Kahl dabei als unumgänglich an, sie hätten aber eher eine ergänzende Funktion. „In zehn Jahren wird es kein Geschäft mehr geben, das ausschließlich online oder offline betrieben wird“, sagt Kahl voraus. Darum sollten sich traditionelle Händler jetzt Gedanken darüber machen, welche Kombination für sie am besten geeignet ist. So könnten sie es Kunden etwa ermöglichen, im Laden nicht vorrätige Produkte per Internet zu bestellen oder umgekehrt im Netz bestellte Waren im Laden abzuholen. Entscheidend bleibe aber zu verstehen, dass ein Laden nicht nur eine Einkaufsstätte, sondern auch ein sozialer Treffpunkt ist. „Der persönliche Kontakt bleibt das Pfund, mit dem gewuchert werden muss.“ Im Münchner „Weshop“ wimmelt es an Bildschirmen und Displays: im Schaufenster, an den Wänden, in Tischen und Regalen. Im Spiegel der Umkleidekabine kann sich der Kunde virtuell beraten lassen. Wenn das nicht reicht und selbst der Verkäufer überfragt ist, lässt sich per Videotelefon eine externe Fachkraft hinzuziehen. „Heute googeln die Kunden vor oder nach dem Einkauf, wir möchten, dass sie im Laden selbst alle Informationen und die Orientierung bekommen, die sie sich wünschen“, sagt Christian Rößler, Head of Connected Retail der Agentur Serviceplan, die das 50 Quadratmeter große, im Oktober vergangenen Jahres eröffnete Modellgeschäft betreibt. In ihm wird nur solche Technik eingesetzt, die bereits im Markt verfügbar ist. Dabei sollen sich Technik und Verkaufspersonal wechselseitig unterstützen: Wo der eine Part nicht weiterkommt, soll der andere einspringen. Gemeinsam ist beiden die ihnen auferlegte Behutsamkeit: „Wir wollen den Kunden nicht unter Stress setzen, sondern ihm Sicherheit geben für seinen Kauf“, erklärt Rößler. Nach knapp einem Jahr Weshop-Erfahrung gilt seine Sorge weder den Kunden und Verkäufern noch der Technik, sondern den Ladenbetreibern: Sie seien aufs Zusammenspiel von Online und Offline oft am wenigsten vorbereitet, unter anderem auch in puncto CustomerRelationship-Management. Rößler: „Der Umbau muss in der Organisation der Unternehmen beginnen.“ JOACHIM THOMMES

Vergleichen wichtiger als kaufen

Mehr erleben oder mehr sparen

Smartphone-Nutzung im Laden

Geschäfte und E-Commerce punkten mit unterschiedlichen Faktoren

Preise vergleichen

Geschäft

26

64

Man kann Produkte sehen und anfassen

43 Produkte sind schneller erhältlich

38 Umtausch ist unkomplizierter

35 Gleichzeitig mehrere Dinge kaufen

31 Ist persönlicher

24 Geht schneller

24 Ist eine Gewohnheit

Produkte fotografieren 25 Rat von Freunden einholen 24 Barcodes / QR-Codes scannen 17

Online

Werbung fotografieren

57

16

44

44

42

38

28

28

Ist einfacher

Geht schneller

Spart Kraftstoffkosten

Bietet mehr Auswahl

Bietet mehr Information

Gleichzeitig mehrere Dinge kaufen

Produkte via App kaufen 12

Spart Geld

Produkte via mobiler Site kaufen 8

Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich; Basis: Onliner ab 18 Jahren in 17 Ländern (je Land 1000 Befragte, darunter Deutschland)

Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich; Basis: rund 1000 Handy-Nutzer ab 15 Jahren in Deutschland

Quelle: GfK

Quelle: GfK

DDV dialog September 2015

DDV dialog September 2015

DIALOG AUTOMATION

DIALOG SEPTEMBER 2015

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Geteiltes Echo auf personalisierte Rabatte und dynamische Preise

Preisschlacht 2.0 D

werde keine personalisierten Rabatte einführen. Der Durchmarsch von Kaiser’s dagegen basiert wohl nicht zuletzt auch auf der anonymen Erfassungsmethode. Dazu kommt: Im Land der Schnäppchenjäger und Kundenkarten – allein Payback hat nach eigener Aussage 25 Millionen Mitglieder in Deutschland – sind personalisierte Rabatte an der Tagesordnung. Der Schritt zum personalisierten Preis ist dann bloß eine Rechenaufgabe. Zudem gehört der Festpreis in manchen Branchen schon lange der Vergangenheit an: Fluggesellschaften etwa lassen bereits seit den 90er Jahren Faktoren wie Wettbewerbssituation, Zielgebiet, Ferienzeiten und Wetter in die Preisbildung einfließen.

bringen. „Das wird zweifellos an Bedeutung gewinnen“, sagt der Group Engineering Manager von Idealo Internet, Berlin. Zudem hat das Portal einen „Preiswecker“ installiert, der Nutzer per E-Mail darüber informiert, wenn sich ein Wunschpreis eingestellt hat. Das kommt dem, was Michael Schleusener, Leiter des E-Web Research Centers an der Hochschule Niederrhein in Krefeld, erwartet, schon recht nahe. Er glaubt, bald werde es Browser-Programme und Apps geben, die dem Nutzer das Einkaufen abnehmen und dann zuschlagen, wenn der Preis am niedrigsten ist. „Sobald diese Tools auf dem Markt sind, werden die Kunden nachrüsten“, sagt der Professor für Betriebswirtschaftslehre voraus. Dann

handlung und Diskriminierung war die Rede. Und schnell tauchte ein Bild auf: Der Nachrücker in der Kassenschlange zahlt für dasselbe Produkt einen höheren Preis als der Vordermann – aus undurchschaubaren Gründen. Ende August gab Coop auf: Der Test werde eingestellt. Ortswechsel. In einigen Kaiser’s-Supermärkten in Berlin wird seit Anfang vergangenen Jahres eine „Extrakarte“ ausgegeben. Sie registriert jeden Kauf mit Uhrzeit, Produktnummer, Preis und Kartennummer, erkennt die Vorlieben des Kunden und bietet darauf ausgerichtete Rabatte für bestimmte Produkte an. Die Vorschläge sind individualisiert, aber nicht personalisiert, denn der Kartenbesitzer bleibt anonym. Seit Mitte dieses Jahres kann die Extrakarte in allen 150 Filialen des Einzelhändlers in der Hauptstadt eingesetzt werden. 300.000 Karten sind nach Unternehmensangaben bisher im Umlauf. Nennenswerte Proteste habe es nicht gegeben. Eine Ausweitung der Aktion auf die Kaiser’s- beziehungsweise Tengelmann-Läden in Nordrhein-Westfalen, München und Oberbayern werde geprüft. Zwei Szenarien, zwei Ergebnisse: eine Pleite, ein Riesenerfolg. Der schnelle Rückzug von Coop rührt wahrscheinlich auch daher, dass das Unternehmen eine Genossenschaft mit 2,5 Millionen Mitgliedern ist, die mehr Druck ausüben können als andere Kunden. Zudem hat Haupt-Konkurrent Migros sofort versichert, er

„Wechselnde Preise sind keine neue Erfindung, sie werden lediglich auf weitere Bereiche übertragen“, weiß Florian Stahl, Professor für quantitatives Marketing an der Universität Mannheim. Bereits vertraute Mechanismen würden jetzt stärker individualisiert. Der Grund dafür ist vor allem ein technischer: Big Data und Algorithmen machen manches möglich, das vor Kurzem noch undurchführbar erschien. Beispiel Amazon: Der Online-Händler verändert Preise oft mehrmals täglich. Allein am Valentinstag im Februar dieses Jahres hat Minderest, Anbieter einer PreismonitoringSoftware in Ettenheim bei Freiburg, mehr als eine Million Änderungen registriert. Bei einer Digitalkamera schwankte der Amazon-Preis binnen zwei Tagen um 240 Prozent. Es liege auf der Hand, dass solches Geschäftsgebaren Kunden „massiv verunsichern“ könne, erklärt Stahl. Auf der anderen Seite entwickelten sich aber auch die Vergleichsportale weiter, sodass die Kunden nicht automatisch den Kürzeren zögen. Bei der Preissuchmaschine Idealo etwa, die nach eigenen Angaben über 200 Millionen Offerten von mehr als 35.000 Händlern parat hält, werden die Preise derzeit „typischerweise einmal am Tag“ aktualisiert, wie Jan Hegewald berichtet. Allerdings gebe es zu einigen Partnern wie Hitmeister und Otto bereits Echtzeit-Schnittstellen, die deren Preise ohne Verzögerung auf den neuesten Stand

mache die dynamische Preisbildung jedoch keinen Sinn mehr. „Wer dann noch daran festhält, muss dramatische Rendite-Einbußen befürchten.“ Schon heute steht Schleusener der PreisIndividualisierung eher skeptisch gegenüber. Das Projekt von Kaiser’s etwa kranke daran, dass es nur einen Ausschnitt des gesamten Kaufverhaltens eines Kunden erfassen könne. Online dagegen habe der Kunde ein Widerrufsrecht, wenn er sich unfair behandelt fühlt. Und generell sei die Preiskenntnis – von den Schnäppchenjägern einmal abgesehen – bei vielen Kunden eher gering: „Besonders im Bereich der schnell drehenden Konsumgüter entscheidet sich der Kunde meist nicht nach dem Einzelpreis, sondern nach dem Image der Einkaufsstätte.“ Die Fixierung auf den Preis als Unterscheidungsmerkmal zu Wettbewerbern sieht auch Stahl kritisch. Schon betriebswirtschaftlich: Konzerne wie Amazon könnten sich die hohen Investitionskosten für die Daten-Analysen leisten, kleinere Unternehmen dagegen kaum. Erst recht aber makroökonomisch: Die Aldisierung der Wirtschaft führe zu einer Vernachlässigung von Qualität und Service. Nach seiner Ansicht ist der Test von Coop auch daran gescheitert, dass die Preisempfindlichkeit der Schweizer weniger ausgeprägt ist als die der Deutschen.

ILLUSTRATION: THOMAS DAHMEN

as war ein kurzer Test. Ende Juli wurde bekannt, dass die schweizerische Handelskette Coop in ihrem OnlineShop personalisierte Rabatte ausprobiert. Mithilfe von Big Data wolle der Konzern mit Sitz in Basel das Verhalten der Kunden analysieren und ihnen je nach Ergebnis unterschiedliche Preisnachlässe gewähren. So könne etwa ein Kunde, der stets eine billige Biersorte bestellt, mittels Gutschein zum Kauf einer teureren Marke animiert werden, während der Kunde, der schon lange das hochpreisige Bier ordert, leer ausgeht. Der Aufschrei von Kunden, Verbraucherschützern und Handelsexperten ließ nicht lange auf sich warten. Von Manipulation, Ungleichbe-

JOACHIM THOMMES

Stabilität ade: Manche Unternehmen ändern die Preise mehrmals am Tag.

8 DIALOG UMFRAGE

DIALOG SEPTEMBER 2015

Online-Handel entdeckt Vorzüge von Print

Katalog statt Banner? Vor zehn Jahren mochte kaum noch jemand an die Zukunft des Katalogs glauben: Zu dick, zu papieren, zu unpraktisch und unsexy erschien das Big Book den Kritikern. Inzwischen zeigt sich die Gesamtauflage der hierzulande verbreiteten Kataloge seit Jahren auf hohem Niveau stabil. Die einzelnen Exemplare sind zwar meist dünner geworden, und es werden mehr Spezialkataloge versandt. Aber vom Tod des Marketing-Instruments ist keine Rede mehr. Im Gegenteil: Sogar der OnlineHandel erkennt zunehmend die Vorzüge der analogen Verzeichnisse – etwa in puncto Emotionalisierung und Loyalisierung. Mausert sich der unverwüstliche Katalog zu einer Alternative zur flüchtigen und bei den Nutzern unbeliebten Ansprache im Netz?

1 Mit welchen Stärken kann ein Katalog im Online-Handel punkten, wo müssen Banner und Co passen? 2 Katalog oder Display-Ad – was von beiden hat die größere Zukunft? UMFRAGE: JOACHIM THOMMES

Users zu erhalten, ist daher groß. Banner und Co müssen in Sekundenbruchteilen überzeugen und den Kaufimpuls auslösen. Inspiration ist hier nicht möglich.

2 Display-Ads werden schon allein aufgrund des

THOMAS HAUCK

Executive Vice President Dialogmarketing, Identitätsmanagement und Digitale Produkte Deutsche Post, Bonn:

1 Gerade im Online-Handel können moderne

Kataloge all ihre Stärken ausspielen: Aufmerksamkeitsstark, glaubwürdig und emotionalisierend inszenieren sie für die Empfänger Produktund Erlebniswelten in einer Tiefe, die Banner und Co nicht erreichen können. Aus unseren eigenen Forschungen zum Neuromarketing wissen wir, dass bei Informationen auf Papier mehr Sinne angesprochen werden und diese Informationen besser wiedergegeben werden können. Bei Bannern und Co fehlt diese zusätzliche Dimension. Anfassbares wird stärker wertgeschätzt, löst mehr Emotionen aus und wird länger und intensiver betrachtet. Kataloge sind damit sowohl ein idealer Image-Träger wie auch Verkaufskanal.

2 Die Frage nach einem Entweder-oder stellt

sich nicht. Es wird sich immer beides ergänzen und die Kunden auf ihrer Customer-Journey begleiten. Display-Ads halten den Werbedruck aufrecht – im Internet an allen Orten, zu jedem Zeitpunkt und auf die Präferenzen der Kunden abgestimmt. Sie sind die Leuchtreklamen des Internets, die Kunden zum Einkaufserlebnis der Kataloge hinführen. Kataloge werden in Zukunft noch zielgruppen-spezifischer, individualisierter und personalisierter erscheinen – und sich als Alternative zum Online-Shop präsentieren. Das haben die Internet-Pure-Player erkannt und setzen zunehmend auch auf Kataloge.

weiterhin zweistelligen Umsatzwachstums des Online-Handels wichtig bleiben. Technische Neuerungen und Verfeinerungen im Targeting geben dieser Werbeform weiteren Auftrieb. Aber auch der Katalog wird einen festen Platz in der Customer-Journey behalten – nicht als Kaufkanal, aber in der Kaufvorbereitung. Nicht ohne Grund investieren immer mehr Online-PurePlayer in Print-Werbemittel, um Kunden zu inspirieren und den Kauf im Online-Shop oder Ladengeschäft vorzubereiten.

2 Kein Entweder-oder – die Mischung macht’s.

Beim Cross-Channel-Marketing gilt es, die Vorteile des jeweiligen Kanals auszuschöpfen und intelligent mit anderen zu verzahnen. Langfristig aber werden Kataloge nicht mehr relevant sein.

KLEMENS SKIBICKI

Partner Convidera, Köln:

1 Kataloge haben heute bestimmte Stärken bei

der Visualisierung und damit Emotionalisierung von Produkten. Allerdings auch, weil der OnlineHandel gerade erst dabei ist, seine Potenziale hinsichtlich Aktualität und Kunden-Individualisierung im jeweiligen sozialen Kontext über Big Data und Social Media zu entdecken. Meinungen und Bilder von Menschen, die ein Kunde kennt, sind ihm meist wichtiger bei der Kaufentscheidung als Informationen vom Anbieter.

2 Es wird darum gehen, die Vorteile der jeweiligen Medien zu einem komplementären Ganzen zusammenzufügen. Der massenhafte Katalogversand wird in Zeiten rasant zunehmender Informationsmengen in allen Kanälen ein Auslaufmodell. Solche Informationen fallen schlichtweg durch die Filter von Relevanz und Individualisierung – sie landen im Papierkorb und Spam-Filter oder werden durch Ad-Blocker und soziale Filter bei Facebook, Instagram und Co aussortiert. Entscheidend wird zudem, ob die mit Smartphones aufwachsende Generation die Katalogvorteile überhaupt noch schätzen wird, oder der heutige Erfolg nur daran liegt, dass die älteren Kunden von klein auf mit Papier vertraut sind.

SABRINA MERTENS

Leiterin E-Commerce-Center Köln:

1 Konsumenten nutzen Kataloge vor allem zur

Inspiration. Unsere Cross-Channel-Studien zeigen, dass in Printkatalogen jeder zehnte stationäre Kauf und jeder siebte Online-Kauf vorbereitet werden. Kataloge sind also nicht tot, sofern sie spannend gestaltet sind und Interessenten in den Kaufkanal leiten. Best Practice ist derzeit Ikea – Spaß, Spannung, Inspiration und eine exzellente Verknüpfung aller zur Verfügung stehenden Informations- und Kaufkanäle sind hier vorbildlich umgesetzt. Dagegen werden Display-Ads oft nur unbewusst wahrgenommen. Die Herausforderung, die Aufmerksamkeit des

Channel-Marketing. Ob Gutschein-Codes für den Online-Shop oder redaktioneller Content mit Verlängerung in die digitalen Kanäle – die Nachteile überwiegen: Kataloge sind schnell veraltet, verbrauchen Platz und Ressourcen. Auf Touchscreens dagegen werden Produkte erlebbar, mit hoch auflösenden und bewegten Bildern, interaktivem Content und haptischer Steuerung. Menschen lösen durch Berührung eine Interaktion aus, werden zu aktiven Gestaltern und sind somit näher an der Marke, als dies in Print möglich sein wird. Und die Entwicklung steht noch am Anfang: Mit Augmented Reality kommt eine neue Dimension ins Spiel.

ANDREAS SCHAUER

Geschäftsführer Code 64, München:

1 Auch wenn aus den dicken Neckermann-

Telefonbüchern Zeitschriften geworden sind und selbst Unternehmen mit Online-DNA wie Zalando neuerdings den Weg des Papiers gehen – Printmagazine werden zum Nischenprodukt im Cross-

GEORG BLUM

Geschäftsführer 1A Relations, Ebersbach bei Stuttgart:

1 Der Katalog ist ein Werbemittel, das allein

durch sein Gewicht größere Aufmerksamkeit erfährt. Er lädt zum Verweilen, Blättern und Nachschlagen ein. Bei bestimmten Zielgruppen ergänzt oder ersetzt der Katalog den Webshop und löst Bestellungen per Telefon aus. All das kann ein Banner nicht bieten. Allerdings steht der Katalog in der Regel an einer ganz anderen Stelle der Customer-Journey, nämlich in der Mitte. Der Banner dagegen steht meist am Anfang. Der Banner ist eher der Vorarbeiter und Wegbereiter. Der Katalog – der natürlich inzwischen auch online und mobil vorliegt – ist der Vollstrecker. Ein echter Vergleich ist damit nicht möglich. Der Mediaplaner muss wissen, wo die Stärken des jeweiligen Mediums liegen.

2 Beide haben Zukunft, beide werden über-

leben. Die Renaissance des Katalogs rührt daher, dass das Online-Parkett sehr rutschig geworden ist. Sprich: Der Return on Investment des Banners ist zu vage. Ohne Katalog verliert die Vertriebs- und Verkaufsstrecke oft viel an Kraft. Und es wird noch lange Zeit Zielgruppen geben, für die der Katalog eine wichtige Funktion übernimmt. Zumal alle, die in Multi-Channel denken, früher oder später auf den Katalog kommen und ihn gezielt einsetzen werden.

10 DIALOG STUDIEN

DIALOG SEPTEMBER 2015

Lesetipps für Marketer

Der Dialog überflügelt die Klassik STABWECHSEL

Mit einem Anwenderanteil von über 80 Prozent liegt das Dialogmarketing schon lange deutlich vor den Klassikmedien (69 Prozent) und den Instrumenten mit DialogElementen (30 Prozent). Im vergangenen Jahr hat das Dialogmarketing die Klassik aber auch finanziell überholt: In den Dialog wurden 27,3 Milliarden Euro gesteckt, in die Klassik 27,1 Milliarden. Dies geht aus dem „Dialog Marketing Monitor 2015“ der Deutschen Post hervor. In ihm werden nicht die Netto- oder die BruttoInvestitionen in die Werbung erfasst, sondern die Gesamtaufwendungen – also die Kosten innerhalb eines Unternehmens wie auch die externen Kosten durch Dienstleister. Im Dialogmarketing wird das meiste Geld für volladressierte Werbesendungen ausgegeben: 8,6 Milliarden Euro. Es folgen die diversen Spielarten des OnlineMarketings mit zusammengenommen 7,1 Milliarden und die Websites der Werbungtreibenden mit 6,4 Milliarden Euro. Letztere sind das mit Abstand beliebteste Instrument: 2,3 Millionen Unternehmen bedienen sich eines eigenen Online-Auftritts. An zweiter Stelle stehen Maßnahmen des Online-Marketings, an dritter die volladressierten Werbesendungen. Ins Telefon-Marketing (aktiv und passiv) wurde erneut weniger investiert als im Vorjahr. Die Kommunikation mittels digitaler Instrumente (Websites und Online-Marketing) hat sich zum größten Bereich im Dialogmarketing gemausert (zusammengenommen 13,5 Milliarden Euro). Fast jeder zweite Dialogmarketing-Euro wurde im Vorjahr dafür ausgegeben. Nicht einmal die Hälfte der Werbungtreibenden versucht, den Erfolg ihrer Aktivitäten zu überprüfen. „Wenn es überhaupt zu einer Messung kommt, beschränkt sie sich in der Regel auf die Erfassung der Response, ohne dass eine Berücksichtigung der Kosten stattfindet“, monieren die Studienautoren. Crossmedia bleibt nach wie vor ein Thema vor allem für Berater und Kongresse: Nur jedes sechste Unternehmen versucht, durch den kombinierten Einsatz die Gesamtwirkung seiner Werbung zu erhöhen. Lediglich die Großunternehmen zeigen in diesem Punkt mehr Engagement. TS Name der Studie: Dialog Marketing Monitor 2015 Herausgeber: Deutsche Post, Bonn Erscheinungsdatum: 24. Juni 2015 Befragter Personenkreis: Marketing-Entscheider Befragte Personen: 2727 Preis: gratis Weitere Informationen: www.deutschepost.de/dmm

STIMMUNGSBILD

Marketer setzen auf einen engeren Austausch mit den Kunden – und zwar entlang der gesamten CustomerJourney. Damit einher geht, dass sie noch viel stärker als bislang digitale Instrumente – mit eingebautem Rückkanal – nutzen. Dies ist das Kernergebnis der Studie „Marketing is a (Buyer) Journey, not a Destination“ (auf Deutsch: Marketing ist eine (Käufer-)Reise, kein Reiseziel), die IBM und The CMO Club Ende August vorgelegt haben. Der Untersuchung zufolge wird der Anteil der digitalen Instrumente an den gesamten Marketing-Ausgaben auf 48 Prozent steigen. Dabei sollen vor allem soziale Medien, Websites, E-Mail und Apps eingesetzt werden. Die leichtere Messbarkeit dieser Mittel ermutigt die Marketer zu mehr Experimenten, um herauszufinden, was an welcher Stelle am besten wirkt. Dies sei schon deswegen nötig, mahnen die Studienautoren, weil die Kunden – und nicht die Marketer – die Reise bestimmen. Die Mehrheit der befragten Marketer rechnet damit, dass ihre Budgets in den kommenden zwei, drei Jahren etwas größer werden. TS

Name der Studie: Marketing is a (Buyer) Journey, not a Destination Herausgeber: IBM, Armonk (Bundesstaat New York), The CMO Club, New York

Erscheinungsdatum: 28. August 2015 Befragter Personenkreis: Chief Marketing Officers (CMO) mit einem Jahresbudget von mindestens einer Million US-Dollar Befragte Personen: 100 Preis: Zusammenfassung (auf Englisch) gratis Weitere Informationen: www.think-exchange.com

STOLPERFALLEN

Die Sucht vieler Marketer nach Anglizismen rächt sich immer wieder. Auch nach Jahren wissen zahllose Kunden nichts mit der Bezeichnung „Sale“ anzufangen. Bei „Click & Collect“ müssen sogar die meisten Konsumenten passen: Nur jeder Zehnte weiß, dass es dabei um die Möglichkeit geht, Produkte online zu bestellen, aber im Ladengeschäft abzuholen. Dies besagt die siebte Folge der Studie „Cross-Channel im Umbruch – Das Informations- und Kaufverhalten der Konsumenten“, die das E-Commerce-Center Köln und die SAP-Tochter Hybris Software herausgegeben haben. Die Kunden schätzen an dem Abholservice vor allem dreierlei: Sie bekommen die Waren schnell, können sie im Laden begutachten und müssen keine Versandkosten berappen. Für die Händler liegen die Vorteile unter anderem darin, dass sie bei der Abholung zusätzliche Produkte verkaufen können. Ein Drittel der befragten Kunden hat sich dazu animieren lassen. Zwei Drittel haben im Laden allerdings kein Verkaufspersonal angetroffen. TS Name der Studie: Cross-Channel im Umbruch – Das Informations- und Kaufverhalten der Konsumenten, Volume 7 Herausgeber: E-Commerce-Center Köln, Hybris Software, München Erscheinungsdatum: 30. Juni 2015 Befragter Personenkreis: Onliner in Deutschland, Österreich und der Schweiz Befragte Personen: 2476 Preis: 535,50 Euro inkl. MwSt. Weitere Informationen: www.ecckoeln.de

Leicht sinkende Ausgaben

Kaum Veränderungen in den vergangenen sechs Jahren Aufwendungen fürs Dialogmarketing in Milliarden Euro Vergleich zum Vorjahr in Prozent

27,7 27,5

27,5

27,3 27,0

2009

2010

2011

2012

2013

2014

–8,0

–2,0

2,6

–0,8

0,0

–0,9

Quelle: Dialog Marketing Monitor der Deutschen Post

Handelsunternehmen sollten sich stärker um die Aktivierung passiver Kunden als um die Gewinnung neuer Kunden kümmern. Diesen Schluss ziehen die Berater von Cintellic aus einer Befragung von Kunden und Interessenten eines „internationalen Modelabels“ in Deutschland. Denn passive Kunden wiesen eine wesentlich stärkere Bindung zum Unternehmen auf als Interessenten. Darum seien die Kosten einer Reaktivierung niedriger als die einer Neukundengewinnung. Die Untersuchung unterscheidet vier Gruppen: Nichtkunde / Interessent, Neukunde, Stammkunde und passiver Kunde. In allen Gruppen finden die Befragten die Ansprache über digitale Kanäle (Website, Online-Shop, App) am besten. Newsletter und Brief folgen auf dem zweiten Rang – außer bei den Interessenten, bei denen diesen Platz klassische Kanäle wie Katalog, Radio, TV und Zeitschriften einnehmen. Diese Gruppe findet zudem soziale Medien sowie Empfehlungen von Freunden und Bekannten wichtig. In allen Segmenten werden Preis- und Produktinformationen als besonders relevant eingeschätzt. TS Name der Studie: Cross-Channel-Marketing im Handel Herausgeber: Cintellic Consulting Group, Bonn Erscheinungsdatum: 18. August 2015 Befragter Personenkreis: Kunden und Interessenten eines „internationalen Modelabels“ in Deutschland Befragte Personen: 1440 Preis: Zusammenfassung gratis Weitere Informationen: www.cintellic.com

DDV dialog September 2015

Eigene Website am wichtigsten

Ausgaben für Werbesendungen am höchsten Anzahl der Anwender (in Tsd.)

Gesamtaufwendungen (in Mrd. Euro)

Durchschnittliche Aufwendungen pro Anwender (in Tsd. Euro)

Eigene Website 2314

6,4

2,8

7,1

4,6

8,6

16,5

1,1

2,7

1,6

4,1

2,5

7,1

27,3

10,0

Online-Marketing 1528 Volladressierte Werbesendungen 524 Passives Telefonmarketing 401 Aktives Telefonmarketing 392 Teil- und unadressierte Werbesendungen 346 Gesamt 2721 Quelle: Dialog Marketing Monitor 2015

DDV dialog September 2015

Gut die Hälfte setzt auf E-Mails

Im Online-Marketing legen Social Media und Mobile zu Anteil der Anwender in Prozent

Gesamtaufwendungen (in Mrd. Euro) 2014 2013

E-Mail-Marketing 1,9

1,9

1,4

1,3

0,7

0,6

Affiliate-Marketing 21

0,3

0,3

Display- und Video-Werbung 18

1,1

1,1

Mobile Display-Werbung 4

0,4

0,3

SMS- und MMS-Werbung 2

0,1

0,1

Gesamt*

5,9

5,6

52

BESSER PASSIV ALS INTERESSIERT

27,5

Suchmaschinen-Marketing 44 Social-Media-Marketing 34

* Die Differenz zu den Gesamtaufwendungen fürs Online-Marketing in Höhe von 7,1 Milliarden Euro entsteht, weil ein Teil der Befragten keine detaillierten Angaben gemacht hat Quelle: Dialog Marketing Monitor 2015

DDV dialog September 2015

Interaktion erwünscht

Dialogmarketing ist die stärkste Gattung Dialog-Instrumente (1)

Aufwendungen 2014 pro Gattung in Mrd. Euro

27,3 Klassikmedien (2) 27,1 Instrumente mit Dialog-Elementen (3) 19,8 Gesamt 74,2 (1) Werbesendungen, eigene Website, Online-Marketing, Telefon-Marketing (2) Werbung per TV, Radio, Anzeige, Beilage, Plakat und im Kino (3) Messen, Kundenzeitschriften, Aktionen in Geschäften (etwa Promotion, Couponing) Quelle: Dialog Marketing Monitor 2015

DDV dialog September 2015

DIALOG KUNDENDATEN

DIALOG SEPTEMBER 2015

11

Targeting im Customer-Relationship-Management

Ein Schatz, der gehoben werden will FOTO: DEFACTO X

J

Der Autor Jens Jokschat, 45, ist CEO von D3media in Hamburg, das zur Unternehmensgruppe Defacto X gehört.

eder kennt das: Einmal Sportschuhe gegoogelt, und schon laufen sie einem virtuell hinterher. Targeting-Anbieter wandeln auf einem schmalen Grat. Auf der einen Seite fühlen sich nicht wenige Konsumenten mittlerweile regelrecht verfolgt, andererseits soll intelligentes Targeting animieren und Mehrumsatz erzielen. Alle Seiten sollen zufrieden sein: Der eine findet, was er sucht, der andere verkauft, was er hat. Die Kosten-Umsatz-Relation stimmt, das Ziel ist erreicht. Dennoch: Wer sich vom Etikett „Verfolger“ lösen möchte, muss neue Wege gehen. Die solide Basis dafür: Kundendaten, die intelligent analysiert und in der Display-Werbung sowie im Social und Mobile Advertising eingesetzt werden. Sechs Punkte, an denen Unternehmen ansetzen können.

Stammkunden

Studien besagen: Mehr als die Hälfte aller – oft teuer akquirierten – neuen Kunden kauft nur ein einziges Mal. Der Neukunde öffnet einem Unternehmen quasi sperrangelweit seine Haustür, das Unternehmen lernt ihn und seinen Bedarf kennen, doch alles, was er bekommt, ist ein Newsletter. Das reicht nicht. Durch CRM-Targeting lassen sich Neukunden gezielt zu Wiederkäufern und Stammkunden machen. Heute gilt: CRM ist mehr als Newsletter-Marketing.

High-CLV-Kunden

Diese Gruppe von Kunden mit dem höchsten Customer-Lifetime-Value (CLV) verdient die ganze Aufmerksamkeit. Sie lässt sich gezielt, ohne jeden Streuverlust und damit höchst effizient ansprechen. Wie dieses Segment aussieht und wer dazu zählt, lässt sich analysieren. Die Daten liegen vor. Nun geht es darum, diesen heißen Adressen konsequent heiße Angebote zu unterbreiten. Diese Form der Wertschätzung lohnt sich. Der Irrglaube, der hier oft den Erfolg verhindert: Den haben wir schon, um den brauchen wir uns nicht zu kümmern.

Omni-Channel-Kampagnen

Online- und stationärer Handel sind ein Dreamteam, denn sie bieten dem Multichannel-Shopper jederzeit das gewünschte Einkaufserlebnis. Das schafft Involvement, Treue und erhöht den Customer-Lifetime-Value. Wir wissen: Unterm Strich sind Multichannel-Shopper die besten Kunden. Durch die gezielte Ansprache stationärer Kunden und filialnaher Online-Shopper über Display, Mobile und Social Media schafft man es, die Frequenz von Filialbesuchen und Online-Bestellungen zu erhöhen. Viele glauben an dieser Stelle, es sei zu aufwendig. Das stimmt nicht.

Churn-Prevention

Alle wissen, dass Kundenbindung günstiger ist als Neukundengewinnung. Aber welche Schlüsse ziehen wir daraus in der Praxis? Transaktionsdaten geben beispielsweise Aufschluss über langfristiges Kaufverhalten. Über Predictive Analysis ist erkennbar, wann ein Kunde abzuwandern droht. Jetzt ist es an der Zeit, ihn mit starken Angeboten zu überzeugen. Viele Marketer denken, es sei zu aufwendig, solche Analysen zu erstellen. Ist es nicht!

Kunden-Reaktivierung

Einmal Kunde, immer Kunde, so ist das leider nicht im wirklichen Leben. Regelmäßige Anstöße erhalten die Freundschaft. Transaktionsdaten aus dem CRM oder aus dem Shopsystem zeigen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, um sich bei einem inaktiven Kunden in Erinnerung zu rufen. Das ist effizientes Dialogmarketing jenseits von E-Mail und kurzatmigem Retargeting. Wir erinnern uns: Kundenbindung ist günstiger als Neukundengewinnung. Man kann es nicht oft genug sagen.

Kundendaten

Viele Unternehmen wissen gar nicht, welchen Schatz sie mit Kundeninformationen zu Status (Neukunde / Stammkunde), aktiv / inaktiv, Umsatzhistorie, bevorzugten Produktkategorien, Dauer der Kundenbeziehung, Geschlecht, Alter, Geografie, Kundenwert et cetera haben. Gezielt analysiert und direkt in Maßnahmen umgesetzt, sind sie aber ein Umsatz-Turbo.

Glossar • Churn-Prevention: Früherkennung drohender Kundenabwanderung und ihre Verhinderung. • CRM-Targeting: Um die Werbewirkung zu steigern, werden Werbemittel ausgespielt, die zu den Kundendaten passen. • Customer-Lifetime-Value (CLV): Betriebswirtschaftlich betrachteter „Kundenlebenswert“, der vorhersagt, wie viel Geld sich mit einem Kunden verdienen lässt, bevor das Unternehmen ihn verliert. • Predictive Analysis: Auf der Basis vorhandener Daten und Erfahrungswerte sowie von Wahrscheinlichkeitsannahmen werden Aussagen über das künftige Kundenverhalten getroffen. • Transaktionsdaten: Daten, die durch Aktivitäten eines Kunden anfallen – etwa beim Kauf, Kaufabbruch und Besuch einer Website.

Anzeige

12 DIALOG RECHT

DIALOG SEPTEMBER 2015

Widerrufsbelehrung

FOTO: BIRD & BIRD

Der Autor Dr. Bahne Sievers ist Rechtsanwalt im Hamburger Büro von Bird & Bird.

Briefwerbung

Rufnummer unbedingt erforderlich

Werbung muss als solche erkennbar sein

D

D

as Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat entschieden, dass in der Widerrufsbelehrung die geschäftlich genutzte Telefonnummer des Unternehmers anzugeben ist (OLG Hamm, Beschluss vom 24.3.2015 – 4 U 30/15). Fehlt die Angabe, ist die Widerrufsbelehrung unvollständig und kann beispielsweise abgemahnt werden. Ein Unternehmer hatte in seiner Widerrufsbelehrung unter anderem keine Telefonnummer angegeben. Dies wurde ihm durch eine einstweilige Verfügung vom Landgericht Bochum auf Antrag eines Wettbewerbers untersagt. Das OLG Hamm hat die Verfügung bestätigt. Ob in der Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer zwingend anzugeben ist, ergibt sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Gesetz. Ein Unternehmer muss den Verbraucher gemäß § 312d Absatz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) zwar in klarer und verständlicher Weise über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren. Ob dazu aber die Angabe einer Telefonnummer erforderlich ist, lässt das Gesetz offen. Lediglich in den Gestaltungshinweisen zur Muster-Widerrufsbelehrung heißt es, dass eine Telefonnummer „soweit verfügbar“ anzugeben ist. Die Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung ist allerdings nicht zwingend erforderlich. Vielmehr kann der Verbraucher grundsätzlich auch in anderer Form über das Widerrufsrecht informiert werden, solange die Information klar, verständ-

lich und vollständig ist. Der Vorteil einer – vollständig ausgefüllten – Muster-Widerrufsbelehrung ist, dass bei ihrer Verwendung die Belehrung vom Gesetz her – eigentlich – als hinreichend gilt. Da der Unternehmer im vorliegenden Fall eine Telefonnummer in seinem Online-Impressum angegeben hatte, war für das OLG Hamm nachgewiesen, dass er über eine geschäftlich genutzte Telefonnummer verfügt und er diese somit in der Widerrufsbelehrung angeben muss („soweit verfügbar“). Das Fehlen der Telefonnummer begründe den falschen Eindruck, der Verbraucher könne gegenüber dem Unternehmer seinen Widerruf nur schriftlich erklären. Das OLG Hamm verwarf den Hinweis des Unternehmers, bei ihm sei kein Mitarbeiter zur Bearbeitung von telefonischen Widerrufserklärungen eingesetzt beziehungsweise verfügbar. Insoweit wäre es wünschenswert gewesen, wenn das Gericht etwas mehr Verständnis für innerbetriebliche Abläufe gezeigt hätte. Denn die telefonische Entgegennahme von Widerrufserklärungen ist häufig nicht nur zeitintensiv, sondern vor allem auch fehleranfällig, gerade wenn der Anruf nicht bei einem dafür geschulten und mit Zugang zur Kundendatenbank ausgestatteten Mitarbeiter ankommt. Hier droht die Gefahr, dass ein Widerruf dem falschen Kunden oder der falschen Bestellung zugeordnet wird oder gleich vollständig untergeht. Für die Zukunft ist aber zu beachten, dass eine geschäftlich genutzte Telefonnummer auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben ist. Das gilt im Übrigen auch für Faxnummern und E-Mail-Adressen.

Gekaufte Spitzenplatzierung führt in die Irre

D

Schreiben auseinandersetzen, ehe er es als unbeachtliche Zusendung von Werbung erkenne. Ein solches Vorgehen sei unzumutbar und unzulässig. Das Urteil erinnert erneut an die im Allgemeinen weniger strengen, gleichwohl existierenden Regeln zur Postwerbung. Eine vorherige Einwilligung des Empfängers und selbst eine Kennzeichnung als Werbung auf dem Briefumschlag sind nicht erforderlich. Klare Grenzen für unzulässige Täuschungen oder Belästigungen werden aber auch hier gezogen.

Cold Calls

Bewertungsportale

as Landgericht München hat die Kennzeichnung gekaufter Spitzenplatzierungen auf Deutschlands größtem Ärztebewertungsportal für unzureichend erklärt (Urteil vom 18.3.2015 – Az.: 37 O 19570/14). Durch kostenpflichtige „PremiumPakete“ ermöglichte das beklagte Portal zahlenden Ärzten unter anderem, in den Ergebnislisten über allen anderen Ärzten zu erscheinen. Die Reihenfolge ergab sich im Übrigen aus einer Kombination der Kriterien „Note“ und „Anzahl der Bewertungen“. Neben vielen Einzelheiten waren die sogenannten Top-Platzierungen – im Gegensatz zu den weiß gestalteten anderen Ergebnissen – hellgrün hinterlegt. Der Hintergrund änderte sich ebenfalls in weiß, wenn der Nutzer mit dem Mauszeiger über die Anzeige fuhr. Am rechten Seitenrand der Anzeige fand sich grau hinterlegt das Wort „Premium-Partner“. Erst durch ein Mouseover erschien ein Aufklärungstext über die Entgeltlichkeit der Top-Platzierung. In seiner Entscheidung betonte das Landgericht, dass – anders als bei reinen Suchmaschinen – bei Bewertungs- und Empfehlungsportalen die Reihenfolge der Ergebnisse maßgeblich sei. Die Nut-

er Werbecharakter eines Briefes muss zumindest nach dem Öffnen angesichts der im Begleitschreiben beigefügten Informationen sofort und klar zutage treten. Ansonsten liegt eine wettbewerbswidrige Verschleierung der Werbeabsicht nach § 4 Nummer 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und eine unzumutbare Belästigung des Verbrauchers nach § 7 Absatz 1 UWG vor, so das Landgericht Braunschweig (Urteil vom 19.3.2015 – Az.: 21 O 726/14). Das beklagte Münzhandelshaus versendete Postwerbung, die auf dem Umschlag nicht als Werbung gekennzeichnet war. Die Farbe des Briefumschlags ähnelte vielmehr typischer Behördenpost und enthielt auf der Vorderseite den Aufdruck „verbindliche Rechtsbelehrung“ mit dem Hinweis auf das Postgeheimnis. Außerdem befand sich auf dem Sichtfenster der fettgedruckte Zusatz „vertraulich“. Für das Gericht ergab sich der vermeintliche Gesamteindruck einer amtlichen Briefsendung, der von der innen liegenden Werbemitteilung fortgeführt wurde. Das Landgericht hob hervor, es sei zwar nicht erforderlich, dass eine Sendung auf dem Umschlag als Werbesendung gekennzeichnet ist. Bereits der Bundesgerichtshof habe anerkannt, dass Briefwerbung, deren Werbecharakter sich erst nach der Öffnung des Umschlags ergibt, grundsätzlich zulässig ist. Tritt der Werbecharakter aber nicht spätestens nach Öffnen des Briefes unmissverständlich hervor, werde die Aufmerksamkeit des Empfängers besonders gefordert. Er müsse sich näher mit dem

zer würden auf die Rangfolge vertrauen und sich danach orientieren. In diesem Fall standen die TopPlatzierungen an erster Stelle, allerdings ohne für das Gericht ausreichend räumlich getrennt zu sein. Der mehrdeutige Begriff „Premium-Partner“ und der hellgrüne Hintergrund könnten weiterhin vielmehr als besondere Hervorhebung der Bestplatzierung verstanden werden. Der Nutzer stoße auch nur zufällig auf den Aufklärungstext, da auf die Mouse-over-Funktion nicht hingewiesen wurde. Insgesamt wertete das Landgericht den Gesamteindruck der Zusammensetzung daher als irreführend und damit wettbewerbswidrig. Werbung im Internet muss – wie offline auch – auf den ersten Blick und nicht erst nach analysierender Betrachtung erkennbar sein. Diese Entscheidung zeigt, dass für die Erkennbarkeit von Anzeigen gegenüber Suchergebnissen auch viele kleine Unterscheidungen nicht über die Notwendigkeit einer eindeutigen Darstellung hinweghelfen. Bei Bewertungsportalen ergeben sich hinsichtlich der Rangfolge der Ergebnisse sogar noch höhere Anforderungen als üblich.

Keine Vergütungsansprüche bei unerwünschten Anrufen

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in Gewerbetreibender kann Zahlungsaufforderungen aus Verträgen, die durch einen unerwünschten Werbeanruf zustande gekommen sind, einen Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe entgegengehalten. So hat das Amtsgericht Bonn mit der Begründung entschieden, dass solche „Cold Calls“ einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen können (Urteil vom 23.6.2015 – Az.: 109 C 348/14). Für die Eintragung in ein kostenpflichtiges Branchenverzeichnis verlangte die Klägerin die Zahlung der Vergütung. Der Vertrag wurde allerdings mittels Werbeanruf geschlossen. Nach der Wertung des § 7 Absatz 2 Nummer 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind solche Anrufe jedoch nur bei vorheriger ausdrücklicher oder mutmaßlicher Einwilligung des angerufenen Unternehmens möglich. Eine ausdrückliche Einwilligung bestand jedoch nicht und für eine Vermutung sah das Amtsgericht auch keinen Raum. Wegen der Vielzahl von Verzeichnissen von jeweils geringer Marktgeltung sei ein solcher Werbeanruf in aller Regel unerwünscht. Die Klägerin hätte den Kontakt

zudem auch per Post aufnehmen können. Der belästigende Charakter des Anrufs stelle daher einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten dar und verursache einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Höhe des Vergütungsanspruchs. Diesen könne der Beklagte dem Vergütungsanspruch entgegenhalten, so das Amtsgericht. Die Parteien streiten sich nun in der Berufung weiter. In einem gleichgelagerten Fall entschied bereits das Landgericht Bonn mit demselben Ergebnis, allerdings anderer rechtlicher Einordnung. Der Angerufene habe einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Absatz 2 BGB, da die Normen des UWG und damit auch § 7 UWG sogenannte Schutzgesetze seien. Diesen Anspruch könne er mit einem Vergütungsanspruch aufrechnen. Mit einer höchstrichterlichen Entscheidung ist zu rechnen, da die Entscheidung des Landgerichts zur Revision vorgelegt wurde. Eine Entscheidung zu Gunsten von „Cold Call“-Verträgen ist allerdings nicht zu erwarten. Vielmehr wird wohl die rechtliche Behandlung derartiger Fälle klargestellt, die sich bei den unteren Instanzen noch unterscheiden.

DIALOG INSIDE

DIALOG SEPTEMBER 2015

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Brücke zwischen Theorie und Praxis

A

m 30. September findet an der Hochschule Fulda der 10. wissenschaftliche interdisziplinäre Kongress für Dialogmarketing statt. Schwerpunkte des ganztägigen Symposiums des DDV sind Social Media, Big Data, Bild- und Gesichtserkennung sowie Werbemittel-Optimierung. Die Entwicklung der DialogKommunikation im digitalen Zeitalter wird Ralf Kreutzer, Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, in seinem Einführungsvortrag beleuchten. Die „Willingness to Share“ – ein Prognosemodell für

erfolgreichen Content auf Facebook –, die Relevanz des Empfehlungsmarketings, neue Ansätze zur Werbemittel-Optimierung sowie die Typologisierung und Segmentierung von Konsumenten auf Basis digitaler Bilder gehören zu den weiteren Themen. Die Referenten kommen von Hochschulen und Universitäten in Bayreuth, Fulda, Ravensburg, Wedel und Zürich. In diesem Jahr führt erstmals ein Moderatorenteam durch den Tag: Heinrich Holland, Professor an der Hochschule Mainz, und Meik Oliver Vogler, Beratungsgeschäftsführer bei Jung von Matt/365, Hamburg. Sie werden den wissenschaftlichen Gehalt und den Praxis-

bezug der Beiträge zur Diskussion stellen. „Der wissenschaftliche Kongress ist die einzige Dialogmarketing-Veranstaltung, die konsequent eine Brücke zwischen Theorie und Praxis schlägt“, erklärt DDV-Präsident Martin Nitsche. Ziel sei es, die Vielfalt der Forschungsansätze der unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen wie Betriebswirtschaftslehre, Psychologie und Informatik mit Dialogmarketingbezug aufzuzeigen und den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Praktikern zu fördern. Im Rahmen des Kongresses findet die Verleihung des „Alfred Gerardi Gedächtnispreises“ statt, den der DDV seit 1986 in Erinnerung an seinen ehemaligen Präsidenten Alfred Gerardi für Nachwuchswissenschaftler auslobt. Er wird auch in diesem Jahr mit freundlicher Unterstützung der Firma Printus, Offenburg, übergeben. Die ausgezeichneten Dissertationen und Abschlussarbeiten werden in KurzBvN präsentationen vorgestellt.

Tagungsband „Dialogmarketing Perspektiven 2014/2015“ erschienen Der Tagungsband „Dialogmarketing Perspektiven 2014/2015“ des 9. wissenschaftlichen interdisziplinären Kongresses für Dialogmarketing ist ab sofort erhältlich. Er präsentiert eine Sammlung der wichtigsten Fachbeiträge und Forschungsprojekte, die auf der Tagung im vergangenen Herbst vorgetragen beziehungsweise vorgestellt wurden. Zu den Themen zählen Digitale Markenführung, Mobile Marketing, Datenschutz und Cloud-Computing, Social CustomerRelationship-Management, Customer-Journey und die Gestaltung von Mailings. Ein Kapitel mit den Gewinnerarbeiten des Alfred Gerardi Gedächtnispreises rundet den Band ab. BvN Deutscher Dialogmarketing Verband (Hg.), Dialogmarketing Perspektiven 2014/ 2015, Verlag Springer Gabler, 282 Seiten, 49,99 Euro, ISBN: 978-3658088750.

FOTO: SCHAFGANS

10. wissenschaftlicher interdisziplinärer Kongress

Marketing-Professor Ralf T. Kreutzer.

„Der Schlüssel heißt Individualisierung“ Ralf T. Kreutzer, 57, Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, über Relevanz in der digitalen Kommunikation. Die Zahl der digitalen Kanäle nimmt zu und mit ihr die Masse an Informationen, die täglich auf uns einströmt. Was können Dialogmarketer tun, um in dieser Lage vom Konsumenten noch beachtet zu werden? Ralf T. Kreutzer: In der Dialog-Kommunikation gibt es nur einen Schlüssel zum Erfolg: Relevanz. Sie wird allerdings vom Kunden definiert. Ein gutes Mittel ist das Content-Marketing – eine verkaufsorientierte Kommunikation, die über Bande gespielt wird. Was hilft außerdem? Wir sollten die in den sozialen Netzwerken vorhandenen Daten und die dort geäußerten Meinungen nicht nur beobachten, sondern versuchen, unsere Datenbanken damit anzureichern. Wenn wir die Erlaubnis dafür eingeholt haben, können wir eine direkte Einszu-eins-Verknüpfung anstreben. Der Schlüssel zu größerer Relevanz heißt Individualisierung unserer Angebote. Worin besteht die größte Herausforderung? Sie liegt darin, nicht nur über Big Data zu sprechen, sondern die aus den Datenströmen gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich zur Grundlage der eigenen Kommunikation zu machen. INTERVIEW: BORIS VON NAGY

ddp 2015

Dmexco

Das Buch der Sieger

DDV zeigt Flagge

FOTO: BILDSCHÖN

keting, ein weiterer Artikel nimmt kritisch Stellung zur Diskussion um Agentur-Rankings. Am Ende des Buchs hält eine Bildergalerie die schönsten Augenblicke der diesjährigen Preisverleihung fest, die am 8. Mai in der Bolle Meierei Event Location in Berlin stattfand. Die in der DFV-Gruppe erschienene Dokumentation kann über den OnlineShop des Deutschen Dialogmarketing Verbands (www.ddv.de, Menüpunkt Service) bezogen werden. Sie kostet 49,90 Euro, DDV-Mitglieder erhalten sie zum Preis von 40 Euro. BvN

R Preisverleihung in Berlin.

und 50 DDV-Mitglieder sind – wie der Verband selbst – am 16. und 17. September auf der Dmexco in Köln mit Ständen vertreten und wollen mit ihren Präsentationen verdeutlichen, dass Dialogmarketing nicht nur kreativ ist, sondern vor allem für nachvollziehbare Effizienz steht. One-toOne-Kommunikation ist nach wie vor eines der wirksamsten Prinzipien im digitalen Marketing. Wer jedoch erfolgreiches Dialogmarketing betreiben will, muss die rechtlichen Voraussetzungen kennen. Wie wird die EU-Datenschutz-Grundverordnung Marketing und Werbung verändern? Sind Tracking und Profiling – also die zielgerichtete Verfolgung der Aktivität von Verbrauchern und die Profilbildung – ohne Einwilligung nach dem Erlass der Verordnung noch möglich? Zu diesen Fragen bietet der DDV in Halle 7.1, Stand E.065, an beiden Messetagen Fachwissen aus erster Hand. BvN

FOTO: KOELNMESSE

D

ie Dokumentation der Siegerkampagnen des Deutschen Dialogmarketing Preises 2015 ist als Buch erschienen. Es umfasst 232 Seiten und gibt einen Einblick in die Details der 65 Siegerarbeiten auf jeweils einer Doppelseite. Gezeigt werden außerdem die Sonderpreise „Agentur des Jahres“, „Best in Show“ und die Gewinner des Junior Creative Award. Alle prämierten Einreichungen werden von Jurymitgliedern kommentiert. Darüber hinaus befassen sich zwei Beiträge mit der Verknüpfung der analogen und digitalen Medien im Dialogmar-

Auf dem Weg zur Messe: Blick in den Eingang Nord.

14 DIALOG TIMER

DIALOG SEPTEMBER 2015

Buchtipp zum Big-Data-Marketing

Vom Ende der Manufaktur

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orsten Schwarz ist bekannt als Experte fürs E-Mail-Marketing, Betreiber der Online-Plattform Marketing-boerse.de und als Herausgeber von Sammelbänden, etwa zum Dialogmarketing und zur Marketing-Automation. Im Juni hat er ein 300-Seiten-Werk zu dem Thema veröffentlicht, das in Marketing-Kreisen derzeit den meisten Wirbel entfacht: Big Data. Kein anderes ist mit so großen Hoffnungen befrachtet, nirgendwo sonst schießen die Phantasien so sehr ins Kraut. Selbst die nüchternsten Manager träumen von einem Wundermittel, das alle Probleme der Kundenbeziehung löst. Die Begeisterung ist allerdings umso größer, je weniger überzeugende Fallbeispiele es gibt. Ein Buch zur richtigen Zeit also. Zu den wenigen, die von einer erfolgreichen Praxis berichten können, gehört Horst Müncheberg. Der Director Direct Marketing bei Payback in München skizziert die Ausgangslage so: Da täglich Zigtausende Werbebotschaften auf den Konsumenten einprasseln, schottet der sich ab und spricht nur noch auf Offerten an, die an seine Wünsche anknüpfen – er fordert das passende Angebot im rechten Moment im gewünschten Kanal. Fehlt eines dieser drei Elemente, wird er sich nicht verlocken lassen. Anders gesagt: Dem Konsumenten einen schön gestalteten, adressierten Brief mit namentlicher Ansprache zu schicken, das ging gestern. Heute möchte er nicht irgendwann kontaktiert werden, sondern dann, wenn er dazu bereit ist. Er will keinen Brief öffnen, wenn er gerade online ist. Und er möchte keine Werbung für Produkte erhalten, die ihn nicht interessieren. Denn all das empfindet er als Belästigung, als Spam. Was soll nun ein Dienstleister wie Payback tun, der hierzulande nach eigenen Angaben 25 Millionen Mitglieder hat? Die Antwort liegt auf

Timer 29. September – 1. Oktober IT & Business in Stuttgart

der Hand: Er muss die Ansprache der Mitglieder so weit wie möglich individualisieren. Das heißt sehr weit. Es gibt nur eine Grenze: Der Aufwand muss in einem akzeptablen Verhältnis zum Ertrag stehen. Müncheberg beschreibt, wie das Kundenkarten-Unternehmen über mehrere Jahre ein eigenes System entwickelt hat, das in der Lage ist, neun von elf Millionen Mailings so zu variieren, dass sie inhaltlich Unikate sind. Das einen wöchentlichen Newsletter in 120.000 Versionen verschickt. Das mobil nur die Coupons ausspielt, die der Kunde noch nicht genutzt hat. Mit Manpower allein ist das nicht mehr zu bewältigen. „Bei Tausenden unterschiedlicher Kundenmerkmale und Terabytes an Daten ist man gezwungen, die Manufaktur zu verlassen“, erklärt Müncheberg. Das bedeutet auch, die Auswahl der Kundengruppen zu automatisieren. Gruppen? Ja, der Payback-Mann verleugnet nicht, dass Individualisierung oft gar nicht auf Individuen abzielt, weil dies zu kostspielig wäre. Und er warnt davor, Big Data zu überschätzen. Vielmehr komme es auf das Zusammenspiel von Mensch und Technik an – und aufs Produkt selbstverständlich. Ein gutes Produkt mache mindestens die Hälfte des Erfolgs aus. Erst wenn das Trio aus Mensch, Produkt und Technik zum Dreiklang werde, bestehe die Chance auf zufriedene Kunden. „Wir brauchen nicht mehr, sondern bessere Daten“, findet Müncheberg. Dem will Christian Bachem, Gründer der Strategieberatung Companion in Berlin, nicht widersprechen. Im Gegenteil: Er hält Payback für eine Ausnahme, in der Regel dominiere in den Unternehmen „digitales Stückwerk“. Es mangele an „Denkhaltung, Know-how und Infrastruktur“, um Big Data gewinnbringend einsetzen zu können. Oft werde von falschen Voraussetzungen ausgegangen: Daten würden mit Information verwechselt,

diese mit Wissen und Wissen schließlich mit Handlung. Der Weg, den Daten nehmen müssen, um in Handlung zu münden, sei mit Big Data aber keineswegs kürzer geworden. Bachem führt einige Beispiele an, wo der Einsatz von Algorithmen zu nichts, oder, schlimmer noch, zur Katastrophe geführt habe – namentlich die Finanzkrise von 2008. Diese würden von den Big-Data-Aposteln jedoch schlicht ignoriert. Er bestreitet, dass aus schierer Masse und Geschwindigkeit Intelligenz erwächst, und dass Algorithmen mehr wissen als Menschen. Für handlungsorientierte Datenanalysen würden „bis auf Weiteres“ Menschen mit analytischen Fähigkeiten und Erfahrungswissen benötigt – am besten im interdisziplinären Dialog. Es ist dem Prinzip Sammelband geschuldet, dass sich die Kapitel des Buchs nicht aufeinander beziehen. Gerade eine Kontroverse zwischen Müncheberg und Bachem hätte spannend sein können. Schade auch, dass unter den knapp zwei Dutzend Autoren ein paar Surfer auf der Begeisterungswelle sind, die nichts Substanzielles zu sagen haben. Aber das muss man ja nicht lesen. Das Gros der Beiträge dagegen lohnt die Lektüre. JOACHIM THOMMES

Torsten Schwarz (Hg.), Big Data im Marketing, 324 Seiten, Verlag HaufeLexware, 1. Auflage Juni 2015, 44,95 Euro (gebundene Ausgabe, ISBN: 9783648065853), 39,99 Euro (E-Book, ISBN: 978-3648065877).

Branchen-Events im Herbst und Winter auf einen Blick

Die IT & Business mit dem Schwerpunkt Customer-Relationship-Management (CRM) dient Fach- und Führungskräften als Plattform, um sich mit Anbietern, Dienstleistern und Beratern aus den Bereichen Marketing, Vertrieb, Informationstechnologie und Projektmanagement zu den Themen Kundenbeziehungsmanagement, Vertrieb und Dialogmarketing auszutauschen. An allen drei Veranstaltungstagen werden im Rahmen des Fachforums Marketing, Vertrieb & Services praktische Einsatzmöglichkeiten für das Lead-Management sowie CRM- und Vertriebsinformationssysteme präsentiert. Der DDV beteiligt sich an der IT & Business mit einer CRM-Beratungslounge am Stand H 46 in Halle 1. Besucher können dort ihre Fragen mit DDV-Mitgliedern diskutieren. Termine können per E-Mail mit Martina Rambach ([email protected]) vereinbart werden. www.messe-stuttgart.de/it-business

30. September 10. wissenschaftlicher interdisziplinärer Kongress für Dialogmarketing in Fulda

Am 30. September jährt sich der wissenschaftliche interdisziplinäre Kongress für Dialogmarketing, der der Förderung des wissenschaftlichen und praktischen Austauschs dient, zum zehnten Mal. Dieses Jahr ist die Entwicklung der Dialog-Kommunikation im digitalen Zeitalter das Schwerpunktthema. In der Hochschule Fulda werden aktuelle Forschungsprojekte vorgestellt und diskutiert. www.ddv.de

7./8. Oktober Neocom in Düsseldorf

Rund 220 Aussteller und 5000 Messebesucher werden in diesem Jahr auf Deutschlands größter Fachmesse rund um die Wertschöpfungskette des interaktiven Handels erwartet. Präsentiert werden Neuheiten sowie Produkte und Lösungen für optimierte Prozesse – im Marketing, in ECommerce und Mobile Commerce. Dazu zählen insbesondere ShopSysteme, Payment, Software und Technologien, Retouren- und Forderungsmanagement sowie Logistik und Fulfillment. www.neocom.de

21./22. Oktober DDV-Basisschulung „Datenschutz im Unternehmen“ in Frankfurt und München

Die Veranstaltung richtet sich an alle Personen aus Dialogmarketing-Unternehmen, die in der Tagespraxis mit Fragen des Datenschutzes umzugehen haben – speziell an Mitarbeiter von Mitgliedern des Councils DirectMail Services und des List Councils. Die Teilnahmebescheinigung dient als Nachweis der erfolgten Mitarbeiterschulung, wie er im Rahmen der jährlichen „QuLS“-Prüfung zum Erhalt des Jahressiegels zu erbringen ist. Referent ist Ulrich Wuermeling, Kanzlei Latham & Watkins, der seit vielen Jahren eng mit dem DDV und seinen Mitgliedern an praktikablen Lösungen für die Herausforderungen des Datenschutzrechts arbeitet. Anmeldungen nimmt Jessica Pölloth entgegen: [email protected]. www.schulungen.ddv.de

11. November Tracks Summit in Hamburg

Um die Optimierung digitaler CrossChannel-Kommunikation geht es auf dem Tracks Summit, der bereits zum dritten Mal in Hamburg stattfindet. Dabei sollen die Rolle von Technolo-

gie in moderner Cross-Channel-Kommunikation demonstriert und Impulse für Innovationen im eigenen Unternehmen gegeben werden. www.tracks-summit.de

16./17. Februar 2016 6. German CRM Forum in München

Ob Digital, Omni-Channel oder Customer-Experience – die Trends im Kundenmanagement und Beziehungsmarketing bieten große Chancen, bringen aber auch beachtliche Herausforderungen mit sich. Um beides dreht sich die laut Veranstalter größte CRM-Konferenz im deutschsprachigen Raum. Das Motto der sechsten Folge lautet: „Creating Customer-Value.“ www.germancrmforum.de

23. Februar 2016 „Visionäre im Dialog“ in Berlin

Auch bei der dritten Ausgabe der Visionäre im Dialog steht die Kommunikation der Zukunft im Fokus. Christoph Walther, Gründer von CNC und ehemaliger Senior Vice President und Head of Communications bei Daimler-Benz/Daimler Chrysler, hält die Keynote. Einlass zur exklusiven Veranstaltung des DDV im PalmenhofSilbersaal ist um 18 Uhr. www.ddv.de

23. – 25. Februar 2016 CCW 2016 in Berlin

Die frühere Call Center World, jetzt kurz CCW genannt, versteht sich als europäische Leitmesse für Kundenservice, Kundenkommunikation und Contact-Center. Dieses Jahr hatten sich laut Veranstalter 250 Aussteller aus 19 Ländern präsentiert, 7600 Besucher wurden registriert. Im Rahmen des Kongressprogramms werden Strategietage, Seminare, Fachforen und Workshops angeboten. Die CCW 2016 findet im Estrel Convention Center Berlin statt. www.ccw.eu

15. März 2016 D3con 2016 in Hamburg

Online-Display-Werbung ist das Thema der D3con, die im März kommenden Jahres zum sechsten Mal in Hamburg stattfindet. Angesprochen sind Ad-Networks, Vermarkter, Publisher / Seitenbetreiber, Werbungtreibende und Agenturen. Die Veranstaltung dient der Information, Diskussion und dem Networking. Das Programm stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. www.d3con.de

16 DIALOG MARKT

DIALOG SEPTEMBER 2015

Dienstleisterverzeichnis ADRESSEN/ ZIELGRUPPEN Adressen-Riek

Riek, direkt Marketing Industriestr. 10 61273 Wehrheim/Taunus www.riek-direkt.de [email protected] Kontakt: Udo Riek T 06081 96 77-101 Von der Adresse bis zum Versand alles aus einer Hand. Beratung mit jahrzehntelanger Kompetenz. Für postalische, telefonische oder Online-Akquise in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Implisense B2B Zielgruppen

Spiekermannstr. 31a 13189 Berlin www.implisense.com [email protected] Kontakt: Christian Brüseke T 030 4833-1284

Implisense bietet eine Big Data basierte Lösung, um die nächsten Kunden vorherzusagen. Ohne Kenntnisse im Data-Mining können Sie 2,2 Millionen Potenzialkunden scoren und Firmenprofile für Kampagnen exportieren. Kostenlose Testversion auf www.implisense.com.

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Gesellschaft für AdressenResearch Mengendamm 16 D 30177 Hannover www.interfon-adress.de [email protected] Kontakt: Sven Müller T 0511 606 7777-2 Selektieren Sie Ihre BtB-Zielgruppe aus mehr als 850.000 namentlichen Entscheidern der 2. Führungsebene aus über 25 Funktionen. 100% telefonisch erfasst und jährlich aktualisiert. Testen Sie uns und fordern Sie unverbindlich Musteradressen an!

Karl Trebbau GmbH

Schönhauser Str. 21 50968 Köln www.trebbau.com Kontakt: Silke Zierfuß T 0221 376 46-343 [email protected] Die Karl Trebbau GmbH ist eine Agentur für Direktmarketing mit 6 Kernkompetenzen: Listbroking, Datenverarbeitung, Media, Online, Lettershop und Printmanagement.

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Schober Direct Media GmbH + Co. KG

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Schober Direct Media ist ein Joint Venture der Schober Group und der Otto Group. Als Spezialist für Zielgruppenmarketing unterstützt sie werbetreibende Unternehmen mit Konsumentenadressen und Daten aus der Consumer MarketBase sowie analytischen Services.

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Apteco entwickelt Software für Datenanalyse und Marketing-Automation. Die Software FastStats® liefert Marketern zusätzliches Wissen aus ihren Daten mit Lösungen für Segmentierung, Data-Mining, Prognosemodelle, Kundenprofilierungen, Management für Multichannel-Kampagnen und Reporting.

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Max-Eyth-Str. 6-10 71254 Ditzingen www.schober-direct-media.de [email protected] Kontakt: Marco Gaspar T 07156 304-95 Schober Direct Media ist ein Joint Venture der Schober Group und der Otto Group. Als Spezialist für Zielgruppenmarketing unterstützt sie werbetreibende Unternehmen mit Konsumentenadressen und Daten aus der Consumer MarketBase sowie analytischen Services.

CUSTOMER SERVICES CALL & CARE

Agentur für KundenDialog GmbH Richardstr. 18 22081 Hamburg www.callandcare.com [email protected] Kontakt: Christa Braaß T 040 298 76-100 Wir übernehmen für Sie den Kundenservice. 360° über alle Kanäle. Und mit allem was dazugehört, wie Beschwerdemanagement, Ernährungsberatung, Social Media Management/Contents und Betreuung Ihres OnlineShops. Mit aussagekräftigen Analysen und Auswertungen.

DIRECT MAILS Karl Trebbau GmbH

Schönhauser Str. 21 50968 Köln www.trebbau.com Kontakt: Petra Baumgartner T 0221 376 46-322 [email protected] Die Karl Trebbau GmbH ist eine Agentur für Direktmarketing mit 6 Kernkompetenzen: Listbroking, Datenverarbeitung, Media, Online, Lettershop und Printmanagement.

DRUCKSERVICE

Agentur für KundenDialog GmbH Richardstr. 18 22081 Hamburg www.callandcare.com [email protected] Kontakt: Christa Braaß T 040 298 76-100

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KAMPAGNENMANAGEMENT Apteco GmbH

Kaiserstr. 35 60329 Frankfurt am Main www.apteco.de [email protected] Kontakt: Martin Clark T 069 25 66 97 0 – 0 Apteco entwickelt Software für Datenanalyse und Marketing-Automation. Die Software FastStats® liefert Marketern zusätzliches Wissen aus ihren Daten mit Lösungen für Segmentierung, Data-Mining, Prognosemodelle, Kundenprofilierungen, Management für Multichannel-Kampagnen und Reporting.

ONLINE/INTERNET DEPARTMENT OF INTERACTIVE DESIGN Gutleutstr. 100 Frankfurt am Main www.department-id.de [email protected] Kontakt: Ronny Schmid T 069 2578 1080

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