2013-01 AAA Anlegerschutzbrief

March 7, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
Share Embed


Short Description

Download 2013-01 AAA Anlegerschutzbrief...

Description

ANLEGERSCHUTZBRIEF 1/2013 Ausgabe

Dichtung oder Wahrheit? Die Hintergründe der MHF-Delbrück  Film Produktion Fonds

WEITERE THEMEN    Zertifikate – Wenn die Bank gegen ihre Kunden zockt Freud und Leid des Kick-back-Klägers Wie geht es bei Schiffsfonds weiter? Was kann der AAA tun?

Anlegerschutzbrief 01_2013

inhalt Impressum

2

Vorwort und Überblick über die aktuellen Entwicklungen von Thomas Lippert

3

Zertifikate – Wenn die Bank gegen ihre Kunden zockt von Dr. Wolfgang Schirp

7

Dichtung oder Wahrheit? Die Hintergründe der MHF-Delbrück Film Produktion Fonds (Academy Filmfonds oder auch Delfi-Fonds genannt)

12

von Kerstin Kondert Freud und Leid des Kick-back-Klägers von Tibet Neusel

19

Wie geht es bei Schiffsfonds weiter? Was kann der AAA tun? von Thomas Lippert

22

David gegen Goliath Bundesgerichtshof entscheidet über Auskunftsansprüche von Anlegern von Anne Wenzelewski

25

Verjährung von Ansprüchen aus „SWAP-Geschäften“ im Zusammenhang mit Darlehensverträgen nach alter Rechtslage von Sabine Haselbauer

26

Das Letzte von Tibet Neusel

28

1

Anlegerschutzbrief 01_2013

IMPRESSUM Anschrift: Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V., Heerstraße 2, 14052 Berlin Internet: www.aktionsbund.de E-Mail: [email protected] Herausgeber: Thomas Lippert, Heerstraße 2, 14052 Berlin Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Tibet Neusel Layout, Satz und Druck: Jörn Dieckmann, Köllen Druck + Verlag Bonn/Berlin · Fotonachweise Inhalt: Alle hier genannten Fotos via Fotolia.com: S. 4 © eyewave, S. 7 © imageteam, S. 8 © Mr. Fu, S. 9 © xearb, S. 12-13 © typomaniac, S. 18 © typomaniac , S. 20 © Thomas Reimer, S. 21 © psdesign1, S. 23 © pro motion pic, S. 24 © Dmitriy Osminskiy, S. 25 © fotomek, S. 26 © Marima

2

Anlegerschutzbrief 01_2013

Berlin, März 2013

Liebes Vereinsmitglied, liebe Leserin, lieber Leser, ich freue mich, Ihnen die erste Ausgabe des Anlegerschutzbriefes des Jahres 2013 übersenden zu können. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. (AAA), gegründet in 2002, ist mit ca. 3.500 Mitgliedern der mitgliederstärkste Anlegerschutzverein im Bereich geschlossener Fonds in Deutschland. Unsere Mitglieder sind an über 2.700 verschiedenen geschlossenen Fonds mit einem Gesamteigenkapital von über 1 Milliarde Euro beteiligt. Der Schwerpunkt liegt im Bereich der Immobilien-, Medien- und Schiffsinvestitionen. Darüber hinaus sind Beteiligungen an Lebensversicherungsfonds, Windanlagen, Solarparks, Flugzeugen, Zügen, Patenten und sonstigen Wirtschaftsgütern gelistet. Interessensbündelung – BGH bestätigt Adress­ herausgabe Geschlossene Fonds bündeln als Kapitalsammelstellen das Kapital einer Gruppe von Anlegern, um gemeinsam ein großes Investitionsvorhaben zu finanzieren, das einzelne Anleger alleine nicht stemmen können. Mit dem Erwerb einer Fondsbeteiligung wird der Anleger steuerlich und haftungsrechtlich zum Mitunternehmer. Es gibt Fonds mit zwei Gesellschaftern, aber auch Fonds mit über 7.000 Anlegern. In der Regel kennen sich die Anleger untereinander nicht, treffen ihre Entscheidungen ohne vorherige Rücksprache mit ihren Mitgesellschaftern und verlassen sich bei Beschlussfassungen zum Fonds auf die Empfehlungen der Geschäftsführung oder der Treuhandgesellschaft, über die sie sich beteiligt haben und die in wenigen Ausnahmefällen eine Tochtergesellschaft des Emissionshauses ist. Die Treuhandgesellschaft hält in der Regel für die überwiegende Mehrheit der Anleger die Beteiligung treuhänderisch, übt die Stimmrechte aus und ist im Handelsregister eingetragen. Laut Gesellschaftsvertrag sind bestimmte Mitwir­kungsrechte der Anleger nur durchsetzbar, wenn ein bestimmtes Quorum zusammenkommt. Nur die Anleger, die als Direkt­kom­manditisten im öffent­ lich zugänglichen Handelsregister persönlich eingetragen sind, können untereinander Kontakt aufnehmen und so eine noch größere Interessensbündelung erzeugen. Eine Gesamtbündelung ist allerdings nur mög-

lich, wenn ein Anleger alle seine Mitgesellschafter kennt. Mit zwei Urteilen vom 5. Februar 2013 hat der II. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) nunmehr über eine wichtige Frage entschieden, die bisher nicht höchstrichterlich geklärt war. Können Anleger einer Publikumsgesellschaft verlangen, dass ihnen die Adressen der übrigen Treuhandgesellschafter mitgeteilt werden? Die Fondsgesellschaften bzw. die Treuhandgesellschaften haben die Herausgabe bisher oftmals verweigert, indem sie sich auf ein schützenswertes Interesse der anderen Treugeber an ihrer Anonymität beriefen. Ob es den Initiatoren tatsächlich so wichtig ist, die Anonymität ihrer Anleger zu schützen, sei einmal dahingestellt. Nahe liegt, dass die Initiatoren vor allem verhindern wollen, dass die Anlegerseite zu stark wird, was passieren kann, wenn der Kontakt untereinander ermöglicht wird.

Thomas Lippert Diplom-Kaufmann (FH)

Vorstandsvorsitzender des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. und geschäftsführender Gesellschafter der Aktionsbund Service GmbH Ausbildung Berufsausbildung zum Bankkaufmann; berufsbegleitendes Studium BWL Schwerpunkt Banken mit Spezialisierung

Der BGH hat nunmehr die vom Oberlandesgericht München vertretene Auffassung be­ stätigt, dass Anleger, die über eine Treuhand­ kommanditistin an einer Fonds­gesellschaft beteiligt sind, einen Anspruch auf Preisgabe der Identität ihrer Mitgesellschafter haben. Die Verfahren, die nun zu einer wesentlichen Stärkung der Anlegerrechte geführt haben, wurden von der Kanzlei Schirp SchmidtMorsbach Neusel in Zusammenarbeit mit dem Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. geführt.

Immobilienmanagement Berufliches Seit 2001 in der Banken- und Immobilienbranche tätig; Schwerpunkte in der Durchführung von Risikoanalysen; Engagementführung im Kreditgeschäft und ganzheitliche Beratung für Geschäftsund Firmenkunden; seit 2005 für den AAA tätig; persönliche und telefonische Mitgliederberatung, Vertretung auf Gesellschafterversammlungen und Übernahme zahlreicher Beiratsmandate

Anwaltsrundschreiben an Anleger geschlos­ sener Fonds – Hilfe oder mehr Probleme?! Wie bereits beschrieben ist die Kontaktaufnahme der Anleger untereinander der einzige Weg, um in größeren Fonds so viele Anlegerstimmen zu bündeln, dass sie zusammen eine Stimmenmacht ergeben und etwas ausrichten können. Dieser Weg ist jetzt geöffnet. Anleger, die alleine nicht über die Logistik verfügen, ihre Mitgesellschafter zu kontaktieren, finden Unterstützung durch den AAA: Wir stellen logistische und inhaltliche Hilfe zur Verfügung und schreiben auch ggf. unsererseits die Anleger an.

geschlossener Immobilienfonds Kontakt Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Heerstraße 2 14052 Berlin Tel.: 0 30 3 15 19 34-­0 Fax: 0 30 3 15 19 34-20 E­Mail: [email protected] www.aktionsbund.de

Es ist damit zu rechnen, dass Sie künftig auch Post von Dritten bekommen, die sich der 3

Anlegerschutzbrief 01_2013

BGH-Entscheidung bedienen, um Anleger anzuschreiben. Möglicherweise machen sich aber nicht alle, die Ihnen eine Interessenvertretung (die sich i.d.R. irgendwann als kostenpflichtig entpuppt) anbieten, auch die Mühe, sich inhaltlich mit den Fondsbeteiligungen zu befassen. Die Entscheidung hat also auch Nachteile, weil Sie mit mehr unerbetener und oftmals wenig hilfreicher Post rechnen müssen. Wir denken jedoch, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen. Sie können die Spreu vom Weizen trennen, ­indem Sie darauf achten, wie konkret die Aussagen zu den jeweiligen Fonds in den ­Anschreiben sind und ob es sich nur um Pauschalaussagen handelt, die auf eine Vielzahl von anderen Beteiligungen ebenfalls zutreffen können. Briefe der letzteren Art können Sie ohne Bedenken gleich in den Papierkorb werfen. Ein paar besonders schöne Beispiele möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Mit Schreiben vom 26. Februar 2013 schreibt eine Anwaltskanzlei mit Standorten in Bremen, Erfurt und Kiel Anleger des DS-Rendite-Fonds Nr. 66 (Rohöltanker) an und lädt zu einer nichtöffentlichen Informationsveranstaltung am 7. März 2013 mit dem Ziel ein, das Anlegerkapital zu retten. Das ist allerdings nicht nötig. Denn der Fonds befindet sich seit 2005 mit dem Schiffsverkauf in der Abwicklung. Laut Leistungsbilanz der Dr. ­Peters Gruppe wurden über 137 % an die Anleger ausgeschüttet. Das kumulierte Betriebsergebnis lag über den Prospektannahmen. Was soll man retten, wenn man schon alles bekommen hat?

Schön sind auch die an Anleger versandten Anwaltsrundschreiben nebst umfangreichem Fragebogen mit der Bitte, diesen ausgefüllt zurückzusenden. Anleger des HCI Shipping Select 26 wurden mit Schreiben 4

vom 28. Dezember 2012 von einer Kanzlei aus Tübingen angeschrieben. In diesem ­Schreiben geht es ausschließlich um KickBack-Zahlungen. Es heißt im letzten Absatz: „Als Anlage überreichen wir Ihnen einen Frage­ bogen. Wenn Sie diesen ausgefüllt an uns zu­ rücksenden, verbessern Sie u.U. entscheidend die Erfolgsaussichten unserer ­Mandanten. Es ist davon auszugehen, dass der beratenden Bank anhand gesammelter Ver­­­triebsin­­for­ma­ tio­nen ein Fehlverhalten besser nachzuweisen ist. Irgend­ welche Verpflichtungen gehen Sie mit der Rücksendung des Fragebogens selbst­ verständlich nicht ein.“ Sieht so eine Hilfestellung für alle Anleger des HCI Shipping Select 26 aus? Was bringt Ihnen das Ausfüllen des Fragebogens? Noch ein Fall: Auch den Anlegern des HCI Shipping Select XVI wurde Anfang Februar 2013 ein Anwaltsrundschreiben einer Kanzlei aus Berlin zugestellt. Das Schreiben enthielt Empfehlungen, die unpräzise und weder für uns noch für die uns beratenden Spezialisten nachvollziehbar waren. Ich wollte prüfen, ob an den Empfehlungen etwas dran ist. Meiner Bitte um Rückruf kamen die Anwälte bis heute nicht nach. Besonders geglückt ist außerdem folgende Analyse auf der Internetseite einer anderen Anwaltskanzlei aus Heidelberg, ebenfalls zum HCI Shipping Select XVI: „Wir haben bei einer Analyse der Beratungen insbesondere fol­ gende Mängel festgestellt: Starke Schwankun­ gen der Charterraten nach Auslaufen von Fest­ charterzeiten möglich – verschwiegen.“ Auf Seite 25 des Prospektes steht allerdings bei den Risiken unter der Überschrift „Charter­ einnahmen“: „Nach Ablauf der achtjährigen Erstcharter werden die Schiffe wahrscheinlich auf kurzfristige Reisecharterbasis beschäftigt. Hierbei können die erzielbaren Charterraten starken Schwankungen unterliegen.“ Ein schö­ ­nes Beispiel, wie eine Prospektanalyse nicht durchgeführt wird. Leiten Sie uns auch bitte zukünftig solche Rundschreiben zur Kenntnisnahme und Prüfung weiter. Sie können (sofern Sie sich die Zeit nehmen wollen) auch selbst zum Telefonhörer greifen und beim Absender anrufen. Hier werden Sie sehr häufig feststellen, dass Sie entweder nicht zurückgerufen werden oder Ihr Ansprechpartner über keine inhalt­ lichen Kenntnisse Ihrer Beteiligung verfügt. Ob dies vertrauensbildende Maßnahmen sind, beurteilen Sie bitte selbst. Da die Zahl der unseriösen Ansprachen so stark ansteigt, erwägen wir, ob wir in Zukunft gegen nachweislich unseriöse Marktteilnehmer vorgehen wollen.

Anlegerschutzbrief 01_2013

Was wir immer wieder gefragt werden: ­Warum ist eine AAA-Mitgliedschaft sinnvoll? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist – zumindest bei Fondsbeteiligungen meist – besser! Als Investor sollten Sie Vertragspartner haben, denen Sie vertrauen können. Nach unseren Erfahrungen ist das jedoch Wunschdenken. Auch für Initiatoren gilt: Jeder denkt an sich, nur ich denk’ an mich. Wenn Sie nicht wollen, dass Ihre Fondsbeteiligungen nach den Interessen Dritter verwaltet werden, müssen Sie sich kümmern. Wenn Sie dies nicht wollen oder können, übertragen Sie diese wichtige Aufgabe auf einen Dritten, der sich kümmern kann und will: dem Aktionsbund Aktiver An­legerschutz e. V. Wir sind unabhängig von Emissionshäusern und Vertriebs­ gesellschaften und verfügen über langjährige Erfahrungen mit geschlossenen Fonds und der Branche. Was tun wir die ganze Zeit? Wir bündeln Anlegerinteressen, vertreten Sie kostenfrei auf Präsenzgesellschafter­ versammlungen und geben Ihnen Abstim­ mungs­empfehlungen für schriftliche Um­ lauf­­­verfahren. Hierzu prüfen wir die Ein­la­­dungs­unterlagen nebst Anlagen (Geschäftsbericht, Jah­resabschluss, etc.), um uns ein umfassendes Bild über die Beteiligung zu verschaffen (die Unterlagen müssen Sie uns allerdings zur Verfügung stellen, denn die Ini­tiatoren tun dies in aller Regel freiwillig nicht). In den ersten Jahren läuft eine Beteiligung oftmals prospektgemäß: Ausschüttungen werden fristgerecht gezahlt und das Informationsverlangen des Anlegers bleibt überschaubar. Probleme treten meist zu späteren Zeitpunkten auf (es gibt natürlich auch hier Ausnahmen). Manchmal können sie sogar vorhergesagt werden. Wir beobachten für Sie nicht nur Ihre Beteiligung, sondern beschäftigen uns selbstverständlich auch mit dem gesamten Marktumfeld. Bei einer Vielzahl von Immobilienfonds des sozialen und geförderten Wohnungsbaus in Berlin habe ich in den vergangenen Jahren darüber hinaus Beiratsmandate übernommen. Das Gesamt­ eigenkapital dieser Fonds beträgt über 100 Mio. Euro, die vermietete Wohnfläche ca. 90.000 m2. Auf mehr als 150 Gesellschafterversammlungen p.a. sind die Mitarbeiter des AAA persönlich anwesend und vertreten die Stimmrechte der Vereinsmitglieder. Wir prüfen Sanierungs- und Fortführungskonzepte und sprechen Handlungsempfehlungen aus. Seit vielen Jahren begleiten wir Sanierungskonzepte im Bereich der Immobi-

lienfonds mit persönlicher Haftung der Anleger (GbR- und OHG-Gesellschaften) und bemühen uns um Schadensbegrenzung. Auch dies verstehen wir unter Anlegerschutz. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob ein Immobilienfonds mit hohem Beitrag der Anleger (z. B. 80 % des Eigenkapitals) saniert werden kann oder die finanzierenden Banken die Darlehen fällig stellen und alle Anleger persönlich auf über 250 %, bezogen auf das Eigenkapital, in Anspruch nehmen. Leider gibt es auch diese Fälle.

Es kommt hin und wieder vor, dass Ihnen ein Kauf- und Übertragungsangebot für Ihre Beteiligung unterbreitet wird. Wir prüfen die Seriosität des Vertragspartners und geben Ihnen auch hierzu eine Handlungsempfehlung unter Berücksichtigung Ihrer individuellen Situation. Bezüglich der bereits erwähnten Anwaltsrundschreiben ­sowie Rundschreiben anderer An­le­ger­schutz­organisationen erlaube ich mir an dieser Stelle noch einen Kommentar. Wir werden häufig gefragt, ob es sinnvoll ist, eine Anwaltskanzlei für die Vertretung zu mandatieren, ob abgewartet werden soll und ob Aussichten auf Erfolg bestehen. Bei acht von zehn Anfragen raten wir eher von einer Mandatierung für ein Klageverfahren ab bzw. empfehlen abzuwarten, sofern die Ansprüche nicht kurzfristig verjährungsbedroht sind. Warum ist dies so? Es bringt Ihnen leider überhaupt nichts, wenn Sie einen tollen inhaltlichen Ansatz haben, jedoch einen bonitätsschwachen Anspruchsgegner (Vertragspartner), der im Falle eines positiven Prozessausgangs nicht bezahlen kann. Zunächst ist also zu prüfen, gegen wen sich mögliche Schadensersatzansprüche richten können. Welche Unternehmen sind dies? Gibt es sie heute noch und wenn ja, welche Funktion nehmen sie innerhalb des Emis­ sionshauses wahr? Handelt es sich um eine Bankentochter oder ein börsennotiertes ­Unternehmen oder um eine 25.000 EuroGmbH, die ausschließlich als Gründungs­ gesellschafterin für diese Beteiligung fun­ gier­te? Der AAA prüft genau diese Punkte als erstes. Können wir die Bonitätsfrage in Ihrem Sinne beantworten, so begeben wir uns 5

Anlegerschutzbrief 01_2013

auf die ­Suche nach einem inhaltlichen Ansatz. Es kommt durchaus vor, dass wir mehrere Wochen einen Fondsprospekt komplett „auseinandernehmen“, Hintergründe recherchieren, Berechnungen erstellen und am Ende feststellen müssen, dass der Prospekt gut gemacht wurde und keine Ansätze für eine Prospekthaftung vorhanden sind. In diesen Fällen empfehlen wir Ihnen die Mandatierung einer Anwaltskanzlei auch nicht. Auch dies versteht der AAA unter Anlegerschutz. Sollten allerdings Ansätze vorhanden sein, die unserer Auffassung nach und nach Rücksprache mit den uns beratenden Anwälten ausreichen, um eine Schadensersatz­ klage gewinnen zu können, so versuchen wir, die Interessen zu bündeln und empfehlen ein gemeinsames Vorgehen. In der Vergangenheit ist es uns in Zusammenarbeit mit unseren Partneranwälten mehrfach gelungen, bereits in außergerichtlichen Gesprächen Lösungen zu verhandeln und auf diesem Wege einen Mehrwert für unsere Mitglieder zu erreichen. Kommen wir an diesem Punkt nicht weiter, so empfehlen wir die Mandatierung einer Anwaltskanzlei, die in der Regel für AAA-Mitglieder einen Nachlass auf die eigenen Anwaltshonorare in Höhe von 20 % gewährt. Je nach Beteiligungshöhe kann der Rabatt ein Vielfaches des jährlichen AAAMitgliedsbeitrages in Höhe von 240 Euro sein. Zudem ist der AAA-Beitrag im Rahmen der Sonderwerbungskosten/Sonderbetriebsausgaben Ihrer Fondsbeteiligungen steuerlich absetzbar.

Der AAA bündelt ­An­legerinteressen, vertritt Verbraucher kostenfrei auf Präsenzgesell­ schafterversamm­ lungen und gibt ihnen Abstim­mungs­empfeh­ lungen für schriftliche ­Um­lauf­­­verfahren. 6

VGF (Verband Geschlossene Fonds e. V.) Summit 2013 Am 5. und 6. Februar 2013 fand der VGF Summit 2013 in Frankfurt statt. Auf der Internetseite des VGF heißt es: „Der Verband Geschlossene Fonds e. V. ist die Interessenver­ tretung der Anbieter geschlossener Fonds in Deutschland. Wir informieren Politik, Medien und Anleger aktiv und transparent über die Vermögensanlage Geschlossene Fonds. Zudem engagieren wir uns im Dialog mit dem Gesetz­ geber für langfristig stabile wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Rahmenbedingun­ gen für geschlossene Fonds. Davon profitieren sowohl Anleger als auch Anbieter geschlosse­ ner Fonds. Derzeit vertritt der VGF insgesamt 59 Mitglieder, darunter 37 Anbieter geschlos­ sener Fonds und 22 Fördermitglieder. Die im Verband organisierten Anbieter verwalten zu­ sammen ein Investitionsvolumen von rund 130 Mrd. Euro. Bezogen auf den Gesamtmarkt in Deutschland mit einem verwalteten Fonds­ volumen von 195 Mrd. Euro repräsentiert der VGF damit mehr als 66 Prozent des Marktes geschlossener Fonds. Die Mitglieder des Ver­

bands haben im Jahr 2012 Fonds mit einem Volumen von rund 5,09 Mrd. Euro aufgelegt. Bezogen auf das Gesamtemissionsvolumen von 7,3 Mrd. Euro entspricht dies einem Anteil von 70 Prozent.“ Sieht man sich diese Zahlen einmal an, wird auf jeden Fall eines deutlich: Die Interessen der Initiatoren werden schon offenkundig stärker gebündelt als die der Anleger. Das Fondsvolumen betrug in 2012 insgesamt 7,38 Mrd. Euro. Davon investierten Anleger 4,5 Mrd. Euro Eigenkapital (61 %) und 2,88 Mrd. Euro (39 %) wurden fremdfinanziert. Zum Vergleich: 2005 wurden über 11 Mrd. Euro bei einem Gesamtfondsvolumen von mehr als 21 Mrd. Euro platziert. Das investierte Eigenkapital floss in erster Linie in Immobilienfonds im In- und Ausland sowie in Energiefonds. Ca. 59 % des Eigenkapitals wurde von Freien Vertrieben (26 %) und Banken (33 %) platziert. Für den AAA gibt es also auch in den nächsten Jahren viel zu tun! Medienfonds der KGAL und Hannover Leasing In der letzten Ausgabe des Anlegerschutzbriefes habe ich ausgeführt, dass wir hoffen, im 1. Quartal 2013 zu einer Gesamtlösung zu kommen. Unsere Mitglieder, die an Medienfonds der KGAL und der Hannover Leasing beteiligt sind und die Kanzlei Schirp SchmidtMorsbach Neusel mandatiert haben, haben mittlerweile aus unserer Sicht erfreuliche Post erhalten. Bitte haben Sie auch zum jetzigen Zeitpunkt Verständnis dafür, dass aufgrund der Stillschweigensvereinbarung keine näheren Ausführungen vorgenommen werden können. Ich danke allen Vereinsmitgliedern für das entgegengebrachte Vertrauen und sende anlegerschutzfreundliche Grüße!

Ihr Thomas Lippert Vorstandsvorsitzender Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.

Anlegerschutzbrief 01_2013

von Dr. Wolfgang Schirp

Zertifikate – wenn die Bank gegen ihre Kunden zockt

I

n den Jahren 2006 bis 2008 waren Zertifikate schon einmal der „Renner“ in den Beratungsgesprächen der Banken. Dann brachen im Jahre 2008 die Börsen ein; viele dieser Zertifikate rissen böse Löcher in das Vermögen der Anleger. Vermeintliche Sicherheitspuffer erwiesen sich als nutzlos und halfen den Anlegern nicht. Angesichts dieser negativen Erfahrungen ist es umso erstaunlicher, dass Zertifikate wieder auf dem Vormarsch sind. An der Grundproblematik dieser Produkte hat sich nämlich nichts geändert: Es handelt sich um Wetten, die die Bank gegen ihren Kunden abschließt. Und da die Bank in diesem Spiel der Profi ist und der Kunde der Laie, überrascht es nicht, dass die Bank meistens gewinnt. Grund genug, die Tricks der Banken und die Qualität ihrer „Kunden­beratung“ näher zu beleuchten.

Was Zertifikate sind Zertifikate sind, juristisch betrachtet, sogenannte „Schuldverschreibungen“: Der Emittent des Zertifikates verspricht dem Vertragspartner – also dem Verbraucher, der das Zer­ti­fi­kat erwirbt – eine Leistung. Diese Leistung ist in aller Regel eine Geldzahlung oder die Lieferung von Wertpapieren am Ende der Vertragslaufzeit. Das Besondere bei Zertifikaten ist, dass die Höhe dieser Leistung nicht von vornherein feststeht. Sie hängt vielmehr von der positiven oder negativen Entwicklung bestimmter Bezugswerte ab, die man neudeutsch auch als „underlying“ bezeichnet. Als „underlying“ kann alles Mögliche eingesetzt werden, häufig ist es aber der Kursverlauf einzelner oder mehrerer Aktienwerte oder die Entwicklung ganzer Aktienindizes (DAX, Euro Stoxx 50 u.a.m.). Entwickelt sich das „underlying“ im Sinne der Zertifikatsbedingungen positiv, so erhält der Verbraucher die zugesagte Ablaufleistung; entwickelt sich das „underlying“ dagegen negativ, so fällt die Ablaufleistung niedriger aus oder entfällt im schlimmsten Falle ganz. Verkauft werden Zertifikate häufig mit dem Argument, dass sie dem Verbraucher die Möglichkeit geben, auch im „seitwärts“ laufenden oder sogar im leicht fallenden Aktienmarkt noch eine attraktive Rendite zu erwirtschaften. Angesichts der seit Jahren sehr niedrigen Habenzinsen in den klassischen Anlageformen ist das auf den

ersten Blick eine gute Anlagemöglichkeit, die dem Anleger faire Chancen einräumt. Zertifikate sind aber, lebenspraktisch betrachtet, auch noch etwas anderes: Im Kern sind sie nichts anderes als Wetten. Der Verbraucher weiß nicht, wie hoch die Ablaufleistung ist, die er am Ende erhält. Das hängt vielmehr von der Entwicklung des „under­ lying“ ab, und dessen Verlauf liegt gänzlich außerhalb der Einflussmöglichkeiten des Verbrauchers. Bereits dieser Umstand indiziert, dass Zertifikate jedenfalls im engeren Bereich der Altersvorsorge niemals eingesetzt werden sollten. Denn mit der Altersvorsorge spielt man nicht. Und noch eines bereitet Kopfzerbrechen: Bei der Emission und dem Verkauf von Zertifikaten herrscht ein geradezu atemberaubendes Wissens- und Macht­gefälle: Hier wettet der Profi gegen den Laien; und während der Profi die Möglichkeit hat, Rückdeckungsgeschäfte abzuschließen, ist der Laie dem Verlauf des „underlying“ schutzlos ausgeliefert. Es ist, als würde sich „Otto Normalverbraucher“ auf einen Boxkampf ein­lassen obwohl er weiß, dass aus der anderen Ringecke gleich die Klitschko-Brüder kommen werden, und zwar beide zugleich. Wie viele von uns würden sich auf einen solchen Boxkampf einlassen, im Wissen, dass wir frühestens im Krankenhaus wieder aufwachen werden, vielleicht auch niemals mehr? Und doch geschieht in der Emission und im Verkauf von Zertifikaten genau dies: Tag für Tag wird das ungleiche Spiel gespielt.

Dr. Wolfgang Schirp Rechtsanwalt Rechtsanwalt Dr. Schirp wurde 1965 in Freiburg/Breisgau geboren. Er absolvierte das Studium der Rechts­ wissenschaft in Kiel, Göttingen und Freiburg mit anschließendem Referendariat in Freiburg und Brüssel. Seit 1994 ist er als Rechtsanwalt zugelassen. Veröffentlichungen Herausgeber und Autor zahlreicher Veröffentlichungen (z.B. Medienfonds – das Anlagehandbuch, Geldanlegen – aber sicher, Vertragshandbuch für die deutsch-polnische Bauwirtschaft, Herausgeber; Handbuch der Immobilienwirtschaft, Mitautor; Handbuch der Umweltberatung, Mitautor/Autor zahlreicher Fachaufsätze) Kontakt Schirp Schmidt-Morsbach Neusel Dorotheenstr. 3 10117 Berlin Tel.: 0 30 327 617 0

Die schmutzigen Tricks der Banken: Eingriff in das „underlying“

Fax 0 30 327 617 17 E­Mail: [email protected]

Besonders frappierend ist es, wenn die Bank selbst während der Laufzeit des Zertifikates in das „underlying“ eingreift und dieses zum Nachteil des Kunden verändert. Solche Eingriffe sind nach den Zertifikatsbedingungen in manchen Fällen durchaus möglich. Das lädt zu Manipulationen zum Nachteil des Kunden geradezu ein. Ein Beispiel: Ein Dachinstitut der deutschen Genossenschaftsbanken hat im Jahre 2008 ein Zertifikat herausgegeben, ­dessen „underlying“ aus sieben dividendenstarken Aktienwerten bestand (ISIN: ­DE000AK0EA99). Einer dieser sieben Ak­tien­ 7

Anlegerschutzbrief 01_2013

werte, auf die das Zertifikat bezogen war, war die Aktie der Deutschen Postbank AG. Die Zertifikatsbedingungen sahen vor, dass die Emittentenbank berechtigt war, einzelne oder alle dieser sieben Aktienwerte auszutauschen und durch andere Aktienwerte zu ersetzen, wenn bestimmte Ereignisse eintraten, zum Beispiel wenn eines der Bezugsunternehmen durch „delisting“ oder Übernahme vom Kurszettel verschwand. Eine solche Zertifikatsbedingung ist nicht von vorn­­herein illegitim, es kann für einen solchen Austausch durchaus gute ­Gründe ­geben, fest steht aber jedenfalls: Die Emit­ten­ten­­bank konnte – unter bestimmten Vo­­raus­­setzun­gen – selbst in das „under­ lying“ eingreifen.

Bei Zertifikaten handelt es sich um klare, harte Wetten der Banken gegen ihre eigenen Kunden!

8

Hiervon machte die Emittentenbank im Februar 2011 Gebrauch: Sie ersetzte die Aktie der Deutschen Postbank AG durch die Aktie einer französischen Bank, der BNP Paribas S.A. Als Begründung wurde angegeben, dass die Aktie der Deutschen Postbank AG im Zuge ihrer Übernahme durch die Deutsche Bank AG zwar noch nicht vom Kurszettel verschwunden war, dass damit aber perspektivisch zu rechnen sei. Es ist schon unklar, ob diese Begründung den Austausch im „underlying“ überhaupt rechtfertigen kann. Besonders negativ fällt aber auf, dass der neu in das „underlying“ aufgenommene Wert – die Aktie der BNP Paribas S.A. – nicht mit seinem realen Börsenkurs aufgenommen wurde (und zwar weder mit demjenigen des Jahres 2008 noch mit dem des Austausch-Jahres 2011), sondern mit ­einem von der Emittentenbank angeblich rechnerisch ermittelten, aus ihrer Sicht „richtigen“ aber weitaus höheren Börsenkurs. Dieser aus Sicht der Bank „richtige“ Börsenkurs war ­natürlich so bemessen, dass die Messlatte, die das Zertifikat „überspringen“ musste, um für die Anleger Gewinn abzuwerfen, willkürlich höher gehängt wurde. Wie nicht anders zu erwarten, trat das Wunder nicht ein: Das Zertifikat wurde bei Ende seiner Laufzeit nur noch mit 18,98 % des Nominalwertes ­zurückgezahlt, die Anleger hatten über 80 % ihres Kapitals verloren, maßgeblich durch den Ansatz des manipulierten Kurses der BNP Paribas-Aktie im „under­lying“. Über den Austausch der Postbank-Aktie gegen die BNP Paribas-Aktie hatte die Emittentenbank die Anleger immerhin noch informiert, wenn auch nachträglich. Dass ein manipulierter, in Wahrheit niemals existenter Kurs der BNP Paribas-Aktie dem neu ­gebildeten „underlying“ zugrunde gelegt wurde, offenbarte die Emittentenbank da­ gegen nicht; dies haben erst die Recherchen

des AAA aufgedeckt. Wir haben die Emittentenbank mit diesen Fakten konfrontiert. Dennoch ließ diese es in ihrer bodenlosen Dreistigkeit auf einen Rechtsstreit ankommen. Erst als das Landgericht Frankfurt in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich zu erkennen gab, dass es die Ma­ nipulationen nicht billigte und die Bank antragsgemäß verurteilen werde, erkannte die Bank die Forderung an, ließ Anerkenntnis­ urteil gegen sich ergehen und entschädigte den Anleger (LG Frankfurt, U.v. 13.12.2012 – 2-19 O 32/12; zur Erklärung: Bei einem ­Anerkenntnisurteil verfasst das Gericht ­keine schriftlichen Urteilsgründe. Die Bank musste also zwar zahlen, sie erreichte aber auf diese Weise, dass ihr nicht noch schriftlich attestiert wurde, dass sie betrogen ­hatte).

Falschdarstellung der Risiken – bewusste Missachtung existierender finanzmathe­ matischer Modelle Aber auch wenn die Banken auf die eben dargestellten eklatanten Manipulationshandlungen verzichten, stellt sich die Frage, ob sie ihre Kunden eigentlich angemessen über die Wirkungsweise von Zertifikaten und deren ­Risiken aufklären. Noch einmal: Bei Zertifikaten handelt es sich um klare, harte Wetten der Banken gegen ihre eigenen Kunden. Bei derartigen echten „Null-Summen-Spielen“ stammt jeder Cent, den ein Spielteilnehmer am Ende mehr in der Tasche hat, unmittelbar aus der Tasche des anderen Spielteil­nehmers. (Eine Ausnahme kann es nur dann ­geben, wenn das „underlying“ sich so positiv ent­wickelt, dass mehr übrig bleibt als das ­Zer­tifikatskapital plus zugesagter etwaiger Boni – dann bliebe für beide Seiten etwas ­übrig. Aber selbst dann hätte der Kunde nur ­einen „gedeckelten“ Nut­zen erzielt, während überschießende Beträge wiederum beim Emittenten verblieben). Wir haben es mit einer unleugbar antagonis­ti­schen Beziehung zwischen „Berater“ und „Be­ra­­tenem“ zu tun, mit einem di­rekten und un­be­streit­baren In­te­ressen­ konflikt. Kann man da ernst­lich mit fairer und objek­tiver Beratung rechnen? Wetten etwa die klassischen beratenden Berufe – Anwälte, Steu­erberater, Unternehmensberater, Ärzte – gegen ihre eigenen Mandanten, Patienten oder Kunden? Natürlich tun sie dies nicht, sie dürfen es auch nicht, es ist sogar unter strafrechtliche Sanktionen gestellt. Bei den Banken aber scheint man derartige institutionalisierte Interessenkonflikte immer noch ganz normal zu finden. Die Banken sind aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrungen, ­ihres statistischen Materials, ihrer EDV-technischen Möglichkeiten

Anlegerschutzbrief 01_2013

und ihrer Rück­­ deckungs­­mög­lich­ keiten immer in der Lage, die Chancen der Wette so zu gewichten, dass sie das bessere Ende für sich haben – und sie tun das auch vorsätzlich, präzise und gezielt.

30  % tatsächlich, wenn das Zertifikat, wie hier vorgesehen, auf vier Jahre Laufzeit an­gelegt ist? Tatsächlich brachte auch dieses Zertifikat den Anlegern herbe Verluste ein – es wurde letztlich zu ­einem Kurs von 56,8 % zurückgezahlt, die Anleger hatten also über 40 % der angelegten Gelder ver­loren. War das absehbar? Oder war zumindest das enorme Risiko, dass ein solcher Fall eintreten könnte, für einen Marktprofi erkennbar? Wir bejahen diese Frage und wollen dazu einige ergänzende Überlegungen anstellen.

Die Situation wird nicht besser, wenn man die Sicherheitspuffer anschaut, mit denen zahlreiche Zertifikate be­worben werden. Auch dazu ein Beispiel: Ein anderes Dachinstitut des genossenschaftlichen Verbandes als das zuvor genannte legte im Jahre 2008 ein Zertifikat auf, das auf die Entwicklung des Euro Stoxx 50 als „underlying“ bezogen war (ISIN ­DE000WGZ2BN2). Positiv ist hier immerhin schon einmal, dass es sich bei dem Euro Stoxx 50 um einen echten, extern ermittelten Aktienindex handelt, auf dessen Entwicklung die Emittentenbank selbst ebenso wenig Einfluss hatte wie der Kunde. Hier war also zumindest schon einmal der „Gegenstand der Wette“, das „underlying“, eigennützigen Eingriffen der Emittentenbank entzogen – so weit, so gut. Zudem warb das Zertifikat mit einem „Sicherheitspuffer von 30  %“ gegenüber dem Starttag; selbst bei ­einem Sinken des Euro Stoxx 50 um 30 % während der Laufzeit des Zertifi­kates wäre der Kunde also noch ohne Kapitalverlust aus dem ­Investment heraus gekommen. Aber: Wie viel Sicherheit bietet denn ein Puffer von

Dem durchschnittlichen Bankkunden ist die ungeheure Volatilität, der praktisch alle Ak­ tien­indizes – auch der Euro Stoxx 50 – unterworfen sind, nicht bewusst. Einige wenige Stichtage sollen ausreichen, um das Bild des Euro Stoxx 50 – insofern pars pro toto für alle anderen Indizes, die sich genauso stark bewegen – zu zeichnen: Von einem Allzeithoch von 5.464,43 Punkten (6. März 2000) fiel der Euro Stoxx 50 auf einen Tiefstand von 1.849,64 Punkten (12. März 2003), stieg dann wieder auf 4.557,57 Punkte (16. Juli 2007), um erneut auf 1.808,98 Punkte abzurutschen (9. März 2009), stieg abermals auf 3.068,00 Punkte (18. Februar 2011), um wieder stark zu fallen, diesmal auf 1.995,01 Punkte (12. September 2011). Wenn man den Kursverlauf grafisch darstellt, dann sieht man ein atemberaubenderes Berg- und Tal-Bild, als es die meisten Hochgebirgskulissen vermitteln können. Wie viel bedeutet bei derart dramatischen Kursverläufen – und einem Betrachtungszeitraum von vier Jahren! – noch ein Sicherheitspuffer von 30 %? 9

Anlegerschutzbrief 01_2013

ge möglich. In eine ähnliche Richtung weisen die finanz­mathe­matischen „value-at-risk“Bewertungsmethoden; auch diese erlauben objektiv nachvollziehbare, quantitative Aus­sagen zur Höhe des einzugehenden Risikos. Und wenn solche Aussagen vorliegen, dann kann sich der Anleger selbst überlegen, ob er sich an einem Modell beteiligen möchte, wenn dieses eine positive Verlaufswahrscheinlichkeit von 50 %, 70 % oder 90 % hat. Dann, und erst dann, ist seriöse und belastbare Beratung möglich. Und dann, erst dann, setzt natürlich auch die Eigenverantwortung des Anlegers ein: Hat dieser sich bewusst für ein riskanteres, weil renditeträchtigeres ­Investment entschieden, dann darf er sich nach­her auch nicht beschweren, wenn er Verluste erleidet.

Wie Banken und Gerichte mit diesen Fra­ gen umgehen – und was der AAA leisten kann

Um dazu seriöse Aussagen zu treffen, genügt nicht allein die absolute Zahl „30 % Sicherheitspuffer“. Sie suggeriert nur Sicherheit, sagt aber nichts über die statistische Verteilung von Eintrittswahrscheinlichkeiten aus. Will man das Risiko des Zertifikates vernünftig erfassen, so bedarf es einer systematischen Untersuchung des konkreten Risikomodells anhand historischer Daten. Die hierzu heranzuziehende finanzmathematische Methode existiert schon seit geraumer Zeit, man bezeichnet sie als „backtesting“. Das „backtesting“ hat eine lange und erprobte fachliche Geschichte bei der Entwicklung und Überprüfung von Handelsstrategien, bei der Qualitätssicherung im Risikomanagement und bei der Erstellung von Klimamodellen. Beim „backtesting“ wird – soweit hier von Interesse – anhand historischer Daten ermittelt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Zertifikat mit einer bestimmten Risikostruktur für den Anleger positiv verlaufen wird. Darin liegt natürlich kein sicherer Blick in die Zukunft, keine Hellsehertätigkeit; es ist immer noch möglich, dass ein Zertifikat am Ende schlecht läuft, obwohl es nach den „back­ testing“-Ergebnissen gut hätte laufen sollen. Aber zu den statistischen Eintrittswahrscheinlichkeiten ist eine mathematisch belastbar ermittelte, konkrete Aussa10

Die Banken verfügen natürlich über leistungs­fähige „backtesting“ und „value-atrisk“-Analysesysteme. Bedauerlicherweise setzen sie diese aber nicht zum Wohle ihrer Kunden ein, sondern im Gegenteil zur eigenen Profitmaximierung, die dann allerdings gern auf dem Rücken des Kunden stattfinden darf. Der Kunde wird abgespeist mit nichtssagenden Kategorisierungen wie „chanceno­ rientiert“, „konservativ“, „sicherheitsorien­ tiert“ oder gar – mein persönlicher „Favorit“, weil jedes Aussagegehalts entleert – „ausge­ wogen“. Die Produkte werden in ebenso nichtssagende „Risikoklassen“ von 1 bis 5 eingeteilt; in der Regel finden sich in einer ­Risikoklasse nebeneinander völlig disparate Produkte, die keine Ähnlichkeiten miteinander aufweisen und schlichtweg nichts miteinander zu tun haben. Im Grunde werden in diesem Bereich nur Nebelgranaten geworfen; mit einer objektiven, nachvollziehbaren Risiko-Evaluierung, über die der Kunde dann vernünftig entscheiden kann, hat das alles nichts zu tun. Auch die Gerichte tun sich mit der für sie ­neuen Welt der Zertifikate noch schwer. Der Lehman-Rechtsprechung verdanken wir die Einsicht, dass über das Emittentenrisiko auf­geklärt werden muss, also über das Risiko, dass der Emittent am Ende die Schuld­ verschreibung nicht bedienen kann, weil er ­insolvent ist. Daneben werden weiterhin die Dauer-Kriege über die Offenbarung oder Nicht-Offenbarung von „kick-backs“ geführt, hier ergänzt um die BGH-Aussage, dass jedenfalls Eigenhandelsspannen von Banken nicht offenbarungspflichtig sind, also anders behandelt werden als von dritter

Anlegerschutzbrief 01_2013

Seite gezahlte Provisionen. Das ist alles schön und gut, und es mag juristisch überzeugend sein oder nicht – das lassen wir an dieser Stelle offen. Der Kern des Problems – also wie die Risikostruktur des betreffenden Zertifikats wirklich zu beschreiben ist, und ob der Kunde hierüber in einer für ihn verständlichen Art und Weise aufgeklärt wurde – wird von den Gerichten bislang nicht behandelt. Dies liegt zum einen natürlich daran, dass es im Zivilprozess keine Sachverhaltsermittlung von Amts wegen gibt; der Richter kann und darf sich nur mit dem Streitstoff befassen, den Kläger und Beklagter ihm vortragen. Wenn Kläger und Beklagter sich mit der Kalibrierung der Risiken des konkreten Anlageprodukts nicht befasst haben, dann kann der Richter dazu auch nichts sagen. Hinzu tritt aber noch die Problematik, die mit dem alten römischen Spruch „iudex non calculat“ beschrieben wird: Der Richter rechnet nicht. Die meisten Richter sind für kaufmännische Erwägungen, und auch für die daraus abzuleitenden juristischen Schlussfolgerungen, nicht leicht zu öffnen. Hier ist noch viel inhaltliche Arbeit zu leisten.

Wir bemühen uns im AAA, Ihnen auch dann zu helfen, wenn Sie mit Ihren Zertifikaten ein Problem haben. In diesem Punkte bitten wir Sie aber, Geduld mit unseren begrenzten Möglichkeiten zu haben. Im Markt ist eine riesige Zahl von Zertifikaten erhältlich, man spricht davon, dass allein von Januar bis September 2012 ca. 1,5 Millionen Zertifikate neu aufgelegt worden seien (FAZ vom 16. November 2012, Seite 15). Mag auch der Großteil dieser Zertifikate für professionelle Anleger computergeneriert aufgelegt werden und den Privatanleger niemals erreichen, und mag sich auch der restliche Teil in großen, strukturähnlichen Produktgruppen zusammenfassen lassen, so werden wir Ihnen doch oftmals nicht in der Schnelligkeit und Präzision Auskunft geben können, wie wir dies bei vielen geschlossenen Fonds vermögen. Wir sind aber überzeugt davon, dass wir die Stärken des AAA – interdisziplinäre Analyse der Produkte, Zusammenfassung geschädigter Anleger, energisches Vorgehen gegen die involvierten Banken – auch in diesem Bereich zu Ihrem Nutzen einbringen können. Wir arbeiten hart daran und konnten so bereits erste „Leistungsnachweise“ erbringen.

Stärken des AAA: interdisziplinäre­ ­Analyse der Produkte Zusammenfassung ­geschädigter Anleger energisches Vorgehen gegen die involvierten Banken

255utscheine

fee-G Green l. iPhone-, ink droid nd An n! u d a iP katio Appli

Ab März 2013 unter www.koellen-golf.de erhältlich!

Offizieller DGV-Golfführer 2013/2014 Mit 255 Greenfee-Gutscheinen auf ausgewählten Top-Anlagen, großer Deutschlandkarte, umfassendem Hotelverzeichnis und kostenloser iPhone-, iPad- und Android-Applikation

www.koellen-golf.de

11

Anlegerschutzbrief 01_2013

von Kerstin Kondert

Dichtung oder

Die Hintergründe der MHF-Delbrück (Academy Filmfonds oder auch Delfi-

Kerstin Kondert Dipl.-Betriebsökonomin (BI) Vorstandsmitglied des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. Ausbildung Studium Englisch und Geografie, Ausbildung zur Köchin, berufsbegleitendes Studium BWL und Ausbildung zur Mediatorin. Berufliches Ab 1988 in der Fondsbranche tätig, Schwerpunkte zunächst Konzeption, Finanzierung und Prospektierung geschlossener Immobilienfonds, später Entwicklung von Sanierungs­ konzepten für notleidende Fonds, aktueller Schwerpunkt: Fondsanalyse und Prospektfehlerrecherche. Nebentätigkeiten Handelsrichterin am Landgericht Berlin, Referentin, diverse Fachveröffentlichungen. Kontakt Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Heerstraße 2 14052 Berlin Tel.: 0 30 3 15 19 34-­0 Fax: 0 30 3 15 19 34-20 E­Mail: [email protected] www.aktionsbund.de

Bei den MHF Delbrück Film Produktions Fonds 2003 und 2004 haben wir mit erheblichem Aufwand erst nach und nach schwere Prospektfehler aufdecken können. Alles, was wir hierzu recherchiert haben, geht ein in die von der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel geführten Schadensersatzprozesse. Wir sind zuversichtlich, dass dies zu einer Verurteilung der Verantwortlichen führen wird.

W

ir berichteten in den vergangenen Ausgaben ausführlich über die von der Commerzbank AG aufgelegten MHF Academy Fonds 1 und 2 und die Abweichungen, die wir zwischen Prospektdarstellung und Wirklichkeit aufdecken konnten. Nach allem, was wir dort festgestellt haben, hat sich die Commerzbank als Initiator an die Spitze derer gestellt, die sich aus unserer Sicht wegen Falschdarstellungen in Prospekten schadens­ ersatzpflichtig gemacht haben. Aber es geht immer noch besser. In den Jahren 2003 und 2004 wurde in Zusammenarbeit von Commerzbank AG, Delbrück Bethmann Maffey AG (DBM) und ABN-Amro-Bank je ein Film-Fonds nach einem eher ungewöhnlichen Konzept aufgelegt. Die jeweilige Fondsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG beteiligte sich als atypisch stiller Gesellschafter am MHF Academy Fonds II der Commerzbank AG. Danach sollte der MHF Academy II zunächst für seine eigenen Anleger im Jahr 2002 in die Produktion von drei Filmen investieren, dann im Jahr 2003 für den Delfi 2003 zwei Filme herstellen und im Jahr 2004 für die Delfi 2004 vier Filme. Während bei MHF Academy I und II die Commerzbank als schuldübernehmende Bank fungiert, sollte dies bei Delfi 2003 und 2004 die ABN-Amro-Bank sein. Besonderer Vorteil für die Anleger der Delfi-Fonds sollten dabei das angeblich erprobte und bewährte steuerliche Konzept des MHF Academy II sein sowie die Erfahrungen aus den vorangegangenen Fonds. Damit wurde in beiden Fällen eine Sicherheit suggeriert, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun hatte. Nachfolgend stellen wir dies am Beispiel des MHF Delbrück Film Produktions Fonds 2004

12

dar, der angeblich Hersteller der Filme „First Snow“, „Peaceful Warrior“, „Southland Tales“ und „The Good Night“ war. Der Angebotsprospekt weist nach unseren Recherchen folgende gravierenden Fehler auf: • wesentliche Informationen über den Fertig­ stellungsgaranten, der ohne weitere Kon­ trolle über die Mittel des Fonds ver­fügen sollte, wurden verschwiegen; • die kalkulierten erfolgsabhängigen Erträge waren von vornherein hoffnungslos unrealistisch; • es sollte dem Lizenznehmer überlassen bleiben, wo und in welchem Umfang die Filme vertrieben werden; • der Prospekt verschweigt, dass das steuerliche Konzept im Widerspruch zur Auffassung der steuerlichen Berater dargestellt wurde; • der Fonds bzw. die stille Gesellschaft, die die Filme produzieren sollte, sollte in keinem Fall alleiniger Produzent der Filme sein und die Finanzierung der Filme erfolgte mindestens teilweise durch Dritte. A. Prospektfehler im Prospekt des Delfi 2004

I. verschwiegene nachteilige Informatio­ nen zum Fertigstellungsgaranten und Verwalter der Mittel des Fonds Der Prospekt verschweigt, dass der beabsichtigte Fertigstellungsgarant, der das Pro­ duk­­tions­konto führen sollte, bei Pros­pekt­ heraus­gabe in einen Rechtsstreit wegen Ge­­neh­migung überhöhter Budgets verwickelt war. Auf Seite 25 des Prospektes ist ausgeführt, dass als Fertigstellungsgarant die Firma Film Finances Inc., Los Angeles, verpflichtet werden soll, was tatsächlich auch geschehen ist. Nach den Ausführungen auf Seite 24 des Prospektes sollen die Konten, auf die der Fonds die Produktionsmittel einzahlen soll, vom Fertigstellungsgaranten geführt werden.

Anlegerschutzbrief 01_2013

Wahrheit? Film Produktion Fonds Fonds genannt) Der Fertigstellungsgarant sollte auch wirtschaftlich eine erhebliche Rolle spielen: Sollten die Filme nicht fertiggestellt werden ­können, sollte der Fertigstellungsgarant die Fer­tigstellung entweder selbst übernehmen oder dem Fonds die Mindestkapitalgarantie zahlen (Prospekt Seite 25), da in diesem Fall die schuldübernehmende ABN-Amro-Bank nicht zur Zahlung verpflichtet sein sollte. Der Prospekt verschweigt, dass der geplante Fertigstellungsgarant Film Finances lange vor Prospektherausgabe in einen Zivilprozess verwickelt war, in dem Schadensersatzforderungen in hoher zweistelliger Millionenhöhe wegen überhöhter Budgetabrechnungen geltend gemacht wurden (vgl. hierzu unsere Ausführungen zu den MHF Academy-Fonds in früheren Ausgaben). Die deutsche Intertainment AG hatte Franchise Pictures, die u.a. für die MHF Academy Fonds I und II als Auftragsproduzent fungierte, auf Schadensersatz aus Betrug beim Abrechnen von Filmbudgets verklagt. Im Juli 2002 wurde die Forderung auf mehr als 100 Mio. US-Dollar erhöht und Film Finances Inc., der für Delfi 2003 und Delfi 2004 vorgesehene Fertigstellungsgarant, wurde in den Rechtsstreit mit einbezogen. Diese Hintergründe waren keinesfalls unbekannt. Selbst in der deutschen Presse wurde mehrfach über den Prozess berichtet. Bei Prospektherausgabe des Delfi 2004 dauerte dieser Rechtsstreit noch an und wurde erst im Jahr 2005 durch Vergleich beendet. Die Verwicklung des Fertigstellungsgaranten in den Rechtsstreit war prospektierungspflichtig. Film Finances sollte in vergleichbarer Funktion für den Fonds tätig werden wie zuvor für Intertainment. Film Finances sollte über die Mittel des Fonds ohne weitere Mittelverwendungskontrolle verfügen. Film Finances sollte eine für den Fonds existentielle ­Garantie übernehmen. Unter dieser Voraussetzung bedeutete es eine entscheidungs-

erhebliche Information, dass Film Finances mindestens der Beihilfe zum Betrug beschuldigt wurde, durch den Rechtsstreit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war und insofern in doppelter Hinsicht von vornherein einen fragwürdigen Partner für den Fonds darstellte.

II. Kalkulation mit unrealistischen Erlösen Der Prospekt geht davon aus, dass im mitt­ leren Erfolgsfall, der als der wahrschein­ liche Fall dargestellt wird, erfolgsabhängige ­Lizenzzahlungen (ohne Verkaufserlös) in Höhe von 25.642.876 EUR erzielt werden. Das entspricht rd. 34% der kalkulierten ­Gesamteinnahmen. Dieser Ansatz war von vornherein drastisch überhöht und durch die Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu rechtfertigen. Es bestand nach den Erfahrungen in den Vorläuferfonds keine Chance, erfolgsabhängige Erträge in dieser Höhe zu erzielen. Zu den variablen Erträgen finden sich u.a. folgende Aussagen im Prospekt: „Dabei wurde größten Wert auf die Erhaltung des Kapitals (Garantie der ABN Amro Bank N.V., Niederlassung Deutschland), die voll­ ständige Platzierung (Garantie der ABN Amro Bank N.V., Niederlassung New Jersey, in Höhe von mindestens EUR 50 Mio.) sowie rea­ listische Gewinnchancen (garantierte Aus­ wertung durch ein Major Studio) gelegt.“ (Hervorhebung durch die Unterzeichnerin) und „– die Academy KG erhält an jedem einzelnen Film eine Beteiligung an den Umsatzerlösen (Bruttoerlöse) sowie zusätzlich eine Beteili­ 13

Anlegerschutzbrief 01_2013

gung an den Gewinnen (Nettoerlöse) aus des­ sen internationaler Verwertung in sämtlichen Verwertungsstufen, also Kino, DVD, Video, Bezahlfernsehen, freies Fernsehen usw.; die Erlöse aus der internationalen Verwertung der Filme werden nicht einmalig, sondern fortlaufend gezahlt („laufende Filmverwer­ tungserlöse“) … Diese Erlöse werden zusätzlich zu den Min­ destkapitalgarantien für jeden einzelnen Film gezahlt.“ und „Die folgende Darstellung basiert bezüglich der laufenden Erlöse auf einem im Jahr 2001 durch zwei Filmproduzenten erstellten Gut­ achten, das die Academy-Filmproduktion in Auftrag gegeben hat, sowie auf Erfah­ rungen des Prospektherausgebers auf Grund­lage der Tranchen 2001, 2002 und 2003.“ (Hervorhebung durch die Unterzeichnerin) und „Auch im schlechtesten dargestellten Fall geht die Ausschüttung um 5,65% über das ­ursprünglich eingezahlte Kommanditkapital inkl. Agio hinaus.“ Alle diese Darstellungen vermitteln den Eindruck, als sei die Erlöserwartung konservativ und auf der Basis von Erfahrungswerten kalkuliert und habe damit eine Grundlage in der Realität. Auch im ungünstigen Fall sei die Beteiligung noch rentabel. Die Darstellung ist grob täuschend. Denn nach den Erfahrungen mit den Vorläuferfonds hätten überhaupt keine variablen Erlöse kalkuliert werden dürfen, da sämtliche Filme der Vorläuferfonds erfolglos blieben. Bei Herausgabe des Prospektes zum Delfi 2004 waren vier der sieben Filme in den Vorläuferfonds in den Kinos angelaufen, die Filme des MHF Academy I befanden sich bereits in der Zweitverwertung. Auf der Basis der bis zu diesem Termin angefallenen Ergebnisse hätten keine variablen Erlöse prospektiert werden dürfen. Tatsächlich wurden wesentliche erfolgsabhängige Erlöse für keinen der insgesamt 11 Filme der vier Fonds (MHF Academy I und II, Delfi 2003 und 2004) erzielt. Wenn aus keinem der Filme erfolgsabhängige Erlöse in nennenswerter Höhe generiert werden, ist das kein Zufall mehr, sondern System. 14

Auf Seite 21 des Prospektes zum Delfi 2004 heißt es: „Erfolgreiche Filme werden nach dem Kino­ start drei Monate oder länger in den Kinos gezeigt.“ Bereits nach diesem Kriterium war keiner der bis Prospektherausgabe in die Kinos gebrachten Filme erfolgreich, wie die Auswertungen der kostenpflichten Filmdatenbank IMDb.Pro zeigen. Keiner der Filme lief drei Monate, geschweige denn länger, in den amerikanischen Kinos. Nach dem im Prospekt definierten Erfolgskriterium waren die Vorläuferfilme keine Erfolge. Wie dem Prospekt auf Seite 21 ebenfalls zu entnehmen ist, wird der weltweite wirtschaftliche Erfolg durch den Kinoerfolg in den USA bestimmt. Es war daher mit einer erfolgreichen Gesamtverwertung bereits damals nicht mehr zu rechnen. Es war auf jeden Fall schon klar, dass die für die Jahre 2003 bzw. 2004 prospektieren Ausschüttungen in den Vorläuferfonds nicht würden gezahlt werden können. Die für das Jahr 2003 vorgesehene Ausschüttung im MHF Academy I betrug weniger als die Hälfte des Prospektwertes. Für das Jahr 2003 war eine Ausschüttung in Höhe von 2,3% des Kommanditkapitals und für das Jahr 2004 eine Ausschüttung in Höhe von 28,5% geplant, jedoch wurden bis zur Prospektherausgabe des Delfi 2004 im September 2004 we­ niger als 1% ausgeschüttet; eine weitere Ausschüttung erfolgte im MHF Academy I bis zur Ausschüttung aus Garantiezahlung im Übrigen nicht. Insofern ist auch die Darstellung auf Seite 18 des Prospektes unter der Überschrift „Tabel­ le 7: Erfolgsbilanz der Academy Filmprodukti­ on“ täuschend. Dort sind für die beiden Filme des MHF Academy I die bis 2004 erzielten variablen Lizenzeinnahmen ausgewiesen sowie die Garantiezahlungen. Es fehlt jedoch die Erläuterung, dass die Garantiezahlungen erst im Jahr 2007 fällig werden und bei Prospektherausgabe des Delfi 2004 daher noch gar nicht geflossen waren. Es fehlt ferner die Erläuterung, dass – wie oben vorgetragen – die Ausschüttung weit unter dem Prospektwert zurückbleibt. Es fehlt ebenso der Hinweis, dass die Filme im Kino bereits durch­gefallen waren. Selbst die Darstellung des „niedrigen Ergeb­ nisses“ im Prospekt (Seite 10, Seite 42) ist noch geschönt. Dort werden immer noch 30% der variablen Erlöse unterstellt, obwohl von

Anlegerschutzbrief 01_2013

vornherein unwahrscheinlich war, dass überhaupt variable Erlöse erzielt werden. Die Ausführungen zur Academy Film GmbH auf Seite 20 des Prospektes lassen sich angesichts der tatsächlichen Umstände nur als blanke Ironie verstehen: „Auch die tatsächliche Ausführung und Er­ gebniskontrolle sowie das aktive Beteili­ gungsmanagement der Academy Film GmbH hatte großen Anteil am bisherigen Erfolg der ersten Tranchen.“ Es gab keinen Erfolg der ersten Tranchen, sieht man einmal davon ab, dass die Fonds vollständig platziert werden und die Initiatoren damit ihre Gebühren vollständig realisieren konnten. Denn das Verhältnis von Kosten zu Ertrag in den Vorläuferfilmen stellt sich wie folgt dar:

wirtschaftet. Die Darstellungen im Prospekt des Delfi 2004 hatten keine Grundlage in der Realität.

III. Irreführende Darstellungen zum Film­ vertrieb Der Prospekt erweckt den Eindruck, dass die Filme des Fonds in jedem Fall in Nordamerika vertrieben werden. Dieser Eindruck ist falsch. Eine derartige Sicherstellung war nicht beabsichtigt und wurde auch nicht vereinbart. Auf Seite 26 des Prospektes heißt es zu den Eckpunkten der abzuschließenden Vertriebsverträge: „Die Lizenznehmer werden die Filme in den einzelnen Ländern durch Unterlizenznehmer auswerten. Dabei sind die Lizenznehmer ver­ pflichtet, die Filme in Nordamerika (USA und

MHF Academy I Ballistic: Ecks vs. Sever

The In-Laws

MHF Academy II The Whole Ten Yards

Laws of Attraction

Delfi 2003 The Wendell Baker Story

Find Me Guilty

Punisher: War Zone

Negative Costs

$70.000.000

$50.000.000

$30.000.000

$32.000.000

$8.000.000

$13.000.000

$35.000.000

Domestic Print Advert Cost

$39.757.500

$29.478.000

$19.281.000

$18.713.500

$3.785.500

$6.768.500

$20.212.000

Kosten gesamt

$109.757.500

$79.478.000

$49.281.000

$50.713.500

$11.785.500

$19.768.500

$55.212.000

Domestic Rentals

$7.153.982

$10.220.314

$8.161.985

$8.924.161

$63.707

$586.837

$4.025.489

International Rentals

$2.527.232

$3.105.599

$4.422.290

$5.465.210

$11.590

$658.347

$947.951

Domestic VHS Gross

$15.180.000

$5.882.250

$3.646.500

$1.897.500

$0

Domestic DVD / Bluray Gross

$24.300.000

$14.532.000

$16.800.000

$17.640.000

$168.000

$1.428.000

$18.300.000

Domestic Free TV Revenue

$1.455.261

$2.073.623

$2.196.113

$2.401.189

$12.132

$117.458

$689.091

Domestic Pay TV Revenue

$5.396.689

$7.583.006

$10.325.049

$11.172.488

$66.725

$619.350

$4.124.083

International Free TV Revenue

$859.791

$1.359.438

$435.896

$98.679

$5.445

$319.611

$413.399

International Pay TV Revenue

$1.504.508

$2.405.641

$829.654

$187.818

$9.741

$560.018

$722.895

International Home Video Revenue

$3.268.982

$6.051.921

$2.189.500

$495.662

$26.779

$1.598.479

$1.566.749

Gesamt­ rückflüss

$61.646.445

$53.213.792

$49.006.986

$48.282.707

$364.119

$5.888.100

$30.789.656

wirtschaftliches Ergebnis

-$48.111.055

-$26.264.208

-$274.014

-$2.430.794

-$11.421.381

-$13.880.400

-$24.422.344

Keiner der Filme in den Vorläuferfonds war wirtschaftlich erfolgreich. Die Zweitverwertung hat gegenüber der Kinoverwerung keine Überraschungen ergeben. Die Fonds haben praktisch keine erlösabhängigen Erträge er-

Kanada) im Kino herauszubringen.“ Tatsächlich sollte genau dieser Aspekt, der nach den Prospektaussagen – und nach Erfahrungswerten – eine erhebliche wirtschaftliche Rolle spielte, nicht vertraglich verein15

Anlegerschutzbrief 01_2013

bart werden. Es sollte den jeweiligen Li­zenz­nehmern überlassen bleiben, wo und in welcher Form sie die Filme verwerten. Wir haben recherhiert, wann und wo die Filme im Kino gezeigt wurden. Nur zwei der Filme wurden in Kanada überhaupt gezeigt. Keiner der Filme kam in den USA flächendeckend in die Kinos, zum Teil wurden sie nur auf Filmfestivals gezeigt. Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen im Prospekt zur bevorzugten Beteiligung an den Erlösen aus der Verwertung in Nordamerika Makulatur. Vor diesem Hintergrund ist auch leicht verständlich, warum der Fonds keine Erfolgsbeteiligung realisieren konnte. Das Alleinbestimmungsrecht des Lizenznehmers über Art und Umfang des Vertriebs ist im Übrigen ein weiterer Hinweis darauf, dass der Fonds bzw. die stille Gesellschaft ­niemals Herrscher über das Filmgeschehen werden sollte, sondern dass die zwischen den amerikanischen Studios und Vertriebsgesellschaften und der Academy KG geschlossenen Verträge nur dem Zweck dienten, den deutschen Fondsanlegern Steuer­vorteile zu erschließen.

IV. Fehlender Hinweis auf die abweichende Beurteilung der Steuerfachleute zur steuerlichen Behandlung der Garan­tie­ zahlung

Fazit Insgesamt lässt sich nur festhalten, dass die MHF ­Academy Fonds von vornherein mit erheb­ lichen steuerlichen Risiken behaftet, prak­ tisch ohne Rendite­ chancen waren und mit umstrittenen Vertragspartnern realisiert wurden. 16

Die prospektierte Prognoserechnung und insbesondere auch die auf ihr basierenden Renditeberechnungen berücksichtigen eine Besteuerung der Garantiezahlung erst im Jahr der Zahlung, also im Abschlussjahr des Fonds. Der Prospekt verschweigt, dass die steuerlichen Berater der Vorläuferfonds davon ausgingen, dass die Garantiezahlung steuerlich auf die gesamte Laufzeit zu ver­ teilen sei mit der Folge einer geringeren ­Rendite. Der Prospekt verschweigt, dass die Prospektdarstellung im Widerspruch zur Auf­ fassung der eigenen steuerlichen Berater steht. Der Prospekt enthält sogar die Aussage, dass dieses Risiko als unwahrscheinlich zu betrachten sei. Der Prospekt unterstellt in der Prognoserechnung auf Seite 32/33 die Versteuerung der Garantiezahlung in Höhe von 50 Mio. EUR im Jahr ihres Zuflusses, also im Jahr 2011. Wie die Beklagten selbst ausführen, sind der hohe Steuervorteil im Erstjahr der Beteiligung und die wesentliche Versteuerung erst im letzten Jahr der Beteiligung ein wesentliches Element des steuerlichen Konzeptes.

Der Prospekt enthält auf Seite 50 bei den Ausführungen zu den steuerlichen Hinweisen lediglich den Hinweis darauf, dass es zu einer Linearisierung der Garantiezahlung, also steuerlich der Gewinnzuschreibung verteilt auf die Laufzeit der Lizenzverträge, kommen könne und dass dies Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit habe. Bei den Ausführungen zu „Chancen und Risi­ ken im Überblick“ heißt es auf Seite 13: „Die vertragliche Vereinbarung mit dem Dis­ tributionsunternehmen enthält die Mindest­ garantiezahlung als Einmalvergütung für die Lizenzen der Jahre 7 bis 16 / 20. Eine Vertei­ lung auf die Gesamtlaufzeit des Distributions­ vertrages erscheint daher sehr unwahr­ scheinlich.“ Die prospektierte Auffassung steht im Widerspruch zur Auffassung der steuerlichen Berater der Vorläufer-Fonds. So heißt es im Schreiben der MHF Erste Academy Film GmbH & Co. Beteiligungs KG vom 14. Juni 2004 an die Anleger des Fonds: „Im Übrigen übersteigt der Gewinn die für Entnahmezwecke zur Verfügung stehende Li­ quidität, weil in die Gewinnermittlung des Fonds auch 1/25 der Commerzbankgarantie einbezogen wurde. Wie wir Ihnen bereits mit­ geteilt hatten, ist nach Auffassung des Ab­ schlussprüfers die Commerzbankgarantie über die Laufzeit der Filmlizenzen, mithin über 25 Jahre, als Ertrag gleichmäßig zu ver­ teilen.“ Im Protokoll der Gesellschafterversammlung des MHF Academy I vom 22.12.2003 heißt es: „Der Jahresabschluss wurde schließlich von Deloitte & Touche geprüft. Deloitte & Touche hatte bereits den Jahresabschluss zum 31.12.2001 geprüft. Ein Wechsel zu KPMG wurde der Gesellschafterversammlung vor­ geschlagen, da KPMG im Steuergutachten für die Struktur des 1. Academy Filmfonds die Auffassung vertreten hatte, dass die Mindest­ garantie, die die Commerzbank im Dezember 2007 an den Fonds zahlt, sowohl bilanziell als auch steuerliche als einmaliger Ertrag zu er­ fassen sei. Demgegenüber vertrat Deloitte & Touche die Auffassung, dass die Mindestga­ rantie über die Laufzeit der Filmverwertung (hier 25 Jahre) abzugrenzen sei. Da die von KPMG im steuerlichen Gutachten vertretene Auffassung für die Anleger günstiger ist, wur­ de KPMG als Abschlussprüfer vorgeschlagen. Nunmehr hat KMPG dem Fonds gegenüber jedoch erklärt, dass man an der früheren Auf­

Anlegerschutzbrief 01_2013

fassung nicht festhält. KPMG hat sich der Auffassung von Deloitte & Touche ange­ schlossen.“

Der Film „Southland Tales“ wurde zumindest teilweise von der Comerica Bank finanziert. Auch aus dem Filmabspann geht dies hervor:

Der Prospekt wirbt an diversen Stellen damit, dass das steuerliche Konzept durch die Vorläuferfonds erprobt sei. Die Prospektverantwortlichen verschweigen dabei vorsätzlich, dass sowohl der Ersteller des Prospektprüfungsgutachtens für den MHF Academy I (Deloitte & Touche) als auch der Ersteller des steuerlichen Gutachtens für den MHF Academy I (KPMG), zwei der bekanntesten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland, bei Herausgabe des Prospektes zum Delfi 2004 die Auffassung vertraten, die Garantiezahlung sei – anders als dies im Prospekt dargestellt ist – zu linearisieren.

In die Finanzierung des Films „The Good Night“ war Endeavor Agency involviert:

Der Prospekt bagatellisiert damit ein wirtschaftlich erhebliches Risiko, das sich nicht nur inwischen verwirktlicht hat, sondern das bei Prospektherausgabe von maßgeblichen Steuerfachleuten bereits nicht nur als Risiko, sondern als zutreffende Bewertung des Sachverhalts beurteilt wurde.

V. Keine alleinige Finanzierung und Her­ stellung der Filme Das steuerliche Konzept des Fonds basiert auf dem Umstand, dass der Fonds (bzw. die Academy KG) die Filme allein herstellt, also Herrscher über das Filmgeschehen ist, und die Filme allein finanziert. Das war jedoch nie geplant. An der Finanzierung und an der Produktion der Filme waren neben der Academy KG jeweils weitere Unternehmen und Personen beteiligt. Nach den Prospektaussagen sollte für jeden Film mit einer Produktionsgesellschaft ein Vertrag über die Auftragsproduktion abgeschlossen werden. Auf Seite 24 heißt es wie folgt: „Die Academy KG wird die Filme vollständig selbst finanzieren. Koproduktionen mit ande­ ren Produzenten oder Fremdfinanzierungen auf Gesellschaftsebene sind grundsätzlich nicht vorgesehen.“

Comerica und Imperial waren schon zuvor an der Finanzierung von Filmen beteiligt, die Franchise Pictures – Produzent der Filme von MHF Academy I und II – und Film Finances realisiert haben. Auch der Copyrightdatenbank der USA ist zu entnehmen, dass Dritte an der Finanzierung der Filme beteiligt waren. Bei der vom Prospekt abweichenden Finanzierung handelt es sich auch keinesfalls um ein Durchführungsverschulden, sondern um geplantes Vorgehen. Denn auch aus dem Abspann diverser Filme der Vorläufer-Fonds ergibt sich ebenso wie aus der Filmdatenbank IMDb.Pro und der Copyrightdatenbank der USA, dass auch bei diesen Dritte an der Finanzierung zumindest mitgewirkt haben. Ist der Fonds nicht alleiniger Finanzierer der Filme, ist er auch nicht alleiniger Hersteller. Den Teil der Herstellungskosten, die von Dritten finanziert wurden, kann der Fonds steuerlich nicht im Jahr der Herstellung in Abzug bringen. Es bestand von Anfang an das nicht prospektierte Risiko, dass das tatsächlich geplante Vorgehen aufgedeckt wird mit der Folge, dass das steuerliche Konzept des Fonds scheitert. 2. Produktion durch Dritte Auch die Produktion erfolgte mit mehreren Beteiligten. Den Angaben zu den Credits in der Datenbank IMDb.Pro ist zu entnehmen, dass in allen Fällen neben der MHF Academy II weitere Produzenten tätig geworden sind.

Von dieser Darstellung wurde in der Praxis in allen Aspekten abgewichen.

Neben der MHF Zweite Academy KG (im Prospekt des Delfi 2004 „Academy KG“ genannt) sind in allen Fällen mehrere Produktionsunternehmen aufgetreten, wobei die Academy KG nach den Prospektaussagen jedoch nur mit jeweils einem Produktionsunternehmen pro Film einen Vertrag abschließen sollte.

1. Finanzierung durch Dritte An der Finanzierung des Films „First Snow“ waren Imperial Capital Bank und ICB Entertainment Finance beteiligt. Dies ergibt sich zum einen aus den Daten der Datenbank IMDb.Pro. Zum anderen ergibt es sich aus dem Abspann einer handelsüblichen DVD des Films „First Snow“:

Die Einschaltung weiterer Produktionsunternehmen hat auch keinesfalls etwas mit der Abtretung von Rechten für die Vermarktung zu tun. Es war vorgesehen, den Lizenznehmern Anteile am Copyright zu übertragen, um gegenüber Dritten die Durchsetzung von Erlösansprüchen zu erleichtern. Diese anteilige Übertragung hat jedoch mit den Produktions17

Anlegerschutzbrief 01_2013

firmen nichts zu tun. Es bestand nicht nur keinerlei Veranlassung, weitere Produktionsfirmen einzuschalten, sondern dieses Vor­ gehen war von Anfang mit dem bereits mehrfach beschriebenen steuerlichen Risiko verbunden. B. Zusammenfassung Mit den hier dargestellten Beweisen – aus Platzgründen haben wir noch nicht einmal alle Fehler vorgestellt – können wir den bisherigen Vortrag in den Prospekthaftungs­ klagen maßgeblich ergänzen. In der Gesamtschau kann sich nur noch folgendes Bild er­geben: Das Vertragskonzept des Fonds wurde nur zum Schein zur Erlangung steuerlicher Vorteile vereinbart, die auf anderem Weg nicht hätten erlangt werden können. Der Fonds hat die Filme nicht allein bezahlt, er hat sie nicht allein hergestellt, er konnte über ihre Vermarktung nicht entscheiden und er

18

war an ihrem wirtschaftlichen Ergebnis auch nicht beteiligt. In die Umsetzung wurden Vertragspartner eingebunden, die sowohl hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Stärke als auch hinsichtlich ihrer Seriosität fragwürdig waren. Die hieraus resultierenden Risiken konnten die Initiatoren nur eingehen, wenn sie Großteil der Fondsmittel selbst in der Hand behielten. Für den Delfi 2003 haben wir vergleichbare Fehler aufgedeckt. Insgesamt lässt sich nur festhalten, dass die MHF Academy Fonds – und zwar alle vier – von vornherein mit erheblichen steuerlichen Risiken behaftet, praktisch ohne Renditechancen waren und mit umstrittenen Vertragspartnern realisiert wurden. Was kann man von Kapitalanlageprodukten, die von namhaften Banken aufgelegt werden, mehr erwarten?

Anlegerschutzbrief 01_2013

von Tibet Neusel

Freud und Leid des Kick-back-Klägers M

an kann es überall lesen: Banken müssen über Provisionen oder Kick-Backs aufklären, die sie beim Vertrieb bestimmter Finanzprodukte erhalten, sonst machen sie sich schadenersatzpflichtig. Mit dieser inzwischen zehn Jahre alten Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht hat Bundesgerichtshof ­einiges angerichtet. Das finden nicht nur die Banken, die sich bis zum Bundesverfassungsgericht hoch geklagt (und dort verloren) haben. Auch die Instanzgerichte, die Klägerund Bankenanwälte und die Journalisten rühren im Topf herum, bis man nicht mehr weiß, was eigentlich gekocht wird. Der BGH hat für die einen den Universalschlüssel geliefert, mit dem man jedes Fondsproblem knackt. Für andere hat er das Tor zur Hölle aufgestoßen, das er nun angeblich verzweifelt versucht wieder zu schließen (wovon ich allerdings nichts merke). Viele Anwälte, die sich vorher nie mit Kapitalanlagerecht befasst hatten, sahen auf einmal eine Marktchance, denn mit den Produkten muss man sich ja nicht beschäftigen, wenn man nur wegen Kick-Backs klagt. (Nicht Kick-Bag ­übrigens, wie man manchmal liest. Ein KickBag ist für Kick-Boxer das, was ein Punchingball für Boxer ist.) Oft stellen sie dann fest, dass man auch solche Prozesse verlieren kann, wenn man es nicht richtig macht. Ich möchte einen Überblick darüber geben, was geht und was nicht geht, und wo die Stolperfallen liegen.

Pflicht des Anlageberaters zur Offenle­ gung von Provisionen Der Ausgangspunkt ist eine Vertragspflicht, die verletzt wird. Der beratende Mitarbeiter einer Bank hat die Vertragspflicht zur Offenlegung der Vertriebsvergütungen für den erfolgreichen Vertrieb eines Kapitalanlageprodukts. Diese Aufklärungspflicht über Rückvergütungen leitet sich aus zwei Überlegungen ab. Zum einen resultiert sie aus dem Beratungsvertrag selbst. Denn der Anlageberater muss über alle Umstände aufklären, welche für die jeweilige Anlageentscheidung von wesent­ licher Bedeutung sein können. Dazu gehört

auch der Erhalt oder die Zahlung einer Vermittlungsprovision, denn diese Frage betrifft auch direkt die Wirtschaftlichkeit des Produkts. Bei den Fonds des sozialen Wohnungsbaus merkt man heute noch, dass vor 20 Jahren mal 20 % der Investition in die Provision geflossen sind. Die Immobilien hätten um 25 % im Wert steigen müssen, um das wieder aufzuholen. Dafür reichen manchmal selbst 20 Jahren nicht aus. Eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen leitet sich aber vor allem aus dem entstehenden Interessenkonflikt ab. Der Kunde muss durch eine Aufklärung in die Lage versetzt werden, entscheiden zu können, ob die Anlageempfehlung allein in seinem Interesse erfolgt oder ob sie im Interesse der Bank, möglichst hohe Rückvergütungen zu erlangen, liegt.

Wer kann Anspruchsgegner sein? Das ist die erste Frage. Die Provisionsrechtsprechung bezieht sich auf die Beziehung zwischen einer Bank und ihrem Kunden. Im Kern sagt sie, dass der Bankkunde bei einer Beratung davon ausgehen darf, dass er im ­eigenen Interesse beraten wird und nicht im Interesse der Bank. Das ist der Unterschied zwischen einer Beratung und einem Verkaufsgespräch. (In jedem anderen Beratungsverhältnis wäre das auch völlig klar. Stellen Sie sich vor, Ihr Anwalt würde von der Gegenseite bezahlt. So etwas ist zu Recht sogar strafbar!) Wenn die Bank nun Provisionen von dritter Seite erhält, muss der Kunde das wissen, sonst kann er die Interessenlage der Bank nicht wirklich einschätzen. Deshalb muss ihn die Bank darüber informieren. Der Bankkunde darf annehmen, dass die Beratung durch die Bank eine kostenlose Leistung ist bis er das Gegenteil erfährt. Anders verhält es sich im Falle eines freien Beraters. Schließlich ist klar, dass er von irgendetwas leben muss. Und wenn nicht der Kunde ihn bezahlt, er also Honorarberatung betreibt, dann muss es ja die Gegenseite sein, die zahlt – so die Rechtsprechung. Im Graubereich bewegen sich Vertriebsunternehmen wie z.B. der NAV Wirtschaftsdienst

Banken müssen über Provisionen oder Kick-Backs aufklären, die sie beim Vertrieb ­bestimmter Finanz­ produkte erhalten, sonst machen sie sich schadenersatzpflichtig. 19

Anlegerschutzbrief 01_2013

Die Beratung

oder der AWD, die wie Banken umfassende Kundenbeziehungen aufbauen. Gerade der NAV, der sich bei nie­ dergelassenen Ärzten mit dem Logo eines Berufsverbandes getarnt einschleicht, täuscht eine kostenlose Beratung vor. Aber hier ist noch nicht alles entschieden. Dasselbe gilt für Bankentöchter. Da kommt es vor, dass insbesondere die Sparkassen Tochtergesellschaften gründen, die die Anlageberatung übernehmen. Das merkt der Kunde gar nicht, denn er sitzt bei der Sparkasse im Beratungszimmer, isst die Kekse der Sparkasse und wird von einem Sparkassenmitarbeiter beraten. Nur auf dem Zeichnungsschein findet sich dann am Ende der Stempel „Sparkassen-Anlageberatungs-GmbH“ (oder so ähn­lich). Das ist schlicht eine Sauerei. Diese Tochtergesellschaften haben keine andere Funktion als das schmutzige Geschäft auszulagern. Aber die Rechtsprechung ist hier uneinheitlich und es ist eine Einzelfallfrage, ob man mit dem KB Argument weiter kommt.

Bank

Produkt

Provisionshöhe in Prozent des Eigenkapitals

BBBank

GAF Active Life 2

8,5

BAC LifeTrust 14

6,35

Der Ausgangspunkt ist eine Beratung. Bei ­dieser Beratung muss der Berater über alle ­wesentlichen Umstände des Anlageprodukts aufklären. Dabei muss er sowohl anlagen­ gerecht als auch anlegergerecht beraten. Nicht alles, was für den 30-jährigen Fach­arbeiter gut ist, ist auch für den 62-jährigen vorteilhaft. Und dem Multimillionär mit dem 500.000 Euro Spielgeld muss man eben zu anderen Produkten raten als dem Beamten mit den drei Kindern, für ­deren Ausbildung er vorsorgen will. All diese Pflichten entstehen aber nur, wenn zwischen Bank und Kunde ein Beratungs­ vertrag geschlossen. Das muss nicht förmlich geschehen. Vielmehr wird regelmäßig stillschweigend durch Aufnahme des Gesprächs zwischen Bankberater und Bankkunde ein ­Anlageberatungsvertrag geschlossen. Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das ­darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch ie Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen. Das ist regel­mäßig kein Problem in den Fällen, wo jemand zu seiner Hausbank geht, wo er auch sein Giro­konto, seine Immobilienfinanzierung, sein Aktiendepot, etc. hat. Es kann aber schiefgehen, wenn man zu der Bank sonst keine Geschäftsbeziehung unterhält. Auch in den Fällen, in denen der Kunde mit der klaren Absicht ein bestimmtes Produkt zu kaufen zur Bank geht und dort praktisch nur die Abwicklung durchgeführt wird, sehen die Gerichte bisweilen keinen Beratungsvertrag.

MT King

12

BW Bank

LHI Kaledo I

5,15

Commerzbank

VIP 2, 3 und 4

Ca 8

Woher wissen wir von den Kick-Backs?

Fürstlich Castell’sche Bank

DWS Inter Genuss

1,95

Deutsche Apotheker- und Ärztebank

MPC MS Santa P Schiffe

14

Carmignac Patrimonie

6,8

KanAm Grundinvest

8,4

BGF-New Energy FD NAM. A2

6,1

F.TEM.INV-T.GWTH A ACC

5,54

Das ist eines der Probleme – meist wissen wir es nicht. Es gibt zwei Möglichkeiten: Ent­ weder, man fragt die Bank einfach. Denn man hat als Anleger einen Auskunftsanspruch. Oder man behauptet im Zivilprozess, es seien Provisionszahlungen geflossen. Die Banken bestreiten es meist nicht, denn Prozess­betrug ist eine ernste Straftat. Kommt es aber doch dazu, dann ist der Prozess zu Ende. So einfach ist das: Ohne Provision keine Provisionsoffenbarungspflicht. Und beweisen muss das der Anleger.

Dresdner Bank (Commerzbank)

BGF-World Gold NAM.A2

6,1

Sparkasse Hildesheim

MPC Offen Produktentanker

11

Sparkasse Jena-Saale-Holzland

HGA Mitteleuropa V

7,5

Sparkasse Stakenburg

Hannover Leasing Fonds Nr. 177 „Maritime Werte 3

6,8

Targobank (Citibank)

Zertifikate der Lehman Brothers

3 % zzgl. 3 % ­Bestandsprovision

Volksbank Kraichgau

Atlantic Fonds MS “Saylemoon Rickmers”/MS “Nina Rickmers”

12

AAA Capital Game Production

7

20

Es kommt bisweilen der Einwand, es handele sich dabei um eine Behauptung ins Blaue hinein, die im Zivilprozess zumindest problematisch ist. Aber eine Erhebung des Handelsblattes (s. Tabelle) zeigt, wie weit verbreitet die Unsitte der Kick-Back-Zahlung ist:

Anlegerschutzbrief 01_2013

Das ist nur eine Auswahl. Von der Deutschen Bank bis zur letzten Sparkasse oder Volksbank haben sie sich alle „hinten rum“ bezahlen lassen. Ein weiterer Einwand ist, dass der Kunde gar nicht beratungsbedürftig sei. Hier muss unterschieden werden. In den meisten Fällen ist das nämlich einfach Blödsinn. Da wird dann (zutreffen) vorgetragen, der Anleger habe schon vorher und nachher Fonds gezeichnet und wisse darum alles über diese Produkte und deren Vertrieb. Dazu kann man nur sagen, dass man nicht dadurch zum Fachmann wird, wenn man über Jahre schlecht beraten wird. Problematisch hingegen wird es, wenn der Betreffende selbst Bankmitarbeiter ist oder für eine Initiatorengesellschaft geschlossener Fonds arbeitet. Da kann es passieren, dass das Gericht ihn für tatsächlich nicht beratungsbedürftig hält und deshalb die Klage abweist.

Verschulden und Kausalität

vor schon Fonds gezeichnet, bei denen auf die Provision hingewiesen wurde. An dieser Stelle kommt es regelmäßig zu ­einer persönlichen Anhörung des Anlegers, für welche er bei Gericht erscheinen muss. Und damit sind wir bei der nächsten Frage, nämlich der des Gerichtsstandes.

Der Gerichtsstand Man kann die Klagen am Hauptsitz der jeweiligen Bank erheben. Das ist meistens Frankfurt am Main oder München. Man kann auch am Ort der Beratung klagen. Wenn das persönliche Erscheinen des Klägers abzusehen ist, ist es sicherlich bequemer, am Ort der Beratung zu klagen. Es spricht aber einiges dafür, nicht bei kleinen Landgerichten Klage zu erheben. Die Gerichte am Sitz der Banken haben meist mehrere spezialisierte Bankensenate, bei denen man nicht bei Adam und Eva anfangen muss, die gesamte Rechtsprechung des BGH zu rekapitulieren. Dem gegenüber jedoch steht der u.U. zu betreibende Aufwand, denn Reisen kosten Zeit und Geld.

Da das Verschulden hier vermutet wird, muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Angesichts des häufig genannten Einwands, dass die Kick-Back-Rechtsprechung noch nicht existierte, als der Fonds gezeichnet wurde und die Bank deshalb nicht wissen konnte, dass sie aufklären musste, ist der BGH recht streng. Er verweist auf eine Entscheidung des Reichsgerichts aus den 1920er Jahren, in der die grundlegenden Überlegungen erstmals skizziert wurden. Die sollte man – zumindest als Bank – kennen. Geringstenfalls hätte die Bank von einer unklaren Rechtslage ausgehen müssen. Schließt sich die Bank einer Rechtsauffassung an, welche die Gerichte später nicht teilen, so trägt sie als Irrende das Haftungsrisiko.

Die leidige Kausalität Jetzt kommt der Punkt, an dem die Gerichte versuchen, der Klageflut Herr zu werden. Ein Schaden ist nämlich nur entstanden, wenn die mangelhafte Beratung dazu führte, dass der jeweilige Fonds gezeichnet wurde. Umgekehrt bedeutet dies: Wenn der Anleger auch bei zutreffender Beratung den Fonds gezeichnet hätte, entfällt der Schaden und damit der Schadenersatz. Hier hört man verschiedene Argumente. Erstens: Der Anleger sei ja nur an Steuervorteilen interessiert gewesen. Er hätte deshalb in jedem Fall gezeichnet. Zweitens: Er habe zu21

Anlegerschutzbrief 01_2013

von Thomas Lippert

Wie geht es bei Schiffsfonds weiter? Was kann der AAA tun? D as Manager Magazin online titelte am 18. Februar 2013:

„Pleitefonds – Riesenverlust für Anleger bei Schiffsverkäufen

Thomas Lippert Diplom-Kaufmann (FH)

Einer Analyse zufolge verloren Fondsanleger 2012 bei Notverkäufen von Schiffen vermutlich mehr als eine Milliarde Euro. Nach Abzug der Bankschulden blieb vom Verkaufserlös schlicht nichts übrig. Das Risiko der Banken in der Schifffahrt alarmiert bereits die Bundesbank.“

Vorstandsvorsitzender des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. und geschäftsführender Gesellschafter der Aktionsbund Service GmbH Ausbildung Berufsausbildung zum Bankkaufmann; berufsbegleitendes Studium BWL Schwerpunkt Banken mit Spezialisierung Immobilienmanagement Berufliches Seit 2001 in der Banken- und Immobilienbranche tätig; Schwerpunkte in der

Aus Sicht des AAA wird dies in 2013 leider nicht besser, sondern eher noch schlimmer werden. Was passiert mit Schiffsgesellschaften, bei denen die Einnahmen nicht mehr ausreichen, um insbesondere die Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber der finanzierenden Bank zu erbringen? Können Fort­ führungskonzepte mit Unterstützung von Anleger­geldern überhaupt noch umgesetzt werden oder kommt es vermehrt zu Notverkäufen oder gar Insolvenzen der Gesellschaften? Was ist in diesem Zusammenhang zu beachten?

Durchführung von Risikoanalysen; Engagementführung im Kreditgeschäft und ganzheitliche Beratung für Geschäftsund Firmenkunden; seit 2005 für den AAA tätig; persönliche und telefonische Mitgliederberatung, Vertretung auf Gesellschafterversammlungen und Übernahme zahlreicher Beiratsmandate geschlossener Immobilienfonds Kontakt Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Heerstraße 2 14052 Berlin Tel.: 0 30 3 15 19 34-­0 Fax: 0 30 3 15 19 34-20 E­Mail: [email protected] www.aktionsbund.de

HCI Capital, MPC Capital, FHH Fondshaus Hamburg, ATLANTIC (Rickmers Gruppe), Lloyd Fonds, Hansa Treuhand, KGAL, Nord­ capital, Dr. Peters Gruppe – um nur einige Fondsinitiatoren zu nennen, die Schiffsfonds aufgelegt haben, bei denen die Anleger mit erheblichen Problemen bis hin zum Totalverlust ihrer Einlage konfrontiert sind.

Beispiel: MPC Reefer-Flottenfonds Am 8. März 2006 wurde der Prospekt der Beteiligungsgesellschaft Reefer-Flottenfonds mbH & Co. KG von MPC herausgegeben. Über 5.700 Anleger beteiligten sich mit insgesamt rd. 145 Mio. Euro an 14 Kühlschiffen, die zwischen 1997 und 2002 in Japan und Taiwan gebaut wurden. Das Ursprungsdarlehen der HSH Nordbank AG betrug rd. 312,5 Mio. USDollar, von denen 65% in Dollar und 35% in Yen aufgenommen wurden. Rund sechs Jahre später heißt es im Schreiben der TVP zur Beteiligung: „Ohne Einbrin­ gung von Neukapital werden die Schiffsgesell­

22

schaften in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Ein dann notwendig werdender Verkauf der Schiffe auf aktuellem äußerst niedrigen Preis­ niveau zwischen USD 7 bis 13 Millionen pro Schiff würde nicht ausreichen, um die gesamten Verbindlichkeiten zurückzuführen, so dass sehr wahrscheinlich auch die bisher erhaltenen – nicht gewinngedeckten – Auszahlungen zurück­ gefordert würden.“ Auf Seite 42 der TVP-Erläuterungen wird ein Restdarlehen der HSH Nordbank AG in Höhe von 201 Mio. USD ausgewiesen. Alle 14 Schiffe werden aktuell zusammen mit 130,6 Mio. USD bewertet. Im Insolvenzfall aller Einschiffgesellschaften könnte der Insolvenzverwalter die bereits an die Anleger ausgezahlten Beträge in Höhe von 7,92% bezogen auf ihre Einlage (insgesamt ca. 11,5 Mio. Euro) zurückfordern. Im Verwertungsfall würden somit 5.746 Anleger ihr noch gebundenes Kapital von rd. 133,5 Mio. Euro verloren geben und rd. 11,5 Mio. Euro noch einzahlen müssen. Die Fondsbeteiligung wäre damit beendet. Die Geschäftsführung schlägt zur Rettung des Fonds eine Kapitalerhöhung in Höhe von 15% (ca. 21,7 Mio. Euro) vor. Die Kernfrage: Ist eine Teilnahme sinnvoll und welchen Beitrag bringt die HSH Nordbank AG? Das eingesetzte Ursprungskapital (Altkapital) ist in allen Varianten (Nichtteilnahme, Teilnahme mit 7,92% od. 15%) verloren, das bekommen die Anleger nie zurück. Denn auch um die Wiedereinzahlung der erhaltenen Ausschüttungen von 7,92% kommen sie in keinem Fall herum. Wenn sie nicht freiwillig zahlen und die Insolvenz tritt ein, holt der Insolvenzverwalter das Geld. Unter diesem Aspekt haben wir unseren Mitgliedern geraten, diesen ­Betrag freiwillig zu zahlen, um einen Sanierungsversuch zu unternehmen. Wir empfehlen jedoch keine Zahlung darüber hinaus. Denn wir halten den Beitrag der HSH Nordbank AG, die im Insolvenzfall immerhin rd. 50 Mio. USD verlieren würde, für zu gering und teilen nicht die Auffassung der Geschäftsführung und des Beirates, dass „erfolgreiche Verhandlungen“ geführt und „bemerkenswerte Ergebnisse“ erzielt wurden. Die Bank spricht einen Forderungsverzicht in Höhe von

Anlegerschutzbrief 01_2013

20 Mio. USD gegen Besserungsschein aus und wird bei der Auflösung der Zinssatzswaps und eines Neuabschlusses über einen Betrag von 180 Mio. USD prächtig verdienen. Klappt der Sanierungsversuch, macht die HSH Nordbank per Saldo ein Geschäft, aber für den Anleger bleibt es beim vollständigen Kapitalverlust. Dieses Szenario ist derzeit typisch für die Branche. Der Anleger schaut in die Röhre und die Initiatoren, Treuhänder, Wirtschaftsprüfer, Sanierungsberater, Reeder und Banken verdienen weiterhin. In der 3. „marhot“ Ausgabe 2013 ist über einen weiteren MPC-Fonds zu lesen: „Der Hamburger Reeder Claus-Peter Offen muss den Verkauf der 14 Schiffe des von dem Emissionshaus MPC Capital initiierten Fonds „MPC Offen Flotte“ einfädeln. Das vorgestellte Sanierungskonzept von TVP scheiterte. Nun steht der Verkauf der Schiffe auf der Tagesordnung. In dem Artikel heißt es weiter: „Un­ geachtet der anfänglichen Spekulationen, die Schiffe würden so in den Markt gegeben, mach­ te die Reederei jedoch deutlich, dass es keinen öffentlichen Verkauf geben werde. Man suche derzeit nach einer Art Interimslösung. Die Schiffe sollen zwar verkauft werden, danach al­ lerdings weiterhin im Einflussbereich von Ree­ derei und Banken bleiben.“ Unfassbar! Die Anleger verlieren ihr eingesetztes Kapital und die Schiffe fahren einfach ohne sie weiter. Bitte seien Sie als Mitglied des AAA versichert, dass wir uns viele Gedanken zu möglichen Ansätzen machen. Sofern die Bonität eines Anspruchsgegners positiv bejaht werden kann, prüfen wir bei Schiffen u. a.:

Die drei beliebtesten Prospektfehler bei Schiffsfonds Der Prospekt eines Schiffsfonds muss über sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von

Bedeutung sind, richtig und vollständig informieren. Von Bedeutung bei der Anlageentscheidung sind alle Umstände, die die Wirtschaftlichkeit und die Sicherheit der Anlage betreffen. So ist eine große Anzahl von Prospektfehlern denkbar: z. B. mangelnde Hinweise auf das Totalverlustrisiko, Verwendung der IRR-Methode zur Renditedarstellung ohne Erklärung, Verschweigen des Problems des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung. Drei Prospektfehler sind aber bei Schiffen besonders häufig.

Sondervorteile für Gründungsgesellschafter Wenn eine Person oder ein Unternehmen, dass an der Initiation der Fonds beteiligt ist, besondere Vorteile erlangt, muss das prospektiert werden, weil die Gefahr einer Interessenkollision besteht. Das ist bei Schiffsfonds nicht selten der Fall, wenn die Schiffe von einer der Initiatorengesellschaften oder von den nahestehenden Gesellschaften angekauft werden. (Man bezeichnet das auch als „Durchhandeln.“) Der Interessenkonflikt liegt hier auf der Hand: Der Fonds hat ein Inte­ resse, möglichst billig einzukaufen und der ­Verkäufer, der gleichzeitig z. B. Initiator oder Gründungsgesellschafter ist, möchte möglichst teuer verkaufen. Diesen Konflikt muss der Prospekt offen legen und zwar auch dann, wenn der Kaufpreis marktüblich ist. Die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision reicht aus, um den Prospektfehler zu begründen.

Finanzierungen in fremden Währungen Gerade bei Schiffsfonds werden die Fremdmittel häufig in Yen aufgenommen, weil die Zinsen in Japan besonders günstig waren. Dadurch entsteht ein typisches Risiko, denn das Geld verdient der Fonds regelmäßig in US$. Wenn der Dollar im Verhältnis zum Yen fällt, dann muss der Fonds mehr aufwenden, um seine Raten zu bedienen. Man muss

23

Anlegerschutzbrief 01_2013

sich klar machen, dass eine Veränderung von 10% zwischen zwei Währungen gar nichts Besonderes ist im Verlauf von 5 Jahren, dass aber ein Darlehen in diesem Zeitraum oft nur um 10% getilgt wird. Wenn also der Yen um 10% gegenüber dem Dollar steigt, dann konsumiert diese Veränderung die Tilgung von 5  Jahren vollständig. Das Darlehen hat in Dollar – und in Dollar kommt das Geld rein – denselben Stand wie am Anfang.

Problematische Klauseln in den Darlehens­ verträgen In den Darlehensverträgen sind häufig zwei Klauseln enthalten, die erhebliche Sprengkraft haben können. Die sogenannte „loan to value-Klausel“, (auch loan to value-covenant) in den Darlehensverträgen stellt auf das Wertverhältnis zwischen jeweiligem Restdarlehen und Schiff ab. Häufig wird zum Beispiel vereinbart, dass der Wert des Schiffes immer mindestens 130% des jeweils ausstehenden Restdar­ lehens ausmachen muss. Das Schiff wird perio­disch von Sachverständigen bewertet. Wird diese Schwelle unterschritten – zum Beispiel weil die Darlehenswährung gegenüber der Basiswährung aufwertet, der Darlehensstand in Basiswährung gerechnet also steigt oder weil der Wert des Schiffes aus Marktgründen niedriger eingeschätzt wird als zuvor –, dann wird der loan to valuecovenant gebrochen, und dann folgen daraus Sonder-Sicherungsrechte oder Margenerhöhungen der Banken.

Der Prospekt eines Schiffsfonds muss über sämtliche Umstände, die für die Anlageent­ scheidung von Bedeu­ tung sind, richtig und vollständig informieren.

Selbstständig neben der „loan to value“Klausel steht die 105 %-Klausel (105%-cove­ nants). Sie gibt der Bank bestimmte Rechte, wenn das Wertverhältnis zwischen Dar­lehen in der Fremdwährung Yen und – mitgedacht, theoretisch mitgerechnet – dem Darlehensstand, der in der Basiswährung USD (oder EUR) bestehen, würde sich zu ungunsten der Bank verschiebt. Wenn aufgrund einer Aufwertung des Yen das Restdarlehen mehr als 105% dessen ausmacht, was das Darlehen bei planmäßiger Tilgung in der Basiswährung USD (oder EUR) ­haben würde, dann folgen daraus SonderSicherungsrechte der Banken, die Margen­ erhöhung oder ultimativ sogar das Kündigungsrecht. Gerade die „105% Klausel“ wurde in vielen Schiffsprospekten entweder gar nicht erwähnt oder nur sehr unzureichend erläutert. In einem laufenden Klageverfahren, welches

24

die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel für Anleger des Lloyd Fonds Schiffsportfolio II gegen die Deutsche Bank führt heißt es nach der ersten mündlichen Verhandlung: „Das und im welchem Umfang die Hypotheken­ darlehen der Schiffe im japanischen Yen aufge­ nommen werden sollen und welches konkrete Risiko hier für den Fonds erwachsen kann, kommt ebenso wenig zur Sprache wie eine mögliche Kumulation zwischen diesem Risiko und der 105%-Klausel. Letztere findet sich nicht in dem umfangreichen Prospekt. Ob die Nicht­ erwähnung ent­behrlich war, weil es sich um ­einen üblichen und zu erwartenden bzw. selbst­ verständlichen Bestandteil von Finanzierungen handelt, könnte fraglich sein.“ Sobald weitere Informationen vorliegen, werden wir berichten und unsere Mitglieder davon in Kenntnis setzen. Beide Formen von Kreditklauseln sind ausgesprochen tückisch, weil sie der Bank ­einen Angriff ermöglichen und den Fonds töten können, obwohl in einer cash flow-Betrachtung alles einwandfrei verläuft, insbesondere auch jede Darlehensrate be­anstandungsfrei bedient wor­den ist. Der deutsche „Normalbürger“ rechnet mit dergleichen nicht, weil er es aus seinen pri­vaten Darlehensverhältnissen (Hausbau) überhaupt nicht kennt. Dort ist ja immer ­alles in Ordnung, solange die Bank pünktlich bedient wird. Dass es in den Fonds anders laufen kann, muss dem Anleger im Prospekt ganz klar und unmissverständlich gesagt werden.

Was bedeutet das für den Anleger? Was das Problem der Sondervorteile betrifft, so hat der Anleger nicht viele Möglichkeiten zu ermitteln. Bisweilen ergeben sich aus den Geschäftsberichten Anhaltspunkte, wo die Schiffe vorher gefahren sind. Man kann auch einfach fragen, von wem die Schiffe gekauft wurden. Schließlich hat der Anleger als Kommanditist ein Einsichtsund Auskunftsrecht. Wenn man sich dann den Kaufvertrag ansieht, stellt man bisweilen fest, dass er zweimal die gleiche Unterschrift trägt, nämlich auf Käufer- und auf Verkäuferseite. Die beiden anderen Fehler bekommt man in der Krise ziemlich schnell mit. Wenn die Fondsgeschäftsführung Geld von Ihnen will, weil die Bank sonst droht, das Darlehen zu kündigen, dann lohnt sich häufig ein Blick in den Prospekt. Wenn Sie bei Ihrem Fonds Anzeigen für einen derartigen Prospektfehler erkennen, wenden Sie sich bitte an den AAA.

Anlegerschutzbrief 01_2013

David gegen

von Anne Wenzelewski

Goliath Bundesgerichtshof entscheidet über Auskunftsansprüche von Anlegern

D

er II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Februar 2013 zugunsten von zwei hier vertretenen Klägern entschieden, dass Anleger eines Publikumsfonds in der Form einer Kommanditgesellschaft einen Anspruch auf Mitteilung der Namen und Anschriften der übrigen an der Gesellschaft ­beteiligten Anleger haben. In den entschiedenen Verfahren hatten sich die Anleger über einen Treuhandkommanditisten als Treugeber an der Gesellschaft beteiligt. In den jeweiligen Gesellschafts- und Treuhandverträgen wurden den Treugebern dieselben Rechte wie den unmittelbar an der Gesellschaft beteiligten Kommanditisten durch Gleichstellungsklauseln eingeräumt. Diese Urteile geben den Anlegern eine Stimme. Sie stärken sie bei der Ausübung der ­Mitgliedschaftsrechte erheblich. Denn die Kennt­nis der übrigen an der Gesellschaft beteiligten Anleger ist grundlegende Voraussetzung für die Wahrnehmung der Rechte an der Gesellschaft. Ohne die Kenntnis der Mitgesellschafter kann es keinen Austausch unter den Gesellschaftern geben: Es ist nicht möglich, dass erforderliche Quorum für die Ein­ berufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zu erreichen oder im Vorfeld einer Gesellschafterversammlung ­einen Informationsaustausch zur Meinungsbildung zu organisieren. Bis zu diesen Urteilen war es ein langer und steiniger Weg. Die hier vertretenen Anleger wurden durch die jeweiligen Geschäftsführungen der Fondsgesellschaften für die erzwun­genen – gerichtlich legitimierten Adress­herausgaben – an den Pranger gestellt und vor­geführt. Der von den Geschäftsführungen der Fondsgesellschaften propagierte ­Wi­der­spruch gegen die Verwendung der Da-

ten war reine Stimmungsmache. Ein erklärter Widerspruch läuft ins Leere. Denn, wie der Bundesgerichtshof nun nochmals ausdrücklich bestätigt hat, hat jeder Gesellschafter ­einen Anspruch darauf, die Namen und Adres­sen seiner Mitgesellschafter zu kennen. Dieses Recht umfasst selbstverständlich auch die Verwendung der Daten zu ge­sell­ schaft­­lichen Zwecken.

Anne Wenzelewski Rechtsanwältin

Ausbildung Studium der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht an der Freien Universität Berlin. Referendariat beim Kammergericht Berlin im Bereich Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Fachanwaltslehrgang im Steuerrecht im

Der Bundesgerichtshof hat nochmals ausdrücklich formuliert, dass sich das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, aus dem geschlossenen Gesellschaftsvertrag ergibt und von vornherein jedem Vertragsverhältnis immanent ist. Die Gleichstellung der Treu­ geber in den entschiedenen Fällen führe dazu, dass auch diese einen Anspruch auf Kenntnis aller Mitgesellschafter haben. Insbesondere sei nach Auffassung des Bun­des­ gerichts­hofes, so erörtert in der mündlichen Verhandlung, nicht ersichtlich, warum ausgerechnet das Recht auf Anonymität bei einem nur mittelbar beteiligten Gesellschafter disponibel bleiben solle, während im Übrigen alle Gesellschaftsrechte gleich einem unmittelbar beteiligtem Gesellschafter ausgeübt werden.

Jahr 2011. Beruflicher Werdegang: Seit Oktober 2008 Mitarbeiterin in der Kanzlei Schirp Schmidt Morsbach Neusel mit Schwerpunkt Medienfonds. Kontakt Schirp Schmidt-Morsbach Neusel Dorotheenstr. 3 10117 Berlin Tel.: 0 30 327 617 0 Fax 0 30 327 617 17 E­Mail: [email protected]

Konsequent geht der Bundesgerichtshof schließlich davon aus, dass der Ausschluss des Auskunftsanspruchs durch die so­ge­ nann­te Anonymitätsklausel in den Gesellschafts- bzw. Treuhandverträgen unwirksam ist. Die Anleger haben die Möglichkeit Mehrheiten durch einen Informations- und Meinungsaustausch zu bilden. Es bleibt abzuwarten, ob sie diese Möglichkeit nutzen werden. 25

Anlegerschutzbrief 01_2013

von Sabine Haselbauer

Verjährung von Ansprüchen im Zusammenhang mit Darlehens Darlehensvertrag und SWAP als Kombina­ tionsprodukt

Bank- und Kapitalmarktrecht/ Master of Science (Real Estate Management) und begann ihre berufliche Tätigkeit in einer Berliner Kanzlei mit Spezialisierung auf Bank- und Kapitalmarktrecht (2002-2006). Dem folgte eine 2- jährige Tätigkeit als Syndikusanwältin in einem mittelständischem Projektsteuerungsunternehmen mit dem Schwerpunkt Privates Baurecht und due diligence. Seit Ende des Jahres 2008 ist Frau Haselbauer als Rechtsanwältin mit Schwerpunkt im Bereich Kapitalanlagerecht- insbesondere Medienfonds,

Es gibt hier zwei unterschiedliche Ansatzpunkte für eine Verjährung.

Lebensversicherungsfonds und Bauträgermodelle, tätig. Kontakt Schirp Schmidt-Morsbach Neusel Dorotheenstr. 3 10117 Berlin Tel.: 0 30 327 617 0 Fax 0 30 327 617 17 E­Mail: [email protected]

26

Ausgangspunkt der Betrachtung ist zunächst §37a Wertpapierhandelsgesetz. Diese Vorschrift sieht starre Fristen vor und regelt, dass sämtliche Ansprüche auf Schadens­ ersatz wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung „per se“ in drei Jahren verjähren. Ver­jäh­rungs­­beginn ist hier der Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden ist. Entstanden ist der Anspruch dann, wenn sich die Ver­mö­gens­­­lage des Geschädigten infolge des Schadens­ereig­nisses verschlechtert hat. Das ist i.d.R. bereits bei Abschluss des riskanten Geschäftes der Fall. Erfasst von dieser Regelung werden grundsätzlich alle ­Ansprüche aus der Verletzung von In­for­­ mationspflichten, wenn sie „im Zusammenhang“ mit einer Wertpapierdienstleistung stehen. Diese kurze Verjährungsfrist soll das Haftungsrisiko der Wertpapierdienstleistungsunternehmen begrenzen und zugleich dem Rechtsfrieden dienen. Sie wirkt sich aber für den Anleger ungünstig aus.

nk

Rechtsanwältin Sabine Haselbauer (Jahrgang 1974) ist Fachanwältin für

Ba

SWAP n Ku

Sabine Haselbauer Rechtsanwältin

SWAPs sind häufig Gegenstand von Darlehensverträgen im Rahmen von Einzelinvestitionen oder Fondsmodellen. Es handelt sich um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Kunde und Bank, die den Tausch von Zinsströmen während einer vereinbarten Laufzeit zum Gegenstand hat. Ein Zins-Swap wird ­abgeschlossen, um sich gegen steigende Zinsen aus einer variablen Finanzierung abzusichern. Allerdings bergen solche Instrumente erhebliche Risiken, die im Ergebnis zu Kostensteigerungen führen. Denn entwickelt sich der getauschte Zahlungsstrom schlecht, entsteht ein Negativsaldo, der am Ende des Vertrages ausgleichspflichtig ist und die Renta­ bilität des Grundgeschäfts in Frage stellt. Macht der Kunde dann Ersatzansprüche gegen die Bank wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem SWAP geltend, so stellt sich die Frage, wann solche Ansprüche verjähren. Für Altgeschäfte, die in der Zeit vom 1. April 1998 bis zum Ablauf des 4. August 2009 abgeschlossen wurden, ist die gesetzliche Regelung leider uneindeutig.

de

Allerdings existiert im Rahmen des allgemeinen Verjährungsrecht noch die Regelung des §199 BGB, wonach Verjährung mit dem Schluss des Jahres eintritt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat/hätte erlangen müssen. Es handelt sich demgegenüber um eine Regelung, welche die individuellen Umstände des Einzelfalles besser berücksichtigt und daher anlegerfreundlicher ist. Fraglich ist, welche dieser Regelungen anwendbar ist, wenn es sich – wie bei SWAPs üblich – um Kombinationsprodukte handelt. Denn der SWAP ist an ein Grundgeschäft gekoppelt, weshalb die Verjährungsfristen dann konkurrieren. In einer Entscheidung des Landgerichts Köln wird im Rahmen dieser Kombinations­ pro­dukte zum einen auf den Zeitpunkt der Entschlussfassung bzgl. der abgeschlossenen Verträge abgestellt. Handelt es sich um zeitlich getrennte Verträge (z.B. SWAP Vertrag wird nach dem Darlehensvertrag geschlossen) und macht der Kläger Beratungsfehler geltend, die im Zusammenhang mit dem Wertpapierhandelsgeschäft (also dem SWAP) stehen, kommt allein §37a WpHG zur Anwendung. Im Umkehrschluss ist daraus zu lesen, dass bei einer einheitlichen Entschlussfassung im Ergebnis auch auf die allgemeine Verjährungsregelung im sinne von §199 BGB zurückzugreifen ist. Damit hätte der Kunde in der Regel weitaus länger

Anlegerschutzbrief 01_2013

aus „SWAP Geschäften“

verträgen nach alter Rechtslage Zeit, seine Ansprüche geltend zu machen. Das OLG Köln gab ­einen Hinweis zu dieser Problematik: „…Weil es danach bereits an einer Pflichtver­ letzung auf Seiten der Beklagten fehlt, kann offen bleiben, ob die Auffassung des Landge­ richts zur Anwendbarkeit der Vorschrift des § 37 a WpHG a.F. auf die vorliegende Fallge­ staltung zutreffend ist. Dafür spricht auch aus der Sicht des Senats, dass sich die Rüge des Klägers konkret auf das Verschweigen der Verpflichtung zur Zahlung eines Auflö­ sungsentgeltes bezieht. Dagegen spricht die vom Kläger in den Mittelpunkt seiner Aus­ führungen zur Verjährung in der Berufungs­ begründung gestellte Überlegung, dass Ge­ genstand der Beratung eine umfassende Umschuldung der früheren Verbindlichkei­

ten des Klägers war. Ob es allerdings in die­ sem Fall zu einer Überschneidung der spezi­ ellen Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG a.F. und der allgemeinen Regelungen der §§ 195, 199 BGB kommt und welche Bestim­ mung in diesem Fall vorrangig Geltung bean­ spruchen kann, muss hier in Anbetracht der fehlenden Pflicht­verletzung nicht entschie­ den werden….“

Fazit Auch wenn es sich bei einem SWAP-Vertrag um ein Wertpapierhandelsgeschäft handelt, bei dem die kurzen Verjährung des § 37 a WpHG a.F anwendbar ist, kann im Rahmen von „Kombinationsprodukten“ im Einzelfall auch nach 3 Jahre seit Zeichnung ein einklagbarer Schadensersatzanspruch bestehen.

Neueste Themen sowie aktuelle Diskussionen unter

www.aktionsbund.de

27

Das Letzte

Anlegerschutzbrief 01_2013

Entwarnung! Neulich fiel mir zufällig ein Buch über das Osmanische Reich von Josef Matus in die Hände. Ich blätterte ein wenig darin herum und erfuhr, dass das Osmanische Reich 1875 den Staatsbankrott anmelden musste. Was mich sehr beruhigte war aber, dass dieser Staatsbankrott die Folge einer Finanzkrise war, die bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begonnen hatte. Wenn das Osmanische Reich sich während fast seiner gesamten Zeit als europäische Großmacht in einer letztlich tödlichen Finanzkrise befand, dann halten wir das auch noch ein paar hundert Jahre durch. (Mal sehen, wie im Jahr 2400 der Goldpreis steht.) Sie sind angekommen! Die Älteren werden sich vielleicht erinnern: Die Revolution musste mangels Beteiligung abgesagt werden. Dafür rief Rudi Dutschke dann zum Marsch durch die Institutionen auf und die revolutionären (Studenten-)Massen bewarben sich im öffentlichen Dienst. Das Establishment bekam einen Schreck, reagierte dann aber schnell mit dem Radikalenerlass. Der sollte verhindern, dass Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst heimisch werden. Ein Lokomotivführer, der gefeuert worden war, weil er der DKP angehörte, klagte sich bis zum Bundesverfassungsgericht durch und verlor. (Für die jüngeren Leser: Die Bundesbahn war damals öffentlicher Dienst, denn es galt als staatliche Aufgabe, Verkehrswege zu unterhalten – kaum zu glauben was?) Das Gericht entschied, dass ein Beamter die Gewähr dafür bieten müsse, dass er für die tragenden Grundsätze des Grundgesetzes einsteht. Zu diesen tragenden Grundsätzen gehört natürlich insbesondere das Demokratieprinzip. Wer also die Bundesrepublik in eine Monarchie, eine Diktatur des Proletariats oder einen Gottesstaat verwandeln will, der kann aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Warum ich das erzähle? Weil ich genau daran denken musste, als ich eine Rede des Bundesbankvorstandes Weidmann las. Er sagte: „Für den Fall, dass sich ein Land nicht an die Haushaltsregeln hält, ginge nationale Souveränität automatisch in dem Ausmaß auf die europäische Ebene über [...] In einem solchen Rahmen könnten Konsolidierungspfade durch die europäische Ebene sichergestellt wer­ den, auch wenn sich hierfür keine Mehrheiten in dem jeweiligen nationalen Parlament finden sollten“. Da spricht Herr Weidmann natürlich nur über andere Länder, denn wenn er über Deutschland reden würde, müsste man wohl an seiner Verfassungstreue zweifeln.

Steuererklärung auf Bierdeckeln oder … Das Steuerrecht ist immer wieder für eine Glosse gut. Kürzlich muss jemandem in Bundesfinanzministerium aufgefallen sein, dass auch Brummifahrer hin und wieder mal kurz anhalten und dahin gehen müssen, wo auch der Kaiser zu Fuß hingeht, wie meine Oma zu sagen pflegte (die 1899 geboren wurde und es drum wissen musste). Wenn das dann 50 Cent kostet, können die als Reisenebenkosten von der Steuer abgesetzt werden. Die Möglichkeit, damit Missbrauch zu treiben, scheint dem wackeren Beamten ein Dorn im Auge gewesen zu sein. Jedenfalls hat das BMF jetzt eine Verwaltungsanweisung veröffentlicht, nach der LKW-Fahrer Toilettentagebücher führen müssen, um ihre Ausgaben zu belegen (BMF IV C 5 – S 2353/12/10009). Da bietet es sich an, die Steuererklärung nicht auf einem Bierdeckel abzugeben, sondern gleich auf Klopapier. Hau das Lukasle Die Schwabenfeindlichkeit ist wahrscheinlich die letzte erlaubte Form des Rassismus (auch wenn Schwaben eher keine eigene Rasse bilden.) Es kann einen ab etwa 2,0 Promille aber auch ganz schön aus dem Konzept bringen, wenn man in Berlin Prenzlauer Berg früh morgens aus einer Kneipe (keine Sperrstunde) direkt in die Bäckerei gestolpert kommt und keine Schrippen kaufen kann, weil es nur „Weckle“ gibt. Das erinnert mich an meine frühen Jahre in Berlin, als ich mal „Brötchen“ kaufen wollte. Verkäuferin: „Wat denn für Brötchen?“ Ich: „Na ganz normale Brötchen.“ Verkäuferin: „Ham wa nich.“ Ich: „Da liegen aber doch welche.“ Verkäuferin: „Dat sin Schrippn!“ Ich: „Dann halt Schrippen.“ Verkäuferin: „Sang se doch gleich wat se wolln.“ Ein Jahr später, nach vielen weiteren morgendlichen Begegnungen, war die Verkäuferin etwas aufgetaut: Verkäuferin „Keene Brötchen heute, wa?“ Ich: „Nee, heut will ich Schrippn.“ Verkäuferin: „Na siehste, jeht doch!" So was nennt der Berliner Ureinwohner flirten. Toleranz und Fremdsprachenkenntnisse sind eben der Schlüssel zur Völkerverständigung. In diesem Sinne wünsche ich ein frohes Osterfest Tibet Neusel Chefredakteur

28

View more...

Comments

Copyright © 2020 DOCSPIKE Inc.