2. Münchner Hörfilmtage

March 18, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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TATORT: FÜNF MINUTEN HIMMEL

Münchner Hörfilmtage

2. Münchner Hörfilmtage

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Auch wenn 1989, vor 27 Jahren, im Filmmuseum München zum ersten Mal in Deutschland eine Hörfilmfassung eines abendfüllenden Spielfilms (SEE NO EVIL, HEAR NO EVIL – DIE GLÜCKSJÄGER, 1989) präsentiert wurde, ist die Audiodeskription von Filmen außer bei Blinden und Sehbehinderten immer noch wenig bekannt, geschweige denn als eigenständige Kunstform etabliert. Dabei entstehen für Sendungen im öffentlichrechtlichen Fernsehen und für geförderten Kinofilme immer mehr Audiodeskriptionen, die als zusätzliche Tonspuren über neue technische Lösungen wie Smartphone-Apps zugeschaltet werden können. Es gilt, dieses junge Medium wahrzunehmen, zu erleben und sich mit ihm auseinanderzusetzen. Ein gut gemachter Hörfilm bietet auch für Sehende künstlerisch, rhythmisch und ästhetisch besondere Reize, wenn sich die Beschreibung elegant in die Tonspur ›einfädelt‹. Zugleich erschließt er als weiterer Schritt zu barrierefreiem Kulturgenuss Blinden und Sehbehinderten die Möglichkeit, sich den Film in der eigenen Vorstellungswelt neu zu erschaffen. Nach dem kleinen Programm mit Audiodeskriptionen im April 2015, das das Filmmuseum zusammen mit der Deutschen Hörfilm organisiert hat, wird nun das Angebot erweitert. Die 2. Münchner Hörfilmtage bieten

ein breites Spektrum beispielhafter Hörfilme, die die vielfältigen Möglichkeiten des Mediums aufzeigen. Die Auswahl, die nach qualitativen Gesichtspunkten und spezifischen Lösungsansätzen vorgenommen wurde, umfasst zwei neue deutsche Kinofilme von Doris Dörrie (GRÜSSE AUS FUKUSHIMA) und Isabella Gresser (MÜDIGKEITSGESELLSCHAFT – BYUNG-CHUL HAN IN SEOUL/BERLIN), zwei ungewöhnliche Fernsehproduktionen von BR und ORF (LUIS TRENKER – DER SCHMALE GRAT DER WAHRHEIT) sowie von MDR, NDR und ARTE (NIGHT WILL FALL), die im letzten Jahr für Diskussionen sorgten, die Vorpremiere des ersten ökologisch produzierten TATORTS vom SWR (FÜNF MINUTEN HIMMEL) und einen vom Filmmuseum München rekonstruierten Klassiker aus der frühen Stummfilmzeit (DER STUDENT VON PRAG), als noch »Filmerzähler« die Filmhandlung kommentierten.

Münchner Hörfilmtage

Alle diese Filme werden von den Regisseuren bzw. Redakteuren der Hörfilm-Fassungen präsentiert. Zusätzlich bietet eine Podiumsdiskussion nach der Vorführung von GRÜSSE AUS FUKUSHIMA Gelegenheit, mit den erfahrenen Hörfilm-Machern Dr. Bernd Benecke und Elmar Dosch (Bayerisches Fernsehen), Georg Schmolz (Mitteldeutscher Rundfunk), Martina Wiemers (Deutsche Hörfilm) und weiteren Gästen die Chancen, Problematiken und Perspektiven des Mediums Hörfilm zu erörtern. Alexander Schwarz

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Die Filmreihe ist eine zusammenarbeit des Filmmuseums München mit der Tolle Idee! Projektagentur und der Deutschen Hörfilm gGmbH im Rahmen der Initiative »Projekt Inklusion im Kulturreferat«.

Müdigkeitsgesellschaft – Byung-Chul Han in Seoul/Berlin | Deutschland 2015 | R+B+K+S: Isabella Gresser | Mit: Byung-Chul Han | 61 min | Audiodeskription: Evelyn Sallam, Holger Stiesy, Martina Wiemers | Wie kaum ein anderer mischt sich der in Deutschland lebende, kaum in der Öffentlichkeit auftretende koreanische Philosoph Byung-Chul Han in die gesellschaftliche Debatte ein. Seine gesellschaftskritischen Thesen zur »Müdigkeitsgesellschaft« und »Transparenzgesellschaft« tragen heute ganz wesentlich zum Verständnis unserer Gesellschaft im Zeitalter von Selbstausbeutung, Neoliberalismus und Überwachung bei. Als 2011 sein Buch »Müdigkeitsgesellschaft« erschien, traf es den Nerv der Zeit, und noch vor Edward Snowdens Enthüllungen und dem NSA-Skandal verwies Han auf das »digitale Panoptikum«, die digitale Kontroll- und Transparenzgesellschaft, in der wir leben. Die Künstlerin Isabella Gresser begleitete Byung-Chul Han in seine Heimatstadt Seoul und an persönliche Orte in Berlin. Das Motiv des Wanderers durchzieht ihre essayistische visuelle Collage aus filmischen, fotografischen und gezeichneten Beobachtungen. ▶ Freitag, 18. März 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Isabella

Gresser

Tatort: Fünf Minuten Himmel | Deutschland 2016 | R: Katrin Gebbe | B: Thomas Wendrich | K: Matthias Bolliger | D: Heike Makatsch, Angela Winkler, Max Thommes, Christian Kuchenbuch, Holger Kunkel, Julika Jenkins | 89 min | Audiodeskription: Philip Klenk | Der Beitrag des SWR zur Reihe TATORT, in dem erstmals Heike Makatsch als Kommissarin auftritt, ist auch die erste Fernseharbeit von Regie-Newcomerin Katrin Gebbe nach ihrem 2013 nach Cannes eingeladenen Debütfilm TORE TANZT. Hauptkommissarin Ellen Berlinger kehrt nach 14 Jahren Abwesenheit in ihre Heimatstadt Frei-

burg zurück. Dort trifft sie auf ihre Mutter, die den Beruf der Tochter seit jeher verachtet. Ellen begegnet auch erstmals der fünfzehnjährigen Nina, ihrer eigenen Tochter, die sie nach der Geburt in die Obhut der Großmutter gegeben hatte. Als ein Mitarbeiter des Jobcenters tot an seinem Schreibtisch aufgefunden wird, erdrosselt mit einem Kabelbinder, hat Ellen ihren ersten Fall im Freiburger Morddezernat. »Ein mystisches Drama mit Thriller-Sequenzen«, nennt Katrin Gebbe das »Special«, das die ARD an Ostern ausstrahlen wird. ▶ Freitag, 18. März 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Philip

Klenk

Night Will Fall (Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen) | GB 2014 | R: André Singer | B: Lynette Singer | K: Richard Blanshard | M: Nicholas Singer | 73 min | Audiodeskription: Detlef Tomschke, Alexander Fichert, Anke Nikolai | Bei der Befreiung der ersten Konzentrationslager 1945 sind Kameramänner der Alliierten angehalten, die Vorgänge systematisch zu dokumentieren – das Unfassbare festzuhalten. Dabei entstehen bestürzende Bilder, die alles in den Schatten stellen, was man bisher gesehen hat. Namhafte Filmemacher wie Sidney Bernstein, Alfred Hitchcock, Billy Wilder und Stewart McAllister versuchen, die Bilder in einem Film zu verarbeiten. Doch politische Bestrebungen zum Wiederaufbau Deutschlands verhindern die Fertigstellung und die Veröffentlichung der Aufnahmen. »Ein beeindruckender, bewegender, schmerzlicher und oft erschütternder Dokumentarfilm, der originales Archivmaterial mit Statements von Zeitzeugen elegant zusammenfügt. Manchmal hält man es kaum aus, doch der Film ist immer fesselnd und kraftvoll.« (Mark Adams) Die Audiodeskription des MDR stand vor der schwierigen Aufgabe, Bilder von unbeschreiblichem Grauen in Worte zu fassen. ▶ Samstag, 19. März 2016, 18.30 Uhr | Einführung:

Georg Schmolz

Weekend | Deutschland 1930 | R+B: Walther Ruttmann | 12 min | Der erste »Tonfilm ohne Bild« war ein einzigartiges Medienexperiment: Töne eines Tagesablaufs, aufgenommen und geschnitten auf der Tonspur eines 35mm-Films ohne Bild, rekonstruiert vom Filmmuseum München. – Der Student von Prag | Deutschland 1913 | R+B: Hanns Heinz Ewers | K: Guido Seeber | M: Josef Weiss | D: Paul Wegener, Grete Berger, Lyda Salmonova, John Gottowt, Lothar Körner, Fritz Weidemann | 75 min | viragiert | Audiodeskription: Uta Borchert, Silja Korn, Evelyn Sallam | Im Prag von 1820 verkauft der Student Balduin sein Spiegelbild an einen geheimnisvollen Wucherer, der ihn dafür in die

Grüße aus Fukushima | Deutschland 2016 | R+B: Doris Dörrie | K: Hanno Lentz | M: Ulrike Haage | D: Rosalie Thomass, Kaori Momoi, Moshe Cohen, Nami Kamata, Aya Irizuki, Honsho Hayasaka | 102 min | Audiodeskription: Marion Hollerung, Sabine Ziehm, Aribert Mog | Marie, die von Albträumen über ihre gescheiterte Hochzeit geplagt wird, reist für die Organisation clowns4Help nach Japan zu den Überlebenden der Katastrophe von Fukushima. Bei einem Auftritt in den Temporary Housing communities trifft sie auf die störrische Satomi, die auf eigene Faust in ihr zerstörtes Haus in der Sperrzone zurückziehen will. »Die junge Frau lernt von dieser alten Frau etwas sehr Japanisches, und das ist Haltung, Haltung seinem eigenen Schmerz gegenüber. Und zugleich dreht sich die Geschichte darum, dass diese alte Frau, die durchaus auch sehr hart ist, auch etwas von der jungen Deutschen bekommt, und das ist so etwas wie eine Auffor-

▶ Sonntag, 20. März 2016, 17.30 Uhr | Anschließend Podiumsdiskussion über das Medium Hörfilm mit Hörfilmredakteuren und Filmemachern

Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit | Deutschland 2015 | R: Wolfgang Murnberger | B: Peter Probst | K: Peter von Haller | M: Levan Basharuli, Gerd Baumann | D: Tobias Moretti, Brigitte Hobmeier, André Jung, Anatole Taubman, Arndt Schwering-Sohnrey | 89 min | Audiodeskription: Elisabeth Regenhard, Helmut Schmid, Sascha Schulze | »Tatsächlich gelingt dem österreichischen Regisseur Wolfgang Murnberger in der dramatischen Wechselwirkung von Voyeurismus und individuellem Geltungsdrang, im Spiel von Wahrheit und Lüge nicht nur eine filmische Hommage, sondern auch ein aufschlussreiches Sittenbild menschlicher Verstrickung auf allen möglichen Ebenen. Trenkers kurze und heftige Affäre mit Leni Riefenstahl Mitte der 1920er Jahre bildet den Ausgangspunkt der Erzählung. Gleich bei den Dreharbeiten zu Arnold Fancks DER HEILIGE BERG schlägt der Liebesfunke zwischen den beiden um in einen Flächenbrand von vernichtender Konkurrenz. Dass sie sich fortan beruflich mit allen Mitteln zu übertrumpfen suchen in ihrer Geltungssucht, so macht dieser Film plausibel, hat ihren jeweiligen politischen Opportunismus unter Hitler zumindest nicht gebremst.« (Claudia Schwartz)

Münchner Hörfilmtage

▶ Samstag, 19. März 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Stefan Drößler, Martina Wiemers

derung zur Regelverletzung, ein bisschen ein Aufweichen sich selbst gegenüber.« (Doris Dörrie)

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▶ Sonntag, 20. März 2016, 21.00 Uhr | Einführung:

Bernd Benecke

GRüSSE AUS FUKUSHIMA

feine Gesellschaft einführt. Der Schriftsteller Hanns Heinz Ewers inszenierte in Zusammenarbeit mit seinem Assistenten Stellan Rye und Hauptdarsteller Paul Wegener den ersten deutschen »Kunstfilm«, der in die Filmgeschichte eingegangen ist. Liszt-Schüler Joseph Weiss komponierte die erste originale Filmmusik zu einem deutschen Stummfilm, die von Mark Pogolski am Flügel eingespielt wurde. Die Audiodeskription greift die Tradition des »Filmerzählers« auf, der damals im Kino den Film kommentierte.

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