Brennpunkt – die neue Mitte!
March 5, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Der Jahres-Branchenkongress „Living 2006“ am 18./19. Oktober in Wiesbaden:
Brennpunkt – die neue Mitte! Im Dorint Sofitel stand die Profilierung im Kampf um die neue Mitte im Fokus. Dass der Strukturwandel an Dynamik gewinnt, belegen die Bilanz des vom B + P Management Forum organisierten – und vom MÖBELMARKT als Medienpartner begleiteten – Kongresses, aber auch die Berichte über den Umbruch im Distanzhandel und die neuen Wege von Quelle, Finke und Ostermann im Anschluss. Von Gerald Schultheiß.
Welche Formate setzen sich durch? Bei der von MÖBELMARKT-Chefredakteur Helmut Merkel (im Foto links, Vorsitzender des ersten Kongresstages) moderierten Podiumsdiskussion, vertrat der Garant-Vorstandsvorsitzende Franz Hampel (r.) die Ansicht, dass jeder mit Profil auch künftig seine Daseinsberechtigung haben werde. Es gebe wieder einen Trend zum Fachhandel, Standort-Cluster gewännen an Bedeutung, Wohnkaufhäuser würden an Spezialisten vermieten. Auch Peter Pohlmann (2.v.l.), Gesellschafter der Poco-Holding, sieht trotz anhaltendem Flächenwachstum Chancen für profilierte Konzepte. Wohnkaufhäuser würden zu Wohnboulevards und damit ihre Berechtigung behalten. „Der Handel muss kooperieren, statt kopieren“, so Pohlmann. „Wir brauchen die Kreativität, in der Mitte neue Impulse hervorzubringen“, so Rolf Demuth (2.v.r), Vorsitzender des Schieder-Beirats. Der Handel habe so viele Ideen zu produzieren, wie H & M und Zara.
„Raus aus der toten Mitte!“ hatte der „Living“-Kongress 2005 eindringlich appelliert. Unter dem Motto „Möbelhandel von morgen – Neue Strategien für eine Branche im Aufwind!“ stand nun der Kampf um diese sich neu formierende Mitte im Brennpunkt. Trotz hochkarätiger Beiträge fehlte besonders das Thema E-Commerce,
Pseudo-Discount wird im Möbelhandel strukturbestimmend 100% 90%
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0% 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Luxus
Gehobener Bedarf
Mitte
Pseudo-Discount
Discount
(Quelle: BBE Unternehmensberatung) 16
MÖBELMARKT 11/2006
wie auch unter den über 150 Teilnehmern der große Verlierer – der Fachhandel in der tot gesagten Mitte – kaum präsent war. Bei seinem Desinteresse an neuen Impulsen erschien das Fazit des „BBE-Handelsszenario 2006: (Möbel-) Handel zwischen Luxus und Discount“, präsentiert von Trendspezialist Ulrich Eggert (1), konsequent: „Der Strukturwandel gewinnt an Dynamik, die Mitte, gerade der Fachhandel, verliert mangels Profil entscheidend“. Kunden orientierten sich oben oder unten, preisorientierte Formate legten zu, der gehobene Bereich wachse kaum (Grafik). Gewinner seien Großfilialisten, Fachmärkte, Discounter und neue Formate.
1) Eggert Pseudo-Discounter wie H & M und Zara definierten mit niedrigen Preisen, Lifestyle und Lebensgefühl zunehmend die neue Mitte. So sei Ikea als Pseudo-Discounter
2) Jungbluth erfolgreicher, als Discounter. Bis 2015 wachse der Markt kaum, Discount und Pseudo-Discount könnten über 50% des Marktes erobern. Der Fachhandel müsse Erlebnishandel werden, sein Produkt und Konzept zum „Want“. „Der Preis ist ein heißes Eisen und wird es bleiben“, so Eggert. Eines der „11 Geheimnisse des Ikea-Erfolgs“ sind laut Buch-Autor Rüdiger Jungbluth (2) ständige Preissenkungen, u. a. durch differenzierte Qualität im Produkt, Verpackung, unkonventionelle Lieferantensuche und Bestseller. Zweiter Faktor seien die nun vier BasisStile, dritter der „Bullerbü“-Faktor: Ikea sei Schweden. Der „Inbus“Faktor besage, dass der Kunde 80% der Arbeit mache und sich nützlich fühle. Der „Bibel“-Faktor beziehe sich u. a. auf die lange Aufbewahrungszeit des Katalogs, der „Hot-Dog“-Faktor auf Atem raubende Preise; zehn „Hot-Dog“Produkte pro Jahr seien vorgegeben. Der „Emtaryd“-Faktor benenne, dass sich Ikea als Wertegemeinschaft für eine bessere Gesellschaft verstehe, der „Ingvar“Faktor die Skepsis gegenüber Regeln zugunsten kreativer Lösungen. Der „Rattan“-Faktor impliziere, dass Ikea geschickt wie kaum ein anderer bei der Beschaffung auf der Globalisierungswelle surfe, der „Paradies“-Faktor, dass der Konzern durch internationale Organisation und Transaktionen Weltmeister im Steuersparen sei und der „Teflon“-Faktor, dass er schnell auf Kritik reagiere. Laut Wang Mingliang (3), Vice President der China National Furniture Association und Inhaber der ExpoCasa Furniture Co. Ltd., wird die Möbelproduktion in China bis 2010 auf 80 Mrd. US$ weiter ra-
sant steigen und bei steigenden Preisen zunehmend auf Qualität fokussieren. Der Export sei im 1. Halbjahr um 29% auf 8,44 Mrd. US$ gestiegen, wobei 61,7% auf das Konto ausländischer Investoren gingen. Der Import habe um 33,2% auf 400 Mio. zugelegt. Da die Kaufkraft rasant steige, gebe es einen wachsenden Markt für Möbel aus Europa. Jedoch hätten die Europäer zu lange Lieferzeiten und seien zu teurer. „Sie sind zu klein, passen sich zu langsam an die sich wandelnden Märkte an und verlieren langsam an Wettbewerbsfähigkeit“, so Wang. Daher sollten Europa und China für den Weltmarkt kooperieren: Marke, Design, Management und Marketing aus Europa – Made in China, könne die Formel lauten. Wie Versender Quelle mit einer neuen Eigenmarkenstrategie seine milliardenschwere Category Wohnen „mittig“ profilieren will, umriss Senior Category Manager Dr. Jens Kirchner in seinem Vortrag und ausführlich in einem vorausgegangenen Exklusiv-Interview im MÖBELMARKT (s. S. 22 - 24). Dass man erfolgreich auf die Polarisierung zwischen Luxus und Discount reagieren kann, erläuterten Valérie Parenty und Timothée Jonglez von der französischen Design-Agentur Saguez & Partners anhand deren Luxus- und Lifestyle-Konzept für Lafayette Maison (MÖBELMARKT 4/06). Dass das auch für DIY und Wohnbaumärkte gilt, zeigten sie anhand des Konzeptes für das neue „BHV Deco“-Flagship Bordeaux – hier sei eine einzigartige Atmosphäre kreiert worden, die konsistent alle Firmenaspekte einbeziehe. „Man kann sich in der Nische als Alternative zu Fachhandel und
Großfläche etablieren“, bewies Vorstandsvorsitzender Lutz Reinhardt (4) anhand des Konzeptes von MAM Limited mit 34 deutschen und einer Schweizer Filiale.
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bor & Hubor einen Eventkalender mit einem Mix lifestyleorientierter Freiteitbeschäftigung, drei Hausfeste inklusive. „Der Erfolg liegt in der Konsequenz und Konstanz der Aktionen“, so Hubor. VME-Hauptgeschäftsführer Günther Böhme (6) prangerte als ZGV-Fachgruppen-Sprecher an, dass die Verbundgruppen ihrem
4) Reinhardt Markenmöbel würden 30 bis 70% unter Listenpreis angeboten – mit echtem Spargrund: Verkauft würden nur Messemodelle, Prototypen und Sonderserien, daher sei die Auswahl limitiert. Die Filialstruktur baue auf kleine Einheiten von 500 bis 2.000 qm, Fabrikverkauf mit Outlet-Flair und abgelegene Standorte. Mit vier Neueröffnungen pro Jahr wolle MAM bis 2015 im deutschsprachigen Raum flächendeckend präsent sein. Kornelia Deppen von Bergjans erläuterte, wie der GfM-Trend-Gesellschafter Möbel- und Immobilienvermarktung durch Integration von Musterhäusern verknüpft hat (MÖBELMARKT 11/05). Der Möbelumsatz sei um 25% gestiegen, derzeit werde das Ganze als Franchise-System entwickelt.
6) Böhme Satzungsauftrag der Mittelstandsförderung, wegen dem sie vom Kartellverbot befreit seien, nicht mehr nachkämen. Denn wo Gegner des Mittelstands wie Lutz, Segmüller, Roller oder Poco auch „Mittelstand“ seien, stimme etwas nicht. Dabei wäre in Deutschland ohne Verbände schon ein so oligopolistischer Markt entstanden, wie in Österreich.
7) Stumpf
5) Hubor
3) Wang
Willi Hubor (5) erläuterte, was ein Einrichtungshaus mit kreativen Kundenbindungs-Konzepten anders machen kann. So bietet Hu-
Da Mittelstand kaum wahrgenommen werde, riet Joachim Stumpf (7), Geschäftsleiter BBE Handelsberatung München, zur Clusterbildung an Top-Standorten wie Wohnboulevards wie dem DomusKonzept, das nach Deutschland will (MÖBELMARKT 4/06), Ikeas Furniture Competence Center (FCC), Stilwerk oder im Wohnkaufhaus-Umfeld. Letztere oder Ikea MÖBELMARKT 11/2006
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würden 97% der Verbraucher kennen, den Mittelständler in schlechterer Lage nur 36% und weniger. Durch Koppelungskäufe mit Ikea könne er die Tagesfrequenz von 70 Besuchern ohne Eigenwerbung auf 400 vervielfachen, schrecke
8) Titze
aber vor Mietkosten zurück. Cluster böten große Chancen, die aber eher von Wohnkaufhaus-Betreibern genutzt würden. Eben dies bewies Holding-Gesellschafter Peter Pohlmann bei der Vorstellung des ständig fortent-
9) Hüls
10) Ruckriegl
wickelten Konzeptes von Poco (MÖBELMARKT 6/06): Als Spezialist, der nur über Discount nachdenke, sei Poco der ideale Standortpartner für Wohnkaufhäuser. Laut FENA-Präsident Denis Heylen ist der Roll-out des Branchen-
11) Renz
portals FENAnet, das Geschäftskontakte zwischen kleinen und großen Herstellern und Händlern in ganz Europa fördern soll, hierzulande sehr erfolgreich. Nach Union und Begros seien auch VME und Atlas an Bord (ausführl. s. S. 37). ❍
12) Schulte-Hillen
8) Führte durch die Fachkonferenz „Strategien für mehr Erfolg im Möbelhandel“: Unternehmensberater Winfried Titze. Sein Fazit: Um zu überleben, muss man bestehende Chancen nutzen. 9 + 10 ) Ludger Hüls (9), Hüls – die Einrichtung, Bruno Ruckriegl, Leiter Vertrieb/Marketing der LGA, stellten am Beispiel des Fürther Marken-Studios Servicequalität als Differenzierungs-Faktor heraus (MÖBELMARKT 12/05, S. 26). 11) „Die Branche braucht Fusionen“, so das Fazit von Dr. Timo Renz, Bereichsleiter Wieselhuber & Partner, aufgrund der Studie „Future Index“ zur Zukunftsfähigkeit der deutschen Möbelindustrie. 12) Stellte wieder innovative Handelskonzepte rund um den Globus vor: Wolf Jochen Schulte-Hillen, SHSelection.
13) Wadsack
14) Schmode
15) Bojarra
16) Kuhlmann
17) Deppe
13 ) Wilfried Wadsack, Marketing + PR Wadsack, leitete die GS1 Germany-Session „Prozesse optimieren – Die Zukunft beginnt!“ 14) EDI-Quote von 20% in 2005 auf 33,3% im 3. Quartal gesteigert: Dirk Schmode, EDI-Koordinator Schieder. 15) „Best-Practice“-Beispiel für Geschäftsprozesse: Uwe Bojarra (Foto), Leiter IT Nolte Küchen, Hermann Balke, FurniTec (o. Foto). 16) Frank Kuhlmann, Leiter Forschung & Entwicklung EPC bei GS1, zeigte die Potenziale von RFID/EPC für die Branche auf, Jürgen Schade (o. Foto), Bereichsleiter EAN bei GS1, wie die Branche effizienter werden kann. 17) „Preis versus Service“: Sebastian Deppe, Leiter Living BBE München, sprach zu Überlebensstrategien für Vollsortimenter. 18) Laut Valuecom-Chef Peter Gröndahl, Leiter der Fachkonferenz „Kommunikation und Marken“, stehen Wohnkaufhäuser nur für Größe, während Ikeas Markenbildungs- und Kundenbindungsstrategie auch alle anderen Markenfelder abdecke. 19) „Sehen – greifen – kaufen“ ist laut Heike Fuhrmann, Produktmanagerin Visual Merchandising Akademie Handel, die „goldene Regel“ zur Emotionalisierung der Fachsortimente. 20) Theo Lemm, Lemm Kommunikation, warb für innovative Wege in der Werbung. 21) Nicolette Naumann, Bereichsleiterin Konsumgütermessen Messe Frankfurt, stellte Trends von morgen vor. 22) Hermes-Geschäftsführer Michael Dildey zeigte an der Zusammenarbeit mit Ikea den Erfolgsfaktor Logistik auf.
18) Gröndahl
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19) Fuhrmann
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20) Lemm
21) Naumann
22) Dildey
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